Someone you loved
von redangeleve
Kurzbeschreibung
Nachdem Louis den Chevalier in den Kerker werfen ließ, ist Philippe verzweifelt. Er kann nicht glauben, dass sein Gelieber tatsächlich den König verraten haben soll, weshalb er den Entschluss fasst, für das Schicksal des Chevaliers zu kämpfen.
GeschichteDrama / P12 / MaleSlash
Chevalier de Lorraine
Philippe I.
22.01.2022
22.01.2022
1
2.290
4
22.01.2022
2.290
Hallo liebe Leser!
An diesem grauen Samstag gibt es von mir eine Geschichte aus einem Fandom, zu dem ich lange nichts geschrieben habe: Versailles. Obwohl es schon eine ganze Weile her ist, dass ich mein Herz an diese Serie verloren habe, musste ich ständig an eine ganz bestimmte Szene denken, wenn ich das Lied im Radio gehört habe, dass dieser Story ihren Namen gibt: Someone you loved.
Ich hatte immer Schwierigkeiten zu glauben, dass Philippe den Chevalier so einfach seinem Schicksal überlässt, nachdem Louis ihn wegen Hochverrats eingekerkert hat. Immerhin waren die beiden seit ihrer Jugend ein Paar. Deshalb musste ich einfach etwas dazu schreiben und die Szene wieder geraderücken.
Inhalt: Nachdem Louis den Chevalier in den Kerker werfen ließ, ist Philippe verzweifelt. Er kann nicht glauben, dass sein Gelieber tatsächlich den König verraten haben soll, weshalb er den Entschluss fasst, für das Schicksal des Chevaliers zu kämpfen.
Timeline: Staffel 1, Episoden 7 + 8
Pairing: Philippe d'Orleans/Chevalier de Lorraine
Teile: 1/1
Rating: P12 Slash
Warnungen: Erwähnung von Folter und Hinrichtung, aber nichts Grafisches
Widmung: Ich möchte diese Geschichte gern Sirimaus widmen, weil sie mich daran erinnert hat, wie toll diese Serie ist.
Disclaimer: Die Figuren gehören mir genauso wenig wie die zitierten Lyriks. Ich habe sie mir nur ausgeborgt und verdiene mit dem Schreiben kein Geld, sondern tue es lediglich aus Freude am kreativen Arbeiten.
Someone you loved
Now the day bleeds into nightfall
And you're not here to get me through it all
I let my guards down and then you pulled the rug
I was getting kinda used to be someone you loved.
(Lewis Capaldi, Someone you loved)
Philippe wusste, er sollte sich beherrschen, dagegen ankämpfen, als seine Knie nachgaben und er einem Häufchen Elend gleich auf dem Boden zusammenbrach. Es geziehmte sich für einen Prinzen Frankreichs nicht seine Emotionen offen zur Schau zu tragen, doch hier in der privaten Kapelle der königlichen Familie würde ihn ohnehin niemand sehen. Daher ließ er es zu, als sich das Schluchzen einen Weg seine Kehle hinauf bahnte und ihn erfasste, bis sein ganzer Körper von innen heraus bebte und ihm die Tränen die Wangen hinunter liefen.
Stundenlang hatte er auf den Knien verbracht und Gott angefehlt, seinen Bruder seine schwere Krankheit überwinden zu lassen und als Louis dann plötzlich in die Kapelle gekommen war, gesund und stolz wie immer, hatte es für ihn wie ein Wunder gewirkt, doch gerade als Erleichterung sein Herz erfüllen wollte, hatte ihm der König von der Verhaftung des Chevaliers berichtet.
Philippe hatte gewusst, dass sein Gelieber sich auf einem gefährlichen Pfad befand, als sie das letzte Mal miteinder sprachen. Die kryptischen Andeutungen hatten ihn das Schlimmste fürchten lassen. Doch was hätte er dagegen tun sollen, als der Chevalier ihm eröffnet hatte, dass er nach Paris gehen würde? Er hatte versucht zu ihm durchzudringen, doch natürlich hatte der Blonde seine Warnung in den Wind geschlagen. Vielleicht hätte er seinen Rang ins Spiel bringen und ihm verbieten sollen abzureisen. Nicht, dass sein Gelieber dann auf ihn gehört hätte. Ihre Beziehung war in den letzten Wochen fragil genug gewesen. Aber ein Verräter gegen die Krone? Nein, so war Philippe, der Chevalier de Lorraine nicht. Er mochte leichtgläubig und ein Träumer sein, aber an einer Verschwörung gegen den König würde er sich niemals beteiligen. Auch wenn der Prinz zugeben musste, dass ihm die Feststellung des Chevaliers, welch einen guten König Philippe abgeben würde, zu denken gegeben hatte. Trotzdem weigerte er sich daran zu glauben, dass sein Geliebter mit den Adeligen gemeinsame Sache gemacht hatte.
Der Chevalier und der Herzog von Orleans waren seit ihrer Jugend ein Paar. Wenn sein Geliebter dem König wirklich ein Leid zufügen wollte, hätte er dafür mehr Gelegenheiten als genug gehabt. Die einzige Möglichkeit, die Philippe einfiel war, dass man den Chevalier dazu gezwungen hatte, in diesem Komplott mitzuwirken. Denn auch wenn der blonde Adelsspross viele Qualitäten hatte, ein Held war er gewiss nicht. Im Gegensatz zu ihm selbst, der darauf gebrannt hatte, sich im Krieg zu beweisen, verabscheute der Chevalier den Kampf. Stattdessen schwärmte er für die angenehmen Dinge des Lebens. Opulente Feste, feine Kleider, gutes Essen und berauschender Sex, das war seine Welt. Die Politik interessierte ihn genauso wenig wie die Belange des Volkes.
Nein, Philippe blieb dabei, der Chevalier war kein Verräter.
Niemals.
Doch wie sollte er Louis davon überzeugen? Sein Bruder würde nicht auf ihn hören Das tat er nie. Aber untätig herumsitzen konnte Philippe auch nicht. Nicht, solange er wusste, dass sein Geliebter mit dem baldigen Tod vor Augen im Kerker schmachtete. Wohlmöglich hatten sie ihn geschlagen oder Schlimmeres. Allein der Gedanke ließ den Herzog von Orleans schaudern. Wenn er ehrlich mit sich war, so war der Chevalier so viel mehr als nur sein Geliebter. Er war sein bester Freund, sein Vertrauter, der Einzige bei Hof, dessen Loyalität Philippe sich sicher war. Niemand sonst liebte ihn so wie er war. All die Höflinge und Adeligen, mit denen er gefeiert und die sein Bett geteilt hatten, wollten nur damit prahlen eine Nacht mit dem Prinzen verbracht zu haben. Wenn er gramgebeugt und sich von Problemen erdrückt gefühlt hatte, war keiner von ihnen an seiner Seite geblieben. Nur der Chevalier. Er hatte ihn aufgebaut, wenn Philippe am Boden gewesen war. Er hatte ihm Trost zugesprochen, wenn die Erniedrigung durch seinen Bruder ihm die Tränen in die Augen getrieben hatten und er hatte dabei geholfen, Philippe seine ungeliebten, ehelichen Pflichten vergessen zu lassen.
Nein, er konnte den Chevalier nicht seinem Schicksal überlassen. Es mochte viele Männer auf der Welt geben, doch nur einen, dem sein Herz gehörte. Und deshalb würde er für ihn kämpfen.
XXXXXX
“Ich verlange, dass Ihr den Chevalier de Lorraine frei lasst.”
Philippe hatte seine ganze Authorität in sein Auftreten gelegt, um nicht von den Wachen aufgehalten zu werden, die das Amtszimmer des Königs bewachten. Dieses Mal würde er sich nicht einfach abweisen lassen. Er war der Herzog von Orleans. Louis' Bruder. Und er verlangte gehört zu werden, ob es dem König nun passte oder nicht.
Offenkundig hatte sich Louis gerade von einem seiner Berater die Bücher des Palasts zeigen lassen, als Philippe plötzlich in den Raum platzte. Ungehalten über die Störung funkelte er seinen Bruder an. “Können wir das nicht später besprechen? Wie du siehst, habe ich wichtige Entscheidungen zu fällen.”
“Nein, das können wir nicht”, gab Philippe entschieden zurück. “Ich bin nicht bereit den Chevalier auch nur eine Minute länger im Kerker zu wissen.”
Auf einen Wink von Louis' Hand zog sich sein Berater zurück. Natürlich nicht ohne sich vorher mit einer tiefen Verbeugung verabschiedet zu haben. “Und wie kommst du darauf, dass ich deinen Liebhaber frei lassen werde? Schließlich ist er ein Verräter gegen die Krone und als solcher gehört er hingerichtet, wie alle anderen.”
