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XVI - Die Zukunft, die ich mir wünsche

Kurzbeschreibung
GeschichteFamilie, Freundschaft / P16 / Gen
Emma Norman Ray
22.10.2021
30.09.2023
99
288.496
6
Alle Kapitel
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Dieses Kapitel
3 Reviews
 
 
22.10.2021 1.095
 
Hallo und ein herzliches Willkommen zu dieser Fanfiktion! Es freut mich, dass du einmal einen Blick hinein riskierst und hoffe, dass dir das Lesen ebenso viel Freude wie mir das Schreiben bereitet.

An dieser Geschichte werkele ich schon seit einigen Monaten und habe jetzt genug Vorlauf, um sie regelmäßig zu updaten. Ein neues Kapitel wird es voraussichtlich jeden Samstag geben (andernfalls kündige ich das vorher an, versprochen). Über Feedback, gleich welcher Art, würde ich mich natürlich sehr freuen – sei es, um meine eigenen Schreibfähigkeiten zu verfeinern, Logiklöcher und Fehler auszumerzen oder einfach nur mit dir als Leser*in in Korrespondenz zu treten.

Also, was soll das Ganze hier werden? Mir war es einerseits ein Anliegen, Charaktere ein wenig in den Vordergrund zu rücken, die leider nicht die Aufmerksamkeit bekommen haben, die sie verdienten; dann habe ich mich gleichfalls mit Abschnitten innerhalb des Mangas auseinandergesetzt, die weniger gut beleuchtet waren als andere. Selbstverständlich wird es auch jede Menge Drama, ein kleines bisschen Action, Veränderungen im Ablauf der Story und später hin auch eine Prise Romantik geben. Ein wildes Potpourri von allem eben.

Ich möchte noch erwähnen, dass ich die wichtigsten Charaktere um vier Jahre altern habe lassen (vergleichbar mit der Realverfilmung). Der Grund wird sich später hin noch erschließen und hoffentlich nachvollziehbar sein.

An passenden Stellen habe ich aus Dialog aus der deutschen Version des Mangas zurückgegriffen; ich werde das nicht explizit kennzeichnen, doch falls Fragen bestehen, bin ich jederzeit gerne zur Stelle.

Nun genug der langen Vorrede, denn ich wünsche euch viel Spaß mit


~ XVI ~


oder auch


~ Die Zukunft, die ich mir wünsche ~


~ ~ ~


~ I ~


oder auch


~ Abschied ~


~ ~ ~


Ray ließ sein Leben los.

Emma fing es auf und gab es ihm zurück.

Durch einen Schlag ins Gesicht. Einen Schnitt ins Ohr. Eine Hand, die ihn die Mauer emporzog.

Ray starrte zurück zum Feuer. Hellster Schein im Dunkel der Nacht, wie das einzige Zuhause, das er kannte, von seiner Rache verzehrt wurde. Bis hierher noch roch er es, verbranntes Holz und verbrannte Erinnerungen. Er hatte sich darin verlieren wollen, ein letztes Mal.

Natürlich war er wieder klüger gewesen.

Normans Lächeln hatte sich kein bisschen verändert. Freundlich, aber auch verschlagen. Es gehörte Ray allein, dieses Lächeln, wenn schon sonst nichts mehr.
Er war nicht einmal überrascht Norman zu sehen. Sollte er seinen Todestag wirklich überleben, würde ihn gar nichts mehr überraschen können. Und natürlich musste sein bester Freund einfach mitansehen, wie sein jahrelang gehegter Plan in Flammen aufging.

„Guck nicht so selbstgefällig“, schnaubte Ray, was Norman nur ein leises Lachen entlockte.

„Ich habe dich nach Strich und Faden hinters Licht geführt“, antwortete der Junge mit dem hellblonden Haar, das im Mondlicht der kalten Winternacht silbern schimmerte.

Das hatte er also gemeint, als er sagte, Ray solle den Mund halten und mitkommen, weil er ihm etwas Interessantes zeigen wolle… Eine Zukunft wie aus einem Traum. Eine Zukunft, in der der Junge sein Schicksal nicht länger verfluchen, in der er nicht länger alleine kämpfen musste. All das hatte er sich nie vorzustellen gewagt. Zu beängstigend war die Wirklichkeit gewesen, in der er eines Tages aufgewacht war. Zu sehr hatte es geschmerzt, sein Herz an etwas, an jemanden hängen zu wollen, nur um am Ende doch wieder alles zu verlieren.

Aber… vielleicht war nun der Zeitpunkt gekommen, sich doch wieder etwas wünschen zu dürfen. Dass kein einziger von ihnen sterben musste. Und dass er mit seiner Familie zusammenleben dürfte. Für immer.

Alles nur dank Emma.

Ray und Norman sahen zu ihr, wie sie den Kindern Mut zusprach, den Abgrund über die Mauer zu überqueren. Trotz ihrer Verletzungen, trotz dass sie am ganzen Leib zitterte und furchtbar blass aussah. Nie zuvor war sie Ray so stark erschienen wie in ebendiesem Augenblick.

„Wir haben es beide für unmöglich gehalten.“ Aus Normans Stimme sprach mehr als nur Zuversicht und Bewunderung. Grenzenlose Zuneigung. Liebe über den Tod hinaus.

Ray sah Emma nicht mit den gleichen Augen, wie Norman es getan hatte, das war ihm schon immer bewusst gewesen. Sie war die Hälfte dessen, was ihm immer am meisten bedeutet hatte. Er liebte sie, auch wenn sie unvernünftig und unbesonnen handelte, immer ihren idealistischen Grundsätzen treu blieb, egal wie unwahrscheinlich das Erreichen ihrer Ziele auch war. Womöglich auch gerade deswegen… Er liebte sie für alles, was er nicht hatte sein können. Eine Vertrauensperson, der ihre Geschwister blind folgten. Die Furchtlosigkeit in Person, die alle mitnehmen würde, irgendwann.

Ray liebte Emma über alles in der Welt.

Doch er liebte sie nicht, wie Norman sie wohl geliebt hatte.

Ihre Geschwister überquerten den Abgrund, einer nach dem anderen. Dons Laterne leuchte auf der gegenüberliegenden Seite des Waldes – in der Freiheit. Die Kinder waren frei, würden niemals ausgeliefert, niemals ihr Herz zerstochen bekommen von einer blutsaugenden Blume. Niemals zwischen den Zähnen eines menschenfressenden Monsters enden.

Ray atmete auf. Das hier, das hatte er sich wirklich niemals zu träumen gewagt. Die Hand seines toten Bruders drückte sanft die seine.

„Hierfür hat es sich gelohnt, oder, Ray?“

Ein Windstoß wirbelte seine Haare auf, fuhr durch seine Kleider wie ein kalter Hauch.

Du musst nicht aufgeben.

Norman war fort, mitsamt seinem Lächeln, mitsamt seiner Stimme und seiner Hand, die ihn ebenso emporgezogen hatte wie die Emmas.

Ray hatte nicht gewusst, wie sehr er Norman vermissen konnte.

Er war nicht länger allein. Weder, als er Jemima an sich drückte und den Graben überquerte, noch als ihn seine Geschwister jubelnd in Empfang nahmen. Er war nicht mehr allein. War es nie gewesen. Doch jetzt blieb keine Zeit darüber nachzudenken. Das konnte er später noch. Sterben konnte er später noch. Jetzt musste er zusammen mit den anderen fliehen, für sie kämpfen und sie beschützen. Er würde von nun an niemanden mehr den Rücken kehren und sterben lassen.

Wie er einst zu Emma gesagt hatte, als sie ihre ersten Schritte Richtung Freiheit gegangen waren – Wenn wir das wirklich durchziehen wollen, dann aber richtig!

Als Emma schließlich als Letzte zu ihnen gestoßen war, blickte sie noch einige Momente zurück zur Mauer. Ray tat es ihr gleich, und fast hoffte er, Norman dort oben stehen zu sehen, ein letztes Mal.

Selbstverständlich tat der Blödmann ihm nicht den Gefallen.

Der Dunkelhaarige schloss die Augen, den Ansatz eines Lächelns auf den Lippen. Er musste Norman danken. Endlich hatte er kapiert, was sein Freund ihm hatte sagen wollen an jenem fernen Oktobertag. Er hatte gewonnen, endgültig.

Leicht tippte Ray Emma an der Schulter an und bedeutete ihr mit einem Kopfnicken mitzukommen. Das Mädchen sah ein letztes Mal zurück und rannte dann voraus, Richtung Ungewissheit, Richtung Freiheit.
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