The quantity makes the poison
von Sumairu
Kurzbeschreibung
Was wäre wenn der Prozess gegen den Chevalier de Lorraine, in Staffel 1, anders verlaufen wäre?
OneshotDrama, Angst / P16 / MaleSlash
Alexandre Bontemps
Chevalier de Lorraine
Fabien Marchal
Herzog von Orléans
Ludwig XIV.
02.08.2021
02.08.2021
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02.08.2021
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-Chevalier de Lorraine-
Mit einem Fuß an die Wand gefesselt saß er auf dem staubigen Boden des Gefängnisses von Versailles. Blut rann ihm in einem leichten Rinnsal aus Mund und Nase, da wo er niedergeschlagen wurde. Seine blonden, lockigen Haare waren staubig und graue Strähnen zeichneten sich zwischen dem hellen Gelb ab. Vor ihm stand ein Teller mit Brot das er hätte essen sollen. Doch weigerte er sich und so wurde das Brot nun von mehreren Würmern belagert. Doch er war nicht alleine. Vier seiner Gefährten saßen mit ihm hier. Er kannte ihre Namen nicht. Zwei standen an einem kleinen, vergitterten Fenster und sahen nach draußen wo einer der Verräter soeben gevierteilt wurde. Dieses Schicksal blühte ihnen allen, machte sich der Chevalier bewusst. Entweder vierteilen oder eine öffentliche Hinrichtung. Wenn er persönlich für sich entscheiden könnte so würde er wohl Vierteilung wählen. Er wollte nicht das jemand dabei zusah wie er starb. Auf gar keinen Fall sein Geliebter. Monsieur Phillipe. Ob er wohl gerade an ihn dachte? Hatte er es überhaupt schon erfahren? Er hoffte er würde es nie erfahren. Er, der Chevalier, hatte den König verraten und somit auch seinen Bruder. Vielleicht würde Monsieur denken er wäre nach Paris gegangen. Für immer. Vielleicht würde er einfach in dem Glauben bleiben das es ihm gut ginge. Doch das tat es nicht. Von dem Hof aus hörte er die Schreie des Menschen der starb. Sie hörten sich qualvoll an. Verzweifelt versuchte er die Schreie auszublenden. Er presste sich die Hände auf die Ohren, dem Gedanken bewusst das er auch so enden würde. So unwürdig.
-Phillipe-
Schon seit fünf Stunden saß er auf dem roten Sessel in seinem Gemach und starrte in die Flammen, die im Kamin auf und ab tänzelten. Seitdem sein Bruder ihm die Wahrheit über den Chevalier erzählt hatte. Sein Geliebter war der einzige der ihm je wirklich vertraut hat, hatte er das Gefühl. Vermutlich war auch Phillipe der einzige der den Chevalier wirklich mochte und traute. Es konnte doch alles nicht wahr sein. Sein Bruder wurde verraten. Das war ihm eigentlich im Großen und Ganzen egal. Doch auch ihn hatte er verraten. Er konnte es immer noch nicht fassen. Es zerriss ihn von Innen. Plötzlich wurde die Tür von außen aufgestoßen. Er sah auf. Das Licht der Flammen glitzerte in seinen blau, grünen Augen. In der Tür des dunklen Zimmers stand der König. Enttäuscht wandte er den Blick wieder ab und starrte zurück in das Feuer.
„Hey, Bruder.“-sagte sein Bruder vorsichtig.
Er antwortete nicht. Sein Bruder hatte seinen Geliebten festnehmen lassen. Jetzt hatte er beim besten Willen kein Interesse mit ihn zu reden. Doch sein Bruder fuhr fort.
„Wollen wir nicht einen Ausritt machen? Das muntert dich doch immer auf.“-schlug Louis vor. Es war ein recht verlockendes Angebot. So hätte er sich ablenken können. Doch es gab etwas das er mehr begehrte. Er musste zu seinem Geliebten. Ihn fragen warum er sie verraten hatte. Ihm in die Augen sehen.
„Nein.“-lehnte Phillipe ab.
„Dann halt nicht.“-fauchte sein Bruder, zu seiner eigenen Überraschung, ungehalten. Er drehte sich um und schloss die Tür. Phillipe lauschte noch den leisen Schritten die sich von seiner Tür entfernten und in dem großen Schloss nach und nach verklangen. Dann erhob er sich auch. Vorsichtig wischte er sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Er musste jetzt hinunter. Bestimmt würde Monsieur Marchal ihm gestatten zu dem Chevalier zu kommen. Immerhin war er der Bruder des Königs. Dies musste ja auch seine Vorteile haben. Und wenn nicht? So blieb ihm wohl nichts anderes übrig als sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen. Um jeden Preis. Er brauchte Informationen. Vielleicht waren ja gar keine bösen Absichten hinter dem Treiben des Chevalier’s gewesen.
-Chevalier de Lorraine-
Jetzt war er endlich alleine. Alle anderen die mit ihm waren, waren entweder gevierteilt oder gehängt worden. Plötzlich hörte er wie sich ein Schlüssel im Schloss umdrehte. Er machte sich nicht die Mühe den Blick zu heben. Es war ihm gleich ob er einen Zellengenossen kriegen würde oder ob er jetzt den Weg in den Tod gehen würde. Vermutlich hatte er es verdient. Er hörte wie sich die Zellentür quietschend öffnete. Er hörte Schritte und Stimmen. Bekannte Stimmen.
„Bitteschön, Monsieur.“-sagte Fabien.
„Vielen Dank. Und jetzt lasst uns bitte alleine.“-sprach die Stimme seines Geliebten. Sein Herz machte einen Sprung.
„Sehr wohl.“
Schritte entfernten sich. Andere kamen näher. Jetzt hob er doch den Kopf und sah geradewegs in das enttäuschte Gesicht von Phillipe.
„Mein Geliebter.“-begrüßte er Phillipe erfreut.
„Hallo.“-sagte dieser knapp-„Hast du mir nichts zu sagen?“
„Es tut mir so leid. Ich habe einen riesigen Fehler gemacht. Bitte glaube mir. Es tut mir leid. Ich weiß nicht was sie mir antun wollen aber ich weiß das ich es verdient habe. Ich liebe dich.“
Phillipe‘s Gesichtsausdruck änderte sich kaum.
„Ich dich doch auch.“-hauchte er, doch fuhr dann mit härterer Stimme fort-„Und dennoch hast du den König verraten. Und mich.“
„Mir ist auch die Todesstrafe zugedacht nicht?“
„Das weiß ich nicht.“-sagte Phillipe wahrheitsgetreu-„Der König hat noch nichts dazu bekannt gegeben.“
Der Chevalier nickte.
„Du siehst echt nicht gut aus.“-Phillipe betrachtete mitfühlend das Gesicht seines Geliebten.
„Du aber auch nicht.“-der Chevalier musterte auch seinerseits den Ausdruck seines Gegenüber. Von Tränen verkrustete Wangen und rote Augen. Dunkle Ringe zierten sie. Er sah total fertig aus. Übernächtigt irgendwie. Als ob er dringend etwas Schlaf gebrauchen könnte.
„Komm her.“-bat der Chevalier und hob seinen Arm so gut er konnte. Phillipe nickte und ließ sich mit seinen königlichen Klamotten in den Staub des Gefängnisses sinken. Vorsichtig legte Monsieur den Kopf gegen die Schulter des Chevalier’s. Eine weitere Träne tropfte in seine blonden Haare. Er legte behutsam einen Arm um die zitternde Schulter seines Geliebten.
Schon bald fielen Phillipe die Augen zu. Seine Atmung wurde gleichmäßiger, doch zitterte er unruhig. Tröstend vergrub der Chevalier seinen Kopf in den rabenschwarzen Haaren seines Geliebten. Doch schlafen konnte er nicht. Er wollte jeden Augenblick der ihm noch mit Phillipe blieb auskosten.
-Louis XIV-
Nachdem er den Raum seines Bruders verlassen hatte machte er sich auf den Weg zu seinen Beratern. Er musste über das Schicksal des Chevalier’s entscheiden. Zwar wusste er schon welche Strafe ihn ereilen würde. Ludwig würde ihn zum Tode verurteilen. Etwas anderes hatte ein Verräter wie der Chevalier einer war nicht verdient. Zudem hatte er den Chevalier noch nie wirklich leiden können. Doch er musste dennoch zu seinen Beratern. Zumindest sollte er so tun als ob ihm die Entscheidung schwer fallen würde. Um seines Bruders Willen. Doch was kümmerte ihn schon sein kleiner Bruder? Eigentlich garnichts, wie er feststellen musste. Sein Bruder war ein Schwächling. Keine Ahnung von Politik. In Gedanken spuckte er auf den Boden. In Wirklichkeit konnte er das nicht tun den sowas gehörte sich bei Hofe nicht. Plötzlich hielt er inne. Seine Berater brauchte er nicht. Grimmig drehte er um. Er musste zu seinem Kammerdiener. Bontemps. Dieser würde alles für ihn tun ohne seine Befehle zu hinterfragen. Denn war eine öffentliche Hinrichtung nicht viel zu langweilig? Oder eine Vierteilung? Konnte man nicht auch kreativer sein?
„Bontemps!“-rief Louis befehlend während er die Flügeltüren mit den Goldverzierungen zu seinem Schlafgemach aufstieß.
„Mein König?“-sagte dieser und verneigte sich erschrocken so tief das ihm seine grauen Haare ins Gesicht fielen. Er war gerade dabei gewesen das Bett des Königs zu machen.
„Sie müssen etwas für mich tun, Bontemps.“-fing der König an während er im Raum umherschwirren wie ein wildes Tier.
„Aber natürlich mein König, was ist die Aufgabe?“-fragte sein Kammerdiener eifrig.
„Ich werde es Ihnen sagen aber zuvor müssen Sie mir versprechen das dieser Auftrag unter strengster Geheimhaltung erfolgt. Sie sagen niemandem etwas davon. Und wenn doch kennen Sie ja die Konsequenzen.“-lächelnd drehte sich Louis zu seinem Diener um.
„Aber natürlich, mein König.“
„Sie werden mir etwas beschaffen müssen.“-fuhr Louis fort-„Beschaffen Sie mir ein Gift. Eins das möglichst langsam und qualvoll wirkt. Am Ende soll der Tod stehen.“
Eingeschüchtert blinzelte Bontemps ein paar Mal.
„Sind Sie sicher?, mein König. An wem wollen Sie das Gift verwenden?,wenn ich fragen darf.“
„Nur an einem unbedeutenden Gefangenen der Hochverrat an mir begangen hat. Glaube mir er hat es verdient.“-sagte er unbeeindruckt-„Und noch etwas…“
Der Kammerdiener, der sich gerade zur Tür gedreht hat, sah nochmal zurück zu Louis.
„…es ist mir egal auf welchem Wege Sie es beschaffen, aber seien sie in zwei Stunden zurück.“
„Sehr wohl, mein König.“
Damit verließ Bontemps den Raum und machte sich sofort auf die Suche nach einem todbringendem Gift.
-Fabien Marchal-
Erschrocken fuhr er aus seinem wohlverdienten Nickerchen hoch als plötzlich König Louis neben ihm stand. Desorientiert sah er sich um bis ihm wieder einfiel wo er war. Unten bei dem Kerkern. Wie immer.
„Monsieur Marchal, mein Guter, haben sie etwa geschlafen?“-fragte der König hämisch grinsend.
„Entschuldige bitte, aber mein Tag war wirklich anstrengend gewesen.“
„Kein Problem. Sie können es wieder gut machen.“-bedeutungsvoll zog der König eine kleine Phiole mit einer durchsichtigen Flüssigkeit darin hervor-„Sehen Sie? Was denken Sie könnte das sein?“
„Beim besten Willen, ich weiß es nicht, mein König.“-sprach Marchal bedauernd.
„Gift.“-der König grinste-„Geben Sie es dem übrigen Gefangenen. Er hat den Tod verdient.“
König Louis streckte die Hand unter seinem goldenen Mantel hervor und stellte die Phiole auf den hölzernen Tisch des Polizeichefs.
„Wie ihr befiehlt mein König, aber warum lassen sie ihn nicht hinrichten?“
„Das hat mit familiären Angelegenheiten zu tun die keiner näheren Erläuterung bedürfen. Tun Sie einfach worum ich Sie gebeten habe.“
Mit diesen Worten verschwand der König erneut und hinterließ nur die kleine Phiole. Geistesgegenwärtig griff Marchal nach einem Glas und befüllte es zur Hälfte mit klarem Wasser bevor er die durchsichtige Flüssigkeit aus der Phiole in dem Glas leerte. Neugierig roch er an dem Gemisch. Zu seiner Enttäuschung war es neutral. Keine giftigen Dämpfe stiegen auf oder etwas anderes auffälliges geschah. Man hielt es für normales Wasser.
-Chevalier de Lorraine-
Er wusste nicht wie lange er hier schon gesessen hatte. Phillipe hatte noch immer nicht ein Auge aufgemacht. Es schien als würde er sehr tief schlafen. Plötzlich öffnete sich die Tür erneut. Monsieur Marchal stand in ihr, mit einem Glas Wasser in der Hand.
„Da.“-sagte er und stellte es vor ihm ab-„Du verdurstest noch.“
Der Chevalier warf dem Glas einen vernichtenden Blick zu.
„Ich habe kein Durst.“
„Ich lass es trotzdem da. Wie geht es Monsieur?“-fragte er als er einen Blick auf Phillipe warf der immer noch an der Schulter des Chevalier’s ruhte.
„Gut. Er schläft nur.“-knurrte er ausweichend.
„Ich sollte nach den Dienern schicken. Der Monsieur sollte in seinem Bett ruhen.“
„Das ist nicht nötig. Danke Fabien.“-sagte eine müde Stimme. Phillipe war aufgewacht-„Ich komme zurecht. Lass mich hier. Ich möchte bleiben.“
„Sehr wohl.“-sagte Marchal und deutete eine Verbeugung an. Zügig verließ er die Zelle.
„Ist das dein Wasser?“-fragte Phillipe an den Chevalier gewandt der ins Leere starrte.
„Kannst es ruhig nehmen.“-sagte der Chevalier-„Ich habe sowieso kein Durst.“
„Danke.“-stieß Phillipe hervor und nahm dankbar das Wasser. In einem Schluck hatte er das Glas ausgetrunken.
„Wie geht es dir?“-fragte Phillipe erneut.
„Worauf willst du hinaus, mein Geliebter? Natürlich würde ich es besser haben wenn ich jetzt mit dir im Bett liegen würde.“-der Chevalier grinste gedankenverloren.
„Garnichts. Ich mache mir nur Sorgen.“
Der Chevalier nickte. „Es wird schon wieder gut.“-beruhigte er ihn, und ein wenig auch sich selbst. Plötzlich überkam seinen Geliebten ein heftiger Hustenanfall. Er keuchte schmerzerfüllt und krümmte sich.
„Mignonette?“rief der Chevalier erstaunt aus-„Was ist los!?!?“
Besorgt beugte er sich vor und klopfte seinem Geliebten auf den Rücken.
„Ist schon okay.“-presste Phillipe hervor bevor ihn ein weiterer Anfall überkam. Diesmal schlimmer. Doch auch dieser war nach einigen Sekunden vorbei. Blut rann aus dem Mundwinkel Phillipe’s.
„Mignonette?“-flüsterte der Chevalier besorgt-„Ihr blutet.“
Schnell fasste sich Phillipe an den Mund. Als er seine Finger zurückzog waren sie mit seinem Blut bedeckt. Panisch wich er an die Wand zurück und presste seine Hand auf seinen Mund. Der Chevalier kniete sich vor ihn.
„Was geschieht mit mir?“-fragte Phillipe während er heftig atmete.
„Ich weiß es nicht.“-gestand der Chevalier-„Aber du brauchst Hilfe. Ganz dringend.“
Angsterfüllt rasten seine Blicke durch den Raum. Zwei Wachen standen etwas von der Tür entfernt. Wenn er laut genug schrie würden sie ihn hören.
„Hilfe! HILFE! HILFE!!!“-schrie der Chevalier so laut er konnte. Eine der Wachen drehte sich erstaunt und überrascht um und Fabien kam den Gang entlang angerannt.
„Was ist los?“-rief er.
Besorgt deutete der Chevalier auf den Monsieur der inzwischen heiser keuchend auf seinem Schoß lag. Seine schwarzen Haare sind in sein Gesicht gefallen.
„Oh nein! Was haben Sie getan, Chevalier!“-schrie er-„Hat Monsieur das Wasser getrunken? Sag mir, hat er?“
Er packte den Chevalier an den Schultern und rüttelte ihn durch. Das führte allerdings dazu das Phillipe ein erneuter Anfall überkam. Er keuchte und spuckte Blut auf den Boden des Gefängnisses. Marchal ließ von dem Chevalier ab welcher bedeutend nickte.
„Scheiße.“-fluchte Monsieur Marchal-„Wache?!“
Eine der Wachen an der Tür kam angerannt.
„Verständigen sie den König und holen sie einen Arzt!“-befahl er-„Bestellen Sie sie hier nach unten!“
„Sehr wohl.“-die Wache verbeugte sich und verließ schnellen Schrittes den Raum.
„Was sollen wir machen?“-fragte der Chevalier panisch während er die Hand seines Geliebten umklammert hielt.
„Garnichts, wir können nur warten.“-erwiderte Monsieur Marchal mit zusammengekniffenen Augen.
Eine stumme Träne rann über die Wange des Chevalier’s und tropfte in die pechschwarzen Haare dessen Besitzer er so lieb gewonnen hatte.
„Nicht… weinen…“-keuchte Phillipe und strich mit der Hand über die des Chevalier’s.
„Ich kann aber nicht anders.“-beteuerte der Chevalier traurig-„Du bist krank.“
Monsieur Marchal betrachtete das Trauerspiel still und wischte vorsichtig das Blut von Phillipe‘s Mund. Dafür benutzte er eine Spitze seines schwarzen Umhangs.
„Was ist hier los?!“
Eine gewaltige, volle Stimme riss die zwei aus ihren Gedanken. Der König stand in der Tür.
„Was ist mit ihm?“-fragte er. Ohne eine Antwort abzuwarten trat er zwei Schritte auf sie zu bis er direkt über Marchal, dem Chevalier und Phillipe stand.
„Ihr Bruder ist krank, mein König.“-erklärte Monsieur Marchal und neigte leicht den Kopf.
„Sie können ihm doch helfen oder? Sie müssen!“-schrie der Chevalier verzweifelt.
„Psst.“-zischte Louis und hob einen Finger-„Zu dir kommen wir später.“
Der Chevalier verstummte auf der Stelle.
„Er sieht mir nicht so aus als ob er dem Tode nah wäre. Sicher hat er sich nur verschluckt.“-sagte der König und blickte mitleidslos zu seinem Bruder hinunter.
„Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, mein König. Ihr Bruder blutet aus dem Mund. Er scheint das Wasser getrunken zu haben das ich dem Gefangenen gebracht hatte.“
Vorsichtig strich er die Haare aus dem Gesicht seines Bruders die dieses bisher verdeckt hatten. Jetzt sah auch Louis das Blut.
„WACHEN! RUFT SOFORT EINEN ARZT! SAGT, SIE FINDET UNS IN DEM GEMACH MEINES BRUDERS!“-schrie der König. Auch die verbliebene Wache eilte davon.
„Hilfe ist unterwegs.“-flüsterte der Chevalier und strich über die blutige Wange von Phillipe-„Hörst du?“
Phillipe nickte schwach.
„Wir sollten ihn jetzt hochtragen. In sein Schlafgemach.“-gab der König zu bedenken-„Monsieur Marchal? Würden Sie mir helfen?“
„Aber ja.“
Vorsichtig schob Fabien die Arme unter die Kniebeugen und den Nacken und hob des Königs Bruder hoch. Auch der Chevalier versuchte aufzustehen doch seine Fußfessel hielt ihn auf.
„Bitte, lasst mich mitkommen.“-flehte der Chevalier und kniete sich vor dem König nieder.
„Niemals, Verräter.“-fauchte der König.
„Lasst ihn mitkommen.“-flehte Phillipe leise-„Bitte.“
„Bruder… Hast du noch nicht bemerkt das er uns alle, Frankreich, verraten hat? Dann willkommen in der Realität. Dieser hier wird keinen Fuß in meinen Palast setzen.“-erklärte Louis dem, inzwischen sehr blass aussehendem, Phillipe.
„Bitte.“-keuchte Phillipe-„Benimm dich einmal wie mein Bruder.“
Traurig sah er zu Louis auf der den Chevalier weiterhin abweisend musterte.
„In Ordnung!“-rief dieser, da er keine Lust mehr auf weitere Diskussionen hatte-„Marchal, bindet ihn los.“
Fabien räusperte sich und nickte mit den Kopf zu Phillipe der in seinem Armen lag. Er konnte bei bestem Willen jetzt nicht noch mit einem Schloss hantieren.
„Dann gib ihn mir.“-sagte Louis und nahm seinen kranken Bruder entgegen. Er hielt ihn genauso wie Marchal es getan hatte und Phillipe lehnte erschöpft an Louis‘ Schulter. Währenddessen hatte sich Fabien zu dem Chevalier hinuntergebeugt und öffnete mit ein paar Drehungen des goldenen Schlüssels in seiner Hand das Schloss. Der Chevalier sprang wie von Sinnen auf und drängte sich zum König um Phillipe’s Hand zu streicheln.
„Finger weg.“-fauchte König Louis und Marchal schlug seine Hand weg.
Niemand erwiderte etwas.
-Louis XIV-
So war das nicht geplant. Ganz und gar nicht. War er etwa nun dafür verantwortlich das sein Bruder vermutlich sterben wird? Das durfte er auf keinen Fall zulassen. So viel er seinen Bruder auch verabscheuen möge, den Tod hatte er nicht verdient. Der Verräter der gerade, in diesem Moment mit ihm durch die Korridore Versailles ging, der hatte es verdient.
„Mein König? Fühlt sich ihre Hoheit nicht wohl?“-riss Madame Montespan ihn aus seinen Gedanken. Sie stand rechts an eines der Fenster gelehnt und betrachtete ihn besorgt. Es war nicht schwer zu verstehen das ihre Frage sowohl auf Phillipe als auch auf ihn bezogen schien.
„Wir kümmern uns schon darum, machen Sie sich keine Sorgen.“-erwiderte er und setzte seinen Weg zu den Gemächern Phillipe’s fort.
Als Fabien die Tür aufstieß und das Zimmer betrat, gefolgt von König Louis und dem Chevalier, sprang die Gemahlin Phillipe’s von dem samtroten Sofa auf, auf dem sie soeben noch ein Buch gelesen hatte. Ein Arzt war noch nicht hier.
„Mein König.“-die Frau knickste leicht-„Was ist passiert?“-fragte sie dann panisch als ihr Blick auf das blutüberströmte Gesicht ihres Gemahls fiel.
„Er ist krank.“-erklärte Marchal als König Louis seinen Bruder auf dem Bett ablegte. Sofort war der Chevalier an Phillipe’s Seite und strich tröstend durch seine Haare.
„Alles wird wieder gut.“-flüsterte er ununterbrochen, schwang dann seine Beine auf das Bett und legte sich neben seinen Geliebten.
„Wo bleibt der Arzt?“-fragte König Louis laut in die Runde. Alle zuckten mit den Schultern. Nicht das der Wache der ihn holen gegangen ist nicht bei ihm angekommen ist. Doch diese Sorge wurde zu Nichte gemacht als sein Leibarzt und dessen Tochter das Zimmer betraten.
„Sie können wieder gehen.“-erwiderte Louis mit einem Blick auf seinen Leibarzt. Er vertraute ihm nicht mehr. Inzwischen war seine Tochter der er seine Aufmerksamkeit schenkte. Böse sah sein Leibarzt ihn an und war dann mit einer theatralischen Geste wieder verschwunden.
„Was ist passiert?“-fragte Claudine sachlich um nicht vom Thema abzukommen. Sie hatte sich bereits auf die andere Seite von Phillipe gesellt, da wo der Chevalier ihm nicht im Weg war und fühlte seinen Puls. Da der König nicht alles von Anfang an mitbekommen hatte, erzählte der Chevalier die ganze Geschichte. Claudine hörte aufmerksam zu, doch nach und nach verdunkelte sich ihr Blick.
„Sie sage das hat angefangen nachdem er das Wasser getrunken hatte?“-hakte die Ärztin nach.
Der Chevalier bestätigte mit einem Kopfnicken.
„Gut.“-sagte Claudine und wandte sich dann an Fabien-„Sie haben das Wasser in die Zelle gestellt da es offenbar eigentlich für den Chevalier gedacht war, nicht? Ist Ihnen an dem Wasser irgendwas aufgefallen?“
Fabien antwortete nicht sofort. Der König und er wechselten erneut einen vielsagenden Blick bis Louis schließlich anfing alles zu erklären.
„Das Wasser war vergiftet. Womit weiß ich nicht. Ich habe Bontemps damit beauftragt ein langsam wirkendes Gift zu beschaffen das am Ende tödlich ist. Inzwischen hoffe ich das er meinem Befehl keine Folge geleistet hat. Eigentlich war das Gift für den Chevalier bestimmt gewesen.“
Mehr sagte er dazu nicht. Entgeistert hatte der Chevalier aufgeblickt als Louis seine Geschichte erzählt hatte.
„Ihr wolltet mich vergiften?“-fragte er zwischen zusammengebissenen Zähnen.
„So wars.“-bestätigte Louis-„Und Ich hätte es nicht bereut, wenn es nicht schiefgegangen wäre.“
„Ihr könnt nicht einfach…“-fing Chevalier zornig an und wollte von dem Bett aufspringen doch eine Hand die sich an seinen Mantel krallte hielt ihn zurück.
„Mach ihn nicht noch wütender.“-riet Phillipe.
Ausnahmsweise setzte sich der Chevalier ohne Widerworte wieder zu Phillipe.
„Sie sagten Bontemps hätte das Gift beschafft?“-fragte Claudine nochmal nach.
„So ist es, wieso?“-sagte Louis und sah zu der Ärztin hinüber deren Hand auf Phillipe’s Stirn ruhte.
„Dann weiß er vielleicht was darin gewesen war.“-überlegte sie laut.
Louis nickte und winkte eine der Lakaien heran, die an der Tür standen.
„Schickt nach Bontemps.“-befahl er. Die Wache verbeugte sich und verließ den Raum.
„Können Sie noch etwas für ihn tun.“-fragte der König Claudine und warf seinem Bruder einen unsicheren Blick zu.
„Mit Nichten mein König. Wenn ich nicht weiß was es ist könnte es sein das der kleinste Fehler in umbringt.“-erklärte Claudine.
„Wenn es nicht längst schon soweit ist.“-zischte der Chevalier. Niemand beachtete ihn.
„Würdet ihr uns nun bitte alleine lassen bis Bontemps eingetroffen ist?“-fragte König Louis in die Runde. Marchal und Claudine entfernten sich respektvoll und verließen das Zimmer. Nach einigem Zögern verließ auch Phillipe’s Gemahlin den Raum. Nur der Chevalier hatte sich keinen Zentimeter bewegt.
„Das war ein Befehl.“-fauchte der König, doch auch das half nichts. Erst als Phillipe dem Chevalier bedeutete sich zu ihm hinunterzubeugen und sie ein paar Worte ausgetauscht hatten, schien Chevalier endlich dazu bereit sich von seinem Geliebten zu trennen.
„Danke.“-sagte Louis als der Chevalier an ihm vorbei ging. Als die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war näherte Louis sich vorsichtig seinem Bruder und setzte sich neben ihm aufs Bett. Phillipe musterte seinen Bruder nur. Ein paar Sekunden verstrichen bis Louis schließlich die Stille durchbrach: „Und?“
„Was, und?“-zischte Phillipe der nicht ganz verstanden hatte.
„Wie gehts so?“-verbesserte sich Louis.
„Was ist das für eine bescheuerte Frage. Ich bin vergiftet, so wie es aussieht. Und eigentlich habt ihr es auf meinen Geliebten abgesehen. Du wolltest das er daran leidet, und ich hätte mit ihm gelitten. Was bist du nur für ein schlechter Bruder.“
Resigniert zog Phillipe die Bettdecke höher und schlang die Arme um den Bauch.
„Ich habe in dem Moment nicht als dein Bruder gehandelt sondern als König. Frankreich braucht keine Verräter.“-erklärte Louis.
„Das heißt du willst ihn immer noch umbringen?“-fragte Phillipe zornig und sah seinem Bruder in die Augen.
„Es ist meine Pflicht.“-sagte dieser ausweichend.
„Verschone ihn, zum Wohle Frankreichs!“-rief Phillipe aus.
„Was würde es Frankreich bringen wenn ich einen Verräter verschone?“zischte der König.
„Frankreich wird es mit mir zutun kriegen! Wenn ich wieder genesen bin. Du weißt wie viele mir seit dem Krieg Folge leisten.“-fauchte Phillipe, inzwischen heiser.
„Ach Ja? Aber ich bin immer noch König!!!“-brüllte sein Bruder.
„Dann bist du ein schlechter König.“-stellte Phillipe fest und drehte sich zur Seite. Er übergab sich über der Bettkante und ein Schwall Blut lief zu Boden.
„Bruder.“-rief Louis besorgt und strich ihm über den Rücken.
„Ich möchte nicht sterben, Bruder. Und sollte ich Sterben so möchte ich nicht das das letzte das wir getan haben, streiten war. Es tut mir leid.“-stieß Phillipe bedauernd hervor.
„Schon okay.“-sagte Louis und nahm seinen Bruder in den Arm. Dieser krallte sich verzweifelt in die Ärmel seines Mantels. Der König drückte seine Stirn in Phillipe’s Haare.
„Majestät, Bontemps ist hier.“-kündigte Marchal an der in der Tür stand.
„Ich empfange ihn.“-erwiderte Louis der den Kopf inzwischen gehoben hatte, sich aber nicht aus der Umarmung löste. Schnellen Schrittes betrat Bontemps den Raum und durchquerte ihn bis er vor dem König zum Halt kam.
„Was hat Monsieur?“-fragte er angespannt-„Mir wurde nicht der Grund erläutert warum ich kommen sollte.“
„Sagen Sie mir einfach nur ob Sie meinem Befehl gefolgt sind.“-befahl Louis und sah in berechnend an. An der verwirrten Mine seines Kammerdieners konnte er bereits sehen das dieser keine Ahnung hatte wovon er da sprach. Also wurde er genauer.
„Haben Sie das Gift beschafft das ich von Ihnen verlangt hatte?“-fragte er.
„Aber Ja, habe ich es Ihnen nicht ausgehändigt?“-verunsichert sah Bontemps zu Louis auf.
„Doch haben Sie, aber beschreiben Sie mir genauestens die Wirkung.“-zischte der König und winkte Claudine hinzu damit sie zuhören konnte.
Und Bontemps fing an zu erklären: „Von mir verlangt haben Sie, wie Sie sicher wissen, ein langsam wirkendes Gift. Ich habe es aus einem kleinen Dorf in der Nähe. Die Gestalt die es mir gegeben hat sagte ich solle auf die Dosierung achten. Denn die Menge macht das Gift. Aber das habe ich Ihnen ja auch gesagt. Weshalb Sie doch auch sicher nicht die komplette Phiole geleert haben oder? Weil wenn ja wird es für ihn kaum noch Hoffnung geben.“
Bontemps deutete auf den blassen Phillipe in den Armen des Königs. Es sieht so aus als habe der Kammerdiener die Situation mit der Zeit verstanden.
„Was sagen Sie dazu, Claudine?“-fragte der König verzweifelt.
„Ich kann Bontemps nur Recht geben. Je mehr Phillipe getrunken hatte desto wahrscheinlicher und qualvoller wird sein Tod.“
Angsterfüllt blickte Phillipe zu den anderen drei auf. Er hatte inzwischen angefangen schrecklich zu zittern. Vorsichtig legte Louis seinen Bruder zurück aufs Bett und deckte ihn zu.
„Macht den Kamin an.“-befahl Louis Bontemps welcher sich sofort an die Arbeit machte.
Doch auch nachdem der Kamin entzündet war schien Phillipe nicht wärmer zu werden.
„Holt Chevalier.“-befahl der König wiederwillig und winkte den Blondhaarigen herein. Dieser brauchte nicht lange um die Situation zu erfassen und legte sich zu seinem Geliebten.
„Du musst nicht frieren, Mignonette.“-flüsterte der Chevalier und strich zärtlich über Phillipe‘s Wange. Phillipe gab keine Reaktion von sich.
„Was machen wir nun?“-rief Louis verzweifelt und dachte zurück daran als Phillipe und er noch Kinder gewesen waren. Damals waren sie im Wald gewesen. Allein, da er nicht allzu weit von Versailles entfernt gewesen war. Sie waren zusammen durch das Unterholz gestapft. Phillipe hatte sich am Abend zuvor erkältet, doch es war nicht so schlimm gewesen und ihre Eltern hatten nichts gemerkt. Ansonsten hätte er das Schloss nicht verlassen dürfen. Sein Bruder hatte manchmal gehustet und so war eine alte Dame auf sie aufmerksam geworden. Louis erinnerte sich nicht mehr genau an das was sie gesagt hatte aber sie hatte ihm einen kleinen Stein in die Hand gegeben. Grau und Braun war er. Und er glaubte sie hatte gesagt: „Hier mein Kleiner. Das ist ein Bezoar. Er kann einen von fast allen Giften und Krankheiten heilen.“ Sie hatte in die Richtung seines Bruders gezwinkert und hatte sie dann alleine gelassen. Er wusste noch das er den Bezoar in den Nachtschrank neben seinem Bett gelegt hatte. Seit mehreren Jahren hatte er da aber nicht mehr hinein geguckt. War er da vielleicht etwa noch? Gab es vielleicht noch Hoffnung für seinen Bruder?
-Chevalier de Lorraine-
Der König stand wie in Gedanken verloren da. Doch was störte ihn das. Sein Geliebter war krank. Vergiftet. Von dem König. Seinem eigenen Bruder. Oder war vielleicht auch er selbst daran Schuld. Wenn er das Wasser getrunken hätte, wäre er jetzt an seiner Stelle.
„Ich möchte nicht das du leidest.“-flüsterte Phillipe traurig als dem Chevalier eine Träne aus dem Augenwinkel tropfte, direkt in Phillipe‘s Haare.
„Ich kann nun einmal nicht anders.“-sagte Chevalier.
Plötzlich bewegte sich der König. Er sah sich um.
„Stimmt es das ein Bezoar ihm helfen könnte?“-fragte der König plötzlich. Claudine sah in verwirrt an: „Ich weiß nicht wie Sie darauf kommen, aber ich schätze ja, das könnte er. Aber ein Bezoar ist sehr selten. Ich habe in meinem ganzen Leben erst einmal einen gesehen.“
Die Mine des Königs hellte sich auf.
„Dann ist heute Ihr Glückstag und Sie können zu zweiten Mal einen zu Gesicht bekommen.“-jetzt war Claudine noch verwirrter-„Du, bleib hier und pass auf meinen Bruder auf!“-rief der König als er mit Bontemps im Schlepptau das Zimmer schnellen Schrittes verließ.
„Sie wissen nicht was er vor hat?“-fragte Claudine den Chevalier.
„Keine Ahnung.“
Der Chevalier zuckte mit den Schultern.
„Aber wenn er eine Idee hat ihn zu retten, dann lasst ihn nur.“-sagte er.
Claudine nickte während sie anfing einen Lappen mit Wasser zu befeuchten das aus einer Wasserflasche kam die sie dabei hatte.
„Leg das auf seine Stirn.“-sagte sie und gab dem Chevalier den Lappen. Dieser platzierte ihn so auf Phillipe‘s Stirn das er nicht hinunter rutschen konnte. Sie konnten nur abwarten. Phillipe’s Zustand schien sich jede Minute zu verschlechtern. Inzwischen hatte er Fieber bekommen und war nur noch halb bei Bewusstsein. Hin und wieder fing er an sich vor Schmerzen zu krümmen. Dann konnte der Chevalier ihm nur gut zureden. Er fragte sich wann der König zurück sei. Wenn er tatsächlich etwas hatte was seinen Geliebten retten konnte sollte er sich beeilen. Zögerlich hob Phillipe einen Arm und zog ihn zu sich hinunter.
„Versprich mir jetzt bloß nicht in meinen Armen zu sterben.“-flüsterte der Chevalier.
„Ich kann garnichts versprechen.“-keuchte Phillipe, nach einem erneuten Hustenanfall-„Aber falls ich doch sterben sollte… Bleib bei mir, Ja?“
„Aber natürlich.“
„Wo ist mein Bruder?“-fragte Phillipe angestrengt.
„Er hat etwas das dich retten könnte, er ist es…“
Doch er wurde erneut durch einen erneuten Anfall Phillipe‘s unterbrochen. Er fing an sich auf der rechten Seite zu krümmen. Tränen vor Schmerz stiegen ihm in die Augen und schnappte panisch nach Luft. Der Chevalier konnte nicht anders als versteinert neben ihm zu stehen. Nur Claudine kramte angestrengt in einer Truhe die sie mitgebracht hatte und holte schließlich ein kleines Fläschchen heraus.
„Das lindert die Schmerzen.“-erklärte sie während sie den Inhalt in Phillipe’s Mund kippte und ihn zwang zu schlucken. Beinahe auf Befehl wurde der Herzog wieder ruhig und sah erschöpft zu den beiden hoch.
„Alles wieder gut?“-fragte der Chevalier besorgt.
Phillipe antwortete nicht. Er war viel zu erschöpft um auch nur ein Wort zu sagen. Stattdessen grinste er schwach bis er in einen unruhigen Dämmerschlaf fiel.
Plötzlich wurde die Tür erneut aufgestoßen und der König, sowie Bontemps waren wieder da. Louis ging vorne weg und Bontemps hinter ihm hielt ein kleines Etwas in der Hand. Grau und Braun war es. War das etwa der Bezoar von dem alle geredet hatten? Claudine kam ihnen entgegengerannt.
„Das ist unmöglich.“-rief sie erstaunt als sie den kleinen Stein in der Hand wog.
„Nichts ist unmöglich, was machen sie jetzt damit?“
„Ich selbst habe noch nie jemandem einen Bezoar gegeben… Aber ich habe mal eine ältere Frau sowas praktizieren sehen. Ich denke ihr werter Bruder muss den schlucken.“-überlegte Claudine.
„Tun Sie was nötig ist.“-rief der König.
„Aber ich kann nichts versprechen.“-erwiderte die junge Ärztin.
„Dem bin ich mir durchaus bewusst.“-sagte der König während Claudine zu dem schlafenden Phillipe hinüber ging und sich neben ihn setzte. Dann öffnete sie leicht seinen Mund. Nachdem er zur Überraschung aller den Bezoar geschluckt hatte, wurde seine Atmung wieder gleichmäßig und er öffnete die Augen.
„Mignonette?“-fragte der Chevalier.
Phillipe stöhnte nur und sah seinen Geliebten liebevoll an.
„Ich glaube Monsieur braucht jetzt erstmal viel Ruhe. Am Besten wir verlassen jetzt das Zimmer.“-riet Claudine. Alle nickten zustimmend, außer Chevalier.
„Ich bleibe hier.“-sagte er bestimmt. Phillipe lächelte. Er schien damit einverstanden.
-Louis XIV-
Sein Bruder schien den Chevalier wirklich zu lieben. Auch obwohl er Hochverrat an ihm, dem König, begangen hat war er ohne Zweifel der den sein Bruder jetzt brauchte. Es durfte auf keinen Fall so weit kommen das Phillipe in Trauer um ihn versinkt, jetzt wo er gerade wieder auf dem Weg der Besserung ist. Er sollte den Chevalier verschonen, doch sollte er ihn nochmal verraten wären die Konsequenzen undenkbar.
Mit einem Fuß an die Wand gefesselt saß er auf dem staubigen Boden des Gefängnisses von Versailles. Blut rann ihm in einem leichten Rinnsal aus Mund und Nase, da wo er niedergeschlagen wurde. Seine blonden, lockigen Haare waren staubig und graue Strähnen zeichneten sich zwischen dem hellen Gelb ab. Vor ihm stand ein Teller mit Brot das er hätte essen sollen. Doch weigerte er sich und so wurde das Brot nun von mehreren Würmern belagert. Doch er war nicht alleine. Vier seiner Gefährten saßen mit ihm hier. Er kannte ihre Namen nicht. Zwei standen an einem kleinen, vergitterten Fenster und sahen nach draußen wo einer der Verräter soeben gevierteilt wurde. Dieses Schicksal blühte ihnen allen, machte sich der Chevalier bewusst. Entweder vierteilen oder eine öffentliche Hinrichtung. Wenn er persönlich für sich entscheiden könnte so würde er wohl Vierteilung wählen. Er wollte nicht das jemand dabei zusah wie er starb. Auf gar keinen Fall sein Geliebter. Monsieur Phillipe. Ob er wohl gerade an ihn dachte? Hatte er es überhaupt schon erfahren? Er hoffte er würde es nie erfahren. Er, der Chevalier, hatte den König verraten und somit auch seinen Bruder. Vielleicht würde Monsieur denken er wäre nach Paris gegangen. Für immer. Vielleicht würde er einfach in dem Glauben bleiben das es ihm gut ginge. Doch das tat es nicht. Von dem Hof aus hörte er die Schreie des Menschen der starb. Sie hörten sich qualvoll an. Verzweifelt versuchte er die Schreie auszublenden. Er presste sich die Hände auf die Ohren, dem Gedanken bewusst das er auch so enden würde. So unwürdig.
-Phillipe-
Schon seit fünf Stunden saß er auf dem roten Sessel in seinem Gemach und starrte in die Flammen, die im Kamin auf und ab tänzelten. Seitdem sein Bruder ihm die Wahrheit über den Chevalier erzählt hatte. Sein Geliebter war der einzige der ihm je wirklich vertraut hat, hatte er das Gefühl. Vermutlich war auch Phillipe der einzige der den Chevalier wirklich mochte und traute. Es konnte doch alles nicht wahr sein. Sein Bruder wurde verraten. Das war ihm eigentlich im Großen und Ganzen egal. Doch auch ihn hatte er verraten. Er konnte es immer noch nicht fassen. Es zerriss ihn von Innen. Plötzlich wurde die Tür von außen aufgestoßen. Er sah auf. Das Licht der Flammen glitzerte in seinen blau, grünen Augen. In der Tür des dunklen Zimmers stand der König. Enttäuscht wandte er den Blick wieder ab und starrte zurück in das Feuer.
„Hey, Bruder.“-sagte sein Bruder vorsichtig.
Er antwortete nicht. Sein Bruder hatte seinen Geliebten festnehmen lassen. Jetzt hatte er beim besten Willen kein Interesse mit ihn zu reden. Doch sein Bruder fuhr fort.
„Wollen wir nicht einen Ausritt machen? Das muntert dich doch immer auf.“-schlug Louis vor. Es war ein recht verlockendes Angebot. So hätte er sich ablenken können. Doch es gab etwas das er mehr begehrte. Er musste zu seinem Geliebten. Ihn fragen warum er sie verraten hatte. Ihm in die Augen sehen.
„Nein.“-lehnte Phillipe ab.
„Dann halt nicht.“-fauchte sein Bruder, zu seiner eigenen Überraschung, ungehalten. Er drehte sich um und schloss die Tür. Phillipe lauschte noch den leisen Schritten die sich von seiner Tür entfernten und in dem großen Schloss nach und nach verklangen. Dann erhob er sich auch. Vorsichtig wischte er sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Er musste jetzt hinunter. Bestimmt würde Monsieur Marchal ihm gestatten zu dem Chevalier zu kommen. Immerhin war er der Bruder des Königs. Dies musste ja auch seine Vorteile haben. Und wenn nicht? So blieb ihm wohl nichts anderes übrig als sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen. Um jeden Preis. Er brauchte Informationen. Vielleicht waren ja gar keine bösen Absichten hinter dem Treiben des Chevalier’s gewesen.
-Chevalier de Lorraine-
Jetzt war er endlich alleine. Alle anderen die mit ihm waren, waren entweder gevierteilt oder gehängt worden. Plötzlich hörte er wie sich ein Schlüssel im Schloss umdrehte. Er machte sich nicht die Mühe den Blick zu heben. Es war ihm gleich ob er einen Zellengenossen kriegen würde oder ob er jetzt den Weg in den Tod gehen würde. Vermutlich hatte er es verdient. Er hörte wie sich die Zellentür quietschend öffnete. Er hörte Schritte und Stimmen. Bekannte Stimmen.
„Bitteschön, Monsieur.“-sagte Fabien.
„Vielen Dank. Und jetzt lasst uns bitte alleine.“-sprach die Stimme seines Geliebten. Sein Herz machte einen Sprung.
„Sehr wohl.“
Schritte entfernten sich. Andere kamen näher. Jetzt hob er doch den Kopf und sah geradewegs in das enttäuschte Gesicht von Phillipe.
„Mein Geliebter.“-begrüßte er Phillipe erfreut.
„Hallo.“-sagte dieser knapp-„Hast du mir nichts zu sagen?“
„Es tut mir so leid. Ich habe einen riesigen Fehler gemacht. Bitte glaube mir. Es tut mir leid. Ich weiß nicht was sie mir antun wollen aber ich weiß das ich es verdient habe. Ich liebe dich.“
Phillipe‘s Gesichtsausdruck änderte sich kaum.
„Ich dich doch auch.“-hauchte er, doch fuhr dann mit härterer Stimme fort-„Und dennoch hast du den König verraten. Und mich.“
„Mir ist auch die Todesstrafe zugedacht nicht?“
„Das weiß ich nicht.“-sagte Phillipe wahrheitsgetreu-„Der König hat noch nichts dazu bekannt gegeben.“
Der Chevalier nickte.
„Du siehst echt nicht gut aus.“-Phillipe betrachtete mitfühlend das Gesicht seines Geliebten.
„Du aber auch nicht.“-der Chevalier musterte auch seinerseits den Ausdruck seines Gegenüber. Von Tränen verkrustete Wangen und rote Augen. Dunkle Ringe zierten sie. Er sah total fertig aus. Übernächtigt irgendwie. Als ob er dringend etwas Schlaf gebrauchen könnte.
„Komm her.“-bat der Chevalier und hob seinen Arm so gut er konnte. Phillipe nickte und ließ sich mit seinen königlichen Klamotten in den Staub des Gefängnisses sinken. Vorsichtig legte Monsieur den Kopf gegen die Schulter des Chevalier’s. Eine weitere Träne tropfte in seine blonden Haare. Er legte behutsam einen Arm um die zitternde Schulter seines Geliebten.
Schon bald fielen Phillipe die Augen zu. Seine Atmung wurde gleichmäßiger, doch zitterte er unruhig. Tröstend vergrub der Chevalier seinen Kopf in den rabenschwarzen Haaren seines Geliebten. Doch schlafen konnte er nicht. Er wollte jeden Augenblick der ihm noch mit Phillipe blieb auskosten.
-Louis XIV-
Nachdem er den Raum seines Bruders verlassen hatte machte er sich auf den Weg zu seinen Beratern. Er musste über das Schicksal des Chevalier’s entscheiden. Zwar wusste er schon welche Strafe ihn ereilen würde. Ludwig würde ihn zum Tode verurteilen. Etwas anderes hatte ein Verräter wie der Chevalier einer war nicht verdient. Zudem hatte er den Chevalier noch nie wirklich leiden können. Doch er musste dennoch zu seinen Beratern. Zumindest sollte er so tun als ob ihm die Entscheidung schwer fallen würde. Um seines Bruders Willen. Doch was kümmerte ihn schon sein kleiner Bruder? Eigentlich garnichts, wie er feststellen musste. Sein Bruder war ein Schwächling. Keine Ahnung von Politik. In Gedanken spuckte er auf den Boden. In Wirklichkeit konnte er das nicht tun den sowas gehörte sich bei Hofe nicht. Plötzlich hielt er inne. Seine Berater brauchte er nicht. Grimmig drehte er um. Er musste zu seinem Kammerdiener. Bontemps. Dieser würde alles für ihn tun ohne seine Befehle zu hinterfragen. Denn war eine öffentliche Hinrichtung nicht viel zu langweilig? Oder eine Vierteilung? Konnte man nicht auch kreativer sein?
„Bontemps!“-rief Louis befehlend während er die Flügeltüren mit den Goldverzierungen zu seinem Schlafgemach aufstieß.
„Mein König?“-sagte dieser und verneigte sich erschrocken so tief das ihm seine grauen Haare ins Gesicht fielen. Er war gerade dabei gewesen das Bett des Königs zu machen.
„Sie müssen etwas für mich tun, Bontemps.“-fing der König an während er im Raum umherschwirren wie ein wildes Tier.
„Aber natürlich mein König, was ist die Aufgabe?“-fragte sein Kammerdiener eifrig.
„Ich werde es Ihnen sagen aber zuvor müssen Sie mir versprechen das dieser Auftrag unter strengster Geheimhaltung erfolgt. Sie sagen niemandem etwas davon. Und wenn doch kennen Sie ja die Konsequenzen.“-lächelnd drehte sich Louis zu seinem Diener um.
„Aber natürlich, mein König.“
„Sie werden mir etwas beschaffen müssen.“-fuhr Louis fort-„Beschaffen Sie mir ein Gift. Eins das möglichst langsam und qualvoll wirkt. Am Ende soll der Tod stehen.“
Eingeschüchtert blinzelte Bontemps ein paar Mal.
„Sind Sie sicher?, mein König. An wem wollen Sie das Gift verwenden?,wenn ich fragen darf.“
„Nur an einem unbedeutenden Gefangenen der Hochverrat an mir begangen hat. Glaube mir er hat es verdient.“-sagte er unbeeindruckt-„Und noch etwas…“
Der Kammerdiener, der sich gerade zur Tür gedreht hat, sah nochmal zurück zu Louis.
„…es ist mir egal auf welchem Wege Sie es beschaffen, aber seien sie in zwei Stunden zurück.“
„Sehr wohl, mein König.“
Damit verließ Bontemps den Raum und machte sich sofort auf die Suche nach einem todbringendem Gift.
-Fabien Marchal-
Erschrocken fuhr er aus seinem wohlverdienten Nickerchen hoch als plötzlich König Louis neben ihm stand. Desorientiert sah er sich um bis ihm wieder einfiel wo er war. Unten bei dem Kerkern. Wie immer.
„Monsieur Marchal, mein Guter, haben sie etwa geschlafen?“-fragte der König hämisch grinsend.
„Entschuldige bitte, aber mein Tag war wirklich anstrengend gewesen.“
„Kein Problem. Sie können es wieder gut machen.“-bedeutungsvoll zog der König eine kleine Phiole mit einer durchsichtigen Flüssigkeit darin hervor-„Sehen Sie? Was denken Sie könnte das sein?“
„Beim besten Willen, ich weiß es nicht, mein König.“-sprach Marchal bedauernd.
„Gift.“-der König grinste-„Geben Sie es dem übrigen Gefangenen. Er hat den Tod verdient.“
König Louis streckte die Hand unter seinem goldenen Mantel hervor und stellte die Phiole auf den hölzernen Tisch des Polizeichefs.
„Wie ihr befiehlt mein König, aber warum lassen sie ihn nicht hinrichten?“
„Das hat mit familiären Angelegenheiten zu tun die keiner näheren Erläuterung bedürfen. Tun Sie einfach worum ich Sie gebeten habe.“
Mit diesen Worten verschwand der König erneut und hinterließ nur die kleine Phiole. Geistesgegenwärtig griff Marchal nach einem Glas und befüllte es zur Hälfte mit klarem Wasser bevor er die durchsichtige Flüssigkeit aus der Phiole in dem Glas leerte. Neugierig roch er an dem Gemisch. Zu seiner Enttäuschung war es neutral. Keine giftigen Dämpfe stiegen auf oder etwas anderes auffälliges geschah. Man hielt es für normales Wasser.
-Chevalier de Lorraine-
Er wusste nicht wie lange er hier schon gesessen hatte. Phillipe hatte noch immer nicht ein Auge aufgemacht. Es schien als würde er sehr tief schlafen. Plötzlich öffnete sich die Tür erneut. Monsieur Marchal stand in ihr, mit einem Glas Wasser in der Hand.
„Da.“-sagte er und stellte es vor ihm ab-„Du verdurstest noch.“
Der Chevalier warf dem Glas einen vernichtenden Blick zu.
„Ich habe kein Durst.“
„Ich lass es trotzdem da. Wie geht es Monsieur?“-fragte er als er einen Blick auf Phillipe warf der immer noch an der Schulter des Chevalier’s ruhte.
„Gut. Er schläft nur.“-knurrte er ausweichend.
„Ich sollte nach den Dienern schicken. Der Monsieur sollte in seinem Bett ruhen.“
„Das ist nicht nötig. Danke Fabien.“-sagte eine müde Stimme. Phillipe war aufgewacht-„Ich komme zurecht. Lass mich hier. Ich möchte bleiben.“
„Sehr wohl.“-sagte Marchal und deutete eine Verbeugung an. Zügig verließ er die Zelle.
„Ist das dein Wasser?“-fragte Phillipe an den Chevalier gewandt der ins Leere starrte.
„Kannst es ruhig nehmen.“-sagte der Chevalier-„Ich habe sowieso kein Durst.“
„Danke.“-stieß Phillipe hervor und nahm dankbar das Wasser. In einem Schluck hatte er das Glas ausgetrunken.
„Wie geht es dir?“-fragte Phillipe erneut.
„Worauf willst du hinaus, mein Geliebter? Natürlich würde ich es besser haben wenn ich jetzt mit dir im Bett liegen würde.“-der Chevalier grinste gedankenverloren.
„Garnichts. Ich mache mir nur Sorgen.“
Der Chevalier nickte. „Es wird schon wieder gut.“-beruhigte er ihn, und ein wenig auch sich selbst. Plötzlich überkam seinen Geliebten ein heftiger Hustenanfall. Er keuchte schmerzerfüllt und krümmte sich.
„Mignonette?“rief der Chevalier erstaunt aus-„Was ist los!?!?“
Besorgt beugte er sich vor und klopfte seinem Geliebten auf den Rücken.
„Ist schon okay.“-presste Phillipe hervor bevor ihn ein weiterer Anfall überkam. Diesmal schlimmer. Doch auch dieser war nach einigen Sekunden vorbei. Blut rann aus dem Mundwinkel Phillipe’s.
„Mignonette?“-flüsterte der Chevalier besorgt-„Ihr blutet.“
Schnell fasste sich Phillipe an den Mund. Als er seine Finger zurückzog waren sie mit seinem Blut bedeckt. Panisch wich er an die Wand zurück und presste seine Hand auf seinen Mund. Der Chevalier kniete sich vor ihn.
„Was geschieht mit mir?“-fragte Phillipe während er heftig atmete.
„Ich weiß es nicht.“-gestand der Chevalier-„Aber du brauchst Hilfe. Ganz dringend.“
Angsterfüllt rasten seine Blicke durch den Raum. Zwei Wachen standen etwas von der Tür entfernt. Wenn er laut genug schrie würden sie ihn hören.
„Hilfe! HILFE! HILFE!!!“-schrie der Chevalier so laut er konnte. Eine der Wachen drehte sich erstaunt und überrascht um und Fabien kam den Gang entlang angerannt.
„Was ist los?“-rief er.
Besorgt deutete der Chevalier auf den Monsieur der inzwischen heiser keuchend auf seinem Schoß lag. Seine schwarzen Haare sind in sein Gesicht gefallen.
„Oh nein! Was haben Sie getan, Chevalier!“-schrie er-„Hat Monsieur das Wasser getrunken? Sag mir, hat er?“
Er packte den Chevalier an den Schultern und rüttelte ihn durch. Das führte allerdings dazu das Phillipe ein erneuter Anfall überkam. Er keuchte und spuckte Blut auf den Boden des Gefängnisses. Marchal ließ von dem Chevalier ab welcher bedeutend nickte.
„Scheiße.“-fluchte Monsieur Marchal-„Wache?!“
Eine der Wachen an der Tür kam angerannt.
„Verständigen sie den König und holen sie einen Arzt!“-befahl er-„Bestellen Sie sie hier nach unten!“
„Sehr wohl.“-die Wache verbeugte sich und verließ schnellen Schrittes den Raum.
„Was sollen wir machen?“-fragte der Chevalier panisch während er die Hand seines Geliebten umklammert hielt.
„Garnichts, wir können nur warten.“-erwiderte Monsieur Marchal mit zusammengekniffenen Augen.
Eine stumme Träne rann über die Wange des Chevalier’s und tropfte in die pechschwarzen Haare dessen Besitzer er so lieb gewonnen hatte.
„Nicht… weinen…“-keuchte Phillipe und strich mit der Hand über die des Chevalier’s.
„Ich kann aber nicht anders.“-beteuerte der Chevalier traurig-„Du bist krank.“
Monsieur Marchal betrachtete das Trauerspiel still und wischte vorsichtig das Blut von Phillipe‘s Mund. Dafür benutzte er eine Spitze seines schwarzen Umhangs.
„Was ist hier los?!“
Eine gewaltige, volle Stimme riss die zwei aus ihren Gedanken. Der König stand in der Tür.
„Was ist mit ihm?“-fragte er. Ohne eine Antwort abzuwarten trat er zwei Schritte auf sie zu bis er direkt über Marchal, dem Chevalier und Phillipe stand.
„Ihr Bruder ist krank, mein König.“-erklärte Monsieur Marchal und neigte leicht den Kopf.
„Sie können ihm doch helfen oder? Sie müssen!“-schrie der Chevalier verzweifelt.
„Psst.“-zischte Louis und hob einen Finger-„Zu dir kommen wir später.“
Der Chevalier verstummte auf der Stelle.
„Er sieht mir nicht so aus als ob er dem Tode nah wäre. Sicher hat er sich nur verschluckt.“-sagte der König und blickte mitleidslos zu seinem Bruder hinunter.
„Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, mein König. Ihr Bruder blutet aus dem Mund. Er scheint das Wasser getrunken zu haben das ich dem Gefangenen gebracht hatte.“
Vorsichtig strich er die Haare aus dem Gesicht seines Bruders die dieses bisher verdeckt hatten. Jetzt sah auch Louis das Blut.
„WACHEN! RUFT SOFORT EINEN ARZT! SAGT, SIE FINDET UNS IN DEM GEMACH MEINES BRUDERS!“-schrie der König. Auch die verbliebene Wache eilte davon.
„Hilfe ist unterwegs.“-flüsterte der Chevalier und strich über die blutige Wange von Phillipe-„Hörst du?“
Phillipe nickte schwach.
„Wir sollten ihn jetzt hochtragen. In sein Schlafgemach.“-gab der König zu bedenken-„Monsieur Marchal? Würden Sie mir helfen?“
„Aber ja.“
Vorsichtig schob Fabien die Arme unter die Kniebeugen und den Nacken und hob des Königs Bruder hoch. Auch der Chevalier versuchte aufzustehen doch seine Fußfessel hielt ihn auf.
„Bitte, lasst mich mitkommen.“-flehte der Chevalier und kniete sich vor dem König nieder.
„Niemals, Verräter.“-fauchte der König.
„Lasst ihn mitkommen.“-flehte Phillipe leise-„Bitte.“
„Bruder… Hast du noch nicht bemerkt das er uns alle, Frankreich, verraten hat? Dann willkommen in der Realität. Dieser hier wird keinen Fuß in meinen Palast setzen.“-erklärte Louis dem, inzwischen sehr blass aussehendem, Phillipe.
„Bitte.“-keuchte Phillipe-„Benimm dich einmal wie mein Bruder.“
Traurig sah er zu Louis auf der den Chevalier weiterhin abweisend musterte.
„In Ordnung!“-rief dieser, da er keine Lust mehr auf weitere Diskussionen hatte-„Marchal, bindet ihn los.“
Fabien räusperte sich und nickte mit den Kopf zu Phillipe der in seinem Armen lag. Er konnte bei bestem Willen jetzt nicht noch mit einem Schloss hantieren.
„Dann gib ihn mir.“-sagte Louis und nahm seinen kranken Bruder entgegen. Er hielt ihn genauso wie Marchal es getan hatte und Phillipe lehnte erschöpft an Louis‘ Schulter. Währenddessen hatte sich Fabien zu dem Chevalier hinuntergebeugt und öffnete mit ein paar Drehungen des goldenen Schlüssels in seiner Hand das Schloss. Der Chevalier sprang wie von Sinnen auf und drängte sich zum König um Phillipe’s Hand zu streicheln.
„Finger weg.“-fauchte König Louis und Marchal schlug seine Hand weg.
Niemand erwiderte etwas.
-Louis XIV-
So war das nicht geplant. Ganz und gar nicht. War er etwa nun dafür verantwortlich das sein Bruder vermutlich sterben wird? Das durfte er auf keinen Fall zulassen. So viel er seinen Bruder auch verabscheuen möge, den Tod hatte er nicht verdient. Der Verräter der gerade, in diesem Moment mit ihm durch die Korridore Versailles ging, der hatte es verdient.
„Mein König? Fühlt sich ihre Hoheit nicht wohl?“-riss Madame Montespan ihn aus seinen Gedanken. Sie stand rechts an eines der Fenster gelehnt und betrachtete ihn besorgt. Es war nicht schwer zu verstehen das ihre Frage sowohl auf Phillipe als auch auf ihn bezogen schien.
„Wir kümmern uns schon darum, machen Sie sich keine Sorgen.“-erwiderte er und setzte seinen Weg zu den Gemächern Phillipe’s fort.
Als Fabien die Tür aufstieß und das Zimmer betrat, gefolgt von König Louis und dem Chevalier, sprang die Gemahlin Phillipe’s von dem samtroten Sofa auf, auf dem sie soeben noch ein Buch gelesen hatte. Ein Arzt war noch nicht hier.
„Mein König.“-die Frau knickste leicht-„Was ist passiert?“-fragte sie dann panisch als ihr Blick auf das blutüberströmte Gesicht ihres Gemahls fiel.
„Er ist krank.“-erklärte Marchal als König Louis seinen Bruder auf dem Bett ablegte. Sofort war der Chevalier an Phillipe’s Seite und strich tröstend durch seine Haare.
„Alles wird wieder gut.“-flüsterte er ununterbrochen, schwang dann seine Beine auf das Bett und legte sich neben seinen Geliebten.
„Wo bleibt der Arzt?“-fragte König Louis laut in die Runde. Alle zuckten mit den Schultern. Nicht das der Wache der ihn holen gegangen ist nicht bei ihm angekommen ist. Doch diese Sorge wurde zu Nichte gemacht als sein Leibarzt und dessen Tochter das Zimmer betraten.
„Sie können wieder gehen.“-erwiderte Louis mit einem Blick auf seinen Leibarzt. Er vertraute ihm nicht mehr. Inzwischen war seine Tochter der er seine Aufmerksamkeit schenkte. Böse sah sein Leibarzt ihn an und war dann mit einer theatralischen Geste wieder verschwunden.
„Was ist passiert?“-fragte Claudine sachlich um nicht vom Thema abzukommen. Sie hatte sich bereits auf die andere Seite von Phillipe gesellt, da wo der Chevalier ihm nicht im Weg war und fühlte seinen Puls. Da der König nicht alles von Anfang an mitbekommen hatte, erzählte der Chevalier die ganze Geschichte. Claudine hörte aufmerksam zu, doch nach und nach verdunkelte sich ihr Blick.
„Sie sage das hat angefangen nachdem er das Wasser getrunken hatte?“-hakte die Ärztin nach.
Der Chevalier bestätigte mit einem Kopfnicken.
„Gut.“-sagte Claudine und wandte sich dann an Fabien-„Sie haben das Wasser in die Zelle gestellt da es offenbar eigentlich für den Chevalier gedacht war, nicht? Ist Ihnen an dem Wasser irgendwas aufgefallen?“
Fabien antwortete nicht sofort. Der König und er wechselten erneut einen vielsagenden Blick bis Louis schließlich anfing alles zu erklären.
„Das Wasser war vergiftet. Womit weiß ich nicht. Ich habe Bontemps damit beauftragt ein langsam wirkendes Gift zu beschaffen das am Ende tödlich ist. Inzwischen hoffe ich das er meinem Befehl keine Folge geleistet hat. Eigentlich war das Gift für den Chevalier bestimmt gewesen.“
Mehr sagte er dazu nicht. Entgeistert hatte der Chevalier aufgeblickt als Louis seine Geschichte erzählt hatte.
„Ihr wolltet mich vergiften?“-fragte er zwischen zusammengebissenen Zähnen.
„So wars.“-bestätigte Louis-„Und Ich hätte es nicht bereut, wenn es nicht schiefgegangen wäre.“
„Ihr könnt nicht einfach…“-fing Chevalier zornig an und wollte von dem Bett aufspringen doch eine Hand die sich an seinen Mantel krallte hielt ihn zurück.
„Mach ihn nicht noch wütender.“-riet Phillipe.
Ausnahmsweise setzte sich der Chevalier ohne Widerworte wieder zu Phillipe.
„Sie sagten Bontemps hätte das Gift beschafft?“-fragte Claudine nochmal nach.
„So ist es, wieso?“-sagte Louis und sah zu der Ärztin hinüber deren Hand auf Phillipe’s Stirn ruhte.
„Dann weiß er vielleicht was darin gewesen war.“-überlegte sie laut.
Louis nickte und winkte eine der Lakaien heran, die an der Tür standen.
„Schickt nach Bontemps.“-befahl er. Die Wache verbeugte sich und verließ den Raum.
„Können Sie noch etwas für ihn tun.“-fragte der König Claudine und warf seinem Bruder einen unsicheren Blick zu.
„Mit Nichten mein König. Wenn ich nicht weiß was es ist könnte es sein das der kleinste Fehler in umbringt.“-erklärte Claudine.
„Wenn es nicht längst schon soweit ist.“-zischte der Chevalier. Niemand beachtete ihn.
„Würdet ihr uns nun bitte alleine lassen bis Bontemps eingetroffen ist?“-fragte König Louis in die Runde. Marchal und Claudine entfernten sich respektvoll und verließen das Zimmer. Nach einigem Zögern verließ auch Phillipe’s Gemahlin den Raum. Nur der Chevalier hatte sich keinen Zentimeter bewegt.
„Das war ein Befehl.“-fauchte der König, doch auch das half nichts. Erst als Phillipe dem Chevalier bedeutete sich zu ihm hinunterzubeugen und sie ein paar Worte ausgetauscht hatten, schien Chevalier endlich dazu bereit sich von seinem Geliebten zu trennen.
„Danke.“-sagte Louis als der Chevalier an ihm vorbei ging. Als die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war näherte Louis sich vorsichtig seinem Bruder und setzte sich neben ihm aufs Bett. Phillipe musterte seinen Bruder nur. Ein paar Sekunden verstrichen bis Louis schließlich die Stille durchbrach: „Und?“
„Was, und?“-zischte Phillipe der nicht ganz verstanden hatte.
„Wie gehts so?“-verbesserte sich Louis.
„Was ist das für eine bescheuerte Frage. Ich bin vergiftet, so wie es aussieht. Und eigentlich habt ihr es auf meinen Geliebten abgesehen. Du wolltest das er daran leidet, und ich hätte mit ihm gelitten. Was bist du nur für ein schlechter Bruder.“
Resigniert zog Phillipe die Bettdecke höher und schlang die Arme um den Bauch.
„Ich habe in dem Moment nicht als dein Bruder gehandelt sondern als König. Frankreich braucht keine Verräter.“-erklärte Louis.
„Das heißt du willst ihn immer noch umbringen?“-fragte Phillipe zornig und sah seinem Bruder in die Augen.
„Es ist meine Pflicht.“-sagte dieser ausweichend.
„Verschone ihn, zum Wohle Frankreichs!“-rief Phillipe aus.
„Was würde es Frankreich bringen wenn ich einen Verräter verschone?“zischte der König.
„Frankreich wird es mit mir zutun kriegen! Wenn ich wieder genesen bin. Du weißt wie viele mir seit dem Krieg Folge leisten.“-fauchte Phillipe, inzwischen heiser.
„Ach Ja? Aber ich bin immer noch König!!!“-brüllte sein Bruder.
„Dann bist du ein schlechter König.“-stellte Phillipe fest und drehte sich zur Seite. Er übergab sich über der Bettkante und ein Schwall Blut lief zu Boden.
„Bruder.“-rief Louis besorgt und strich ihm über den Rücken.
„Ich möchte nicht sterben, Bruder. Und sollte ich Sterben so möchte ich nicht das das letzte das wir getan haben, streiten war. Es tut mir leid.“-stieß Phillipe bedauernd hervor.
„Schon okay.“-sagte Louis und nahm seinen Bruder in den Arm. Dieser krallte sich verzweifelt in die Ärmel seines Mantels. Der König drückte seine Stirn in Phillipe’s Haare.
„Majestät, Bontemps ist hier.“-kündigte Marchal an der in der Tür stand.
„Ich empfange ihn.“-erwiderte Louis der den Kopf inzwischen gehoben hatte, sich aber nicht aus der Umarmung löste. Schnellen Schrittes betrat Bontemps den Raum und durchquerte ihn bis er vor dem König zum Halt kam.
„Was hat Monsieur?“-fragte er angespannt-„Mir wurde nicht der Grund erläutert warum ich kommen sollte.“
„Sagen Sie mir einfach nur ob Sie meinem Befehl gefolgt sind.“-befahl Louis und sah in berechnend an. An der verwirrten Mine seines Kammerdieners konnte er bereits sehen das dieser keine Ahnung hatte wovon er da sprach. Also wurde er genauer.
„Haben Sie das Gift beschafft das ich von Ihnen verlangt hatte?“-fragte er.
„Aber Ja, habe ich es Ihnen nicht ausgehändigt?“-verunsichert sah Bontemps zu Louis auf.
„Doch haben Sie, aber beschreiben Sie mir genauestens die Wirkung.“-zischte der König und winkte Claudine hinzu damit sie zuhören konnte.
Und Bontemps fing an zu erklären: „Von mir verlangt haben Sie, wie Sie sicher wissen, ein langsam wirkendes Gift. Ich habe es aus einem kleinen Dorf in der Nähe. Die Gestalt die es mir gegeben hat sagte ich solle auf die Dosierung achten. Denn die Menge macht das Gift. Aber das habe ich Ihnen ja auch gesagt. Weshalb Sie doch auch sicher nicht die komplette Phiole geleert haben oder? Weil wenn ja wird es für ihn kaum noch Hoffnung geben.“
Bontemps deutete auf den blassen Phillipe in den Armen des Königs. Es sieht so aus als habe der Kammerdiener die Situation mit der Zeit verstanden.
„Was sagen Sie dazu, Claudine?“-fragte der König verzweifelt.
„Ich kann Bontemps nur Recht geben. Je mehr Phillipe getrunken hatte desto wahrscheinlicher und qualvoller wird sein Tod.“
Angsterfüllt blickte Phillipe zu den anderen drei auf. Er hatte inzwischen angefangen schrecklich zu zittern. Vorsichtig legte Louis seinen Bruder zurück aufs Bett und deckte ihn zu.
„Macht den Kamin an.“-befahl Louis Bontemps welcher sich sofort an die Arbeit machte.
Doch auch nachdem der Kamin entzündet war schien Phillipe nicht wärmer zu werden.
„Holt Chevalier.“-befahl der König wiederwillig und winkte den Blondhaarigen herein. Dieser brauchte nicht lange um die Situation zu erfassen und legte sich zu seinem Geliebten.
„Du musst nicht frieren, Mignonette.“-flüsterte der Chevalier und strich zärtlich über Phillipe‘s Wange. Phillipe gab keine Reaktion von sich.
„Was machen wir nun?“-rief Louis verzweifelt und dachte zurück daran als Phillipe und er noch Kinder gewesen waren. Damals waren sie im Wald gewesen. Allein, da er nicht allzu weit von Versailles entfernt gewesen war. Sie waren zusammen durch das Unterholz gestapft. Phillipe hatte sich am Abend zuvor erkältet, doch es war nicht so schlimm gewesen und ihre Eltern hatten nichts gemerkt. Ansonsten hätte er das Schloss nicht verlassen dürfen. Sein Bruder hatte manchmal gehustet und so war eine alte Dame auf sie aufmerksam geworden. Louis erinnerte sich nicht mehr genau an das was sie gesagt hatte aber sie hatte ihm einen kleinen Stein in die Hand gegeben. Grau und Braun war er. Und er glaubte sie hatte gesagt: „Hier mein Kleiner. Das ist ein Bezoar. Er kann einen von fast allen Giften und Krankheiten heilen.“ Sie hatte in die Richtung seines Bruders gezwinkert und hatte sie dann alleine gelassen. Er wusste noch das er den Bezoar in den Nachtschrank neben seinem Bett gelegt hatte. Seit mehreren Jahren hatte er da aber nicht mehr hinein geguckt. War er da vielleicht etwa noch? Gab es vielleicht noch Hoffnung für seinen Bruder?
-Chevalier de Lorraine-
Der König stand wie in Gedanken verloren da. Doch was störte ihn das. Sein Geliebter war krank. Vergiftet. Von dem König. Seinem eigenen Bruder. Oder war vielleicht auch er selbst daran Schuld. Wenn er das Wasser getrunken hätte, wäre er jetzt an seiner Stelle.
„Ich möchte nicht das du leidest.“-flüsterte Phillipe traurig als dem Chevalier eine Träne aus dem Augenwinkel tropfte, direkt in Phillipe‘s Haare.
„Ich kann nun einmal nicht anders.“-sagte Chevalier.
Plötzlich bewegte sich der König. Er sah sich um.
„Stimmt es das ein Bezoar ihm helfen könnte?“-fragte der König plötzlich. Claudine sah in verwirrt an: „Ich weiß nicht wie Sie darauf kommen, aber ich schätze ja, das könnte er. Aber ein Bezoar ist sehr selten. Ich habe in meinem ganzen Leben erst einmal einen gesehen.“
Die Mine des Königs hellte sich auf.
„Dann ist heute Ihr Glückstag und Sie können zu zweiten Mal einen zu Gesicht bekommen.“-jetzt war Claudine noch verwirrter-„Du, bleib hier und pass auf meinen Bruder auf!“-rief der König als er mit Bontemps im Schlepptau das Zimmer schnellen Schrittes verließ.
„Sie wissen nicht was er vor hat?“-fragte Claudine den Chevalier.
„Keine Ahnung.“
Der Chevalier zuckte mit den Schultern.
„Aber wenn er eine Idee hat ihn zu retten, dann lasst ihn nur.“-sagte er.
Claudine nickte während sie anfing einen Lappen mit Wasser zu befeuchten das aus einer Wasserflasche kam die sie dabei hatte.
„Leg das auf seine Stirn.“-sagte sie und gab dem Chevalier den Lappen. Dieser platzierte ihn so auf Phillipe‘s Stirn das er nicht hinunter rutschen konnte. Sie konnten nur abwarten. Phillipe’s Zustand schien sich jede Minute zu verschlechtern. Inzwischen hatte er Fieber bekommen und war nur noch halb bei Bewusstsein. Hin und wieder fing er an sich vor Schmerzen zu krümmen. Dann konnte der Chevalier ihm nur gut zureden. Er fragte sich wann der König zurück sei. Wenn er tatsächlich etwas hatte was seinen Geliebten retten konnte sollte er sich beeilen. Zögerlich hob Phillipe einen Arm und zog ihn zu sich hinunter.
„Versprich mir jetzt bloß nicht in meinen Armen zu sterben.“-flüsterte der Chevalier.
„Ich kann garnichts versprechen.“-keuchte Phillipe, nach einem erneuten Hustenanfall-„Aber falls ich doch sterben sollte… Bleib bei mir, Ja?“
„Aber natürlich.“
„Wo ist mein Bruder?“-fragte Phillipe angestrengt.
„Er hat etwas das dich retten könnte, er ist es…“
Doch er wurde erneut durch einen erneuten Anfall Phillipe‘s unterbrochen. Er fing an sich auf der rechten Seite zu krümmen. Tränen vor Schmerz stiegen ihm in die Augen und schnappte panisch nach Luft. Der Chevalier konnte nicht anders als versteinert neben ihm zu stehen. Nur Claudine kramte angestrengt in einer Truhe die sie mitgebracht hatte und holte schließlich ein kleines Fläschchen heraus.
„Das lindert die Schmerzen.“-erklärte sie während sie den Inhalt in Phillipe’s Mund kippte und ihn zwang zu schlucken. Beinahe auf Befehl wurde der Herzog wieder ruhig und sah erschöpft zu den beiden hoch.
„Alles wieder gut?“-fragte der Chevalier besorgt.
Phillipe antwortete nicht. Er war viel zu erschöpft um auch nur ein Wort zu sagen. Stattdessen grinste er schwach bis er in einen unruhigen Dämmerschlaf fiel.
Plötzlich wurde die Tür erneut aufgestoßen und der König, sowie Bontemps waren wieder da. Louis ging vorne weg und Bontemps hinter ihm hielt ein kleines Etwas in der Hand. Grau und Braun war es. War das etwa der Bezoar von dem alle geredet hatten? Claudine kam ihnen entgegengerannt.
„Das ist unmöglich.“-rief sie erstaunt als sie den kleinen Stein in der Hand wog.
„Nichts ist unmöglich, was machen sie jetzt damit?“
„Ich selbst habe noch nie jemandem einen Bezoar gegeben… Aber ich habe mal eine ältere Frau sowas praktizieren sehen. Ich denke ihr werter Bruder muss den schlucken.“-überlegte Claudine.
„Tun Sie was nötig ist.“-rief der König.
„Aber ich kann nichts versprechen.“-erwiderte die junge Ärztin.
„Dem bin ich mir durchaus bewusst.“-sagte der König während Claudine zu dem schlafenden Phillipe hinüber ging und sich neben ihn setzte. Dann öffnete sie leicht seinen Mund. Nachdem er zur Überraschung aller den Bezoar geschluckt hatte, wurde seine Atmung wieder gleichmäßig und er öffnete die Augen.
„Mignonette?“-fragte der Chevalier.
Phillipe stöhnte nur und sah seinen Geliebten liebevoll an.
„Ich glaube Monsieur braucht jetzt erstmal viel Ruhe. Am Besten wir verlassen jetzt das Zimmer.“-riet Claudine. Alle nickten zustimmend, außer Chevalier.
„Ich bleibe hier.“-sagte er bestimmt. Phillipe lächelte. Er schien damit einverstanden.
-Louis XIV-
Sein Bruder schien den Chevalier wirklich zu lieben. Auch obwohl er Hochverrat an ihm, dem König, begangen hat war er ohne Zweifel der den sein Bruder jetzt brauchte. Es durfte auf keinen Fall so weit kommen das Phillipe in Trauer um ihn versinkt, jetzt wo er gerade wieder auf dem Weg der Besserung ist. Er sollte den Chevalier verschonen, doch sollte er ihn nochmal verraten wären die Konsequenzen undenkbar.