“Ihr wisst so gut wie ich, dass der Chevalier Euch niemals schaden würde”, hielt Philippe dagegen. “Er mag ein Taugenichts sein und über ein lockeres Mundwerk verfügen, aber er wäre niemals fähig sich an einer Verschwörung gegen Euch zu beteiligen.”
Seufzend schüttelte Louis den Kopf. “Deine Worte beweisen einmal mehr, wie naiv du bist. Alle Beweise sprechen gegen ihn.”
“Dann sind diese Beweise falsch”, erwiderte Philippe mit Nachdruck. “Ich schwöre Euch ...”
Doch Louis hatte nicht vor seinem Bruder weiter zu zuhören. “Spar dir deine Worte”, unterbrach er Philippe. “Mein Entscheidung ist endgültig. So lange er mir nicht die Hintermänner dieses Komplotts nennt, wird der Chevalier im Kerker verbleiben.”
“Dann werdet Ihr mich ebenso einsperren müssen, denn ich will verdamnmt sein, wenn ich in feinen Federbetten schlafe, während der Chevalier in Ketten liegt.” Entschlossen verschränkte Philippe die Arme vor der Brust, während er seinen Bruder herausfordernd anfunkelte.
“Glaube ja nicht, dass mich dies umstimmen würde”, entgegnete Louis mit unbewegter Miene, doch in seiner Stimme schwang der unterschwellige Ärger darüber mit, dass es sein Bruder wagte seine Entscheidung in Frage zu stellen. “Wenn dies dein Wunsch ist, werde ich es gern arrangieren, dass ihr euch eine Zelle teilt.”
So erschreckend die Vorstellung auch war, genauso eingekerkert zu werden wie der Chevalier, war Philippe dennoch entschlossen dieses Mal bis zum Äußersten zu gehen, wenn es sein musste. “Dann tut dies, wenn es Euch beliebt”, gab er betont gleichgültig zurück. “Doch ich hoffe, dass Ihr heute Nacht, wenn Ihr neben einer Eurer Mätressen liegt, daran denken werdet, zu welchem Schicksal Ihr uns verdammt habt.”
XXXXXX
Die Schreie gingen durch Mark und Bein.
Mit aller Kraft presste der Chevalier seine Hände auf die Ohren, dennoch gelang es ihm nicht die Geräusche der Hinrichtung im Hof auszublenden. Seit Stunden wurden die Adeligen, die an der Verschwörung beteiligt waren, einer nach dem anderen auf die grausamste Weise hingerichtet, die sich der Chevalier vorstellen konnte: Auseinander gerissen durch die Kraft von Pferden. Jeder Todeskampf schien ihm ewig zu dauern und jeder Schrei mitten in sein Herz zu zielen.
Die ganze Nacht über hatte er gebetet, dass dieser Kelch an ihm vorüber gehen möge. Dass er seine Lektion gelernt hatte und nie wieder vom Pfad der Tugend abweichen würde, doch sein Flehen war unbeantwortet geblieben. Ebenso wie seine Nachrichten an den Herzog von Orleans. Philippe konnte doch nicht im Ernst glauben, dass er ein Verräter war! Kannte ihn sein Gelieber trotz der langen Zeit, die sie zusammen verbracht hatte, denn gar nicht? Niemals hätte der Chevalier es zugelassen, dass man Louis' Leben bedrohte. Der König mochte ein aufgeblasener Egozentriker sein, aber er war immer noch Philippes Bruder und als solchen hatte der Chevalier ihn stets mit dem ihm gebührenden Respekt behandelt.
Natürlich hatte er im ersten Moment, als er von Louis' Krankheit erfahren hatte, gehofft, dass dieser das Zeitliche segnen würde, damit Philippe den Thron bestieg, doch hatte er dies aus rein selbstlosen Motiven getan. Nach all den Jahren, in denen Louis seinen Bruder klein gehalten hatte, wäre es nur gerecht, wenn Philippe ganz Frankreich zeigen könnte, was in ihm steckte. Doch dann war dem Chevalier aufgegangen, was dieses Amt wirklich bedeuten würde, wie rar die Gelegenheiten sein würden, in denen er den Herzog von Orleans für sich haben würde und er hatte den Wunsch schnell wieder verworfen.
Tatsächlich wäre es für alle das Beste, wenn die Dinge blieben wie sie waren.
Doch inzwischen hatte all das seine Bedeutung verloren, da er ohnehin keinen weiteren Tag mehr erleben würde. Von allen Möglichkeiten wie er sich seinen Tod ausgemalt hatte, war ihm eine Hinrichtung als am Unwahrscheinlichsten erschienen. Eher hatte er damit gerechnet, dass ihn eines Tages der Schlag treffen würde oder er bei einem Duell im Morgengrauen verschied. Aber trotz des gewaltsamen Endes war er dankbar für die Jahre, die er mit Philippe verbracht hatte. Der Herzog von Orleans war die Liebe seines Lebens gewesen und selbst im Angesicht des Todes würde der Chevalier es nie bereuen ihn getroffen zu haben.
Als sich die Tür zu seiner Zelle öffnete, zuckte der blonde Adelige erschrocken zusammen. Nein, bitte nicht. Er war noch nicht bereit zu sterben. Doch anstatt des Gefängniswärters, den er erwatet hatte, stand plötzlich sein Geliebter in der Zellentür. Überrascht riss der Chevalier die Augen auf. “Mignonette, ich schwöre Euch, ich bin kein Verräter! Ich habe nichts Unrechtes getan, war nur zur falschen Zeit am falschen Ort! Bitte, lasst es nicht zu, dass sie mich töten.”
Verzweifelt warf sich der Chevalier auf den Boden in dem Versuch die Stiefel des Prinzen zu umklammern, doch die Eisen, mit denen man ihn an die Wand gekettet hatte, verhinderten dass er seinen Geliebten erreichte. Philippes Gesicht war unergründlich, als er zuerst die Zelle und dann den Chevalier in Augenschein nahm. Scheinbar hatten sich seine Befürchtungen bestätigt, denn abgesehen von der Kleidung des Chevaliers, die zerrissen und dreckig war, zeigte sein Gesicht deutliche Spuren von Folter. Es zerriss dem Prinzen das Herz seinen Geliebten so zu sehen.
“Ich weiß”, ließ er den Chevalier wissen, indem er auf ihn zuging, sich hinhockte und eine seiner Dreck verkrusteten Hände in die seinen nahm. “Deshalb bin ich auch gekommen, um Euch hier raus zu holen.”
“Der König lässt mich gehen?” Der Hoffnungsschimmer in den Augen des Chevalier schien sein zerschlagenes Gesicht von innen leuchten zu lassen, während er sich an Philippes Hand klammerte, als habe er Angst davor, dass der Prinz nur eine Ausgeburt seiner Phantasie war.
“Ja, mein Herz”, bestätigte Philippe warm, bevor er sich umdrehte und dem Gefängniswärter ein Zeichen gab, den blonden Adeligen loszubinden. “Ich habe ihn überzeugt, dass Ihr nichts mit der Sache zu tun habt.” Wie unerbittlich dieses Gespräch gewesen und welches Opfer Philippe zu erbringen bereit gewesen war, musste der Chevalier jetzt nicht wissen. Wichtig war nur, dass sein Plan am Ende von Erfolg gekrönt worden war. Denn natürlich konnte Louis den Skandal nicht riskieren, wenn es sich herumgesprochen hätte, dass er seinen eigenen Bruder in den Kerker hatte werfen lassen.
“Gott sei Dank.” Ein Schluchzen entkam den Lippen des Chevaliers, als die Angst von ihm abfiel wie die Ketten von seinem Körper. Sein Beine zitterten so sehr, dass sie ihn zuerst nicht tragen wollten, als er versuchte aufzustehen, so dass Philippe ihn schließlich stützen musste. Der Chevalier war sich sehr bewusst wie dreckig er war und wie sehr er stinken musste, trotzdem zeigte der Prinz keinen Ekel als er ihn aus dem Kerker führte.
“Ich bin so froh, dass Ihr gekommen seid”, brachte der Blonde schließlich hevor, sich der Tränen die bei diesen Worten über seine Wangen liefen, schämend und doch nicht fähig sie zurückzuhalten. Noch vor wenigen Minuten hatte er geglaubt, diese Zelle nur dann verlassen zu können, wenn er sich auf den Weg zum Schafott begab. Dass der Herzog von Orleans ihn in letzten Minute gerettet hatte, erschien ihm fast wie ein Wunder.
“Glaubt mir, das bin ich auch”, gab Philippe zurück, wobei er seinem Geliebten einen warmen Blick zuwarf. “Und nun lasst uns nach Hause gehen.”
An diesem grauen Samstag gibt es von mir eine Geschichte aus einem Fandom, zu dem ich lange nichts geschrieben habe: Versailles. Obwohl es schon eine ganze Weile her ist, dass ich mein Herz an diese Serie verloren habe, musste ich ständig an eine ganz bestimmte Szene denken, wenn ich das Lied im Radio gehört habe, dass dieser Story ihren Namen gibt: Someone you loved.
Ich hatte immer Schwierigkeiten zu glauben, dass Philippe den Chevalier so einfach seinem Schicksal überlässt, nachdem Louis ihn wegen Hochverrats eingekerkert hat. Immerhin waren die beiden seit ihrer Jugend ein Paar. Deshalb musste ich einfach etwas dazu schreiben und die Szene wieder geraderücken.
Inhalt: Nachdem Louis den Chevalier in den Kerker werfen ließ, ist Philippe verzweifelt. Er kann nicht glauben, dass sein Gelieber tatsächlich den König verraten haben soll, weshalb er den Entschluss fasst, für das Schicksal des Chevaliers zu kämpfen.
Timeline: Staffel 1, Episoden 7 + 8
Pairing: Philippe d'Orleans/Chevalier de Lorraine
Teile: 1/1
Rating: P12 Slash
Warnungen: Erwähnung von Folter und Hinrichtung, aber nichts Grafisches
Widmung: Ich möchte diese Geschichte gern Sirimaus widmen, weil sie mich daran erinnert hat, wie toll diese Serie ist.
Disclaimer: Die Figuren gehören mir genauso wenig wie die zitierten Lyriks. Ich habe sie mir nur ausgeborgt und verdiene mit dem Schreiben kein Geld, sondern tue es lediglich aus Freude am kreativen Arbeiten.
Someone you loved
Now the day bleeds into nightfall
And you're not here to get me through it all
I let my guards down and then you pulled the rug
I was getting kinda used to be someone you loved.
(Lewis Capaldi, Someone you loved)
Philippe wusste, er sollte sich beherrschen, dagegen ankämpfen, als seine Knie nachgaben und er einem Häufchen Elend gleich auf dem Boden zusammenbrach. Es geziehmte sich für einen Prinzen Frankreichs nicht seine Emotionen offen zur Schau zu tragen, doch hier in der privaten Kapelle der königlichen Familie würde ihn ohnehin niemand sehen. Daher ließ er es zu, als sich das Schluchzen einen Weg seine Kehle hinauf bahnte und ihn erfasste, bis sein ganzer Körper von innen heraus bebte und ihm die Tränen die Wangen hinunter liefen.
Stundenlang hatte er auf den Knien verbracht und Gott angefehlt, seinen Bruder seine schwere Krankheit überwinden zu lassen und als Louis dann plötzlich in die Kapelle gekommen war, gesund und stolz wie immer, hatte es für ihn wie ein Wunder gewirkt, doch gerade als Erleichterung sein Herz erfüllen wollte, hatte ihm der König von der Verhaftung des Chevaliers berichtet.
Philippe hatte gewusst, dass sein Gelieber sich auf einem gefährlichen Pfad befand, als sie das letzte Mal miteinder sprachen. Die kryptischen Andeutungen hatten ihn das Schlimmste fürchten lassen. Doch was hätte er dagegen tun sollen, als der Chevalier ihm eröffnet hatte, dass er nach Paris gehen würde? Er hatte versucht zu ihm durchzudringen, doch natürlich hatte der Blonde seine Warnung in den Wind geschlagen. Vielleicht hätte er seinen Rang ins Spiel bringen und ihm verbieten sollen abzureisen. Nicht, dass sein Gelieber dann auf ihn gehört hätte. Ihre Beziehung war in den letzten Wochen fragil genug gewesen. Aber ein Verräter gegen die Krone? Nein, so war Philippe, der Chevalier de Lorraine nicht. Er mochte leichtgläubig und ein Träumer sein, aber an einer Verschwörung gegen den König würde er sich niemals beteiligen. Auch wenn der Prinz zugeben musste, dass ihm die Feststellung des Chevaliers, welch einen guten König Philippe abgeben würde, zu denken gegeben hatte. Trotzdem weigerte er sich daran zu glauben, dass sein Geliebter mit den Adeligen gemeinsame Sache gemacht hatte.
