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Das Geschenk

von renawitch
Kurzbeschreibung
OneshotAllgemein / P6 / Gen
Quentin Coldwater
26.02.2022
26.02.2022
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Quentin nahm das Päckchen aus der Schultasche und schleuderte sie frustriert in die Ecke neben der Haustür. Er schleppte sich mit langsamen Schritten herüber zum Küchentisch, wo er sich mit einem Seuftzen auf den Stuhl sinken ließ und gedankenverloren mit dem Geschenkpapier der Schachtel hantierte.

„Quentin“, schalt ihn seine Mutter mit einem missbilligenden Heben ihrer Augenbraue. Sie deutete vorwurfsvoll auf die Schultasche, deren Verschluss sich beim Aufprall geöffnet hatte.
Schulbücher, Hefte und Stifte verteilten sich in einem wilden Durcheinander auf dem Fußboden.
„Musste das wirklich sein? Geh bitte und heb die Sachen auf.“
Missmutig blickte Quentin zu ihr auf, stöhnte genervt und verdrehte die Augen, machte jedoch keine Anstalten, ihrer Bitte Folge zu leisten.

„Quentin“, mahnte sie eindringlich und wischte sich die mehligen Hände an der Backschürze ab, die sie trug. „Muss das wirklich sein? Sollen wir uns denn sogar an deinem Geburtstag wegen einer solchen Kleinigkeit streiten?“
Er nahm einen tiefen Atemzug, legte das Päckchen beiseite und schob den Stuhl zurück. Er beeilte sich nicht dabei, wortlos zur Tür zu gehen und die Schulsachen wieder in die Tasche zu räumen, aber immerhin kam er ihrer Bitte nach.
Als er die Tasche ordnungsgemäß an ihren Platz geräumt hatte, und erneut in die Küche trat, hielt seine Mutter das Päckchen in der Hand und sprach ihn freundlich an.
„Du hast ein Geschenk bekommen?“ Sie schien ehrlich erfreut und überrascht zu sein. Er bemerkte deutlich, dass sie ziemlich verwundert war und nahm ihr das Präsent grinsend aus den Händen.

„Ja, Mom!“ Es sollte eigentlich gelangweilt klingen, doch sogar in seinen eigenen Ohren konnte er die freudige Erwartung auf den Inhalt und vor allem seine Begeisterung über die Tatsache, dass das Mädchen an ihn gedacht hatte, kaum verbergen.
„Julia hat es mir in der Pause gegeben und gesagt, ich soll es erst zuhause öffnen.“
Seine Mutter hob anerkennend eine Augenbraue und steckte eine weitere Kerze auf den kleinen Geburtstagskuchen. „Und das hast du durchgehalten? Das ist toll, Schatz.“
„Ja, sie hat gesagt, wenn ich es auspacke, werde ich den Rest des Tages ohnehin nur noch Augen dafür haben. Darum wollte sie nicht, dass ich es in der Schule tue.“

Seine Mutter lachte amüsiert auf. „Na dann los. Jetzt bin ich auch gespannt, was sie für dich ausgesucht hat.“
Quentin grinste nervös und zog so vorsichtig die Schleife auf, als drohe das Geschenk jeden Augenblick in seinen Händen zu verschwinden.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit hatte er es geschafft, das bunte Geschenkpapier derart gewissenhaft zu entfernen, dass er dabei nicht die kleinste Beschädigung an der Verpackung verursachte. So war er nun mal, typisch Quentin eben.
Er hatte ein Buch aus dem Papier gewickelt. Eine gebundene Ausgabe.
Dunkelgrüner Einband, darauf die Silhouette eines Waldes oder einer Allee in deren Mitte eine Standuhr zu sehen war und die Umrisse von drei Kindern, die sich an den Händen hielten.

Fillory and Further
The World in the Walls

Er starrte das Buch an und ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen.
Das Buch schien eine eigentümliche Wirkung auf ihn zu haben.
Quentin konnte das Rauschen der Bäume auf dem Titelbild fast hören. Glaubte, die aufgeregten Stimmen der Kinder auf der Zeichnung im Rauschen der Äste ausmachen zu können. Das Ticken der Standuhr klang deutlich in seinen Ohren.
Alles an diesem Buch schrie ihm geradewegs entgegen, dass er es augenblicklich aufschlagen und sofort lesen musste.
„Quentin?“
Die Stimme seiner Mutter drängte sich in seine Gedanken wie durch einen dicken Moosteppich.
„Quentin, was ist denn los mit dir?“
Als hätte sie ihn aus einem tiefen Schlaf geweckt, sah er fragend zu ihr auf, wurde sich dann erst klar, dass sie ihn wirklich ansprach.
„Ähm, ja. Mom. Alles okay. Ich muss nur … ich werde …. Ich werde mal hoch in mein Zimmer gehen und Hausaufgaben machen.“

Sie sah ihm skeptisch hinterher, als er die Stufen zu seinem Zimmer hochstieg. Das Buch hielt er noch immer in den Händen.
Die Schultasche mit den Heften, Büchern und Hausaufgaben hatte er achtlos neben der Haustüre stehen gelassen.
So war er nun mal. Typisch Quentin eben.
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