Im Netz der Höhlenwelten
von No Cookie
Kurzbeschreibung
Eine Entführung fand im Pilzkönigreich statt! Das ist an sich erst einmal nichts Besonderes, zumindest auf den ersten Blick. Doch bald schon stellt sich heraus, dass die Prinzessin diesmal nicht das einzige Opfer, Toadtown nicht die einzige betroffene Stadt ist. Verwirrend genug, ebenso wie die Bedrohung, die von ganz unerwarteter Seite kommt. (Daisy erscheint hier mit voller Absicht etwas grob und misstrauisch Cookie gegenüber. Allerdings nicht, weil ich sie für eine blöde Kuh halte, die ich gemein darstellen will. Daisy traut Cookie und deren Vergangenheit einfach nicht über den Weg. Die Prinzessin fürchtet um ihre guten Freude, um ihre Familie zu der Peach und auch die Brüder zählen. Sie will sie schützen und stellt sich deshalb zwischen sie und Cookie, bis Daisy ein wenig mehr über die erfahren hat, am besten die Wahrheit kennt. )
GeschichteAbenteuer, Familie / P12 / Gen
Bowser
Daisy
Kamek
Luigi
Mario
Peach
24.08.2021
22.01.2022
39
136.958
4
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Dieses Kapitel
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13.11.2021
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Die Silberkaverne
„Willkommen zurück an Land“, grüßte der Lakitu und endlich war sein Grinsen wieder so blühend wie immer, wenn auch völlig durchweicht.
Hastig rappelten sich Mario und Luigi wieder auf, um sich zunächst ein trockenes, sicheres Plätzchen zu suchen, an dem sie Feuchtigkeit und Kälte aus ihren Knochen vertreiben konnten. Von dem Wärmetrank war zum Glück noch genug da. Die drei Retter nutzten diese Gelegenheit gleich, um eine erschöpfte Rast einzulegen, auch wenn es dafür eigentlich noch zu früh am Tag war. Doch die Flammen des Lagerfeuers halfen ihnen dabei die kalten Knochen zu wärmen und die klammen Kleider zu trocknen. Die beiden Brüder gönnten sich sogar ein kurzes Nickerchen, bewacht von Laki, dem gar nicht gefiel wie bleich Mario und Luigi waren. Prinzessinnen retten war wirklich viel anstrengender und fordernder, als er es sich vorgestellt hatte. Sein Respekt vor den Helden wuchs mit jedem Tag mehr und langsam musste er wohl einsehen, dass ihr Titel nicht völlig überzogen war. Er grinste über sich selbst und seinen dämlichen Stolz, der ihm das ganz gerne mal eingeredet hatte. Er sollte sich lieber um einen Tee kümmern. Den bekam er sogar ohne das schlaue Büchlein hin, schließlich musste er die Mischung nur in ein bisschen heißes Wasser streuen.
Während der Taugenichts darauf wartete, dass der Tee fertig wurde und die Brüder wieder aufwachten, ließ er den Blick über diese seltsame Landschaft schweifen, in die es sie verschlagen hatte. Sie war artenreicher als jedes Gebiet bisher und auch lebendiger, denn die Pflanzen hier schienen zu wachsen und sich den Jahreszeiten anzupassen, die hier unten auch zu herrschen schienen. Ein mildes Lüftchen wehte und die seltsamen Gewächse raschelten und wiegten sich darin. Noch nie hatte der Taugenichts so viele Schattierungen von Silber gesehen, was dieser Landschaft eine besondere Schönheit verlieht und dennoch... Irgendetwas störte ihn sehr an der spiegelnden, silberklaren Oberfläche in die alles gehüllt schien. Eine Erinnerung drängte aus den Untiefen seines Strohkopfes herauf...
„Mama mia, bin ich eingeschlafen?“, rief Mario in diesem ungünstigen Moment, fuhr völlig verwirrt auf, sah sich um und wäre sogar fast aufgesprungen.
Laki drückte ihm wortlos aber beruhigend eine der Teetassen in die Hände und lächelte. „Ja, aber nicht lange. Wir haben noch genug Zeit, um sie mit Wandern zu verbringen“, meinte er knapp und seufzte, als der große Bruder Luigi anstieß, um den auch zu wecken. So weh es ihm tat.
Der kleine Bruder nippte an seinem Tee und fragte sich womit dieses Gebiet wohl auf sie lauern würde. Bisher waren sie noch nie ungeschoren oder unbemerkt davongekommen. Warum sollte es hier anders sein? Und bisher hatte es auch immer eine Warnung gegeben. „Sollten wir nicht den Korken suchen? Es könnte wichtig sein“, wollte er von großem Bruder und Wolkenreiter zwischen zwei Schlucken wissen und hob noch müde die Schultern. Vielleicht würde Daisy sich diesmal auch klarer ausdrücken. Aber eigentlich glaubte er nicht daran. Sie mochte Rätsel und Kopfnüsse und Luigi erschien sie manchmal selbst wie eine davon. Er war noch nie so ganz schlau aus ihr geworden.
Die Beiden sahen sich an und nickten dann zustimmend. „Unbedingt, bisher hat es uns doch immer irgendwie geholfen, wenn auch nicht sofort“, meinte Mario und erhob sich sogar seufzend als erster. Zudem würde ihnen eine Nachricht nicht nur auf ihrem weiteren Weg weiterhelfen. So lange die Prinzessinnen in der Lage waren Welche zu hinterlassen, konnte der Held sicher sein, dass es ihr gut ging und er nicht umsonst durch all die Aufgaben kämpfte. Mario schluckte, ihnen, dass es ihnen gut ging, ihnen allen, natürlich.
Da die Silberlandschaft gut zu überblicken und die Bäume und Gewächse nicht sehr hoch waren, wagten die Drei es sogar sich zu trennen. Zerstreut streunten sie durch die Landschaft, suchten in versteckten Winkeln und bei auffälligen Stellen nach etwas, das sie kannten.
Diesmal war es Mario, dem der violette Fleck ins Auge sprang, der so gar nicht hierher passte. Hier war alles nur silberglänzend. Der Korken steckte diesmal mitten in der Felswand. „Mama mia“, brummte Mario als er sich in die Hocke davor niederließ und er rieb sich besorgt durch den Schnauzer.
„Mario, hast du was gefunden?“, hallte da Luigis Stimme durch die Höhle. Offenbar hatte er die Entdeckung seines Bruders irgendwie gefühlt. Das geschah ganz gerne mal.
Auch die Aufmerksamkeit des Taugenichts erlangte Mario damit und deshalb nickte er auch und winkte beide herbei. „Ja, kommt her und seht euch das an. Es wird euch nicht gefallen.“ Der Held erschrak selbst darüber wie düster seine Stimme klang, aber das war einfach nicht zu verhindern, bei dem was er gefunden hatte.
Schritte raschelten durch die Silberwelt und zwei Schatten fielen über Mario, beide mittlerweile mehr als vertraut, wenn auch völlig unterschiedlich.
„Was ist den passiert?“, wollte Luigi ganz leise wissen und traute sich nur vorsichtig, sich über die Schulter seines Bruders zu beugen, um einen Blick auf das zu werfen, auf das Mario deutete. Er schnappte begruselt nach Luft und presste furchtsam die Fäuste zusammen.
„Sappalott, das ist eine mehr als deutliche Warnung“, zischte Lakilug und strich über den Korken, der noch immer im Felsen steckte.
Der war dunkellila bemalt und war geziert von einem bleichen Totenkopf, der die grässlichen Zähne zu einem tödlichen Grinsen bleckte. Der Wolkenreiter wusste sehr gut, dass seine Schwester diese Korken nur bei Tinkturen verwendete, die niemand sonst anfassen durfte. Aufbewahrt in einem besonderen Teil des Heilebeutels. Gefährlich. Trotzdem zog er ihn aus dem Stein, um ihn Cookie zurück zu bringen. Das war immerhin wichtig.
Nur einen Moment später rissen Brüder und Wolkenreiter gleichermaßen die Augen auf, als der Korken eine kleine Felsspalte freilegte, in der sich zwei Fläschchen aneinanderdrängen, gefüllt mit scheinbar nichts als wabernden Nebeln in silbergrau, in der ausgerechnet Vierecke, Quadrate und Dreiecke schwebten.
Mario nahm sie heraus und dreht sie prüfend in den Händen. Etwas war vertraut und gleichzeitig fremd daran. Doch was Cookie ihnen damit sagen wollte, war ebenfalls ganz klar. „Wir sollten sie gleich trinken“, entschied der große Bruder und sah dann zwischen Laki und Luigi hin und her. „Es sind aber nur zwei.“ Das gefiel ihm ganz und gar nicht. Offenbar war zu den Verschleppten noch nicht durchgedrungen, dass sie zu Dritt zur Rettung unterwegs waren und rechneten nur mit zwei Helden.
Der Taugenichts hob die Schultern und wiegte den Kopf. „Klar, sie rechnet bestimmt nicht damit, dass ich so verrückt bin, mit euch hier runter zu kommen. Und diese Echoschatten damals haben mich auch nicht erwischt. Vielleicht wissen sie einfach nix von mir“, meinte er ratlos. Eigentlich sollte sein Schwesterchen ihn besser kennen.
Mario nickte unwillig und musste zugeben, dass es so Sinn machte. Das Mittel, dieser Zauer oder was auch immer es sein sollte, war für ihn und Luigi zum Schutz gedacht, wovor auch immer. Das genügte diesmal allerdings einfach nicht. „Zwei von uns teilen“, entschied er daher und runzelte entschlossen die Stirn.
„Dem Jüngsten am Meisten“, kam es zum Erstaunen des großen Bruders direkt von Laki, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte und unzufrieden mit dem Panzerschmuck klimperte.
Mario musste darüber schmunzeln und war noch dankbarer, wenn das überhaupt möglich war. Aber Laki war eben auch ein Bruder, vermutlich ein Großer, wenn man den Wolkenreiter selbst fragte. „Einverstanden“, stimmte er daher sofort zu.
Nur Einer schien damit so ganz und gar nicht einverstanden „Was? Nein!“, rief Luigi nämlich im nächsten Moment und warf die Hände aufgebracht in die Höhe. „Ich will nicht den besten Schutz bekommen. Ich... ich bin nicht so schwach, dass ich es so dringend nötig habe, auch wenn das niemand glaubt. Gib ihn Laki, der ist kein Kämpfer“, forderte er fast wild von Mario.
Der Wolkenreiter schnaubte darauf nur und winkte lässig ab. „Ach bitte, Lulatsch. Was will ich damit? Ich schwebe hier schließlich über allem und bin damit am weitesten weg von den Gefahren. Und der Großheld?“, der Wolkenreiter zögerte, „Der muss eben sein Brüderchen schützen. Das ist so und wird immer so bleiben, da kannst du zappeln und meckern so viel du willst.“ Er lachte und musste zugeben, dass es mit seinen Schwestern kein bisschen anders war.
Etwas hilflos und bittend sah Luigi seinen großen Bruder an, wusste aber eigentlich, dass der Lakitu alles gesagt hatte, was es dazu zu sagen gab. Mario ließ sich sicherlich als allerletztes umstimmen, da konnte er ein Dickkopf sein, noch viel schlimmer als sonst. „Na schön“, gab Luigi also endlich nach, um diese Sache nicht noch unnötig herauszuzögern und nahm eines der Fläschchen an. Dafür würde er aber auch vorangehen und als Erster kämpfen und am meisten und... und... Er wollte so gern auch mal beschützen.
Laki nahm einen Schluck von diesem Zeug, das sich viel mehr wie Watte und Dunst auf der Zunge anfühlte, als wie ein Trank und reichte das halb leere Fläschchen dann an den großen Bruder weiter, während er selbst eine Grimasse zog. „Grausiges Zeug“, würgte er und wischte sich mit angewiderter Miene über den Mund. „Wenn Cookie so kocht, wie sie Tinkturen mixt, wundert es mich nicht mehr, dass sie Keinen zum heiraten findet.“ Das war ihm einfach so ungewollt entschlüpft und er hatte es eigentlich nur denken wollen. Doch dafür war es jetzt zu spät und dem Taugenichts blieb nichts andere übrig, als ein Auflachen mit den Händen zu ersticken. Das war gar nicht so einfach, da er nun von beiden Seiten von kugelrunden, blauen Augen aus knallroten Gesichtern angestarrt wurde. Laki schnaufte. Wenn er es leben hier raus schaffte, würde ihm Cookie dafür den Hals umdrehen.
Doch zum Glück waren die Heldenbrüder auch bald voll und ganz damit beschäftigt, sich vom scheußlichen Geschmack der unbekannten Tinktur nicht überwältigen zu lassen. Zum Erstaunen aller Drei schien die entgegen jeder Gewohnheiten ihre Wirkung sofort zu entfalten. Denn die Silberlandschaft wirkte plötzlich klarer, weniger Nebelverhangen und auch nicht mehr so... aufdringlich. Sie fühlte sich jetzt mehr an wie eine Landschaft und nicht wie ein lauerendes Tier.
„Wir sollten weiter, wir haben in der Fabrik zuviel Zeit verloren und hier bekommen wir die Gelegenheit sie aufzuholen“, schlug Mario vor und ging auch schon mit langen Schritten voran.
Wolkenreiter und kleiner Bruder folgten ihm so schnell sie konnten. Gemeinsam stapften sie durch diese seltsame schimmernde Welt, deren Moose unter den Füßen nachgaben und seltsame Laute erzeugten, die gleichzeitig an knirschen und schmatzen erinnerte. Die Pflanzen wiegten sich und das Wasser plätscherte. Oben an der Decke, weit fort, schimmerten die Milchsteine und tauchten alles in fast gewohntes, trübes Licht.
Laki hockte grübelnd auf seiner Wolke und versuchte noch immer dahinter zu kommen woher er dieses silberne Glänzen und diese klare Oberfläche kannte. Er setzte sich in den Schneidersitz zurecht und ließ sich ganz in seine wirbelnden Gedanken versinken. Komm schon, Strohkopf.
Luigi unterdessen hielt tapfer Schritt so gut er konnte, versuchte Müdigkeit und Hunger zu ignorieren, die sich auch schon wieder ungefragt einmischten. Das ging ganz gut, wenn er einfach nicht daran dachte und sich stattdessen in der Silberkaverne umsah, die er bisher von allen Gebieten am schönsten fand. Hier wuchsen doch überall diese funkelnden, schönen Pflanzen, einzeln an den schmalen Ufern entlang oder in dichten Büschen auf den Felsabschnitten und Kratern der steinernen Wände. Ihr Blüten waren exotisch und ungewohnt, sahen aus wie aufgespannte Fächer oder Regenschirme und waren so groß wie Luigis Hände. Die Schönsten Exemplare hatten ausgefranste Ränder und Fruchtknoten die aussahen wie winzige Beeren oder sogar Bienchen. Als wollten die Pflanzen hier unten auch die nützlichen Insekten anlocken. Der kleine Bruder schnupperte in der Luft herum. Leider fehlte den Gewächsen der Duft, den er bei den Rosen und den Hibiskusbüschen im Pilzkönigreich so mochte. Hier roch die Höhlenluft nur nach frischem, kaltem Wasser und etwas scharfem, dezent metallischem, das Luigi nicht kannte.
Die Flüsse flüsternden silbern und erfüllten die ganze Kaverne mit ihren hellen Stimmen, die von den hohen Wänden und den Tropfsteinen zurück geworfen und dabei aufgebrochen wurden. Doch es war viel schöner als das betäubende Getöse, dem sie im Salzwald ausgesetzt gewesen waren. Das hier klang fast wie Harfen und Geigen. Verträumt sah der kleine Bruder den Wellen dabei zu, wie sie wild über Steine schäumten, in kleinen Strudeln über Kiesel auf dem Flussgrund tanzten oder gegen die niedrigen Ufer schwappten, um dort zu spiegelnden, silbernen Flächen zu verschmelzen. Der Grund der Flüsse war aufgrund ihrer stechenden Klarheit deutlich zu sehen und bedeckt mit winzigen, runden Kieseln, die natürlich auch silberfarben waren und wie kostbare Tränen oder Perlen im Licht der Milchsteine schimmerten. Noch einen Schritt trat Luigi näher an das Ufer, um die Flüsse genauer in Augenschein nehmen zu können und trabte mit den Wellen und Strudeln mit. Vielleicht versteckten sich ja auch echte Schätze im Wasser. Doch stattdessen fand er etwas darin, das ihn im nächsten Schritt innehalten ließ. Er runzelte die Stirn und kniff mit den Augen, als er erkannte was da am Grund des Flusses funkelte. Das konnte unmöglich sein. Mit klopfendem Herzen stolperte der Held noch näher zum Flussufer und beugte sich über das schimmernde Wasser, nur um gleich darauf wieder davon zurück zu prallen. Mama mia.
„Mario“, rief Luigi schlicht, was aber schon genügte, um den großen Bruder herbeieilen zu lassen. Der kleine Bruder bückte sich mittlerweile und fischte den Fund aus den klaren Wellen. „Sieh dir das an“, krächzte er, als Mario seinen Kopf über seine Schulter reckte.
Auch der große Bruder riss die Augen auf und schnappte nach Luft. „Kamkes Zauberstab“, stellte er fast erschreckt fest. Da gab es gar keinen Zweifel. „Was macht der hier?“ Dieser Fund beunruhigte Mario mehr als es die Erkenntnis getan hätte, dass der Magiekoopa seine stärkste Waffe noch besaß. Denn nur wirklich schwere Gründe konnten den Besenreiter dazu zwingen sich von seinem Zauberstab zu trennen mit dem er ausgezeichnet umgehen konnte.
Auch Luigi schien so etwas durch den Kopf zu gehen, denn er klammerte sich an den Zauberstab, immer mehr und Mario konnte fühlen, wie Sorge und Angst nach dem kleinen Bruder griffen. Daher beeilte er sich aufmunternd zu lächeln. „Umso besser, dann müssen wir uns nicht auch noch damit herumschlagen, wenn wir sie endlich gefunden haben“, meinte er hastig. Klang gar nicht so weit hergeholt.
Wenn der kleine Bruder Bedenken hatte, behielt er sie für sich. Zumindest nickte er und wollte den Fund in die Hosentasche stecken, um ihn zu verwahren. Das Wasser klebte noch immer daran.
Doch bevor er dazu kam, legten sich kurze, orangene Finger um Luigis Handgelenk, die kleinen Schuppen glänzten von Gischt und Nebel. „Besser nicht, Brüderchen Lulatsch“, meinte Laki düster und die unterschiedlichen Augen des Wolkenreiters sahen so ernst drein, dass es den kleinen Bruder sofort beunruhigte. Er griff eilig nach Marios Arm. Laki war unheimlich wenn er so dreinsah. Den Schergen aus Bowsers Armee viel zu ähnlich.
Der große Bruder merkte sofort, dass etwas nicht stimmte, legte Luigi beruhigend eine Hand auf seine klammernden Finger und sah den Taugenichts fragend an, der jetzt über dem Flusswasser schwebte.
Endlich war Laki eingefallen womit sie es hier zu tun hatten. Gemeinsam mit Lakritz war er damals mit runden Augen vor dem gläsernen Behälter gestanden, den Kooniebert, der Schreiner, in die Werkstatt getragen hatte. Darin eine zähe Masse, die Blasen warf, wenn man sie ein wenig schwenkte und scheinbar ganz aus Silber war. Zum Spaß hatten Laki und Lakritz alberne Gesichter davor geschnitten und über ihre Spiegelbilder gelacht, die durch die Rundung der Flasche schon ganz verzerrt gewesen waren. So viel Silber.
„Bist du jetzt reich?“, hatte Lakritz ihren Meister gefragt, der sie damals erst ganz frisch in die Lehre genommen hatte.
Kooniebert hatte nur freundlich gelacht und die Pfeife aus dem Schnabel genommen. „Lass dich von dem tückischen Zeug nicht täuschen, Lakritz. Das ist nicht wertvoll, aber dafür gefährlich“, hatte er sie gewarnt und an den Tisch gelehnt alles so einfach wie möglich für zwei neugierige Kinder erklärt.
Laki schwebte zu Mario und Luigi hinunter und fuhr mit zwei Fingern über die Blüten einer der Büsche am Flussrand. Deren Oberfläche fühlte sich nachgiebig und klebrig unter der Berührung an, wie erwartet, wie befürchtet. „Quecksilber“, verriet der Wolkenreiter endlich. „Hochgiftig in der Berührung und auch seine Dämpfe.“ Der Schreiner hatte es nur in winzigen Mengen verwendet, um Schrauben und Nägel zu galvanisieren und haltbarer zu machen. „Ich denke, der Zauber soll uns vor einer Vergiftung durch Berührung und den Dämpfen schützen. Längeren Hautkontakt mit dem Zeug würde ich trotzdem besser vermeiden“, schlug er vor und klopfte die Handflächen zusammen, als könne er das Quecksilber damit irgendwie abstreifen.
„Dann müssen wir also nicht mehr nach der nächste Falle suchen, wir stecken schon mittendrin“, erkannte Mario und zog Luigi unwillkürlich ein wenig näher, um ihn hinter seinen Rücken zu schieben. Das ganze Gebiet war tödlich und giftig und würde sie auf jeden Fall umbringen. Ob jetzt durch Zeit oder weitere Hinterhältigkeiten, die vielleicht noch auf sie zukamen, spielte eigentlich keine Rolle. Das war das Einzige, was es jetzt noch abzuwarten galt.
„Schnell weg hier“, bat Luigi und schlug das gleichzeitig vor.
Wolkenreiter und großer Bruder nickten, rückten dichter zusammen auf, so wie sie sich mittlerweile am sichersten fühlten und eilten im Laufschritt weiter, um Gift und Schönheit so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.
Statt voranzugehen, übernahm Mario dieses Mal die Nachhut, auch wenn das für den kleinen Bruder und sogar den Taugenichts ungewöhnlich erscheinen sollte. Doch der große Bruder wollte einfach, dass Luigi als Erstes hier heraus kam und außerdem konnte er von hier hinten einfach besser beobachten, was um den Bruder und den Lakitu herum vor sich ging. Der Held traute diesem giftigen Gebiet einfach nicht, das so harmlos und anpassungsfähig erschien und sie leicht zum Narren halten konnte. Daher behielt der große Bruder alles im Blick. Die Flüsse mit ihrem verdächtig klaren Wasser, in dem kein normales Leben möglich war. Die Pflanzen, die ihre Blätter und Blüten nach den Wanderern zu recken schienen, von den Kletterpflanzen einmal ganz abgesehen. Und die Moose, die unter den Schuhen so leicht nachgaben. Mario konnte beobachten, wie sie immer wieder versuchten ihre Fasern und Haare um die Schuhe des kleinen Bruders zu schlingen, sie festzuhalten und womöglich tiefer zu ziehen, in die wahren Abgründe der Silberkaverne. Doch früher oder später erzitterten sie bei diesen Versuchen, ruckten und zuckten und zogen sich dann hastig wieder zurück, als würden sie von etwas verbrannt oder erstickt. Knisternd flohen sie vor Luigis Sohlen, um auf andere Opfer zu lauern.
Der große Bruder runzelte darüber die Stirn und rieb sich den Schnauzer. Offenbar hatten sie diese abschreckende Wirkung nur dem Zauber zu verdanken, der ihnen hinterlassen worden war. Hoffentlich hielt der in seiner Wirkung noch ein wenig länger an, sie beeilten sich ja so gut sie konnten.
Trotzdem aber kam es viel zu häufig vor, dass Luigi in den Blättern oder Zweigen der Sträucher und Gewächse hängen blieb, die am Flussrand wucherten. Der Stoff von Hose und Oberteil verfing sich darin und wollte sich kaum wieder befreien lassen. Vor allem die dünnen Nähte von Aufschlägen und den Handschuhen des kleinen Bruders waren da besonders tückisch. Mit denen schienen die silbernen Pflanzen regelrecht zu verschmelzen und nicht mehr ablassen zu wollen. Meist war es nötig das Gewächs zu beschädigen, um den kleinen Bruder zu befreien.
Das war lästig, doch nichts gegen das, mit dem Mario zu kämpfen hatte. Leider wurde immer klarere, dass weniger vom Zauber auch weniger gut schützte. Das hatten wohl auch die Silbergewächse bald herausgefunden und stürzten sich regelrecht auf den großen Bruder. Die Moose wucherten knisternd und eilig an seinen Schuhen hinauf, wenn er auch nur einen Moment stehen blieb und versuchten von dort aus auf die nackte Haut unter den Latzhosen zu gelangen. Immer wieder musste Mario sich im Kreis drehen, ein paar mal kräftig aufstampfen oder die Sohle eines Schuhes über den anderen reiben, um die klammernden Flechten wieder loszuwerden. Er versuchte noch schneller zu gehen obwohl ihm mittlerweile schon ganz schwindelig von Hunger und Müdigkeit war. Eine Rast konnten sie sich hier unmöglich erlauben.
Als noch schlimmer allerdings zeigten sich die übrigen Gewächse der Silberkaverne. Sie reckten ihre Blütenarme, Äste und Ranken nach dem großen Bruder aus, bohrten sich durch den Stoff von Pullover und Latzhose bis fast auf die Haut. Um die ganz zu erreichen, entfachten sie sofort bei Berührung ihre ätzenden Kräfte und fraßen kleine, runde Löcher in den Stoff. Es qualmte jedes Mal dezent und stank deutlich. Der Held konnte sich dagegen nur wehren, indem er immer wieder mit den Händen nach den Pflanzen und Attacken schlug, um die kleinen Brände zu ersticken wie gefräßige, kleine Flämmchen. So weit schien der Zauber ihn immerhin zu schützen, um das zu schaffen. Dennoch trug er mehr Schaden davon, als der kleine Bruder und das blieb dem leider auch nicht verborgen. Als Mario dieses Mal fast über die eigenen Beine stolperte und hastig auf seine Schulter patschte, um das Brennen dort zu löschen, stand er plötzlich vor Luigi. Ganz dicht, so dass der große Bruder ihm direkt in die Augen sehen musste. Luigi rührte sich nicht.
„Mario...“, hub Luigi an und schnappte dann entsetzt nach Luft, als er die Handschuhe des großen Bruders entdeckte.
Mario konnte sehen wie seinem kleinen Bruder die Tränen in die Augen schossen und er versuchte noch schnell seine Hände im Rücken zu verschränken und zu lächeln, doch Luigi war schneller. Mit entsetzt aufgerissenen Augen hob er Marios Hände, um sie besser betrachten zu können. Die Handschuhe waren schon ganz löchrig und zerfressen von dem ätzenden Gift des Quecksilbers und an manchen Stellen die Haut darunter womöglich schon etwas gerötet.
„Mario“, keuchte Luigi noch einmal ganz erstickt und er erzitterte.
„Schon gut“, wollte ihn der große Bruder hastig beruhigen. Nichts hasste er mehr als einen weinenden Luigi, doch kam nicht weiter.
Der kleine Bruder beugte sich vor und schmiegte sich an den großen Bruder, das Gesicht an der Schulter versteckt. „Das ist nicht fair, ich will das nicht“, wisperte er schniefend. Es war seine Schuld, nur weil er den ganzen Zauber angenommen hatte.
In diesem Moment waren Mario die Moose und die gierigen Pflanzen ganz egal, sogar hier gab es Wichtigeres für ihn. Sanft schloss er den kleinen Bruder in die Arme. „Das ist nicht schlimm, nur ein wenig Stoff. Mach dir keine Sorgen“, brummelte er und strich Luigi durch das zerzauste Haar. Er sah so müde und ängstlich aus. Das musste so schnell wie möglich ein Ende finden.
„Willkommen zurück an Land“, grüßte der Lakitu und endlich war sein Grinsen wieder so blühend wie immer, wenn auch völlig durchweicht.
Hastig rappelten sich Mario und Luigi wieder auf, um sich zunächst ein trockenes, sicheres Plätzchen zu suchen, an dem sie Feuchtigkeit und Kälte aus ihren Knochen vertreiben konnten. Von dem Wärmetrank war zum Glück noch genug da. Die drei Retter nutzten diese Gelegenheit gleich, um eine erschöpfte Rast einzulegen, auch wenn es dafür eigentlich noch zu früh am Tag war. Doch die Flammen des Lagerfeuers halfen ihnen dabei die kalten Knochen zu wärmen und die klammen Kleider zu trocknen. Die beiden Brüder gönnten sich sogar ein kurzes Nickerchen, bewacht von Laki, dem gar nicht gefiel wie bleich Mario und Luigi waren. Prinzessinnen retten war wirklich viel anstrengender und fordernder, als er es sich vorgestellt hatte. Sein Respekt vor den Helden wuchs mit jedem Tag mehr und langsam musste er wohl einsehen, dass ihr Titel nicht völlig überzogen war. Er grinste über sich selbst und seinen dämlichen Stolz, der ihm das ganz gerne mal eingeredet hatte. Er sollte sich lieber um einen Tee kümmern. Den bekam er sogar ohne das schlaue Büchlein hin, schließlich musste er die Mischung nur in ein bisschen heißes Wasser streuen.
Während der Taugenichts darauf wartete, dass der Tee fertig wurde und die Brüder wieder aufwachten, ließ er den Blick über diese seltsame Landschaft schweifen, in die es sie verschlagen hatte. Sie war artenreicher als jedes Gebiet bisher und auch lebendiger, denn die Pflanzen hier schienen zu wachsen und sich den Jahreszeiten anzupassen, die hier unten auch zu herrschen schienen. Ein mildes Lüftchen wehte und die seltsamen Gewächse raschelten und wiegten sich darin. Noch nie hatte der Taugenichts so viele Schattierungen von Silber gesehen, was dieser Landschaft eine besondere Schönheit verlieht und dennoch... Irgendetwas störte ihn sehr an der spiegelnden, silberklaren Oberfläche in die alles gehüllt schien. Eine Erinnerung drängte aus den Untiefen seines Strohkopfes herauf...
„Mama mia, bin ich eingeschlafen?“, rief Mario in diesem ungünstigen Moment, fuhr völlig verwirrt auf, sah sich um und wäre sogar fast aufgesprungen.
Laki drückte ihm wortlos aber beruhigend eine der Teetassen in die Hände und lächelte. „Ja, aber nicht lange. Wir haben noch genug Zeit, um sie mit Wandern zu verbringen“, meinte er knapp und seufzte, als der große Bruder Luigi anstieß, um den auch zu wecken. So weh es ihm tat.
Der kleine Bruder nippte an seinem Tee und fragte sich womit dieses Gebiet wohl auf sie lauern würde. Bisher waren sie noch nie ungeschoren oder unbemerkt davongekommen. Warum sollte es hier anders sein? Und bisher hatte es auch immer eine Warnung gegeben. „Sollten wir nicht den Korken suchen? Es könnte wichtig sein“, wollte er von großem Bruder und Wolkenreiter zwischen zwei Schlucken wissen und hob noch müde die Schultern. Vielleicht würde Daisy sich diesmal auch klarer ausdrücken. Aber eigentlich glaubte er nicht daran. Sie mochte Rätsel und Kopfnüsse und Luigi erschien sie manchmal selbst wie eine davon. Er war noch nie so ganz schlau aus ihr geworden.
Die Beiden sahen sich an und nickten dann zustimmend. „Unbedingt, bisher hat es uns doch immer irgendwie geholfen, wenn auch nicht sofort“, meinte Mario und erhob sich sogar seufzend als erster. Zudem würde ihnen eine Nachricht nicht nur auf ihrem weiteren Weg weiterhelfen. So lange die Prinzessinnen in der Lage waren Welche zu hinterlassen, konnte der Held sicher sein, dass es ihr gut ging und er nicht umsonst durch all die Aufgaben kämpfte. Mario schluckte, ihnen, dass es ihnen gut ging, ihnen allen, natürlich.
Da die Silberlandschaft gut zu überblicken und die Bäume und Gewächse nicht sehr hoch waren, wagten die Drei es sogar sich zu trennen. Zerstreut streunten sie durch die Landschaft, suchten in versteckten Winkeln und bei auffälligen Stellen nach etwas, das sie kannten.
Diesmal war es Mario, dem der violette Fleck ins Auge sprang, der so gar nicht hierher passte. Hier war alles nur silberglänzend. Der Korken steckte diesmal mitten in der Felswand. „Mama mia“, brummte Mario als er sich in die Hocke davor niederließ und er rieb sich besorgt durch den Schnauzer.
„Mario, hast du was gefunden?“, hallte da Luigis Stimme durch die Höhle. Offenbar hatte er die Entdeckung seines Bruders irgendwie gefühlt. Das geschah ganz gerne mal.
Auch die Aufmerksamkeit des Taugenichts erlangte Mario damit und deshalb nickte er auch und winkte beide herbei. „Ja, kommt her und seht euch das an. Es wird euch nicht gefallen.“ Der Held erschrak selbst darüber wie düster seine Stimme klang, aber das war einfach nicht zu verhindern, bei dem was er gefunden hatte.
Schritte raschelten durch die Silberwelt und zwei Schatten fielen über Mario, beide mittlerweile mehr als vertraut, wenn auch völlig unterschiedlich.
„Was ist den passiert?“, wollte Luigi ganz leise wissen und traute sich nur vorsichtig, sich über die Schulter seines Bruders zu beugen, um einen Blick auf das zu werfen, auf das Mario deutete. Er schnappte begruselt nach Luft und presste furchtsam die Fäuste zusammen.
„Sappalott, das ist eine mehr als deutliche Warnung“, zischte Lakilug und strich über den Korken, der noch immer im Felsen steckte.
Der war dunkellila bemalt und war geziert von einem bleichen Totenkopf, der die grässlichen Zähne zu einem tödlichen Grinsen bleckte. Der Wolkenreiter wusste sehr gut, dass seine Schwester diese Korken nur bei Tinkturen verwendete, die niemand sonst anfassen durfte. Aufbewahrt in einem besonderen Teil des Heilebeutels. Gefährlich. Trotzdem zog er ihn aus dem Stein, um ihn Cookie zurück zu bringen. Das war immerhin wichtig.
Nur einen Moment später rissen Brüder und Wolkenreiter gleichermaßen die Augen auf, als der Korken eine kleine Felsspalte freilegte, in der sich zwei Fläschchen aneinanderdrängen, gefüllt mit scheinbar nichts als wabernden Nebeln in silbergrau, in der ausgerechnet Vierecke, Quadrate und Dreiecke schwebten.
Mario nahm sie heraus und dreht sie prüfend in den Händen. Etwas war vertraut und gleichzeitig fremd daran. Doch was Cookie ihnen damit sagen wollte, war ebenfalls ganz klar. „Wir sollten sie gleich trinken“, entschied der große Bruder und sah dann zwischen Laki und Luigi hin und her. „Es sind aber nur zwei.“ Das gefiel ihm ganz und gar nicht. Offenbar war zu den Verschleppten noch nicht durchgedrungen, dass sie zu Dritt zur Rettung unterwegs waren und rechneten nur mit zwei Helden.
Der Taugenichts hob die Schultern und wiegte den Kopf. „Klar, sie rechnet bestimmt nicht damit, dass ich so verrückt bin, mit euch hier runter zu kommen. Und diese Echoschatten damals haben mich auch nicht erwischt. Vielleicht wissen sie einfach nix von mir“, meinte er ratlos. Eigentlich sollte sein Schwesterchen ihn besser kennen.
Mario nickte unwillig und musste zugeben, dass es so Sinn machte. Das Mittel, dieser Zauer oder was auch immer es sein sollte, war für ihn und Luigi zum Schutz gedacht, wovor auch immer. Das genügte diesmal allerdings einfach nicht. „Zwei von uns teilen“, entschied er daher und runzelte entschlossen die Stirn.
„Dem Jüngsten am Meisten“, kam es zum Erstaunen des großen Bruders direkt von Laki, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte und unzufrieden mit dem Panzerschmuck klimperte.
Mario musste darüber schmunzeln und war noch dankbarer, wenn das überhaupt möglich war. Aber Laki war eben auch ein Bruder, vermutlich ein Großer, wenn man den Wolkenreiter selbst fragte. „Einverstanden“, stimmte er daher sofort zu.
Nur Einer schien damit so ganz und gar nicht einverstanden „Was? Nein!“, rief Luigi nämlich im nächsten Moment und warf die Hände aufgebracht in die Höhe. „Ich will nicht den besten Schutz bekommen. Ich... ich bin nicht so schwach, dass ich es so dringend nötig habe, auch wenn das niemand glaubt. Gib ihn Laki, der ist kein Kämpfer“, forderte er fast wild von Mario.
Der Wolkenreiter schnaubte darauf nur und winkte lässig ab. „Ach bitte, Lulatsch. Was will ich damit? Ich schwebe hier schließlich über allem und bin damit am weitesten weg von den Gefahren. Und der Großheld?“, der Wolkenreiter zögerte, „Der muss eben sein Brüderchen schützen. Das ist so und wird immer so bleiben, da kannst du zappeln und meckern so viel du willst.“ Er lachte und musste zugeben, dass es mit seinen Schwestern kein bisschen anders war.
Etwas hilflos und bittend sah Luigi seinen großen Bruder an, wusste aber eigentlich, dass der Lakitu alles gesagt hatte, was es dazu zu sagen gab. Mario ließ sich sicherlich als allerletztes umstimmen, da konnte er ein Dickkopf sein, noch viel schlimmer als sonst. „Na schön“, gab Luigi also endlich nach, um diese Sache nicht noch unnötig herauszuzögern und nahm eines der Fläschchen an. Dafür würde er aber auch vorangehen und als Erster kämpfen und am meisten und... und... Er wollte so gern auch mal beschützen.
Laki nahm einen Schluck von diesem Zeug, das sich viel mehr wie Watte und Dunst auf der Zunge anfühlte, als wie ein Trank und reichte das halb leere Fläschchen dann an den großen Bruder weiter, während er selbst eine Grimasse zog. „Grausiges Zeug“, würgte er und wischte sich mit angewiderter Miene über den Mund. „Wenn Cookie so kocht, wie sie Tinkturen mixt, wundert es mich nicht mehr, dass sie Keinen zum heiraten findet.“ Das war ihm einfach so ungewollt entschlüpft und er hatte es eigentlich nur denken wollen. Doch dafür war es jetzt zu spät und dem Taugenichts blieb nichts andere übrig, als ein Auflachen mit den Händen zu ersticken. Das war gar nicht so einfach, da er nun von beiden Seiten von kugelrunden, blauen Augen aus knallroten Gesichtern angestarrt wurde. Laki schnaufte. Wenn er es leben hier raus schaffte, würde ihm Cookie dafür den Hals umdrehen.
Doch zum Glück waren die Heldenbrüder auch bald voll und ganz damit beschäftigt, sich vom scheußlichen Geschmack der unbekannten Tinktur nicht überwältigen zu lassen. Zum Erstaunen aller Drei schien die entgegen jeder Gewohnheiten ihre Wirkung sofort zu entfalten. Denn die Silberlandschaft wirkte plötzlich klarer, weniger Nebelverhangen und auch nicht mehr so... aufdringlich. Sie fühlte sich jetzt mehr an wie eine Landschaft und nicht wie ein lauerendes Tier.
„Wir sollten weiter, wir haben in der Fabrik zuviel Zeit verloren und hier bekommen wir die Gelegenheit sie aufzuholen“, schlug Mario vor und ging auch schon mit langen Schritten voran.
Wolkenreiter und kleiner Bruder folgten ihm so schnell sie konnten. Gemeinsam stapften sie durch diese seltsame schimmernde Welt, deren Moose unter den Füßen nachgaben und seltsame Laute erzeugten, die gleichzeitig an knirschen und schmatzen erinnerte. Die Pflanzen wiegten sich und das Wasser plätscherte. Oben an der Decke, weit fort, schimmerten die Milchsteine und tauchten alles in fast gewohntes, trübes Licht.
Laki hockte grübelnd auf seiner Wolke und versuchte noch immer dahinter zu kommen woher er dieses silberne Glänzen und diese klare Oberfläche kannte. Er setzte sich in den Schneidersitz zurecht und ließ sich ganz in seine wirbelnden Gedanken versinken. Komm schon, Strohkopf.
Luigi unterdessen hielt tapfer Schritt so gut er konnte, versuchte Müdigkeit und Hunger zu ignorieren, die sich auch schon wieder ungefragt einmischten. Das ging ganz gut, wenn er einfach nicht daran dachte und sich stattdessen in der Silberkaverne umsah, die er bisher von allen Gebieten am schönsten fand. Hier wuchsen doch überall diese funkelnden, schönen Pflanzen, einzeln an den schmalen Ufern entlang oder in dichten Büschen auf den Felsabschnitten und Kratern der steinernen Wände. Ihr Blüten waren exotisch und ungewohnt, sahen aus wie aufgespannte Fächer oder Regenschirme und waren so groß wie Luigis Hände. Die Schönsten Exemplare hatten ausgefranste Ränder und Fruchtknoten die aussahen wie winzige Beeren oder sogar Bienchen. Als wollten die Pflanzen hier unten auch die nützlichen Insekten anlocken. Der kleine Bruder schnupperte in der Luft herum. Leider fehlte den Gewächsen der Duft, den er bei den Rosen und den Hibiskusbüschen im Pilzkönigreich so mochte. Hier roch die Höhlenluft nur nach frischem, kaltem Wasser und etwas scharfem, dezent metallischem, das Luigi nicht kannte.
Die Flüsse flüsternden silbern und erfüllten die ganze Kaverne mit ihren hellen Stimmen, die von den hohen Wänden und den Tropfsteinen zurück geworfen und dabei aufgebrochen wurden. Doch es war viel schöner als das betäubende Getöse, dem sie im Salzwald ausgesetzt gewesen waren. Das hier klang fast wie Harfen und Geigen. Verträumt sah der kleine Bruder den Wellen dabei zu, wie sie wild über Steine schäumten, in kleinen Strudeln über Kiesel auf dem Flussgrund tanzten oder gegen die niedrigen Ufer schwappten, um dort zu spiegelnden, silbernen Flächen zu verschmelzen. Der Grund der Flüsse war aufgrund ihrer stechenden Klarheit deutlich zu sehen und bedeckt mit winzigen, runden Kieseln, die natürlich auch silberfarben waren und wie kostbare Tränen oder Perlen im Licht der Milchsteine schimmerten. Noch einen Schritt trat Luigi näher an das Ufer, um die Flüsse genauer in Augenschein nehmen zu können und trabte mit den Wellen und Strudeln mit. Vielleicht versteckten sich ja auch echte Schätze im Wasser. Doch stattdessen fand er etwas darin, das ihn im nächsten Schritt innehalten ließ. Er runzelte die Stirn und kniff mit den Augen, als er erkannte was da am Grund des Flusses funkelte. Das konnte unmöglich sein. Mit klopfendem Herzen stolperte der Held noch näher zum Flussufer und beugte sich über das schimmernde Wasser, nur um gleich darauf wieder davon zurück zu prallen. Mama mia.
„Mario“, rief Luigi schlicht, was aber schon genügte, um den großen Bruder herbeieilen zu lassen. Der kleine Bruder bückte sich mittlerweile und fischte den Fund aus den klaren Wellen. „Sieh dir das an“, krächzte er, als Mario seinen Kopf über seine Schulter reckte.
Auch der große Bruder riss die Augen auf und schnappte nach Luft. „Kamkes Zauberstab“, stellte er fast erschreckt fest. Da gab es gar keinen Zweifel. „Was macht der hier?“ Dieser Fund beunruhigte Mario mehr als es die Erkenntnis getan hätte, dass der Magiekoopa seine stärkste Waffe noch besaß. Denn nur wirklich schwere Gründe konnten den Besenreiter dazu zwingen sich von seinem Zauberstab zu trennen mit dem er ausgezeichnet umgehen konnte.
Auch Luigi schien so etwas durch den Kopf zu gehen, denn er klammerte sich an den Zauberstab, immer mehr und Mario konnte fühlen, wie Sorge und Angst nach dem kleinen Bruder griffen. Daher beeilte er sich aufmunternd zu lächeln. „Umso besser, dann müssen wir uns nicht auch noch damit herumschlagen, wenn wir sie endlich gefunden haben“, meinte er hastig. Klang gar nicht so weit hergeholt.
Wenn der kleine Bruder Bedenken hatte, behielt er sie für sich. Zumindest nickte er und wollte den Fund in die Hosentasche stecken, um ihn zu verwahren. Das Wasser klebte noch immer daran.
Doch bevor er dazu kam, legten sich kurze, orangene Finger um Luigis Handgelenk, die kleinen Schuppen glänzten von Gischt und Nebel. „Besser nicht, Brüderchen Lulatsch“, meinte Laki düster und die unterschiedlichen Augen des Wolkenreiters sahen so ernst drein, dass es den kleinen Bruder sofort beunruhigte. Er griff eilig nach Marios Arm. Laki war unheimlich wenn er so dreinsah. Den Schergen aus Bowsers Armee viel zu ähnlich.
Der große Bruder merkte sofort, dass etwas nicht stimmte, legte Luigi beruhigend eine Hand auf seine klammernden Finger und sah den Taugenichts fragend an, der jetzt über dem Flusswasser schwebte.
Endlich war Laki eingefallen womit sie es hier zu tun hatten. Gemeinsam mit Lakritz war er damals mit runden Augen vor dem gläsernen Behälter gestanden, den Kooniebert, der Schreiner, in die Werkstatt getragen hatte. Darin eine zähe Masse, die Blasen warf, wenn man sie ein wenig schwenkte und scheinbar ganz aus Silber war. Zum Spaß hatten Laki und Lakritz alberne Gesichter davor geschnitten und über ihre Spiegelbilder gelacht, die durch die Rundung der Flasche schon ganz verzerrt gewesen waren. So viel Silber.
„Bist du jetzt reich?“, hatte Lakritz ihren Meister gefragt, der sie damals erst ganz frisch in die Lehre genommen hatte.
Kooniebert hatte nur freundlich gelacht und die Pfeife aus dem Schnabel genommen. „Lass dich von dem tückischen Zeug nicht täuschen, Lakritz. Das ist nicht wertvoll, aber dafür gefährlich“, hatte er sie gewarnt und an den Tisch gelehnt alles so einfach wie möglich für zwei neugierige Kinder erklärt.
Laki schwebte zu Mario und Luigi hinunter und fuhr mit zwei Fingern über die Blüten einer der Büsche am Flussrand. Deren Oberfläche fühlte sich nachgiebig und klebrig unter der Berührung an, wie erwartet, wie befürchtet. „Quecksilber“, verriet der Wolkenreiter endlich. „Hochgiftig in der Berührung und auch seine Dämpfe.“ Der Schreiner hatte es nur in winzigen Mengen verwendet, um Schrauben und Nägel zu galvanisieren und haltbarer zu machen. „Ich denke, der Zauber soll uns vor einer Vergiftung durch Berührung und den Dämpfen schützen. Längeren Hautkontakt mit dem Zeug würde ich trotzdem besser vermeiden“, schlug er vor und klopfte die Handflächen zusammen, als könne er das Quecksilber damit irgendwie abstreifen.
„Dann müssen wir also nicht mehr nach der nächste Falle suchen, wir stecken schon mittendrin“, erkannte Mario und zog Luigi unwillkürlich ein wenig näher, um ihn hinter seinen Rücken zu schieben. Das ganze Gebiet war tödlich und giftig und würde sie auf jeden Fall umbringen. Ob jetzt durch Zeit oder weitere Hinterhältigkeiten, die vielleicht noch auf sie zukamen, spielte eigentlich keine Rolle. Das war das Einzige, was es jetzt noch abzuwarten galt.
„Schnell weg hier“, bat Luigi und schlug das gleichzeitig vor.
Wolkenreiter und großer Bruder nickten, rückten dichter zusammen auf, so wie sie sich mittlerweile am sichersten fühlten und eilten im Laufschritt weiter, um Gift und Schönheit so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.
Statt voranzugehen, übernahm Mario dieses Mal die Nachhut, auch wenn das für den kleinen Bruder und sogar den Taugenichts ungewöhnlich erscheinen sollte. Doch der große Bruder wollte einfach, dass Luigi als Erstes hier heraus kam und außerdem konnte er von hier hinten einfach besser beobachten, was um den Bruder und den Lakitu herum vor sich ging. Der Held traute diesem giftigen Gebiet einfach nicht, das so harmlos und anpassungsfähig erschien und sie leicht zum Narren halten konnte. Daher behielt der große Bruder alles im Blick. Die Flüsse mit ihrem verdächtig klaren Wasser, in dem kein normales Leben möglich war. Die Pflanzen, die ihre Blätter und Blüten nach den Wanderern zu recken schienen, von den Kletterpflanzen einmal ganz abgesehen. Und die Moose, die unter den Schuhen so leicht nachgaben. Mario konnte beobachten, wie sie immer wieder versuchten ihre Fasern und Haare um die Schuhe des kleinen Bruders zu schlingen, sie festzuhalten und womöglich tiefer zu ziehen, in die wahren Abgründe der Silberkaverne. Doch früher oder später erzitterten sie bei diesen Versuchen, ruckten und zuckten und zogen sich dann hastig wieder zurück, als würden sie von etwas verbrannt oder erstickt. Knisternd flohen sie vor Luigis Sohlen, um auf andere Opfer zu lauern.
Der große Bruder runzelte darüber die Stirn und rieb sich den Schnauzer. Offenbar hatten sie diese abschreckende Wirkung nur dem Zauber zu verdanken, der ihnen hinterlassen worden war. Hoffentlich hielt der in seiner Wirkung noch ein wenig länger an, sie beeilten sich ja so gut sie konnten.
Trotzdem aber kam es viel zu häufig vor, dass Luigi in den Blättern oder Zweigen der Sträucher und Gewächse hängen blieb, die am Flussrand wucherten. Der Stoff von Hose und Oberteil verfing sich darin und wollte sich kaum wieder befreien lassen. Vor allem die dünnen Nähte von Aufschlägen und den Handschuhen des kleinen Bruders waren da besonders tückisch. Mit denen schienen die silbernen Pflanzen regelrecht zu verschmelzen und nicht mehr ablassen zu wollen. Meist war es nötig das Gewächs zu beschädigen, um den kleinen Bruder zu befreien.
Das war lästig, doch nichts gegen das, mit dem Mario zu kämpfen hatte. Leider wurde immer klarere, dass weniger vom Zauber auch weniger gut schützte. Das hatten wohl auch die Silbergewächse bald herausgefunden und stürzten sich regelrecht auf den großen Bruder. Die Moose wucherten knisternd und eilig an seinen Schuhen hinauf, wenn er auch nur einen Moment stehen blieb und versuchten von dort aus auf die nackte Haut unter den Latzhosen zu gelangen. Immer wieder musste Mario sich im Kreis drehen, ein paar mal kräftig aufstampfen oder die Sohle eines Schuhes über den anderen reiben, um die klammernden Flechten wieder loszuwerden. Er versuchte noch schneller zu gehen obwohl ihm mittlerweile schon ganz schwindelig von Hunger und Müdigkeit war. Eine Rast konnten sie sich hier unmöglich erlauben.
Als noch schlimmer allerdings zeigten sich die übrigen Gewächse der Silberkaverne. Sie reckten ihre Blütenarme, Äste und Ranken nach dem großen Bruder aus, bohrten sich durch den Stoff von Pullover und Latzhose bis fast auf die Haut. Um die ganz zu erreichen, entfachten sie sofort bei Berührung ihre ätzenden Kräfte und fraßen kleine, runde Löcher in den Stoff. Es qualmte jedes Mal dezent und stank deutlich. Der Held konnte sich dagegen nur wehren, indem er immer wieder mit den Händen nach den Pflanzen und Attacken schlug, um die kleinen Brände zu ersticken wie gefräßige, kleine Flämmchen. So weit schien der Zauber ihn immerhin zu schützen, um das zu schaffen. Dennoch trug er mehr Schaden davon, als der kleine Bruder und das blieb dem leider auch nicht verborgen. Als Mario dieses Mal fast über die eigenen Beine stolperte und hastig auf seine Schulter patschte, um das Brennen dort zu löschen, stand er plötzlich vor Luigi. Ganz dicht, so dass der große Bruder ihm direkt in die Augen sehen musste. Luigi rührte sich nicht.
„Mario...“, hub Luigi an und schnappte dann entsetzt nach Luft, als er die Handschuhe des großen Bruders entdeckte.
Mario konnte sehen wie seinem kleinen Bruder die Tränen in die Augen schossen und er versuchte noch schnell seine Hände im Rücken zu verschränken und zu lächeln, doch Luigi war schneller. Mit entsetzt aufgerissenen Augen hob er Marios Hände, um sie besser betrachten zu können. Die Handschuhe waren schon ganz löchrig und zerfressen von dem ätzenden Gift des Quecksilbers und an manchen Stellen die Haut darunter womöglich schon etwas gerötet.
„Mario“, keuchte Luigi noch einmal ganz erstickt und er erzitterte.
„Schon gut“, wollte ihn der große Bruder hastig beruhigen. Nichts hasste er mehr als einen weinenden Luigi, doch kam nicht weiter.
Der kleine Bruder beugte sich vor und schmiegte sich an den großen Bruder, das Gesicht an der Schulter versteckt. „Das ist nicht fair, ich will das nicht“, wisperte er schniefend. Es war seine Schuld, nur weil er den ganzen Zauber angenommen hatte.
In diesem Moment waren Mario die Moose und die gierigen Pflanzen ganz egal, sogar hier gab es Wichtigeres für ihn. Sanft schloss er den kleinen Bruder in die Arme. „Das ist nicht schlimm, nur ein wenig Stoff. Mach dir keine Sorgen“, brummelte er und strich Luigi durch das zerzauste Haar. Er sah so müde und ängstlich aus. Das musste so schnell wie möglich ein Ende finden.