Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Szenen einer Ehe

von Mujuchu
Kurzbeschreibung
SammlungFamilie, Liebesgeschichte / P12 / Het
Dr. Anja Licht Franz Hubert
18.08.2021
12.02.2022
20
35.324
6
Alle Kapitel
5 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
27.08.2021 1.180
 
Tief und fest schlief sie neben ihm im Bett. Zärtlich sah er sie an und grübelte nach. Noch drei Tage und seine Frau hatte Geburtstag. Ihr 35. Geburtstag fiel auf einen Samstag und am Nachmittag hatte sie eine Gartenparty mit all ihren Freunden und Freundinnen geplant. Hubsi seufzte auf. Er mochte Menschenansammlungen nicht so gerne, aber einmal im Jahr zu Anjas Geburtstag war es eigentlich okay. Das Problem war aber, dass er noch immer kein Geschenk für seine Frau hatte. Es wollte ihm einfach nichts einfallen und er hatte auch wie immer viel zu spät darüber nachgedacht. Im letzten Jahr hatte er ihr eine Kette mit einem Rubinanhänger geschenkt, das Jahr zuvor ein paar Ohrringe und vor drei Jahren ein Kleid. All diese Sachen hatte aber nicht wirklich er ausgesucht, sondern Anjas Freundin Sabrina, aber dieses Jahr hatte sich Anja ausdrücklich ein Geschenk von ihm gewünscht. Irgendwie hatte sie es jedes Mal herausbekommen, dass Sabrina ihre Finger im Spiel gehabt hatte, wahrscheinlich von Sabrina selbst, die ja nichts für sich behalten konnte. Schmuck und Kleidung fielen also dieses Jahr aus. Mühsam versuchte sich Hubsi daran zu erinnern, was Anja sich wünschte. Was mochte sie eigentlich? Sie interessierte sich für die Rechtsmedizin, aber da schüttelte es Hubsi, wenn er nur an dieses Thema dachte. Sie reiste gerne, aber auch das war nicht sein Ding. Wieder seufzte Hubsi und weckte dadurch seine Frau. „Hubsi, was seufzst denn so?“, fragte sie ihn verschlafen und kuschelte sich an ihn. Liebevoll zog er sie an sich heran und küsste sie auf die Nasenspitze. „Nix“, brummte er, doch seine Frau ließ nicht locker. „Is des wegen meim Geburtstag“, wollte sie wissen, denn sie kannte ihren Hubsi. „Na … doch“, gab er schließlich zu, „dieses Jahr schenk i dir was ohne die Sabrina.“ „Mach dir net zu viele Gedanken, Franz“, tröstete sie ihn, „i woaß ja, dass du mi liab hast. Sei oifach freundlich und liebenswert am Samstag zu meine Gäst‘, des reicht scho.“ Anja küsste ihren Franz und die beiden Eheleute kuschelten noch eine Weile, bis der Wecker klingelte.

Auf dem Revier war heute wenig los. Hubert und Staller saßen sich gegenüber und schrieben längst fällige Berichte. Zur Mittagszeit stiegen die beiden in den Streifenwagen und fuhren zu Yazid. Dort bestellten sie sich einen Döner und während sich Hansi und Yazid angeregt unterhielten, blieb Hubsi schweigsam. „Was’n mit dem los?“, fragte der Dönerverkäufer. Staller grinste und plauderte dann den Grund für Hubsis Grübelei aus: „Die Anja hat am Samstag Geburtstag und er hat no koi Idee, was er ihr schenken will.“ „Besorgt des net wieder die Sabrina?“, wunderte sich Yazid. „Na, des tut se net“, warf Hubsi ein und schaute den Mann mürrisch an, „des kann i scho ganz alloi.“ Doch so ganz stimmte das nicht. Donnerstag und Freitag gingen vorbei und noch immer hatte Hubsi keinen blassen Schimmer, was er Anja morgen geben sollte. Verzweifelt tauchte er am Freitagabend bei Siggi auf. „Welch seltener Gast in meiner bescheidenen Hütte!“, rief der Wirt aus und stellte Hubsi ein Weizen hin. „Siggi“, flehte dieser, „du bist doch schon länger verheiratet, was schenkst du deiner Frau zum Geburtstag?“ „Also letztes Jahr waren wir gemeinsam in der alten Heimat in Hamburg“, begann er und plötzlich schlug er mit der flachen Hand auf den Tresen. Hubsi erschrak: „Spinnst du!“ „Jetzt weiß ich was“, erklärte Siggi, „in Hamburg, da gibt es die Dungeons. Das ist ein Gruselkabinett. Ich bin mir sicher, das würde deiner Anja gefallen. Ein romantisches Wochenende in Hamburg und der Besuch der Dungeons.“ Yazid und Hansi waren begeistert, aber Hubsi blieb skeptisch. „I woaß net, so a Gruselkabinett und so a weite Fahrt“, grübelte er. „Du suchst doch a Gschenk für die Anja und net für di. Jetzt spring halt amol über deinen Schatten und die Anja wird überglücklich sei“, drängte ihn Hansi. Jede Ausrede, die Hubsi i der nächsten Stunde vorbrachte, wurde von seinen Freunden niedergeschlagen. „Meine Schwester hat eine Frühstückspension in der Speicherstadt. Bestimmt hat sie an einen der nächsten Wochenenden noch etwas frei und ihr könnt mit der Bahn hochfahren“, versprach Siggi und Hubsi stimmte endlich zu. „Aber bis morgen früh schaff i des nimmer zu organisieren“, brachte er schließlich noch hervor. „Dann bastelst halt an Gutschein“, wusste Yazid. So kam es, dass Hubsi bis Mitternacht noch in seiner Werkstatt verschwand und aus Holz einen kleinen Zug schnitzte. Müde kuschelte er sich danach an seine Ehefrau und schlief zufrieden ein.

Am Samstagmorgen erwachte er noch vor seiner Ehefrau, die am Wochenende immer gerne lange schlief. Leise stand er auf und kochte Kaffee für das Geburtstagskind und richtete ein Frühstückstablett mit Semmeln, Butter und Marmelade und brachte es nach oben zu Anja. Im Schlafzimmer stellte er das Ganze auf der Kommode ab und kroch wieder zu seiner Frau unter die Decke. Dann begann er ihr Gesicht zu küssen und sie wach zu streicheln. Brummend drehte sie sich zu ihm und genoss seine Zärtlichkeiten. „Guten Morgen, Geburtstagskind“, raunte er ihr zu und fuhr mit seinen Liebkosungen fort. Anja lächelte ihn an und nach einem langen Kuss richtete sie sich auf und Hubsi stellte das Frühstückstablett aufs Bett. „Mei, is des liab. Sogar a paar Blümchen hast pflückt! Danke, Franz“, strahlte Anja und die beiden Eheleute frühstückten gemeinsam im Bett. „Du derfst jetzt entscheiden, was mir heit Vormittag machen, bis am Nachmittag deine Gäste kommen“, versprach Hubsi dem Geburtstagskind und ging duschen. Anja kuschelte sich wieder in ihre Decke, doch ohne ihren Franz gefiel es ihr nicht so gut im Bett und sie ging nach Hubsi ins Bad.

Fertig angezogen saßen die Eheleute bald auf dem Sofa und Hubsi hielt ein kleines, verpacktes Geschenk in seiner Hand. „Für mich?“, freute sich Anja und begann das Päckchen auszupacken. In dem kleinen Karton lag der hölzerne Zug, auf dem HAMBURG geschrieben stand. Sprachlos starrte Anja das Kunstwerk an. „Hast du des für mich gemacht?“, fragte sie überwältigt, „Fahrn mir nach Hamburg?“ Hubsi nickte glücklich und erklärte dann: „Du suchst dir a Wochenende aus und dann fahrn mir nach Hamburg, nur wir zwei und wenn du willst, geh i mit dir in die Dungeons.“ Anja fiel ihrem Mann um den Hals: „Des is des schönste Geschenk, dass i je bekommen hab. Ich weiß doch, dass du net gerne verreist und die Dungeons werden scho ganz hart für di werdn. Wie sehr musst du mich lieben um mir so eine Freude zu machen!“ Stürmisch küsste sie ihren Franz. „I liab di wahnsinnig“, stammelte Franz und strahlte vor Glück.

Am Nachmittag kamen dann die Gäste und Hubsi bemühte sich ein guter Gastgeber zu sein. Er beobachtete Anja und sah, wie sie ihre Party genoss. Sie sah wunderschön aus in ihrem bunten Sommerkleid und dem offenen blonden Haar. Stolz betrachtete er seine Frau und freute sich schon auf die Zweisamkeit am Abend, wenn endlich alle Gäste gegangen waren. Am übernächsten Wochenende fuhren Hubsi und Anja nach Hamburg. Selbst der Besuch im Gruselkabinett war halb so schlimm für den Polizisten mit seiner Frau an seiner Seite. Er liebte es, sie so glücklich zu sehen, insbesondere, wenn er an diesem Glück nicht ganz unschuldig war.
Review schreiben
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast