Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Schattenkrone

von Lalaith
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Freundschaft / P16 / Gen
OC (Own Character) Thranduil
17.12.2021
09.05.2023
18
85.158
15
Alle Kapitel
42 Reviews
Dieses Kapitel
4 Reviews
 
 
17.12.2021 2.732
 
Guten Tag, ihr Lieben!

Ich freue mich, dass ihr euren Weg zu dieser Geschichte gefunden habt - sei es durch den Vorgänger "Schattenland" oder einfach durch einen neugierigen Klick! Wie auch immer - willkommen :) Ein paar Kleinigkeiten gibt's auch hier vorneweg:

Disclaimer: Alle bekannten Orte und Charaktere sind dem Meister - J.R.R. Tolkien - entsprungen. Der gute Môrgalad gehört aber noch immer mir, genauso wie fast alle anderen Waldelben, die namentlich genannt werden.
Zur Handlung: Die Ereignisse dieser Geschichte schließen direkt an die Handlung von "Schattenland" an und sind somit eine Fortsetzung dieser Story. Es empfiehlt sich, den Vorgänger gelesen zu haben.
Updates: Erfolgen dieses Mal in etwas größeren Abständen, aber durchaus regelmäßig.
Dank: Der gilt auch hier natürlich meiner fleißigen Beta Snelsha! Liebe Sarah, dir danke ich für dein immer offenes Ohr und deine Treue zu Thranduil (und Môrgalad ^^). Und nicht zuletzt gebührt meiner lieben Tai wirklich großer Dank - was wäre die Story ohne unsere vielen Gespräche? <3

Nun geht es aber los! :) Über eure Zugriffe, Reviews, Favoriteneinträge oder Sternchen freue ich mich natürlich sehr!

Eure Lala

~*~

Hochebene von Gorgoroth, Mordor, 3441, Zweites Zeitalter

„Thranduil! Was bei allen Valar geschieht dort drüben?“

Erstaunen und Unruhe lagen gleichermaßen in Môrgalads Worten, als der Hauptmann der königlichen Garde besorgt seinen Blick gen Westen richtete. Dumpfes Donnergrollen untermalte seine Stimme und erfüllte unheilvoll die düstere, stickige Luft. Der wolkenverhangene Himmel, in dessen undurchdringliche Weiten sich der Orodruin in einiger Entfernung mit all seiner Entsetzlichkeit reckte, loderte und flackerte in feurigem Rot und Orange auf.

Thranduil, der das merkwürdige Schauspiel bereits seit einiger Zeit mit äußerster Anspannung beobachtet hatte, neigte leicht den Kopf. Sorge verdunkelte seine markanten Züge. Schon vor einer Weile, als sich der Himmel über dem Schicksalsberg immer weiter verfinstert hatte, hatte er sich vom Rest der Truppen auf eine kleine, mit Geröll und Felsbrocken übersäte Erhebung zurückgezogen, um die Geschehnisse besser im Blick zu haben.

„Dort, mein Freund, wartet das Ende aller Dinge“, meinte er schließlich mit ernster Stimme und wandte sich Môrgalad zu, der zu ihm aufgeholt und seinen gewohnten Platz neben ihm eingenommen hatte. „Dann wird sich zeigen, ob die Mühen und Opfer der vergangenen sieben Jahre genug gewesen sind. Oder vergebens.“

Erneut breitete sich angespanntes Schweigen zwischen ihnen aus, nur durchbrochen vom beständigen Rollen des Donners in der Ferne.

Sieben Jahre.

Wenn Thranduil darüber nachdachte, erschien es ihm fast schon unwirklich – und doch war es jene Zeitspanne, die seit den grausamen Ereignissen auf der Ebene vor dem Morannon verstrichen war. Sieben Jahre, in denen er das, was von seinem Heer noch übriggeblieben war, wieder und wieder gemäß Gil-galads und Elendils Weisung gegen Saurons Streitkräfte geführt hatte, bis es ihnen nach Monaten endlich gemeinsam gelungen war, den Morannon zu durchbrechen und ins Innere des Schattenlandes vorzudringen. Sieben Jahre, in denen sie Barad-dûr – Saurons Bollwerk – erdrückend und doch mit wenig Erfolg belagert hatten. Sieben Jahre, in denen viele tapfere Krieger, nicht zuletzt Anárion – Elendils jüngerer Sohn – ihren Tod durch Bolzen, Pfeile, herabfallendes Gestein und andere Teufeleien gefunden hatten.

