Life is Strange - This is our Universe
von THELOKALWRITER
Kurzbeschreibung
Eine Entscheidung kann alles verändern. Als sich Max am 11. Oktober 2013 für ihre beste Freundin Chloe und gegen die Rettung ihrer Heimatstadt Arcadia Bay entscheidet, beginnt für die beiden jungen Frauen ein neues Abenteuer. Aber der Weg in ein neues Leben ist alles andere als einfach und bringt viele Herausforderungen mit sich. Begleitet Max und Chloe bei ihrer außergewöhnlichen und emotionalen Reise und erlebt selbst, wie stark das Band der Liebe sein kann.
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P18 / Mix
Chloe Price
Maxine "Max" Caulfield
OC (Own Character)
10.02.2022
27.02.2023
22
105.542
5
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Dieses Kapitel
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12.04.2022
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Kapitel 8 - Die Königin der Baumkronen
Chloe Price
London, UK – Samstag, 03. Oktober 2015
Strömender Regen prasselte auf das Dach der Flughafenlobby und hektisches Treiben sorgte für eine extreme Geräuschkulisse. Nach dem chaotischen Flug und der wetterbedingten Wartezeit in Chicago war mir das einfach zu stressig und ich verspürte das Verlangen nach einer Zigarette und etwas frischer Luft. Also schnappte ich mir meine Tasche und steckte die Kopfhörer meines Handys ein, um etwas Musik zu hören. Auf dem Weg nach draußen habe ich mir am Geldautomaten etwas Bargeld gezogen, denn mit meinen Dollars werde ich hier nicht weit kommen.
Als ich den Flughafen verlassen hatte, zündete ich mir eine Zigarette an und lehnte mich an die Außenwand. Zum Glück war der Raucherbereich überdacht. Es war deutlich kühler als in Chicago oder Seattle. Außerdem schüttete es wie aus Eimern das typisch englische Wetter so wie man das gerne in Büchern oder Filmen vermittelt bekommt.
Während ich auf mein Taxi wartete und Musik hörte, beobachtete ich die Menschen und obwohl ich hier an einem Flughafen, einem Ort mit viel Publikumsverkehr war, begegneten sich die Menschen gefühlt ein wenig freundlicher als zu Hause. Natürlich war es in Seattle nicht so, das sich die Menschen am Flughafen, im Busbahnhof oder der Mall gegenseitig verprügeln oder anschnauzen, denn immerhin ist das mein Zuhause und ich fühle mich dort wohl.
Aber hier wirkte der Umgang untereinander etwas entspannter, oder es kam mir nur so vor, weil ich gerade einfach mal so den Kontinent gewechselt habe und in ein paar Tagen erkenne ich hier auch keinen Unterschied mehr. Wir werden sehen. Nachdem ich die Zigarette aufgeraucht hatte, fuhr auch schon mein Taxi vor. Überpünktlich. War aber auch nicht anders zu erwarten. Ich ging zum Auto, stieg ein, warf meine Reisetasche auf den Rücksitz und setzte mich nach vorne, dabei konnte ich mir beim Anblick der Kopfbedeckung meines Fahrers das Lachen nicht verkneifen.
„Ist das dein Ernst? Du willst wohl direkt in den Club der royalen Armee oder? Kein Bock auf das normale Bewerbungsverfahren oder?“
„Wieso? Wegen der Cap? Die habe ich vorhin beim Einkaufen geschenkt bekommen und mir gefällt sie. Hast du was dagegen, Private?“, erwiderte David mit einer gespielt strengen Miene.
„Private am Arsch, General. Ich habe mir schon lange eine Beförderung direkt hoch zum Sergeant verdient, wenn nicht sogar höher. Oder?“, antwortete ich frech.
„Pass bloß auf, sonst fordere ich dich später zu einem Liegestütz Wettbewerb heraus und mit deiner Raucherlunge kann ich mir schon denken, wer von uns gewinnen wird.“
„Ich natürlich“, antwortete ich und versuchte dabei ernst zu bleiben, bevor wir beide in schallendes Gelächter ausbrachen.
Wir fuhren in Richtung Innenstadt, weg vom Flughafen. Mein Apartment lag ungefähr eine dreiviertel Stunde mit dem Auto vom Flughafen Heathrow entfernt, im Stadtteil Kensington and Chelsea in der Nähe vom Earls Court. Wenn ich darüber nachdenke, klingt das Ganze wirklich viel zu Royal für meinen Geschmack, aber die Fotos vom Apartment und der Lage haben mich überzeugt und David hat keine Kosten und Mühen gescheut, vorab alles genau unter die Lupe zu nehmen. Nicht das ich ihn darum gebeten hätte, aber er hat seinen eigenen Willen. Typisch Ex-Soldat.
Aber ich bin ihm sehr dankbar und froh darüber, dass wir uns mittlerweile so gut verstehen. Ich hätte niemals gedacht, dass wir mal so etwas wie Freunde werden. Während der Fahrt unterhielten wir uns über alles Mögliche, wobei ich mich hauptsächlich über die lange Wartezeit in Chicago ausgekotzt habe. Eigentlich bin ich die Ruhe selbst bei solchen Dingen, aber die ganze Organisation war unter aller Sau und wir, die Passagiere, hätten uns locker drei Stunden sparen können, wenn Kommunikation besser funktioniert hätte.
Aber was solls, nun bin ich hier. Natürlich musste David mich mit den Vorzügen der Flüge mit der Armee necken, denn dort gibt es keine Wartezeiten und keinen Stress am Schalter oder Gate. Aber immerhin musste ich mir dafür keine Sorgen machen, abgeschossen zu werden. Kurze Zeit später kamen wir an meiner neuen Adresse an. Das Apartment befand sich in einer ruhigen Seitenstraße. Eine wundervolle Allee voller dichter Laubbäume und zwischen jedem Baum wurde eine Straßenlaterne platziert, die bei Nacht Licht und Sicherheit spenden soll.
Wobei ich mir in dieser Gegend keinerlei Sorgen machen muss, außerdem sollte sich lieber keiner an mir vergreifen, denn sonst korrigiere ich demjenigen sein britisches Lächeln. Mein Apartment lag im obersten Stock eines dreistöckigen Altbaus und somit konnte ich auf die Baumkronen blicken. Selbst wenn in dieser Straße mal lauter Verkehr herrschen sollte, würde ich davon nichts mitbekommen. Als wir vor dem Eingang meines Apartments standen, überreichte mir David den Schlüssel, und nachdem ich die Tür öffnete, wurden wir direkt von einem rustikal anmutenden Flur begrüßt. Ich war direkt begeistert.
„Willst du eine Führung oder magst du die Wohnung selbst inspizieren?“, erkundigte sich David.
„Du hast hier alles auf Tauglichkeit geprüft, also spricht nichts gegen eine Führung“, erwiderte ich zustimmend.
David salutierte grinsend und führte mich durch die Wohnung. Der rustikale, mit roten Backstein versehene Flur mündete links am Eingang in ein modernisiertes Badezimmer mit Fenster und ebenerdiger Dusche. Zur Rechten ging es in das Schlafzimmer mit Dachfenster. Hat David etwa ein Bett gekauft und es bereits aufgebaut?
Das muss ich später genauer erkunden. Vielleicht gehörte es aber auch zum Apartment. Doch so wie ich David kenne, hat er es sicherlich selbst gebaut. Der Flur endete in einem großzügigen Wohnbereich mit offener Küche unter der einer Dachschräge und neben der L-förmigen Küche lag der Ausgang zum kleinen Balkon, von dem man über die Siedlung und die Baumkronen blicken konnte. Wirklich schön und so kann ich mir gemütlich meine morgendliche Zigarette an der frischen Luft rauchen. Oder etwas anderes nach Feierabend.
Mal sehen. Hoffentlich gibt es hier auch vernünftige Dealer, die einen nicht ans Messer liefern oder abzocken wollen. Ich wollte mir eigentlich das Rauchen abgewöhnen, aber das steht noch auf meiner To-do-Liste … ganz weit unten, außerdem spricht nichts hin und wieder mal einen Joint zu genehmigen. Ich stehe total auf das Apartment, klar war das in Seattle auch wunderbar, doch der Balkon mit dem Ausblick ist schon richtig geil. Nachdem die Führung beendet war, musste ich endlich mal etwas essen, die paar Erdnüsse, die wir im Flugzeug bekommen haben, taugten in keiner Weise als Sattmacher.
„Die Wohnung ist perfekt. Ich bin total begeistert. Danke, dass du alles für mich organisiert hast“, entgegnete ich David lächelt.
„Nichts zu danken, Chloe. Das ist doch meine Mission gewesen“, antwortete er salutierend und mit einem Grinsen im Gesicht.
„Kann man hier irgendwo etwas Gutes zu Essen abgreifen? Ich möchte dich gerne einladen und dann weihen wir den Balkon ein“, erkundigte ich mich bei General Madsen.
Er ging zum Beistelltisch neben der Couch und zückte eine Liste mit allen wichtigen Adressen von Restaurants, Bars und Supermärkten bis hin zu Apotheken. „Ich denke, damit findest du mit Sicherheit etwas. Aber wenn ich etwas empfehlen darf, dass Pub "The Blackbird" hat eine hervorragende Küche und man kann Speisen auch mitnehmen.“
Typisch David stets vorbereitet. Aber der Laden klingt gut.
„Alles klar, dann werde ich mal einen Spaziergang machen und eine rauchen. Das brauche ich nach dem stundenlangen sitzen im Flugzeug“, erwiderte ich und zog meine Lederjacke über.
„Soll ich dich begleiten?“, antwortete David rasch.
„Nein, ich werde etwas die Gegend erkunden. Irgendeinen besonderen Wunsch vom Blackbird?“
„Wenn du mich so fragst: Steakhouse Burger mit Country Potatoes. Danke, Private“, antwortete er wohlwissend, das ich es hasste, wenn er mich Private nennt.
„Okay. Trockenes Brot und schales Wasser für den General. Kommt sofort“, erwiderte ich provozierend.
„Frech wie eh und je. Dann besorge ich uns in der Zeit etwas zu trinken“, erklärte David.
Ich bedankte mich bei ihm und verließ mein neues Apartment.
Der Regen hatte mittlerweile aufgehört und die kühle Luft und der leichte Nebel fühlten sich sehr angenehm erfrischend an nach Stunden der stickigen Luft im Flugzeug. Vor der Haustür zündete ich mir eine Zigarette an, steckte mir die Kopfhörer meines Handys in die Ohren und spazierte die mit dichten Laubbäumen bewachsene Straße entlang in Richtung des Blackbird. Die Gegend war wirklich sehr ruhig gelegen und die Häuser machten einen sehr gepflegten Eindruck, irgendwie konnte ich mir schwer vorstellen, das wir uns hier in einer Weltstadt befinden, aber mit Sicherheit ist es nicht überall so ruhig in London wie hier. Ich wechselte zur nächsten Playlist und es ertönte eine meiner absoluten Lieblingsbands.
Jedes Mal, wenn ich mir „Firewalk“ anhöre, dann denke ich immer an das Konzert damals in der alten Sägemühle zurück. Der 04. Juli 2010 und während andere den Unabhängigkeitstag feierten, erlebte ich den wohl besten Tag, seit mein Dad gestorben und Max nach Seattle umgezogen ist. Was ein geiler Abend, als Rachel und ich uns kennenlernten und sie mich vor diesen widerlichen Typen rettete, die sich angepisst fühlten, weil ich ihr Bier unabsichtlich verschüttet hatte. Das waren richtige Jammerlappen, aber ob mit oder ohne Bier auf seinem Tank-Top, der Typ hat ohnehin widerlich gestunken.
Außerdem erinnere ich mich noch daran, wie Frank die beiden aufhielt, als sie uns verfolgten und als Leder wollten. Mittlerweile weiß ich, warum er es getan hat, aber es war trotzdem eine coole Aktion von ihm. Auf seine besondere Art und Weise war er ein aufrichtiger und fürsorglicher Kerl. Ich hoffe, es geht ihm gut dort, wo er jetzt ist. Jedenfalls war es echt ein krasses Event, bei dem Rachel und ich durch die Nacht tanzten und uns ordentlich mit Bier betranken. Wir kannten uns bis zu diesem Moment nicht persönlich und trotzdem hatten wir verdammt viel Spaß, dabei konnte ich kaum meinen Augen trauen, als ich sie in diesem rockig wilden Look gesehen habe. Sie sah einfach so heiß aus. Das tat sie immer. Sie war ein Engel, mein Engel und egal was danach alles noch passierte, sie hat mich damals gerettet und dafür werde ich ihr auf ewig dankbar sein. Sie würde London mit Sicherheit feiern, auch wenn ihr Favorit immer Los Angeles war. Der Gedanke daran zauberte mir ein Lächeln aufs Gesicht.
Nach nur wenigen Minuten kam ich am Blackbird an. Das Pub lag an einer Häuserecke und wirkte sehr rustikal und oldschool. Über der massiven Eichentür thronte ein eiserner, schwarzer Rabe mit gespreizten Flügeln, welcher wohl das Maskottchen darstellen sollte. Gerade als ich den Laden betreten wollte, polterte die Tür auf und ich konnte gerade so ausweichen, sonst wäre ich wohl direkt K. O. gegangen.
„Entschuldige? Kannst Du denn nicht aufpassen?“, fauchte ich.
Der Typ, in seiner schwarzen Lederjacke, den Kragen nach oben gestellt, einen dezenten dunklen Bartschatten und Handy in der Hand, drehte sich zu mir.
„Wie bitte? Es ist doch nichts passiert. Kein Grund, sofort so zickig zu werden.“
Ich schenkte ihm einen bösen Blick. „Pass mal auf Kleiner, ich zeig dir gleich mal, was es bedeutet, zickig zu sein. Pass das nächste Mal auf und schau lieber nach vorne, anstatt nur auf dein Handy zu glotzen.“
„Okay okay entspann dich“, antwortete er mit erhobenen Händen und musterte mich unangenehm.
Anderes Land, dieselben Arschlöcher. Ich drehte ihm den Rücken zu und betrat das Pub, denn sonst sterbe ich noch vor Hunger. Die Einrichtung des Blackbirds rundete das äußerliche Bild ab. Dunkle Holzmöbel, eine lange Bar, ein Klavier in der hinteren Ecke neben der Theke und ein großer offener Kamin in der Mitte des Raumes. Der Laden war ganz nach meinem Geschmack. Wenn jetzt noch das Angebot und der Service stimmt, ist alles in bester Ordnung. Nach kurzer Zeit trat ein kräftiger, bärtiger Mann mit kurz geschorenen Haaren und einem Trockentuch über der Schulter hinter der Theke hervor und schaute zu mir rüber.
„Willkommen im Blackbird. Was darf´s sein? Ein Bier oder etwas zu essen oder beides?“
Seine Stimme war kräftig, tief und angenehm zugleich. Flößte mir aber auch krass Respekt ein.
„Hey, ich würde gerne etwas zum Mitnehmen bestellen. Welches Bier ist den empfehlenswert? Ich bin erst vor ein paar Stunden hier angekommen“, antworte ich.
„Kommt drauf an. Ich würde dir ein Guinness empfehlen, wobei ihr Yankees wohl eher auf Heineken steht“, antwortete er und zog ein Glas aus dem Thekenschrank.
„Was hat mich verraten, meine Unwissenheit über englische Biersorten oder der Akzent?“, erkundigte ich mich.
„Beides, aber an deiner Kenntnis über unsere Biersorten können wir noch arbeiten. Also was darf ich dir anbieten?“
„Dann nehme ich ein Guinness und zweimal den Steakhouse Burger mit Country Potatoes zum Mitnehmen“, antwortete ich entschlossen.
„Immerhin kennst du schon unseren legendären Steakhouse Burger“, er nickte zufrieden und drehte sich zur Schwenktür um, die zur Küche führte.
„BOB! ZWEI MAL STEAKHOUSE SPEZIAL ZUM MITNEHMEN.“
„Steakhouse Spezial?“, fragte ich neugierig nach.
„Das ist unsere interne Bezeichnung für deine Bestellung. Wir bieten auch andere Beilagen an, aber Spezial ist die beste Kombination mit den Potatoes.“
Der Barkeeper zapfte mein Bier und stellte es auf den Tresen. Ich setzte mich auf einen der Barhocker und genehmigte mir einen großen Schluck. Auch wenn das Bier hier nicht so kalt ist, wie ich es von zu Hause gewohnt war, schmeckte es erstaunlich gut. Damit hätte ich nicht gerechnet.
„Auf Urlaub hier oder Amerika den Rücken gekehrt?“, erkundigte sich der Barmann trocken.
Ich senkte mein Glas und wandte mich ihm zu. „Ich bin heute hergezogen und fange am Montag eine Praktikumsstelle am Imperial College an. Mein Apartment liegt nur wenige Minuten von hier im Courtfield Garden.“
„Ein gutes College. Meine Tochter hat dort studiert. Ich heiße übrigens Jeffrey“, antwortete er und streckte mir die Hand hin.
Ich erwiderte mit einem Händedruck und stellte mich vor. „Chloe freut mich.“
„Scheint, als würde dir das Bier schmecken. Dann gebe ich dir mal unsere Pub-Card. Bei zehn Getränken nach Wahl gibt es eins umsonst.“
Jeffrey schob eine kleine Stempelkarte mit dem Blackbird Logo über den Tresen zu mir und ich steckte sie sofort in meine Jackentasche.
„Danke. Ich denke, dass ich häufiger mal vorbeischauen werde. Mir gefällt der Laden und wenn es schon um die Ecke ist“, grinste ich.
Jeffrey stimmte mir mit einem Nicken zu. „Das hoffe ich doch.“
Unmittelbar darauf brachte Bob, ein schlaksiger Mann mit Zopf, das bestellte Essen in einer Transportbox nach vorne. Es roch fantastisch und nun sollte ich schnellstens zurück, damit General und ich nicht Tod durch verhungern vermelden müssen.
„Danke Jeffrey. Das riecht fantastisch. Was macht das?“
„14,95 Pfund. Das Bier geht aufs Haus, sozusagen dein „Willkommen in London“ Drink“, zwinkerte er mir zu.
Ich gab ihm fünfzehn Pfund. Zum Glück habe ich mir etwas Geld am Flughafen besorgt. „Fünfzehn. Stimmt so. Bis zum nächsten Mal.“
„Dann bedanke ich mich guten Appetit. Bis bald.“
Ich winkte ihm zum Abschied und verließ das Blackbird und ging auf schnellen Sohlen zurück zu meinem Apartment. Dort angekommen erwartete David mich bereits. Er hat den kleinen Tisch auf dem Balkon mit Besteck und zwei Flaschen Guinness eingedeckt. Bei dem Anblick der Flaschen musste ich grinsen. Wenn er wüsste, dass ich bereits ein Bier hatte und das noch vor dem Abendessen. Ich stellte die Box mit unserem Essen auf den Tisch und setzte mich. Der Ausblick über die Stadt war einfach genial. Wir packten unser Essen aus und dabei stellte ich fest, dass Jeffrey uns eine extra Portion Dip hat einpacken lassen. Ich werde so was von regelmäßig ins Blackbird gehen.
„Guten Appetit und vielen Dank für die Einladung“, nickte David mir lächelnd zu, bevor er hungrig in seinen Burger biss und dabei genüsslich die Augen schloss.
„Kein Ding. Das ist das Mindeste, was ich tun kann für deine gute Arbeit.“
David hatte nicht übertrieben, sondern eher untertrieben der Burger schmeckte ausgezeichnet. Frisch, saftig, würzig und Lichtjahre von den ganzen Burgern diverser Fast Food Ketten entfernt, obwohl ich die auch gerne mal esse, wobei ich in Zukunft eher diesen hier bevorzugen werde. Während wir unser Abendessen verspeisten, wanderte mein Blick immer wieder über die Skyline, die Baumkronen unter dem Balkon und den beginnenden Sonnenuntergang.
„Woran denkst du gerade Chloe?“, erkundigte sich David besorgt. Verdammt, er merkte aber auch alles, dabei weiß er genau, wie schwer mir das Reden über Gefühle und den ganzen Kram fällt.
„Ach, es ist schön hier und ich würde diese Erfahrung hier so gern mit Mom oder Rachel teilen. Aber das geht leider nicht“, erklärte ich und versuchte dabei nicht zu weinen, denn das war auch nicht so wirklich mein Ding.
David hielt einen Moment lang inne. Ich vermutete, dass er verblüfft war, dass ich nicht Max erwähnt habe, aber für mich war das eine klare Sache. Sie ist noch da. Mom und Rachel sind fort. Für immer.
„Ich verstehe dich sehr gut. Du vermisst sie beide. Besonders Mom. Geht mir genauso. Aber glaube mir, wenn ich dir sage, dass beide in diesem Moment bei dir sind. Auch wenn ich nicht so sehr an so spirituelle Dinge glaube, bin ich davon überzeugt, dass Menschen, die uns sehr nahe standen, immer bei uns sind, auch wenn sie nicht mehr unter den Lebenden weilen. So geht es mir mit Phil. Ich habe oft das Gefühl, das er mich im Alltag begleitet“, erklärte er mit ruhiger und behütender Stimme.
Ich stimmte ihm stumm nickend zu.
Es ist ein schöner Gedanke, das Mom und Rachel jetzt in diesem Moment hier bei uns sitzen. Ich stelle mir gerade vor, beide wären bei uns an diesem kleinen Tisch und würden auch einen leckeren Steakhouse Burger und handwarmes Guinness genießen. Ich war selbst erstaunt darüber, wie erstklassig ich meinen Abschluss nachholen konnte, obwohl ich gefühlt die Hälfte meiner Zeit in der Vergangenheit und den ganzen schönen Erinnerungen verbracht habe. Es ist einfach so unfair, dass uns Mom und mir zusätzlich noch Rachel genommen wurden. Aber auch all die anderen Menschen in Arcadia Bay. Ich habe einige Nächte mit Recherchen nach Überlebenden verbracht, aber leider ohne Erfolg.
Ich konnte mir zwar schwer vorstellen, dass nur Max, David und ich überlebt haben, jedoch scheint dies traurige Realität zu sein, und auch wenn ich das eine Zeit lang verdrängt habe, kann ich es einfach nicht begreifen, warum Max eine ganze Stadt, unsere Heimat und all die dort lebenden Menschen einschließlich unserer Freunde und Familien geopfert hat, um mir das Leben zu retten. Klar, wir sind beste halt Freunde, aber rechtfertigt das eine derartige Entscheidung? Natürlich muss ich gestehen, dass ich ihr die Entscheidung überlassen habe, doch rückwirkend betrachtet hätte ich lieber darauf bestehen sollen zu sterben, dann wären alle anderen noch am Leben.
Aber es ist halt anders gekommen, daher bemühe ich mich wenigstens jetzt etwas richtig zu machen und darum bin ich hier. Außerdem bin ich wirklich dankbar, dass mein Stiefvater und ich uns nun so gut verstehen. Allerdings werde ich ihm das nicht allzu häufig verklickern, denn sonst ertrinkt er noch in Glücksgefühlen.
„Komm lass uns anstoßen. Auf deine neue Wohnung, deinen beruflichen Start und auf unsere Liebsten“, verkündete David mit erhobener Flasche.
„Prost, General“, erwiderte ich grinsend und unsere Flaschen stießen zusammen.
„Prost, Sergeant.“
Ich schaute ihn mit skeptischem Blick über die Flasche hinweg an. „Ach, jetzt bin ich plötzlich Sergeant? Vielleicht sollte ich dich eher in den Rang eines Schleimers degradieren.“
„Damit bin ich immer noch höher im Rang als du. Schleimer wurden bei uns der Lieutenant genannt und die sind über den Sergeants“, lachte David und genehmigte sich einen kräftigen Schluck.
Ich rollte nur mit den Augen, konnte mir dann aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. Gemeinsam genossen wir den Abend, den Sonnenuntergang und unser Bier und während ich mir eine Zigarette anzündete, kehrte für einen Augenblick eine besonders angenehme Ruhe ein und diesen Moment wollte ich einfach nur genießen und vollends auskosten. Hier auf meinem Balkon, meinen neuen Palast und jetzt bin ich Chloe Price, die Königin der Baumkronen.
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