Zwischen den Welten
von Funnygana
Kurzbeschreibung
Dies ist das Tagebuch von Schi-So, dem Sohn von Nitsas-Ini und seiner weißen Frau Gidi. Es zeigt auf, wie aus einem kleinen Indianerjungen ein Mann wird.
GeschichteFamilie, Freundschaft / P12 / Gen
Nitsas-Ini
OC (Own Character)
Old Shatterhand
Schi-So
Winnetou
09.11.2021
24.11.2022
60
88.679
9
Alle Kapitel
201 Reviews
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Dieses Kapitel
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06.04.2022
1.486
3. Oktober ´68
Morgen ist wieder Erntedankfest in Heimberg. Darum bin ich an diesem Wochenende mit Adolf zum Forsthaus gegangen. Ich möchte auf jeden Fall zum Fest. Jetzt erst recht. Ich möchte tanzen, Mädchen kennen lernen, vielleicht sogar ein Bier trinken. Und ich werde mich nicht verstecken. Die Haare werden nicht zusammengebunden. Allerdings werde ich nicht den indianischen Anzug tragen. Da ziehe ich dann doch meine deutsche Kleidung vor. Für mich wird das ein Abenteuer. Ich fühle mich großartig!!
4. Oktober ´68
Nachts
Irgendetwas stimmt mit mir nicht. Ich hatte mir vorgenommen zu tanzen, Spaß zu haben, mich zu unterhalten. Ich bin jetzt seit fünf Jahren in Deutschland. Ich kenne die Etikette, ich spreche die Sprache, ich sehe fast aus wie ein Deutscher, blond, grauäugig. Ich war schon oft in Heimberg, die Leute kennen mich. Trotz allem bin ich immer noch der Exot.
Zuerst ist Frau Ebersbach, die ehemalige Wirtin der Gaststätte in der Leiermühle, auf mich zugekommen. Sie hat bestimmt eine Stunde auf mich eingeredet. Sie möchte nach Amerika auswandern und hat mir viele Fragen zu Land und Leuten gestellt. Unterdessen war Adolf schon zum Festplatz gegangen. Als Frau Ebersbach endlich von mir abließ, begegnete mir der Kantor Hampel. Auch er sprach mich an, redete von einer Oper, die er komponieren wollte. Ich hörte ihm höflich zu und beantwortete auch ihm einige Fragen, die er zu den Indianerkämpfen hatte. Unterdessen hörte ich die Musik vom Festplatz. Endlich hatte auch der Kantor keine Fragen mehr und ich eilte weiter.
Die jungen Leute standen dichtgedrängt um die Tanzfläche, klatschten zur Musik oder sangen mit. Adolf konnte ich nirgendwo entdecken. Ich kam mir plötzlich verloren vor. Ich erhaschte einen Blick von Elisabeth, die fröhlich lachend mit einem jungen Mann aus dem Nachbarort tanzte. Überall standen die Menschen in Gruppen zusammen. Ich kam mir überflüssig vor.
Und plötzlich saß ich wieder abseits auf der Bank, wie in den letzten Jahren auch. Ich dachte gerade: `Jetzt fehlt nur noch Katharina´, da kam sie schon, als hätte sie auf mich gewartet. Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich neben ihr sitzen wollte, schließlich ist sie Elisabeths Schwester, aber dann dachte ich mir, sie ist nicht verantwortlich für diese. Jeder lebt sein eigenes Leben, und meins ist anders als das der anderen.
Katharina setzte sich an das eine Ende der Bank und starrte auf die Menschen vor uns. Ich betrachtete sie. Sie ist etwas jünger als ich, hat blondes Haar, welches in zwei albernen Zöpfchen wie eine Schaukel rechts und links um ihre Ohren hing. Sie trug eine einfache weiße Bluse, die am Hals hochgeschlossen war. Dazu einen bunten , langen Rock. Dann schaute sie zu mir und ich konnte in ihre blauen Augen schauen. Schüchtern lächelte sie mir zu.
„Daach, Katharina“, begrüßte ich sie.
„Daach Schi-So“, antwortete das Mädchen. Sie betrachtete mich genauso wie ich sie. Das ist etwas, was ich in Deutschland gelernt habe. Menschen offen ins Gesicht blicken. Für die Diné ist das eine Unverschämtheit.
„Ich möchte mich entschuldigen“, sagte sie plötzlich leise. Ich konnte sie kaum verstehen.