Sieben Jahre voller Mühen, Leid, Entbehrung und Tod. Sie alle hatten bis zur Erschöpfung gekämpft, Verletzungen und Narben davongetragen, Rückschläge erlitten und dennoch immer wieder kleine Siege errungen – bis der Dunkle Herrscher völlig unvermittelt schließlich selbst an der Spitze seiner bösartigen Kreaturen aus dem Turm hervorgekommen war, um sich dem eisernen Griff des Letzten Bündnisses zu entwinden.

Und nun, an den Hängen des Orodruin, entschied sich ihrer aller Schicksal. Sowohl Gil-galad und Elendil als auch Elrond und Círdan waren mit einem Großteil ihrer Armee ausgezogen, um Sauron und sein Gefolge dort zum letzten Kampf zu stellen, während der Rest ihrer Streitmacht gemeinsam mit den Waldelben weiterhin auf der Ebene von Gorgoroth lagerte. Weitläufig umschlossen ihre Truppen unter Thranduils Befehl Barad-dûr, behielten den Turm im Auge und hinderten die Orks in mühseligen, niemals endenden Scharmützeln stetig daran, ihrem Meister zu Hilfe zu eilen und Gil-galads Kompanien in den Rücken zu fallen.

Sie alle warteten auf das bevorstehende Ende, für welche Seite es auch immer gut ausgehen mochte – doch die Herren des Westens waren bereits seit einiger Zeit fort und über das weite, öde Land erreichte keine Nachricht, kein Lebenszeichen die auf der Ebene Zurückgebliebenen.

Thranduil schauderte unwillkürlich, ballte seine klammen Finger zur Faust und streckte sie wieder. Während der letzten Jahre war es ihm nie gelungen, den dunklen unheilvollen Schatten der Vorahnung aus seinem Herzen zu verbannen – erst recht nicht, seit er die Verantwortung für die Geschicke seines Heeres trug. Ein durch die Distanz und Gefahr lediglich spärlicher Austausch mit dem Grünwald und Aerandirs jüngerem Bruder Gaeron, der einst mit Orophers Vertrauen als Befehlshaber dort zurückgeblieben war, verschaffte ihm zumindest die Gewissheit, dass zuhause die Dinge einigermaßen friedlich und in geordneten Bahnen verliefen. Doch die Heimat war fern, und in diesem Moment war es das seltsame Schauspiel über dem Schicksalsberg, das ihn zusätzlich beunruhigte und ihn wenig zuversichtlich der kommenden Stunden harren ließ.

Was hätte adar wohl in dieser Lage getan?

Der Gedanke suchte ihn ebenso jäh wie unerbittlich heim. Schmerzhaft wie eine kürzlich geschlagene Wunde flackerte die Erinnerung an seinen Vater in ihm auf, doch ihm blieb keine Zeit, um ihr genügend Raum zu geben – das Geschehen direkt vor ihnen forderte schneller wieder seine Aufmerksamkeit, als ihm lieb sein konnte.

Gerade in diesem Moment hastete einer der Heermeister Elendils auf sie zu. Die einst glänzende Rüstung und sein Umhang waren – wie auch sein Antlitz – über und über mit Blut und Schmutz besudelt, der Blick in seinen dunklen Augen rastlos und gehetzt.

„Es gab einen neuerlichen Ausfall auf der Ostseite des Turms“, berichtete er atemlos, nachdem er vor Thranduil, seinem Befehlshaber während der Abwesenheit Gil-galads und Elendils, zum Stehen gekommen war. „Wir konnten sie aufhalten und hinter ihre Mauern zurückdrängen, doch sie sind zäh und sammeln sich beständig neu …“

Während Thranduil den Heermeister mit ernster Miene ein paar Schritte zur Seite nahm, um weitere Einzelheiten über das Geschehen zu erfahren, musterte Môrgalad seinen Freund verstohlen; beobachtete seine Haltung, sein Mienenspiel genau.

Selbst nach all diesen Jahren schmerzte es den Noldo zu sehen, wie der Tod des alten Königs und die Unerbittlichkeit des Schattenlandes den Prinzen verändert hatten – in seiner Rolle wie auch in seinem Wesen. Obwohl Orophers Tod schon so lange zurücklag und er seither an Erfahrung reicher geworden war, fiel es Thranduil noch immer schwer, mit der ihm auferlegten Bestimmung und dem Unglück, das über sein Volk hereingebrochen war, seinen Frieden zu machen. Allerdings war dies ein Kampf, den er stets nur in seinem Inneren austrug und davon alle anderen, auch seinen besten Freund, tunlichst ausschloss.

