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Hänsel und Gretel – ein Weltraummärchen

Kurzbeschreibung
KurzgeschichteAbenteuer, Sci-Fi / P12 / Gen
31.01.2022
31.01.2022
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„Hänsel und Gretel, verliefen sich im Wald.
Dort war es finster, und auch so bitter kalt.
Sie kamen an ein Häuschen, aus Pfefferkuchen fein.
Wer mag der Herr in diesem Häuschen sein?“

CUT

Das ist jetzt nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig, wenn man tatsächlich die Legende von Hänsel und Gretel erzählen möchte. Ich würde sagen, es ist eine stark vereinfache erste Strophe des damaligen Geschehens, welche diese beiden außerordentlichen Berühmtheiten beschreibt.
Um die Wahrheit erzählen zu können, muss ich allerdings ein klein wenig ausholen. Und ich muss fünfzig galaktische Standardjahre in die Vergangenheit zurückkehren.


1.
Es war im Jahr 3408 Galaktischer Zeitrechnung, GZR genannt. Unsere Geschichte spielt in einer Region am äußeren Rand der Saggitarius-Arms unserer spiralförmigen heimatlichen Galaxis in einem sonnenbesetzten Raumgebiet, das etwa viertausend Lichtjahre lang ist und an der dicksten Stelle sechshundert Lichtjahre im Radius misst. Diese Region ist durchsetzt mit ungewöhnlich vielen Dunkelwolken, die unsere terranischen Vorfahren liebevoll Kohlensäcke genannt haben, nach einem antiken prästellaren Heizmittel aus kohlenstoffhaltigen Fetten. Es waren derart viele Kohlensäcke, kosmisch gesehen, dass die Bewohner dieser Region, die hauptsächlich Nachfahren der Menschen von Terra waren und noch immer sind, sie den „Schwarzen Wald“ nannten. Der Schwarze Wald wurde durch die Kohlensäcke, sagen wir, etwas dünn gemacht. Zwar bargen die Kohlensäcke für abenteuerlustige Prospektoren mitunter große Schätze, aber wo eine dieser Dunkelwolken war, da stand natürlich kein Stern, befand sich kein Sonnensystem. Die Folge waren kleine Reiche, die nur ein oder zwei Systeme umfassten, oder durch die Kohlensäcke eine ungewöhnliche Gebietsverteilung aufwiesen, also lange, dünne Territorien bildeten, die sich zwischendurch schlagartig verdicken konnten.
Ich gebe zu, Menschen sind keine friedliche Spezies, und so sind es auch die Bewohner dieser Region nicht. Sie müssen wieder und wieder daran erinnert werden, dass das Leben auch ohne Krieg stattfinden kann. Oder gestoppt werden, wenn sie in ihrer Gier auf Plünderung aus sind.

Eines dieser kleinen Reiche, das nur ein einzelnes System umfasste, aber mitten zwischen zwei Kohlensäcken lag, die ihren Prospektoren Reichtum und damit dem kleinen Reich einen ungewöhnlich großen Wohlstand beschert hatten, war die Republik House of the Forest, eine Anspielung auf den Regionalnamen. Beherrscht wurde das Reich, das Cabin-System – ja, die haben die House-Sache echt zu Tode geritten – von einem Oligopol erfolgreicher Prospektorenfirmen, die das Sonnensystem mit relativ milder Hand regierten und den Reichtum, den sie erwirtschafteten, auch relativ großzügig mit den Bürgern teilten. So ganz ohne Charity und dergleichen, einfach über ein Steuersystem, zu dem sie als Superreiche auch beitrugen. Ein gutes, funktionierendes System. Um diesen Reichtum und die Bürger auf den drei bewohnten Planeten zu beschützen, hatte der herrschende Rat des House of the Forest nicht etwa eine eigene Armee aufgebaut, oder gar eine eigene Flotte, sondern Söldner angeheuert. Und zwar die besten, die sie sich leisten konnten. So kam es, dass am Ende zwei große Söldnerflotten für die Verteidigung des Cabin-Systems angeheuert wurden. Wir reden hier von Standardflotten mit der üblichen Automatisierung, also drei Trägerschiffen, zwei Schlachtschiffen, neun Kreuzern, dreißig Zerstörern und Fregatten sowie fünf großen Frachtern als Materialschiffen. Warum zwei Flotten? Der regierende Rat brauchte zwei verschiedene Einheiten, um notfalls die eine gegen die andere führen zu können, denn hey, es waren immer noch Söldner, und die kämpften für Geld.
Diese beiden Flotten kamen aus zwei verschiedenen Ecken der Galaxis. Die eine Flotte, die Husari-Armee, stand unter dem Kommando des Tyrenianers Markhus Hannz, einem Nachfahren der Terraner und der tyrenianischen Urbevölkerung. Fragt nicht, was alles an der Genetik modifiziert wurde, damit beide Spezies gesunden Nachwuchs zeugen konnten, und das auch nur in einem Inkubator. Die andere Flotte, das House of Tarwan, stand unter dem Kommando der Weganerin Elisabel Greethell, die allerdings rein terranische Vorfahren besaß.

Beide Flotten wurden also angeheuert, nach einem besonders großen Ernteereignis in einer der Dunkelwolken mit ungewöhnlich hoher Rendite, das Cabin-System zu beschützen. Und so taten sie es ungefähr zwanzig Jahre lang, gegen kleinere und größere Feinde, und dies grundsätzlich erfolgreich. Dabei verstanden sich die Angehörigen beider Flotten aber so gut miteinander, dass der Rat misstrauisch wurde. Dieses Misstrauen ging so weit, dass im Gespräch stand, eine dritte Flotte anzuheuern, für den Fall, dass sich beide Flotten, die Husari-Armee und das House of Tarwan, vereinten, um in der House of the Forest-Republik die Macht und damit den Reichtum zu übernehmen. Dies schien sich sehr billig erreichen zu lassen, denn eines der anderen Reiche in der Umgebung, das Konigrich Llairfindeir, machte den Prospektoren ein gutes Angebot. Das Cabin-System wurde in das Konigrich aufgenommen, ein moderater Steuersatz von zwanzig Prozent erhoben, und dafür übernahm man die Verteidigung der Republik.
Blieb nur noch das Problem mit den Söldnern. Die hatte man zwar klugerweise temporär angeheuert, aber eben im Zwei Jahres-Intervall. Und im aktuellen Intervall war noch über ein Standardjahr verblieben. Man hätte natürlich einfach den Vertrag auslaufen lassen können, aber das Konigrich wollte seine zwanzig Prozent gerne schon jetzt haben. Und es hatte auch eine Lösung für das Problem parat. Als einer der größten Platzhirsche in der Region verfügte es über zehn standardisierte Flotten. Und davon konnte es kurzfristig sechse frei machen, um die beiden Söldnerflotten zu besiegen. Wenn man bei der Geschichte auch noch das eine oder andere Schiff der Söldner einkassieren konnte, warum denn nicht?
Dieses Gebaren hätte die House of the Forest-Republik eigentlich warnen sollen. Aber zwanzig Prozent Steuern auf den Handel war billiger als das, was sie den Söldnern für den zugegeben perfekten Schutz zahlte, und ein echter Konflikt mit Lleinfindair würde mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr viel teurer kommen, da die Söldner natürlich diverse Floskeln in den Verträgen hatten, was Ersatz von verlorenem Material betraf. Also plante man, beide Flotten regelrecht ans Messer zu liefern.

Kurz gesagt, der Plan ging fehl, die Husari-Armee war gewarnt und deckte den Abzug des House of Tarwan, das zuerst attackiert wurde, und wo die Leute nicht wussten, was überhaupt mit ihnen geschah. Beide Flotten wurden angeschlagen, die Husari-Armee eine ganze Ecke mehr als Tarwan, aber sie überlebten, und gemeinsam zog man sich in die Deckung eines Kohlensacks zurück. Allerdings drängten die Verfolger einher, und so entstand ein regelrechtes Katz-, und Mausspiel, und jedes Mal, wenn die Söldner die Wolke wieder verlassen wollten, warteten schon Spähschiffe des Konigrichs auf sie, um den Ausbruchsversuch zu melden. Endlich, nach Tagen der zermürbenden Schleichfahrt, kürzesten Hyperraumetappen und immer wieder mit den Verfolgern aufflackernden Kämpfen, erreichten sie das andere Ende des Kohlensacks. Sie hatten ihn einmal durchquert und damit siebzehn Lichtjahre und ein bisschen hinter sich gebracht. Und als ihre Spähschiffe vorsichtig aus der kosmischen Dunkelwolke hinausspähten, erwarteten sie diesmal keine Einheiten des Konigrichs. Sie hatten die Einflusssphäre der Llairfindeirer komplett verlassen. Hier hatten die Koniglichen nichts mehr zu sagen.
Darüber war man natürlich einerseits sehr froh in beiden Einheiten. Andererseits wusste man auch so nicht genau, was überhaupt passiert war und wie es jetzt weitergehen sollte. Denn abgesehen davon, dass die Heimatbasis für über zwanzig Jahre verloren war und die Besatzungen meist nur das hatten retten können, was sie auf den Schiffen mit sich führten, die Husari-Armee war stark angeschlagen und hatte viele Leute verloren. Nur mit viel Glück waren alle Schiffe in Sicherheit gebracht worden. Natürlich ging es dem House of Tarwan besser, denn diese Flotte war ja beschützt worden. Sie hatte zwar auch kaum mehr retten können als das, was sie auf ihren Schiffen hatten mitnehmen können, aber die Flotte war intakt und sie hatten weit weniger Verluste erlitten.
Also kamen Elisabel Greethell und Markhus Hannz mit ihren Stäben an Bord seines Flaggschiffs, der WAYMAKER, zusammen, und diskutierten die Lage und die Möglichkeiten. Und davon gab es nicht viele.
Die Lage war sehr schwierig, und das schien noch eine kleinliche Untertreibung zu sein mit zwei Flotten, von der eine relativ zusammengeschossen war und beide kaum Versorgungsgüter hatten. Zudem sagte Elisabel, für die Rettung ihrer Leute stünden sie in der Pflicht der Husari-Armee und würden fortan sie beschützen. Also kamen die beiden Stäbe überein, zuerst einmal beieinander zu bleiben, als ihr Glück einzeln zu versuchen. Aber was tun und wohin? Dieser Teil des Saggitarius-Arms war kaum erforscht, denn die Kolonisation durch die Zivilisationen der Galaxis hatte zwar einen Teil der Kohlensäcke erreicht, aber war dort auch steckengeblieben, wegen der Reichtümer der Dunkelwolken. Sie befanden sich in Terra Inkognita, unbekannter Erde, einem Stück unerforschter weißer Landkarte. Zwar waren auch hier die terranischen Explorer zumindest durchgeflogen, aber dies war über dreihundert Jahre her, und in diesen Zeiten entstanden und vergingen gewaltige galaktische Reiche.

Wer also konnte die Verwunderung ermessen, als die Späher der House of Tarwan-Flotte, die mit ihren Fregatten die Langstreckensicherung übernommen hatten, immerhin waren da sechs Flotten in feindlicher Absicht hinter ihnen her, plötzlich etwas entdeckten, das zu ihnen trieb? In früheren Jahrtausenden wäre es ein Geruch gewesen, der durch einen finsteren Wald wehte und ihnen den Weg zu einem Kochfeuer wies. Oder zu einer tragenden, schweren Süßigkeit wie offenliegendem Honig. In diesen modernen Tagen aber war es eine lichtschnelle Radiosendung mit altertümlichen terranischen Musikstücken, die von Reichtum, Zivilisation und ausgelassenem Leben erzählten. Von Freiheit, Frieden und vollgestellten Esstischen. Dies wurde Elisabel Greethell gemeldet, und sie gab dies sofort an Markhus Hannz weiter.
Die Wissenschaftler gingen an die Arbeit und ermittelten das Alter der Welle, was mit zwanzig Jahren schon beträchtlich war, und bestimmten die Richtung, aus der die lichtschnellen Signale kamen. Aber in der Richtung befand sich vor zwanzig Jahren, als diese Signale auf die Reise gegangen waren – nichts. Kein Kohlensack, kein Sonnensystem, rein gar nichts. Und so hätten sie vielleicht die Sache abgetan und lieber weiter dran gearbeitet, ihrer misslichen Lage zu entkommen, wenn die guten Fernorter der Husari-Armee nicht in genau diesen zwanzig Lichtjahren Entfernung in genau dieser Richtung die Explosion eines Hyperraumaggregats geortet hätten, und kurz darauf noch eine. Als man wusste, wo man suchen musste, richteten auch die Schiffe der House of Tarwan-Flotte ihre Orter aus, und schnell fügten beide Flotten ihre Ortungsdaten zusammen. Dort, zwanzig Lichtjahre (und sieben Lichtmonate, drei Lichttage und etwa neunzehn Lichtstunden) entfernt, wurde gekämpft, und hyperflugtaugliche Schiffe hatten mindestens ihre Hyperraumaggregate verloren, Was meistens mit einem Totalverlust des ganzen Schiffs einher ging. Aber nicht immer.