„Wofür möchtest du dich entschuldigen? Du hast nichts Unrechtes getan.“
„Ich möchte mich für Elisabeth entschuldigen. Sie hat dich ausgenutzt.“
„Aber da kannst du doch nichts für.“
„Trotzdem.“
Ich zuckte mit den Schultern. Ich verstand nicht, was sie damit sagen wollte. Jeder ist für sich selbst verantwortlich.
„Ich werde ab morgen im Forsthaus aushelfen. Elisabeth wird nicht mehr zu euch kommen.“
„Ich freue mich.“
Und das meinte ich wirklich so. Dann haben wir bestimmt noch eine Stunde nebeneinandergesessen und dem Treiben der anderen zugeschaut.
9. Oktober ´68
Ein Brief von Mama:
Lieber Schi-So,
ich bin selbst im Fort die Post holen, habe deinen Brief sofort geöffnet, da EILT darauf stand. Ich beantworte deine Fragen sofort, damit du dich nicht länger quälen musst. Ich würde ja auch ein Telegramm schicken, doch dafür ist das Thema zu privat.
Zu deinen Fragen:
Ich kann natürlich nur auf meine eigenen Erfahrungen zurückgreifen. Gewalt ist immer falsch. Es muss beiden gefallen und man sollte ehrlich miteinander umgehen, sagen, was einem unangenehm ist und respektieren, was der andere nicht möchte. Alles andere findet sich von selbst. Papa und ich haben darüber gesprochen. Uns war von Anfang an klar, dass es in unseren Kulturen Tabus gibt, die dem anderen fremd sind. Zum einen war das der Kuss. Papa war, genau wie du, so erzogen worden, dass es ein Tabu ist, wenn sich die Lippen oder die Zungen berühren. Ich vermute, damit sich keine Krankheiten übertragen. Das habe ich auch immer respektiert. Allerdings genießt er es, wenn ich seinen restlichen Körper küsse. Mein Tabu kennst du, ich würde mich nie in der Öffentlichkeit ohne Kleidung zeigen, aber Papa darf alles von mir sehen und berühren. Aber ich nehme an, da hat jede Frau ihre eigenen Grenzen. Am ersten Abend haben Papa und ich einfach ausprobiert, was der andere mag, und was nicht. Ehrlich sein ist wichtig. Sagen, das möchte ich nicht, akzeptieren, wenn der andere etwas nicht möchte. Vorsichtig ausprobieren.
Wie Kinder gemacht werden, weißt du. Doch auch dieser Akt sollte beiden Freude bereiten. Man tut es auch, wenn man keine Kinder möchte. Allerdings sollte man dann aufpassen. Sobald der männliche Samen in die Frau dringt, ist die Möglichkeit gegeben, dass neues Leben entsteht. Bei Frau Wolf war dies häufig der Fall, bei mir nicht. Ich habe nur dreimal neues Leben empfangen dürfen, obwohl wir den Akt fast täglich vollziehen. Nachdem ich die Zwillinge verloren habe, ist etwas in mir kaputt gegangen. Ich kann nie wieder ein Kind bekommen. Aber ich habe weiterhin Freude daran, mit deinem Vater so eng zusammenzuliegen. Den Akt sollte man nicht leichtfertig mit einem beliebigen Mädchen vollziehen, sondern nur mit der Frau, die man wirklich liebt und von der man geliebt wird, die man heiraten möchte oder erst nach der Heirat. Da unterscheiden sich wieder die Kulturen. Die Deutschen sind da sehr streng. Für sie gilt, erst zu heiraten, dann das Lager zu teilen. Die Diné sind da etwas großzügiger. Doch sobald neues Leben entsteht, muss das Paar zusammenziehen. Das hat etwas mit Verantwortung zu tun. Der Mann darf die Frau mit ihrer Situation nicht allein lassen. Der Mann muss für sie sorgen und auch für das Kind, welches dann geboren wird.
Ich hoffe, ich habe damit all deine Fragen beantwortet.
Das Wichtigste ist: Respektiert einander, respektiere die Vorlieben und Abneigungen der Frau, die du liebst. Und sie sollte dasselbe mit dir machen. Tu nichts, was dir nicht gefällt! Sage NEIN und respektiere ein NEIN!
In ewiger Liebe, deine Mama
Mama, danke, dass du so ehrlich bist. Du hast mir sehr damit geholfen.
10. Oktober ´68
Morgens
Nach den heutigen Vorlesungen werde ich Adolf ins Forsthaus begleiten. Ich bin neugierig, wie Katharina dort zurechtkommt. Und nicht nur deswegen. Wir müssen uns einen Forstbetrieb suchen, wo wir vier Wochen Arbeitsdienst machen. Praktische Erfahrungen sammeln. Ich möchte Herrn Wolf fragen, ob er mir etwas vermitteln kann. Auch Adolf muss sich eine Stelle suchen. Vielleicht können wir zusammen irgendwo unterkommen.
Abends
Herr Wolf hat mir ein wunderbares Angebot gemacht. Er nimmt mich für die vier Wochen mit. Natürlich ohne Adolf, der kennt sich ja aus und soll in einen fremden Betrieb gehen. Aber für mich wäre es natürlich schön, denn ich fühle mich im Forsthaus sehr wohl. Unser Einsatz beginnt im November. Man ist der Meinung, dass die Forstbetriebe in dem Monat Hilfe gebrauchen können, denn das Wild muss überprüft und vielleicht versorgt werden, Sturmschäden beseitigt und altes Holz entfernt werden. Ich freue mich darauf.
Das zweite Studienjahr besteht hauptsächlich aus praktischen Übungen. Wir sollen unser Wissen, welches wir erlangt haben, vertiefen und Erfahrungen sammeln. Wenn alles nach Plan verläuft, habe ich im nächsten Jahr Ende September alles hinter mir und kann nach Hause.
20. Oktober ´68
Mama, alles Gute zum Geburtstag! Ich hoffe, du hast meinen Brief pünktlich bekommen.
2. November ´68
Ich bin im Forsthaus eingezogen. Mittlerweile gibt es viel Platz dort. Katharina wohnt in der Gästestube. Ich habe ein Zimmer für mich, in den zwei anderen Zimmern wohnen noch zwei der Mädchen und ein Bruder. Alle anderen Geschwister Adolfs sind in Internaten untergebracht.
Ab heute begleite ich Herrn Wolf jeden Morgen bei seinen Rundgängen durch sein Revier. Er ist jetzt Förster und Jäger des Grafen, hat somit zwei Aufgaben zu bewältigen. Ich kümmere mich hauptsächlich um den Forst, entferne abgestorbene Äste und Bäume, die später als Brennholz dienen. Wir fällen auch gesunde Bäume. Herr Wolf erklärt, dass auch der Graf Brennholz benötigt. Dieses Holz wird von den Arbeitern des Grafen verarbeitet. Holz sollte ein paar Jahre lagern, bis es trocken ist, um damit zu heizen. Wir kennzeichnen auch die Bäume, die in die Sägemühle kommen, um dort zu Brettern verarbeitet zu werden. Wir müssen ein Arbeitstagebuch führen. Dies wird für das Studium verlangt. Jetzt schreibe ich also zwei Tagebücher.
Morgen ist wieder Erntedankfest in Heimberg. Darum bin ich an diesem Wochenende mit Adolf zum Forsthaus gegangen. Ich möchte auf jeden Fall zum Fest. Jetzt erst recht. Ich möchte tanzen, Mädchen kennen lernen, vielleicht sogar ein Bier trinken. Und ich werde mich nicht verstecken. Die Haare werden nicht zusammengebunden. Allerdings werde ich nicht den indianischen Anzug tragen. Da ziehe ich dann doch meine deutsche Kleidung vor. Für mich wird das ein Abenteuer. Ich fühle mich großartig!!
4. Oktober ´68
Nachts
Irgendetwas stimmt mit mir nicht. Ich hatte mir vorgenommen zu tanzen, Spaß zu haben, mich zu unterhalten. Ich bin jetzt seit fünf Jahren in Deutschland. Ich kenne die Etikette, ich spreche die Sprache, ich sehe fast aus wie ein Deutscher, blond, grauäugig. Ich war schon oft in Heimberg, die Leute kennen mich. Trotz allem bin ich immer noch der Exot.
Zuerst ist Frau Ebersbach, die ehemalige Wirtin der Gaststätte in der Leiermühle, auf mich zugekommen. Sie hat bestimmt eine Stunde auf mich eingeredet. Sie möchte nach Amerika auswandern und hat mir viele Fragen zu Land und Leuten gestellt. Unterdessen war Adolf schon zum Festplatz gegangen. Als Frau Ebersbach endlich von mir abließ, begegnete mir der Kantor Hampel. Auch er sprach mich an, redete von einer Oper, die er komponieren wollte. Ich hörte ihm höflich zu und beantwortete auch ihm einige Fragen, die er zu den Indianerkämpfen hatte. Unterdessen hörte ich die Musik vom Festplatz. Endlich hatte auch der Kantor keine Fragen mehr und ich eilte weiter.
