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Mario und Luigi, Im Netz der Höhlenwelten

von No Cookie
Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Familie / P12 / Gen
Bowser Daisy Kamek Luigi Mario Peach
24.08.2021
22.01.2022
39
136.958
4
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04.12.2021 3.775
 
Das Herz der Katakomben

Tränke und Schlaf hatten gut geholfen und das kräftige, warme Frühstück tat sein Übriges. Schon lange, seitdem sie hier hinunter gekommen waren, hatten sich Mario, Luigi und Laki nicht mehr so gut gefühlt. Wenn da nur nicht die ständige Feuchtigkeit gewesen wäre, die der wahre Herrscher der Unterwelt war. Hinterhältig kroch sie durch die Kleider bis auf die Haut und hinterließ dort kalte Nebel. Doch selbst daran gewöhnte man sich mit der Zeit und selbst der Wolkenreiter fror nicht mehr ganz so erbärmlich wie ganz zu Anfang. Vor allem, da er das Gefühl hatte seinem Ziel immer näher zu kommen. Das verriet ihm schon die Umgebung, in der sie sich am Morgen wiedergefunden und jetzt erst genauer betrachtet hatten. An den Hängen, die sich über tiefe Schluchten oder nahe der Wasserfälle erstreckten, gab es mittlerweile schon ordentliche Geländer. Die Wege waren frei und bequem zu begehen, nicht einmal die steifen Gewächse der Unterwelt wuchsen im Weg. Überall schimmerten die Milchsteine und hier und da entdeckte man auch wieder Säulen, die mit Werkzeugen bearbeitet sein mussten. Auf einer davon entdeckten Brüder und Lakitu sogar Schriftzeichen, die sich nicht deuten konnten und einen verschlungenen Pfeil.
Mario strich sich darüber durch den Schnauzer und wusste nicht, ob ihm das gefallen sollte. Zu was oder wem dieser Pfeil sie auch immer führte, derjenige wollte mittlerweile gefunden werden und scheute offenbar keinerlei Gefahren. Er konnte sich gut dagegen zur Wehr setzen und das wiederum bedeutete Gefahr für Mario, Luigi und Laki selbst. Trotzdem folgen die drei Retter den Höhlen und Durchgängen, an Quellen vorbei und über Wälder aus Steinspitzen hinweg. Ihr Schritte hallten in verwinkelten Wegen, doch nichts und niemand hielt sie auf, oder folgte ihnen auch nur durch die Schatten nach. Sie waren alleine und das fühlte sich fast bedrohlicher an, als spähende Augen und lauernde Feinde. Dann hatten auch die Brüder und der Lakitu endlich die Wendeltreppe erreicht, die sich wunderschön und endlos bis in die oberen Bereiche der Oberwelt wand. Wohin auch immer sie führte, es war wohl endlich das Ziel, dem sie schon so lange ahnungslos entgegen gingen. Ob sie neben Gefahren auch ein paar Antworten fanden?
Der Taugenichts runzelte die Stirn und kratzte sich fahrig in den Haaren herum. War das etwa alles? Keine Kämpfe, keine Wächter, keine tödlichen Hinterhältigkeiten? Nur eine schmale Wendeltreppe? „Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Eher mit mehr tödlichen Fallen oder wilden Prügeleien“, brummte er halblaut und fuhr über den weißen Stein, der sich seidig und irgendwie falsch anfühlte. Schon von hier unten konnte er viel zu viele Stufen zählen und der größte Teil davon verlor sich irgendwo weiter oben in der Düsternis. Leichter wurde es also nicht. Laki biss sich schuldbewusst auf die Lippen. Zumindest nicht für die Brüder, er hatte es mal wieder gut getroffen.
Luigi hatte sich die Mütze ein wenig zurückgeschoben, den Kopf in den Nacken gelegt und riss sich mit Mühe zusammen, um Mario NICHT vielsagend anzusehen. Der hatte es nicht wirklich mit Stufen und musste sogar recht oft vor ihnen kapitulieren. Luigi wusste genau, dass es Mario nie und nimmer alleine da hoch schaffen würde und er wusste, wie peinlich das seinem großen Bruder war. Der große Held, gebrochen von ein paar Steinstufen.  
Mario wusste das alles allerdings selbst sehr genau und er hasste es jetzt schon Luigi so eine Last sein zu müssen. Der hätte genug damit zu tun, sich selbst da hinauf zu schaffen. Kurz huschten seine Gedanken an eine ähnliche Situation zurück. Damals, in der Karmesinwüste, der Aufstieg aus den Minen. Das hier würde wohl ähnlich enden und Mario konnte gar nicht anders, als bitter über die Worte des Laktius zu lachen. Müde strich er sich über die Augen. „Was willst du denn? Das ist doch tödlich genug“, meinte er  und warf dem Taugenichts einen schmunzelnden Blick zu.
Der entblößte zur Antwort nur seine Zahnlücke und zwinkerte mit dem orangenen Auge. „Das war gut, Bruder Großheld. Wirklich gut“, gab er zu. Gleichzeitig schämte er sich aber erneut dafür hier wieder einmal von allem Unbequemen und Anstrengendem verschont zu bleiben, während die Brüder dieser Aufstieg vermutlich die Reste ihrer letzten Kräfte kosten würde. Bittend strich Laki über Dschollis Nebel und sah den entschuldigend an. Sie fühlten sich beide doch deutlich besser als noch am Abend zuvor. Vielleicht konnte sein braver Kamerad den Brüdern dann und wann aushelfen. Nur ein paar Stufen oder eine Windung, wenn es gar nicht mehr anders ging. Hier und da zumindest. Der Wolkenreiter selbst würde so lange natürlich auch absteigen, was ihn allerdings fast hilflos machen würde. Doch es schien nicht so, als könnte auf dieser Wendeltreppe viel Gefahr lauern oder entgegenkommen. Dafür war sie viel zu eng und zu steil. Kämpfe wären ein irrsinniger Balanceakt.
Der Lulatsch schnippte das feine Geländer mit dem Fingern an und verursachte damit einen hellen, fast gläsernen Ton, der durch die Höhle schwebte. Ihm schien das nicht geheuer, dennoch legte er die Stirn in Falten. „Immerhin können wir sicher sein, dass wir die wilden Gebiete der Unterwelt hinter uns haben. Das hier muss von Hand erschaffen worden sein, von wem auch immer“, stellte er ganz richtig fest und zögerte dann. „Oder für wen auch immer.“  Schwer hingen diese Worte im Raum, die doch jeder dachte. Der kleine Bruder atmete durch, griff nach Marios Hand und war sogar derjenige, der den ersten Schritt auf diese Treppe machte, die sie an ein Ende führen würde. An Welches auch immer.
Selbst das Gehen war seltsam leicht, flach und fast bequem. Die Stufen fühlten sich unter den Schuhen glatt an und waren breiter und niedriger, so dass man Beine und Knie nicht so weit heben musste, wie man es kannte. Das sparte Kräfte, half aber nur zu Beginn. Die  Treppe war lang und wann immer die Brüder in die Düsternis tauchten, die einen Teil davon verdeckte, mussten sie erkennen, dass es nur ein Stück davon war und noch weitere Schlingen und Stufen in mehr Dunkelheit auf sie warteten. Entschlossen und schweigend, stiegen Mario und Luigi immer weiter hinauf. Die Lippen entschlossen aufeinander gepresst und den Blick immer nur auf die nächste Stufe gerichtet. Und doch stand den Beiden bald der Schweiß auf der Stirn, rann ihnen die Schläfen hinunter und musste immer wieder abgewischt werden. Ihre Wangen waren rot vor Mühe und sie schnappten immer heftiger nach Luft. Nach der Zweiten Düstergrenze, musste die erste Rast eingelegt werden, es ging weder bei Luigi und schon gar nicht mehr bei Mario.
Schnaufend lehnten die Brüder mit dem Rücken an dem zarten Geländer, sogen gierig die saure, kalte Luft ein und versuchten ihre müden Beine am Zittern zu hindern. Sie mussten weiter. Nur zu gern nahmen sie erst einmal den Wasserschlauch und die saftigen Früchte entgegen, die Laki aus seinen Vorräten holte, um sie wieder ein wenig auf die Beine zu bringen. Ein besonders schöner Anblick war dabei der einsame Schokoriegel, den der Wolkenreiter dabei wohl noch fand. Schon etwas angeschmolzen, aber eine wahrhaftige Köstlichkeit. Erschöpftes Schweigen herrschte.
Diesmal hob Mario nicht einmal eine Augenbraue, als der Taugenichts mit Dscholli etwas weiter hinauf wirbelte, um dann eilig in der Dunkelheit weit oben zu verschwinden. Nur ein paar Herzschläge später kam die kleine Wolke ganz alleine und lautlos heran geweht, das freundliche Gesicht zu einem einladenden Lächeln verzogen. Als hätte er sich selbst daran schon gewöhnt, trug der treue Dscholli erst Mario dann Luigi ein gutes Stück die Treppe hinauf.
Dort hockte Laki mit unterschlagenen Beinen auf einer der Stufen und wartete geduldig, bis sie sich wieder vollständig versammelt hatten. Dann ging es weiter. Einen Abschnitt hinauf und noch einen, bis sich irgendwann statt weiterer Nebel endlich ein hell erleuchteter Höhleneingang aus der Dunkelheit schälte. Brodelnd rot und bedrohlich, aber doch ein durch und durch wunderbarere Anblick. Die Brüder tauschen einen Blick untereinander, dann einen mit dem Taugenichts und schon waren die nächsten Stufen mit Leichtigkeit genommen. Auf der Letzten davon zeichnete sich ein tanzender, schwarzer Schatten ab, deutlich zu sehen durch den roten Schein. Eine schlanke Gestalt, mit wilden Haaren, die Spiegelreflexe der Brillengläser tanzten über die dunklen Wände.
Da gab es für Laki kein Halten mehr, er rang nach Luft, schluckte, um seinen Hals zu befeuchten, dann war er auf und davon. „Cookie, Cookie, wir kommen schon“, rief er durch die Höhle und jagte seiner Schwester damit entweder einen tüchtigen Schreck oder tiefe Freude ein. Sie würde nie und nimmer damit rechnen, dass er hier war.
Auch Luigis Herz hüpfte aufgeregt, doch er hielt sich zurück, um Laki den Vortritt zu lassen, während Mario milde nickte und überglücklich war zumindest sie wieder zurück zu bekommen, um sie in Sicherheit bringen zu können.
Dann gellte ein Schrei durch die Höhle, scheinbar durch die gesamte Unterwelt, voller Entsetzen, Grauen und Kummer. Einen Herzschlag verharrten Mario und Luigi als wären sie selbst aus Stein, denn sie kannten diese Stimme. Dann rannten sie los, die letzten Stufen hinauf und zwischen die düsteren Nebel. Die zerrissen unter der Eile der Brüder und gaben auch denen den Blick auf den Überhang und die mächtige Höhle, das Herz der Katakomben, frei. Und auf mehr.
Luigi gab einen gurgelnden Laut von sich und stürzte beinahe vorneüber, als er beim nächsten Schritt gleichzeitig voller Schreck zurück prallte.
Mario griff geistesgegenwärtig zu, packte Luigi an den Armen und drückte ihn an sich. Den Kopf des kleinen Bruders an der Schulter geborgen, damit er nicht weiter hinsehen musste auf das was da vor ihnen vermutlich schon länger nur auf sie wartete. „Mama mia“, keuchte Mario selbst erfüllt von Grauen.
Er spürte, wie Luigi sich an ihn klammerte und ihn ein heftiges Beben von Kopf bis Fuß durchfuhr. Dann heiße Tränen, die durch den roten Pulloverstoff drangen, unterbrochen  von nur gekrächzten Worten. “Nein..., oh nein.“
Es war tatsächlich Cookie, die am Absatz der Treppe auf sie gewartet hatte. Sie stand im Schatten der Höhlenwand und hatte sich Mario, Luigi und Laki zugewandt. So verharrte sie reglos, nur anmutig beschienen vom Glühen der roten Lava, die das wertvolle Kupfer schimmern ließ, zu dem Cookie nun geworden war. Mit ihren Locken, der Brille und den lustigen Augen sah sie aus wie immer. Doch sie war nichts Anderes mehr, als eine scheußliche, wertvolle Statue ihrer selbst. Völlig stumm hieß sie ihre Brüder Willkommen. Eine Hand weit von sich gestreckt, die Andere auf ihr Herz gepresst und die nackte Angst auf dem  sommersprossigen Gesicht, starrte sie mit leeren, metallischen Augen den drei Rettern entgegen auf die sie so gehofft hatte. Dabei sah sie nichts mehr.
Laki kauerte auf allen Vieren auf Dscholli, war einfach nach vorne gekippt und krallte sich nun mit zitternden Händen so fest in die Nebel, dass die arme Wolke darüber das Gesicht verzog. Auf den Wangen des Wolkenreiters brannten die Tränen, eine unerträgliche Mischung aus Schmerz, Entsetzen, und grenzenloser Wut. Zu spät, er war zu spät gekommen, um das Einzige zu retten, dass er von hier unten hatte zurück haben wollen. Er war zu langsam gewesen, zu schwach und hatte versagt. Als Retter, aber vor allem als großer Bruder, dabei hatte er so gekämpft. „Ich w... wusste es“, würgte er und konnte kaum atmen vor lauter Zittern, „ich wusste, dass sie keine Gnade mit ihr haben würden. Dafür war sie ihnen zu wertlos.“ Der Hass fühlte ich grauenvoll an, betäubte aber gleichzeitig alles andere ein wenig. Laki fuhr zusammen, als der Lulatsch ihn in den Arm nahm und an sich ziehen wollte. Voller hilflosem Zorn schlug der Wolkenreiter sogar diese tröstende Geste beiseite und keuchte auf, um nicht zu schreien. Doch davon ließ Luigi sich nicht vertreiben, er griff nur noch fester zu und schlang dem Verzweifelten beide Arme um. Diesmal wehrte der Taugenichts sich nicht, er holte nur zitternd Luft und lehnte sich dann an, versteckte sich tief in den grünen Pullover. Er erlaubte es sich, weil Luigi sich die vielen, ehrlichen Tränen erlaubte. Er verstand es.
Mario sagte kein Wort, dazu fehlte ihm die Kraft. Nach einer Ewigkeit, wie ihm schien, trat er mit schwachen Schritten auf die schreckliche Skulptur zu und strich über das starre Gesicht, das sonst so lustig lachen konnte. „Ach, Cookie“, seufzte er nur hohl und neben tiefer Schuld brannte echter Kummer in ihm und eine Erinnerung, die dem  Helden ein bitteres Lächeln auf die Züge trieb. Musste sie ihn schon wieder so eindringlich daran erinnern, dass auch Helden sich schwach und hilflos fühlen durften? Die Angst in ihren starren Augen war an diesem Anblick das Schlimmste für Mario, denn er hatte sie nicht davor beschützen können. Diese Echos hatten ihm nicht erlaubt sie sicher nach Hause zu holen und jetzt konnte er es womöglich nicht mehr. Endlich löste die Wut die Leere und den Kummer ab. Der große Bruder nahm sanft Cookies Hand in seine in der Hoffnung ihr zeigen zu können, dass sie nicht alleine war. Dafür zu sorgen, dass sie etwas Anderes spüren konnte außer der Kälte des Metalls und wusste, dass sie hier waren. Auch für sie, natürlich auch für sie. Etwas knisterte dabei und als Mario die Stirn runzelte und genauer nachsah, entdeckte er, dass Cookie etwas festhielt. Ein Stück Papier, zerknittert und mitgenommen, aber das Gleiche wie in Salzwald, Fabrik und Silberkaverne. Hastig nahm der große Bruder es an sich und entfaltete es. ’Zweimal links, rechts, geradeaus, so tanzt der Gentleman. Nach dem dreiundzwanzigsten Takt, tritt er höflich von der Dame zurück‘ stand fahrig darauf gekritzelt, diesmal in Cookies Handschrift, und wirkte auf den Helden im ersten Moment wie eines von Cookies Rezepten. Von denen verstand er genau so viel oder ebenso wenig.  Was wollte sie ihnen nur sagen?
Schweren Herzens gesellte er sich zu Luigi und Laki, die sich wieder ein wenig gefasst hatten und sich nun in Taschentücher schneuzten, die Luigi immer dabei hatten. Ihre Augen waren gerötet von den Tränen und der Schmerz auf Lakis Gesicht traf Mario mitten ins Herz. Der Taugenichts hatte keine Ahnung wie gut er verstand. Doch genau deshalb schob der große Bruder das alles mühsam beiseite, straffte sich, um stark für sie sein zu können und strich beiden über den Kopf. Fragend hielt der große Bruder ihnen dann den Zettel hin. „Das hat sie gehalten. Was das wohl bedeuten soll?“, fragte er sanft.
Luigi schüttelte nur den Kopf, hob die Schultern und wischte sich die Augen. Seine Gedanken kreisten noch viel zu wild, um nachdenken zu können.
Der Wolkenreiter antwortete gar nichts, sondern schwebte nur mit unbewegter Miene an die Kante des Überhanges, um hinunter zu starren. „Wir müssen es wohl herausfinden“, meinte er schlicht, „Der beste Ort um Fragen zu stellen ist bestimmt der da unten“, meinte er nur und deutete auf Lavasee und Eisenburg hinab, die sich schweigend und drohend erhob. Außerdem hauste dort ganz sicher auch der dreckige Mistkerl, der seiner Schwester so etwas angetan hatte und den würde er finden. Und wenn er dafür den ganzen hässlichen Klotz alleine auseinandernehmen musste. Laki fuhr sich über die Augen und lächelte über sich selbst und seine Dummheit, als der Lulatsch neben ihn trat, um ebenfalls ein Blick auf ihr nächstes Ziel zu werfen. Das sonst so freundliche Gesicht ganz hart. Er war nicht allein, das durfte der Lakitu nicht vergessen.
Mario sah die Beiden stolz an, die sich nicht hatten brechen lassen. Im Gegenteil, nun nur noch mehr Grund zu haben schienen zu kämpfen und alles zum Guten zu wenden. Gemeinsam würden sie es schaffen die Entführten zu befreien und noch mehr. Er nickte den beiden Helden zu und mit dem nächsten Schritt brachen sie auf, um den Palast zu stürmen und zurück zu holen, was dort eingesperrt war.
Kurz wandte sich der große Bruder dabei noch einmal um und begab sich an Cookies Seite, die zurückzulassen ihm schwerer fiel als alles bisher hier Unten. „Hab keine Angst, meine Kleine. Wir holen dich nach Hause“, versprach er Cookie leise und drückte ihr einen Kuss auf die kalte Stirn. Sie vertraute ihm und er würde es nie enttäuschen. So etwas taten große Brüder nicht. Dann folgte er Laki und Luigi den seltsam bewachsenen Hang hinunter, der scheinbar vor die Tür des Palastes führte, der das Herz der Katakomben zu sein schien.
Vielleicht erfuhren sie dort endlich wozu diese Entführungen dienten und wer dahinter steckte. Der Weg hinab war seltsam friedlich, führte durch silberne Wiesen und an fast zarten Lavabächlein entlang. Der mächtige See lag ganz still und nur dann und wann hörte man das Gebrodel. Die Hitze schwebte unter die Decke und das viele Rot ließ diese Höhle unheimlich lebendig, fast fröhlich wirken. Es war so seltsam unpassend zu der Schwere, die sich über die drei Retter gelegt hatte. Hoffentlich hatten nicht noch Andere so ein Schicksal gefunden.
Die Helden griffen in ihren Schritten schneller aus, denn selbst, wenn Peach und Daisy davon verschont geblieben waren, zeigte es dennoch eines. Die Echos, die Entführer oder wer auch immer dahinter steckte, verfolgte seine Ziele gnadenlos. Er kannte kein Mitleid,  kein Erbarmen und offenbar auch keine Geduld. Es war nur eine Frage der Zeit oder der Widerworte, bis auch Andere seinen Wut zu schmecken bekämen.
Und ein Pilzkönigreich ohne Peach? Das wollte sich der große Bruder nicht einmal vorstellen, es war einfach zu unmöglich.
Unbehelligt und recht schnell langten auch Mario, Luigi und Laki zum Garten der Eisenburg. Die schlanken Eisentore waren geschlossen und das Schlüsselloch wirkte hartnäckig und funkelte geradezu abweisend. Die salzigen Heckenrosen überwucherten jeden Durchgang, durch den man sich hätte zwängen können und der kleine Bruder hatte den verrückten Eindruck, Blüten und Dornen würden sich ihnen abwehrend entgegen recken, kaum hatten sie die Anwesenheit der Drei bemerkt. Was dahinter lag, konnten sie kaum erkennen und nur, wenn Mario und Luigi sich auf die Zehenspitzen reckten. Der Taugenichts schwebte ein Stück höher, immer darauf bedacht selbst nicht unbedingt entdeckt zu werden und erhob sich deshalb nur bis zur Grenze der Oberkante des Tores. Was dahinter lag war ein seltsam schöner, stummer Anblick, aber nichts was den Lakitu überraschte. Womöglich auch nur, weil er sich hier Unten einfach von Nichts mehr überraschen ließ. Schnell kehrte er an die Seite der Brüder zurück, um zu Berichten. „Ein Irrgarten, genau so einer, wie man ihn sich vorstellt. Verrückte Wege, die überallhin gleichzeitig führen. Dazwischen immer wieder Springbrunnen, Skulpturen und Blumengärten. Allerdings...“, Laki zögerte, da er das eigentlich am Unheimlichsten gefunden hatte. „Es scheint alles aus Salz und Silber zu sein. Nichts lebt wirklich, nur wir.“ Mit diesen Worten jagte er Luigi eine dichte Gänsehaut über die Arme und der kleine Bruder trat nervös näher an Mario heran. Die Finger waren schon wieder ganz verkrampft.
Mario strich sich durch den Schnauzer und nickte. Das war bestimmt nicht alles, mit dem dieses Labyrinth aufwartete, sicherlich lauerte noch mehr darin, das sie nur noch nicht sahen, das vermutlich nicht gesehen werden wollte. Doch darum mussten die drei Retter sich Gedanken machen, wenn es so weit war. Zuallererst standen sie vor einem ganz anderen Problem. „Wie kommen wir hinein?“, fragte der Held und sah an dem fest verschlossenen Tor empor. Prüfend griff er nach den weißen Ranken, die daran wuchsen, um zu sehen ob er sie nicht zerbrechen oder zumindest beiseite schieben konnte. Fast sofort schoss ein scharfer, brennender Schmerz durch seine Handflächen und als Mario seine Hände unter einer Grimasse zurück riss, waren drei, vier der weißen Blüten, rot geworden. Blutrot. Ein paar Tropfen sickerten über die Naht der Handschuhe. „Scharf wie Klingen“, zischte Mario und ballte die verletzte Faust, um die Blutung zu stillen.
„M... Mario.“ Sofort war Luigi an der Seite des großen Bruders, bleich vor Sorge und erfüllt von der wirren Angst Mario könnte es nun genau so gehen wie Cookie. Zitternd nahm er die verletzte Hand in seine. Das war ein langer Schnitt. „Mario.“
Der wusste nur zu gut was in seinem kleinen Bruder vorging, er konnte es geradezu fühlen und schloss deshalb seine Finger um Luigis Hand. „Keine Sorge, nur ein normaler Schnitt, das hört schon gleich wieder auf“, versprach er und versuchte sich nicht anmerken zu lassen wie scharf das Salz der Blumen in dem frischen Schnitt brannte. Dankbar nahm er die sauberen Verbände entgegen, die Laki aus seinen scheinbar endlosen Vorräten zauberte. Während Luigi die Hand des großen Bruders sorgfältig und behutsam verband, funkelte der mit ungeduldigem Blick an dem Tor hinauf, das noch immer fast unschuldig im Schein der Lava funkelte. „Wie kommen wir hinein?“, brummte er nochmal und runzelte die Stirn.
Dscholli schob sich zwischen ihn und das Tor, den feixenden Lakitu den Brüdern zugewandt, dessen Augen schon wieder so herrlich funkelten. „Wie wohl? Wir klopfen höflich an“, schlug er vor und wog den grünen Panzer herausfordernd in der Hand.
Luigi blinzelte, dann verstand er und kicherte fast peinlich berührt in seine Handschuhe. Eigentlich hielt er von so handfesten Methoden nicht viel, aber hier mochte er die Vorstellung irgendwie. Deshalb griff er ohne zu zögern nach seinem Hammer und stellte sich neben Mario auf, der seine Waffe auch schon in der unverletzten Hand wog.
Dann schlugen sie zu, mit dem nächsten Klopfen ihres Herzens dröhnten zwei Hammerköpfe und ein wirbelnder, grüner Koopapanzer gegen Tor und Schloss. Es gab einen vollen, metallenen Klang von sich, der irgendwie selbst brüchig war wie Salz.  Die Retter lockten damit ganz gewiss sämtliche Widersacher auf ihre Hacken. Doch immerhin hielt das Schloss nicht stand. Er  verformte sich, kippte nach hinten, um so noch einen Moment hängen zu bleiben, dann stürzte es in den Irrgarten, auf die runden Steine der Wege. Lautlos schwang das Tor weit auf und gab Mario, Luigi und Laki den Weg frei. Oder den Wächtern, die Drei endgültig zu bezwingen. Schweigend und dicht beieinander, traten Brüder und Wolkenreiter ein, sahen sich prüfend um und standen letztendlich noch immer unbehelligt vor der selben Skulptur, die auch das Echo befragt hatten. Allerdings schwieg sie diesmal und würde das wohl auch so beibehalten. Willkommen in der Eisenburg.
Irgendwo von weit her drang das sanfte Plätschern von Wasser, das es hier eigentlich so unmöglich geben konnte, wie die sanfte Kühle, die Brüder und Taugenichts empfangen hatten, als sie eingetreten waren. Die Skulptur reckte sich in eleganter Pose zur Höhlendecke und die Salzblumen schimmerten bläulich. Alles war still und friedlich. Vor allem aber war es verwirrend, denn vor den Rettern erstreckten sich gleich drei Wege, die sie dem Labyrinth durch die Hecken folgen konnten. Einer nach Rechts, einer nach Links und einer Geradeaus. Die Skulptur stand genau im Herzen dieser Wege und schien darauf zu warten, dass die ungebetenen Besucher ihre Wahl trafen.
„Wie jetzt weiter?“, fragte Luigi leise, der es irgendwie nicht wagte die Stille hier zu stören. Er fand es hier unheimlich, viel schlimmer als im Salzwald oder der Fabrik. Die hatte immerhin gestunken und Lärm gemacht. Das war irgendwie erträglicher für seine Nerven.
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