Der Chevalier und der Herzog von Orleans waren seit ihrer Jugend ein Paar. Wenn sein Geliebter dem König wirklich ein Leid zufügen wollte, hätte er dafür mehr Gelegenheiten als genug gehabt. Die einzige Möglichkeit, die Philippe einfiel war, dass man den Chevalier dazu gezwungen hatte, in diesem Komplott mitzuwirken. Denn auch wenn der blonde Adelsspross viele Qualitäten hatte, ein Held war er gewiss nicht. Im Gegensatz zu ihm selbst, der darauf gebrannt hatte, sich im Krieg zu beweisen, verabscheute der Chevalier den Kampf. Stattdessen schwärmte er für die angenehmen Dinge des Lebens. Opulente Feste, feine Kleider, gutes Essen und berauschender Sex, das war seine Welt. Die Politik interessierte ihn genauso wenig wie die Belange des Volkes.
Nein, Philippe blieb dabei, der Chevalier war kein Verräter.
Niemals.
Doch wie sollte er Louis davon überzeugen? Sein Bruder würde nicht auf ihn hören Das tat er nie. Aber untätig herumsitzen konnte Philippe auch nicht. Nicht, solange er wusste, dass sein Geliebter mit dem baldigen Tod vor Augen im Kerker schmachtete. Wohlmöglich hatten sie ihn geschlagen oder Schlimmeres. Allein der Gedanke ließ den Herzog von Orleans schaudern. Wenn er ehrlich mit sich war, so war der Chevalier so viel mehr als nur sein Geliebter. Er war sein bester Freund, sein Vertrauter, der Einzige bei Hof, dessen Loyalität Philippe sich sicher war. Niemand sonst liebte ihn so wie er war. All die Höflinge und Adeligen, mit denen er gefeiert und die sein Bett geteilt hatten, wollten nur damit prahlen eine Nacht mit dem Prinzen verbracht zu haben. Wenn er gramgebeugt und sich von Problemen erdrückt gefühlt hatte, war keiner von ihnen an seiner Seite geblieben. Nur der Chevalier. Er hatte ihn aufgebaut, wenn Philippe am Boden gewesen war. Er hatte ihm Trost zugesprochen, wenn die Erniedrigung durch seinen Bruder ihm die Tränen in die Augen getrieben hatten und er hatte dabei geholfen, Philippe seine ungeliebten, ehelichen Pflichten vergessen zu lassen.
Nein, er konnte den Chevalier nicht seinem Schicksal überlassen. Es mochte viele Männer auf der Welt geben, doch nur einen, dem sein Herz gehörte. Und deshalb würde er für ihn kämpfen.
XXXXXX
“Ich verlange, dass Ihr den Chevalier de Lorraine frei lasst.”
Philippe hatte seine ganze Authorität in sein Auftreten gelegt, um nicht von den Wachen aufgehalten zu werden, die das Amtszimmer des Königs bewachten. Dieses Mal würde er sich nicht einfach abweisen lassen. Er war der Herzog von Orleans. Louis' Bruder. Und er verlangte gehört zu werden, ob es dem König nun passte oder nicht.
Offenkundig hatte sich Louis gerade von einem seiner Berater die Bücher des Palasts zeigen lassen, als Philippe plötzlich in den Raum platzte. Ungehalten über die Störung funkelte er seinen Bruder an. “Können wir das nicht später besprechen? Wie du siehst, habe ich wichtige Entscheidungen zu fällen.”
“Nein, das können wir nicht”, gab Philippe entschieden zurück. “Ich bin nicht bereit den Chevalier auch nur eine Minute länger im Kerker zu wissen.”
Auf einen Wink von Louis' Hand zog sich sein Berater zurück. Natürlich nicht ohne sich vorher mit einer tiefen Verbeugung verabschiedet zu haben. “Und wie kommst du darauf, dass ich deinen Liebhaber frei lassen werde? Schließlich ist er ein Verräter gegen die Krone und als solcher gehört er hingerichtet, wie alle anderen.”