Die jungen Leute standen dichtgedrängt um die Tanzfläche, klatschten zur Musik oder sangen mit. Adolf konnte ich nirgendwo entdecken. Ich kam mir plötzlich verloren vor. Ich erhaschte einen Blick von Elisabeth, die fröhlich lachend mit einem jungen Mann aus dem Nachbarort tanzte. Überall standen die Menschen in Gruppen zusammen. Ich kam mir überflüssig vor.
Und plötzlich saß ich wieder abseits auf der Bank, wie in den letzten Jahren auch. Ich dachte gerade: `Jetzt fehlt nur noch Katharina´, da kam sie schon, als hätte sie auf mich gewartet. Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich neben ihr sitzen wollte, schließlich ist sie Elisabeths Schwester, aber dann dachte ich mir, sie ist nicht verantwortlich für diese. Jeder lebt sein eigenes Leben, und meins ist anders als das der anderen.
Katharina setzte sich an das eine Ende der Bank und starrte auf die Menschen vor uns. Ich betrachtete sie. Sie ist etwas jünger als ich, hat blondes Haar, welches in zwei albernen Zöpfchen wie eine Schaukel rechts und links um ihre Ohren hing. Sie trug eine einfache weiße Bluse, die am Hals hochgeschlossen war. Dazu einen bunten , langen Rock. Dann schaute sie zu mir und ich konnte in ihre blauen Augen schauen. Schüchtern lächelte sie mir zu.
„Daach, Katharina“, begrüßte ich sie.
„Daach Schi-So“, antwortete das Mädchen. Sie betrachtete mich genauso wie ich sie. Das ist etwas, was ich in Deutschland gelernt habe. Menschen offen ins Gesicht blicken. Für die Diné ist das eine Unverschämtheit.
„Ich möchte mich entschuldigen“, sagte sie plötzlich leise. Ich konnte sie kaum verstehen.
„Wofür möchtest du dich entschuldigen? Du hast nichts Unrechtes getan.“
„Ich möchte mich für Elisabeth entschuldigen. Sie hat dich ausgenutzt.“
„Aber da kannst du doch nichts für.“
„Trotzdem.“
Ich zuckte mit den Schultern. Ich verstand nicht, was sie damit sagen wollte. Jeder ist für sich selbst verantwortlich.
„Ich werde ab morgen im Forsthaus aushelfen. Elisabeth wird nicht mehr zu euch kommen.“
„Ich freue mich.“
Und das meinte ich wirklich so. Dann haben wir bestimmt noch eine Stunde nebeneinandergesessen und dem Treiben der anderen zugeschaut.
9. Oktober ´68
Ein Brief von Mama:
Lieber Schi-So,
ich bin selbst im Fort die Post holen, habe deinen Brief sofort geöffnet, da EILT darauf stand. Ich beantworte deine Fragen sofort, damit du dich nicht länger quälen musst. Ich würde ja auch ein Telegramm schicken, doch dafür ist das Thema zu privat.
Zu deinen Fragen:
Ich kann natürlich nur auf meine eigenen Erfahrungen zurückgreifen. Gewalt ist immer falsch. Es muss beiden gefallen und man sollte ehrlich miteinander umgehen, sagen, was einem unangenehm ist und respektieren, was der andere nicht möchte. Alles andere findet sich von selbst. Papa und ich haben darüber gesprochen. Uns war von Anfang an klar, dass es in unseren Kulturen Tabus gibt, die dem anderen fremd sind. Zum einen war das der Kuss. Papa war, genau wie du, so erzogen worden, dass es ein Tabu ist, wenn sich die Lippen oder die Zungen berühren. Ich vermute, damit sich keine Krankheiten übertragen. Das habe ich auch immer respektiert. Allerdings genießt er es, wenn ich seinen restlichen Körper küsse. Mein Tabu kennst du, ich würde mich nie in der Öffentlichkeit ohne Kleidung zeigen, aber Papa darf alles von mir sehen und berühren. Aber ich nehme an, da hat jede Frau ihre eigenen Grenzen. Am ersten Abend haben Papa und ich einfach ausprobiert, was der andere mag, und was nicht. Ehrlich sein ist wichtig. Sagen, das möchte ich nicht, akzeptieren, wenn der andere etwas nicht möchte. Vorsichtig ausprobieren.
Wie Kinder gemacht werden, weißt du. Doch auch dieser Akt sollte beiden Freude bereiten. Man tut es auch, wenn man keine Kinder möchte. Allerdings sollte man dann aufpassen. Sobald der männliche Samen in die Frau dringt, ist die Möglichkeit gegeben, dass neues Leben entsteht. Bei Frau Wolf war dies häufig der Fall, bei mir nicht. Ich habe nur dreimal neues Leben empfangen dürfen, obwohl wir den Akt fast täglich vollziehen. Nachdem ich die Zwillinge verloren habe, ist etwas in mir kaputt gegangen. Ich kann nie wieder ein Kind bekommen. Aber ich habe weiterhin Freude daran, mit deinem Vater so eng zusammenzuliegen. Den Akt sollte man nicht leichtfertig mit einem beliebigen Mädchen vollziehen, sondern nur mit der Frau, die man wirklich liebt und von der man geliebt wird, die man heiraten möchte oder erst nach der Heirat. Da unterscheiden sich wieder die Kulturen. Die Deutschen sind da sehr streng. Für sie gilt, erst zu heiraten, dann das Lager zu teilen. Die Diné sind da etwas großzügiger. Doch sobald neues Leben entsteht, muss das Paar zusammenziehen. Das hat etwas mit Verantwortung zu tun. Der Mann darf die Frau mit ihrer Situation nicht allein lassen. Der Mann muss für sie sorgen und auch für das Kind, welches dann geboren wird.
Ich hoffe, ich habe damit all deine Fragen beantwortet.
Das Wichtigste ist: Respektiert einander, respektiere die Vorlieben und Abneigungen der Frau, die du liebst. Und sie sollte dasselbe mit dir machen. Tu nichts, was dir nicht gefällt! Sage NEIN und respektiere ein NEIN!
In ewiger Liebe, deine Mama
Mama, danke, dass du so ehrlich bist. Du hast mir sehr damit geholfen.
10. Oktober ´68
Morgens
Nach den heutigen Vorlesungen werde ich Adolf ins Forsthaus begleiten. Ich bin neugierig, wie Katharina dort zurechtkommt. Und nicht nur deswegen. Wir müssen uns einen Forstbetrieb suchen, wo wir vier Wochen Arbeitsdienst machen. Praktische Erfahrungen sammeln. Ich möchte Herrn Wolf fragen, ob er mir etwas vermitteln kann. Auch Adolf muss sich eine Stelle suchen. Vielleicht können wir zusammen irgendwo unterkommen.
Abends
Herr Wolf hat mir ein wunderbares Angebot gemacht. Er nimmt mich für die vier Wochen mit. Natürlich ohne Adolf, der kennt sich ja aus und soll in einen fremden Betrieb gehen. Aber für mich wäre es natürlich schön, denn ich fühle mich im Forsthaus sehr wohl. Unser Einsatz beginnt im November. Man ist der Meinung, dass die Forstbetriebe in dem Monat Hilfe gebrauchen können, denn das Wild muss überprüft und vielleicht versorgt werden, Sturmschäden beseitigt und altes Holz entfernt werden. Ich freue mich darauf.
Das zweite Studienjahr besteht hauptsächlich aus praktischen Übungen. Wir sollen unser Wissen, welches wir erlangt haben, vertiefen und Erfahrungen sammeln. Wenn alles nach Plan verläuft, habe ich im nächsten Jahr Ende September alles hinter mir und kann nach Hause.
20. Oktober ´68
Mama, alles Gute zum Geburtstag! Ich hoffe, du hast meinen Brief pünktlich bekommen.
2. November ´68
Ich bin im Forsthaus eingezogen. Mittlerweile gibt es viel Platz dort. Katharina wohnt in der Gästestube. Ich habe ein Zimmer für mich, in den zwei anderen Zimmern wohnen noch zwei der Mädchen und ein Bruder. Alle anderen Geschwister Adolfs sind in Internaten untergebracht.
Ab heute begleite ich Herrn Wolf jeden Morgen bei seinen Rundgängen durch sein Revier. Er ist jetzt Förster und Jäger des Grafen, hat somit zwei Aufgaben zu bewältigen. Ich kümmere mich hauptsächlich um den Forst, entferne abgestorbene Äste und Bäume, die später als Brennholz dienen. Wir fällen auch gesunde Bäume. Herr Wolf erklärt, dass auch der Graf Brennholz benötigt. Dieses Holz wird von den Arbeitern des Grafen verarbeitet. Holz sollte ein paar Jahre lagern, bis es trocken ist, um damit zu heizen. Wir kennzeichnen auch die Bäume, die in die Sägemühle kommen, um dort zu Brettern verarbeitet zu werden. Wir müssen ein Arbeitstagebuch führen. Dies wird für das Studium verlangt. Jetzt schreibe ich also zwei Tagebücher.