Solange Sterne strahlen!
von LaetiX
Kurzbeschreibung
Hallo Ihr Lieben! Bereits viele vor mir haben über das wohl berühmteste Schiff der Welt Geschichten und Erzählungen verfasst, sich in ihrer Fantasie an Bord der Titanic begeben und wir alle, die diese Geschichten gelesen haben, litten, bangten und hofften mit den Betroffenen als der Untergang nahte und der Kampf um Leben und Tod begann. Auch ich möchte meine Gedanken und meine Geschichte über die Titanic mit Euch teilen. Leider werdet Ihr Rose und Jack hier nicht finden, aber Ihr werdet andere Besatzungsmitglieder vielleicht von einer ganz anderen Seite sehen und Euch werden neue Charaktere begegnen. Es ist keine klassische Liebesgeschichte und doch ist die Liebe präsent. Allerdings auf eine ganz andere Art und Weise. Im Mittelpunkt steht ein Mann, der meiner Ansicht nach viel zu selten erwähnt wird. Er hat eine eigene Geschichte verdient und darum habe ich mich dazu entschlossen ihm eine zu widmen.
GeschichteSchmerz/Trost, Tragödie / P16 / Het
Thomas Andrews
07.10.2021
28.03.2022
24
83.256
5
Alle Kapitel
15 Reviews
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Dieses Kapitel
1 Review
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08.10.2021
1.544
Hallo Ihr Lieben, nach dem Vorwort des Protagonisten kommt hier das erste Kapitel.
Anfangs tat ich mich etwas schwer damit, weil ich nicht den "klassischen" Start verwenden wollte sondern solltet Ihr etwas mehr über die Familienverhältnisse erfahren und wie sich der Bau der Titanic auf die Ehe auswirkte. Ich wünsche Euch einen schönen Start ins Wochenende und bleibt oder werdet gesund!
Alles Liebe, Eure Laetitia! :)
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Belfast, 08. April 1912:
In der "Harland & Wolff" Werft war selbst zu später Stunde noch Hochbetrieb. An jeder Ecke wurde gearbeitet und ich eilte von Arbeiter zu Arbeiter um alles genauestes zu überprüfen. Da war ich sehr gewissenhaft. Lieber zwanzigmal mehr als einmal zu wenig. Gegen 01:30 Uhr verließ ich meinen Arbeitsplatz. Ich trug meine Arbeitszeit in die Liste des Konstruktionspersonals ein, versah sie mit meinen Initialen und ging zu meinem Wagen, einem Ford Renault. Mittlerweile war niemand mehr auf dem Gelände. Nur noch die Nachtwächter, die für die Sicherheit zuständig waren, dass den Schiffen nichts passierte. Aber selbst die bekam ich niemals zu Gesicht. Seit Wochen hatte ich meine Familie nicht mehr gesehen. Mit meiner Frau Helen war ich seit vier Jahren verheiratet. Vor gut zwei Jahren erblickte dann schließlich unsere kleine Tochter Elizabeth das Licht der Welt; wir nannten sie liebevoll "Elba". Als ich in die Einfahrt einbog lag unser Anwesen still, beinahe gespenstisch da. Das Wetter hatte sich während der Fahrt dramatisch verschlechtert und als ich die große Eingangshalle betrat war ich nass bis auf die Knochen.
Den Mantel legte ich dennoch sorgfältig ab und ging dann in die Küche um mir eine Tasse Earl Grey aufzubrühen. Nebenbei griff ich in den Brottopf, nahm mir eine Scheibe heraus und belegte sie mit Käse. Anschließend balancierte ich das Tablett zusammen mit meiner Arbeitstasche und den Bauplänen, die ordnungsgemäß in den großen Transportrollen verstaut waren die schwere Holztreppe hinauf. Dabei musste ich Acht geben nicht zu fallen, aber schließlich war ich vor der Tür meines Büros angekommen. Mit Mühe drückte ich die Klinke mit dem Ellenbogen hinunter und stellte die Arbeitstasche links neben dem Regal ab welches bis zur Decke reichte. Dann konnte ich endlich den Lichtschalter betätigen und stellte das Tablett auf einen kleinen Beistelltisch. Ich nippte kurz an meinem Tee und nahm zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag meine Pläne zur Hand, welche ich gradlinig auf meinem Schreibtisch ausrollte. Doch ich spürte wie mein Körper immer schwerer wurde, meine Augen fühlten sich an wie zentnerschwere Ziegelsteine und ehe ich mich versah hatten sich meine Arme wie von selbst auf die Tischplatte gelegt. Ich trug immer noch meine Kleidung, die einen strengen Geruch von Maschinenöl vorwies. Ich war an diesem Tag im Maschinenraum der Tenderschiffe gewesen um etwas zu kontrollieren und nachzubessern.
Das Geräusch eines tosenden Gewitters beendete an diesem Morgen pünktlich um fünf Uhr die kurze Nacht und ließ mich in der irischen Nachtkühle im Badezimmer frösteln. Mit Mühe gelang es mir die schwarzen Striemen von der Haut zu bekommen. Mit frischem Hemd, passender Hose und rasiert ging ich leise in die Küche um irischen Tee aufzubrühen. Mein Tablett aus dem Büro hatte ich in der Nacht nicht mehr angerührt weshalb der Earl Grey auch kalt und der Käse hart geworden waren. Beides entsorgte ich mit schlechtem Gewissen. Es war immer noch böig und ich fragte mich ob in der Werft alles glatt lief. Beim besten Willen konnte ich es nicht ausstehen wenn ich nicht alles selbst kontrollieren konnte. Aber aufgrund der besonderen Situation wollte ich mir darüber nicht allzu sehr den Kopf zerbrechen. Doch in diesem Moment stieß ich, immer noch in Gedanken versunken, gegen die Teekanne welche mit einem lauten Aufprall auf dem Boden landete. "Oh verdammt", fluchte ich beinahe lautlos und begann die Scherben aufzusammeln. Helen würde mir den Kopf abreißen. Diese Teekanne war ein altes Erbstück ihrer Urgroßmutter und fast das Einzige, dass ihr von der alten Dame noch geblieben war. In der Hoffnung, dass Helen davon nichts mitbekam schaffte ich die Scherben weg, goss den Tee in eine andere Teekanne, welche zum klassischen Service gehörte und ging damit in den Speisesaal. Was für ein holpriger Start in den Tag. Unter dem Arm hatte ich mein Notizbuch und eine kleine Karte von der Route, die wir befahren würden. Es verging ungefähr eine Stunde als ich Schritte hörte: "Thomas bist Du das?" Langsam wurde die Tür geöffnet und als mich die Gestalt erblickte hellte sich ihre Miene auf. "Oh Thomas!" Meine Frau lief hastig auf mich zu und fiel mir in die Arme. Ich saß an meinem Platz und hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, so fest drückte sie sich gegen meine Brust. Für einen kurzen Augenblick hatte ich das Gefühl sie würde jeden Moment kollabieren weil sie sich so freute. Ich zog sie sanft am Arm auf meinen Schoß und sie schmiegte sich an meine Schulter. Aus dem Augenwinkel konnte ich kleine glitzernde Tränen in ihren Augen wahrnehmen. Meinen linken Arm hatte ich um ihre Taille gelegt, die rechte Hand lag auf ihrer, die eiskalt war. "Alles ist gut Liebling", murmelte ich in ihre dunklen dichten Haare und hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe. Wie sehr musste sie mich vermisst haben! Nach einigen Minuten hob sie den Kopf und sah mich an. Tränen hingen ihr in den Wimpern. Als sie zu sprechen begann bebte ihre Stimme beinahe: "Ich dachte schon Du kommst nie mehr nach Hause. Wir haben Dich so vermisst und die Kleine fragt jeden Tag nach Dir!" Vorsichtig schob ich sie von mir weg um ihren Blick zu festigen: "Ich hab Euch auch sehr vermisst, aber Du weißt, dass die Tit..." Weiter kam ich nicht, denn meine Frau entriss sich meiner Umarmung als die ersten Buchstaben des Wortes welches Helen so verabscheute über meine Lippen kamen. Sie erhob sich und stand jetzt mit dem Rücken zu mir. Ich konnte nur erahnen wie verletzt sie sein musste und stand ebenfalls auf. Mit Zeige- und Mittelfinger umfasste ich ihre schlanke Hand, die sie mir aber entzog: "Ja ich weiß. Die Titanic! Deine Titanic!"
Sie machte eine kleine Pause und jetzt funkelte sie mich wütend an: "Für Dich gibt es seit Monaten nichts anderes mehr Thomas! Wann hast Du das letzte Mal nach unserer Tochter gefragt? Wann hast Du jemals einen einzigen Gedanken daran verschwendet wie wir ohne Dich zurecht kommen? Wenn man es genau nimmt standen wir doch die ganze Zeit ohne Mann und Vater da. Ich musste zusehen wie ich alles allein geregelt bekomme. Den Haushalt, die Erziehung unserer Tochter, ihre Fragen wann der Papa wieder nach Hause kommt und ob Du uns überhaupt noch lieben würdest. Du glaubst doch nicht, dass sie mit ihren zwei Jahren noch nicht versteht, dass sie gerade dabei ist ohne Vater aufzuwachsen." Helen schnappte nach Luft und da wo gerade noch Tränen der Freude und Erleichterung geflossen sind hatte sich nun eine ungeheuerliche Wut angestaut. Ich wusste nur allzu gut, dass meine Ehegattin eifersüchtig auf das neue Schiff war, welches die Menschen staunen lassen sollte. "Wie hast Du Dir denn zukünftig unser Familienleben vorgestellt? Hätten Elba und ich weiterhin ohne Dich leben sollen während Du die Nächte mit tausenden Tonnen Stahl verbringst? Hast Du einmal darüber nachgedacht was aus uns wird wenn Du bei einem Deiner Schiffsbauten umkommst? Daran denkst Du nicht!" "Helen! Es reicht!" Ich hatte sie bei den Schultern genommen und drehte sie mit einem festen Griff in meine Richtung. Ich war normalerweise die Ruhe in Person und von mir war man es nicht gewohnt, dass ich laut werden würde. Natürlich konnte ich ahnen, dass mir Vorwürfe bezüglich der Titanic und meiner Arbeit nicht erspart blieben, aber das Helen mir derartige Unterstellungen machte, ließ auch ich nicht auf mir sitzen. Dennoch versuchte ich es auf die ruhige Art: "Was soll ich denn tun? Ich bin nun mal der Chef-Konstrukteur und kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen. Ich habe Verantwortung! Unter meiner Hand geht alles durch. Wenn eine Schraube nicht ordentlich sitzt, eine Niete nicht nach Vorschrift gelötet wurde oder die Davits der Rettungsboote nicht funktionieren, dann ist das meine Schuld! Du hast gewusst, dass ich viel arbeite als Du mich geheiratet hast!"
Bei Gott! Was hatte ich da gerade gesagt? Helen wich jetzt blass und ängstlich zurück. In dem Moment hörten wir von oben ein Geräusch. Unsere Tochter! Eiligst wollte ich in aus dem Zimmer, doch sie hielt mich am Arm fest: "Du brauchst nicht zu gehen Thomas! Du hast Dich die ganze Zeit nicht um Elba gekümmert. Also musst Du es jetzt auch nicht. Geh zu Deinem Schiff zurück und lass uns unseren Frieden!" Mit diesen Worten und aufsteigenden Tränen ließ sie mich fassungslos zurück und die Tür ins Schloss fallen. In diesem Augenblick krampfte sich mein Herz zusammen und ich hatte für einen Moment die Empfindung als würde es mit mehrfachen Messerstichen durchbohrt werden. Ich liebte meine Familie über alles, doch ich liebte auch meine Arbeit und war gegenüber meinen Mitarbeitern, der Crew, vor allem aber den Passagieren, die auf der Titanic fahren würden verpflichtet ordnungsgemäße Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Insgesamt würden mit der Besatzung zweitausendzweihundert Menschen an Bord sein.
Anfangs tat ich mich etwas schwer damit, weil ich nicht den "klassischen" Start verwenden wollte sondern solltet Ihr etwas mehr über die Familienverhältnisse erfahren und wie sich der Bau der Titanic auf die Ehe auswirkte. Ich wünsche Euch einen schönen Start ins Wochenende und bleibt oder werdet gesund!
Alles Liebe, Eure Laetitia! :)
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Belfast, 08. April 1912:
In der "Harland & Wolff" Werft war selbst zu später Stunde noch Hochbetrieb. An jeder Ecke wurde gearbeitet und ich eilte von Arbeiter zu Arbeiter um alles genauestes zu überprüfen. Da war ich sehr gewissenhaft. Lieber zwanzigmal mehr als einmal zu wenig. Gegen 01:30 Uhr verließ ich meinen Arbeitsplatz. Ich trug meine Arbeitszeit in die Liste des Konstruktionspersonals ein, versah sie mit meinen Initialen und ging zu meinem Wagen, einem Ford Renault. Mittlerweile war niemand mehr auf dem Gelände. Nur noch die Nachtwächter, die für die Sicherheit zuständig waren, dass den Schiffen nichts passierte. Aber selbst die bekam ich niemals zu Gesicht. Seit Wochen hatte ich meine Familie nicht mehr gesehen. Mit meiner Frau Helen war ich seit vier Jahren verheiratet. Vor gut zwei Jahren erblickte dann schließlich unsere kleine Tochter Elizabeth das Licht der Welt; wir nannten sie liebevoll "Elba". Als ich in die Einfahrt einbog lag unser Anwesen still, beinahe gespenstisch da. Das Wetter hatte sich während der Fahrt dramatisch verschlechtert und als ich die große Eingangshalle betrat war ich nass bis auf die Knochen.
Den Mantel legte ich dennoch sorgfältig ab und ging dann in die Küche um mir eine Tasse Earl Grey aufzubrühen. Nebenbei griff ich in den Brottopf, nahm mir eine Scheibe heraus und belegte sie mit Käse. Anschließend balancierte ich das Tablett zusammen mit meiner Arbeitstasche und den Bauplänen, die ordnungsgemäß in den großen Transportrollen verstaut waren die schwere Holztreppe hinauf. Dabei musste ich Acht geben nicht zu fallen, aber schließlich war ich vor der Tür meines Büros angekommen. Mit Mühe drückte ich die Klinke mit dem Ellenbogen hinunter und stellte die Arbeitstasche links neben dem Regal ab welches bis zur Decke reichte. Dann konnte ich endlich den Lichtschalter betätigen und stellte das Tablett auf einen kleinen Beistelltisch. Ich nippte kurz an meinem Tee und nahm zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag meine Pläne zur Hand, welche ich gradlinig auf meinem Schreibtisch ausrollte. Doch ich spürte wie mein Körper immer schwerer wurde, meine Augen fühlten sich an wie zentnerschwere Ziegelsteine und ehe ich mich versah hatten sich meine Arme wie von selbst auf die Tischplatte gelegt. Ich trug immer noch meine Kleidung, die einen strengen Geruch von Maschinenöl vorwies. Ich war an diesem Tag im Maschinenraum der Tenderschiffe gewesen um etwas zu kontrollieren und nachzubessern.
Das Geräusch eines tosenden Gewitters beendete an diesem Morgen pünktlich um fünf Uhr die kurze Nacht und ließ mich in der irischen Nachtkühle im Badezimmer frösteln. Mit Mühe gelang es mir die schwarzen Striemen von der Haut zu bekommen. Mit frischem Hemd, passender Hose und rasiert ging ich leise in die Küche um irischen Tee aufzubrühen. Mein Tablett aus dem Büro hatte ich in der Nacht nicht mehr angerührt weshalb der Earl Grey auch kalt und der Käse hart geworden waren. Beides entsorgte ich mit schlechtem Gewissen. Es war immer noch böig und ich fragte mich ob in der Werft alles glatt lief. Beim besten Willen konnte ich es nicht ausstehen wenn ich nicht alles selbst kontrollieren konnte. Aber aufgrund der besonderen Situation wollte ich mir darüber nicht allzu sehr den Kopf zerbrechen. Doch in diesem Moment stieß ich, immer noch in Gedanken versunken, gegen die Teekanne welche mit einem lauten Aufprall auf dem Boden landete. "Oh verdammt", fluchte ich beinahe lautlos und begann die Scherben aufzusammeln. Helen würde mir den Kopf abreißen. Diese Teekanne war ein altes Erbstück ihrer Urgroßmutter und fast das Einzige, dass ihr von der alten Dame noch geblieben war. In der Hoffnung, dass Helen davon nichts mitbekam schaffte ich die Scherben weg, goss den Tee in eine andere Teekanne, welche zum klassischen Service gehörte und ging damit in den Speisesaal. Was für ein holpriger Start in den Tag. Unter dem Arm hatte ich mein Notizbuch und eine kleine Karte von der Route, die wir befahren würden. Es verging ungefähr eine Stunde als ich Schritte hörte: "Thomas bist Du das?" Langsam wurde die Tür geöffnet und als mich die Gestalt erblickte hellte sich ihre Miene auf. "Oh Thomas!" Meine Frau lief hastig auf mich zu und fiel mir in die Arme. Ich saß an meinem Platz und hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, so fest drückte sie sich gegen meine Brust. Für einen kurzen Augenblick hatte ich das Gefühl sie würde jeden Moment kollabieren weil sie sich so freute. Ich zog sie sanft am Arm auf meinen Schoß und sie schmiegte sich an meine Schulter. Aus dem Augenwinkel konnte ich kleine glitzernde Tränen in ihren Augen wahrnehmen. Meinen linken Arm hatte ich um ihre Taille gelegt, die rechte Hand lag auf ihrer, die eiskalt war. "Alles ist gut Liebling", murmelte ich in ihre dunklen dichten Haare und hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe. Wie sehr musste sie mich vermisst haben! Nach einigen Minuten hob sie den Kopf und sah mich an. Tränen hingen ihr in den Wimpern. Als sie zu sprechen begann bebte ihre Stimme beinahe: "Ich dachte schon Du kommst nie mehr nach Hause. Wir haben Dich so vermisst und die Kleine fragt jeden Tag nach Dir!" Vorsichtig schob ich sie von mir weg um ihren Blick zu festigen: "Ich hab Euch auch sehr vermisst, aber Du weißt, dass die Tit..." Weiter kam ich nicht, denn meine Frau entriss sich meiner Umarmung als die ersten Buchstaben des Wortes welches Helen so verabscheute über meine Lippen kamen. Sie erhob sich und stand jetzt mit dem Rücken zu mir. Ich konnte nur erahnen wie verletzt sie sein musste und stand ebenfalls auf. Mit Zeige- und Mittelfinger umfasste ich ihre schlanke Hand, die sie mir aber entzog: "Ja ich weiß. Die Titanic! Deine Titanic!"
Sie machte eine kleine Pause und jetzt funkelte sie mich wütend an: "Für Dich gibt es seit Monaten nichts anderes mehr Thomas! Wann hast Du das letzte Mal nach unserer Tochter gefragt? Wann hast Du jemals einen einzigen Gedanken daran verschwendet wie wir ohne Dich zurecht kommen? Wenn man es genau nimmt standen wir doch die ganze Zeit ohne Mann und Vater da. Ich musste zusehen wie ich alles allein geregelt bekomme. Den Haushalt, die Erziehung unserer Tochter, ihre Fragen wann der Papa wieder nach Hause kommt und ob Du uns überhaupt noch lieben würdest. Du glaubst doch nicht, dass sie mit ihren zwei Jahren noch nicht versteht, dass sie gerade dabei ist ohne Vater aufzuwachsen." Helen schnappte nach Luft und da wo gerade noch Tränen der Freude und Erleichterung geflossen sind hatte sich nun eine ungeheuerliche Wut angestaut. Ich wusste nur allzu gut, dass meine Ehegattin eifersüchtig auf das neue Schiff war, welches die Menschen staunen lassen sollte. "Wie hast Du Dir denn zukünftig unser Familienleben vorgestellt? Hätten Elba und ich weiterhin ohne Dich leben sollen während Du die Nächte mit tausenden Tonnen Stahl verbringst? Hast Du einmal darüber nachgedacht was aus uns wird wenn Du bei einem Deiner Schiffsbauten umkommst? Daran denkst Du nicht!" "Helen! Es reicht!" Ich hatte sie bei den Schultern genommen und drehte sie mit einem festen Griff in meine Richtung. Ich war normalerweise die Ruhe in Person und von mir war man es nicht gewohnt, dass ich laut werden würde. Natürlich konnte ich ahnen, dass mir Vorwürfe bezüglich der Titanic und meiner Arbeit nicht erspart blieben, aber das Helen mir derartige Unterstellungen machte, ließ auch ich nicht auf mir sitzen. Dennoch versuchte ich es auf die ruhige Art: "Was soll ich denn tun? Ich bin nun mal der Chef-Konstrukteur und kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen. Ich habe Verantwortung! Unter meiner Hand geht alles durch. Wenn eine Schraube nicht ordentlich sitzt, eine Niete nicht nach Vorschrift gelötet wurde oder die Davits der Rettungsboote nicht funktionieren, dann ist das meine Schuld! Du hast gewusst, dass ich viel arbeite als Du mich geheiratet hast!"
Bei Gott! Was hatte ich da gerade gesagt? Helen wich jetzt blass und ängstlich zurück. In dem Moment hörten wir von oben ein Geräusch. Unsere Tochter! Eiligst wollte ich in aus dem Zimmer, doch sie hielt mich am Arm fest: "Du brauchst nicht zu gehen Thomas! Du hast Dich die ganze Zeit nicht um Elba gekümmert. Also musst Du es jetzt auch nicht. Geh zu Deinem Schiff zurück und lass uns unseren Frieden!" Mit diesen Worten und aufsteigenden Tränen ließ sie mich fassungslos zurück und die Tür ins Schloss fallen. In diesem Augenblick krampfte sich mein Herz zusammen und ich hatte für einen Moment die Empfindung als würde es mit mehrfachen Messerstichen durchbohrt werden. Ich liebte meine Familie über alles, doch ich liebte auch meine Arbeit und war gegenüber meinen Mitarbeitern, der Crew, vor allem aber den Passagieren, die auf der Titanic fahren würden verpflichtet ordnungsgemäße Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Insgesamt würden mit der Besatzung zweitausendzweihundert Menschen an Bord sein.