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Zwischen den Welten

von Funnygana
Kurzbeschreibung
GeschichteFamilie, Freundschaft / P12 / Gen
Nitsas-Ini OC (Own Character) Old Shatterhand Schi-So Winnetou
09.11.2021
24.11.2022
60
88.679
9
Alle Kapitel
201 Reviews
Dieses Kapitel
4 Reviews
 
14.06.2022 1.066
 
1871

März ´71

Adolf und ich kommen gut voran mit unserer Arbeit. Im letzten halben Jahr haben wir einiges in Bewegung setzen können, sodass wir in diesem Jahr mit der eigentlichen Arbeit beginnen können.

Noch immer sind wir uns einig: Ich werde mich um das Geschäftliche kümmern und Adolf um die praktische Arbeit im Wald. Wir wollen die Männer von Mountainhome  fragen, ob sie für uns arbeiten möchten. Die Siedlung ist gewachsen, es haben sich noch einige Deutsche mit ihren Familien dort niedergelassen. Erfahrungsgemäß sind die Deutschen gute Arbeiter, verantwortungsbewusst und fleißig. Ich werde in den nächsten Monaten nach Santa Fé, Albuquerque und Los Angeles reisen. Wir benötigen Handelspartner.

November ´71

Während ich mir ein Büro in Santa Fé eingerichtet habe, fand ich mein Tagebuch wieder. Ich habe kein Bedürfnis es weiterzuschreiben. Und doch möchte ich heute einige Zeilen schreiben.

Es ist einiges passiert: Unsere Arbeiten im Forst laufen gut. Wir haben viele Aufträge zu erfüllen. Adolf macht seine Sache sehr gut. Wir schlagen nur Holz, welches sich zur weiteren Verarbeitung eignet. Dabei achtet er sehr darauf, die Wälder nicht zu zerstören. Einige Bäume sind absolut tabu. Diese großen Mammutbäume, die eigentlich viel Holz bringen, werden nicht geschlagen. Sie sind zu schön, zu erhaben, als dass wir uns an ihnen versündigen.

Wir haben einige Kaltblüter aus Deutschland exportiert, die das Holz aus dem Wald ziehen. Es gibt genug Flüsse, auf denen wir die Stämme transportieren können: Der San Juan bringt unser Holz bis zum Colorado und dann nach Kalifornien. Dort übergeben wir es in die Hände unserer Partner von L.A., die es mit dem Zug weitertransportieren.
Eine kleinere Menge Holz wird direkt vor Ort zerkleinert und nach Gallup transportiert, dort mit dem Zug nach Santa Fé gebracht und verkauft.

Den Winter werde ich im Dorf der Diné verbringen. Die Flüsse sind zugefroren und unsere Arbeit ruht. Ich möchte mir den Hogan meines Großvaters, der leer steht, für mich einrichten. Eigentlich müsste ich als unverheirateter Sohn bei meinen Eltern wohnen, doch diese werden froh sein, wenn ich nicht bei ihnen schlafe. Ich kenne die beiden doch: Die Nächte gehören der Zweisamkeit und die möchte ich ihnen nicht nehmen. Offiziell werde ich bei ihnen wohnen, doch richte ich mir neben einem Büro auch eine Schlafstätte in meinem Hogan ein.

1872

Sommer ´72

Und wieder habe ich mein Tagebuch in den Händen. Ich möchte ein paar Zeilen schreiben, denn es ist wieder einiges passiert.

Adolf hat meine „Tante“ Gah geheiratet, die Witwe meines Freundes Khasti-tine. Sie scheinen sehr glücklich zusammen zu sein. Es ist gut, dass mein Blutsbruder in unserem Dorf lebt. So kann er weiterhin die Wälder betreuen, das Gleichgewicht zwischen Abholzung und Aufforstung halten und gleichzeitig eine Familie haben.

Familie, ich bin noch nicht bereit dazu! Zu viel ist zu tun, ich betreue unsere Handelspartner, muss viel reisen und bin selten im Dorf. Da bleibt keine Zeit für eine Familie. Ich bin nicht traurig deswegen. Die Arbeit tut mir gut und ich kann den Diné ein Leben in Reichtum ermöglichen.

Winter ´72

Winter in Santa Fé. Hier habe ich mein Büro, koordiniere unsere Geschäfte. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal hinter einem Schreibtisch arbeite.

Ich muss ehrlich zu mir selbst sein: Ich verstecke mich. Verstecke mich vor den Menschen und vor Beziehungen. Warum? Ich habe Angst vor Enttäuschung. Es ist einfacher, zu arbeiten, sich zu vergraben, den Menschen im Dorf ein Leben in Reichtum zu schenken.
Doch ich bin noch nicht soweit, mich der Welt zu stellen. Ob ich jemals so weit sein werde?

1873

3. März `73

Wie lange habe ich nichts geschrieben. Die Arbeit ist immer gleich, es gab nichts, was den Alltag unterbricht. Bis gestern. Ich hatte ein Geschäftsessen mit einem Holzhändler aus Los Angeles. Er hatte seine Familie dabei, seine Frau und seine Tochter. Shirley. Sie hat wunderbare, braune, seidige Locken. Braune Augen. Einen herzförmigen Mund. Schöne, leicht geschwungene Augenbrauen. Sie trug ein grünes Kleid, und sie schaute mich die ganze Zeit verschämt an.

4. März ´73
Shirley. Ein wunderschöner Name für eine wunderschöne Frau. Ich bin verliebt. Ich fühle mich leicht. Ich bin Glücklich.

5. März ´73

Mama wird ihre Freude haben. Sie wird Shirley mögen. Heute Abend gibt es wieder ein Essen mit ihrer Familie. Ich habe mir einen neuen Anzug gekauft und werde mein Haar zu einem Dutt binden, wie die Diné es machen. Ich werde baden und mich mit Duftseife abwaschen. Shirley.

6. März`73

Ein wunderbares Abendessen. Shirley. Sie ist klug, gebildet, und interessiert sich für meine Arbeit. Sie stellte mir viele Fragen zu dem Geschäft mit dem Holz.
Ihr Lächeln dringt in mein Herz und ihr Lachen lässt mich froh werden. Heute Abend werden wir zum Tanz gehen. Natürlich begleiten ihre Eltern sie. Aber diese haben mich eingeladen, sie zu begleiten. Kann ich noch tanzen? Adolf hat einmal versucht, es mir beizubringen. Einen Walzer werde ich wohl noch hinbekommen, hoffentlich.

7. März ´73

Ein wunderschöner Abend liegt hinter mir. Shirley. Wir konnten gestern eine Weile zusammen alleine auf der Veranda stehen. Wir haben uns nicht berührt, doch es war ein wunderbares Erlebnis. Heute Morgen hatte ich noch einmal ein Gespräch mit ihrem Vater. Wir haben ein Geschäft abgeschlossen welches für beide von Vorteil ist. Naja, nicht ganz. Ich musste mehr Kompromisse eingehen, als ich eigentlich wollte. Doch das ist egal. Wenn ich Shirley heirate, werden wir unsere Geschäfte zusammenlegen können. Und dann wird der Vertrag, den wir heute Nachmittag unterschreiben, von Vorteil sein.

Abends

Ich Idiot!

Nachts

Ich bin so naiv. Wie konnte ich mir nur erlauben zu denken, Shirley hätte Interesse an mir? Dem Indianer? Dem Wilden?

Zufällig konnte ich ein Gespräch belauschen. Shirley unterhielt sich mit ihren Eltern. Eigentlich wollte ich nicht lauschen, doch es fiel mein Name, und da wurde ich neugierig. Es ist kein Problem für mich, mich lautlos anzuschleichen.

Es gibt ein Sprichwort: Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand.

Der Vater gratulierte Shirley, dass sie es geschafft hatte, mich zu diesem lukrativen Vertrag zu überreden. Und sie sagte: „Schi-So ist ein sehr interessanter Mensch. Meine Freundinnen werden staunen, wenn ich ihn mit nach Los Angeles nehme. Niemand dort hat einen Indianer zum Freund. Ich werde ihn allen vorstellen und ihn vorzeigen.“
„Und was machst du dann mit ihm?“, fragte ihr Vater.
Shirley zuckte mit den Schultern. Und ich bin gegangen.
Der Vertrag wurde nicht unterzeichnet.
Und ich werde mich wieder ganz meiner Arbeit widmen.
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