Die Legende von Rango (Prolog)
von ReScripta
Kurzbeschreibung
Rango weiß nun wer er ist. Aber wer war er früher? Er selber weiß es nicht, aber warum sollte es ihm interessieren? Er hat es jetzt weit gebracht. Er ist der Sheriff einer wenn auch kleinen Stadt geworden. Zudem ist er ein Held. Was kann man sich mehr wünschen? Bis allerdings ein gewisser Revolverheld ihm einen Hinweis gibt, dass hinter dem Ursprung seiner Vergangenheit mehr dahinterstecken könnte als nur ein Haustier gewesen zu sein… (Pilotfolge für eine größere Geschichte)
KurzgeschichteAbenteuer, Parodie / P12 / Gen
Klapperschlangen Jake
OC (Own Character)
Rango
04.08.2021
04.08.2021
1
5.648
04.08.2021
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Hallo, und herzlich willkommen zu einer kleinen Vorrunde einer neuen Rango-Serie. Da sie aber noch nicht fertig ist, wollte ich im Voraus schon eine kleine Vorschau geben. Bei dieser Reihe handelt es sich nicht nur um eine Fortsetzung des Films, sondern auch um mehr Hintergrundwissen über die Filmcharaktere. In diesem Fall mehr über Rangos Vergangenheit. Ich weiß natürlich nicht woher Rango ursprünglich kommt. Aus einem Tierladen? Vielleicht. Aber in diesem Fall weiß zunächst niemand wo er herkommt. Nicht einmal Rango selber. Nur was er später wurde. Vielleicht steckt sogar mehr hinter Rangos Vergangenheit als man annehmen könnte…
Übrigens hat diese Geschichte einen gewissen Bezug zu der aktuellen Geschichte „Dirtdown“. Allerdings wird dieser Zusammenhang erst recht später klar. Bis dahin wünsche ich allen eine schöne Lesezeit. :)
Vor 18 Jahren…
Um ihn herum war alles dunkel. Völlig dunkel. Trotzdem hatte er die Augen geschlossen, um sich besser zu konzentrieren. Seine Atmung war ruhig und gleichmäßig, beinahe lautlos. Er verschmolz mit der Stille. Er war ein Teil davon. Völlig ruhig verharrte er in seiner Stellung in der Dunkelheit.
Jake war es gewohnt auf diese Art und Weise zu jagen. Er lächelte kalt. Nichts bereitete ihm mehr Nervenkitzel als die Jagd. Außer einem richtigen Kampf. Oh ja, er liebte diesen Adrenalindrang. Vor allem wenn er den Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte.
Es war dunkle Nacht in der Mojave Wüste. Jake hatte sich unter einem Stein verkrochen, um auf keinen Fall gesehen zu werden. Erneut atmete der Killer konzentriert ein und aus. Seine Sinne waren bereit. Er achtete auf jede Vibration. Nichts blieb in seiner Umgebung verborgen. Seine Wärmesensoren suchten ununterbrochen nach einem Lebenszeichen und seine Zunge schmeckte jedes Molekül ab, das der Wind zu ihm rüber trug.
Er öffnete die Augen. Etwas hatte in der Nähe geraschelt. Sein Blick wanderte zum Ausgang der kleinen Steinhöhle. Plötzlich landete etwas auf dem Boden. Jake entspannte seine Muskeln. Es war nur ein kleiner Springkäfer. Enttäuscht wandte er den Blick wieder in die Dunkelheit und konzentrierte sich erneut.
Manchmal hatte er das Gefühl seine Gegenwart würde alles Leben in seiner Umgebung erstarren lassen. Nichts konnte in seiner Nähe überleben. Weder Mensch noch Tier.
Für Jake war das keine Überraschung. Er selber war der Tod, der sich alles nehmen konnte was er wollte. Atmete ein Wesen, war es nur noch eine Frage der Zeit bis er dessen Leben auslöschte.
Die Klapperschlange seufzte leise, als die Einsamkeit ihm einen Hauch von Wehmut auflodern ließ. Aber er schluckte dieses Gefühl sofort wieder hinunter. Er war abgehärtet genug, um nichts an sich herankommen zu lassen.
Die Klapperschlange blinzelte. Die ersten Sonnenstrahlen erhellten den Himmel. Er seufzte. Wieder hatte er kein Glück gehabt und sein Magen blieb diesmal wieder leer. Wenn das so weiterging, dann würde ihm nichts anderes übrigbleiben und wieder in eine Stadt zukriechen, um sich dort ein neues Opfer zu suchen.
Mittlerweile kannte ihn jeder. Allein schon der Gedanke an ihm, ließ jeden vor Angst erbleichen.
Kaum war die Sonne über dem Horizont gestiegen, kroch die große Klapperschlange aus ihrem Versteck auf den Stein, um sich für den heutigen Tag mit Energie aufzuwärmen.
Die warmen Sonnenstrahlen auf seiner Haut taten ihm gut. Er schloss die Augen und genoss sein Sonnenbad. Nur sein leerer Magen störte ihn. Vielleicht hatte er Glück und es machte jemand einen Morgenspaziergang.
Die Sonne wanderte weiter über den Horizont und mit ihr stiegen auch die Temperaturen. Noch immer war kein einziges Lebewesen in Sicht. Jake knurrte verärgert und brach sein Sonnenbad ab.
Mürrisch zwängte sich die Klapperschlange wieder unter die Steinspalte. Er hasste diese Hitze. Um diese Zeit kam unmöglich ein Tier über den Weg.
Ärgerlich zischend rollte er seinen langen Körper enger zusammen und machte sich bereit für den Mittagsschlaf, um die Mittagshitze zu überschlafen.
Plötzlich zuckte er zusammen. Eine Vibration! Zwar sehr schwach, aber immerhin. Da draußen war jemand!
Sofort schob Jake seinen Kopf aus der Spalte und legte sich ganz flach auf den Boden. Die Vibrationen stammten von einer Einzelperson. Nicht groß, eher klein. Jakes Augen wanderten nach Nord-Osten. Wachsam starrte er über die Wüstenebene, die die Sicht mit Steinen und Kakteen versperrten. Die Vibrationen wurden deutlicher. Jetzt setzte er seine Zunge ein und suchte tastend nach jedem Geruch. Die winzigen Duftstoffe erreichten nur spärlich sein Geruchsorgan. Aber das genügte ihm. Der Geruch war ihm völlig unbekannt. Weder ein Nagetier, noch zum Glück kein Vogel.
Was immer es auch war, so gefährlich könnte es nicht sein. Und selbst wenn, dann hatte er immer noch seine Waffen.
Vorsichtig verließ er sein Versteck. Prüfend warf er einen Blick zum Himmel. Nur ein paar Wolken, aber kein Habicht. Die Jagd war für ihn eröffnet!
Aufgeregt vor Vorfreude bald etwas im Magen zu haben, suchte er zwischen den flachen Felsen der typischen Landschaft der Mojave Wüste nach seiner Beute.
Plötzlich folg ein Schatten über ihn! Sofort schlüpfte er unter den nächsten Stein. Ängstlich lugte er aus seinem Versteck und sah zum Himmel. Doch es war nur ein kleiner harmloser Vogel gewesen, der seinen Flugweg gekreuzt hatte. Jake schnaubte verärgert. Wie gut, dass das keiner gesehen hatte. Nachdem er sich von dem Schrecken erholt hatte verließ er sein Versteck und machte sich erneut auf die Suche nach seiner Beute.
Nach einer Weile blieb er stehen und horchte. Die Vibrationen waren jetzt vollständig spürbar. Er züngelte. Das kleine Wesen war jetzt nur noch wenige Meter von ihm entfernt.
Zielsicher kroch Jake auf eine kleine Gruppe von Wandelnden Kakteen zu, die sich mit ein paar Kakteen eine Fläche zwischen den Felsen teilten.
Mit klopfendem Herzen blieb Jake vor den Pflanzengewächsen stehen. Sein Adrenalin war jetzt auf Hochtouren. Voller Neugier bog er seinen Körper, bereit zum Sprung. Wer würde sein nächstes Opfer sein?
Das Wesen hinter den Pflanzen schien sich im Schatten auszuruhen, denn es bewegte sich kaum von der Stelle.
Perfekt für seinen Angriff!
Jake wartete noch ein paar Sekunden ab. Dann stieß er seinen Körper nach vorne und schoss um die Ecke. Wie vom Donner gerührt bremste die Klapperschlange mitten im Sprung ab.
Statt einem Beutetier sah er… nichts.
Irritiert sah sich die Klapperschlange um. Aber da war nichts. Nur die Kakteen und ein paar Steine…
Er hielt inne. Angespannt bog er wieder seinen Hals und blickte misstrauisch nach vorne.
Zwischen den Steinen bewegte sich etwas. Plötzlich tauchten sehr kleine grüne Finger zwischen den Steinen auf und suchten tastend die Umgebung ab. Dann erschien ein kleiner grüner Kopf.
Das kleine Wesen zog ängstlich den Kopf ein, als es die gigantische Klapperschlange erblickte. Es gluckste leise. Jake legte den Kopf schief. War es gefährlich?
Langsam kroch er näher heran. Je näher er dem Steinhaufen kam, umso schneller schlug sein Herz. Er züngelte angespannt. War das Wesen bewaffnet? Er roch keine Schusswaffen. Er kam näher und näher, genau an die Stelle, wo das kleine Köpfchen verschwunden war. Jetzt hatte er den Steinhaufen erreicht. Mit einer raschen Bewegung schaute er hinter die Steine.
Was Jake sah, verschlug ihn für einen Moment die Sprache.
Auf dem Boden saß, auf allen vieren gekauert, eine sehr, kleine Echse. Als es die riesige Klapperschlange erblickte, presste sie sich ängstlich auf den Boden und starrte ihn erschrocken an. Es quietsche leise und zitterte leicht.
Jake war für einen Moment völlig perplex. Diese Echse war eindeutig ein Baby. Vielleicht ein paar Tage alt. Aber so eine Echse hatte er noch nie gesehen. Es war zwar grün wie eine Echse, aber der Schwanz war so stark gerollt, wie eine kleine Schnecke. Das merkwürdigste aber waren die Augen, die sich unruhig unabhängig in jede Richtung bewegten.
Endlich fand die Klapperschlange wieder Zugang zu ihrem Mund.
„Was bist du denn für ein hässliches Ding?“
Das kleine Wesen legte den Kopf schief. Es schien sich nicht sicher zu sein, ob Jake eine Gefahr war oder nicht. Schließlich bewegte es sich und krabbelte zögernd aber neugierig auf ihn zu. Jake ließ es nicht aus den Augen. Als das Baby seine Hand nach ihm ausstrecken wollte, wich Jake zurück. Das Baby erschrak so sehr, dass es ein paar Schritte rückwärts kroch und umkippte.
