Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Alea Aquarius Story

Kurzbeschreibung
OneshotFreundschaft, Schmerz/Trost / P12 / Gen
Benjamin "Ben Libra" Walendy OC (Own Character) Samuel "Sammy Draco" Walendy
13.11.2021
13.11.2021
1
2.948
3
Alle Kapitel
4 Reviews
Dieses Kapitel
3 Reviews
 
 
 
13.11.2021 2.948
 
Alea Aquarius Story





Vorwort der Autorin: Ich glaube, dass es eine der ersten Alea Aquarius Fanfictions hier ist, würde mich daher riesig über ein paar Leser freuen, die sich vielleicht sogar mit einem Review melden.
LG, Leseratte-Nordsee

Ich kam von der Schule und schloss auf. Es war Sommerferienanfang, aber ich hatte keine gute Laune. Ich fürchtete mich. Fürchtete mich davor, dass mein Vater wieder getrunken hatte. Dass mein älterer Bruder Sam, wieder auf Drogen war. Mein einziger Hoffnungsschimmer war mein Zwillingsbruder Kai. Er war der einzig vernünftige in dieser Familie. Meine Mutter starb bei der Geburt von Kai und mir. Kai kam mit Sam und Vater klar, er machte seit dem Kindergarten Karate und Judo. Ich war im Schwimmteam. Ich konnte mich aber nicht verteidigen, deswegen war ich immer das Opfer von Sam und Vater, wenn sie mal wieder zugedröhnt waren. Was ungefähr alle paar Tage der Fall war. Ich lebte in ständiger Furcht vor ihnen. Kai und ich erledigten im Prinzip den gesamten Haushalt. Er hatte einen kleinen Job als Verkäufer im Supermarkt, deswegen war er leider kaum zu Hause. Ich machte im Gegenzug Einkauf und Haushalt. Sam und Vater waren nie zu irgendwas Nutze, wenn sie zu Hause waren.

Ich trat in die Diele und zog Jacke und Schuhe aus. Ich hörte sofort, dass Sam da war, denn es lief irgendeine dumpfbackige Sendung im Fernsehen. Sam hatte hellbraunes Haar und blaue Augen, aber ein brutales Gesicht. Vater war noch auf seiner Arbeit als Mechaniker. Zumindest musste ich mich nur mit einem von beiden herumschlagen. In der Hoffnung, dass er mich ignorierte, schlich ich in Richtung Treppe. Aber ein solches Glück hatte ich nicht. Er kam aus dem Wohnzimmer getorkelt, bis oben hin benebelt mit irgendwelchem Zeugs. Er redete gleich aggressiv los: „Da bist du ja endlich, Kleine. Ich hab auf dich gewartet. Ich hab Hunger. Mach mir was zu essen!“ In mir stieg Wut hoch. Ich schrie ihn an: „Dein verdammtes Sandwich kannst du dir selber machen! Ich bin kein Hausmädchen!“ Er schrie zurück: „Mach mir was zu essen oder es setzt was!“ Er hob zur Untermalung seiner Worte drohend die Faust. Aber das interessierte mich nicht. All die Angst der vergangenen Jahre schlug im grenzenlose Wut um. „Weißt du was? Du kannst mich mal. Mach dir dein bescheuertes Essen selber! Ich mache seit Jahren den verdammten gesamten Haushalt! Ich wasche, putze, koche. Und was ist Dank dafür? Ich bekomme eine Tracht Prügel! Mal dran gedacht, dass ich auch noch die Schule meistern muss? Nein! Sobald ich schlechte Noten bekomme, die EUCH verschuldet sind, bekomme ich von euch Prügel! Es kotzt mich an! Mir reichts. Ich gehe! Mal sehen, wie gut ihr dann zurechtkommt!“ Vor Wut bebend wollte ich mich umdrehen, um aus der Tür zu stürmen, aber ich blickte direkt in das wutverzerrte Gesicht meines Vaters. Meine gesamte Wut verwandelte sich in bis zum Himmel schreiende Angst. An seinem Gesicht sah man, dass er alles gehört hatte. Er hob die Faust und sagte tödlich ruhig: „Ich glaube, wir müssen dir mal ein paar Manieren beibringen.“





Stunden später lag ich in meinem Zimmer auf meinem Bett. Alles tat mir weh. Ich hatte mich schon ein paar Mal übergeben. Ich hatte ein blaues Auge, an jeder nur erdenklichen Stelle blaue Flecken. Ich wunderte mich nur, dass nichts gebrochen war. Eine Schulter war zwar ausgekugelt gewesen, aber ich hatte sie wieder eingerenkt. Das hatte ich leider schon früh gelernt. Ich versuchte krampfhaft, meine Gedanken von der grausamen Szene von vorhin abzulenken, aber es gelang mir nicht. Ohne dass ich es wollte, rannen mir immer mehr Tränen über die Wangen. Wieso mussten Sam und Vater nur so brutal sein? Was hatte ich ihnen getan? Ich drehte mich zur Wand und drückte meinen Kopf in ein Kissen. Es war schon Abend. Ich hatte schon kurz was gegessen und Hausaufgaben gemacht. Eigentlich sollte ich schlafen, konnte aber nicht. Ich schluchzte so leise es ging, denn wenn sie mich hörten, würde es wieder nur was setzten. Schwäche war unerwünscht. Ich war verzweifelt. Womit hatte ich denn bitte eine solche Behandlung verdient?

Eine Hand legte sich auf meine Schulter und ich zuckte zusammen, weil ich niemanden hatte, reinkommen hören und weil ich fürchtete, dass es wieder Vater oder Sam waren. Ich drehte mich um. Aber ich hatte Glück, es war Kai. Er hatte wie ich blondes Haar und grüne Augen. Kai musste nicht fragen, was passiert war, sondern fragte nur: „War es sehr schlimm?“ Ich nickte und noch mehr Tränen fanden ihren Weg. Kai legte sich neben mich ins Bett und zog mich in eine Umarmung. Mein Kopf lag auf seiner Schulter und die Tränen durchnässten das Shirt, das er anhatte. Normale Leute würden mit sechzehn nicht mehr bei ihren Geschwistern schlafen, aber was war bei uns schon normal? Kai streichelte meinen Rücken und versuchte mich zu trösten. „Shhh. Alles ist gut. Ich bin da. Ich pass auf dich auf. Keiner wird dir mehr was tun.“ Und solche Dinge eben. Aber es half. Er konnte mich immer beruhigen. Bei Kai fühlte ich mich immer sicher, wohl und behütet. Bei ihm und nur ihm und keinem sonst.

Als ich mich irgendwann soweit beruhigt hatte, dass ich wieder sprechen konnte, sagte ich leise zu Kai: „Ich will hier weg. Ich halte es nicht mehr länger aus.“ Er flüsterte zurück. „Ich weiß. Ich will auch weg. Aber ich kann nicht. Du aber. Lauf weg. Ich sorge dafür, dass sie nicht nach dir suchen.“ Ich drehte mich zu ihm. „Meinst du das Ernst?“ „Ja. Lauf weg.“ Ich nickte. Ich hatte schon oft mit dem Gedanken gespielt. Also warum nicht?





Ein paar Tage später hatten Kai und ich alles geplant. Ich würde weglaufen. Er würde hierbleiben, um sie davon abzuhalten nach mir zu suchen. Ich wollte zum Hafen und von meinem spärlichen Taschengeld ein Schiff oder sowas nehmen. Wohin ich wollte, wusste ich nicht. Aber alles war besser als hier.



Ich hatte mich eben tränenreich von Kai verabschiedet. Jetzt blickte ich nicht mehr zurück. Ich rannte durch ein paar Straßen, stieg dann in die U-Bahn. Ich hatte noch eine Jahreskarte, weil ich zur Schule auch immer U-Bahn fuhr. Am Hafen angekommen stieg ich aus. Ich hatte jetzt kein besonderes Ziel, sondern schlenderte ein bisschen bei den verschiedenen Pieren herum. Ich setzte mich auf eine Bank und schaute mich um. Wo war ein Schiff, dass mich fort von hier bringen würde? Am besten eines, das auch noch bezahlbar war. Naja, ich saß da also eine Weile, als es anfing, wie aus Kübeln zu gießen. Meine Jacke war zwar ein bisschen wasserfest, aber ich war trotzdem schnell bis auf die Knochen durchnässt. Die Leute flohen in Gebäude oder hasteten nur noch vorbei. Und ich? Ich blieb sitzen, weil ich nicht wusste, wo ich hinmusste. Plötzlich bereute ich, einfach so weggelaufen zu sein. Ich wollte aber nicht zurück, um mir meine Schande nicht eingestehen zu müssen. Ich fror, der Wind pfiff und ich war total durchnässt. Verzweifelt saß ich auf meiner Bank und musste bemitleidenswert aussehen, denn plötzlich sprach mich ein vielleicht neunjähriger Junge an. Er hatte rotes Haar und braune Augen und er strahlte etwas Lebenslustiges aus. Wenn ich richtig sah, hatte er eine Zahnlücke. „Hey du da, was machst du so ganz allein im Regen?“ Ich lächelte leicht. „Hey, Kleiner. Ich sitze hier, weil ich nicht mehr nach Hause zurückkann. Weißt du vielleicht, wo hier ein Schiff ist, das mich wegbringen kann?“ Jetzt lachte der Junge los. „Das passt ja perfekt! Komm mit mir, auf unserem Schiff ist noch ein Platz frei!“ Ich fragte: „Wer ist wir?“ Der Junge grinste: „Die Alpha Crew. Mein Bruder, Tess und ich.“ Ich konnte dem nicht ganz trauen. „Ihr habt ein Schiff? Was ist mit einem Erwachsenen?“ Der Junge zuckte mit den Schultern. „Mein Bruder Ben ist 18, das passt schon.“ Der Junge zog an meinem Ärmel. „Komm schon!“ Ich dachte mir, dass ich es mir zumindest ja mal ansehen konnte. Irgendwie war dieser Junge ja süß. Er erzählte weiter. „Ich bin Samuel Draco, für dich nur Sammy.“ Ich lächelte. Sammy war goldig. „Ich heiße Livia.“ Sammy zog mich weiter, während er ununterbrochen redete, hörte es auf zu regnen. Er erzählte mir von der Crucis, ihrem Schiff, von seinem Bruder Ben, von Tess, die anscheinend auch auf dem Schiff war. Schließlich kamen wir zu einem schon etwas älteren Segelschiff, dem das Alter auch anzusehen war. Ich liebte dieses Schiff schon jetzt. Es war herrlich. Sammy führte mich über eine Planke aufs Deck. Ein Mädchen mit Rastalocken kam heraus. Sie hatte dunkelbraune Augen und Haare. Sie sah mich neugierig an. „Wer bist du?“ Ich fühlte mich leicht unwohl, sagte aber: „Ich heiße Livia. Sammy hat mich mitgebracht.“ Der benannte krakelte: „Ja! Sie muss Mitglied werden!“ Ich hob abwehrend die Hände. „Jetzt mal langsam. Das sollten alle zusammen klären. Wo ist dieser Ben, dein Bruder?“ Tess drehte sich um. „Ich hole ihn kurz.“ Das gab mir die Gelegenheit, darüber nachzudenken, ob ich wirklich hierbleiben wollte. Eigentlich ja, aber wie dachten die anderen darüber, abgesehen von Sammy, der offensichtlich dafür war?

Die Tür öffnete sich, und Tess trat heraus, gefolgt von Sam. Nein, nicht Sam, wie ich auf einen zweiten Blick feststellte, aber der Junge sah ihm zum Verwechseln ähnlich. Er hatte die gleichen Haare und Augen, aber eine andere Gesichtsform. Weicher. Aber es war schon zu spät. Ich war heftig zusammengezuckt und wich jetzt schwer atmend an die Reling zurück. Sammy und Tess hielten sich verwirrt im Hintergrund. Das musste Ben sein, Sammys Bruder. Ich war nicht hergekommen, um erneut meiner Angst zu begegnen, sondern um ihr zu entfliehen. Das durfte doch nicht wahr sein!

Ben begann: „Ich bin Ben, Sammys Bruder. Ist alles in Ordnung mit dir?“ Ich presste mich an die Reling, die Augen weit aufgerissen. Ich zitterte. Ben näherte sich mir vorsichtig und langsam, als ob ich ein verletztes Reh wäre. Was ich in gewisser Weise ja auch war. Er hob die Hände. „Es ist alles in Ordnung. Was ist mit dir los? Wie können wir dir helfen?“ Ich war klar genug, um zu wissen, dass er ein anderer war, aber die vielen Szenen, in denen mein Bruder mich verprügelte, blitzten immer wieder vor meinem inneren Auge auf. Ich würgte hervor: „Es ist… Du siehst so aus wie mein Bruder, der mich seit Ewigkeiten regelmäßig verprügelt, wie mein Vater.“ Ich hasste es, dass Fremde das erfuhren, aber er hatte eine Erklärung verdient. „Oh, Scheiße.“ Ben ließ die Hände sinken und trat zurück. Ich schluckte und fuhr fort: „Ich… Es bist nicht du, aber die Ähnlichkeiten sind zu frappierend, deswegen werde ich mich immer an das erinnern, was er mir angetan hat. Mein Zwillingsbruder Kai ist nicht hier, er ist der Einzige, der aus meiner Familie noch vernünftig ist. Er ist der einzige, dem ich vertraue.“ Zum Ende hin war ich immer leiser geworden. Plötzlich klingelte mein Handy. Es war Kai. Ich ging ran. „Was ist los?“ Ich hörte ein Keuchen durch die Leitung. Seine Stimme klang gepresst. „Sie haben mich weggejagt, nachdem du weg warst. Wo bist du? Ich komme so schnell ich kann zu dir.“ Ich erklärte ihm, wo ich war, und er sagte, er sei ganz in der Nähe und gleich da. Wir legten auf. Zu den anderen gewandt sagte ich: „Mein Zwillingsbruder Kai kommt auch her. Sie haben ihn auch weggejagt.“ Stummes Nicken. Plötzlich krähte Sammy: „Dann kommt ihr beide in die Alpha Crew!“ Lächelnd nickte ich und schon sauste Sammy weg. Verwirrt fragte ich: „Wohin will er?“ Tess erklärte: „Er holt das Buch, aus dem man deinen Bandennamen bestimmt. Meiner ist zum Beispiel Taurus, der Stier. Sammy heißt Draco, der Drache. Ben ist Libra, die Waage. Die Sternzeichen bestimmen das.“ Ich lächelte. „Cool.“

Sammy kam mit einem dicken Buch wieder. Er erklärte mir: „Klapp blind eine Seite auf, das ist dann dein Name.“ Ich schloss die Augen und blätterte durch die Seiten. Eine schlug ich auf und schaute drauf. Gemini, der Zwilling. Wie passend. Laut las ich vor: „Das Sternbild Zwillinge ist nach den Zwillingsbrüdern Pollux und Castor benannt. Pollux war der Sage nach unsterblich, da er der Sohn des Göttervaters Zeus war, Castor dagegen hatte einen menschlichen Vater und zählte daher zu den Sterblichen. Die beiden Brüder waren große Helden und trennten sich niemals voneinander. Als Castor bei einem Kampf getötet wurde, war sein Bruder Pollux untröstlich.“ Ich schlug das Buch zu. Sammy lachte: „Das ist ein absolut Bestname! Livia Gemini.“ Zufrieden nickte er. Ich musste lachen. „Liv?“ Ich drehte mich um. Am Pier stand Kai und rief mich. Ich winkte und rief: „Hier! Komm rauf!“ Erleichtert lief er zu mir und wir schlossen uns in die Arme. Danach entdeckte er Ben, der sich mit Rücksicht auf mich im Hintergrund gehalten hatte, jetzt aber wieder hervortrat. Kai fluchte und schob sich halb vor mich. Ich sagte ihm leise: „Das da sind Tess, der kleine Junge heißt Sammy und ihr großer Bruder, der aussieht wie Sam, heißt Ben.“ Kai nickte kurz. Langsam trat er zur Seite, ließ Ben aber immer noch nicht aus den Augen. Nur so hatte er es geschafft, mich all die Jahre zu beschützen. Ich zog ihn zum Buch. „Los, Such dir einen Bandennamen. Wir treten der Alpha-Crew bei.“ Ich erklärte ihm kurz, wie das ging. Er beschwerte sich: „Du kannst also bestimmen, das ich beitrete?“ Ich nickte ganz ernst. „Ja. Oder willst du mich etwa allein bei Fremden lassen?“ Ich wandte mich um. „Nichts gegen euch, Leute.“ Allgemeines Nicken. Währenddessen hatte Kai blind eine Seite aufgeschlagen und las vor: „Leo oder Löwe: In der griechischen Mythologie stellte das Sternbild den Nemëischen Löwen dar. Dieser Löwe verwüstete in der Umgebung der Stadt Nemea Dörfer und Städte. Sein hartes Fell ließ jede Waffe abprallen und machte ihn unverwundbar. Der griechische Held Herakles stellte sich schließlich dem Löwen entgegen und erwürgte ihn mit bloßen Händen. Das Fell trug Herakles anschließend als Mantel, der ihn vor Feinden schützte.“ Kai seufzte. „Ich heiße ab jetzt wohl Kai Leo.“ Ich kicherte. „Klingt super. Die anderen sind Tess Taurus, Samuel Draco, Ben Libra und ich heiße neuerdings Livia Gemini. Passt ja, ich hab schließlich einen Zwilling.“ Allgemeines Lachen. Ben bot an: „Ich kann euch zeigen, wo ihr schlafen könnt. Kommt ihr?“ Unwillkürlich versteifte ich mich ein wenig, folgte aber wie Kai Ben unter Deck. Dort kamen wir in ein gemütliches Wohnzimmer mit Couch. Eine Küche und Bad schloss sich am einen Ende an, am anderen lagen die Kojen. Zwei Stück, mit jeweils zwei Betten, wie Ben uns erklärte. Ein Bett in der Mädchenkajüte und die Couch waren noch frei. Ich und Kai sahen uns an und hatten denselben Gedanken, den ich aussprach. „Wäre es möglich, dass Kai und ich in einem Bett schlafen?“ Tess und Sammy, die uns gefolgt waren, überlegten, genau wie Ben. Schließlich schlug Tess vor: „Wenn Ben zu mir zieht, könntet ihr zusammen mit Sammy in eine Kajüte, wenn das für alle Beteiligten in Ordnung wäre.“ Womit hauptsächlich Ben gemeint war. Der nickte. „Geht meinetwegen klar.“ Sammy klatschte in die Hände. „Supertastisch. Dann ist das geklärt!“ Und schon stürmte er davon. Tess seufzte und Ben fing an, seine Sachen umzuräumen. Als er damit fertig war, fingen Kai und ich an, unsere wenigen Sachen auszupacken. Sammy schlief im oberen Bett, aber ich mochte das untere sowieso lieber.





Diese Nacht schlief ich nur langsam ein. All das, was passiert war, wühlte mich unendlich auf. Irgendwann schlief ich ein, als sich Kai im Schlaf umdrehte und mich unwissentlich umarmte. Ich hatte über vieles nachgedacht. Ben, der so aussah wie Sam, meine Zukunft auf der Crucis. Ich wollte Ben zwar eine Chance geben, aber immer sobald ich an Ben dachte, wurden meine Gedanken unweigerlich wieder zu Sam gelenkt. Er verdiente seine Chance, aber es fiel mir so SCHWER. Trotzdem würde ich es versuchen.





Ein paar Tage später befand ich mich mit Ben allein auf dem Bug des Schiffes. Der Wind wehte durch unser Haar und lenkte mich von meinen Gedanken ab. Wir standen einander gegenüber. Ich hatte ihm gerade erzählt, dass ich mir wirklich Mühe geben würde, ihn von Sam zu unterscheiden. Ben seufzte und sah aufs Meer hinaus. „Weißt du, ich gebe mir wirklich Mühe, dich zu verstehen. Aber das wichtigste Element in dieser Gleichung verstehe ich nicht. Wie dein Bruder und dein Vater sowas tun können. Es ist für mich unvorstellbar, dass mein Vater so etwas tun würde, geschweige denn, ich Sammy so behandeln würde.“ Ich lächelte leicht. „Genieß dieses Glück. Es ist nicht allen vergönnt.“ Er nickte abwesend. Bens Gesicht war in diesem Moment so weich, so sanft. Es war auf einmal unvorstellbar, dass er mir oder irgendjemandem so wehtun würde wie es mir geschehen war. Absolut unvorstellbar. In diesem Moment spaltete sich Ben von Sam. Sie sahen zwar gleich aus, waren aber vollkommen anders. Ich griff nach Bens Arm. Sichtbar erstaunt wandte er sich mir zu. Ich blickte ihn ernst an. „Weißt du, ich bin froh, dass du hier der Kapitän bist, Ben. Es gibt keinen besseren für diesen Job.“ Erstaunt begriff er, dass ich meine Angst abgelegt hatte. Um das zu zelebrieren, umarmte ich ihn. Ein sehr großer Vertrauensbeweis von mir, wie ihr euch vorstellen könnt. Ich flüsterte ihm zu: „Danke, dass du Sammy so ein guter Bruder bist.“



In der folgenden Zeit zog ich zu Tess in die Kajüte und Kai schlief auf dem Sofa. Ben wurde mein bester Freund. Meine Vergangenheit schweißte uns zusammen. Ich war auf der Crucis so glücklich wie lange nicht mehr. Mit Bens Hilfe wechselten wir die Schule und zogen im Schuljahr zu einer Adoptivfamilie. Ich brauchte dort zwar lange, um mich einzugewöhnen, war aber glücklich. Und jede Ferien segelten Kai und ich mit ihnen. Bis eines Tages ein Mädchen namens Alea der Crew beitrat.
Review schreiben
 
 
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast