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Im Netz der Höhlenwelten

von No Cookie
Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Familie / P12 / Gen
Bowser Daisy Kamek Luigi Mario Peach
24.08.2021
22.01.2022
39
136.958
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Dieses Kapitel
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30.11.2021 3.979
 
Entdeckt

Angespanntes Schweigen legte sich über die restlichen Versammelten, die hastig und besorgt ein wenig näher zusammenrückten. Nun war guter Rat teuer.
„Und wie erfahren wir jetzt den Weg?“, fragte Prinzessin Peach leise und klammerte sich besorgt in die Falten ihres mitgenommenen Kleides. Mario und Luigi mussten hier einfach scheitern, wenn sie sich einzig und allein auf ihr Glück verlassen mussten. Und sie wollte keinesfalls, dass den Beiden etwas zustieß. Vor allem, da ihr klar war, dass die Helden die Suche niemals abbrechen würden. Und wenn es noch so aussichtslos erschien. Deshalb war sie ja in tiefer Sorge. Sie wollte ihn wiedersehen, sie MUSSTE... Beide wiedersehen.
„Wir könnten von ihm verlangen aufgeklärt zu werden, sobald er mehr weiß. Falls man sich verläuft oder es Nachzügler gibt“, schlug Daisy eher halbherzig vor, ahnte aber, dass sie damit nicht weit käme. Das Echo hatte längst Lunte gerochen und war schon lange nicht mehr so bereit neugierige Fragen zu beantworten, wie zu Anfang. Sicher wusste es bestens, dass die Helden des Pilzkönigreiches noch nicht geschlagen waren.
„Wir zerschlagen dieses komische Ding und hören, was es DAZU zu sagen hat“, schlug Bowser vor,  sah die Statue herausfordernd an und hieb mit der geballten Faust in die offene Klaue. Auch er hatte so seine Methoden und zur Not würde er eben das ganze Labyrinth kurz und klein hauen, dann bräuchte er keinen richtigen Weg. Den machte er sich einfach selbst, mitten hindurch, das ging am schnellsten.
„Vielleicht gelingt das sogar, mit weniger Gewalt, dafür mit mehr Finesse, euer Schlagkräftigkeit“, schlug Kamek vor und rückte sich die blitzenden Brillengläser zurück. „Diese Echos mögen unantastbar sein, doch sie sind Worte und die können belauscht werden.“ Womöglich gelang das auch durch Salz und Silber.
Die Gäste der Echos drehten sich nach der Statue um, die noch immer das Hauptecho beherbergte und nickten sich dann zu. Sie hatten nicht viel Zeit und wenig Alternativen. „Stellt sich nur die Frage wer von uns lauscht und wie die übrigen Echos davon abzuhalten sind, einzugreifen“, warf der Prinz des Bohnenkönigreiches ein und fuhr sich endlich wieder durch die güldene Haare.
Prinzessin Daisys Hand legte sich schwer auf Cookies Schulter, doch die Augen der Hoheit funkelten nur noch milde verstimmt. Das hielt sie aber nicht ab den auf der Treppe eingesackten Schlag zurück zu geben. „Große Töne kannst du ja spucken, jetzt zeig uns mehr. Du hast beim Besenreiter doch sicher auch schleichen und spitzeln gelernt, oder?“ Das war weniger eine Frage als eine Aufforderung und deshalb zog es auch erneut einen wütenden Ausruf von Peach nach sich, auf den Daisy allerdings nicht reagierte. Sie meinte es längst nicht mehr so ernst, wie sie immer noch erscheinen wollte, musste aber endlich wissen wie weit das Laboräffchen zu gehen bereit war, um ihre Freunde, nein, ihre Familie, zu schützen.
Offenbar sehr weit, denn der Lockenkopf krauste die Nase und die grünen Augen glühten kurz auf. „Es kommt ganz darauf an, wie viel Aufmerksamkeit mir dabei zukommt“, meinte sie knapp und ließ den Giftblick über die versammelten Echodiener schweifen.
Einmal mehr gegen ihren Willen war die Prinzessin des Sarasalandes über diese Antwort,  amüsiert, wenn sie das auch nicht mehr erstaunte. Das Äffchen gab einfach nicht klein bei und langsam aber sicher war es ihr gelungen Daisys Zweifel an ihrer Aufrichtigkeit völlig zu zerstreuen. Doch so leicht wollte die Wüstenprinzessin dem Äffchen diesen Triumph dann doch nicht lassen. Der Lockenkopf würde es nur erfahren, wenn es gar nicht anders ging.  „Noch weniger, als du es gewohnt sein solltest“, lachte sie deshalb versucht hämisch. Dann drehte sie sich auf dem Absatz herum, betrat das Labyrinth, wie um einen Blick über Palast und Anlage schweifen zu lassen. Daisy blickte an den Statuen hinauf und strich prüfend über die Pflanzen, die sich fast wie Glas unter den Händen anfühlten. Dann pfiff sie wortwörtlich eines der übrigen Echos heran, die geduldig auf die Rückkehr ihres Anführers warteten. Vielleicht waren die noch weniger misstrauisch und konnten besser übertölpelt werden. „Nun verrate mir mal Eines“, rief die Prinzessin des Sarasalandes überlaut und deutete auf die Eisenburg. „Wie stellt euer Herr es an da drin nicht bei lebendigem Leibe geröstet zu werden? Wenn das Ding aus Eisen ist und überall Lava drum herum, muss es da drin doch heiß sein wie in einem Backofen. Sollen wir das etwa auch überleben?“ Das waren viele Fragen auf einmal und gar nicht uninteressant, deshalb schöpften der Diener wohl auch keinen Verdacht. Er begann mit seinen Erklärungen, dabei immer wieder unterbrochen von der Prinzessin und ihren vorlauten Fragen. Die übrigen hohen Gäste versammelten sich ebenfalls, um zu lauschen oder um sich im Labyrinth neugierig zu verteilen, damit sich auch an ihre Fersen ein paar der Echos hefteten, um Geleitschutz zu gewähren. Vielleicht fiel ihnen dabei noch die ein oder andere Frage ein. Selbst Peach verließ Cookie irgendwann, wenn auch mit schwerem Herzen und voller Sorge, um dem Lockenkopf sich selbst zu überlassen.
Der wartete einige Herzschläge nervös ab, zwang sich selbst zur Ruhe und begab sich dann mit zwei langen Schritten zu der Statue, die zum Glück noch immer das Hauptecho beherbergte. Schnell war sie in den Schatten dahinter geschlüpft und neugierigen Blicken entschwunden. Man sah der Skulptur aus Salz keinerlei Regung an, doch sein Weiß schien getrübt von grauen Nebel. Seltsame Kälte wehte zu Cookie heran, als sie sich näherte und etwas ließ die Luft gespenstisch vibrieren und klingen. Worte, die man nicht hören, aber regelrecht fühlen konnte. Die runde Kiesel zu den Füßen der Statue klirren sacht.
Cookies Herz klopfte immer schneller und lauter, sie presst ihre Lippen zusammen und streckte die Hand nur zögernd aus. Das Salz fühlte sich eiskalt an, als sie endlich ihre Finger darauf legte und die Augen schloss, um alle übrigen Eindrücke auszublenden. Kälte und Dunkelheit umgaben sie und ein Raunen kam auf, das nach und nach deutlicher wurde. Eine hohle Stimme von überall und tief unten zugleich. Ewig, endlos und singend, immer das gleiche Lied. Der Singsang schwebte hin und her, mit Leichtigkeit vorgetragen und scheinbar völlig sinnlos. Doch nur im ersten Moment, denn tatsächlich verriet der Gesang des Labyrinthes alles was hier so unendlich wichtig war. Mit klammen Finger kritzelte der Lockenkopf die Anweisungen auf eine vergilbte Seite ihres Rezeptbüchleins. Sie durfte nichts vergessen oder verwechseln, ihr Herz hämmerte. Dann schwieg die Stimme und ließ Cookie in Dunkelheit und Stille zurück. Nur das Reißen des Papiers war zu hören, als Cookie die Seite aus dem Buch rupfte.
Etwas knirschte und knackte, die Kälte schoss als Welle durch Cookies Arm, fast wütend. „Was tust du da?“, fuhr eine leider zu bekannte Stimme sie an und als der Lockenkopf zusammenzuckte und voller Schreck die Augen aufriss, sah sie sich dem Hauptecho gegenüber, das in diesem Moment aus der Statue getreten war. Der Zorn flackerte auf seinen Zügen wie ein wildes Feuer und die Augen waren gleichzeitig so kalt, das Cookie der Schreck durch Mark und Bein ging. Der Oberdiener umklammerte ihre Hand, die sie noch immer auf das Salz der Skulptur gelegt hatte und die Kälte kroch zornig und gnadenlos durch ihre Glieder. Mit einem Ruck befreite sie sich aus dem beißenden Griff, wich ein paar Schritte zurück und barg die bekritzelte Seite schützend in ihrer freien Hand. „Nichts... gar nichts... ich wollte nur sehen... Salz...“, stammelte Cookie völlig sinnlos und konnte den Blick nicht von dem zornigen Echo abwenden.
Das schwebte ihr jeden Schritt hinterher, den sie zurück tat. „Versucht du wieder deine Nase in Angelegenheiten zu stecken, aus denen sich die niedere Dienerschaft herauszuhalten hat?“, zischte der Oberdiener und dachte wohl ebenso wie der Lockenkopf an seine Drohung oben auf dem Überhang.
Längst gehörte den Beiden die volle Aufmerksamkeit der übrigen Gäste und Echos, die hinter Büschen und Statuen hervorkamen, um zu sehen was, da vor sich ging. Peach streckte die Hand hilflos aus, wurde aber von Daisy zurück gehalten, die klar erkannte, dass hier etwas schrecklich schief gegangen war und niemand eingreifen konnte, ohne sie allesamt zu verraten. Auch Königin Mamella knirschte besorgt mit den Zähnen und der Prinz wünschte sich mehr denn je seinen Degen zurück. Etwas sagte ihm, dass er den jetzt gut gebrauchen könnte.
Cookie konnte nur blass und sprachlos den Kopf schütteln und weiter zurück weichen, um dieser grausigen Kälte zu entkommen. Nein... nein...“, stammelte sie und schüttelte den Kopf, wusste aber selbst, dass es nun kein Entkommen mehr gab. Sie stieß mit dem Rücken gegen etwas Großes und Mächtiges, das sich unter den Händen nach Schuppen anfühlte.
„Pass doch auf, Muffin“, knurrte Bowser und fing Cookies Blick auf, die einen Moment gehetzt zu ihm aufsah. Er fühlte wie ihm die Kleine etwas in die Klauen schob, heimlich und hastig, das sich wie ein Stück Papier anfühlte. In ihren grünen Augen kochte die Angst, doch kurz glomm dazwischen eine dringende, verzweifelte Bitte auf. Der Koopa-König schloss die Pranke fester um die Gabe, runzelte aber in gespieltem Zorn die Stirn und entschied sich zum ersten mal freiwillig dazu dieses Spiel mitzuspielen. Er schnaubte und grinste hämisch. „Erwischt, Donut, würde ich sagen. Nun sieh zu, wie du da wieder rauskommst.“ Mit diesen Worten verpasste er Cookie tatsächlich auch noch einen rüden Stoß, unter dem sie wieder ein Stück auf den Oberdiener zu taumelte. Selbst der König der Koopas kam sich grausam und schäbig dabei vor, doch er hielt seine Miene aufrecht.
„Ich habe dich gewarnt“, raunte das Echo dem Lockenkopf zu und schwebte mit einem Ruck bis vor ihrem Gesicht. „Ich habe keine Geduld mehr und deine weitere Einmischung wird nun bestraft.“ Es hob die Hände „Du willst den Folgenden erneut einen Hinweis geben? Wie du wünschst.“ Dann hob das Hauptecho die Hände und stieß Cookie einen Hauch ins Gesicht. Ein winziger Laut mit durchschlagender Wirkung...
Bowser strich einmal um die Kleine herum und rieb sich das Kinn, während ihm ungewollt eisige Schauer über den Rücken krochen. Er war ja ein großer König und ein bekennender Bösewicht mit Machthunger und dem Traum der Weltherrschaft, aber das war sogar ihm zu grausam. Er schüttelte bedauernd den Kopf und gab der Kleinen dann schnell den Zettel zurück. Ungesehen, denn die Echos waren vollauf mit der entsetzten Peach beschäftigt.
Entgegen aller Gewohnheiten und Charaktereigenschaften, der beherrschten, ruhigen Prinzessin, war die unter wildem Geschrei und völlig sinnlos mit beiden Fäusten auf das Hauptecho losgegangen. Hatte mit lauter Stimme geschrien, Befehle ereilt und felsenfest auf ihre Forderungen bestanden, jetzt augenblicklich. Doch die Echos hatten sich bisher davon unbeeindruckt und kalt gezeigt. Keines von ihnen hatte sich gerührt und das Hauptecho hatte sich all die Worte und harschen Befehle angehört, ohne sich zu regen.
Mittlerweile klammerte sich die verzweifelte Herrin des Pilzkönigreiches an ihre Cousine, die auch seltsam bleich war und mit zusammengepressten Lippen immer wieder zu Cookie hinüber starrte. DAS hatte sie nicht gewollt, sowas hatte das Laboräffchen keinesfalls verdient, wohl eher im Gegenteil.
Peach liefen die Tränen über das schöne, sanfte Gesicht und in ihren Augen funkelte der pure Zorn, vermischt mit Entsetzen. „Wie konntet ihr es wagen so weit zu gehen?“, rief sie ein letztes Mal ganz heiser. „Ich habe meine Wünsche dies betreffend doch ganz klar gemacht.“ Obwohl Peach sich zittrig und schwach fühlte, drückte sie den Rücken durch und versuchte ihrem Gesicht irgendwie Härte zu geben. Als das Hauptecho sich auch daraufhin nur vor ihr verneigte, aber sonst keiner Forderung nachkam, hätte die Prinzessin am liebsten aufgeschrien.
„Hoheit, vergebt mir mit der endlosen Güte, die ihr eurer unbrauchbaren Dienerschaft gegenüber bewiesen habt. Doch ich konnte nicht weiter zusehen wie diese Person euch und euer Königreich beschämt. Zudem...“, nun wurde der Blick des Echos so kalt wie seine Nebel und plötzlich wurde allen Gästen klar, dass es von nun an nur noch einem gehorchen würde. “... auch ich habe einen Herrn, den es zu schützen gilt. Eine Aufgabe, die ich überaus ernst nehme.“  Mit diesen Worten war das Hauptecho durch das Tor in das Labyrinth geschwebt und den Weg entlang, der vom Irrgarten selbst an diesen Tagem zum Richtigen erkoren wurde.
Den Hoheiten und Majestäten, samt Begleitung, blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, wenn sie nicht verloren gehen und zwischen Salz und Silber ein hässliches Ende finden wollten. Daisy stützte Peach bei jedem Schritt und fühlte wie sie zitterte, ihre Tränen auf ihren Händen und endlich, endlich ließ die  Herrin des Sarasalandes die Erkenntnis zu, dass sie im Pilzkönigreich guten Grund hatten zu vertrauen.
Selbst Königin Mamella konnte nur noch leise mit den Zähnen knirschten und zum ersten Mal in ihrem gekrönten Leben wollte sie ihre kräftigen Fäuste zu gerne einmal sprechen lassen, Stand hin oder her. Nur leider würde das hier keinerlei Sinn machen, Worte konnte man nicht zusammenschlagen. „Ein Drama für Prinzessin Peach“, murmelte sie und betrachtete die schöne Hoheit aus dem Augenwinkel. Vielleicht fand sie die Gelegenheit für ein paar tröstende Worte, sobald ihr die Passenden zufielen.
Prinz Mamek trotte stumm und wenig elegant neben seiner Königin einher, die Haare schlaff, das Gesicht müde. „Für die Prinzessin durchaus. Aber mehr noch für Andere“, murmelte er und tat im Geiste tiefe Abbitte für sein Versagen. Er wurde Zuhause als Held gefeiert, hatte das aber nicht verhindern können. Verdiente er da seinen Titel noch?
Diesmal bildete Bowser das Schlusslicht der Prozession. Allerdings nur, weil er auf Kamek warten musste. Der alte Zausel schien am Boden festgewachsen und selbst zu Salz erstarrt. Zumindest rührte er sich eine ganze Weile keine Handbreit und schien erst wieder zum Leben zu erwachen, als Bowser ihn fast sachte antippte. „Komm schon. Es wäre besser nicht zurück zu bleiben. Ich bin nicht gut im Rätsel knacken“, knurrte der König und endlich folgte der Magiekoopa.
Unter dem Rand seiner Brillengläser funkelte dabei etwas auf, als er sich zu seinem Ziehsohn umwandte und er schien auf einmal so, als wäre jedes seiner Lebensjahre aus Blei. Schwer, drückend und kaum noch zu ertragen. Damit besorgte der Besenreiter Bowser sehr viel mehr, als der es je zugegeben hätte. Die Vergangenheit war ein Schmarotzer... Der Koopa-König blieb dicht an der Seite des Magiekoopas, bereit einzugreifen, wenn es nicht mehr ging.
Wie alles hier unten in den Katakomben und Höhlen war auch der Irrgarten berückend schön. Die Salzblumen der dichten Hecken schimmerten bläulich im hellen Schein der Lava. Es war angenehm warm, trotz des feurigem Sees, in dem der Palast trohnte, und luftig. Erfrischende Feuchtigkeit lag in der Luft, die den Geschmack nach Salz ein wenig vertrieb und zu großen Durst verhinderte. Das lag wohl vor allem an den Becken aus groben, grauem Stein, in dem ruhig klares Quellwasser lag, bewachsen mit herrlichen Seerosen. Die Blätter mit den hochgebogenen Rändern so groß, dass man hätte darauf sitzen können und die ausladenden Blüten tiefpink. Hier und da tanzten langbeinige Wesen über die ruhigen Wasser oder aus dem Sockel einer der Stauten ergoss sich ein eleganter, kleiner Wasserfall, der den Garten mit beruhigendem Geplätscher erfüllte. Die Skulpturen und Statuen, die vor manchen der Hecken auf hohen Sockeln standen, waren reinweiß und glatt poliert wie Marmor. Sie zeigten elegante Posen und schöne Gesichter von Wesen, die keiner der ehemaligen Gäste kannte. Sie lächelten erhaben bis verschmitzt und begleiteten die Wanderer durch das Labyrinth auf vielen Schritten.
Doch für Peach erschien all diese Herrlichkeit grau und hässlich, falsch, wie aus zuviel Zucker und eigens dafür geschaffen, um Auge und Geist über das Wirklich hinweg zu täuschen. So wie die gesamte Unterwelt, ihr Herr und vor allem die Zuvorkommenheit und Freundlichkeit dieser schäbigen Echos. Wild entschlossen wischte die Schöne sich die Tränen ab und raffte all die Stärke zusammen, von der sie wusste, dass sie in ihr steckte. Das würde sie nicht dulden und zum ersten mal selbst eingreifen, statt sich auf Mario und Luigi zu verlassen. Das Herz der Schönen sank. Niemals wollte sie den Beiden das zumuten, besonders Luigis sanftem Herz. Sie löste sich aus Daisys Griff und ging an Bowser, samt Besenreiter, Königin Mamella und dem Prinzen vorbei, bis sie die Spitze des Zuges erreichte. Dabei fühlte sie die fragenden Blicke auf ihrem Rücken, doch das hinderte sie nicht. Die Prinzessin vertrat dem Oberdiener den Weg und zwang ihn dazu innezuhalten, bevor er erneut nach Links abbiegen konnte. „Wenn du mir nicht gehorchst, werde ich mein Anliegen deinem Herrn vortragen. Der wird gewiss nicht erfreut sein über meine Klagen und du nicht über seine folgende Entscheidung“, meinte sie fest und funkele das Echo an.
Das verneigte sich wie immer und wirkte so ehrerbietig wie eh und je. Schließlich sprach eine Hoheit mit ihm, zwar im Zorn, aber sie würde irgendwann verstehen und einsehen. „Wie ihr wünscht, Prinzessin Peach. Ihr werdet Gelegenheit bekommen frei zu sprechen“, versprach er der Sanftmütigen, glaube aber, dass es unangemessen wäre wegen Dienerschaft ein solches Aufhebens zu machen. Dann huschte er nach Links, zum zweiten Mal.
Die runden Kiesel knirschten unter den Klauen und Schuhen der Gäste und tatsächlich schienen die Mauern der Eisenburg immer näher zu rücken. Nicht einmal endete der Weg vor einer der salzigen Hecken oder wurde durch Zögern unterbrochen. Je näher sie dem Sitz des Herrn der Unterwelt kamen, desto lebendiger wurde es um die Hoheiten und Majestäten herum. Echos schlüpften hier und da durch die Büsche, trugen Tabletts mit Getränken bei sich, Mahlzeiten und Leckereien aller Art. Dann funkelte das erste Fenster der Eisenburg auf wie ein Feuerwerk. Aus dickem Glas geschliffen, stellte es in schillernd bunter Pracht Szenen aus dem alltäglichen Leben in der Unterwelt dar. Orte, die von den Gästen selbst bereist worden waren, Wächter, Lebewesen und Darstellungen, die wohl eher erwünscht, als tatsächlich waren. Pilzköpfe und Bohnlinge, neben Koopas und allerhand anderen Schergen, die Handel trieben oder sich dem Dienst des Herrn der Unterwelt verschrieben. Nur von diesem selbst schien es kein Abbild zu geben und so blieb er nach wie vor ein Mysterium.
Dann standen Peach, Daisy, Königin Mamella, König Bowser mit Prinzen und Begleitung nach der nächsten Abzweigung vor einer letzten Statue. Eine elegante Frau, in wallenden Gewändern und mit edlen Zügen, die abwartend auf die Bezwinger des Labyrinthes hinab blickte. Dahinter nichts als Hecken und die Wand des Palasts. Trutzig und uneinnehmbar. Königin Mamella knirschte aufgebracht mit den Zähen und wollte die Stimmen erheben, um all ihrem angestauten Unmut endlich Luft zu machen, da erzitterte das Hauptecho in einer Geste. Nur kurz darauf erhob sich eine weiße Marmortreppe vor den Majestäten und Hoheiten, die zur Eisenburg hinauf führte. Das Haupttor stand einladend weit offen, flankiert von weiteren Echos, die nicht ganz so friedlich schienen, wie die Diener, die sie hierher begleitet hatte.
Daisy presste die Lippen zusammen, schob Peach noch weiter hinter sich und starrte die Eisenburg feindselig an. Sie waren angekommen und mussten jede Hoffnung auf Flucht wohl endgültig begraben. Nun konnten sie nur warten und hoffen, dass es nicht allen so ging wie dem armen Laboräffchen. Schweigend und gegen ihren Willen beeindruckt, fast schon eingeschüchtert, folgten die Gäste dem Hauptecho die Treppe hinauf und durch das große Eingangstor. Die Säulen von denen es flankiert wurden, schwangen sich weit zur Höhlendecke hinauf und beschrieben einen eleganten Bogen, der mit Wellen und Tropfen wunderschön geziert war. Die Wachen in den Schatten waren fast unsichtbar, ließen aber keinen der Angekommenen aus dem Auge, auch wenn keines der Echos auch nur einen Ausläufer bewegte. Die Torflügel waren, wie alles hier, aus Eisen, allerdings tiefschwarz geflämmt und goldene Ornamente mit feinsten Werkzeuge und viel Geschick hinein geritzt. Auch hier waren es wieder verschlungene Ranken und Früchte. Der Herr der Unterwelt schien von allem fasziniert was wuchs und gedieh. Vermutlich, weil es so wenig wahrhaftig lebendiges in seinem Reich gab. Schweigend lehnten die schweren Flügel an den eisernen Wände der Eisenburg, befestigt mit schimmernden Ketten.
Der Saal dahinter funkelte hier und da einladend auf, in grau, schwarz und Silber und wirkte trotz dieser dunklen Farben doch luftig und klar, aufgrund seiner enormen Größe. Die Schritte der Gäste waren sicher die Ersten und zugleich die Einzigen bisher, die von den hohen Wänden des Eingangssaales wieder hallten. Sonst huschten hier immer nur die schwebenden Echos umher und die Eisenburg schwieg. Der Saal, den Prinzessin Daisy  betrat, Peach sicher an der Hand, war kreisrund und offenbar das Herz des Palastes. Der Fußboden, über den sie gingen war aus schwarzem, polierten Eisen und so sauber, dass er funkelte wie ein Spiegel. Unter der klaren Oberfläche lagen die quadratischen Eisenfliesen, die in sich nochmals gemustert waren und so den Eindruck erweckten, als gingen Hoheiten und Majestäten über ein Mosaik aus reinem Eisen. Entlang der hohen Wände, wechselten sich die farbenprächtigen, bodenhohen Fenster mit Türen ab, die aus feuerrotem Kupfer bestanden, ebenfalls mit goldenen, feinen Mustern beschlagen. Allesamt waren sie geschlossen und mit funkelnden Riegeln gesichert, um die Geheimnisse von Räumen und Herrn des Palastes zu bewahren. An einer von ihnen, in Gold und Blau, was sich gut in das Rot einfügte, ein verspieltes Wappen mit fremden Schriftzeichen und dem Abbild von Salz und Flammen.
An schlanken, geschwungenen Säulen hingen elegante Leuchter aus Silber in denen blaue Flämmchen brannten, die wovon auch immer gespeist wurden. Sie erhellten den Saal fast lebendig und vermischten ihren Schein mit den bunten Farbflecken, die durch die prächtigen Fenster fielen. Selbst die Spiegelungen auf den dunklen, schweren Wänden schienen wie ein eigenes Kunstwerk. Dazwischen immer wieder schwere Vasen und Pflanztöpfe in denen die Gewächse der Unterwelt standen. Beinahe bescheiden gewählt. In der Mitte des runden Saals, ganz für sich alleine, stand ein geradezu lächerlich kleines Wasserspiel, das bescheiden in ein eckiges Becken plätscherte. Das Wasser quoll dabei aus einem funkelnden, grünen Stein, glatt wie Seide.
Bowser schnupperte in der Luft herum und roch ganz eindeutig die Lava und die Asche, was er beides so gut von Zuhause kannte. Dazu das schwere Eisen überall, auf das er sonst verzichtete, um es für seine Geschütze zu verwenden. Hier war die ganze Bude daraus errichtet worden. Ziemlich beeindruckend, wie der König zugeben musste und seltsam. Denn entgegen aller Erwartungen und der Annahme der Wüstenprinzessin, war es hier nicht annähernd so heiß, wie man hätte meinen können. Im Gegenteil. Es herrschte eine angenehme Kühle, als hätte man im heißen Sommer einen Kellerraum betreten. Wie war das nur möglich? Er hätte ja Kamek gefragt, aber der schien noch immer nicht in der Lage etwas zu begreifen. Bowser knurrte. Hoffentlich hatten diese unverschämten Echos ihn nicht auch noch auf dem Gewissen.
Die Königin des Bohnenlandes sah sich um, drehte sich um die eigene Achse und betrachtete eine Tür nach der Anderen, voller Erwartung. Doch nichts tat sich, niemand kam ihnen entgegen. Sie waren und blieben so alleine, wie in dem Moment als sie eingetreten waren. Wenn man von den vielen Echos einmal absah, die herangekommen waren, kaum hatten die Hoheiten und Majestäten einen Fuß in die Eisenburg gesetzt. Ehrerbietig und dienstbeflissen hatten sie alles herangebracht, was für die Begrüßung solch hoher Gäste nötig war. Brot und Salz, frisches Wasser und guten Wein. Sogar einige Schalen mit Rosenwasser, damit man sich Gesicht und Hände darin waschen konnte.
Doch sonst war nichts geschehen, die Türen waren verschlossen geblieben und kein Herr der Burg hatte sie Willkommen geheißen. Mamella winkte die Echos harsch beiseite, die sie umdrängten und starrte stattdessen den Oberdiener von oben herab an. „Ich dachte, wir würden erwartet. Und nun besitzt man nicht einmal die Höflichkeit uns persönlich zu begrüßen?“, fragte sie herausfordernd. Eigentlich bestand sie selten auf solch altbackene Anstandsregeln. Doch hier hatte man zu viel Übles mit ihnen getrieben, da wollte sie sich eben von ihrer unbequemsten Seite zeigen.
Die Echos seufzten doch der Oberdiener versank nur in einen tiefen Diener, wie immer, wenn er es besser wusste. „Natürlich wird Majestät entsprechend empfangen werden. Ich erbitte dafür nur einen Moment Geduld.“ Unter diesen Worten wandte der Oberdiener sich dem Wasserspiel zu.
Nur Momente später traten die Gäste der Eisenburg in den Thronsaal des Palastes, gesäumt von funkelnden Fenstern und beherrscht von einem Rund, das mehr als nur eine Überraschung bot. Schweigen herrschte, während sich die rote Tür sich in den Rücken der Versammelten schloss und sie damit ein für allemal zu Gefangenen machte.
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