Jake riss erstaunt die Augen auf. Das Wesen hatte seine Farbe verändert. Jetzt war die Haut genauso gefärbt wie die Steine.
In Jakes Kopf herrschte völlige Verwirrung. Was war das für ein Tier? Ob das eine Mutation war und wegen seiner Hässlichkeit hier zurückgelassen wurde, vielleicht sogar ausgesetzt?
Jake sah sich um. Doch es war niemand zu sehen. Weder Eltern noch sonst jemand.
Sein Blick wanderte wieder auf die Baby-Echse, die sich wieder von dem Schrecken erholt hatte und fragen zu ihm hochsah.
Jake schnaubte verächtlich. „Starr mich nicht so an!“
Er kam mit seinem Gesicht näher. Er hasste es, wenn man ihn anstarrte.
Die kleine Echse mit den komischen Augen sah ihn unsicher an. Jetzt begann Jake zu züngeln. Die Echse kicherte vergnügt, als es Jakes Zunge kitzelte. Quietschend drehte sich das Baby auf den Rücken und versuchte mit seinen Händen nach Jakes Zunge zu greifen.
Jake verzog den Mund.
„Lass das!“
Das Echsenkind blieb kurz still, dann drehte es sich daddelnd wieder auf allen vieren auf den Boden und sah vergnügt zu Jake hoch.
Jake hatte sich wieder aufgerichtet und sah finster auf das Baby runter, wobei er immer wieder nervös seine Zunge rein und raus flackern ließ.
„Was zur Hölle bist du?”, frage Jake mehr zu sich selbst.
Er hatte überhaupt keinen blassen Schimmer was für eine Art diese Echse war.
Er stutzte, als sein Magen wieder anfing zu knurren.
Missmutig schaute er auf seinen Bauch, dann wieder auf das Baby, das gerade dabei war einen kleinen Turm mit kleinen Steinen zu bauen.
Es war zwar nicht groß, aber besser als gar nichts.
Jake schüttelte den Kopf. Er hatte noch nie etwas gegessen, das jünger war als ein Erwachsener. Andererseits, wenn sowieso niemand diese hässliche Kreatur vermisste…
Er grinste dunkel.
Seine nächste Mahlzeit!
Er kam mit seinem Gesicht näher. Das Baby erstarrte kurz, dann versuchte es mit seinen kleinen Händen Jakes Nase zu berühren.
„Sorry, Kleiner“, sagte Jake und wich den kleinen Händen aus. „Aber hier leben wir nach dem Motto, das Überleben des Stärkeren. Ich glaube kaum, dass du stark genug bist, um hier zu überleben. Du hast richtig Glück, dass du keinen qualvollen Tod in der heißen Wüstensonne sterben musst.“
Er lachte dunkel. Auch das Baby.
Jake verstummte. Das Baby ebenfalls.
„So, du denkst, das wäre ein Spiel? Na gut. Mal sehen, ob du dann immer noch lachst, wenn du meinen Hals runterrutschst.“
Er grinste teuflisch. „Lass uns das „Spiel“ beginnen.“
Er kam näher. Jeder andere hätte jetzt um Gnade gefleht, aber das Baby dachte an nichts Böses und fokussierte neugierig Jakes immer wieder rausschnellende Zunge.
Jake stutze. Das Baby streckte jetzt auch die Zunge rein und raus und versuchte es ihm nachzumachen. Dann lachte es verspielt und machte erneut das Zungen-Spiel.
Ein paar Sekunden starrte Jake das Baby an, dann schaute er auf seinen eigenen Mund.
Jakes Gesicht verfinsterte sich. Diese Nachäfferei von diesem Baby ging ihm auf die Nerven.
„Hör endlich auf damit! Da gibt es nichts zu lachen! Über mich macht man sich nicht lustig! Verstehst du? Ich kann dich jederzeit töten. Sogar sehr qualvoll!“
Er grinste teuflisch und kam erneut näher und streckte demonstrativ seine Zunge länger raus als sonst.
Wusch!
Jake riss die Augen auf. Die Echse hatte ihre Zunge rausgeschnellt und klebte jetzt auf seiner Zunge fest!
„Nimm deine Zunge von meiner Zunge“, knurrte Jake mit offenem Mund.
Wütend schüttelte er den Kopf und versuchte seine Zunge von der Zunge der kleinen Echse wieder abzukriegen. Aber die Echsen-Zunge klebte auf seiner fest wie ein Saugnapf.
Endlich gab es einen Ruck. Die kleine Echse wirbelte herum und landete im Sand.
„Wäh!“ Angeekelt schüttelte Jake den Mund und spuckte mehrmals.
Das war so ekelhaft!
Das Baby hingegen kraulte quietschend mit den Armen und Beinen in der Luft. Dann wanderten die Augen nach hinten und entdeckten eine kleine, gelbe Wüstenblume. Aufgeregt drehte es sich wieder auf allen vieren auf den Boden und betatsche die Blume.
Jake spuckte immer noch angewidert und rieb seinen Mund auf den Boden ab.
Nachdem er sich wieder etwas gefasst hatte, starrte er mit vor Wut funkelnden Augen wieder auf das Echsenbaby, das jetzt eine kleine Kaktusblume betrachtete. Babbelnd hatte es sich vor die Blume gekniet und betatschte sie spielend und gluckste belustigend.
Jake zischte drohend. Noch nie hatte er eine solche Wut auf Kinder gehabt wie heute.
Er fauchte wütend. Dieses Vieh denkt wohl es könnte mit ihm spielen. Nicht bei ihm!
Drohend bäumte er sich hinter dem Baby auf und starrte beinahe mordlüstend auf es herab.
„Es wird mir ein Vergnügen sein etwas wie dich herunterzuschlingen, kleines Monster.“
Das Baby hatte den drohenden Schatten immer noch nicht bemerkt und spielte unschuldig mit der kleinen Wüstenblume.
Langsam öffnete Jake seinen Mund. Er war bereit zum Zubeißen, als plötzlich…
Die Klapperschlange hob den Kopf. Starke Vibrationen auf dem Boden kamen aus der Ferne. Direkt in seine Richtung. Für einen Moment vergaß Jake das Echsenbaby und starrte angespannt in die Richtung aus der das Getrampel kam. Er stutze.
„Was…“
Am Horizont tauchte eine kleine Staubwolke auf, die sich mit rasender Geschwindigkeit nährte.
„Wo ist es?! Wo ist es?“, schrie eine fluchende Stimme. „Es darf nicht entkommen! Ihr seid solche Idioten!!“
Schnell kroch Jake hinter einen flachen Felsen. Das Baby zog er vorsichtshalber mit sich mit. Das Baby quietsche vergnügt und glaubte an ein Spiel.
„Halt endlich die Klappe!“, zischte Jake genervt.
Zu seiner Erleichterung verstummte das Baby gehorsam und sah ihn aufmerksam an.
Jake schnaubte kurz, dann richtete er seinen Blick wieder nach vorne.
Die Reiter waren inzwischen nur noch einen Steinwurf weit entfernt. Kurz vor den flachen Felsen hielten sie an. Jake drückte sich auf den Stein und machte sich so flach wie möglich.
Es waren fünf. Der erste, offensichtlich der Chef der Truppe, war eine beleibte Wüstenkatze und trug Jeans, rotes Hemd und Westernjacke. Dazu einen braunen Hut. Die anderen bestanden aus einem Wüstenhasen, einer Ratte, einem Kojoten, der auf einem Kaugummi herumkaute und zum Schluss eine Echse im langen Mantel.
„Wie kann euch etwas entwischen, das noch nicht mal gescheit laufen kann?“, schimpfte die Wüstenkatze weiter.
„Reg dich nicht auf“, sagte der Wüstenhase. „Truppe 1 und 3 suchen jeden Millimeter der Umgebung ab. Bestimmt haben sie es schon längst gefunden.“
„Ist dir überhaupt klar, was ihr da angerichtet habt?!“, schrie sein Vorgesetzter. „Wenn uns das Kind durch die Lappen geht, macht der Chef uns alle einen Kopf kürzer! Er hängt unsere Leichen auf und wirft sie den Vögeln zum Fraß vor. Und du sagst, ich soll mich nicht aufregen?!“
Jake, der alles aus der Entfernung beobachtet hatte, starrte verwundert auf das Echsenbaby. Sie suchten nach einem Kind. Handelte es sich etwa um diese komische Echse?
„Du und du!“, befahl die Wüstenkatze. „Seht euch hinter den Felsen um.“
Der Wüstenhase und die Ratte nickten und sprangen von ihren Roadrunnern.
Jake verengte die Augen. Er hatte diese Männer noch nie zuvor gesehen. Der Wüstenhase sah aus, als wäre er besoffen. Seine Ohren hingen beinahe traurig herunter und sein Gang war eher torkelnd und hinkte teilweise. Die Ratte sah aus, als hätte sie einen harten Kampf mit einer Katze gehabt. Ihr Fell war an manchen Stellen kahl gerupft, ein Ohr fehlte ganz und ihr Schwanz war nur noch zur Hälfte vorhanden.
Nachdenklich beobachtete er, wie die beiden die Gegend absuchten.
Er drückte sich auf den Boden. Sollte er abhauen oder noch besser Angreifen?
Wieder meldete sich ein leerer Magen.
Ein leises Babbeln ließ ihn aufhorchen. Das Echsenbaby hatte einen Käfer entdeckt. Es krabbelte spielend hinter ihm her und versuchte es mit der Zunge zu packen.
Jake zischte verärgert.
„Komm sofort zurück!“, befahl er leise.
Eilig verließ er in geduckter Haltung sein Versteck und versuchte das Baby mit seinem langen Körper zum Stehen zu bringen, aber dieses rannte immer schneller, um den Käfer zu fangen.
„Wirst du wohl!“
Wütend blockierte er den Weg mit seiner Kanone. Das Baby prallte mit der Nase dagegen und fiel unsanft rückwärts auf den Boden.
Das Echsenbaby erstarrte, dann verzog es das Gesicht und begann zu weinen.
Jake biss sich auf die Unterlippe. „Verdammt nochmal. Sei gefälligst still! Halt den Mund!“
Als das Baby nicht aufhörte, wickelte die Klapperschlange ihren langen Körper drum herum und versuchte dem Kind auf diese Art und Weise den Mund zuzuhalten.
„Halt! Keine falsche Bewegung!“
Jake drehte sich um.
Auf einem Felsen stand die Ratte und zielte mit einem Gewehr auf ihn. Jake schoss. Die Ratte schrie auf, ließ das Gewehr fallen und hielt sich die verwundete Schulter.
Das blieb den anderen Reitern natürlich nicht unbemerkt. Kaum hatten sie die Schüsse und den Schrei gehört, trieben sie ihre Roadrunner über die flachen Felsen. Wie vom Donner gerührt blieben sie stehen, als sie die große Klapperschlange sahen, mit dem Baby in den Körperschlingen, das immer noch leise weinte.
In diesem Moment tauchten auch der Wüstenhase und die Ratte auf und stellten sich schutzsuchend hinter die Reiter, während die Ratte immer noch damit beschäftigt war sich die blutende Schulter zu halten.
„Porra! Er hat das Kind!”, fluchte der Kojote mit vollem Kaugummi-Mund.
„Shit!”, zischte die Wüstenkatze durch die Zähne. Dann nahm er einen tiefen Atemzug. „Na gut, gib es zurück!“
Jake hob eine Augenbraue. „Was meinst du?“
„Frag nicht so blöd! Gib mir das Kind!“
„Hüte deine verdammte Zunge!“, schrie Jake drohend und rasselte heftig mit seiner Waffe.
Jetzt waren alle ruhig. Sogar das Baby, das immer noch in seinem Körper saß und jetzt mit großen, feuchten Augen zu ihm hochsah.
Der Anführer schnaubte verärgert bis einer seiner Leute eine Hand auf seine Schultern legte und ihm einen warnenden Blick zuwarf.
„Sorry für mein grobes Benehmen“, entschuldigte er sich gefasster. „Aber das Kind gehört uns.“
Jake blinzelte, als etwas von der Sonne reflektiert wurde. Die Wüstenkatze trug ein Sheriffabzeichen.
„Und wer bist du?“, fragte Jake mit arroganter Stimme. Diese Person war ihm völlig unsympathisch.
Die Wüstenkatze räusperte sich. „Mein Name ist Sheriff Amos“, antwortete er und deutete auf sein Abzeichen. „Und ich rate dir, uns das Kind sofort zurückzugeben.“
„Und dürfte ich fragen, wieso Sie aus purer Liebe dieses Kind wiederhaben wollen?“, fragte Jake sarkastisch.
„Das geht dich einen Dreck an!“
„Amos!“, warnte die Echse im langen Mantel. „Beruhige dich!“
„Halt die Klappe, Joe!“, keifte Amos.
Jake zischte verärgert. „Das ist immer noch mein Gebiet. Ich denke, ich habe ein Recht zu erfahren, was ihr von dem Kind wollt.“
„Was zum Teufel geht dich das an, was wir mit dem Kind wollen?“, fragte Amos nervös.
Jake grinste teuflisch. „Also, ich würde euch das Kind geben, wenn du mir dafür etwas gibst.“
„Willst du uns erpressen?“, schrie der Sheriff.
Jake lachte dunkel. „Was sonst?”
„Wir verhandeln nicht mit einem Dreckskerl wie dich!“
Jake zischte scharf wegen dieser unverschämten Beleidigung.
Sein Blick wanderte auf das Baby, welches jetzt einen Blick über seinen Körper rausgewagt hatte. Als es Amos erblickte, zog es ängstlich den Kopf ein.
Wieso? Kannte es diese Männer oder war es nur ängstlich? Für einen Moment, nur für einen kurzen Moment, bekam er ein wenig Mitleid mit diesem Kind.
„Du vielleicht nicht, du Hurensohn!“, sagte Jake und grinste dunkel. „Aber vielleicht seine Eltern.“
Amos stutzte einen Moment, als würde er nach einer passenden Antwort suchen.
Jake hob die Augenbrauen. Wieso antwortete er nicht? Waren die Eltern tot?
„Was hast du für ein Problem?“, fragte er sarkastisch. „Hat dein Verstand ausgesetzt?“
„Scher dich nicht darum!“, grunzte der Sheriff laut. „Wir wollen nur das Kind und dann sind wir auch schon wieder weg.“
Er zeigte drohend auf die kleine Echse, die sich glucksend an Jakes Körper drückte.
Jake zischte drohend. Es kümmerte ihn zwar einen Dreck was aus dem Kind wurde. Trotzdem war das immer noch seine Beute.
„Ich hab es aber zuerst gehabt“, sagte er gehässig. „Also schert euch gefälligst zum Teufel, wo ihr hingehört.“
„Ich glaube, da gehörst eher du hin, du Monster!“, konterte Sheriff Amos bissig.
„Sheriff!“, meldete sich jetzt der kaugummikauende Typ. „Besser silêncio, wir sollten machen, dass wir hier wegkommen…“
„Ich gehe nicht ohne dieses verfluchte Kind!“, unterbrach der Sheriff ihn laut. „Und wenn ich gegen den Teufel persönlich kämpfen muss! Gib mir sofort das Kind!“
Jake hob die Augenbrauen. Was immer dieser „feine“ Sheriff wollte, mit dem Kind hatte er bestimmt keine guten Absichten. Ein Grund mehr für ihn es nicht herzugeben.
„Jetzt gib mir das Kind!“, befahl der Sheriff eindringlich.
„Ich hab aber das Zauberwort „Bitte“ nicht gehört“, konterte Jake sarkastisch.
Der Sheriff atmete laut. Seine Hand griff nach seinem Revolver, aber Jake war schneller.
Blitzschnell zielte er mit seiner Gatling Gun auf die Reiter.
„Ich habe euch höflich gewarnt. Jetzt kriegt ihr ein Ticket ins Jenseits!“
Jake hatte erwartet, dass die Männer jetzt abhauen würden oder zumindest ihre Revolver ziehen würden. Doch das genaue Gegenteil trat ein. Stattdessen blieben sie ruhig auf ihrem Rennkuckucks sitzen.
„Habt ihr mich nicht verstanden?!“, schrie Jake wütend.
„Ich habe eine bessere Idee“, antwortete der Sheriff düster. „Schick dich doch selber in die Hölle.“
In diesem Moment tauchten hinter den Felsen sämtliche Leute mit Revolvern und Gewehren bewaffnet auf. Jake riss die Augen auf.
„Truppe 1 und 3 sind zurück“, sagte der Wüstenhase erleichtert. „Gutes Timing!“
Amos grinste.
„Also, dürfte ich jetzt bitte um das Kind bitten?“, säuselte er triumphierend.
Jake verengte die Augen. Dieser Typ sollte sich nur kein Spiel mit ihm erlauben. Was bildete der sich ein?
Für einen kurzen Moment schien die Zeit still zu stehen. Keiner rührte sich. Niemand bewegte auch nur einen Muskel. Alle Augen waren nur auf die Klapperschlange gerichtet.
Jake schloss die Augen. Dann rollte er seinen Körper auf und ließ das Kind auf den Boden fallen. Fragend sah das Echsenbaby die Truppe an.
„Kluge Entscheidung“, sagte Amos grinsend. „Joe, hol’s.“
Grummelnd stieg die Echse im langen Mantel von ihrem Roadrunner runter und wollte gerade losgehen, als Jake in diesem Moment das Kind sehr sachte in den Mund nahm.
„Was soll das!?“, schrie Amos erbost.
Ohne ein Wort zu sagen hob Jake wieder den Kopf, mit dem Kind im Mund, dass nicht wusste, was es davon halten sollte, aber es schien keine Angst zu haben. Quietschend lag es in Jakes Mund, wobei die Klapperschlange darauf achtete, es nicht mit den Giftzähnen zu stechen.
Plötzlich drehte sich die Klapperschlange um und raste im blitzschnellen Tempo davon.
Sofort eröffneten alle das Feuer.
Jake schrie auf, als zwei Kugeln seinen Körper trafen, ihn aber nicht sonderlich verletzten.
Dabei fiel das Kind aus seinem Mund und landete auf seinem Revolvergürtel. Mit schmerzverzerrtem Gesicht wandte Jake seinen Körper, hatte aber keine Zeit mehr das Baby ins Maul zu nehmen, sondern preschte schnell davon, wobei das Baby sich an seinem Revolvergürtel festhielt.
„Feuer einstellen!“, schrie der Sheriff. „Los, hinterher! Tötet ihn! Aber dem Kind darf nichts passieren!“
Jake raste wie noch nie zuvor in seinem Leben.
„Dieser Typ war total krank im Kopf!“, dachte er.
Warum riskierte er so viel für dieses Kind? Bestimmt nicht aus Nächstenliebe. Dafür war er viel zu wütend gewesen. Im Gegenteil. Dieser Drecks-Sheriff sah aus, als hätte das Baby ihm sein Lieblingsspielzeug kaputt gemacht.
Das Baby auf seinem Rücken quietsche vergnügt und hielt sich krampfhaft an seinem Revolvergürtel fest, während Jake versuchte den Jägern zu entkommen.
Plötzlich fielen mehrere Schüsse. Jake machte mehrere Kurven, um den Schüssen auszuweichen. Dann drehte er sich blitzschnell im Lauf um und schoss selber.
Die Reiter wichen nach allen Seiten aus und waren jetzt rechts und links.
Jake machte kehrt und schlitterte einen steinigen Hügel runter. Unten angekommen ging die Jagd weiter. Die Reiter johlten triumphierend, als sie Jake von rechts und links umzingelt hatten. Doch noch bevor sie schießen konnten, hielt Jake an, sodass die Reiter sich selber fast erschossen hätten. Mit dieser Bremsung hatte das Baby allerdings nicht gerechnet.
Das Baby wurde nach vorne geschleudert und flog im hohen Bogen durch die Luft. Jauchzend breitete es seine Arme aus und segelte wie ein Vogel am Himmel.
Amos witterte seine Chance. Er trieb seinen Roadrunner zu Höchstleistungen an, nahm Anlauf und sprang mit dem Roadrunner nach oben, um das Kind abzufangen.
Jake hatte sein Manöver sofort bemerkt. Er nahm einen gewaltigen Satz, überwand für einen Moment die Schwerkraft, stemmte sich mit seinem schweren Körper vom Boden ab und fing das Kind im freien Fall mit seinem Kopf auf. Amos knallte gegen den massigen Körper der Schlange und wurde zur Seite geschleudert.
Jake sah in diesem Moment nicht wo er landete und knallte mit voller Wucht gegen eine Gruppe Reiter. Schnell rappelte er sich wieder auf und floh erneut querfeldein.
Stöhnend stand Amos auf. Sein Schädel brummte nach dem Aufprall. Alles tat ihm weh.
„Was steht ihr so blöd herum?!“, fluchte er, als seine Leute ihn fragend ansahen. „Los, hinterher. Er entwischt uns!“
Jake flitzte wie ein Irrer zwischen den flachen Felsen immer weiter und weiter.
Er wusste nicht wohin, er wusste nur, er musste weg. Das Baby transportierte er immer noch auf seinem Hut.
Plötzlich blieb er wie vom Donner gerührt stehen.
Vor ihm erstreckte sich die freie, flache Wüstenlandschaft.
Hier war er auf freiem Feld. Totale Zielscheibe.
„Verdammt!“, fluchte er.
Doch für ein Zurück war es bereits zu spät. Nicht weit entfernt spürte er die Vibrationen der Rennhühner. Es galt jetzt entweder zurück oder nach vorne.
Fluchtend setzte er sich mit schneller Geschwindigkeit wieder in Bewegung. Vor ihm am Horizont flimmerte die Hitze. Er konnte nicht erkennen was sich vorne befand.
Plötzlich bremste er ab.
Jakes Augen weiteten sich entsetzt. Vor ihm lag der Highway!
Hier war Endstation.
Nervös sah er nach rechts und nach links. Die Straße war zwar leer, aber sein Instinkt warnte ihn davor sich auch nur einen Millimeter auf diesen tödlichen Asphalt zu wagen.
Das Baby krabbelte babbelnd über seine Hutkrempe und dann auf seine große Schnauze.
„Hör endlich auf damit!“, schimpfte er. „Weißt du nicht, dass sie mich killen wollen, vielleicht sogar auch dich, du dreckiges…“
Das Baby umarmte seine Nase. Jake war für einen Moment völlig von der Rolle. So etwas hatte noch nie jemand bei ihm gemacht. Doch dann besann er sich sofort wieder auf den Ernst der Lage. Die Reiter waren jetzt nur noch einen halben Kilometer entfernt.
Jake war hin und her gerissen. Hinter ihm eine Bande mordende Schusswaffen, vor ihm der unheilvolle Highway.
Jake kroch nach vorne, doch dann wich er wieder zurück, als seine Haut den Asphalt berührte.
Nein, niemals würde er sich in die eine von Menschen gemachte Todesfalle wagen.
„Da vorne ist er!“, schrie jemand.
In einer Millisekunde bog Jake nach rechts und raste am Straßenrand entlang.
„Ich hab ihn gleich!“, rief jemand hinter ihm.
Sie konnten jeden Moment schießen.
Jake hörte ein Auto, das von hinten auf seiner Seite in rasender Geschwindigkeit sich näherte.
In diesem Moment hallte ihm immer wieder der eine Satz durch den Kopf:
„Überquere niemals eine Straße. Es sei denn es ist ein Notfall.“
Das war ein Notfall!
Jake musste wahnsinnig gewesen sein. Er sprang zur Seite mitten auf die Straße. Das Auto bremste mit quietschenden Reifen und schwenkte zur Seite. Direkt auf die Roadrunner Gruppe.
Die Roadrunner stoben auseinander. Es gab einen lauten Schrei und das Quietschen von Reifen vermischte sich in einem Chaos von aufwirbelnden Staub und Sand.
Der Fahrer des Wagens riss das Steuer zur Seite und kam mit dem Auto auf dem Asphalt zum Stillstand. Für einen Moment herrschte absolute Stille.
Dann öffnete sich die Fahrertür und ein junger Mann im gestreiften T-Shirt und Brille stieg aus. Prüfend sah er sich um, begutachtete die Stoßstange und kniete sich sogar vors Auto, um nachzusehen, ob etwas unters Auto gekommen war.
Jake, der gerade noch mit heiler Haut davongekommen war, hatte sich, nachdem der Wagen angehalten hatte, schnell auf die Stoßstange des Kofferraums gesetzt. Das Kind setzte er sorgsam auf seinem Rücken ab und lugte mit angespannter Körperhaltung um die Ecke des Autos. Jetzt sah er seinen schlimmen Feind: Menschen!
„Schatz? Alles in Ordnung?“, fragte eine weibliche Stimme.
„Ich weiß es nicht“, antwortete der Mann. „Irgendetwas hat die Straße überquert, aber ich glaube nicht, dass es unter die Räder gekommen ist.“
Die rechte Fahrertür öffnete sich und eine junge Frau stieg aus dem Auto. Sie trug kurzes braunes Haar und ein blaues T-Shirt und kurze Hosen.
Jake wollte nicht riskieren, dass sie ihn entdeckten. Er sah neben sich. Erschrocken wirbelte er herum. Das Kind war weg!
„Schatz! Sie mal!“, rief die Frau und deutete auf den Boden. „Was ist das?“
Jake riss die Augen auf. Auf dem heißen Asphalt krabbelte das Echsenbaby. Als es die Menschen sah, blieb es wie erstarrt stehen. Mit großen Augen sah es zu der Frau hoch.
„Mum? Was ist das?“
Im nächsten Moment öffnete sich die Tür zu den Rücksitzen und ein Mädchen, vielleicht so unter 10 oder knapp über 10, stieg aus dem Auto. Aufregt beugte sie sich zu der grünen merkwürdigen Echse runter.
„Ach, was bist du denn für ein süßes Ding?“, fragte sie entzückt.
Jake schnaubte verächtlich. Süß?
Das Mädchen hatte sich inzwischen auf den Boden gekniet und streckte nun ihre Hand nach der Echse aus. Das Baby zog ängstlich den Kopf ein und drückte sich enger auf den Boden. Es quietsche leise, als das Mädchen seine Haut berührte, aber es rannte nicht weg. Sachte hob sie das Tier auf und betrachtete es genauer.
Der Mann, vermutlich der Vater, sah ihr über die Schulter.
„Das ist ein Chamäleon-Baby“, sagte er.
„Ein Chamäleon?“, fragte seine Frau überrascht. „Was hat ein Chamäleon hier in der Einöde zu suchen?“
„Ich hab keine Ahnung.“ Der Mann zuckte die Achseln. „Vielleicht hat es jemand verloren.“
Er sah sich um.
„Hallo!?“, rief er. Doch niemand antwortete. Niemand war zu sehen.
„Scheint niemand hier zu sein“, sagte er. „Vielleicht hat es jemand ausgesetzt.“
„Ausgesetzt? So ein niedliches Tier?“ Das Mädchen war fassungslos. „Aber wer sollte denn so etwas Herzloses, Grausames tun?“
Das Chamäleon Baby hatte sich inzwischen an die Höhe gewöhnt und kletterte daddelnd über ihre Hände.
„Was sollen wir jetzt tun?“, fragte die Frau ihren Mann. Dieser zuckte erneut die Achseln. „Keine Ahnung. Vielleicht vermisst jemand dieses Ding.“
Seine Frau sah sich nach allen Seiten um. „Glaubst du wirklich? Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Das Mädchen umschloss das Baby mit den Händen. „Es kann doch hier nicht überleben.“
Nachdenklich blickte sie in die kleinen, gelben Augen der kleinen Echse und ihr Herz wurde weich, als das Baby ihre Finger berührte. Ein warmes Lächeln glitt über ihren Mund.
„Keine Sorge, kleines Baby. Wir werden jemanden finden, der sich um dich kümmern wird.“
Mit diesen Worten ging sie zurück ins Auto, setzte sich auf den Rücksitz und setzte das Echsenbaby auf ihrem Schoss ab. Sofort beäugte das Baby die neue Umgebung. Vergnügt krabbelte es nach vorne zum Steuerknüppel und versuchte daran hochzuklettern.
Das Mädchen lachte amüsiert. „Nein, nein. Damit muss Papa fahren. Bleib besser bei mir.“
Nachdem sie sich angeschnallt hatte, nahm sie das Echsenbaby wieder auf ihren Arm und ließ es nach draußen aus dem Fenster schauen.
Ihre Eltern, die immer noch draußen vor dem Wagen standen, sahen einander an. Dann kratze sich der Vater nachdenklich am Kopf. Er sah sich nochmal um. Doch es schien wirklich niemand hier zu sein, der das Tier vermisste. Schließlich stieg er mit seiner Frau wieder ins Auto, setzte sich ans Steuer und startete den Wagen. Der Motor heulte kurz auf, dann fuhr der Wagen davon.
Jake, der sich in einem flachen Graben neben der Straße in Sicherheit gebracht hatte, sah dem davonfahrenden Wagen mit vielsagendem Blick hinterher.
„Chamäleon“, murmelte er. „Komischer Name.“
Amos knurrte grimmig. Er war nur ganz knapp dem Auto entkommen. Bis auf ein paar Reiter, die leichte Prellungen und Schürfwunden abbekommen hatten, war niemand sonderlich verletzt. Trotzdem war er mehr als unzufrieden, sogar wütend, über diese verpatzte Aktion.
Mit düsterem Blick musste er aus der Entfernung mitansehen, wie die Menschen das Chamäleon-Baby mit ins Auto nahmen und davonfuhren.
Der Sheriff knirschte mit den Zähnen. „Daran ist nur dieses verdammte Schlangenvieh schuld! So wahr ich Sheriff Amos heiße. Ich mach diese Schlange kalt! Irgendwann bringe ich diese Schlange um! Ich habe keine Angst vor diesem Monster!“
Seine Kollegen warfen sich fragende Blicke zu, während einer eine Kaugummi-Blase platzen ließ.
Jake schnaubte verächtlich, als er die fluchenden Schreie des Sheriffs hörte. Er war inzwischen schon ein gutes Stück vom Highway entfernt und schüttelte immer wieder den Kopf.
„Idiot!“, knurrte er. „Behalt deinen Dreck für dich alleine. Von wegen Sheriff, dein Freund und Helfer. Dreckskerle!“
Doch dann grinste er. Stolz hob er den Kopf und rasselte spöttisch mit seiner künstlichen Rassel. Sollte diese Kreatur doch drohen wie er wollte. Der heutige Tag hatte wieder bewiesen, dass ihn niemand jemals besiegen könnte. Da konnten andere noch so große Töne spucken.
„Niemand kann mich besiegen“, sagte er zufrieden. „Absolut niemand wird das können.“
Er gähnte müde. Der Tag war für ihn ziemlich anstrengend gewesen, aber er schwor sich, demnächst sich seine nächste Beute ohne Wenn und Aber zu schnappen. Aber etwas das mehr erwachsen war, nicht so etwas wie dieses Baby.
Er warf nochmal einen letzten Blick auf den Highway rüber in die Richtung in die das Auto verschwunden war. Er war froh dieses Echsenbaby losgeworden zu sein. Wenn auch etwas anders als erwartet. Wie auch immer. Hauptsache er sah es nie wieder.
„Ich hoffe, ich muss diese Kreatur nie wieder sehen.“
Dann verschwand er in der Hitze der Wüste.
So, das war der Anfang der neuen Geschichte. Meine Idee ist, dass Rango 18 Jahre später den Autounfall auf der Straße hat. Danach wird die Geschichte einen Sprung mit einem Jahr nach Rangos Ernennung zum Sheriff weitergehen.
Um es vorweg zu sagen: Natürlich weiß ich, dass Amos nur von Dienstag bis Samstag Sheriff von Dreck gewesen war. In dieser FF war er vorher noch Sheriff von einer anderen Stadt gewesen bevor er nach Dreck kam, aber das wird später noch näher erklärt. ;)
Ich hoffe, euch hat der Start gefallen. Bis zur Weiterführung der Geschichte wünsche ich jedem alles Gute. :)
Übrigens hat diese Geschichte einen gewissen Bezug zu der aktuellen Geschichte „Dirtdown“. Allerdings wird dieser Zusammenhang erst recht später klar. Bis dahin wünsche ich allen eine schöne Lesezeit. :)
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„Keiner kann vor seiner Geschichte davonlaufen.“ – Geist des Wilden Westens
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1. Prolog
Vor 18 Jahren…
Um ihn herum war alles dunkel. Völlig dunkel. Trotzdem hatte er die Augen geschlossen, um sich besser zu konzentrieren. Seine Atmung war ruhig und gleichmäßig, beinahe lautlos. Er verschmolz mit der Stille. Er war ein Teil davon. Völlig ruhig verharrte er in seiner Stellung in der Dunkelheit.
Jake war es gewohnt auf diese Art und Weise zu jagen. Er lächelte kalt. Nichts bereitete ihm mehr Nervenkitzel als die Jagd. Außer einem richtigen Kampf. Oh ja, er liebte diesen Adrenalindrang. Vor allem wenn er den Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte.
Es war dunkle Nacht in der Mojave Wüste. Jake hatte sich unter einem Stein verkrochen, um auf keinen Fall gesehen zu werden. Erneut atmete der Killer konzentriert ein und aus. Seine Sinne waren bereit. Er achtete auf jede Vibration. Nichts blieb in seiner Umgebung verborgen. Seine Wärmesensoren suchten ununterbrochen nach einem Lebenszeichen und seine Zunge schmeckte jedes Molekül ab, das der Wind zu ihm rüber trug.
Er öffnete die Augen. Etwas hatte in der Nähe geraschelt. Sein Blick wanderte zum Ausgang der kleinen Steinhöhle. Plötzlich landete etwas auf dem Boden. Jake entspannte seine Muskeln. Es war nur ein kleiner Springkäfer. Enttäuscht wandte er den Blick wieder in die Dunkelheit und konzentrierte sich erneut.
Manchmal hatte er das Gefühl seine Gegenwart würde alles Leben in seiner Umgebung erstarren lassen. Nichts konnte in seiner Nähe überleben. Weder Mensch noch Tier.
Für Jake war das keine Überraschung. Er selber war der Tod, der sich alles nehmen konnte was er wollte. Atmete ein Wesen, war es nur noch eine Frage der Zeit bis er dessen Leben auslöschte.
Die Klapperschlange seufzte leise, als die Einsamkeit ihm einen Hauch von Wehmut auflodern ließ. Aber er schluckte dieses Gefühl sofort wieder hinunter. Er war abgehärtet genug, um nichts an sich herankommen zu lassen.
Die Klapperschlange blinzelte. Die ersten Sonnenstrahlen erhellten den Himmel. Er seufzte. Wieder hatte er kein Glück gehabt und sein Magen blieb diesmal wieder leer. Wenn das so weiterging, dann würde ihm nichts anderes übrigbleiben und wieder in eine Stadt zukriechen, um sich dort ein neues Opfer zu suchen.
Mittlerweile kannte ihn jeder. Allein schon der Gedanke an ihm, ließ jeden vor Angst erbleichen.
Kaum war die Sonne über dem Horizont gestiegen, kroch die große Klapperschlange aus ihrem Versteck auf den Stein, um sich für den heutigen Tag mit Energie aufzuwärmen.
Die warmen Sonnenstrahlen auf seiner Haut taten ihm gut. Er schloss die Augen und genoss sein Sonnenbad. Nur sein leerer Magen störte ihn. Vielleicht hatte er Glück und es machte jemand einen Morgenspaziergang.
Die Sonne wanderte weiter über den Horizont und mit ihr stiegen auch die Temperaturen. Noch immer war kein einziges Lebewesen in Sicht. Jake knurrte verärgert und brach sein Sonnenbad ab.
Mürrisch zwängte sich die Klapperschlange wieder unter die Steinspalte. Er hasste diese Hitze. Um diese Zeit kam unmöglich ein Tier über den Weg.
Ärgerlich zischend rollte er seinen langen Körper enger zusammen und machte sich bereit für den Mittagsschlaf, um die Mittagshitze zu überschlafen.
Plötzlich zuckte er zusammen. Eine Vibration! Zwar sehr schwach, aber immerhin. Da draußen war jemand!
Sofort schob Jake seinen Kopf aus der Spalte und legte sich ganz flach auf den Boden. Die Vibrationen stammten von einer Einzelperson. Nicht groß, eher klein. Jakes Augen wanderten nach Nord-Osten. Wachsam starrte er über die Wüstenebene, die die Sicht mit Steinen und Kakteen versperrten. Die Vibrationen wurden deutlicher. Jetzt setzte er seine Zunge ein und suchte tastend nach jedem Geruch. Die winzigen Duftstoffe erreichten nur spärlich sein Geruchsorgan. Aber das genügte ihm. Der Geruch war ihm völlig unbekannt. Weder ein Nagetier, noch zum Glück kein Vogel.
Was immer es auch war, so gefährlich könnte es nicht sein. Und selbst wenn, dann hatte er immer noch seine Waffen.
Vorsichtig verließ er sein Versteck. Prüfend warf er einen Blick zum Himmel. Nur ein paar Wolken, aber kein Habicht. Die Jagd war für ihn eröffnet!
Aufgeregt vor Vorfreude bald etwas im Magen zu haben, suchte er zwischen den flachen Felsen der typischen Landschaft der Mojave Wüste nach seiner Beute.
Plötzlich folg ein Schatten über ihn! Sofort schlüpfte er unter den nächsten Stein. Ängstlich lugte er aus seinem Versteck und sah zum Himmel. Doch es war nur ein kleiner harmloser Vogel gewesen, der seinen Flugweg gekreuzt hatte. Jake schnaubte verärgert. Wie gut, dass das keiner gesehen hatte. Nachdem er sich von dem Schrecken erholt hatte verließ er sein Versteck und machte sich erneut auf die Suche nach seiner Beute.
Nach einer Weile blieb er stehen und horchte. Die Vibrationen waren jetzt vollständig spürbar. Er züngelte. Das kleine Wesen war jetzt nur noch wenige Meter von ihm entfernt.
Zielsicher kroch Jake auf eine kleine Gruppe von Wandelnden Kakteen zu, die sich mit ein paar Kakteen eine Fläche zwischen den Felsen teilten.
Mit klopfendem Herzen blieb Jake vor den Pflanzengewächsen stehen. Sein Adrenalin war jetzt auf Hochtouren. Voller Neugier bog er seinen Körper, bereit zum Sprung. Wer würde sein nächstes Opfer sein?
Das Wesen hinter den Pflanzen schien sich im Schatten auszuruhen, denn es bewegte sich kaum von der Stelle.
Perfekt für seinen Angriff!
Jake wartete noch ein paar Sekunden ab. Dann stieß er seinen Körper nach vorne und schoss um die Ecke. Wie vom Donner gerührt bremste die Klapperschlange mitten im Sprung ab.
Statt einem Beutetier sah er… nichts.
Irritiert sah sich die Klapperschlange um. Aber da war nichts. Nur die Kakteen und ein paar Steine…
Er hielt inne. Angespannt bog er wieder seinen Hals und blickte misstrauisch nach vorne.
Zwischen den Steinen bewegte sich etwas. Plötzlich tauchten sehr kleine grüne Finger zwischen den Steinen auf und suchten tastend die Umgebung ab. Dann erschien ein kleiner grüner Kopf.
Das kleine Wesen zog ängstlich den Kopf ein, als es die gigantische Klapperschlange erblickte. Es gluckste leise. Jake legte den Kopf schief. War es gefährlich?
Langsam kroch er näher heran. Je näher er dem Steinhaufen kam, umso schneller schlug sein Herz. Er züngelte angespannt. War das Wesen bewaffnet? Er roch keine Schusswaffen. Er kam näher und näher, genau an die Stelle, wo das kleine Köpfchen verschwunden war. Jetzt hatte er den Steinhaufen erreicht. Mit einer raschen Bewegung schaute er hinter die Steine.
Was Jake sah, verschlug ihn für einen Moment die Sprache.
Auf dem Boden saß, auf allen vieren gekauert, eine sehr, kleine Echse. Als es die riesige Klapperschlange erblickte, presste sie sich ängstlich auf den Boden und starrte ihn erschrocken an. Es quietsche leise und zitterte leicht.
Jake war für einen Moment völlig perplex. Diese Echse war eindeutig ein Baby. Vielleicht ein paar Tage alt. Aber so eine Echse hatte er noch nie gesehen. Es war zwar grün wie eine Echse, aber der Schwanz war so stark gerollt, wie eine kleine Schnecke. Das merkwürdigste aber waren die Augen, die sich unruhig unabhängig in jede Richtung bewegten.
Endlich fand die Klapperschlange wieder Zugang zu ihrem Mund.
„Was bist du denn für ein hässliches Ding?“
Das kleine Wesen legte den Kopf schief. Es schien sich nicht sicher zu sein, ob Jake eine Gefahr war oder nicht. Schließlich bewegte es sich und krabbelte zögernd aber neugierig auf ihn zu. Jake ließ es nicht aus den Augen. Als das Baby seine Hand nach ihm ausstrecken wollte, wich Jake zurück. Das Baby erschrak so sehr, dass es ein paar Schritte rückwärts kroch und umkippte.
Jake riss erstaunt die Augen auf. Das Wesen hatte seine Farbe verändert. Jetzt war die Haut genauso gefärbt wie die Steine.
In Jakes Kopf herrschte völlige Verwirrung. Was war das für ein Tier? Ob das eine Mutation war und wegen seiner Hässlichkeit hier zurückgelassen wurde, vielleicht sogar ausgesetzt?
Jake sah sich um. Doch es war niemand zu sehen. Weder Eltern noch sonst jemand.
Sein Blick wanderte wieder auf die Baby-Echse, die sich wieder von dem Schrecken erholt hatte und fragen zu ihm hochsah.
Jake schnaubte verächtlich. „Starr mich nicht so an!“
Er kam mit seinem Gesicht näher. Er hasste es, wenn man ihn anstarrte.
Die kleine Echse mit den komischen Augen sah ihn unsicher an. Jetzt begann Jake zu züngeln. Die Echse kicherte vergnügt, als es Jakes Zunge kitzelte. Quietschend drehte sich das Baby auf den Rücken und versuchte mit seinen Händen nach Jakes Zunge zu greifen.
Jake verzog den Mund.
„Lass das!“
Das Echsenkind blieb kurz still, dann drehte es sich daddelnd wieder auf allen vieren auf den Boden und sah vergnügt zu Jake hoch.
Jake hatte sich wieder aufgerichtet und sah finster auf das Baby runter, wobei er immer wieder nervös seine Zunge rein und raus flackern ließ.
„Was zur Hölle bist du?”, frage Jake mehr zu sich selbst.
Er hatte überhaupt keinen blassen Schimmer was für eine Art diese Echse war.
Er stutzte, als sein Magen wieder anfing zu knurren.
Missmutig schaute er auf seinen Bauch, dann wieder auf das Baby, das gerade dabei war einen kleinen Turm mit kleinen Steinen zu bauen.
Es war zwar nicht groß, aber besser als gar nichts.
Jake schüttelte den Kopf. Er hatte noch nie etwas gegessen, das jünger war als ein Erwachsener. Andererseits, wenn sowieso niemand diese hässliche Kreatur vermisste…
Er grinste dunkel.
Seine nächste Mahlzeit!
Er kam mit seinem Gesicht näher. Das Baby erstarrte kurz, dann versuchte es mit seinen kleinen Händen Jakes Nase zu berühren.
„Sorry, Kleiner“, sagte Jake und wich den kleinen Händen aus. „Aber hier leben wir nach dem Motto, das Überleben des Stärkeren. Ich glaube kaum, dass du stark genug bist, um hier zu überleben. Du hast richtig Glück, dass du keinen qualvollen Tod in der heißen Wüstensonne sterben musst.“
Er lachte dunkel. Auch das Baby.
Jake verstummte. Das Baby ebenfalls.
„So, du denkst, das wäre ein Spiel? Na gut. Mal sehen, ob du dann immer noch lachst, wenn du meinen Hals runterrutschst.“
Er grinste teuflisch. „Lass uns das „Spiel“ beginnen.“
Er kam näher. Jeder andere hätte jetzt um Gnade gefleht, aber das Baby dachte an nichts Böses und fokussierte neugierig Jakes immer wieder rausschnellende Zunge.
Jake stutze. Das Baby streckte jetzt auch die Zunge rein und raus und versuchte es ihm nachzumachen. Dann lachte es verspielt und machte erneut das Zungen-Spiel.
Ein paar Sekunden starrte Jake das Baby an, dann schaute er auf seinen eigenen Mund.
Jakes Gesicht verfinsterte sich. Diese Nachäfferei von diesem Baby ging ihm auf die Nerven.
„Hör endlich auf damit! Da gibt es nichts zu lachen! Über mich macht man sich nicht lustig! Verstehst du? Ich kann dich jederzeit töten. Sogar sehr qualvoll!“
Er grinste teuflisch und kam erneut näher und streckte demonstrativ seine Zunge länger raus als sonst.
Wusch!
Jake riss die Augen auf. Die Echse hatte ihre Zunge rausgeschnellt und klebte jetzt auf seiner Zunge fest!
„Nimm deine Zunge von meiner Zunge“, knurrte Jake mit offenem Mund.
Wütend schüttelte er den Kopf und versuchte seine Zunge von der Zunge der kleinen Echse wieder abzukriegen. Aber die Echsen-Zunge klebte auf seiner fest wie ein Saugnapf.
Endlich gab es einen Ruck. Die kleine Echse wirbelte herum und landete im Sand.
„Wäh!“ Angeekelt schüttelte Jake den Mund und spuckte mehrmals.
Das war so ekelhaft!
Das Baby hingegen kraulte quietschend mit den Armen und Beinen in der Luft. Dann wanderten die Augen nach hinten und entdeckten eine kleine, gelbe Wüstenblume. Aufgeregt drehte es sich wieder auf allen vieren auf den Boden und betatsche die Blume.
Jake spuckte immer noch angewidert und rieb seinen Mund auf den Boden ab.
Nachdem er sich wieder etwas gefasst hatte, starrte er mit vor Wut funkelnden Augen wieder auf das Echsenbaby, das jetzt eine kleine Kaktusblume betrachtete. Babbelnd hatte es sich vor die Blume gekniet und betatschte sie spielend und gluckste belustigend.
Jake zischte drohend. Noch nie hatte er eine solche Wut auf Kinder gehabt wie heute.
Er fauchte wütend. Dieses Vieh denkt wohl es könnte mit ihm spielen. Nicht bei ihm!
Drohend bäumte er sich hinter dem Baby auf und starrte beinahe mordlüstend auf es herab.
„Es wird mir ein Vergnügen sein etwas wie dich herunterzuschlingen, kleines Monster.“
Das Baby hatte den drohenden Schatten immer noch nicht bemerkt und spielte unschuldig mit der kleinen Wüstenblume.
Langsam öffnete Jake seinen Mund. Er war bereit zum Zubeißen, als plötzlich…
Die Klapperschlange hob den Kopf. Starke Vibrationen auf dem Boden kamen aus der Ferne. Direkt in seine Richtung. Für einen Moment vergaß Jake das Echsenbaby und starrte angespannt in die Richtung aus der das Getrampel kam. Er stutze.
„Was…“
Am Horizont tauchte eine kleine Staubwolke auf, die sich mit rasender Geschwindigkeit nährte.
„Wo ist es?! Wo ist es?“, schrie eine fluchende Stimme. „Es darf nicht entkommen! Ihr seid solche Idioten!!“
Schnell kroch Jake hinter einen flachen Felsen. Das Baby zog er vorsichtshalber mit sich mit. Das Baby quietsche vergnügt und glaubte an ein Spiel.
„Halt endlich die Klappe!“, zischte Jake genervt.
Zu seiner Erleichterung verstummte das Baby gehorsam und sah ihn aufmerksam an.
Jake schnaubte kurz, dann richtete er seinen Blick wieder nach vorne.
Die Reiter waren inzwischen nur noch einen Steinwurf weit entfernt. Kurz vor den flachen Felsen hielten sie an. Jake drückte sich auf den Stein und machte sich so flach wie möglich.
Es waren fünf. Der erste, offensichtlich der Chef der Truppe, war eine beleibte Wüstenkatze und trug Jeans, rotes Hemd und Westernjacke. Dazu einen braunen Hut. Die anderen bestanden aus einem Wüstenhasen, einer Ratte, einem Kojoten, der auf einem Kaugummi herumkaute und zum Schluss eine Echse im langen Mantel.
„Wie kann euch etwas entwischen, das noch nicht mal gescheit laufen kann?“, schimpfte die Wüstenkatze weiter.
„Reg dich nicht auf“, sagte der Wüstenhase. „Truppe 1 und 3 suchen jeden Millimeter der Umgebung ab. Bestimmt haben sie es schon längst gefunden.“
„Ist dir überhaupt klar, was ihr da angerichtet habt?!“, schrie sein Vorgesetzter. „Wenn uns das Kind durch die Lappen geht, macht der Chef uns alle einen Kopf kürzer! Er hängt unsere Leichen auf und wirft sie den Vögeln zum Fraß vor. Und du sagst, ich soll mich nicht aufregen?!“
Jake, der alles aus der Entfernung beobachtet hatte, starrte verwundert auf das Echsenbaby. Sie suchten nach einem Kind. Handelte es sich etwa um diese komische Echse?
„Du und du!“, befahl die Wüstenkatze. „Seht euch hinter den Felsen um.“
Der Wüstenhase und die Ratte nickten und sprangen von ihren Roadrunnern.
Jake verengte die Augen. Er hatte diese Männer noch nie zuvor gesehen. Der Wüstenhase sah aus, als wäre er besoffen. Seine Ohren hingen beinahe traurig herunter und sein Gang war eher torkelnd und hinkte teilweise. Die Ratte sah aus, als hätte sie einen harten Kampf mit einer Katze gehabt. Ihr Fell war an manchen Stellen kahl gerupft, ein Ohr fehlte ganz und ihr Schwanz war nur noch zur Hälfte vorhanden.
Nachdenklich beobachtete er, wie die beiden die Gegend absuchten.
Er drückte sich auf den Boden. Sollte er abhauen oder noch besser Angreifen?
Wieder meldete sich ein leerer Magen.
Ein leises Babbeln ließ ihn aufhorchen. Das Echsenbaby hatte einen Käfer entdeckt. Es krabbelte spielend hinter ihm her und versuchte es mit der Zunge zu packen.
Jake zischte verärgert.
„Komm sofort zurück!“, befahl er leise.
Eilig verließ er in geduckter Haltung sein Versteck und versuchte das Baby mit seinem langen Körper zum Stehen zu bringen, aber dieses rannte immer schneller, um den Käfer zu fangen.
„Wirst du wohl!“
Wütend blockierte er den Weg mit seiner Kanone. Das Baby prallte mit der Nase dagegen und fiel unsanft rückwärts auf den Boden.
Das Echsenbaby erstarrte, dann verzog es das Gesicht und begann zu weinen.
Jake biss sich auf die Unterlippe. „Verdammt nochmal. Sei gefälligst still! Halt den Mund!“
Als das Baby nicht aufhörte, wickelte die Klapperschlange ihren langen Körper drum herum und versuchte dem Kind auf diese Art und Weise den Mund zuzuhalten.
„Halt! Keine falsche Bewegung!“
Jake drehte sich um.
Auf einem Felsen stand die Ratte und zielte mit einem Gewehr auf ihn. Jake schoss. Die Ratte schrie auf, ließ das Gewehr fallen und hielt sich die verwundete Schulter.
Das blieb den anderen Reitern natürlich nicht unbemerkt. Kaum hatten sie die Schüsse und den Schrei gehört, trieben sie ihre Roadrunner über die flachen Felsen. Wie vom Donner gerührt blieben sie stehen, als sie die große Klapperschlange sahen, mit dem Baby in den Körperschlingen, das immer noch leise weinte.
In diesem Moment tauchten auch der Wüstenhase und die Ratte auf und stellten sich schutzsuchend hinter die Reiter, während die Ratte immer noch damit beschäftigt war sich die blutende Schulter zu halten.
„Porra! Er hat das Kind!”, fluchte der Kojote mit vollem Kaugummi-Mund.
„Shit!”, zischte die Wüstenkatze durch die Zähne. Dann nahm er einen tiefen Atemzug. „Na gut, gib es zurück!“
Jake hob eine Augenbraue. „Was meinst du?“
„Frag nicht so blöd! Gib mir das Kind!“
„Hüte deine verdammte Zunge!“, schrie Jake drohend und rasselte heftig mit seiner Waffe.
Jetzt waren alle ruhig. Sogar das Baby, das immer noch in seinem Körper saß und jetzt mit großen, feuchten Augen zu ihm hochsah.
Der Anführer schnaubte verärgert bis einer seiner Leute eine Hand auf seine Schultern legte und ihm einen warnenden Blick zuwarf.
„Sorry für mein grobes Benehmen“, entschuldigte er sich gefasster. „Aber das Kind gehört uns.“
Jake blinzelte, als etwas von der Sonne reflektiert wurde. Die Wüstenkatze trug ein Sheriffabzeichen.
„Und wer bist du?“, fragte Jake mit arroganter Stimme. Diese Person war ihm völlig unsympathisch.
Die Wüstenkatze räusperte sich. „Mein Name ist Sheriff Amos“, antwortete er und deutete auf sein Abzeichen. „Und ich rate dir, uns das Kind sofort zurückzugeben.“
„Und dürfte ich fragen, wieso Sie aus purer Liebe dieses Kind wiederhaben wollen?“, fragte Jake sarkastisch.
„Das geht dich einen Dreck an!“
„Amos!“, warnte die Echse im langen Mantel. „Beruhige dich!“
„Halt die Klappe, Joe!“, keifte Amos.
Jake zischte verärgert. „Das ist immer noch mein Gebiet. Ich denke, ich habe ein Recht zu erfahren, was ihr von dem Kind wollt.“
„Was zum Teufel geht dich das an, was wir mit dem Kind wollen?“, fragte Amos nervös.
Jake grinste teuflisch. „Also, ich würde euch das Kind geben, wenn du mir dafür etwas gibst.“
„Willst du uns erpressen?“, schrie der Sheriff.
Jake lachte dunkel. „Was sonst?”
„Wir verhandeln nicht mit einem Dreckskerl wie dich!“
Jake zischte scharf wegen dieser unverschämten Beleidigung.
Sein Blick wanderte auf das Baby, welches jetzt einen Blick über seinen Körper rausgewagt hatte. Als es Amos erblickte, zog es ängstlich den Kopf ein.
Wieso? Kannte es diese Männer oder war es nur ängstlich? Für einen Moment, nur für einen kurzen Moment, bekam er ein wenig Mitleid mit diesem Kind.
„Du vielleicht nicht, du Hurensohn!“, sagte Jake und grinste dunkel. „Aber vielleicht seine Eltern.“
Amos stutzte einen Moment, als würde er nach einer passenden Antwort suchen.
Jake hob die Augenbrauen. Wieso antwortete er nicht? Waren die Eltern tot?
„Was hast du für ein Problem?“, fragte er sarkastisch. „Hat dein Verstand ausgesetzt?“
„Scher dich nicht darum!“, grunzte der Sheriff laut. „Wir wollen nur das Kind und dann sind wir auch schon wieder weg.“
Er zeigte drohend auf die kleine Echse, die sich glucksend an Jakes Körper drückte.
Jake zischte drohend. Es kümmerte ihn zwar einen Dreck was aus dem Kind wurde. Trotzdem war das immer noch seine Beute.
„Ich hab es aber zuerst gehabt“, sagte er gehässig. „Also schert euch gefälligst zum Teufel, wo ihr hingehört.“
„Ich glaube, da gehörst eher du hin, du Monster!“, konterte Sheriff Amos bissig.
„Sheriff!“, meldete sich jetzt der kaugummikauende Typ. „Besser silêncio, wir sollten machen, dass wir hier wegkommen…“
„Ich gehe nicht ohne dieses verfluchte Kind!“, unterbrach der Sheriff ihn laut. „Und wenn ich gegen den Teufel persönlich kämpfen muss! Gib mir sofort das Kind!“
Jake hob die Augenbrauen. Was immer dieser „feine“ Sheriff wollte, mit dem Kind hatte er bestimmt keine guten Absichten. Ein Grund mehr für ihn es nicht herzugeben.
„Jetzt gib mir das Kind!“, befahl der Sheriff eindringlich.
„Ich hab aber das Zauberwort „Bitte“ nicht gehört“, konterte Jake sarkastisch.
Der Sheriff atmete laut. Seine Hand griff nach seinem Revolver, aber Jake war schneller.
Blitzschnell zielte er mit seiner Gatling Gun auf die Reiter.
„Ich habe euch höflich gewarnt. Jetzt kriegt ihr ein Ticket ins Jenseits!“
Jake hatte erwartet, dass die Männer jetzt abhauen würden oder zumindest ihre Revolver ziehen würden. Doch das genaue Gegenteil trat ein. Stattdessen blieben sie ruhig auf ihrem Rennkuckucks sitzen.
„Habt ihr mich nicht verstanden?!“, schrie Jake wütend.
„Ich habe eine bessere Idee“, antwortete der Sheriff düster. „Schick dich doch selber in die Hölle.“
In diesem Moment tauchten hinter den Felsen sämtliche Leute mit Revolvern und Gewehren bewaffnet auf. Jake riss die Augen auf.
„Truppe 1 und 3 sind zurück“, sagte der Wüstenhase erleichtert. „Gutes Timing!“
Amos grinste.
„Also, dürfte ich jetzt bitte um das Kind bitten?“, säuselte er triumphierend.
Jake verengte die Augen. Dieser Typ sollte sich nur kein Spiel mit ihm erlauben. Was bildete der sich ein?
Für einen kurzen Moment schien die Zeit still zu stehen. Keiner rührte sich. Niemand bewegte auch nur einen Muskel. Alle Augen waren nur auf die Klapperschlange gerichtet.
Jake schloss die Augen. Dann rollte er seinen Körper auf und ließ das Kind auf den Boden fallen. Fragend sah das Echsenbaby die Truppe an.
„Kluge Entscheidung“, sagte Amos grinsend. „Joe, hol’s.“
Grummelnd stieg die Echse im langen Mantel von ihrem Roadrunner runter und wollte gerade losgehen, als Jake in diesem Moment das Kind sehr sachte in den Mund nahm.
„Was soll das!?“, schrie Amos erbost.
Ohne ein Wort zu sagen hob Jake wieder den Kopf, mit dem Kind im Mund, dass nicht wusste, was es davon halten sollte, aber es schien keine Angst zu haben. Quietschend lag es in Jakes Mund, wobei die Klapperschlange darauf achtete, es nicht mit den Giftzähnen zu stechen.
Plötzlich drehte sich die Klapperschlange um und raste im blitzschnellen Tempo davon.
Sofort eröffneten alle das Feuer.
Jake schrie auf, als zwei Kugeln seinen Körper trafen, ihn aber nicht sonderlich verletzten.
Dabei fiel das Kind aus seinem Mund und landete auf seinem Revolvergürtel. Mit schmerzverzerrtem Gesicht wandte Jake seinen Körper, hatte aber keine Zeit mehr das Baby ins Maul zu nehmen, sondern preschte schnell davon, wobei das Baby sich an seinem Revolvergürtel festhielt.
„Feuer einstellen!“, schrie der Sheriff. „Los, hinterher! Tötet ihn! Aber dem Kind darf nichts passieren!“
Jake raste wie noch nie zuvor in seinem Leben.
„Dieser Typ war total krank im Kopf!“, dachte er.
Warum riskierte er so viel für dieses Kind? Bestimmt nicht aus Nächstenliebe. Dafür war er viel zu wütend gewesen. Im Gegenteil. Dieser Drecks-Sheriff sah aus, als hätte das Baby ihm sein Lieblingsspielzeug kaputt gemacht.
Das Baby auf seinem Rücken quietsche vergnügt und hielt sich krampfhaft an seinem Revolvergürtel fest, während Jake versuchte den Jägern zu entkommen.
Plötzlich fielen mehrere Schüsse. Jake machte mehrere Kurven, um den Schüssen auszuweichen. Dann drehte er sich blitzschnell im Lauf um und schoss selber.
Die Reiter wichen nach allen Seiten aus und waren jetzt rechts und links.
Jake machte kehrt und schlitterte einen steinigen Hügel runter. Unten angekommen ging die Jagd weiter. Die Reiter johlten triumphierend, als sie Jake von rechts und links umzingelt hatten. Doch noch bevor sie schießen konnten, hielt Jake an, sodass die Reiter sich selber fast erschossen hätten. Mit dieser Bremsung hatte das Baby allerdings nicht gerechnet.
Das Baby wurde nach vorne geschleudert und flog im hohen Bogen durch die Luft. Jauchzend breitete es seine Arme aus und segelte wie ein Vogel am Himmel.
Amos witterte seine Chance. Er trieb seinen Roadrunner zu Höchstleistungen an, nahm Anlauf und sprang mit dem Roadrunner nach oben, um das Kind abzufangen.
Jake hatte sein Manöver sofort bemerkt. Er nahm einen gewaltigen Satz, überwand für einen Moment die Schwerkraft, stemmte sich mit seinem schweren Körper vom Boden ab und fing das Kind im freien Fall mit seinem Kopf auf. Amos knallte gegen den massigen Körper der Schlange und wurde zur Seite geschleudert.
Jake sah in diesem Moment nicht wo er landete und knallte mit voller Wucht gegen eine Gruppe Reiter. Schnell rappelte er sich wieder auf und floh erneut querfeldein.
Stöhnend stand Amos auf. Sein Schädel brummte nach dem Aufprall. Alles tat ihm weh.
„Was steht ihr so blöd herum?!“, fluchte er, als seine Leute ihn fragend ansahen. „Los, hinterher. Er entwischt uns!“
Jake flitzte wie ein Irrer zwischen den flachen Felsen immer weiter und weiter.
Er wusste nicht wohin, er wusste nur, er musste weg. Das Baby transportierte er immer noch auf seinem Hut.
Plötzlich blieb er wie vom Donner gerührt stehen.
Vor ihm erstreckte sich die freie, flache Wüstenlandschaft.
Hier war er auf freiem Feld. Totale Zielscheibe.
„Verdammt!“, fluchte er.
Doch für ein Zurück war es bereits zu spät. Nicht weit entfernt spürte er die Vibrationen der Rennhühner. Es galt jetzt entweder zurück oder nach vorne.
Fluchtend setzte er sich mit schneller Geschwindigkeit wieder in Bewegung. Vor ihm am Horizont flimmerte die Hitze. Er konnte nicht erkennen was sich vorne befand.
Plötzlich bremste er ab.
Jakes Augen weiteten sich entsetzt. Vor ihm lag der Highway!
Hier war Endstation.
Nervös sah er nach rechts und nach links. Die Straße war zwar leer, aber sein Instinkt warnte ihn davor sich auch nur einen Millimeter auf diesen tödlichen Asphalt zu wagen.
Das Baby krabbelte babbelnd über seine Hutkrempe und dann auf seine große Schnauze.
„Hör endlich auf damit!“, schimpfte er. „Weißt du nicht, dass sie mich killen wollen, vielleicht sogar auch dich, du dreckiges…“
Das Baby umarmte seine Nase. Jake war für einen Moment völlig von der Rolle. So etwas hatte noch nie jemand bei ihm gemacht. Doch dann besann er sich sofort wieder auf den Ernst der Lage. Die Reiter waren jetzt nur noch einen halben Kilometer entfernt.
Jake war hin und her gerissen. Hinter ihm eine Bande mordende Schusswaffen, vor ihm der unheilvolle Highway.
Jake kroch nach vorne, doch dann wich er wieder zurück, als seine Haut den Asphalt berührte.
Nein, niemals würde er sich in die eine von Menschen gemachte Todesfalle wagen.
„Da vorne ist er!“, schrie jemand.
In einer Millisekunde bog Jake nach rechts und raste am Straßenrand entlang.
„Ich hab ihn gleich!“, rief jemand hinter ihm.
Sie konnten jeden Moment schießen.
Jake hörte ein Auto, das von hinten auf seiner Seite in rasender Geschwindigkeit sich näherte.
In diesem Moment hallte ihm immer wieder der eine Satz durch den Kopf:
„Überquere niemals eine Straße. Es sei denn es ist ein Notfall.“
Das war ein Notfall!
Jake musste wahnsinnig gewesen sein. Er sprang zur Seite mitten auf die Straße. Das Auto bremste mit quietschenden Reifen und schwenkte zur Seite. Direkt auf die Roadrunner Gruppe.
Die Roadrunner stoben auseinander. Es gab einen lauten Schrei und das Quietschen von Reifen vermischte sich in einem Chaos von aufwirbelnden Staub und Sand.
Der Fahrer des Wagens riss das Steuer zur Seite und kam mit dem Auto auf dem Asphalt zum Stillstand. Für einen Moment herrschte absolute Stille.
Dann öffnete sich die Fahrertür und ein junger Mann im gestreiften T-Shirt und Brille stieg aus. Prüfend sah er sich um, begutachtete die Stoßstange und kniete sich sogar vors Auto, um nachzusehen, ob etwas unters Auto gekommen war.
Jake, der gerade noch mit heiler Haut davongekommen war, hatte sich, nachdem der Wagen angehalten hatte, schnell auf die Stoßstange des Kofferraums gesetzt. Das Kind setzte er sorgsam auf seinem Rücken ab und lugte mit angespannter Körperhaltung um die Ecke des Autos. Jetzt sah er seinen schlimmen Feind: Menschen!
„Schatz? Alles in Ordnung?“, fragte eine weibliche Stimme.
„Ich weiß es nicht“, antwortete der Mann. „Irgendetwas hat die Straße überquert, aber ich glaube nicht, dass es unter die Räder gekommen ist.“
Die rechte Fahrertür öffnete sich und eine junge Frau stieg aus dem Auto. Sie trug kurzes braunes Haar und ein blaues T-Shirt und kurze Hosen.
Jake wollte nicht riskieren, dass sie ihn entdeckten. Er sah neben sich. Erschrocken wirbelte er herum. Das Kind war weg!
„Schatz! Sie mal!“, rief die Frau und deutete auf den Boden. „Was ist das?“
Jake riss die Augen auf. Auf dem heißen Asphalt krabbelte das Echsenbaby. Als es die Menschen sah, blieb es wie erstarrt stehen. Mit großen Augen sah es zu der Frau hoch.
„Mum? Was ist das?“
Im nächsten Moment öffnete sich die Tür zu den Rücksitzen und ein Mädchen, vielleicht so unter 10 oder knapp über 10, stieg aus dem Auto. Aufregt beugte sie sich zu der grünen merkwürdigen Echse runter.
„Ach, was bist du denn für ein süßes Ding?“, fragte sie entzückt.
Jake schnaubte verächtlich. Süß?
Das Mädchen hatte sich inzwischen auf den Boden gekniet und streckte nun ihre Hand nach der Echse aus. Das Baby zog ängstlich den Kopf ein und drückte sich enger auf den Boden. Es quietsche leise, als das Mädchen seine Haut berührte, aber es rannte nicht weg. Sachte hob sie das Tier auf und betrachtete es genauer.
Der Mann, vermutlich der Vater, sah ihr über die Schulter.
„Das ist ein Chamäleon-Baby“, sagte er.
„Ein Chamäleon?“, fragte seine Frau überrascht. „Was hat ein Chamäleon hier in der Einöde zu suchen?“
„Ich hab keine Ahnung.“ Der Mann zuckte die Achseln. „Vielleicht hat es jemand verloren.“
Er sah sich um.
„Hallo!?“, rief er. Doch niemand antwortete. Niemand war zu sehen.
„Scheint niemand hier zu sein“, sagte er. „Vielleicht hat es jemand ausgesetzt.“
„Ausgesetzt? So ein niedliches Tier?“ Das Mädchen war fassungslos. „Aber wer sollte denn so etwas Herzloses, Grausames tun?“
Das Chamäleon Baby hatte sich inzwischen an die Höhe gewöhnt und kletterte daddelnd über ihre Hände.
„Was sollen wir jetzt tun?“, fragte die Frau ihren Mann. Dieser zuckte erneut die Achseln. „Keine Ahnung. Vielleicht vermisst jemand dieses Ding.“
Seine Frau sah sich nach allen Seiten um. „Glaubst du wirklich? Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Das Mädchen umschloss das Baby mit den Händen. „Es kann doch hier nicht überleben.“
Nachdenklich blickte sie in die kleinen, gelben Augen der kleinen Echse und ihr Herz wurde weich, als das Baby ihre Finger berührte. Ein warmes Lächeln glitt über ihren Mund.
„Keine Sorge, kleines Baby. Wir werden jemanden finden, der sich um dich kümmern wird.“
Mit diesen Worten ging sie zurück ins Auto, setzte sich auf den Rücksitz und setzte das Echsenbaby auf ihrem Schoss ab. Sofort beäugte das Baby die neue Umgebung. Vergnügt krabbelte es nach vorne zum Steuerknüppel und versuchte daran hochzuklettern.
Das Mädchen lachte amüsiert. „Nein, nein. Damit muss Papa fahren. Bleib besser bei mir.“
Nachdem sie sich angeschnallt hatte, nahm sie das Echsenbaby wieder auf ihren Arm und ließ es nach draußen aus dem Fenster schauen.
Ihre Eltern, die immer noch draußen vor dem Wagen standen, sahen einander an. Dann kratze sich der Vater nachdenklich am Kopf. Er sah sich nochmal um. Doch es schien wirklich niemand hier zu sein, der das Tier vermisste. Schließlich stieg er mit seiner Frau wieder ins Auto, setzte sich ans Steuer und startete den Wagen. Der Motor heulte kurz auf, dann fuhr der Wagen davon.
Jake, der sich in einem flachen Graben neben der Straße in Sicherheit gebracht hatte, sah dem davonfahrenden Wagen mit vielsagendem Blick hinterher.
„Chamäleon“, murmelte er. „Komischer Name.“
Amos knurrte grimmig. Er war nur ganz knapp dem Auto entkommen. Bis auf ein paar Reiter, die leichte Prellungen und Schürfwunden abbekommen hatten, war niemand sonderlich verletzt. Trotzdem war er mehr als unzufrieden, sogar wütend, über diese verpatzte Aktion.
Mit düsterem Blick musste er aus der Entfernung mitansehen, wie die Menschen das Chamäleon-Baby mit ins Auto nahmen und davonfuhren.
Der Sheriff knirschte mit den Zähnen. „Daran ist nur dieses verdammte Schlangenvieh schuld! So wahr ich Sheriff Amos heiße. Ich mach diese Schlange kalt! Irgendwann bringe ich diese Schlange um! Ich habe keine Angst vor diesem Monster!“
Seine Kollegen warfen sich fragende Blicke zu, während einer eine Kaugummi-Blase platzen ließ.
Jake schnaubte verächtlich, als er die fluchenden Schreie des Sheriffs hörte. Er war inzwischen schon ein gutes Stück vom Highway entfernt und schüttelte immer wieder den Kopf.
„Idiot!“, knurrte er. „Behalt deinen Dreck für dich alleine. Von wegen Sheriff, dein Freund und Helfer. Dreckskerle!“
Doch dann grinste er. Stolz hob er den Kopf und rasselte spöttisch mit seiner künstlichen Rassel. Sollte diese Kreatur doch drohen wie er wollte. Der heutige Tag hatte wieder bewiesen, dass ihn niemand jemals besiegen könnte. Da konnten andere noch so große Töne spucken.
„Niemand kann mich besiegen“, sagte er zufrieden. „Absolut niemand wird das können.“
Er gähnte müde. Der Tag war für ihn ziemlich anstrengend gewesen, aber er schwor sich, demnächst sich seine nächste Beute ohne Wenn und Aber zu schnappen. Aber etwas das mehr erwachsen war, nicht so etwas wie dieses Baby.
Er warf nochmal einen letzten Blick auf den Highway rüber in die Richtung in die das Auto verschwunden war. Er war froh dieses Echsenbaby losgeworden zu sein. Wenn auch etwas anders als erwartet. Wie auch immer. Hauptsache er sah es nie wieder.
„Ich hoffe, ich muss diese Kreatur nie wieder sehen.“
Dann verschwand er in der Hitze der Wüste.
- Ende des Prologs -
So, das war der Anfang der neuen Geschichte. Meine Idee ist, dass Rango 18 Jahre später den Autounfall auf der Straße hat. Danach wird die Geschichte einen Sprung mit einem Jahr nach Rangos Ernennung zum Sheriff weitergehen.
Um es vorweg zu sagen: Natürlich weiß ich, dass Amos nur von Dienstag bis Samstag Sheriff von Dreck gewesen war. In dieser FF war er vorher noch Sheriff von einer anderen Stadt gewesen bevor er nach Dreck kam, aber das wird später noch näher erklärt. ;)
Ich hoffe, euch hat der Start gefallen. Bis zur Weiterführung der Geschichte wünsche ich jedem alles Gute. :)