Der Blick in seinen undurchdringlichen Augen verriet für gewöhnlich nichts darüber, was in ihm vor sich ging, ebenso wenig seine Gesten und Worte. Doch Môrgalad kannte seinen Freund und wusste es besser. Unvergessen waren die Stunden in Gil-galads längst vergangenem ersten Kriegsrat, wo dem Waldlandprinzen nach dem verheerenden Gefecht auf der Dagorlad kaum mehr als abschätzige Worte und Misstrauen entgegengebracht worden war. Nur selten ließ er seither – im Gegensatz zu früheren Tagen – unbeschwerte, ausgelassene Worte oder gar ein Lächeln zu; und der Noldo hegte seit langem die Vermutung, dass Thranduil es als ein Zeichen der Schwäche vor all den mächtigen Heerführern des Bündnisses erachtete, seine Empfindungen und Gedanken allzu offen zu zeigen. Nicht nur einmal hatte Môrgalad also mit wachsender Sorge beobachtet, wie sein Freund in den rar gesäten Stunden der Rast nur selten Ruhe fand, sich stattdessen in Grübelei und Erinnerungen verlor, wenn er sich unbeobachtet wähnte und so eine unsichtbare Mauer um sich herum errichtet hatte, die einzureißen beinahe unmöglich war.

Dass diese Verschlossenheit Thranduil allerdings seinem Vater ähnlicher machte als er es wahrscheinlich je gewollt oder beabsichtigt hatte, wagte selbst Môrgalad nicht laut vor ihm auszusprechen. Noch nicht.

Mit einem Mal fegte ein kalter, stürmischer Windstoß wie aus dem Nichts über sie hinweg und riss sowohl den Hauptmann aus seinen Gedanken als auch Thranduil und den Heermeister Elendils aus ihrer Unterredung. Verwundert hoben sie die Köpfe und wandten soeben den Blick in Richtung Schicksalsberg, als ohne Vorwarnung ein regelrechter Sturm über sie hereinbrach. Entsetzliches, ungezügeltes Donnergrollen brachte sowohl die Luft um sie herum als auch die karge Erde unter ihren Füßen zum Vibrieren. Der wolkenverhangene Himmel über dem Orodruin loderte wild in feurigem, zuckendem Licht, so als stünde er lichterloh in den Flammen des Bösen. Aufgeregte Schreie in verschiedenen Sprachen erhoben sich – die zur Bewachung des Dunklen Turms zurückgebliebenen und auf der Ebene ausharrenden Soldaten waren in Aufruhr, und nur einen Wimpernschlag später brach ein regelrechter Tumult unter ihnen aus. Elben wie Menschen waren gleichermaßen verängstigt ob dieser widernatürlichen Ereignisse, deren Zeugen sie nun wurden; blindlings und ohne jegliche Ordnung griffen sie zu ihren Waffen und Schilden und liefen durcheinander. Erschrocken über diese Wendung der Dinge eilte der Heermeister der Menschen ohne ein weiteres Wort von dannen, um gemeinsam mit den Hauptleuten des Waldlandvolks die Truppen zu sammeln und zu aufzustellen.

Gegen den unnatürlichen Wind, der an ihnen zerrte wie tausend gierige Hände, kämpfte sich Môrgalad zurück an Thranduils Seite. Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, dass der Rest der königlichen Leibgarde ihren Posten rund um die kleine felsige Erhebung bezogen hatte, um ihrem Herrn beizustehen und ihn vor dem aufziehenden Unheil zu schützen. Ohne nachzudenken zogen die Soldaten furchtlos ihre Schwerter, doch rasch wurde ihnen klar, dass Waffen wie diese nichts gegen die Macht ausrichten konnten, der sie jetzt gegenüberstanden.

„Ist nun das Ende über uns gekommen?“ Môrgalads Worte wurden beinahe von dem ohrenbetäubenden Donnergrollen, dessen Heftigkeit immer mehr zunahm, verschluckt. Als er Thranduils unruhigem Blick begegnete, wusste er, dass sie beide denselben Gedanken hegten, der unausgesprochen und erbarmungslos zwischen ihnen stand.

War alles vergebens? Hat das Bündnis versagt?

