Kyourandotou - Zeit des Aufruhrs
von Vangueis
Kurzbeschreibung
In der Heian-Zeit, einer Zeit politischen Umschwungs und einer großen Kluft zwischen Arm und Reich sowie dem Goldenen Zeitalter des Jujutsu, träumt ein einfacher Bauer davon, das Land vor dem Bösen zu beshützen... dies ist die ungewöhnliche Geschichte des Watanabe no Tsuna, den man heute als einen der stärksten 'Dämonentöter' des Alten Japans kennt.
GeschichteÜbernatürlich, Historisch / P18 / Gen
OC (Own Character)
25.09.2021
17.11.2022
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25.09.2021
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2. Jahr der Anwa-Ära, Provinz Echigo
Das haselnussbraune Haar des Jungen klebte vor lauter Schweiß auf seiner Stirn, während mit einem lauten “Knack!” der Ast zerbrach, mit dem er den halben Nachmittag gegen die behelfsmäßige Strohpuppe geschlagen hatte. Es war zu seiner täglichen Routine geworden, mit Ästen, die stark genug waren, Schwertstreiche zu üben - schließlich wollte er ein Soldat des Tennou werden und gemeinsam mit den edlen Genji die Menschen zu beschützen. Doch das würde wohl immer ein Traum bleiben. Er war nur ein Bauernsohn und es war auch fraglich, ob irgendjemand in der Hauptstadt überhaupt dieses öde, kleine Dörfchen mitten in Echigo kannte. Der zerbrochene Ast landete auf einem Haufen anderer seiner Art, die ebenfalls als ‘Schwert’ ausgedient hatten. Als Feuerholz waren sie allerdings noch zu gebrauchen - zumindest, um eines zu entfachen. Der Junge band das Geäst mit einem zerschlissenen Strick zusammen, schulterte ihn und schritt zügig nach Hause, als der Himmel sich bereits rot verfärbte und der Tag in die Nacht überging.
“Wieder im Wald gewesen und Samurai gespielt, wa? Tsunemaru?”
Ein alter Mann saß auf einem Schemel vor seiner Strohhütte und lachte den Jungen aus einem Mund an, dem wenigstens noch drei Zähne vergönnt waren. Sie nannten den Alten Nukesaku, aber das war nicht sein richtiger Name - den hatte allerdings bereits Nukesaku selbst im Suff vergessen.
“Ich spiele nicht mehr. Immerhin habe ich schon fünfzehn Sommer gezählt; ich trainiere.” entgegnete Tsunemaru, woraufhin Nukesaku mit Sabber in den Mundwinkeln lachte und Tsunemaru auch ein wenig anspuckte.
“Es ist schön, dass du noch Träume hast…” sagte der Alte und winkte dann ab. “Ich will dich nicht weiter abhalten. Geh’ nach Haus, bevor es ganz dunkel wird. Heute Nacht werden sicherlich viele Flüche durchs Land streifen.”
Flüche. Deswegen nannten die anderen im Dorf den Alten ‘Nukesaku’ - Dummkopf. Die Wesen von denen er faselte, vor allem wenn er getrunken hatte, waren für die Leute nichts weiter als Schauermärchen. Tsunemaru jedoch glaubte dem alten Trunkenbold. Schließlich konnte er sie sehen - die Dinge, die Nukesaku Flüche nannte.
Warmes Wasser tropfte von dem dreckigen Lappen, als sie von zierlichen aber dennoch verhornten Frauenhänden ausgewrungen wurden.
“Gib mir eine Schale mit Brühe, damit ich sie Mutter geben kann.” sagte das Mädchen, woraufhin Tsunemaru mit einer Holzkelle etwas von der Knochenbrühe vor ihm im Topf in eine tonschale gab und an seine Schwester reichte.
“Wie geht es Mutter heute?” fragte der Junge und bekam keine Antwort. “Azusa?” hakte Tsunemaru noch einmal bei seiner Schwester nach.
“Es wird immer schlechter…” flüsterte Azusa. “Sie hat heute den ganzen Tag nach Vater gefragt und mich gar nicht wahrgenommen. Ich…” Sie schluchzte, woraufhin Tsunemaru beruhigend den Kopf seiner kleinen Schwester tätschelte.
“...wir schaffen das schon. Gemeinsam.” sagte er entschlossen und hielt seiner Schwester den kleinen Finger hin. “Das ist ein Versprechen.”
Azusa nickte, schniefte noch einmal und hakte dann mit ihrem kleinen Finger ein, als es an der Tür klopfte und sie aufgeschoben wurde. Der Dorfvorsteher trat ein und lächelte sie an.
“Tsunemaru. Azusa.” sagte der Vorsteher. “Kommt nach draußen. Ein Priester besucht das Dorf! Vielleicht kann er eurer Frau Mutter helfen. Kommt, kommt!”
Der Dorfvorsteher war ein alter Freund ihres Vaters gewesen und quasi Teil der Familie, weshalb er seitdem ihre Mutter erkrankte, immer wieder nach Tsunemaru und Azusa blickte. Der Junge und seine Schwester folgten dem Mann nach draußen. Die fröhliche Hoffnung stand Azusa ins Gesicht geschrieben, weshalb sich Tsunemaru auf die Zunge biss. Ein Priester zu dieser Stunde erschien ihm unwahrscheinlich. Doch weder wollte er seiner Schwester die Freude nehmen, noch selbst die Hoffnung aufgeben. Ungewöhnlich große Glühwürmer surrten durch das mittlerweile nächtliche Dorf, doch weder Azusa noch den Dorfvorsteher schienen die großen insekten aufzufallen. Tsunemaru folgte dem Gedanken jedoch nicht weiter, als er am Dorfeingang die Silhouette eines buddhistischen Wanderpriesters erkannte. Es war tatsächlich ein Priester, unverkennbar durch das Gewand und den Stab. Tsunemaru fiel ein Stein vom Herzen als es plötzlich ein schmatzendes Geräusch gab und der Dorfvorsteher vornüberkippte. Tsunemaru wusste nicht, wie er reagieren sollte. War der Vorsteher gestolpert..? Das sollte nicht sein. Der Dorfplatz war geebnet. Im nächsten Augenblickte spritzte etwas warmes über Tsunemaru und aus einem Loch im Hinterkopf des Dorfvorstehers krabbelte eine Zikade hervor, die etwa so groß war, wie der Unterarm von Azusa. Ebendiese kreischte erschrocken, wodurch Tsunemaru zurück in die Realität gerissen wurde. Er sprang zurück und griff seine Schwester fest am Arm.
“Lauf!” rief er ihr zu, während das Blut des Dorfvorstehers an ihm herunter tropfte.
Das Surren von übergroßen Insektenflügeln lag ihm im Nacken, als Azusa über ihre eigenen Füße stolperte und hinfiel. Tsunemaru wollte ihr wieder aufhelfen, doch die übergroße Zikade stürzte sich auf seine Schwester. Er griff nach dem Insekt und wollte es von Azusa wegschleudern, doch die Flügel des Biests schnitten wie Klingen durch seine Haut, sodass die Zikade sich sofort wieder auf seine Schwester stürzte. Doch plötzlich quiekte das Insekt und ging in blauen Flammen auf, als ein Schwert ihren Leib sauber zertrennte. Der Alte Nukesaku stand neben den Geschwistern und hielt das silbrig glänzende Schwert, dass die Zikade zerteilt hatte, fest in der Hand.
“Väterchen..” setzte Tsunemaru an, doch der Alte unterbrach ihn.
“Das ist wirklich das schlimmstmögliche Ereignis in einer Nacht wie dieser.” sagte der Alte ungewöhnlich klar und blickte in Richtung des Priesters.
Tsunemaru folgte dem Blick und erstarrte vor Angst. Ein Wolke hunderter, wenn nicht gar tausender Insekten - Zikaden, Heuschrecken, Motten, Wespen und unzählige mehr - erhob sich über dem Priester, flog in das Dorf und füllte die Häuser. Die angsterfüllten Schreie der Dörfler tönten gen Himmel und übertönten das Surren der unzähligen Insektenflügel.
Nukesaku blickte Tsunemaru und Azusa an und drückte dem Jungen schließlich das silbrige Schwert sowie einen Beutel in die Hand. Der Alte lächelte ihn an.
“Beweise mir, dass dein Training Früchte trägt und du nicht nur mit Stöcken Soldat gespielt hast.”
Der Alte stieß Tsunemaru unerwartet stark von sich.
“Ich halte sie ein wenig auf. ‘Bin allerdings ein wenig eingerostet. Geh, und schütze, was dir lieb ist.”
Wissen zur Heian-Zeit
Anwa-Ära:
Auch Anna-Ära gennant. Die 22. Ära der Heian-Zeit und Regierungsperiode von Kaiser Reizei. Das zweite Jahr dieser Ära entspricht dem Jahr 969 des gregorianischen Kalenders.
Provinz Echigo:
Echigo no kuni. Eine der historischen Provinzen Japans. Entspricht heute in etwa der Präfektur (Verwaltungsgebiet) Niigata. Sie wurde vor allem im 16. Jahrhundert im Sengoku Jidai, der Zeit der kriegführenden Reiche, durch den Feldherren Uesgi Kenshin bekannt, den man auch den “Drachen von Echigo” nannte.
Genji:
Ein einflussreicher Klan der Heian-Zeit, den man auch Minamoto nennt. Im zweiten Jahr der Anwa-Ära verlieren sie durch ein Komplott am Kaiserhof, dem sogenannten “Anwa-Vorfall”, große Teile ihres Einflusses zu Hofe an den Fujiwara-Klan, der dadurch zum führenden Klan Japans wurde. Die Minamoto wurden zu Vasallen der Fujiwara degradiert.
Das haselnussbraune Haar des Jungen klebte vor lauter Schweiß auf seiner Stirn, während mit einem lauten “Knack!” der Ast zerbrach, mit dem er den halben Nachmittag gegen die behelfsmäßige Strohpuppe geschlagen hatte. Es war zu seiner täglichen Routine geworden, mit Ästen, die stark genug waren, Schwertstreiche zu üben - schließlich wollte er ein Soldat des Tennou werden und gemeinsam mit den edlen Genji die Menschen zu beschützen. Doch das würde wohl immer ein Traum bleiben. Er war nur ein Bauernsohn und es war auch fraglich, ob irgendjemand in der Hauptstadt überhaupt dieses öde, kleine Dörfchen mitten in Echigo kannte. Der zerbrochene Ast landete auf einem Haufen anderer seiner Art, die ebenfalls als ‘Schwert’ ausgedient hatten. Als Feuerholz waren sie allerdings noch zu gebrauchen - zumindest, um eines zu entfachen. Der Junge band das Geäst mit einem zerschlissenen Strick zusammen, schulterte ihn und schritt zügig nach Hause, als der Himmel sich bereits rot verfärbte und der Tag in die Nacht überging.
“Wieder im Wald gewesen und Samurai gespielt, wa? Tsunemaru?”
Ein alter Mann saß auf einem Schemel vor seiner Strohhütte und lachte den Jungen aus einem Mund an, dem wenigstens noch drei Zähne vergönnt waren. Sie nannten den Alten Nukesaku, aber das war nicht sein richtiger Name - den hatte allerdings bereits Nukesaku selbst im Suff vergessen.
“Ich spiele nicht mehr. Immerhin habe ich schon fünfzehn Sommer gezählt; ich trainiere.” entgegnete Tsunemaru, woraufhin Nukesaku mit Sabber in den Mundwinkeln lachte und Tsunemaru auch ein wenig anspuckte.
“Es ist schön, dass du noch Träume hast…” sagte der Alte und winkte dann ab. “Ich will dich nicht weiter abhalten. Geh’ nach Haus, bevor es ganz dunkel wird. Heute Nacht werden sicherlich viele Flüche durchs Land streifen.”
Flüche. Deswegen nannten die anderen im Dorf den Alten ‘Nukesaku’ - Dummkopf. Die Wesen von denen er faselte, vor allem wenn er getrunken hatte, waren für die Leute nichts weiter als Schauermärchen. Tsunemaru jedoch glaubte dem alten Trunkenbold. Schließlich konnte er sie sehen - die Dinge, die Nukesaku Flüche nannte.
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Warmes Wasser tropfte von dem dreckigen Lappen, als sie von zierlichen aber dennoch verhornten Frauenhänden ausgewrungen wurden.
“Gib mir eine Schale mit Brühe, damit ich sie Mutter geben kann.” sagte das Mädchen, woraufhin Tsunemaru mit einer Holzkelle etwas von der Knochenbrühe vor ihm im Topf in eine tonschale gab und an seine Schwester reichte.
“Wie geht es Mutter heute?” fragte der Junge und bekam keine Antwort. “Azusa?” hakte Tsunemaru noch einmal bei seiner Schwester nach.
“Es wird immer schlechter…” flüsterte Azusa. “Sie hat heute den ganzen Tag nach Vater gefragt und mich gar nicht wahrgenommen. Ich…” Sie schluchzte, woraufhin Tsunemaru beruhigend den Kopf seiner kleinen Schwester tätschelte.
“...wir schaffen das schon. Gemeinsam.” sagte er entschlossen und hielt seiner Schwester den kleinen Finger hin. “Das ist ein Versprechen.”
Azusa nickte, schniefte noch einmal und hakte dann mit ihrem kleinen Finger ein, als es an der Tür klopfte und sie aufgeschoben wurde. Der Dorfvorsteher trat ein und lächelte sie an.
“Tsunemaru. Azusa.” sagte der Vorsteher. “Kommt nach draußen. Ein Priester besucht das Dorf! Vielleicht kann er eurer Frau Mutter helfen. Kommt, kommt!”
Der Dorfvorsteher war ein alter Freund ihres Vaters gewesen und quasi Teil der Familie, weshalb er seitdem ihre Mutter erkrankte, immer wieder nach Tsunemaru und Azusa blickte. Der Junge und seine Schwester folgten dem Mann nach draußen. Die fröhliche Hoffnung stand Azusa ins Gesicht geschrieben, weshalb sich Tsunemaru auf die Zunge biss. Ein Priester zu dieser Stunde erschien ihm unwahrscheinlich. Doch weder wollte er seiner Schwester die Freude nehmen, noch selbst die Hoffnung aufgeben. Ungewöhnlich große Glühwürmer surrten durch das mittlerweile nächtliche Dorf, doch weder Azusa noch den Dorfvorsteher schienen die großen insekten aufzufallen. Tsunemaru folgte dem Gedanken jedoch nicht weiter, als er am Dorfeingang die Silhouette eines buddhistischen Wanderpriesters erkannte. Es war tatsächlich ein Priester, unverkennbar durch das Gewand und den Stab. Tsunemaru fiel ein Stein vom Herzen als es plötzlich ein schmatzendes Geräusch gab und der Dorfvorsteher vornüberkippte. Tsunemaru wusste nicht, wie er reagieren sollte. War der Vorsteher gestolpert..? Das sollte nicht sein. Der Dorfplatz war geebnet. Im nächsten Augenblickte spritzte etwas warmes über Tsunemaru und aus einem Loch im Hinterkopf des Dorfvorstehers krabbelte eine Zikade hervor, die etwa so groß war, wie der Unterarm von Azusa. Ebendiese kreischte erschrocken, wodurch Tsunemaru zurück in die Realität gerissen wurde. Er sprang zurück und griff seine Schwester fest am Arm.
“Lauf!” rief er ihr zu, während das Blut des Dorfvorstehers an ihm herunter tropfte.
Das Surren von übergroßen Insektenflügeln lag ihm im Nacken, als Azusa über ihre eigenen Füße stolperte und hinfiel. Tsunemaru wollte ihr wieder aufhelfen, doch die übergroße Zikade stürzte sich auf seine Schwester. Er griff nach dem Insekt und wollte es von Azusa wegschleudern, doch die Flügel des Biests schnitten wie Klingen durch seine Haut, sodass die Zikade sich sofort wieder auf seine Schwester stürzte. Doch plötzlich quiekte das Insekt und ging in blauen Flammen auf, als ein Schwert ihren Leib sauber zertrennte. Der Alte Nukesaku stand neben den Geschwistern und hielt das silbrig glänzende Schwert, dass die Zikade zerteilt hatte, fest in der Hand.
“Väterchen..” setzte Tsunemaru an, doch der Alte unterbrach ihn.
“Das ist wirklich das schlimmstmögliche Ereignis in einer Nacht wie dieser.” sagte der Alte ungewöhnlich klar und blickte in Richtung des Priesters.
Tsunemaru folgte dem Blick und erstarrte vor Angst. Ein Wolke hunderter, wenn nicht gar tausender Insekten - Zikaden, Heuschrecken, Motten, Wespen und unzählige mehr - erhob sich über dem Priester, flog in das Dorf und füllte die Häuser. Die angsterfüllten Schreie der Dörfler tönten gen Himmel und übertönten das Surren der unzähligen Insektenflügel.
Nukesaku blickte Tsunemaru und Azusa an und drückte dem Jungen schließlich das silbrige Schwert sowie einen Beutel in die Hand. Der Alte lächelte ihn an.
“Beweise mir, dass dein Training Früchte trägt und du nicht nur mit Stöcken Soldat gespielt hast.”
Der Alte stieß Tsunemaru unerwartet stark von sich.
“Ich halte sie ein wenig auf. ‘Bin allerdings ein wenig eingerostet. Geh, und schütze, was dir lieb ist.”
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Wissen zur Heian-Zeit
Anwa-Ära:
Auch Anna-Ära gennant. Die 22. Ära der Heian-Zeit und Regierungsperiode von Kaiser Reizei. Das zweite Jahr dieser Ära entspricht dem Jahr 969 des gregorianischen Kalenders.
Provinz Echigo:
Echigo no kuni. Eine der historischen Provinzen Japans. Entspricht heute in etwa der Präfektur (Verwaltungsgebiet) Niigata. Sie wurde vor allem im 16. Jahrhundert im Sengoku Jidai, der Zeit der kriegführenden Reiche, durch den Feldherren Uesgi Kenshin bekannt, den man auch den “Drachen von Echigo” nannte.
Genji:
Ein einflussreicher Klan der Heian-Zeit, den man auch Minamoto nennt. Im zweiten Jahr der Anwa-Ära verlieren sie durch ein Komplott am Kaiserhof, dem sogenannten “Anwa-Vorfall”, große Teile ihres Einflusses zu Hofe an den Fujiwara-Klan, der dadurch zum führenden Klan Japans wurde. Die Minamoto wurden zu Vasallen der Fujiwara degradiert.