Keine gute Nachtgeschichte
von DeepSilence
Kurzbeschreibung
Er traute seinen Augen kaum. Der Laden lag in Schutt und Asche. Asche nur im übertragenen Sinne, Scherben, Pfützen, Blumenerde und leidende Pflanzen beschrieben die Szenerie erheblich genauer, und mittendrin lagen Ken und… [Yohji Kudo, Omi Tsukiyono, Ran/Aya Fujimiya; mentions of: Ken Hidaka, Birman]
OneshotDrama, Freundschaft / P16 / Gen
Omi Tsukiyono / Mamoru Takatori
Ran Fujimiya / Aya / Abyssinian
Yohji Kudou / Ryo Ito / Balinese
02.12.2021
02.12.2021
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2.638
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Disclaimer: Ich verdiene mit dieser Geschichte kein Geld. Alles, was an Orten, Personen, Namen etc. bekannt vorkommt, gehört nicht mir.
Kurzbeschreibung: Er traute seinen Augen kaum. Der Laden lag in Schutt und Asche. Asche nur im übertragenen Sinne, Scherben, Pfützen, Blumenerde und leidende Pflanzen beschrieben die Szenerie erheblich genauer, und mittendrin lagen Ken und… [Yohji Kudo, Omi Tsukiyono, Ran/Aya Fujimiya; mentions of: Ken Hidaka, Birman]
A/N: Der nachfolgende Oneshot basiert auf der in Weiß Kreuz An Assassin and White Shaman Vol. 1 & 2 dargestellten Prügeleiszene zwischen Ken und Aya. Für all diejenigen, die die beiden Bände gerade nicht zur Hand haben, noch einmal eine sehr kurze Zusammenfassung: Aya ist Birmans Einladung gefolgt, hat das Koneko aufgesucht und wird dort von Ken mit einem Faustschlag begrüßt. Selbstverständlich kann Aya das nicht auf sich sitzen lassen und die Lage eskaliert ein ganz klein wenig.
Wir beginnen hier direkt am Ende von Vol. 1, nachdem Yohji aufgefallen ist, dass noch Licht brennt und er den Laden betreten hat.
Oha.*
Wo er sich im ersten Augenblick noch amüsiert die Sonnenbrille mit dem Mittelfinger zurechtgerückt hatte, machte sich im zweiten ein ganz anderes Gefühl breit. Er hatte das Rollo hinter sich rasch wieder heruntergelassen und abgeschlossen. Kein Außenstehender musste das Chaos zu Gesicht bekommen, das hier drinnen herrschte. Das würde nur für Gerüchte und unnötiges, absolut vermeidbares Aufsehen sorgen und ihnen so unterm Strich noch mehr Ärger und Unannehmlichkeiten bereiten als gut sein konnte.
Yohji schnaufte vernehmlich und ließ den Blick über das schweifen, was vorhin noch ein ordentlicher Blumenladen mit ansehnlichem Sortiment gewesen war. Jetzt wirkten Einrichtung und Sortiment eher schrottreif. Vielleicht wäre es ratsam, er würde einfach jetzt schon einen Sperrmüllcontainer und neue Blumen bestellen, dann aufräumen, morgen ganz früh aufstehen – sofern es sich überhaupt noch lohnen würde, zu Bett zu gehen, wenn er mit dem Aufräumen fertig war – und zu diesem schwedischen Möbelhaus fahren, um wenigstens ein paar neue Regale, Tische, Hocker und was ihm sonst noch passend und benötigt erschien, zu besorgen. Dann würden sie zwar niemals pünktlich um 10:30 Uhr° öffnen können, aber andererseits… Etwas anderes oder gar besseres wollte ihm bei diesem Anblick einfach nicht einfallen. Wie sollte es auch?! Die Regalböden waren von ihren Halterungen an den Wänden heruntergerissen, sämtliche Tische, Beistelltischchen und Hocker umgestoßen, Vasen, Nippes und sonstiges Zubehör für prächtige Zimmerpflanzen lag überall herum, alles davon, was zerbrechlich war, schien zu Scherben und Splittern zersprungen zu sein und an allen Ecken und Enden standen Wasserlachen. Blumen lagen in ihren geborstenen Töpfen – selbst zwei Wedel der großen Zimmerpalme waren abgerissen! – die Erde verteilte sich in feuchten Bröckchen um sie herum. Das kleine weißlackierte Metallregal hing halb auf der Treppe und er konnte sich beim besten Willen nicht erklären, wie es dorthin gekommen war! Normalerweise stand es nämlich am anderen Ende des Ladens, und als ob das allen noch nicht chaotisch genug wäre, lagen Ken und dieser Neue von gestern Nacht, der den Namen Aya gemurmelt hatte, als er ihn mit dem Schuh angestoßen hatte, mit einem knappen Meter Abstand augenscheinlich bewusstlos mittendrin. Sprach- und auch ein wenig fassungslos schüttelte er den Kopf. Kens bisweilen überschäumendes Temperament kannte er ja, das war auszuhalten, aber wie um alles in der Welt sollte Weiß mit gleich zwei solchen Hitzköpfen zurechtkommen?! Das war doch von vorneherein zum Scheitern verurteilt!
Resigniert strich er sich mit der einen Hand übers Haar, während er mit der anderen instinktiv die Zigarettenpackung aus der Hosentasche zog. Dass hier drinnen eigentlich nicht geraucht werden sollte, würde in Anbetracht der herrschenden Umstände kaum nennenswert ins Gewicht fallen. Einmal ganz davon abgesehen, dass ihm hier wohl wenigstens die Dauer einer Zigarette in Anspruch nehmen durfte, um andere Optionen als die erste, die ihm in den Sinn gekommen war, zu überlegen und gegebenenfalls in Erwägung zu ziehen. Vielleicht würde Ken oder der Neue in der Zwischenzeit auch zu sich kommen. Das wäre natürlich ideal! Dann konnte derjenige oder besser noch konnten beide direkt mit dem Aufräumen beginnen. Eine solche Nachtschicht hätten sie sich redlich verdient und die Arbeit würde vielleicht ihre Gemüter etwas abkühlen.
Langsam durchquerte er den Raum, sorgsam darauf bedacht, nicht in irgendwelche Pfützen oder auf matschige Blumenerde zu treten, und setzte sich schließlich auf der anderen Seite des Raumes auf die unterste Treppenstufe, wobei er versehentlich das weißlackierte Metallregal anstieß, das scheppernd zu Boden ging. Yohji quittierte es mit einem Seufzen. Der unbeabsichtigte Krach hätte eigentlich Tote aufwecken müssen, doch weder Ken noch der Neue rührten sich auch nur einen Zentimeter. Es war zum Haare raufen! Die Zigarette fand den Weg zwischen seine Lippen wie von selbst, auch das Feuerzeug tat das im Anschluss und als er kurz darauf den ersten Zug nahm, fühlte er sich beinahe etwas erleichtert. Vielleicht würde der Rauchgeruch ja einen der beiden wecken. Vielleicht. Vielleicht auch nicht, aber wenigstens den unbeabsichtigten Versuch war es wert. Zu verlieren gab es in dieser Hinsicht schließlich nichts. Im Grunde genommen konnte er selbst die Asche ohne schlechtes Gewissen auf den Boden schnippen, denn zwischen der Blumenerde würden die Krümel gar nicht auffallen. Für einen Moment saß er nur da und rauchte, musterte das Chaos und die beiden Männer am Boden, kam jedoch zu keinem anderen Schluss als dem, den er zu Beginn schon gehabt hatte. Erst Schritte auf der Treppe hinter ihm ließen ihn den Blick von der Szenerie abwenden. Omi blieb zwei Stufen über ihm stehen.
„Gut, dass du wieder zurück bist.“
Yohji schnaubte. „Was soll daran denn gut sein?“ Mit der Zigarette in der Hand wies er auf den verwüsteten Verkaufsraum. „Und warum bist du überhaupt noch auf, Kleiner?“
„Nenn mich nicht so!“
„Ja, ja…“ Er wandte sich wieder um und Omi den Rücken zu, zog an seiner Zigarette. „Was ist hier passiert?“
Omi atmete hörbar aus. Es war kein richtiges Seufzen und auch kein Ächzen oder Stöhnen. „Eigentlich wollten wir gerade schließen, aber dann…“ Er kam die zwei Stufen bis zu ihm herunter und setzte sich neben ihn. „Birman ist noch vorbeigekommen und sie hat ihn mitgebracht.“ Ein Fingerzeig auf den Neuen. „Tja und dann…“ Schulterzucken. „Du weißt ja, wie Ken ist.“ Es klang fast entschuldigend.
Er bejahte, ergänzte murmelnd: „Und vermutlich wird sich das auch nicht ändern…“
„Jedenfalls sind hier richtig die Fetzen geflogen“, fuhr Omi fort. „Birman hat die Videokassette mit dem neuen Auftrag auf den Tresen gelegt und ist gegangen und ich hab mich mit der Kassette dann auch verdrückt.“
„Hätte eh keinen Sinn gehabt, zu versuchen, die beiden Streithähne zu trennen.“ Es war eine reine Feststellung, denn so wie es hier aussah, wäre jede Frage auch unnötig gewesen. „Aber wenigstens scheint der Neue auch austeilen zu können, nur wie’s mit dem Einstecken aussieht…“
„Noch hat er nicht zugestimmt“, wandte Omi leise ein.
Yohji gluckste amüsiert. „Er ist hergekommen. Das ist schon Eingeständnis und Zustimmung genug, findest du nicht?“
Omi brummelte etwas unverständliches, schien zumindest nicht ganz einer Meinung mit ihm zu sein, doch das war nicht weiter wichtig. Wer hierher kam, hatte einen guten Grund dafür. Niemand tat sich das freiwillig an, wenn er nicht musste. Wer herkam, hatte keine andere Wahl mehr, aus welchem Grund auch immer. Er zog ein letztes Mal an der Zigarette und schnippte den Stummel in die nächste Wasserlache.
„Was ist mit dem Auftrag?“
„Keine große Sache. Wir könnten ihn sofort erledigen.“
„Bist du mit der Planung etwa schon fertig?“
„M-hm.“
Eigentlich wollte er doch nichts lieber als endlich schlafen zu gehen! Yohji atmete ein paar Mal bewusst tief ein und aus. Fakt war, dass er eh nicht richtig würde schlafen können, solange es hier unten so aussah wie es das tat. Da konnten sie den Auftrag genauso gut in dieser Nacht abarbeiten. Die Frage war nur, ob er dabei sein wollte. Das immerhin überließ Perser in der Regel ihnen. „Worum genau geht’s?“
„Perser hat uns die Koordinaten eines Anwesens übermittelt. Die Bewohner sind im Urlaub, wir sollen da unbemerkt einsteigen, im Keller einen versteckten Tresor ausfindig machen und sämtliche Datenträger daraus mitnehmen. Ich wette, es sind Beweismittel!“
„Ich wette, die Einbrecher waren wohl alle ausgebucht.“
„Oder man betraut gewöhnliche Einbrecher einfach nicht damit, Beweismittel für einen Mädchenhändlerring zu beschaffen.“
„Woher weißt du das denn schon wieder?“
„Ich hab mir das Video angesehen.“
„Ja, was auch sonst…“, murmelte er missmutig. Das hätte er sich eigentlich selbst denken können, aber…
Omi zuckte mit den Schultern. „Also wollen wir den Auftrag gleich erledigen? Bist du dabei?“
„Ja, ich bin dabei, aber…“ Er nickte in Richtung Ken. „Was machen wir den beiden Streithähnen?“
„Liegenlassen?“
„Hm…“ Ganz wohl war ihm dabei nicht, andererseits… „Ken auf jeden Fall“, beschloss er. „Aber den Neuen besser nicht, sonst prügeln die sich am Ende gleich weiter, wenn sie wieder aufwachen.“
„Naja, viel kaputt machen können sie dabei ja nicht mehr.“
„Das nicht, aber sie müssen das, was noch zu gebrauchen ist, ja nicht auch noch zerschlagen“, wandte er ein, „also schaffen wir den Neuen hier lieber mal raus.“
„Und wo willst du ihn hinschaffen? Das Wohnzimmer steht immer noch ohne Möbel da und wenn wir ihn dort lassen und Ken und er sich dort begegnen, dann-“
„Mal doch den Teufel nicht gleich an die Wand!“, unterbrach er Omi mit einem Anflug von Unmut. „Soll er sich meinetwegen in meinem Bett ausschlafen. Ich werd’s heute Nacht eh nicht brauchen, wenn wir den Auftrag gleich ausführen. Was soll’s also?“
„Dann bring du ihn mal nach oben und ich werde in der Zwischenzeit alles zusammenpacken, was wir brauchen.“
Omi sprang regelrecht auf und stürmte die Treppe hinauf, war oben angekommen und im Flur verschwunden, bevor er überhaupt protestieren konnte. Raffinierter Bengel, schoss es ihm durch den Kopf.
„Wir treffen uns in ’ner halben Stunde bei deinem Wagen!“, hörte er ihn noch rufen, dann herrschte Stille.
Yohji seufzte missmutig. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Omi jetzt allerdings nachzulaufen, das kam selbstverständlich nicht in Frage! Er würde die Angelegenheit oder besser wortwörtlich den Neuen schon irgendwie gewuppt kriegen. Langsam stand er auf und streckte sich. Ein paar Wirbel knackten vernehmlich, er ignorierte es und ging zu dem Neuen hinüber. Als er sich bückte, um sich zuerst einen Arm des jungen Mannes um die Schultern zu legen, murmelte dieser wieder einmal den Namen Aya. Fast so als sei es sein persönliches Mantra und vielleicht, vielleicht würden sie einander verstehen, vielleicht teilten sie dieselbe Erfahrung von Verlust. Zumindest einen Hauch von Hoffnung darauf ließ das Murmeln in ihm aufkeimen.
Es kostete ihn einiges an Kraft, den anderen hochzuziehen, doch damit allein war es nicht getan. Sein Zimmer befand sich, wie alle anderen auch, im Obergeschoss und der einzige Weg nach oben führte über die Treppe. Den Neuen also mit dem Rautek-Handgriff einfach dorthin zu ziehen, würde nicht funktionieren. An den Stufen würde er hängenbleiben und hier im Laden vermutlich auch noch an Ken, denn der hatte es nicht lassen können, quasi mitten in den Weg zu fallen. Er hatte keine andere Wahl, als den Neuen auf den Arm zu nehmen, wie das in den westlichen Kulturkreisen der Bräutigam mit der Braut machte, auch wenn ihm das ein wenig widerstrebte. Aber Omi würde es nicht sehen, solange er sich nur ein wenig beeilte, denn der Jüngere würde im Keller wenigstens zwanzig Minuten brauchen, das war in der Regel immer so, und er musste es so ja auch nur die Treppe hinauf schaffen, danach würde der Rautek-Handgriff für alles weitere ausreichen.
Schweißgebadet und schwer atmend kam er einige Minuten später oben an. Der Neue war merklich schwerer als er aussah, das stand seiner Meinung nach nun völlig außer Frage. Es gelang ihm nur mit Mühe, ihn nicht einfach auf den Boden plumpsen zu lassen und nachdem er ihn halbwegs sanft auf dem Teppich abgelegt hatte, lehnte er sich erst einmal gegen die Wand des Treppenhauses und zündete sich eine weitere Zigarette an. So viel Zeit musste sein. Bis zu seinem Zimmer waren es von hier ja nur ein paar Meter. Das würde schneller gehen. Nach den ersten zwei Zügen schlenderte er zu seiner Zimmertür, öffnete sie, machte Licht, nahm noch einen dritten Zug von der Zigarette und begann dann rasch, sich umzuziehen. Das wollte er nur ungern tun, während der Neue schon auf seinem Bett lag, immerhin war unklar, wann er aufwachen würde! Ihn dann zuerst in Boxerbriefs zu sehen, das war nicht gerade das, was er als erstrebenswert ansah. Immerhin war er Privatdetektiv gewesen und keiner der Chippendales!
Der Neue lag unverändert auf dem Flur, als er zurückkam. Kopfschüttelnd betrachtete er ihn, dann öffnete er die Kellertür und rief nach unten: „Wie weit bist du?“
„Fünf Minuten!“ Omis Antwort kam prompt.
„Alles klar!“
Er schloss die Tür, ging zu dem Neuen weiter und bei ihm in die Hocke, richtete seinen Oberkörper auf, fasste unter seinen Armen hindurch, hielt mit beiden Händen den rechten Unterarm des anderen vor dessen Brust fest, stand so bestmöglich auf und begann, langsam rückwärts zu gehen und den Mann mitzuziehen.
Das war weniger beschwerlich als der vorangegangene Akt. Etwas schwieriger war es dann wieder, ihn auf sein Bett zu wuchten. Ein Boxspringbett wohlgemerkt, sodass er wenigstens nicht darauf achten musste, ihn nicht versehentlich hart am Bettgestell anzustoßen. Dann zog er ihm Schuhe und Mantel aus und deckte ihn zu. Warum auch immer… Er hatte ziemlich einstecken müssen. Wenn er wieder wach war, würden Lippe und Jochbein sich zweifellos lädiert anfühlen. Yohji seufzte. Ken konnte sich selbst um sich kümmern, aber der Neue wusste logischerweise nicht, wo sie den Verbandskasten aufbewahrten, also würde er ihn wohl oder übel besser ein wenig verarzten, bevor sie aufbrachen.
Als er sich mit dem Verbandskasten neben den Neuen auf die Matratze setzte, murmelte er wieder:
„Aya…“
Er schüttelte den Kopf. An was auch immer der andere dachte oder was auch immer er in einem möglichen Traum durchlebte, es schien um dieses Mädchen zu kreisen und das wohl unablässig. Etwas, das er von sich selbst nur zu gut kannte und das konnte er vor sich selbst nicht leugnen, ganz gleich wie sehr er es wollte.
Viel konnte er nicht tun, eigentlich nicht mehr als die aufgeschlagenen oder aufgeschürften Stellen an Lippe und Mundwinkel und am Jochbein zu desinfizieren und Pflaster aufzukleben. Das war immer noch besser als wenn Fussel vom Bettzeug hineingerieten und dann an Blut und Wundflüssigkeit festklebten oder im Schorf festhingen. So etwas musste ja nicht sein, das war nicht gut und überhaupt! Es brach ihm keinen Zacken aus der Krone, wenn er sich ein wenig um den Neuen kümmerte, denn der schien es durchaus nötig zu haben, dass sich jemand mal ein wenig um sein Wohlergehen kümmerte. Er selbst schien ja eher einen selbstzerstörerischen Weg eingeschlagen zu haben. Das hatte er mit seinem Verhalten in der vergangenen Nacht nur zu deutlich gezeigt, hatte sich so sehr gewehrt, dass -
„Yohji?“
Irritiert schreckte er auf. „Ja?“ Eilig klappte er den Verbandkasten zu.
Auf dem Flur waren Schritte zu hören, Omi blieb an der noch immer offenstehenden Zimmertür stehen. „Wo bleibst du denn?!“
„Tschuldige“, murmelte er, nahm den Verbandkasten und stand auf. „Dachte, ich sorge eben schnell dafür, dass er morgen Früh nicht ganz wie ’n Preisboxer aussieht. Wenn er hierbleibt, kann er gleich mithelfen, den Laden wieder auf Vordermann zu bringen, am besten zusammen mit Ken. Ich sehe ja gar nicht ein, dass du und ich das machen müssen. Wir haben’s schließlich nicht verbockt.“
Omi nickte. „Find ich gut, und ich muss ja außerdem eh zur Schule. Ich hätte gar keine Zeit.“
„Stimmt.“ Er trat zu ihm auf den Flur hinaus und zog die Tür hinter sich zu. „Ich stelle den Verbandkasten eben noch schnell zurück, dann können wir los.“
* Zitat aus: Kyoko Tsuchiya: Weißkreuz „An Assassin and White Shaman“ Vol. 1, 2. Auflage, 1998. S. 108.
° Nachzulesen (und dann selbst auszurechnen) in: Kyoko Tsuchiya: Weißkreuz „An Assassin and White Shaman“ Vol. 2, 1. Auflage, 1998. S. 30.
Kurzbeschreibung: Er traute seinen Augen kaum. Der Laden lag in Schutt und Asche. Asche nur im übertragenen Sinne, Scherben, Pfützen, Blumenerde und leidende Pflanzen beschrieben die Szenerie erheblich genauer, und mittendrin lagen Ken und… [Yohji Kudo, Omi Tsukiyono, Ran/Aya Fujimiya; mentions of: Ken Hidaka, Birman]
A/N: Der nachfolgende Oneshot basiert auf der in Weiß Kreuz An Assassin and White Shaman Vol. 1 & 2 dargestellten Prügeleiszene zwischen Ken und Aya. Für all diejenigen, die die beiden Bände gerade nicht zur Hand haben, noch einmal eine sehr kurze Zusammenfassung: Aya ist Birmans Einladung gefolgt, hat das Koneko aufgesucht und wird dort von Ken mit einem Faustschlag begrüßt. Selbstverständlich kann Aya das nicht auf sich sitzen lassen und die Lage eskaliert ein ganz klein wenig.
Wir beginnen hier direkt am Ende von Vol. 1, nachdem Yohji aufgefallen ist, dass noch Licht brennt und er den Laden betreten hat.
Keine gute Nachtgeschichte
Oha.*
Wo er sich im ersten Augenblick noch amüsiert die Sonnenbrille mit dem Mittelfinger zurechtgerückt hatte, machte sich im zweiten ein ganz anderes Gefühl breit. Er hatte das Rollo hinter sich rasch wieder heruntergelassen und abgeschlossen. Kein Außenstehender musste das Chaos zu Gesicht bekommen, das hier drinnen herrschte. Das würde nur für Gerüchte und unnötiges, absolut vermeidbares Aufsehen sorgen und ihnen so unterm Strich noch mehr Ärger und Unannehmlichkeiten bereiten als gut sein konnte.
Yohji schnaufte vernehmlich und ließ den Blick über das schweifen, was vorhin noch ein ordentlicher Blumenladen mit ansehnlichem Sortiment gewesen war. Jetzt wirkten Einrichtung und Sortiment eher schrottreif. Vielleicht wäre es ratsam, er würde einfach jetzt schon einen Sperrmüllcontainer und neue Blumen bestellen, dann aufräumen, morgen ganz früh aufstehen – sofern es sich überhaupt noch lohnen würde, zu Bett zu gehen, wenn er mit dem Aufräumen fertig war – und zu diesem schwedischen Möbelhaus fahren, um wenigstens ein paar neue Regale, Tische, Hocker und was ihm sonst noch passend und benötigt erschien, zu besorgen. Dann würden sie zwar niemals pünktlich um 10:30 Uhr° öffnen können, aber andererseits… Etwas anderes oder gar besseres wollte ihm bei diesem Anblick einfach nicht einfallen. Wie sollte es auch?! Die Regalböden waren von ihren Halterungen an den Wänden heruntergerissen, sämtliche Tische, Beistelltischchen und Hocker umgestoßen, Vasen, Nippes und sonstiges Zubehör für prächtige Zimmerpflanzen lag überall herum, alles davon, was zerbrechlich war, schien zu Scherben und Splittern zersprungen zu sein und an allen Ecken und Enden standen Wasserlachen. Blumen lagen in ihren geborstenen Töpfen – selbst zwei Wedel der großen Zimmerpalme waren abgerissen! – die Erde verteilte sich in feuchten Bröckchen um sie herum. Das kleine weißlackierte Metallregal hing halb auf der Treppe und er konnte sich beim besten Willen nicht erklären, wie es dorthin gekommen war! Normalerweise stand es nämlich am anderen Ende des Ladens, und als ob das allen noch nicht chaotisch genug wäre, lagen Ken und dieser Neue von gestern Nacht, der den Namen Aya gemurmelt hatte, als er ihn mit dem Schuh angestoßen hatte, mit einem knappen Meter Abstand augenscheinlich bewusstlos mittendrin. Sprach- und auch ein wenig fassungslos schüttelte er den Kopf. Kens bisweilen überschäumendes Temperament kannte er ja, das war auszuhalten, aber wie um alles in der Welt sollte Weiß mit gleich zwei solchen Hitzköpfen zurechtkommen?! Das war doch von vorneherein zum Scheitern verurteilt!
Resigniert strich er sich mit der einen Hand übers Haar, während er mit der anderen instinktiv die Zigarettenpackung aus der Hosentasche zog. Dass hier drinnen eigentlich nicht geraucht werden sollte, würde in Anbetracht der herrschenden Umstände kaum nennenswert ins Gewicht fallen. Einmal ganz davon abgesehen, dass ihm hier wohl wenigstens die Dauer einer Zigarette in Anspruch nehmen durfte, um andere Optionen als die erste, die ihm in den Sinn gekommen war, zu überlegen und gegebenenfalls in Erwägung zu ziehen. Vielleicht würde Ken oder der Neue in der Zwischenzeit auch zu sich kommen. Das wäre natürlich ideal! Dann konnte derjenige oder besser noch konnten beide direkt mit dem Aufräumen beginnen. Eine solche Nachtschicht hätten sie sich redlich verdient und die Arbeit würde vielleicht ihre Gemüter etwas abkühlen.
Langsam durchquerte er den Raum, sorgsam darauf bedacht, nicht in irgendwelche Pfützen oder auf matschige Blumenerde zu treten, und setzte sich schließlich auf der anderen Seite des Raumes auf die unterste Treppenstufe, wobei er versehentlich das weißlackierte Metallregal anstieß, das scheppernd zu Boden ging. Yohji quittierte es mit einem Seufzen. Der unbeabsichtigte Krach hätte eigentlich Tote aufwecken müssen, doch weder Ken noch der Neue rührten sich auch nur einen Zentimeter. Es war zum Haare raufen! Die Zigarette fand den Weg zwischen seine Lippen wie von selbst, auch das Feuerzeug tat das im Anschluss und als er kurz darauf den ersten Zug nahm, fühlte er sich beinahe etwas erleichtert. Vielleicht würde der Rauchgeruch ja einen der beiden wecken. Vielleicht. Vielleicht auch nicht, aber wenigstens den unbeabsichtigten Versuch war es wert. Zu verlieren gab es in dieser Hinsicht schließlich nichts. Im Grunde genommen konnte er selbst die Asche ohne schlechtes Gewissen auf den Boden schnippen, denn zwischen der Blumenerde würden die Krümel gar nicht auffallen. Für einen Moment saß er nur da und rauchte, musterte das Chaos und die beiden Männer am Boden, kam jedoch zu keinem anderen Schluss als dem, den er zu Beginn schon gehabt hatte. Erst Schritte auf der Treppe hinter ihm ließen ihn den Blick von der Szenerie abwenden. Omi blieb zwei Stufen über ihm stehen.
„Gut, dass du wieder zurück bist.“
Yohji schnaubte. „Was soll daran denn gut sein?“ Mit der Zigarette in der Hand wies er auf den verwüsteten Verkaufsraum. „Und warum bist du überhaupt noch auf, Kleiner?“
„Nenn mich nicht so!“
„Ja, ja…“ Er wandte sich wieder um und Omi den Rücken zu, zog an seiner Zigarette. „Was ist hier passiert?“
Omi atmete hörbar aus. Es war kein richtiges Seufzen und auch kein Ächzen oder Stöhnen. „Eigentlich wollten wir gerade schließen, aber dann…“ Er kam die zwei Stufen bis zu ihm herunter und setzte sich neben ihn. „Birman ist noch vorbeigekommen und sie hat ihn mitgebracht.“ Ein Fingerzeig auf den Neuen. „Tja und dann…“ Schulterzucken. „Du weißt ja, wie Ken ist.“ Es klang fast entschuldigend.
Er bejahte, ergänzte murmelnd: „Und vermutlich wird sich das auch nicht ändern…“
„Jedenfalls sind hier richtig die Fetzen geflogen“, fuhr Omi fort. „Birman hat die Videokassette mit dem neuen Auftrag auf den Tresen gelegt und ist gegangen und ich hab mich mit der Kassette dann auch verdrückt.“
„Hätte eh keinen Sinn gehabt, zu versuchen, die beiden Streithähne zu trennen.“ Es war eine reine Feststellung, denn so wie es hier aussah, wäre jede Frage auch unnötig gewesen. „Aber wenigstens scheint der Neue auch austeilen zu können, nur wie’s mit dem Einstecken aussieht…“
„Noch hat er nicht zugestimmt“, wandte Omi leise ein.
Yohji gluckste amüsiert. „Er ist hergekommen. Das ist schon Eingeständnis und Zustimmung genug, findest du nicht?“
Omi brummelte etwas unverständliches, schien zumindest nicht ganz einer Meinung mit ihm zu sein, doch das war nicht weiter wichtig. Wer hierher kam, hatte einen guten Grund dafür. Niemand tat sich das freiwillig an, wenn er nicht musste. Wer herkam, hatte keine andere Wahl mehr, aus welchem Grund auch immer. Er zog ein letztes Mal an der Zigarette und schnippte den Stummel in die nächste Wasserlache.
„Was ist mit dem Auftrag?“
„Keine große Sache. Wir könnten ihn sofort erledigen.“
„Bist du mit der Planung etwa schon fertig?“
„M-hm.“
Eigentlich wollte er doch nichts lieber als endlich schlafen zu gehen! Yohji atmete ein paar Mal bewusst tief ein und aus. Fakt war, dass er eh nicht richtig würde schlafen können, solange es hier unten so aussah wie es das tat. Da konnten sie den Auftrag genauso gut in dieser Nacht abarbeiten. Die Frage war nur, ob er dabei sein wollte. Das immerhin überließ Perser in der Regel ihnen. „Worum genau geht’s?“
„Perser hat uns die Koordinaten eines Anwesens übermittelt. Die Bewohner sind im Urlaub, wir sollen da unbemerkt einsteigen, im Keller einen versteckten Tresor ausfindig machen und sämtliche Datenträger daraus mitnehmen. Ich wette, es sind Beweismittel!“
„Ich wette, die Einbrecher waren wohl alle ausgebucht.“
„Oder man betraut gewöhnliche Einbrecher einfach nicht damit, Beweismittel für einen Mädchenhändlerring zu beschaffen.“
„Woher weißt du das denn schon wieder?“
„Ich hab mir das Video angesehen.“
„Ja, was auch sonst…“, murmelte er missmutig. Das hätte er sich eigentlich selbst denken können, aber…
Omi zuckte mit den Schultern. „Also wollen wir den Auftrag gleich erledigen? Bist du dabei?“
„Ja, ich bin dabei, aber…“ Er nickte in Richtung Ken. „Was machen wir den beiden Streithähnen?“
„Liegenlassen?“
„Hm…“ Ganz wohl war ihm dabei nicht, andererseits… „Ken auf jeden Fall“, beschloss er. „Aber den Neuen besser nicht, sonst prügeln die sich am Ende gleich weiter, wenn sie wieder aufwachen.“
„Naja, viel kaputt machen können sie dabei ja nicht mehr.“
„Das nicht, aber sie müssen das, was noch zu gebrauchen ist, ja nicht auch noch zerschlagen“, wandte er ein, „also schaffen wir den Neuen hier lieber mal raus.“
„Und wo willst du ihn hinschaffen? Das Wohnzimmer steht immer noch ohne Möbel da und wenn wir ihn dort lassen und Ken und er sich dort begegnen, dann-“
„Mal doch den Teufel nicht gleich an die Wand!“, unterbrach er Omi mit einem Anflug von Unmut. „Soll er sich meinetwegen in meinem Bett ausschlafen. Ich werd’s heute Nacht eh nicht brauchen, wenn wir den Auftrag gleich ausführen. Was soll’s also?“
„Dann bring du ihn mal nach oben und ich werde in der Zwischenzeit alles zusammenpacken, was wir brauchen.“
Omi sprang regelrecht auf und stürmte die Treppe hinauf, war oben angekommen und im Flur verschwunden, bevor er überhaupt protestieren konnte. Raffinierter Bengel, schoss es ihm durch den Kopf.
„Wir treffen uns in ’ner halben Stunde bei deinem Wagen!“, hörte er ihn noch rufen, dann herrschte Stille.
Yohji seufzte missmutig. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Omi jetzt allerdings nachzulaufen, das kam selbstverständlich nicht in Frage! Er würde die Angelegenheit oder besser wortwörtlich den Neuen schon irgendwie gewuppt kriegen. Langsam stand er auf und streckte sich. Ein paar Wirbel knackten vernehmlich, er ignorierte es und ging zu dem Neuen hinüber. Als er sich bückte, um sich zuerst einen Arm des jungen Mannes um die Schultern zu legen, murmelte dieser wieder einmal den Namen Aya. Fast so als sei es sein persönliches Mantra und vielleicht, vielleicht würden sie einander verstehen, vielleicht teilten sie dieselbe Erfahrung von Verlust. Zumindest einen Hauch von Hoffnung darauf ließ das Murmeln in ihm aufkeimen.
Es kostete ihn einiges an Kraft, den anderen hochzuziehen, doch damit allein war es nicht getan. Sein Zimmer befand sich, wie alle anderen auch, im Obergeschoss und der einzige Weg nach oben führte über die Treppe. Den Neuen also mit dem Rautek-Handgriff einfach dorthin zu ziehen, würde nicht funktionieren. An den Stufen würde er hängenbleiben und hier im Laden vermutlich auch noch an Ken, denn der hatte es nicht lassen können, quasi mitten in den Weg zu fallen. Er hatte keine andere Wahl, als den Neuen auf den Arm zu nehmen, wie das in den westlichen Kulturkreisen der Bräutigam mit der Braut machte, auch wenn ihm das ein wenig widerstrebte. Aber Omi würde es nicht sehen, solange er sich nur ein wenig beeilte, denn der Jüngere würde im Keller wenigstens zwanzig Minuten brauchen, das war in der Regel immer so, und er musste es so ja auch nur die Treppe hinauf schaffen, danach würde der Rautek-Handgriff für alles weitere ausreichen.
Schweißgebadet und schwer atmend kam er einige Minuten später oben an. Der Neue war merklich schwerer als er aussah, das stand seiner Meinung nach nun völlig außer Frage. Es gelang ihm nur mit Mühe, ihn nicht einfach auf den Boden plumpsen zu lassen und nachdem er ihn halbwegs sanft auf dem Teppich abgelegt hatte, lehnte er sich erst einmal gegen die Wand des Treppenhauses und zündete sich eine weitere Zigarette an. So viel Zeit musste sein. Bis zu seinem Zimmer waren es von hier ja nur ein paar Meter. Das würde schneller gehen. Nach den ersten zwei Zügen schlenderte er zu seiner Zimmertür, öffnete sie, machte Licht, nahm noch einen dritten Zug von der Zigarette und begann dann rasch, sich umzuziehen. Das wollte er nur ungern tun, während der Neue schon auf seinem Bett lag, immerhin war unklar, wann er aufwachen würde! Ihn dann zuerst in Boxerbriefs zu sehen, das war nicht gerade das, was er als erstrebenswert ansah. Immerhin war er Privatdetektiv gewesen und keiner der Chippendales!
Der Neue lag unverändert auf dem Flur, als er zurückkam. Kopfschüttelnd betrachtete er ihn, dann öffnete er die Kellertür und rief nach unten: „Wie weit bist du?“
„Fünf Minuten!“ Omis Antwort kam prompt.
„Alles klar!“
Er schloss die Tür, ging zu dem Neuen weiter und bei ihm in die Hocke, richtete seinen Oberkörper auf, fasste unter seinen Armen hindurch, hielt mit beiden Händen den rechten Unterarm des anderen vor dessen Brust fest, stand so bestmöglich auf und begann, langsam rückwärts zu gehen und den Mann mitzuziehen.
Das war weniger beschwerlich als der vorangegangene Akt. Etwas schwieriger war es dann wieder, ihn auf sein Bett zu wuchten. Ein Boxspringbett wohlgemerkt, sodass er wenigstens nicht darauf achten musste, ihn nicht versehentlich hart am Bettgestell anzustoßen. Dann zog er ihm Schuhe und Mantel aus und deckte ihn zu. Warum auch immer… Er hatte ziemlich einstecken müssen. Wenn er wieder wach war, würden Lippe und Jochbein sich zweifellos lädiert anfühlen. Yohji seufzte. Ken konnte sich selbst um sich kümmern, aber der Neue wusste logischerweise nicht, wo sie den Verbandskasten aufbewahrten, also würde er ihn wohl oder übel besser ein wenig verarzten, bevor sie aufbrachen.
Als er sich mit dem Verbandskasten neben den Neuen auf die Matratze setzte, murmelte er wieder:
„Aya…“
Er schüttelte den Kopf. An was auch immer der andere dachte oder was auch immer er in einem möglichen Traum durchlebte, es schien um dieses Mädchen zu kreisen und das wohl unablässig. Etwas, das er von sich selbst nur zu gut kannte und das konnte er vor sich selbst nicht leugnen, ganz gleich wie sehr er es wollte.
Viel konnte er nicht tun, eigentlich nicht mehr als die aufgeschlagenen oder aufgeschürften Stellen an Lippe und Mundwinkel und am Jochbein zu desinfizieren und Pflaster aufzukleben. Das war immer noch besser als wenn Fussel vom Bettzeug hineingerieten und dann an Blut und Wundflüssigkeit festklebten oder im Schorf festhingen. So etwas musste ja nicht sein, das war nicht gut und überhaupt! Es brach ihm keinen Zacken aus der Krone, wenn er sich ein wenig um den Neuen kümmerte, denn der schien es durchaus nötig zu haben, dass sich jemand mal ein wenig um sein Wohlergehen kümmerte. Er selbst schien ja eher einen selbstzerstörerischen Weg eingeschlagen zu haben. Das hatte er mit seinem Verhalten in der vergangenen Nacht nur zu deutlich gezeigt, hatte sich so sehr gewehrt, dass -
„Yohji?“
Irritiert schreckte er auf. „Ja?“ Eilig klappte er den Verbandkasten zu.
Auf dem Flur waren Schritte zu hören, Omi blieb an der noch immer offenstehenden Zimmertür stehen. „Wo bleibst du denn?!“
„Tschuldige“, murmelte er, nahm den Verbandkasten und stand auf. „Dachte, ich sorge eben schnell dafür, dass er morgen Früh nicht ganz wie ’n Preisboxer aussieht. Wenn er hierbleibt, kann er gleich mithelfen, den Laden wieder auf Vordermann zu bringen, am besten zusammen mit Ken. Ich sehe ja gar nicht ein, dass du und ich das machen müssen. Wir haben’s schließlich nicht verbockt.“
Omi nickte. „Find ich gut, und ich muss ja außerdem eh zur Schule. Ich hätte gar keine Zeit.“
„Stimmt.“ Er trat zu ihm auf den Flur hinaus und zog die Tür hinter sich zu. „Ich stelle den Verbandkasten eben noch schnell zurück, dann können wir los.“
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* Zitat aus: Kyoko Tsuchiya: Weißkreuz „An Assassin and White Shaman“ Vol. 1, 2. Auflage, 1998. S. 108.
° Nachzulesen (und dann selbst auszurechnen) in: Kyoko Tsuchiya: Weißkreuz „An Assassin and White Shaman“ Vol. 2, 1. Auflage, 1998. S. 30.