Noch bevor der Sinda etwas erwidern konnte, erschütterte plötzlich ein starkes Beben die Erde unter ihren Füßen. Wie aus dem Nichts brachen zeitgleich dutzende Orkkompanien, befeuert von dieser neuen Teufelei, aus dem Dunklen Turm hervor. Blind vor Hass und bosheit rückten sie ein letztes Mal gegen ihre Belagerer vor, als hätte der wütende Sturm sie zu seiner Unterstützung gerufen. Sofort zog die Königsgarde ihren Ring enger um ihren Herrn; mit erhobenen Schwertern harrten sie tapfer der dunklen Kreaturen, die brüllend auf sie zuhielten. Lautes Geschrei und Waffengeklirr mischte sich unter das scharfe Donnergrollen; die Soldaten auf der Ebene von Gorgoroth und rund um Barad-dûr erwachten aus ihrem anfänglichen Entsetzen und formierten sich eilends unter den Befehlen der Hauptmänner gegen eine Macht, die ihnen von beiden Seiten zu Leibe rückte und dieses Mal unausweichlich überlegen schien. Nur wenige Wimpernschläge später war erneut eine Schlacht im Gange, größer und unheilbringender als jeder Ausfall in den Stunden und Tagen zuvor.

In Windeseile hatte das Kampfgeschehen auch die beiden Freunde erreicht, eine schiere Überzahl an Orks drängte sich heran und versuchte den Ring der Leibgarde zu durchbrechen, die dem Angriff vorerst tapfer standhielt. Während seine rechte Hand in einer raschen Bewegung sein eigenes Schwert zog, packte Thranduil Môrgalad an der Schulter und suchte in dem sonst so hoffnungsfrohen Blick seines Freundes vergeblich nach ein wenig Zuversicht, während um sie herum die ersten Krieger auf beiden Seiten fielen und die Ebene von Gorgoroth erneut mit ihrem Blut tränkten.

Nicht nur einmal hatte Orophers Sohn in den letzten sieben Jahren den Gedanken an das nahende Verhängnis aus seinem Bewusstsein gedrängt und wieder und wieder gegen die darin liegende Hoffnungslosigkeit angekämpft, doch zu viele Rückschläge, zu viele abscheuliche Erfahrungen hatten sich in seine Seele eingebrannt. Zu viele Verluste. Obwohl er sich tief in seinem Inneren zu vergewissern suchte, dass er alles in seiner Macht Stehende getan hatte, übermannte ihn in diesem Moment das erbarmungslose Gefühl, mit jener verhängnisvollen Zustimmung in Gil-galads Kriegsrat sein Volk im Stich gelassen und endgültig ins Verderben geführt zu haben.

Was, wenn Söhne nicht aus den Fehlern ihrer Väter lernen?

„Môrgalad - “, begann er mit rauer Stimme, doch seine Worte gingen in einem schrecklichen Donnern unter. Der Noldo begegnete seinem Blick mit weit aufgerissenen Augen, der Himmel über ihnen glich einem wütenden, orangeroten Inferno, dass sie umschloss wie ein undurchdringlicher Mantel – und dann überschlugen sich die Ereignisse.

Eine heftige Druckwelle fegte jäh über sie hinweg und entzog ihnen völlig unvorbereitet den sicheren Boden unter den Füßen. Hart schlugen sie auf dem steinigen Untergrund auf; unfähig, sich zu bewegen und gegen die Last anzukämpfen, die sich wie ein bleiernes Gewicht auf sie legte und schmerzhaft in ihren Ohren pochte. Es war, als habe eine unsichtbare Macht völlig unvermittelt alle Luft aus ihren Lungen gepresst und sie der Herrschaft über ihre Körper beraubt, während der Sturm in wiederkehrenden Schüben über sie hinwegjagte. Jedes Zeitgefühl kam ihnen abhanden, sie waren gefangen im eisernen Griff der Machtlosigkeit, aus dem es so schnell kein Entkommen zu geben schien.

Nein, ein solches Ende hatte Thranduil Oropherion in seinen finstersten Träumen nicht kommen sehen – doch etwas in seinem Herzen sagte ihm, dass es trotz allem noch nicht an der Zeit war, sein Leben in Mandos‘ Hände zu legen.

Benommen und ohne jegliche Orientierung kämpfte er gegen die bleierne Schwere auf seinem Brustkorb an, tastete nach Luft ringend auf dem staubigen, steinigen Boden nach seinem Schwert. Als er das kühle Metall endlich mit seinen Fingern spüren und umschließen konnte, ließ der Druck auf seinen Körper plötzlich so schlagartig nach, wie er gekommen war. Keuchend füllte der Sinda seine Lungen mit Sauerstoff und schloss die Hand fester um seine Waffe. Langsam begannen seine Sinne sich wieder zu schärfen und seine Gliedmaße ihm zu gehorchen. Die Welt um ihn herum wirkte seltsam entrückt. Vorbei waren die seltsamen Sturmböen, ein nur mehr schwaches Grollen durchzog den sich lichtenden Himmel über ihren Köpfen, der mehr Helligkeit versprach als in all den Jahren zuvor.

Mit schweren Gliedern rappelte Thranduil sich hoch und packte dann Môrgalad, dem die Ratlosigkeit über das soeben Geschehene ins Gesicht geschrieben stand, am Arm, um ihm ebenfalls auf die Beine zu helfen.

„Was bei allen Valar –“, stieß der Noldo schwer atmend hervor, doch eine rasche Handbewegung seines Freundes unterbrach die sich anbahnende Schimpftirade.

„Still! Siehst du, was ich sehe?“

Mit ungläubigem Blick beobachtete Thranduil, wie die Soldaten der Königsgarde und jene auf der Ebene ebenfalls nach und nach ihre alten Kräfte zurückerlangten, wieder aufstanden und sich erneut tapfer gegen den Angriff der Orks wappneten – wenn sie denn einem solchen noch gegenübergestanden hätten.

Tatsächlich ergriffen die verbliebenen Truppen des dunklen Gezüchts aus noch unerfindlichen Gründen die Flucht vor der Armee des Westens, kreischend und brüllend krochen sie zurück in ihre Erdlöcher rund um Barad-dûr oder versuchten blindlings durch die Reihen der Belagerer zu entkommen. Seltsam entfesselt – nein, fast schon übermütig ob dieses Anblicks jagten sowohl Menschen- als auch Elbensoldaten nach anfänglichem Erstaunen den Flüchtigen hinterher und setzten deren elendem Dasein ein rasches, erbarmungsloses Ende. Der Anblick war derart merkwürdig, dass Thranduil für einen Moment an seinem Verstand zweifelte und ihn durch den Spuk der vergangenen Augenblicke ernsthaft beeinträchtigt wähnte.

„Keine Sorge, du verlierst nicht den Verstand. Ich sehe es auch“, wusste Môrgalad den verwunderten Gesichtsausdruck seines Freundes und Herrn richtig zu deuten und steckte sein Schwert in Ermangelung angreifender Feinde zurück in die Scheide. „Ich frage mich, was all das zu bedeuten hat.“

Die Antwort darauf kam just in diesem Moment in Gestalt mehrerer Reiter über die Ebene von Gorgoroth herangesprengt. Ihre Rüstungen schimmerten schwach im aufkommenden Zwielicht, einer von ihnen trug das im Wind flatternde Banner Elendils vor sich her. Das Trommeln der Hufe auf dem kargen Untergrund mischte sich unter die zunächst recht undefinierbaren Rufe, die von fern an Thranduils Ohren drangen, doch je näher die Reiter mit ihrer Botschaft kamen, desto stärker wagte sich vorsichtige Hoffnung in seiner Brust auszubreiten.

Diese Männer waren zwar erschöpft und gezeichnet von der Schlacht, sahen jedoch nicht aus, als brächten sie die Kunde einer Niederlage.

Es bedurfte schließlich weder der von Freude und Erleichterung durchdrungenen Aufschreie noch der sichtbaren Ausgelassenheit der Soldaten auf der Ebene, um zu verstehen. Irgendwo neben ihm lachte Môrgalad leise auf. Es klang so befreit wie schon lange nicht mehr, wirkte fast schon fehl an diesem Ort, der weder Frohsinn noch Ausgelassenheit kannte.

Thranduil atmete tief durch und schloss erschöpft die Augen. Er spürte, wie Môrgalads kräftige Hände ihn fast schon überschwänglich an den Schultern packten, nahm seine aufgeregten Worte jedoch kaum wahr. Der eiserne Griff, mit dem die dunklen Schatten sein Herz umfangen hielten, begann sich zum ersten Mal seit sieben langen Jahren zaghaft zu lockern.

Das Bündnis hatte standgehalten. Sauron war vernichtet.

~*~
Review schreiben
 
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast