Mit ein bisschen Hilfe
von RoseInTheDark
Kurzbeschreibung
Sein ganzes Leben lang hat er getan, was man von ihm erwartet hat. Job, Karriere, Ehe - immer der gehorsame Sohn und der treusorgende Ehemann. Doch als seine Schwester ihn auf eine unverhoffte Urlaubsreise schickt, stellt das sein gesamtes Leben auf den Kopf.
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Alexander "Alec" Lightwood
Magnus Bane
03.02.2022
04.12.2022
15
30.809
11
Alle Kapitel
28 Reviews
28 Reviews
Dieses Kapitel
2 Reviews
2 Reviews
03.02.2022
2.369
Hallo zusammen
und willkommen zu meiner zweiten Geschichte.
Diese Story basiert auf einer FanFiction, die ich zu einer anderen Serie vor Jahren gelesen habe. Aber die Idee gefällt mir noch immer und ich hatte einfach die Vorstellung wie es wohl mit den Charaktere von Shadowhunter und unserem Lieblingspairing aussehen würde. Und ich gebe zu, ich brauchte etwas Ablenkung von meiner ersten Geschichte in der Hoffnung, dass sich mein Krea-Tief wieder etwas löst, wenn ich mich mit etwas anderem beschäftige.
Ich hoffe natürlich, dass euch auch diese Geschichte gefällt und euch etwas Kurzweil bereitet.
Liebe Grüße
RoseInTheDark
----------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ich werde Izzy umbringen.
Fast hätte er laut aufgelacht, als ihm der Gedanke durch den Kopf schoss, aber nur fast. Stattdessen versuchte er noch tiefer in den ledernen Sitz zu rutschen.
Verdammt, natürlich würde er nichts dergleichen tun. Vermutlich würde er ihr noch nicht einmal Vorwürfe machen, immerhin war sie seine kleine Schwester und seine beste Freundin - seine einzige Freundin, wenn er genauer darüber nachdachte. Alle anderen Personen aus seinem Bekanntenkreis hatten entweder etwas mit der Firma seines Vaters oder dem Unternehmen seines Schwiegervaters zu tun. Er hatte nie wirklich Zeit dafür gehabt Freundschaften zu schließen. Sein ganzes Leben war darauf ausgelegt irgendwann die Nachfolge seines Vaters anzutreten und die Firma zu übernehmen, die sein Großvater aufgebaut hatte. Er kannte nichts anderes. Er hatte die besten Schulen besucht - die gleichen wie auch schon sein Vater. Er hatte sich fast nur mit Dingen beschäftigt, die sein Vater für hilfreich und gewinnbringend erachtete. Es war selbstverständlich, dass er in den Ferien in der Firma half und seine Berufspraktika dort absolvierte. Und genauso selbstverständlich war es gewesen, dass er nach seinem Studium in eben jener Firma anfing zu Arbeiten. Mit 22 hatte er schließlich die Frau geheiratet, die sein Vater für geeignet erachtet hatte. Bis zum Tag seiner offiziellen Verlobung hatte er seine Frau kaum gesehen, geschweige denn gekannt, doch er hatte nie widersprochen. Er hatte gelernt das zu tun, was von ihm erwartet wurde. Er hatte gelernt ein guter Sohn und später ein guter Ehemann zu sein.
Seine Schwester hingegen war völlig anders. Natürlich war auch sie nur auf die besten Schulen geschickt worden. Doch wann immer sie konnte, hatte sie sich gegen die elterlichen Regeln aufgelehnt. Sie war auf Partys gegangen und hatte sich mit den Leuten abgegeben, die sie mochte. Und als ihr Vater schließlich versucht hatte auch sie mit einem für ihn geeigneten Schwiegersohn zu verheiraten, hatte sie ihre Sachen gepackt und war in eine andere Stadt gezogen. Damals war Alec wütend auf Isabelle gewesen. Mit ihrem Weggang hatte er seine einzige Vertraute verloren, den einzigen Menschen, der ihm wirklich nahe stand. Aber sie hatte ihren Bruder nicht vergessen. Sobald sie sich wieder beruhigt und eingelebt hatte, hatte sie wieder Kontakt zu ihm aufgenommen. Irgendwann waren sie dazu übergegangen sich wenigstens einmal im Monat für ein Wochenende zu treffen, sehr zum Missfallen ihres Vaters und seiner Frau. Robert, sein Vater, mochte den Gedanken nicht, dass seine verzogene und rebellische Tochter seinem braven Sohn Flausen in den Kopf setzen könnte. Camille, seine Frau, hingegen fürchtete, dass der Umgang mit einer so ungenierten und ruchlosen Person ihrem Ruf und ihrem Ansehen schaden könnte. Doch es war einer der wenigen Momente in seinem Leben, in denen er sich so etwas wie durchsetzen konnte und er freute sich auf die regelmäßigen Treffen mit seiner Schwester – auch wenn sie es ebenso regelmäßig schaffte ihm die Röte ins Gesicht zu treiben. Sie war einfach ungezwungen in ihrem Umgang mit anderen Menschen. Etwas, das er einfach nicht konnte. Er war damit aufgewachsen sich immer zu fragen, wie andere ihn und dein Verhalten sehen würden. Ihr hingegen war es völlig egal. Wenn sie etwas tun wollte, dann tat sie es und wenn sie jemanden kennenlernen wollte, tat sie auch dieses. Und sie hatte ihre Wege ihren Willen auch bei ihm durchzusetzen. Und wenn es nur der „versehentlich“ über seinen Anzug verteilte Rotwein war, damit er gezwungen war sich umzuziehen. Natürlich hatte sie damals darauf bestanden ihm neue Kleidung zu kaufen und ihn in ein entsprechendes Geschäft geschleift. Raus gekommen war er mit einer schwarzen Jeans, einem dunklen Shirt und einer Lederjacke. Anfänglich hatte er sich gar nicht wohl damit gefühlt so „verlottert“ auszusehen, immerhin hatte er die meiste Zeit seines Lebens Anzüge getragen, selbst als Kind. Doch als sie anfing die Wochenenden mit ihrem Bruder mit Spaß-Aktivitäten wie Strandbesuche oder Vergnügungsparks zu füllen, lernte er die einfache Kleidung durchaus zu schätzen.
So hatte es ihn auch nicht wirklich verwundert, als sie ihn angerufen hatte. Schmunzelnd hatte sie ihn darum gebeten eine kleine Reisetasche zu packen, da sie einen kleinen Ausflug geplant hätte.
Es hatte ihm einiges an Überredungskunst gekostet seinen Vater davon zu überzeugen, ihm diesen Freitag frei zu geben. Dafür hatte er den Rest der Woche ziemlich hart arbeiten müssen. Aber er hatte auch seine Frau besänftigen und milde stimmen müssen, denn diese hatte ihn für den Abend eigentlich für ein Geschäftsessen eingeplant. Doch ein atemberaubendes Outfit samt Schuhe, Schmuck und passender kleiner Handtasche ließen sie ihren Unmut vergessen.
So hatte er sich am späten Vormittag auf den Weg zu einem kleineren Flughafen etwas außerhalb von New York gemacht, wo sich seine Schwester mit ihm treffen wollte. Es wäre eine Überraschung, hatte sie gesagt und dass sie sich um alles weitere kümmern würde. Er hatte ihr vertraut. Wie sehr er das in diesem Moment bereute...
Einmal mehr versuchte er mit seinem Sitz zu verschmelzen und bloß nicht aufzufallen, während sein Blick durch den Innenraum des Flugzeugs glitt. Beim Einsteigen hatte er gesehen, dass es sich um einen etwas älteren Privatjet handelte. Dennoch war das Innere gepflegt und gut in Schuss gehalten. Also ging er davon aus, dass auch die Technik entsprechend gewartet war. Leider hatte er über seine Überlegungen nicht mitbekommen, dass Izzy ihm ohne Gepäck gefolgt war. Quasi in letzter Sekunde hatte sie ihm einen Flyer in die Hand gedrückt, ihm einen Kuss auf die Wange gegeben und sich mit den Worten „Wir sehen uns in acht Wochen. Viel Spaß.“ verabschiedet. Er war viel zu verdattert und geschockt gewesen, um irgendwas zu sagen oder zu unternehmen. Wie in Trance hatte er beobachtet wie die Tür geschlossen wurde und die Maschine startete. Sie waren bereits in der Luft, als er seine Situation wirklich realisierte. Seine Schwester hatte ihn in ein Flugzeug voll fremder Leute gesteckt, das zu einem Ort Weiß-der-Engel-wo unterwegs war. Ungläubig senkte er den Blick auf das bunte Papier in seiner Hand.
„Erlebnisreisen – Urlaub nach Ihren eigenen Bedingungen“ las er und schnaubte leise. Sofort schaute er erschrocken auf, um sich zu versichern, dass niemand es mitbekommen hatte. Noch einmal versuchte er eins mit seinem Lederpolster zu werden, ehe er weiter den Prospekt studierte. So erfuhr er, dass sie sich auf dem Weg zu einem Inselarchipel befanden zu einer Art leichterem Campingurlaub. Allerdings konnte er sich nicht wirklich etwas darunter vorstellen. Und auch wenn er schon etliche Male verreist und geflogen war, hatte er noch nie in seinem Leben einfach nur Urlaub gemacht. Selbst die Flitterwochen waren eher eine Geschäftsreise gewesen.
Der Flyer warb mit idyllischer Landschaft, die von keiner Industrie verseucht war, mit herrlich warmem Klima, Sonnenschein und himmlischer Ruhe. Also gab es dort nichts, außer die kleinen zeltartigen Hütten, in denen sie wohnen würden. Keine Infrastruktur, keine Verbindung nach außen, nur er inmitten von Fremden und keine Ahnung was er tun sollte. Er hatte nichts, womit er sich würde beschäftigen können.
Stumm seufzend schloss er kurz die Augen und verfluchte seine Schwester ein weiteres Mal in seine Gedanken. Dann fiel ihm etwas anderes ein. Dieser „Urlaub“ würde acht Wochen dauern, er selbst hatte aber nur für ein verlängertes Wochenende gepackt. Er konnte nur hoffen, dass Izzy für das restliche Gepäck gesorgt hatte. Das wiederum ließ in ihm die Angst über die Auswahl an Kleidung und deren Farbgebung aufkommen. Knallbunte Hawaii-Hemden zählten dabei zu seinen größten Alpträumen.
Außerdem hoffte er, dass sie seinen Eltern und seiner Frau sagen würde, was sie getan hatte. Nicht dass er nach den acht Wochen nach Boston zurück kehren würde, um am Flughafen gleich von der Polizei aufgegabelt zu werden, weil seine Familie eine Vermisstenmeldung aufgegeben hatte. Und er hoffte, dass Robert und Camille nicht allzu wütend auf ihn sein würden, immerhin war das hier nicht seine Idee gewesen. Irgendwie war ihm nach Wimmern zumute, doch er unterdrückte jeden Laut, der in seiner Kehle aufstieg.
Stattdessen ließ er seinen Blick erneut durch das Flugzeug schweifen, um die anderen Passagiere zu mustern. Immerhin würde er die nächsten Wochen mit ihnen verbringen müssen. Ganz in seiner Nähe saß augenscheinlich ein etwas älteres Ehepaar, beide vielleicht Mittvierziger. Er hatte dunkle Haut und eine Frisur, die sein Vater wohl als militärischen Kurzhaarschnitt bezeichnen würde. Außerdem trug er einen gut gepflegten Bart. Er wirkte trainiert und schien etwa gleich groß wie er selbst zu sein, vielleicht sogar noch etwas größer. Seine Frau war hingegen ein ehe heller Hauttyp mit dunkelrotem Haar. Die beiden sprachen leise miteinander und blätterten in einem ähnlichen Prospekt, wie er selbst in Händen hielt. Die anderen hingegen, vier Frauen und drei Männer, schienen alle etwa in seinem Alter zu sein, also um die Mitte 20. Er überflog sie nur kurz, da er nicht zu offensichtlich hinstarren wollte, doch sie schienen ein bunt gemischter Haufen zu sein. Er sah langes, leuchtend rotes Haar unter einer Decke hervor scheinen und einen wuscheligen Lockenkopf aus dunklem Haar. Nur ein paar Sitze weiter tuschelten die anderen beiden Frauen miteinander. Irgendwo weiter hinten konnte er einen hochgeigelten Haarschopf mit rot glitzernden Spitzen entdecken und daneben einen blonden Undercut, der sich immer wieder zu einem schwarzhaarigen Mann beugte, der selbst ohne Brille eher wie ein Nerd wirkte. Doch etwas fesselte ihn an dem Anblick des Blonden. Im ersten Moment konnte Alec nicht sagen, woran es lag. Doch als sich ihre Blick kurz trafen, erkannte er es. Die Augen dieses Mannes hatten unterschiedliche Farben. Das eine war braun und das andere leuchtend blau. Erst als er das Schmunzeln im Gesicht des anderen bemerkte, zuckte er erschrocken zurück. Errötend wünschte er sich einmal mehr einfach in seinem Sitz versinken zu können.
Wie hatte Izzy ihm das nur antun können...
Fast ohne sein Zutun wanderte seine Hand in die Innentasche seiner Jacke, die er sich über den Schoss gelegt hatte und zog eine kleine Ledermappe hervor. Diese kleine Mappe enthielt alles, was ihn gefühlt am Leben erhielt. Vorsicht schlug er sie auf und sofort lachte ihm eine jüngere Version seiner Schwester entgegen. Sie war damals 16 gewesen, als das Foto gemacht worden war und neben ihr stand eine schlaksige und hagere Version seiner selbst. Das war das einzige Jahr gewesen, in dem er in seinen Herbstferien nicht hatte arbeiten müssen. Bei Ferienbeginn hatte er sich bei einem Unfall den Arm gebrochen und deutlich war der Gips auf dem Bild zu erkennen. Es war ein glücklicher Zufall gewesen, denn es hatte bedeutet, dass er nicht mit seinem Vater auf Geschäftsreise gehen musste. Stattdessen war seine Mutter mitgefahren und er konnte die kurze Zeit mit Izzy verbringen. Natürlich hatte seine Schwester es irgendwie geschafft zwei Einladungen für eine Halloween-Party zu bekommen, auf der sie eigentlich beide nicht sein durften.
Alec erinnerte sich noch gut daran, wie er anfangs nicht hatte gehen wollen. Er war bis dahin noch nie auf einer Party gewesen, die nichts mit den Geschäften seines Vaters zu tun hatte. Er hatte sich noch nie mit etwa gleichaltrigen getroffen um einfach nur abzuhängen, wie Izzy es ausdrückte. Aber sie hatte ihn schließlich überzeugen können, was auch der Tatsache geschuldet war, dass es sich um eine Kostümparty handelte. Niemand würde ihn erkennen, also würde ihn auch niemand verraten können.
Und auf der Party war er „ihm“ begegnet, „seinem“ gestiefelten Kater. Er hatte nicht allzu viel von der Person unter dem Kostüm gesehen. Nur die untere Hälfte des Gesichtes, dass nicht von der Katzenhalbmaske verdeckt war. Dafür hatte er um so deutlicher die weichen Lippen sehen können, die mit einem Lächeln so viel ausdrücken konnten. Die Haut hatte im Lichterspiel bronzefarben gewirkt. Und er erinnerte sich an die Augen, die ihn so intensiv angesehen hatten. Gut, er wusste die die gelben Augen mit den geschlitzten Pupillen kaum echt sein konnten, entweder waren das Kontaktlinsen gewesen oder seine Erinnerung spielte ihm einen Streich. Beides war durchaus wahrscheinlich, da er den Abend für seine Verhältnisse ziemlich viel getrunken hatte. Sein Kater hatte einen roten viktorianisch wirkenden Frack getragen, enge schwarze Hosen und Stiefel, die bis zur Hälfte seiner Oberschenkel reichten. Dazu Handschuhe, einen Degen am Gürtel und einen breitkrempigen Hut mit Feder, wie man ihn aus Mantel und Degen Filmen kannte. Aber was Alec als erstes gefesselt hatte, waren die Bewegungen gewesen. Es hatte in keinster Weise gewirkt, als wäre er an diesem Abend verkleidet. Und obwohl er nicht der Gastgeber war, gelang es ihm jeden in die Festlichkeiten mit einzubeziehen, selbst Alec, der am Anfang recht verloren in einer Ecke gestanden hatte. Mit Charme und Witz hatte er den als Jack Sparrow verkleideten jungen Mann mit dem gebrochenen Arm aus seinem Schneckenhaus gelockt und ihn sogar zu einem Tanz bewegen können. Danach hatten sie sich noch viel unterhalten und waren sich etwas näher gekommen. „Sein“ gestiefelter Kater hatte ihm den ersten Kuss geraubt, doch es war einfach fantastisch gewesen. Anfänglich scheu hatte er die folgenden Küsse erwidert, doch er fand schnell gefallen daran, an dem Geschmack des anderen, an dem Gefühl der Lippen auf seinen. Als sie sich verabschieden mussten, hatte der andere ihm eine Karte mit seiner Telefonnummer zugeschoben. Alec hatte sie überglücklich eingesteckt und versprochen sich zu melden.
Leider hatte sein Vater doch irgendwie davon Wind bekommen. Am nächsten Morgen durchsuchte er bereits die Kleidung seines Sohnes nach Spuren und Hinweise und fand die Karte. Ohne ein Wort vernichtete er diese und sorgte dafür, dass Alec an diesem Tag das Haus nicht verlassen konnte. Am darauffolgenden Tag wurde er trotz der noch laufenden Ferien zurück ins Internat geschickt. An seinem 21. Geburtstag wurde er mit Camille Belcourt verlobt.
Er hatte „seinen“ Kater nie wieder gesehen. Selbst Izzy gelang es nicht herauszufinden, wer hinter diesem Kostüm gesteckt hatte. Seine einzige materielle Erinnerung an jenen Abend war dieses Foto von seiner Schwester und ihm mit dem Gipsarm.
und willkommen zu meiner zweiten Geschichte.
Diese Story basiert auf einer FanFiction, die ich zu einer anderen Serie vor Jahren gelesen habe. Aber die Idee gefällt mir noch immer und ich hatte einfach die Vorstellung wie es wohl mit den Charaktere von Shadowhunter und unserem Lieblingspairing aussehen würde. Und ich gebe zu, ich brauchte etwas Ablenkung von meiner ersten Geschichte in der Hoffnung, dass sich mein Krea-Tief wieder etwas löst, wenn ich mich mit etwas anderem beschäftige.
Ich hoffe natürlich, dass euch auch diese Geschichte gefällt und euch etwas Kurzweil bereitet.
Liebe Grüße
RoseInTheDark
----------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ich werde Izzy umbringen.
Fast hätte er laut aufgelacht, als ihm der Gedanke durch den Kopf schoss, aber nur fast. Stattdessen versuchte er noch tiefer in den ledernen Sitz zu rutschen.
Verdammt, natürlich würde er nichts dergleichen tun. Vermutlich würde er ihr noch nicht einmal Vorwürfe machen, immerhin war sie seine kleine Schwester und seine beste Freundin - seine einzige Freundin, wenn er genauer darüber nachdachte. Alle anderen Personen aus seinem Bekanntenkreis hatten entweder etwas mit der Firma seines Vaters oder dem Unternehmen seines Schwiegervaters zu tun. Er hatte nie wirklich Zeit dafür gehabt Freundschaften zu schließen. Sein ganzes Leben war darauf ausgelegt irgendwann die Nachfolge seines Vaters anzutreten und die Firma zu übernehmen, die sein Großvater aufgebaut hatte. Er kannte nichts anderes. Er hatte die besten Schulen besucht - die gleichen wie auch schon sein Vater. Er hatte sich fast nur mit Dingen beschäftigt, die sein Vater für hilfreich und gewinnbringend erachtete. Es war selbstverständlich, dass er in den Ferien in der Firma half und seine Berufspraktika dort absolvierte. Und genauso selbstverständlich war es gewesen, dass er nach seinem Studium in eben jener Firma anfing zu Arbeiten. Mit 22 hatte er schließlich die Frau geheiratet, die sein Vater für geeignet erachtet hatte. Bis zum Tag seiner offiziellen Verlobung hatte er seine Frau kaum gesehen, geschweige denn gekannt, doch er hatte nie widersprochen. Er hatte gelernt das zu tun, was von ihm erwartet wurde. Er hatte gelernt ein guter Sohn und später ein guter Ehemann zu sein.
Seine Schwester hingegen war völlig anders. Natürlich war auch sie nur auf die besten Schulen geschickt worden. Doch wann immer sie konnte, hatte sie sich gegen die elterlichen Regeln aufgelehnt. Sie war auf Partys gegangen und hatte sich mit den Leuten abgegeben, die sie mochte. Und als ihr Vater schließlich versucht hatte auch sie mit einem für ihn geeigneten Schwiegersohn zu verheiraten, hatte sie ihre Sachen gepackt und war in eine andere Stadt gezogen. Damals war Alec wütend auf Isabelle gewesen. Mit ihrem Weggang hatte er seine einzige Vertraute verloren, den einzigen Menschen, der ihm wirklich nahe stand. Aber sie hatte ihren Bruder nicht vergessen. Sobald sie sich wieder beruhigt und eingelebt hatte, hatte sie wieder Kontakt zu ihm aufgenommen. Irgendwann waren sie dazu übergegangen sich wenigstens einmal im Monat für ein Wochenende zu treffen, sehr zum Missfallen ihres Vaters und seiner Frau. Robert, sein Vater, mochte den Gedanken nicht, dass seine verzogene und rebellische Tochter seinem braven Sohn Flausen in den Kopf setzen könnte. Camille, seine Frau, hingegen fürchtete, dass der Umgang mit einer so ungenierten und ruchlosen Person ihrem Ruf und ihrem Ansehen schaden könnte. Doch es war einer der wenigen Momente in seinem Leben, in denen er sich so etwas wie durchsetzen konnte und er freute sich auf die regelmäßigen Treffen mit seiner Schwester – auch wenn sie es ebenso regelmäßig schaffte ihm die Röte ins Gesicht zu treiben. Sie war einfach ungezwungen in ihrem Umgang mit anderen Menschen. Etwas, das er einfach nicht konnte. Er war damit aufgewachsen sich immer zu fragen, wie andere ihn und dein Verhalten sehen würden. Ihr hingegen war es völlig egal. Wenn sie etwas tun wollte, dann tat sie es und wenn sie jemanden kennenlernen wollte, tat sie auch dieses. Und sie hatte ihre Wege ihren Willen auch bei ihm durchzusetzen. Und wenn es nur der „versehentlich“ über seinen Anzug verteilte Rotwein war, damit er gezwungen war sich umzuziehen. Natürlich hatte sie damals darauf bestanden ihm neue Kleidung zu kaufen und ihn in ein entsprechendes Geschäft geschleift. Raus gekommen war er mit einer schwarzen Jeans, einem dunklen Shirt und einer Lederjacke. Anfänglich hatte er sich gar nicht wohl damit gefühlt so „verlottert“ auszusehen, immerhin hatte er die meiste Zeit seines Lebens Anzüge getragen, selbst als Kind. Doch als sie anfing die Wochenenden mit ihrem Bruder mit Spaß-Aktivitäten wie Strandbesuche oder Vergnügungsparks zu füllen, lernte er die einfache Kleidung durchaus zu schätzen.
So hatte es ihn auch nicht wirklich verwundert, als sie ihn angerufen hatte. Schmunzelnd hatte sie ihn darum gebeten eine kleine Reisetasche zu packen, da sie einen kleinen Ausflug geplant hätte.
Es hatte ihm einiges an Überredungskunst gekostet seinen Vater davon zu überzeugen, ihm diesen Freitag frei zu geben. Dafür hatte er den Rest der Woche ziemlich hart arbeiten müssen. Aber er hatte auch seine Frau besänftigen und milde stimmen müssen, denn diese hatte ihn für den Abend eigentlich für ein Geschäftsessen eingeplant. Doch ein atemberaubendes Outfit samt Schuhe, Schmuck und passender kleiner Handtasche ließen sie ihren Unmut vergessen.
So hatte er sich am späten Vormittag auf den Weg zu einem kleineren Flughafen etwas außerhalb von New York gemacht, wo sich seine Schwester mit ihm treffen wollte. Es wäre eine Überraschung, hatte sie gesagt und dass sie sich um alles weitere kümmern würde. Er hatte ihr vertraut. Wie sehr er das in diesem Moment bereute...
Einmal mehr versuchte er mit seinem Sitz zu verschmelzen und bloß nicht aufzufallen, während sein Blick durch den Innenraum des Flugzeugs glitt. Beim Einsteigen hatte er gesehen, dass es sich um einen etwas älteren Privatjet handelte. Dennoch war das Innere gepflegt und gut in Schuss gehalten. Also ging er davon aus, dass auch die Technik entsprechend gewartet war. Leider hatte er über seine Überlegungen nicht mitbekommen, dass Izzy ihm ohne Gepäck gefolgt war. Quasi in letzter Sekunde hatte sie ihm einen Flyer in die Hand gedrückt, ihm einen Kuss auf die Wange gegeben und sich mit den Worten „Wir sehen uns in acht Wochen. Viel Spaß.“ verabschiedet. Er war viel zu verdattert und geschockt gewesen, um irgendwas zu sagen oder zu unternehmen. Wie in Trance hatte er beobachtet wie die Tür geschlossen wurde und die Maschine startete. Sie waren bereits in der Luft, als er seine Situation wirklich realisierte. Seine Schwester hatte ihn in ein Flugzeug voll fremder Leute gesteckt, das zu einem Ort Weiß-der-Engel-wo unterwegs war. Ungläubig senkte er den Blick auf das bunte Papier in seiner Hand.
„Erlebnisreisen – Urlaub nach Ihren eigenen Bedingungen“ las er und schnaubte leise. Sofort schaute er erschrocken auf, um sich zu versichern, dass niemand es mitbekommen hatte. Noch einmal versuchte er eins mit seinem Lederpolster zu werden, ehe er weiter den Prospekt studierte. So erfuhr er, dass sie sich auf dem Weg zu einem Inselarchipel befanden zu einer Art leichterem Campingurlaub. Allerdings konnte er sich nicht wirklich etwas darunter vorstellen. Und auch wenn er schon etliche Male verreist und geflogen war, hatte er noch nie in seinem Leben einfach nur Urlaub gemacht. Selbst die Flitterwochen waren eher eine Geschäftsreise gewesen.
Der Flyer warb mit idyllischer Landschaft, die von keiner Industrie verseucht war, mit herrlich warmem Klima, Sonnenschein und himmlischer Ruhe. Also gab es dort nichts, außer die kleinen zeltartigen Hütten, in denen sie wohnen würden. Keine Infrastruktur, keine Verbindung nach außen, nur er inmitten von Fremden und keine Ahnung was er tun sollte. Er hatte nichts, womit er sich würde beschäftigen können.
Stumm seufzend schloss er kurz die Augen und verfluchte seine Schwester ein weiteres Mal in seine Gedanken. Dann fiel ihm etwas anderes ein. Dieser „Urlaub“ würde acht Wochen dauern, er selbst hatte aber nur für ein verlängertes Wochenende gepackt. Er konnte nur hoffen, dass Izzy für das restliche Gepäck gesorgt hatte. Das wiederum ließ in ihm die Angst über die Auswahl an Kleidung und deren Farbgebung aufkommen. Knallbunte Hawaii-Hemden zählten dabei zu seinen größten Alpträumen.
Außerdem hoffte er, dass sie seinen Eltern und seiner Frau sagen würde, was sie getan hatte. Nicht dass er nach den acht Wochen nach Boston zurück kehren würde, um am Flughafen gleich von der Polizei aufgegabelt zu werden, weil seine Familie eine Vermisstenmeldung aufgegeben hatte. Und er hoffte, dass Robert und Camille nicht allzu wütend auf ihn sein würden, immerhin war das hier nicht seine Idee gewesen. Irgendwie war ihm nach Wimmern zumute, doch er unterdrückte jeden Laut, der in seiner Kehle aufstieg.
Stattdessen ließ er seinen Blick erneut durch das Flugzeug schweifen, um die anderen Passagiere zu mustern. Immerhin würde er die nächsten Wochen mit ihnen verbringen müssen. Ganz in seiner Nähe saß augenscheinlich ein etwas älteres Ehepaar, beide vielleicht Mittvierziger. Er hatte dunkle Haut und eine Frisur, die sein Vater wohl als militärischen Kurzhaarschnitt bezeichnen würde. Außerdem trug er einen gut gepflegten Bart. Er wirkte trainiert und schien etwa gleich groß wie er selbst zu sein, vielleicht sogar noch etwas größer. Seine Frau war hingegen ein ehe heller Hauttyp mit dunkelrotem Haar. Die beiden sprachen leise miteinander und blätterten in einem ähnlichen Prospekt, wie er selbst in Händen hielt. Die anderen hingegen, vier Frauen und drei Männer, schienen alle etwa in seinem Alter zu sein, also um die Mitte 20. Er überflog sie nur kurz, da er nicht zu offensichtlich hinstarren wollte, doch sie schienen ein bunt gemischter Haufen zu sein. Er sah langes, leuchtend rotes Haar unter einer Decke hervor scheinen und einen wuscheligen Lockenkopf aus dunklem Haar. Nur ein paar Sitze weiter tuschelten die anderen beiden Frauen miteinander. Irgendwo weiter hinten konnte er einen hochgeigelten Haarschopf mit rot glitzernden Spitzen entdecken und daneben einen blonden Undercut, der sich immer wieder zu einem schwarzhaarigen Mann beugte, der selbst ohne Brille eher wie ein Nerd wirkte. Doch etwas fesselte ihn an dem Anblick des Blonden. Im ersten Moment konnte Alec nicht sagen, woran es lag. Doch als sich ihre Blick kurz trafen, erkannte er es. Die Augen dieses Mannes hatten unterschiedliche Farben. Das eine war braun und das andere leuchtend blau. Erst als er das Schmunzeln im Gesicht des anderen bemerkte, zuckte er erschrocken zurück. Errötend wünschte er sich einmal mehr einfach in seinem Sitz versinken zu können.
Wie hatte Izzy ihm das nur antun können...
Fast ohne sein Zutun wanderte seine Hand in die Innentasche seiner Jacke, die er sich über den Schoss gelegt hatte und zog eine kleine Ledermappe hervor. Diese kleine Mappe enthielt alles, was ihn gefühlt am Leben erhielt. Vorsicht schlug er sie auf und sofort lachte ihm eine jüngere Version seiner Schwester entgegen. Sie war damals 16 gewesen, als das Foto gemacht worden war und neben ihr stand eine schlaksige und hagere Version seiner selbst. Das war das einzige Jahr gewesen, in dem er in seinen Herbstferien nicht hatte arbeiten müssen. Bei Ferienbeginn hatte er sich bei einem Unfall den Arm gebrochen und deutlich war der Gips auf dem Bild zu erkennen. Es war ein glücklicher Zufall gewesen, denn es hatte bedeutet, dass er nicht mit seinem Vater auf Geschäftsreise gehen musste. Stattdessen war seine Mutter mitgefahren und er konnte die kurze Zeit mit Izzy verbringen. Natürlich hatte seine Schwester es irgendwie geschafft zwei Einladungen für eine Halloween-Party zu bekommen, auf der sie eigentlich beide nicht sein durften.
Alec erinnerte sich noch gut daran, wie er anfangs nicht hatte gehen wollen. Er war bis dahin noch nie auf einer Party gewesen, die nichts mit den Geschäften seines Vaters zu tun hatte. Er hatte sich noch nie mit etwa gleichaltrigen getroffen um einfach nur abzuhängen, wie Izzy es ausdrückte. Aber sie hatte ihn schließlich überzeugen können, was auch der Tatsache geschuldet war, dass es sich um eine Kostümparty handelte. Niemand würde ihn erkennen, also würde ihn auch niemand verraten können.
Und auf der Party war er „ihm“ begegnet, „seinem“ gestiefelten Kater. Er hatte nicht allzu viel von der Person unter dem Kostüm gesehen. Nur die untere Hälfte des Gesichtes, dass nicht von der Katzenhalbmaske verdeckt war. Dafür hatte er um so deutlicher die weichen Lippen sehen können, die mit einem Lächeln so viel ausdrücken konnten. Die Haut hatte im Lichterspiel bronzefarben gewirkt. Und er erinnerte sich an die Augen, die ihn so intensiv angesehen hatten. Gut, er wusste die die gelben Augen mit den geschlitzten Pupillen kaum echt sein konnten, entweder waren das Kontaktlinsen gewesen oder seine Erinnerung spielte ihm einen Streich. Beides war durchaus wahrscheinlich, da er den Abend für seine Verhältnisse ziemlich viel getrunken hatte. Sein Kater hatte einen roten viktorianisch wirkenden Frack getragen, enge schwarze Hosen und Stiefel, die bis zur Hälfte seiner Oberschenkel reichten. Dazu Handschuhe, einen Degen am Gürtel und einen breitkrempigen Hut mit Feder, wie man ihn aus Mantel und Degen Filmen kannte. Aber was Alec als erstes gefesselt hatte, waren die Bewegungen gewesen. Es hatte in keinster Weise gewirkt, als wäre er an diesem Abend verkleidet. Und obwohl er nicht der Gastgeber war, gelang es ihm jeden in die Festlichkeiten mit einzubeziehen, selbst Alec, der am Anfang recht verloren in einer Ecke gestanden hatte. Mit Charme und Witz hatte er den als Jack Sparrow verkleideten jungen Mann mit dem gebrochenen Arm aus seinem Schneckenhaus gelockt und ihn sogar zu einem Tanz bewegen können. Danach hatten sie sich noch viel unterhalten und waren sich etwas näher gekommen. „Sein“ gestiefelter Kater hatte ihm den ersten Kuss geraubt, doch es war einfach fantastisch gewesen. Anfänglich scheu hatte er die folgenden Küsse erwidert, doch er fand schnell gefallen daran, an dem Geschmack des anderen, an dem Gefühl der Lippen auf seinen. Als sie sich verabschieden mussten, hatte der andere ihm eine Karte mit seiner Telefonnummer zugeschoben. Alec hatte sie überglücklich eingesteckt und versprochen sich zu melden.
Leider hatte sein Vater doch irgendwie davon Wind bekommen. Am nächsten Morgen durchsuchte er bereits die Kleidung seines Sohnes nach Spuren und Hinweise und fand die Karte. Ohne ein Wort vernichtete er diese und sorgte dafür, dass Alec an diesem Tag das Haus nicht verlassen konnte. Am darauffolgenden Tag wurde er trotz der noch laufenden Ferien zurück ins Internat geschickt. An seinem 21. Geburtstag wurde er mit Camille Belcourt verlobt.
Er hatte „seinen“ Kater nie wieder gesehen. Selbst Izzy gelang es nicht herauszufinden, wer hinter diesem Kostüm gesteckt hatte. Seine einzige materielle Erinnerung an jenen Abend war dieses Foto von seiner Schwester und ihm mit dem Gipsarm.
Dieser Autor möchte Reviews nur von registrierten Nutzern erhalten. Bitte melde dich an, um einen Review für diese Geschichte zu schreiben.