“Ihr wisst so gut wie ich, dass der Chevalier Euch niemals schaden würde”, hielt Philippe dagegen. “Er mag ein Taugenichts sein und über ein lockeres Mundwerk verfügen, aber er wäre niemals fähig sich an einer Verschwörung gegen Euch zu beteiligen.”
Seufzend schüttelte Louis den Kopf. “Deine Worte beweisen einmal mehr, wie naiv du bist. Alle Beweise sprechen gegen ihn.”
“Dann sind diese Beweise falsch”, erwiderte Philippe mit Nachdruck. “Ich schwöre Euch ...”
Doch Louis hatte nicht vor seinem Bruder weiter zu zuhören. “Spar dir deine Worte”, unterbrach er Philippe. “Mein Entscheidung ist endgültig. So lange er mir nicht die Hintermänner dieses Komplotts nennt, wird der Chevalier im Kerker verbleiben.”
“Dann werdet Ihr mich ebenso einsperren müssen, denn ich will verdamnmt sein, wenn ich in feinen Federbetten schlafe, während der Chevalier in Ketten liegt.” Entschlossen verschränkte Philippe die Arme vor der Brust, während er seinen Bruder herausfordernd anfunkelte.
“Glaube ja nicht, dass mich dies umstimmen würde”, entgegnete Louis mit unbewegter Miene, doch in seiner Stimme schwang der unterschwellige Ärger darüber mit, dass es sein Bruder wagte seine Entscheidung in Frage zu stellen. “Wenn dies dein Wunsch ist, werde ich es gern arrangieren, dass ihr euch eine Zelle teilt.”
So erschreckend die Vorstellung auch war, genauso eingekerkert zu werden wie der Chevalier, war Philippe dennoch entschlossen dieses Mal bis zum Äußersten zu gehen, wenn es sein musste. “Dann tut dies, wenn es Euch beliebt”, gab er betont gleichgültig zurück. “Doch ich hoffe, dass Ihr heute Nacht, wenn Ihr neben einer Eurer Mätressen liegt, daran denken werdet, zu welchem Schicksal Ihr uns verdammt habt.”
XXXXXX
Die Schreie gingen durch Mark und Bein.
Mit aller Kraft presste der Chevalier seine Hände auf die Ohren, dennoch gelang es ihm nicht die Geräusche der Hinrichtung im Hof auszublenden. Seit Stunden wurden die Adeligen, die an der Verschwörung beteiligt waren, einer nach dem anderen auf die grausamste Weise hingerichtet, die sich der Chevalier vorstellen konnte: Auseinander gerissen durch die Kraft von Pferden. Jeder Todeskampf schien ihm ewig zu dauern und jeder Schrei mitten in sein Herz zu zielen.
Die ganze Nacht über hatte er gebetet, dass dieser Kelch an ihm vorüber gehen möge. Dass er seine Lektion gelernt hatte und nie wieder vom Pfad der Tugend abweichen würde, doch sein Flehen war unbeantwortet geblieben. Ebenso wie seine Nachrichten an den Herzog von Orleans. Philippe konnte doch nicht im Ernst glauben, dass er ein Verräter war! Kannte ihn sein Gelieber trotz der langen Zeit, die sie zusammen verbracht hatte, denn gar nicht? Niemals hätte der Chevalier es zugelassen, dass man Louis' Leben bedrohte. Der König mochte ein aufgeblasener Egozentriker sein, aber er war immer noch Philippes Bruder und als solchen hatte der Chevalier ihn stets mit dem ihm gebührenden Respekt behandelt.
Natürlich hatte er im ersten Moment, als er von Louis' Krankheit erfahren hatte, gehofft, dass dieser das Zeitliche segnen würde, damit Philippe den Thron bestieg, doch hatte er dies aus rein selbstlosen Motiven getan. Nach all den Jahren, in denen Louis seinen Bruder klein gehalten hatte, wäre es nur gerecht, wenn Philippe ganz Frankreich zeigen könnte, was in ihm steckte. Doch dann war dem Chevalier aufgegangen, was dieses Amt wirklich bedeuten würde, wie rar die Gelegenheiten sein würden, in denen er den Herzog von Orleans für sich haben würde und er hatte den Wunsch schnell wieder verworfen.
Tatsächlich wäre es für alle das Beste, wenn die Dinge blieben wie sie waren.
Doch inzwischen hatte all das seine Bedeutung verloren, da er ohnehin keinen weiteren Tag mehr erleben würde. Von allen Möglichkeiten wie er sich seinen Tod ausgemalt hatte, war ihm eine Hinrichtung als am Unwahrscheinlichsten erschienen. Eher hatte er damit gerechnet, dass ihn eines Tages der Schlag treffen würde oder er bei einem Duell im Morgengrauen verschied. Aber trotz des gewaltsamen Endes war er dankbar für die Jahre, die er mit Philippe verbracht hatte. Der Herzog von Orleans war die Liebe seines Lebens gewesen und selbst im Angesicht des Todes würde der Chevalier es nie bereuen ihn getroffen zu haben.
Als sich die Tür zu seiner Zelle öffnete, zuckte der blonde Adelige erschrocken zusammen. Nein, bitte nicht. Er war noch nicht bereit zu sterben. Doch anstatt des Gefängniswärters, den er erwatet hatte, stand plötzlich sein Geliebter in der Zellentür. Überrascht riss der Chevalier die Augen auf. “Mignonette, ich schwöre Euch, ich bin kein Verräter! Ich habe nichts Unrechtes getan, war nur zur falschen Zeit am falschen Ort! Bitte, lasst es nicht zu, dass sie mich töten.”
Verzweifelt warf sich der Chevalier auf den Boden in dem Versuch die Stiefel des Prinzen zu umklammern, doch die Eisen, mit denen man ihn an die Wand gekettet hatte, verhinderten dass er seinen Geliebten erreichte. Philippes Gesicht war unergründlich, als er zuerst die Zelle und dann den Chevalier in Augenschein nahm. Scheinbar hatten sich seine Befürchtungen bestätigt, denn abgesehen von der Kleidung des Chevaliers, die zerrissen und dreckig war, zeigte sein Gesicht deutliche Spuren von Folter. Es zerriss dem Prinzen das Herz seinen Geliebten so zu sehen.
“Ich weiß”, ließ er den Chevalier wissen, indem er auf ihn zuging, sich hinhockte und eine seiner Dreck verkrusteten Hände in die seinen nahm. “Deshalb bin ich auch gekommen, um Euch hier raus zu holen.”
“Der König lässt mich gehen?” Der Hoffnungsschimmer in den Augen des Chevalier schien sein zerschlagenes Gesicht von innen leuchten zu lassen, während er sich an Philippes Hand klammerte, als habe er Angst davor, dass der Prinz nur eine Ausgeburt seiner Phantasie war.
“Ja, mein Herz”, bestätigte Philippe warm, bevor er sich umdrehte und dem Gefängniswärter ein Zeichen gab, den blonden Adeligen loszubinden. “Ich habe ihn überzeugt, dass Ihr nichts mit der Sache zu tun habt.” Wie unerbittlich dieses Gespräch gewesen und welches Opfer Philippe zu erbringen bereit gewesen war, musste der Chevalier jetzt nicht wissen. Wichtig war nur, dass sein Plan am Ende von Erfolg gekrönt worden war. Denn natürlich konnte Louis den Skandal nicht riskieren, wenn es sich herumgesprochen hätte, dass er seinen eigenen Bruder in den Kerker hatte werfen lassen.
“Gott sei Dank.” Ein Schluchzen entkam den Lippen des Chevaliers, als die Angst von ihm abfiel wie die Ketten von seinem Körper. Sein Beine zitterten so sehr, dass sie ihn zuerst nicht tragen wollten, als er versuchte aufzustehen, so dass Philippe ihn schließlich stützen musste. Der Chevalier war sich sehr bewusst wie dreckig er war und wie sehr er stinken musste, trotzdem zeigte der Prinz keinen Ekel als er ihn aus dem Kerker führte.
“Ich bin so froh, dass Ihr gekommen seid”, brachte der Blonde schließlich hevor, sich der Tränen die bei diesen Worten über seine Wangen liefen, schämend und doch nicht fähig sie zurückzuhalten. Noch vor wenigen Minuten hatte er geglaubt, diese Zelle nur dann verlassen zu können, wenn er sich auf den Weg zum Schafott begab. Dass der Herzog von Orleans ihn in letzten Minute gerettet hatte, erschien ihm fast wie ein Wunder.
“Glaubt mir, das bin ich auch”, gab Philippe zurück, wobei er seinem Geliebten einen warmen Blick zuwarf. “Und nun lasst uns nach Hause gehen.”