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Tausendmal Ist Nichts Passiert [Teil II]

von ninarina
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Joachim "Joko" Winterscheidt Klaas Heufer-Umlauf
15.02.2022
12.08.2023
12
82.593
100
Alle Kapitel
106 Reviews
Dieses Kapitel
9 Reviews
 
 
15.02.2022 6.136
 
Herzlich Willkommen zurück zu Tausendmal Berührt – Teil II. Hier geht's zu Teil I. Ich musste mich (und die FF) ein bisschen neu sortieren und bin schlussendlich beim selben Weg ausgekommen, den ich ursprünglich geplant hatte. Ich hoffe, euch gefällt die Reise durch die späten JK-Jahre, beginnend mit Nepal.

Nepal ist ein bisschen wie eine Blaupause und hätte allein deswegen überhaupt nicht ans Ende von Teil I gepasst. Ich hätte es kurz sogar als alleinstehendes Kapitel gepostet, aber ich glaube schon, dass es Teil II passend einleiten kann. Nepal ist – wie von mir erwartet und ein wenig auch intendiert – eine Art Spiegelung von Jamaika geworden, wie die Rückseite derselben Medaille. Nepal enthält auch eine der wenigen Szenen, bei denen ich während des Schreibens pausieren musste, weil mir Jokos Worte und Gedanken zu viel geworden sind. Vielleicht ist das für euch alles uninteressant, aber für mich, und ganz extrem auch für Joko, steckt eine tiefe Emotionalität in diesem Kapitel und das wollte ich mit euch teilen.

Lieben Dank für das wirklich überwältigende Feedback zum letzten Kapitel. Ich weiß nicht, ob und wie ich das verdient habe, aber ich habe jeden einzelnen Kommentar und detaillierten Gedanken aufgesogen. Lasst mich gerne auch im zweiten Teil dieser Geschichte wissen, was ihr davon haltet.





Part 1: I Promised Myself I Wouldn't Let You Complete Me




I'm tryin' not to let it show that I don't wanna let this go

Is there somewhere you can meet me?

'Cause I clutched your arms like stairway railings

And you clutched my brain and eased my ailing

(Is There Somewhere by Halsey)



Nepal, Sommer 2017


Das erste Mal nach dem letzten Mal passierte es in Nepal.

Sie waren am anderen Ende der Welt, abgeschottet von jeglicher Verantwortung, so weit weg von Reue oder fatalen Gedankengängen, die zu viel mit Realität und Alltag zu tun hatten.

Hier in Nepal, da gab es nur sie beide.

Es war fast wie damals, damals auf Jamaika.

Joko fühlte sich frei, ungehemmt, schwerelos. Er wusste nicht, wie viel davon bloße Illusion war, ein Hirngespinst aufgrund des halluzinogenen Honigs und des Joints, den er noch vor dem wirklichen Ausnüchtern mit Klaas geteilt hatte. Aber das Warum war nicht wichtig. Klaas nach wenigen Wochen der Trennung in Nepal wiederzusehen, das war wichtig. Ihn zu sehen und festzustellen, dass es sich wie immer anfühlte, dass das Ende von Halligalli nicht das Ende von Joko und Klaas bedeutete. Das war wichtig. Klaas zu spüren, mit ihm zu lachen und seine Nähe aufzusaugen, das war so wichtig, dass Joko dafür keine Worte fand.

Schon in Kroatien wäre es fast passiert. Da hatte Joko Klaas angesehen, betäubt und erhitzt und hatte sich nicht vorstellen können, dass sie von nun an Freunde sein sollten. Verbunden durch eine innige, ein wenig seltsam anmutende Freundschaft vielleicht, aber dennoch eine Freundschaft. Nicht das, was vorher gewesen war. Es fiel Joko unheimlich schwer, diese neue Realität zu akzeptieren. Nicht nur, weil das körperliche Zusammensein mit Klaas im letzten halben Jahr fast schon selbstverständlich geworden war, sondern auch, weil er schlichtweg Angst hatte. Angst vor der Zukunft. Angst vor der Ungewissheit. Angst, ihre vertraute, beschützende Welt nach all den Jahren zu verlassen und sich der schonungslosen Realität stellen zu müssen. Es war einfacher, sich von der angeblichen Sicherheit ihrer Blase verführen zu lassen, auch wenn es sie nicht weiterbringen würde.

In Kroatien war Klaas es, der sie rettete. Er klebte förmlich an Jokos Seite, weil sie gemeinsam ins Land reisten und die meiste Zeit miteinander verbrachten, aber er überschritt diese unsichtbare Grenze nicht. Er schob Joko sanft, aber bestimmt auf sein eigenes Zimmer. Er versuchte offensichtlich, sich abzugrenzen, ohne Joko dabei zu verletzten. Sie waren sich nah gewesen, aber nicht innig. Nicht so wie noch wenige Tage und Wochen zuvor. Nach Kroatien hatten sie sich getrennt, danach fast nur für das Duell miteinander kommuniziert, bis sie sich in Nepal wiedergetroffen hatten.

Und in Nepal, da war alles irgendwie zusammengekommen. Die kräftezehrenden Drehs, die Müdigkeit, das viele Gras und schlussendlich der Honig, der ihn in eine völlig andere Welt kapituliert hatte. Selten war er so stolz auf Klaas gewesen wie an dem Tag zuvor, als dieser den Honig spektakulär und furchtlos geerntet hatte. Selten hatte er Klaas so durchgängig lachen sehen wie am heutigen Tag, an dem er sich stundenlang über Joko amüsierte, der selbst mit den einfachsten Sachen heillos überfordert gewesen war. Er erinnerte sich nicht mehr an viel, aber das hatte sich eingebrannt. Klaas, der sich die Tränen aus den Augen wischte und vor lauter Lachen husten musste. Klaas‘ Hände überall, ihn stützend, ihn leitend, ihn beruhigend streichelnd. Das war seine zweite Droge gewesen. Das hatte seinen eigentlich unangenehmen und schwergängigen Rauch erst erlebnisreich gemacht. Klaas war sein einziger Zugang zur Realität gewesen und es war bezeichnend, wie normal es für Joko gewesen war, sich an Klaas als Fixpunkt zu orientieren.

Es war ihre letzte Duell Reise. Es war ein Jahr, dass mit letzten Malen gespickt war, in dem alle Weichen auf Umbruch gestellt wurden. Es überwältigte Joko emotional so sehr, dass sein Verdrängungsmechanismus ein erfolgreiches Comeback feierte, weil er es sonst nicht aushalten würde, Klaas in die Augen zu sehen. Alles, was sie vor dem Ende von Halligalli entschieden hatten, die ausgesprochenen wie auch die stummen Abmachungen, war urplötzlich wieder außer Kraft gesetzt, weil Joko die Vermutung nicht abschütteln konnte, dass sie sonst beide unter der Last ihrer eigenen Gefühle zusammenbrechen würden.

Und deswegen saß er hier, in Nepal, weit weg von all dem komplizierten Scheiß, der in Deutschland auf ihn wartete, und erlaubte sich, frei zu sein. Er erlaubte sich vielmehr, in einer Illusion von Freiheit abzutauchen, die sich vor Jahren schon als hemmend und nicht als befreiend herausgestellt hatte.

Er saß neben Olaf, Klaas gegenüber. Er spürte Klaas‘ Blick auf ihm ruhen, fast die ganze Zeit, und erwiderte ihn so oft er konnte. Thomas hatte Klaas in ein Gespräch verwickelt und dank seiner fuchtelnden Hände wusste Joko, dass dieses länger dauern würde. Irgendwie schaffte es Klaas, Schmitti interessiert zu folgen und zu antworten und gleichzeitig Joko so intensiv anzustarren, dass dem ganz warm wurde.

Joko betrachtete ihn. Die kurzgeschorenen Haare, die ihm so gut standen und ihn doch das Gefühl vermissen ließen, die Finger im längeren Haar zu vergraben und an seinen Strähnen zu ziehen. Das schlichte T-Shirt über der braun gebrannten, definierten Haut, der gestutzte Bart, über den jetzt seine rechte Hand fuhr. Jokos Blick wanderte wieder hoch zu Klaas‘ Augen und fand ein funkelndes Augenpaar, das dort bereits auf ihn wartete. Das Kribbeln unter Jokos Haut wurde stärker, war schwerer zu ignorieren. Klaas strahlte für ihn gerade nichts als die pure Männlichkeit aus und er wollte es spüren.

Er wollte Klaas spüren.

Und vor allem wollte er gelinde gesagt einen Fick darauf geben, dass das Mal nach Halligalli ihr Letztes gewesen sein sollte.

Ohne den Augenkontakt zu brechen, erhob sich Joko langsam. Ganz bedacht ging er auf Klaas zu, legte ihm von hinten eine Hand auf die Schulter. Die andere fuhr seinen Hals hoch, spielte an seinem Ohrläppchen. Ihm war es gerade egal, dass ihr ganzes Team um sie versammelt war.

Er beugte sich so weit hinab, dass seine Lippen Klaas‘ Ohr berührten.

Klaas erstarrte.

„Komm mit“, hauchte Joko.

Klaas schüttelte sofort den Kopf und tat so, als würde er immer noch Schmittis Ausführungen zu den Begebenheiten des Himalaya Gebirges folgen. „Wieso?“, raunte er zurück. Seine Stimme klang nicht einmal halb so genervt, wie sie bestimmt sein sollte.

Jokos Lippen blieben, wo sie waren. Sein Hirn setzte aus und doch war es ganz klar.

Da war kein Nebel, keine Unsicherheit, nur Verlangen.

„Ich will, dass du mich fickst.“

Klaas zuckte heftig zusammen, stieß gegen die Bierdose und fluchte laut, als sich sein Getränk über den halben Tisch ergoss.

„Alter, Klaas“, rüffelte Schmitti ihn augenblicklich und sprang zur Seite, während das Bier über sie spritzte und auf den Boden tropfte. Olaf rettete indes das Gras vom Tisch und sah Klaas vorwurfsvoll an.

„Sorry“, sagte Klaas. „Joko hat mich erschrocken.“

Thomas kniff die Augen zusammen. „Du wusstest doch, dass er hinter dir steht.“

„Er hat mir ins Ohr gepustet.“

Ein ungläubiges Schnauben von Thomas.

„Dass du aber auch immer so schreckhaft sein musst, Klausi“, sagte Joko liebenswürdig, um Klaas‘ spontane Lüge zu stützen. Sein Zeigefinger glitt erneut gespielt zufällig über seinen Hals.

„Ich hol‘ nur was zum Aufwischen“, nuschelte Klaas sofort. Joko bugsierte ihn bestimmt aus seinem Sitz. „Ich komme mit und helf‘ dir.“

Er nahm Klaas‘ Hand und zog ihn einfach mit sich, die Blicke seiner Mitarbeiter im Rücken und Klaas‘ Finger, die kurz zuckten, sich aber nicht zurückzogen, von seinen umschlossen. Er leitete Klaas durch das Dorf, war fasziniert von seiner eigenen Aufregung und definitiv noch ein geschädigt von dem Gemisch aus Bier, Honig und Gras. Ansonsten hätte er diesen Wunsch gar nicht ausgesprochen. Ansonsten hätte er wie üblich nicht einmal den Gedanken zugelassen, Klaas in sich spüren zu wollen. Ansonsten hätte er viel zu große Angst gehabt, was es bei ihm anrichten würde, diesen letzten Schritt zu gehen, den er immer gescheut hatte.

Aber all das interessierte ihn nicht. Vielleicht sollte es ihn mehr interessieren, aber es war viel einfacher, alle seine Zweifel wegzuschieben und sich stattdessen nah an Klaas zu halten. Schließlich war Klaas kein Hirngespinst, sondern real. Klaas ließ sich von ihm in sein Zimmer ziehen, Klaas fühlte sich echt an in seinen Armen. Klaas‘ Hand lag locker in seinem Nacken, drückte aber warnend zu, als Jokos Mund sich ohne Umschweife seinem Hals zuwandte.

„Das ist das Dümmste, was wir je gemacht haben“, flüsterte er, klang aber zu amüsiert, um Joko zu verunsichern. „Das ganze Team hat uns gehen sehen.“

„Weniger Worte, Klausi“, murmelte Joko gegen seinen Hals, hinterließ feuchte Küsse auf der weichen Haut und grinste, als er wahrnahm, wie sich Klaas‘ Haare unter seinen Lippen aufstellten.

„Die warten alle, dass wir zurückkommen und das scheiß Bier vom Tisch wischen.“

„Klaas“, murrte Joko. „Noch ein Wort über das Team und du kannst es dir selber machen. Als ob die das nach all den Jahren plötzlich interessiert, was wir tun, wenn die nicht dabei sind.“

Klaas schnaubte und sagte nichts, jedoch zog er Joko näher an sich und der wusste, dass er gewonnen hatte. Einen atemlosen Augenblick lang betrachtete Klaas sein Gesicht, Jokos Kopf fest in seine Hände gebettet. „Bist du noch high?“

Joko verneinte wortlos. Natürlich spürte er noch die Nachwehen des Tages, fühlte seine leicht verzögerte Reaktionszeit, wenn er versuchte, sein Hirn anzuschalten. Aber high war er nicht. Er wusste, was er tat. Er wusste, was er tun wollte.

Prüfend sah Klaas ihm in die Augen, fand in ihnen jedoch scheinbar nichts Beunruhigendes, denn er machte sich bereits im nächsten Moment daran, an Jokos T-Shirt zu zupfen. Joko ließ ihn ohne Zögern gewähren, hob die Arme an und beobachtete Klaas‘ Gesichtsausdruck, als der ihm mit weichen Berührungen über den Brustkorb strich. Er senkte seine Stirn auf Klaas‘ Schulter, regte sich minutenlang kaum, während er das Gefühl von Klaas‘ Fingern auf seinem Oberkörper genoss. Bewusst schaltete er seinen Kopf dabei aus, ließ nur Platz für seine körperliche Wahrnehmung und Wellen der Geborgenheit, die Klaas in ihm auslöste. Aufgrund seiner geschlossenen Augen vergaß er sich ein wenig, brummte abgelenkt gegen Klaas‘ Hals, als er wie aus dem Nichts die Bettkante hinter sich spürte und ungeduldige Fingerspitzen über den Bund seiner Hose tanzten.

„Die auch“, wisperte Klaas ihm zu, behielt ihn genaustens im Auge, während er sich selbst fast schon achtlos die Kleidung vom Körper streifte. Selten hatte Joko ihn so vor sich gesehen, ihn bewusst nackt wahrgenommen. Meistens war es nebenbei passiert oder er selbst hatte dafür gesorgt, aber Klaas, der völlig entblößt vor ihm stand und nicht einmal mit der Wimper zuckte, das war ein ganz besonderer Anblick. Ein Anblick, bei dem sein Herz schneller klopfte. Eilig zog er nach, schmiss Hose und Boxershorts neben das Bett und bemerkte Klaas‘ schamlosen Blick auf sich ruhen. Fast rechnete er damit, dass Klaas nun hastig über ihn herfallen würde, bis sie sich in ihrem altbekannten Rausch wiederfanden. Stattdessen zog Klaas den völlig überraschten Joko in eine Umarmung, presste jedes ihrer Körperteile eng aneinander und atmete tief gegen sein Ohr aus. Joko strauchelte, fiel rücklings auf das Bett und Klaas lachte. Lachte und fiel mit und begrub Joko unter sich.

„Sicher, dass du nicht noch high bist?“, murmelte er verschmitzt. Seine Augen blitzten hell.

„High on you“, murmelte Joko zurück und gab ihm ein angedeutetes Lächeln.

Klaas schnaubte. „Ich kotz‘ gleich.“

„Bitte neben das Bett und nicht direkt auf mich. Außerdem wollten wir nicht mehr so oft kotzen.“

„Joko?“

„Ja?“

„Halt mal den Mund.“

Mit einer dramatischen Geste verschloss Joko seine Lippen. Das Blau in Klaas‘ Augen funkelte immer noch, aber seine Gesichtszüge waren jetzt ein wenig ernster.

Sie sprachen nicht darüber. Klaas fragte ihn nicht, ob er sich sicher war. Joko wäre der Satz in neun von zehn Fällen nicht über die Lippen gekommen, aber ihnen beiden war klar, dass er ihn genau so gemeint hatte. Sie verständigten sich stumm, durch leichtes Drücken von Klaas‘ Hand und das Absetzen von Jokos Brille. Klaas bewegte sich auf ihm, wissend und ohne Hektik, ließ ihre Körpermitten aufeinandertreffen und Joko schwitzen, bevor er richtig angefangen hatte. Joko nahm es in Kauf, fühlte sich von Klaas‘ Überlegenheit nicht eingeschüchtert, weil sie auf seinen Wunsch hin geschah. Vielmehr wurden die Bewegungen seiner Hände, die so bestimmt und forschend waren, noch deutlich intensiver dadurch, dass sie aufgrund von Jokos Worten stattfanden.