Es war ein gewagtes Spiel, aber das Interesse von Elisabel Greethell war geweckt, und sie überredete Markhus Hannz, diese Koordinaten anzufliegen. Gesagt, getan, diese zwanzig Lichtjahre durch offenen Raum waren nach dem Flug durch die Dunkelwolke auch keine große Belastung mehr, und die beiden halbwracken Schiffe der Husari-Armee konnten von den Frachtern geschleppt werden. Also brachen die beiden Flotten auf, wenngleich die beiden stärksten Schiffe Seite an Seite zuerst in den Hyperraum gingen, da man Kampfhandlungen erwartete.
So brachen die WAYMAKER der Husari-Armee und die SPÄHER von Greethell an besagten Koordinaten im Nichts als Erste zurück in den Einsteinraum ein. Und wären deshalb beinahe abgestürzt, denn vor ihnen eröffnete sich eine riesige, gigantische, unendliche Wand. Sie hatten ein künstliches Gebilde gefunden, das eine ganze Sonne und ihre Planeten umschloss: Eine Dyson-Sphäre. Das war eine technische Großleistung, so wunderbar und gewaltig, selbst auf den beiden riesigen Schiffen erstarrte man in Andacht und Ehrfurcht ob dieser technischen Großtat. Dann warnte man die nachrückenden Schiffe der Flotte, sofort auf Ausweichkurs zu gehen, wenn sie aus dem Hyperraum zurücksprangen, damit diese sich das Schicksal des Beinaheabsturzes der beiden Schlachtschiffe ersparten. Was dann nicht nur sehr gut gelang, sondern sogar noch besser, weil die meisten Schiffe einfach etwas früher aus dem Hyperraum fielen.
So kamen beide Flotten zur Dyson-Sphäre, einem Gebilde, das einen Durchmesser von vierzig Millionen Kilometer hatte. Schnell fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Musik, die sie gehört hatten, wahrscheinlich die letzten Radiowellen gewesen waren, die vor der absoluten Schließung der Dyson-Sphäre ausgesandt wurden (vielleicht war es aber auch eine Falle), und die Soldaten fanden heraus, wo die Explosionen stattgefunden hatten.
Etwa elf Millionen Kilometer entfernt entdeckten sie über der Dyson-Sphäre eine ausgewachsene Raumschlacht. Eine Raumschlacht mit relativ primitiven Mitteln, aber definitiv mit sprungfähigen Schiffen. Keine tausend Kilometer hoch über der Sphäre kämpften Schiffe, halb so groß wie eine normale Standard-Fregatte, zwanzig auf der einen, und fünfzig auf der anderen Seite. Und auf der Oberfläche standen sich zwei Armeen gegenüber, eine kleine und eine große. Und das, worum sie kämpften, war eine gigantische Öffnung von zwanzig Kilometern Durchmesser. Diese führte ins Innere der Dyson-Sphäre. Die kleine Fraktion verteidigte, die große attackierte. Und aus dieser Öffnung kamen die Radiowellen mit den altterranischen Songs.
Wie man später wusste, gab es sechs dieser Öffnungen, die mit der Sphäre rotierten, und vor zwanzig Jahren hatte eine der Öffnungen genau auf jene Stelle gezeigt, an der die Söldner die Funkwellen empfangen hatten. So war das geschehen.

Natürlich wurden die neuen Schiffe bemerkt. Die kämpfenden Fraktionen kontaktierten die Söldner sofort. Die Angreifer in großspurigen, vorlauten Worten, dass das fremde Pack hier nichts zu suchen hatte, und die Sphäre wäre die Beute der Scholaren, und man würde sie vernichten, wenn sie sich einmischten; die Verteidiger mit der vagen Hoffnung, es nicht mit noch mehr Plünderern zu tun zu haben und dem Angebot, die Söldner für Unterstützung zu entlohnen, das waren die Katzianer. Beide Parteien taten dies auf Interlac, der gängigen Verkehrssprache der Galaxis, mussten also irgendwann einmal Kontakt mit anderen Zivilisationen gehabt haben.
Natürlich musste hier nicht lange diskutiert werden, was nun zu geschehen hatte. Die Husari-Armee und das House of Tarwan schlugen sich auf die Seite der Katzianer. Alleine eine kurze Demonstration der Schlagkraft ihrer schwächsten Fregatte, einem waidwund geschossenen Schiff der Husari-Flotte, reichte vollkommen aus, um die Scholaren von der Öffnung fortzutreiben. Auch die Armee auf der Oberfläche der Dyson-Sphäre hatte nun nichts Eiligeres zu tun, als ihre Landungsfahrzeuge zu bemannen und verdammt schnell die Weite des Alls wieder aufzusuchen. Aber nicht, ohne noch ein paar Drohungen auszustoßen. Nicht zu viele, denn der neue Gegner war sehr viel stärker als sie und sie wollten keine Vergeltung riskieren.
Nach nur wenigen Stunden war der Spuk vorbei und der Jubel bei den Katzianern unendlich groß. Dankbar für die Rettung vor den Invasoren boten sie den gut ausgerüsteten Söldnern den Einflug in die Sphäre sowie Reparaturen an. Denn obwohl das technische Niveau der Katzianer unter dem der Söldner stand, so waren ihre Reparaturkapazitäten von einem Standard, der sogar das galaktische Niveau überbot. Aber was nützte das, wenn man keine Neubauten auf Kiel legen konnte, sondern nur in der Lage war, Reparaturen durchzuführen?

Wer sich jetzt wundert, warum eine Werft einen modernen Kreuzer reparieren, aber keinen neuen bauen konnte, der wundert sich zu Recht. Des Rätsels Lösung: In der Dyson-Sphäre umkreisten zwei Planeten die Sonne, einen weißen Zwergstern, der eigentlich am Ende seines Lebens stand, aber noch zwanzig Millionen Jahre sein Licht aussenden würde. Mit Hilfe der Dyson-Sphäre staute sich das Licht und ermöglichte so genug Energieausbeute, dass auf beiden Planeten, genannt Knysper und Hysen, die Existenz einer fast ungesteuerten Ökosphäre möglich war. Die Katzianer waren nicht die Erbauer dieses Systems, aber wohl die Nutznießer. Was jedoch von den Erbauern übrig war, das war Hexamon, der Supercomputer, der auf Lebku, dem Mond von Hysen, errichtet worden war. Nachdem seine Erbauer ausgestorben waren, hatte Hexamon den Katzianern Zugang zur Sphäre gewährt, aber nicht zur Technologie der Erbauer. Dies hatte sich als Fehler erwiesen, als die Scholaren angriffen. Und so war Hexamon nicht nur bereit, den Söldnern für die Rettung zu danken und die Schiffe der Husari-Armee unentgeltlich zu reparieren – und aufzuwerten – sondern beiden Flotten auch einen Heimathafen und einen neuen Kontrakt anzubieten, um die Sphäre und vor allem die Katzianer zu schützen.
Da die Husari-Flotte stärker angeschlagen war, sollte diese vorerst im Innenraum bleiben, damit die halb zerstörten Schiffe repariert und die anderen Einheiten wie versprochen aufgewertet werden konnten. Das House of Tarwan jedoch, das besser davon gekommen war, erhielt für seine beschädigten Einheiten erst einmal Zugang auf der nicht so modernen Werft, die um Knysper kreiste, den inneren Planeten, was angesichts der Umstände auch vollkommen ausreichte. Überdies, so Hexamons Vorschlag, sollte Admiralin Greethell mit ihren Schiffen die Außensicherung übernehmen und die sechs Pforten verteidigen, die in die Dyson-Sphäre führten, bis Kommandant Hannz' Schiffe die Aufwertung erfahren und wieder einsatzbereit waren, dann sollten auch die House of Tarwan-Schiffe an die Reihe kommen. Warum auch nicht, denn Hexamon versprach einen satten fünf Jahres-Kontrakt zu Standardkonditionen mit der Aufwertung aller Schiffseinheiten als fetten Obendrauf-Bonus. Und beide Flottenführer gingen darauf ein, Admiralin Greethell nicht zuletzt deshalb, weil sie und ihre Flotte den Husari ihre Leben verdankten.

Also wurden die schwer beschädigten Schiffe repariert, und nach und nach dockte ein Schiff der Husari nach dem anderen auf der großen Reparaturwerft von Hysen an. Dabei fanden die Söldner in den Katzianern, die übrigens nicht katzenartig waren, obwohl der Name das vermuten ließe, wahre Freunde, die nicht nur die meisten Arbeiten auf der Werft für sie vornahmen, sondern sie auch sehr freundlich auf den beiden bewohnten Welten aufnahmen. Aber wie ich schon erzählte, die House of Tarwan-Flotte übernahm die Wacht an den Toren der Dyson-Sphäre, und die Husari erhielten eine lange, lange Pause bei gutem Essen und alter terranischer Musik.
Nun war es nicht so, als hätten Hannz und seine Leute auf der faulen Haut gelegen. Sechs Tore zu verteidigen und auch noch darauf zu achten, ob Leute wie die Scholaren vielleicht irgendwo einen eigenen Eingang zu sprengen versuchten, war für eine Standardflotte eine große Aufgabe, vor allem weil die Scholaren immer mal wieder vorbei kamen und die neuen Verteidiger testeten. Also half Hannz mit seinen Husari immer aus, wenn Not am Mann war, denn zusammen mit den Scholaren kamen bald die Maks, dann die Hewigeren, und schließlich auch noch die Hewigiren. Aber im House of Tarwan entstand halt doch sehr schnell der Eindruck, die Husari würden fetter und fetter gefüttert, so gut waren die Verbesserungen an ihren Schiffen, die repariert und aufgewertet von der Hysen-Werft kamen, während die House of Tarwan-Schiffe und ihre Besatzungen abgearbeitet wurden wie geprügelte Dienstmägde.
So verging fast ein ganzes Standard-Jahr, und trotz der anstrengenden, ständigen Kämpfe hatte sich in beiden Flotten ein gewisser Optimismus breit gemacht, denn bald schon, bald, sollten beide Flotten die Plätze tauschen und es war dann an Admiralin Greethells Leuten, ihre Schiffe aufrüsten zu lassen. Ja, und dann stürzte der Besen ab.

Klingt merkwürdig? War es auch. Dass der Besen abstürzte, war alter Raumfahrerjargon zu jener Zeit. Man erzählte sich nämlich, dass damals auf Terra, als es noch keine Raumfahrt gab, ein Schiff, das auf die letzte Probefahrt aufs Meer ging, bei gelungener Erprobung an den höchsten Mast einen umgedrehten Besen befestigte. Fehlte der Besen, war der Test fehlgeschlagen. Stürzte der Besen vom Mast, war es ein schlechtes Omen für das künftige Schicksal des neuen Schiffs. Nur wenn der Besen blieb, wo er war, war auch alles in Ordnung.
Was war also passiert? Die FUCHS, eine der Fregatten, die als erste repariert worden waren, war urplötzlich, als sie zwischen Lebku und Hysen einen Routineflug unternahm, von einem Moment auf den anderen ohne jede Energie, ganz so, als hätte man das Schiff mal so eben abgeschaltet. Blind, taub und ohne jede Form der Kommunikation stürzte das Schiff auf Hysen hernieder, und nur der Einsatz eines Trägerschiffs der Husari errettete Schiff und Besatzung vor dem sicheren Tod, und gleich drei Großstädte der Katzianer auf Hysen vor einem wirklich schlimmen Wochenende.
Schnell wurde die FUCHS wieder auf die Werft geschleppt, um die Ursache für den Totalausfall zu finden, und merkwürdigerweise öffnete das Schiff sich für die Katzianer, aber nicht für die Husari-Söldner. Zudem verweigerte Hexamon die Reparatur und verwies darauf, dass die Söldner eventuell mit der moderneren Technik nicht umzugehen in der Lage seien und sie warten sollten, bis alle Schiffe der Husari aufgewertet waren. Derart fadenscheinige Aussagen brachten nicht nur die Husari auf, auch die Katzianer begannen, sich Fragen zu stellen.
Als sich dann herausstellte, dass ein paar tausend Katzianer von Hexamon drauf trainiert wurden, genau diese verbesserte Technologie an Bord der Husari-Schiffe zu bedienen, war es aber fast schon zu spät. Hexamon setzte an, Kommandant Hannz und seine Besatzungen, die fett und träge geworden waren, mit einem Happs zu verspeisen. Dazu schaltete Hexamon auch die anderen Schiffe der Husari ab – man hatte ihnen bei der Aufwertung also etwas eingebaut, was die Schiffe vollkommen desaktivierte – und befahl den Katzianern, die Schiffe zu stürmen, alle Husari zu töten und die Einheiten dann im Namen von Hexamon zu übernehmen und mit ihnen die Schiffe des House of Tarwan zu vernichten. Einige Katzianer wollten da durchaus gehorchen, aber ein großer Teil auch eben nicht, Dankbarkeit für Hexamon hin, Dankbarkeit für Hexamon her. Sie hatten nicht vergessen, wer sie im vergangenen Jahr beschützt hatte, und diese Dankbarkeit schlug sich nieder, als im allerletzten Moment Elisabel Greethell mit ihren beiden stärksten Schlachtschiffen über Lebku aus dem Hyperraum kam und auf den Mond feuerte, bis Hexamon, der große, supermächtige Computer einer unbekannten Großzivilisation wie in einem gigantischen Ofen zu Asche verbrannt war. Die Katzianer hatten sie gerufen und ihr alles erklärt, und sie hatte gehandelt.

Ist dies bereits das Ende der Geschichte? Mitnichten. Es gab ein Schisma, eine Aufspaltung bei den Katzianern. Da waren die Demarolen, die der Zeit unter Hexamons Herrschaft nachtrauerten und sie verklärten und die Söldner verantwortlich machten, dass es so weit gekommen war. Irgendwas mussten die schon falsches gesagt oder getan haben. Und es gab da die Ralos, die sehr wohl verstanden, was Hexamon war und wie sehr der Computer auch sie ausgenutzt hatte. Die Demarolen machten dann auch nur ein Fünftel der Bevölkerung beider Welten aus, aber dennoch kamen die Ralos mit den Söldnern überein, dass es zu lange dauern würde, die Demarolen zu überzeugen, wie unrecht sie hatten. Stattdessen wollte man die Söldner mit Gold und Seide behängen und wieder ziehen lassen. Übersetzt bedeutete dies, dass die Werften nun in der Lage waren, ohne die Blockade durch Hexamon, eigene Schiffe zu bauen. So bauten sie für beide Flotten zwei gigantische, kampfstarke neue Flaggschiffe und erstellten zugleich für den eigenen Bedarf eine Flotte von Fregattengroßen Einheiten, von denen sie fünfzig Stück im Jahr bauen konnten. Gleichzeitig werteten sie nun auch die Einheiten des House of Tarwan auf.
Und als die Katzianer sahen, dass sie ein Jahr später stark genug geworden waren, um die Dyson-Sphäre allein zu beschützen, und beide Flotten repariert und verbessert waren und man die beiden neuen Flaggschiffe vom Stapel lassen konnte, da trennten sich die Söldner von den Ralos in Freundschaft und verließen die Dyson-Sphäre wieder. Hinter ihnen übernahmen die neuen Fregatten die Sicherung des „Hauses“, wie die Katzianer die Sphäre fortan nannten.
Ja, und weiter? Zuerst einmal sprangen beide Flotten, ihre mächtigen Flaggschiffe vorweg, in das nächste Sonnensystem, um den Ralos den Druck zu nehmen, den die Demarolen auf sie ausübten. Hier erwartete sie zu ihrer aller Überraschung ein Spähschiff aus dem Cabin-System, das sie seit über einem Jahr gesucht hatte.

Es stellte sich schnell heraus, dass das Konigrich sich mit den zwanzig Prozent Steuer auf alle Geschäfte in der Republik nicht zufriedengab und lieber achtzig haben wollte, kaum dass die Söldner nicht mehr wiederzufinden waren. Das Ergebnis war natürlich der Zusammenbruch der Versorgung, der Sturz der alten Regierung, und ein Generalgouverneur, eingesetzt vom Konigrich, der dafür sorgte, dass nur das Nötigste in der House of the Forest-Republik blieb, was Finanzen anging. Und das war nicht mal genug, um die Menschen davor zu bewahren, zu hungern. Um das durchzusetzen, waren immer drei der zehn Flotten des Konigrichs Llairfindeir im System stationiert, und jedes Prospektorschiff, das aus den Dunkelwolken zurückkam, wurde bereits am Systemrand hart besteuert. Und auf den Rest entfielen wie gesagt achtzig Prozent. Zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben.
Aber mit der alten Regierung davon gefegt und deren Firmen geplündert und entmachtet erbten andere Leute das, was die Oligarchen verursacht hatten. In aller Heimlichkeit rüsteten sie Fernschiffe aus, die nach den beiden Söldnerflotten suchen sollten, um sie zu bitten, doch zurückzukehren und sie wieder zu beschützen. Dies war auch der Auftrag des Spähschiffs, das ihnen begegnet war.

Nun hätten das House of Tarwan und die Husari-Armee den Bewohnern des Cabin-Systems eine lange Nase drehen und in den Weiten der Galaxis verschwinden können, immerhin hatten die nichts dazu getan, sie zu retten, als beide Flotten dem Verrat anheim gefallen waren. Aber immerhin, die Husari-Armee war gewarnt worden, was sie alle gerettet hatte. Und sie hatten auch noch eine Rechnung offen mit den Llairfindeirern. Also beschlossen sie, den Hilferuf zu beantworten und ins Cabin-System zurückzukehren.
Der Generalgouverneur hatte natürlich überall seine Spitzel, nicht an Bord der Spähschiffe, aber in der Heimat. Und als er hörte, dass die Husari und die Tarwaner auf dem Weg zurück waren, da forderte er keine vierte, keine fünfte, sondern auch eine sechste Flotte an, sodass genauso viele Schiffe im System standen wie zwei Jahre zuvor, als man die Republik erobert hatte. Damit, so dachte er, würde er der Söldner schon Herr werden. Aber was er nicht wusste und was auch niemand verriet: Alleine die neuen Flaggschiffe waren schon wert, eine ganze Flotte aufzuwiegen, wenn es ihnen gelang, selbige zusammenzutreiben oder zu überraschen. Und die übrigen Schiffe waren nach der Aufwertung auch sehr viel stärker geworden, sodass man nicht über die Kraft von zwei Flotten verfügte, sondern über deren sieben. Etwa.

Der Rest ist schnell erklärt. Die Söldner kehrten zurück und besiegten ohne eigene Verluste gleich drei der Flotten des Konigrichs. Allein die Flaggschiffe waren so gewaltige Monster, dass die Kommandeure der anderen drei Flotten die Beine in die Hand nahmen und das Hasenpanier ergriffen. Die drei überlebenden Flotten sprangen in Panik aus dem System und kamen auch nicht mehr wieder. Der Generalgouverneur tauchte, so schnell er konnte, unter und verließ das System unerkannt, und somit war die Regierung vakant.
Als das, was von den Oligarchen übrig geblieben war, erneut die Regierung bilden wollte, widersprachen aber die normalen Leute, die am meisten unter der Besetzung durch das Konigrich gelitten hatten, die man hungern gelassen hatte. Und mit der militärischen Macht der mit Gold und Seide behangenen Söldner ersetzten sie den oligopolischen Rat durch eine ordentliche, das Volk besser repräsentierende demokratische Regierung.
Die Söldner aber wurden auf Lebzeit angestellt und noch höher entlohnt als vorher. Denn, das wollen wir nicht verheimlichen, durch die Verbesserungen, die sie in der Dyson-Sphäre erhalten hatten, konnten die Schiffe beider Flotten in den Dunkelwolken nun besonders gut orten und halfen den Prospektoren, noch viel leichter diese Schätze zu finden, und das Cabin-System wurde noch reicher. So viel reicher, dass auch weiter entfernte Staaten begierig nach ihnen griffen. Aber solange die Soldaten, die einst Söldner gewesen waren, auf Obacht waren, blieb es bei den Begehrlichkeiten und kam nie zum Erfolg.

So entstand die Geschichte von Markhus Hannz und Elisabel Greethell, die sich im Wald verlaufen hatten, ein Pfefferkuchenhaus fanden, das von einer bösen Hexe bewohnt wurde, die erst den armen Hannz und dann die Greethell hatte fressen wollen. Stattdessen aber besiegten sie die Hexe, indem Greethell sie in den Ofen stieß, den diese Hannz zugedacht hatte. Und danach nahmen beide tüchtig vom Schatz der toten Hexe, kehrten heim, und alle lebten glücklich in Frieden und Wohlstand, bis an ihr Lebensende.
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