Das kleine, triumphierende Lächeln auf Klaas‘ Lippen störte Joko nicht oder fachte ihn gar zum Gegenangriff an, als Jokos Atem laut und irregulär wurde, weil Klaas im Takt der Reibung ihrer Becken mit seinen Zeigefingern über Jokos Seiten fuhr. Stattdessen schickte es einen Schwall Wärme durch seinen Körper, weil Klaas so präsent war, sich so sehr auf seine Reaktionen konzentrierte. Langsam und mit viel Druck schob sich sein Schwanz gegen Jokos, ließ sie beide immer härter werden. Klaas erkundete ihn, obwohl er ihn schon kannte, weil er ihn wollte. Weil es ihn anfachte, Joko unter sich zu wissen und sich keine Sorgen machen zu müssen, dass er zu weit ging. Das Gefühl war gut, machte süchtig, verstärkte das Kribbeln in seinem Schritt. Joko schloss zufrieden die Augen und hob sein Becken an, wollte die Reibung verstärken und vielleicht so schon kommen, wenn Klaas den Rhythmus so verdammt gut beibehalten sollte. Klaas machte ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung, indem Joko zurück auf die Matratze drückte und mit der Zunge schnalzte. Er hatte sich gut unter Kontrolle, aber Joko konnte seinen schnellen Atem trotzdem hören.

„Lass das“, wie Klaas ihn an.

Joko biss sich auf die Lippe, um nichts Feixendes zu erwidern. Er mochte die Stimmung, in der sie waren. Es war neu und aufregend und er mochte es. Wenn Klaas nur langsam mal zur Sache kommen würde, anstatt ihn wie eine Porzellanpuppe zu behandeln, die bei zu groben Berührungen in tausend Teile zerspringen würde.

Als hätte er seine Gedanken gelesen, griff Klaas zwischen sie, umschloss erst sie beide und dann nur Joko mit seiner Hand, triezte ihn aber nur mit gemäßigten Bewegungen. Erneut drückte Joko den Rücken durch, den Fingern entgegen, wollte es härter und schneller, während sein Herz immer unruhiger klopfte. Klaas ließ sich durch ihn nicht beirren, ließ ihn schnaufen und stöhnen und behielt seinen Rhythmus bei, während seine andere Hand tiefer glitt. Achtsam strich er über Jokos sensible Haut, blieb flüchtig in seinen Berührungen. Er war fast schon zu fürsorglich. Joko spürte sich ungeduldig werden und wusste selbst nicht genau warum. Er konnte von Klaas nicht erwarten, dass der ihm direkt die Finger in den Arsch schob. Das hätte er selbst nie getan und Klaas war vielleicht in seinen Worten grob, aber seine Berührungen waren sanft, waren es immer schon gewesen.

Nein, seine Ungeduld war nicht Klaas‘ Schuld. Es lag an ihm selbst. Er hatte Probleme, damit umzugehen. Er konnte diese langsame Herangehensweise kaum aushalten, ohne emotional zu werden. Er konnte spüren, wie sehr er sich nach Klaas verzehrte, wie sehr dieser an ihn gebunden war, mit jeder Berührung ein bisschen mehr. Das fehlende Tempo war wie ein Nährboden für die Unruhe, die er bis hierhin unterdrückt hatte.

„Mach hinne, Klausi“, murmelte er deshalb, versuchte, einen scherzhaften Klang in seine Stimme zu legen. Er fing sich jedoch nur einen scharfen, beinahe enttäuschten Blick von Klaas ein, der ihm jetzt wieder zärtlich über den Bauch strich.

„Kannste vergessen“, gab er zurück. Las ihn so mühelos, als wäre Joko immer schon so durchschaubar für ihn gewesen. Vermutlich war es so. Klaas kannte ihn. Er hatte ihn am Boden gesehen und ihn trotzdem nicht verlassen.

Stumm akzeptierte Joko das langsame Tempo. Er akzeptierte den Druck auf seiner Brust, der sich stetig aus der mühsam zurückgehaltenen Emotion entwickelte, weil Klaas ihn so ansah. Mit diesem Blick, den Joko nicht gerne sah, denn es war ein Blick voll tief verankerter Zärtlichkeit und Wertschätzung. Vielleicht hätten sich auch sofort wieder diese penetranten Gedanken in seinem Kopf gebildet, dass dieser Blick Einbildung sein musste, weil er es nicht wert sein konnte, wenn da nicht Klaas gewesen wäre, der ihm einen Kuss auf die Brust setzte. Er brach den Augenkontakt nicht, während seine Hand die Bewegungen an Jokos Schwanz wiederaufnahm.

Joko atmete tief durch.

Er wollte sich den Moment nicht von sich selbst ruinieren lassen. Er wollte sich nicht in seinen Gedanken verheddern.

Klaas war doch da.

Es war doch alles gut.

Leicht spreizte er die Beine, damit Klaas dazwischen gleiten konnte; damit Klaas noch näherkam und sich noch mehr von ihrer Haut berührte. Klaas‘ Augen lagen unablässig auf ihm, waren wachsam und vorsichtig, obwohl seine Hand ihn jetzt mit mehr Druck rieb. Langsam beugte er sich vor.

„Vertraust du mir?“, flüsterte er gegen Jokos Lippen und der nickte sofort, ohne zu zögern, denn ja, das tat er. Das Funkeln in Klaas‘ Blick sprach Bände, zeigte ihm, dass Klaas mit einer so eindeutigen, raschen Antwort nicht gerechnet hatte. Seine Hand rutschte tiefer, umspielte seine Hoden, presste sich mit den Knöcheln gegen die weiche Haut dahinter. Nicht fest genug für eine richtige Stimulation, aber dennoch mit genügend Druck, um kleine Schockwellen durch Jokos Körper zu jagen.

„Bleibst du hier?“

Es klang wie eine Bitte.

Kurz dachte Joko, er würde es nicht können. Nicht, wenn ihm schon diese drei Wörter wie ein Gewicht auf den Brustkorb drückten, weil Klaas ihn so verdammt gut kannte und trotzdem nicht vor ihm zurückschreckte.

Aber er wollte nicht allein sein. Er wollte Klaas. Er wollte dieses Erlebnis mit Klaas, echt und ohne Angst. Er kam Klaas entgegen, küsste seinen Hals und Kiefer, bis hoch auf die Wange. Flüsterte ihm ein „Ja“ ins Ohr und merkte sofort, wie Klaas sich entspannte und leicht aufrichtete. Seine Hände legten sich auf Jokos Schenkel, um sie noch ein wenig weiter auseinanderzudrücken. Es war eine fließende, selbstverständliche Bewegung und es brachte ein loderndes Gefühl zurück in Jokos Magengegend. Ein wenig schmunzeln musste er schon, weil sein Hirn so schnell von einem ins andere Extrem sprang. Wo gerade noch Panik und Unsicherheit gewesen war, da herrschte nun die Erkenntnis, dass er Klaas unwiderstehlich sexy fand, wenn der sich wie gerade seinen Weg über Jokos Körper suchte. Klaas entging der heitere Gesichtsausdruck nicht und er hob fragend eine Augenbraue, aber Joko schüttelte nur den Kopf. Er war bereit, viel für Klaas zu tun, aber seinen Gedankengang zuzugeben und Klaas‘ Ego so dermaßen ins Unermessliche zu steigern, dazu würde er ihn nicht bekommen.

Klaas schien allerdings mit einer fehlenden Antwort nicht zufrieden zu sein. Herausfordernd blickte er Joko an und strich ihm dabei mit eindeutigen, druckvollen Bewegungen den Damm entlang. Jokos Lider schlossen sich flatternd, während er seinen Kopf tiefer in das Kissen drückte. Das war ein verdammt gutes Gefühl. Nicht zum Schreien oder laut stöhnen, sondern eher wie eine Massage an einem empfindlichen Körperteil. Gleichmäßig fuhr Klaas mit seinen Fingern auf und ab, verharrte mit jedem Mal länger an seinem Eingang, bis er endlich eine feuchte Fingerspitze durch den Muskelring schob. Joko spürte ein Ziehen in seinem Unterleib, welches sich bis nach oben in seinen Kopf zog. Sein Körper war weich und nachgiebig, nahm Klaas‘ Finger auf. Klaas ließ ihn nicht aus den Augen. Er konnte seine Blicke durch die eigenen geschlossenen Augen spüren.

Joko schluckte geräuschvoll. Schob sich näher an Klaas, näher an das Gefühl, welches er immer noch als ein wenig befremdlich einstufte, auch wenn Klaas bei ihm schon ein paar Mal so weit gegangen war. So weit, aber noch nie weiter. Noch nie mit zwei Fingern, so wie er es jetzt tat. Es kam Joko unmöglich vor, aber es ging. Sein Körper nahm die Finger auf, sie sanken immer tiefer, bis Klaas seine Hand vorsichtig drehte und das erste Mal ganz leicht zustieß. Ein Fluch rutschte ihnen gemeinsam über die Lippen. Joko öffnete die Augen und fand Klaas’ Blick wie erwartet auf seinem Gesicht liegend, aber auf das Brennen in seinen Augen war er nicht vorbereitet. Das war zügellos und echt, ohne dabei an Vorsicht zu verlieren. Das verdoppelte mit einem Schlag die Intensität seiner Berührungen.

Klaas wollte ihn. Er wollte ihn wirklich. Nicht als Ablenkung oder um Frust abzuladen oder für Zwischendurch.

Es wurde mit jedem Stoß besser. Je tiefer Klaas kam, desto mehr machte Joko mit, desto begehrter fühlte er sich unter Klaas‘ Blick. Die Behutsamkeit wich, machte Platz für ein schnelleres, bestimmteres Tempo. Klaas wurde mutiger, schien sich von Jokos Bewegungen und seinem leisen Keuchen angespornt zu fühlen. Sein Mund war ein leicht geöffnet, seine Zunge schnellte immer wieder hervor, um über die Lippen zu fahren. Und allem Ringen mit sich selbst zum Trotz, Joko hatte selten so eindeutig gewusst, was er als nächstes wollte, was er den ganzen Abend schon gewollt hatte. Mehr als nur Klaas‘ Finger, die nun rhythmisch in ihn stießen und in unregelmäßigen Abständen kleine Blitze, die ihn zucken ließen, durch seinen Körper jagten. Das war gut, das würde ihm an anderen Tagen genügen, um seiner Lust nachzugeben und seine Hand bei sich selbst anzulegen, um den Prozess zu beschleunigen. Aber Klaas war so einnehmend, passte so perfekt über ihn, machte ihn an wie selten zuvor. Oder vielleicht nur auf eine ganz ungewohnte Art und Weise. Nur der Anblick von ihm löste ein Kribbeln in seinem Körper aus. Er würde sich mit nicht weniger als mit Klaas zufriedengeben.

Wieder leckte Klaas sich über die Lippe. Joko machte sich lang, drängte sich ihm entgegen. Das Ziehen in seinem Unterleib wurde immer dringlicher, kam mehr von innen und doch brachte es ihn dazu, mit seinen Fingerspitzen über seinen Schwanz zu fahren. Seine Begierde türmte sich auf, stapelte die unterschiedlichsten Gefühle aufeinander, während Klaas ihn fingerte, ihn verrücktmachte. Ein eindeutiges Keuchen riss ihn aus seiner Trance. Er lächelte Klaas an. Es war nicht überheblich oder überfordert. Ein echtes, leicht wackliges Lächeln, weil Klaas just in diesem Moment erneut seine Prostata traf und seine Beine vor Erregung zitterten.

Endlich hatte Klaas Erbarmen und entzog ihm seine Finger. Joko fühlte sich bereits geschlaucht, war aber gleichzeitig voller Adrenalin. Er beobachtete Klaas, der sich wie nebenbei ein paar Mal über seinen Schwanz rieb und nach dem Kondom griff, welches er zuvor aus den Untiefen seines Koffers hervorgezaubert hatte. Einem Impuls folgend, stoppte Joko ihn mit einem Griff um sein Handgelenk. Für den Bruchteil einer Sekunde flackerte Sorge in Klaas‘ Augen, aber Joko schüttelte nur leicht mit dem Kopf und nahm ihm das Kondom aus der Hand. Seine Finger waren nicht so geübt wie sonst, waren zu zittrig und schwitzig, aber ihm gelang es dennoch, die Verpackung aufzureißen und das Gummi über Klaas‘ Erektion zu ziehen.

Ihre Blicke trafen sich.

Da sollte nicht so eine tiefe Intimität in ihrer beider Augen sein, dachte Joko sich. Nur, weil er Klaas das Kondom überstreifte, statt es ihn selbst machen zu lassen. Er setzte sich auf, presste seine Schläfe gegen die von Klaas, fuhr ihm mit dem Daumen einmal über die Wange. Er massierte Klaas‘ Schwanz, fühlte, wie die Lust und Zärtlichkeit gleichermaßen zäh durch seinen Körper pumpten. Er hörte seinen Namen, geflüstert, während Klaas‘ Atem über sein Ohr strich.

Klaas dirigierte ihn zurück auf den Rücken, seine Hände so sanft wie seine Augen. „Nich‘ weggucken“, murmelte er Joko zu und griff nach dem Gel. „Bitte.“

Von dem Moment an, in dem Klaas in ihn eindrang, verstand Joko ihn so viel besser als vorher. Er verstand endlich diesen Blick in Klaas‘ Augen, dieses Erstaunen und die Überforderung, wann immer Joko sich in ihn schob. Er verstand, warum Klaas seinem Blick so oft ausgewichen war. Das war eine ganz neue, ihm bisher völlig unbekannte Nacktheit, sich so sehr hinzugeben und Klaas seinen Körper anzuvertrauen. Zu vertrauen, dass Klaas ihm nicht wehtat, aber auch das Gefühl der Intimität zuzulassen, welches weit über körperliches Vertrauen hinausging. Diese Verletzbarkeit, die Joko immer gefürchtet hatte, pochte so präsent in seinem Körper, dass es ihm fast die Luft abschnürte.

Zwei Finger tippten sanft auf seine Brust. „Ausatmen, Winti“, wisperte Klaas und Joko leistete der Bitte Folge, bevor er ganz verstand, was passiert war. Da saß wieder ein Gefühl auf seiner Brust, ein sehr bekanntes Gefühl, welches sich an seiner Unsicherheit und Überwältigung vorbeischob und an die Oberfläche drängte. Es war derart einnehmend, dass Joko dachte, es müsse sichtbar aus seinem Körper fließen, das Bett benetzen, in Klaas übergehen, da, wo ihre Haut sich berührte. Er war sich sicher, es stand glasklar in seinem Blick geschrieben, als seine Augen wieder auf die von Klaas trafen. Er war sich sicher, Klaas konnte ihn in diesem Moment lesen wie nie zuvor.

Jokos gesamter Körper kapitulierte. Er entspannte sich, spürte Klaas in sich gleiten, fühlte Klaas überall, so unbeschreiblich nah. Er sah Klaas‘ Zittern, sah seine Zurückhaltung, weil er sich nach Joko richtete, auf ihn wartete. Aber Klaas war in ihm, konnte sich genauso wenig vor ihm verstecken, konnte weder seine zuckende Erektion noch seinen irregulären Atem auch nur ansatzweise kontrollieren. Und wäre es nicht die emotionale Wucht gewesen, die Joko zum Handeln gebracht hätte, dann hätte er spätestens darauf reagiert, wie sehr ihn Klaas‘ fehlende Beherrschung anmachte. Es war eine gänzlich neue Form des Kontrollverlustes, mit der Klaas begann, vorsichtig in ihn zu stoßen, völlig eingenommen von dem Erlebnis, welches für sie beide neu war. Joko war aufgeregt und aufgewühlt, sein Kopf war leer und überfüllt zugleich, seine Empfindungen tiefer und sensibler. Jeder Nerv schien gereizt, es war ihm völlig unmöglich, sich zu bewegen. Seine Finger waren in Klaas‘ Unterarme gekrallt. Er spürte die Anspannung der Muskeln unter ihm vibrieren, wann immer Klaas sich erneut langsam und bewusst aus ihm zurückzog.

Klaas hielt ihn an seiner Hüfte in Position, seine Hände hatten sich besitzergreifend um seine Seiten geschlossen und pressten ihn tiefer in das Bett. Mit jedem Stoß atmete er aus, hektisch, mit großen Augen und Schweiß, der ihm von der Lippe tropfte. Und Klaas schwitzte nicht schnell. Klaas gab sich gerne den Reizen hin, die ihr Zusammensein ihm bot, aber so hatte Joko ihn noch nie gesehen. Bestimmend und hilflos gleichermaßen, völlig verloren in Jokos Hingabe. Er biss sich auf die Lippe und Joko drehte beinahe durch bei dem Anblick, war so sehr auf ihn fixiert, dass er alles deutlich intensiver empfand als sonst. Klaas war einnehmend attraktiv, gab sich seiner Lust hin und ließ Joko dennoch keine Sekunde aus den Augen. Und das löste wieder dieses Gefühl in Joko aus, diese Wärme tief in seiner Brust, dieses Wissen um Geborgenheit und Schutz. Das Wissen, keine Angst haben zu müssen, weil Klaas ihm nicht wehtun würde.

Weil Klaas so weit in Jokos Innerstes vorgedrungen war und trotzdem nicht ging; trotzdem immer mehr wollte.

Joko keuchte, versuchte sich zurückzuhalten, aber die Möglichkeit wurde sofort fortgeschwemmt, weil Klaas sich unablässig in ihn trieb, ihn ansah, mit dem Daumen über seinen Hüftknochen strich. Klaas hatte etwas in ihm gefunden, pur und unberührt, und hatte es sofort in sich verschlossen, um es zu behüten.

Er flüsterte Klaas‘ Namen, der zunächst nicht verbal reagierte, sondern verklärt auf ihn hinabsah. Erst beim dritten Mal wurde sein Blick wacher, seine Bewegungen langsamer.

„Mh?“

„Ich lieb‘ dich so.“ Die Worte waren Joko entschlüpft, bevor er sie aufhalten konnte. Mehr noch, es in diesem Moment auszusprechen, machte ihn beängstigend emotional. Seine Unterlippe begann zu beben. „Ich weiß, du willst das nicht hören, aber—“

„Is‘ okay“, unterbrach Klaas ihn leise. Auch seine Lippe zitterte. „Ist schon okay, Joko.“Seine Augen waren ganz rot, ob vom Gras oder vor Emotionen konnte Joko nicht genau sagen, und irgendwie war es ihm auch egal. Denn Klaas war hier mit ihm, Klaas bewegte sich in ihm, und Jokos ganze Welt wurde neu zusammengesetzt.

„Ich lieb‘ dich so“, wiederholte er flüsternd. Klaas‘ ganzer Körper schien von einem Schaudern durchzogen zu werden, wie ein Erdbeben, das unerwartet einen ganzen Landstrich dem Erdboden gleichmachte. Seine Bewegungen stockten kurz komplett, aber er blieb tief in ihm. Jokos Augen fühlten sich wässrig an und er war fast erleichtert, dass es auch in Klaas‘ Augen verdächtig schimmerte, bevor dieser rasch ihre Köpfe näher aneinander brachte, sodass sich ihre Stirnen berührten.

Klaas stieß ihn nicht von sich. Er atmete tief durch, nickte und nahm es an. „Okay“, wisperte er. Und dann nochmal, weil ihm die Stimme weggekippt war. „Okay.“

Joko streckte sich leicht hoch. Ihre Lippen waren nahe beieinander, verbanden sich fast automatisch. Der Kuss blieb kurz und oberflächlich, weil Klaas nach wenigen Sekunden zitternd gegen seine Wange atmete und den Kopf schüttelte, bevor er ihn auf Jokos Schulter hinablegte. Joko verstand es, wusste, dass die Luft knapp war und die Emotionen überhandnahmen, wollte Klaas nicht überfordern und mit seinem Tempo überrollen. Er entschied sich, seine Hüfte leicht anzuheben und Klaas reagierte sofort, küsste seine Schulter und stieß sanft und langsam in ihn.

Kurz überlegte Joko, das Tempo anzuziehen. Sich von Klaas ficken zu lassen, bis er keine Luft mehr bekam. Dem Ganzen ein Ende zu geben, über das sie nicht lange nachdenken mussten, weil es einfach zu erklären war. Aber stattdessen schlang er die Beine um Klaas‘ Becken, sank ihm entgegen, spürte sich weich und nachgiebig werden und ließ Klaas machen. Er gab Klaas eine Macht, die er ihm noch nie überlassen hatte, und Klaas nutzte es nicht aus, sondern bescherte Joko ein Erlebnis, welches er nie wieder vergessen würde.

Hier, in Nepal, am anderen Ende der Welt, schimmerten Klaas‘ Augen anders, da versprach seine Zärtlichkeit, die Lösung aller Probleme zu sein. Hier waren Klaas und er genug, auch wenn es für die Realität nie reichen würde. Hier setzte er sich keinen Gefahren aus, Klaas so nah an sich ranzulassen und keine Lösung dafür zu haben, dass es die notwendige Abnabelung noch viel schwieriger machen würde.

Seine Lust begann erst dann, ihn zu überwältigen, als sich Klaas‘ Hand um seinen Schwanz schloss. Das Gefühl von Klaas in ihm war groß und kaum zu verarbeiten, aber er hatte schnell gemerkt, dass er nicht so reizempfindlich war wie Klaas selbst und nur aufgrund der Stimulation nicht so durchdrehte, wie der es tat. Joko ging es eher um den Akt an sich, um das Vertrauen und um Klaas so entrückt und ungehemmt zu erleben, wie er es jetzt durfte. Aber die Reibung an seiner Erektion gepaart mit Klaas‘ dringlicher werdendem Stöhnen und dem anschwellenden Schwanz in ihm brachte ihn dann doch erbärmlich schnell über die Klippe. Er spürte, wie er sich um Klaas verkrampfte, wie seine Muskeln sich zusammenzogen und seine Nägel tiefe Abdrücke in der Haut von Klaas‘ Unterarmen hinterließen. Er drückte seinen Rücken durch, Klaas stieß fahrig zu, traf plötzlich genau richtig und Joko durchfuhr der Orgasmus wie ein Stromschlag. Mit einem heiseren Laut ergoss er sich über Klaas‘ Hand, fühlte sich gewollt wie nie unter seinem begierigen Blick und hätte gerne alles dafür getan, um Klaas an dem Gefühl teilhaben zu lassen, was dieser in ihm auslöste. Aber das musste er gar nicht, denn Klaas schien nur auf ihn gewartet zu haben, brach förmlich auf seinem Oberkörper zusammen und fickte sich ein paar Mal schnell und unbedacht in ihn, bevor er ebenfalls kam.

Ein paar Minuten herrschte eine fast schon erdrückende Stille. Klaas lag auf ihm, nach Luft schnappend und hektisch gegen seinen Hals ausatmend. Er selbst war völlig neben der Spur, spürte alles in sich brennen und vor Überreizung schreien, vernahm gleichzeitig aber den Ruf nach Ruhe und Erholung. Sein Herz galoppierte ihm davon, schien noch nicht verstanden zu haben, dass der Schleier des Verlangens sich langsam lichtete und seine Sicht sich wieder klärte. Klaas schwieg weiterhin. Seufzte, auch wenn es nicht bitter klang, ein wenig geschlagen auf und zog sich vorsichtig aus ihm zurück.

Sein erster Impuls war, Klaas sofort wieder an sich zu ziehen. Er war nicht bereit gewesen, mit der Kälte und Abwesenheit konfrontiert zu werden, die Klaas‘ fehlende Körperwärme in ihm auslöste. Seine Kehle verengte sich. Er wollte sprechen und fand die Worte nicht, alles war so rau und zu nah und gleichzeitig viel zu weit weg, weil er Klaas nicht mehr in sich spürte und ihre Verbundenheit von einer Sekunde auf die andere verschwunden war. Klaas beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, während er sich mit einer zögerlichen Bewegung das Kondom abstreifte und es in dem Taschentuch verstaute, mit dem er seine Hand und Jokos Körper gesäubert hatte. Dann ließ er sich vorsichtig neben ihn sinken, legte in einer beinahe beschwichtigenden Geste die Hand auf Jokos Bauch und der Knoten platzte so plötzlich, dass Joko keine Chance hatte, sich zu kontrollieren.

„Geh nicht weg“, wisperte Joko sofort, presste sich an ihn, weil er die Tränen unkontrolliert über sein Gesicht laufen spürte. „Du kannst… bitte… du…“

Klaas küsste seine Stirn. Er schüttelte den Kopf und raunte beruhigende Worte in Jokos Haar, die nicht bei ihm ankamen und dennoch halfen. Er war in einem emotionalen Ausnahmezustand und Klaas‘ Körper um ihn herum half ihm, wieder runterzukommen. Joko schämte sich und tat es gleichzeitig doch nicht, weil er tief in seinem Inneren verstand, dass er nichts gegen diese Überwältigung tun konnte. Vermutlich war es eine normale Reaktion, wenn körperliche Erschöpfung auf geistliche Überforderung traf, vor allem nach den Strapazen des Tages. Von den Drogen einmal ganz zu schweigen. Vermutlich war es ein gutes Zeichen, wenn ihn gerade alles überrollte und es ihm zu viel wurde.

Lisa würde ihm zustimmen. Sie würde nicht wollen, dass er sich schämte. Er musste mit ihr reden. Er wollte sich mit ihr austauschen, ihre Meinung hören. Er konnte so nicht weitermachen, ohne zu wissen, welche Möglichkeiten ihm offenstanden. Er musste ihr verdeutlichen, wie tief er wirklich in der Sache mit Klaas hing. Er musste ihr zumindest einen Ausweg ermöglichen, wenn sie ihn wollte. Er würde nicht gehen können, weder bei ihr noch bei Klaas, aber sie hatte aufrichtige Ehrlichkeit verdient. Er musste sich vor Augen führen, was er wollte. Nicht nur für eine Weile oder als Überbrückung, sondern endgültig.

Mit Klaas, der ihm immer noch beruhigend mit den Fingerkuppen über den Arm fuhr, musste er auch reden. Es war unausweichlich, aber gleichzeitig wusste er, dass es nicht die richtige Zeit dafür war. Dafür musste er sich erst sicher sein und einen Plan haben, der ihm garantierte, Klaas nicht zu verlieren.

Äußerlich hatte Joko sich mittlerweile beruhigt, atmete regulär und tief, aber in seinem Kopf tobten die Gedanken. Alles in ihm war zerrissen, sehnte sich nach etwas, was er nicht einmal benennen konnte. Immer penetranter wurde das Wissen, dass sie aus guten Gründen getrennte Wege gehen würden, zumindest für eine Weile. Dieses Gefühl der Verlustangst, welches im Zusammenhang mit Klaas mittlerweile fast lähmend auf ihn wirkte, musste für etwas Besseres weichen. Langfristig konnte Joko diese Abhängigkeit und die Angst nicht mehr ertragen, ohne daran zu zerbrechen.

Klaas schienen ähnliche Gedanken durch den Kopf zu spuken. Er klang nicht harsch, eher unsicher, aber sein geflüsterter Satz war trotz dessen wohl überlegt und ernst.

„Das bleibt eine absolute Ausnahme.“

Joko brummte leise und stieß die ungute Vorahnung, die in ihm aufkam, wenn er an die kommenden Monate dachte, mit aller Macht wieder runter. In der Gegenwart, da brauchte er keine Ängste und Sorgen. Hier war Klaas bei ihm, neben ihm. Jetzt gerade, in diesem Moment, war alles so, wie er es wollte.

Er hielt die Augen geschlossen und Klaas umschlungen, der keine Anstalten machte, vor ihm zurückzuweichen und stattdessen sanft über seine Seite strich. Und wenn Joko seinen müden Verstand kurz ein wenig anstrengte, dann fühlte es sich fast so an, als würden Klaas Lippen ganz leicht über seine streifen. Wie ein Hauch, der verschwand, bevor man ihn greifen konnte.

Joko griff trotzdem zu. Er griff nach Klaas und ließ ihn nicht mehr los.

Sie umarmten sich.


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I'm sorry, but I fell in love tonight

I didn't mean to fall in love tonight

You're looking like you fell in love tonight

Could we pretend that we're in love?
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