Geocachen mit Hund
von lebensstuecke
Kurzbeschreibung
Corona-konforme Hobbys finden ist schwer. (Weiterhin in Ermangelung einer "Fest & Flauschig"-Kategorie hier unter NMR eingeordnet.)
OneshotHumor, Freundschaft / P18 / MaleSlash
15.07.2021
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„Pack die Badehose ein, nimm dein kleines Schwesterlein, und dann nichts wie auf nach Palma!“, intoniert Jan gespielt überschwänglich am Ende der Aufnahme. Trotz der irgendwie gedrückten Stimmung lacht Olli heiser darüber – immer ein gutes Zeichen, auch wenn Olli über alles lacht, was Jan sagt, auch, wenn er es gar nicht richtig einordnen kann, weil es vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen von schräg links kommt und ihn in Zugzwang bringt.
„Ich will wieder ans Mittelmeer“, schmettert Olli zurück ins Mikro, vage (sehr vage) anklingend an gewisse Lieder über gewisse deutsche Nordseeinseln. „Ich will zurück nach Palma!“
Einundzwanzig, zweiundzwanzig.
„Super Metrum, auf jeden Fall“, schiebt Olli hinterher, so verlässlich, dass Jan genau gewusst hat, dass es noch kommen muss.
Sie schweigen sich eine Zeit lang an, schließlich haben sie gerade lange genug miteinander geredet, irgendwie melancholisch, irgendwie auch nicht in Stimmung. Aber wer ist schon in Stimmung für irgendwas in diesen Tagen.
„Ach, Janni“, seufzt Olli schließlich, ungewohnt weit weg vom Mikro, an das er normalerweise so nah herangeht, als wäre das hier noch eine Radiosendung und man würde ihn sonst nicht verstehen, oder als würde er absichtlich so klingen wollen, als säße er direkt hier neben Jan; sehr, sehr nah neben Jan, und würde ihm absichtlich eine Gänsehaut verursachen wollen.
„Ach, Olli“, antwortet Jan, weil es auch irgendwie keine andere Antwort darauf gibt. „Was ist los?“
„Scheiße ist los.“ Ollis Tonfall lässt schon wieder eine halbherzige Tirade vermuten, von denen es heute schon mehrere gegeben hat, aber ist auch irgendwo logisch.
„Weiß ich doch“, entgegnet Jan in einem Tonfall, von dem er hofft, dass er beschwichtigend wirkt. Olli ignoriert ihn; auch nichts Neues.
„Ich hab so Lager—hier Dings, sag schnell—Lagerkoller, ich kann’s dir gar nicht sagen. Geh jeden Tag mit Juri dieselbe Strecke, da sind dieselben zehn Leute, oder meinetwegen fünfzehn, oder vielleicht auch dreißig, weiß ich nicht, dieselben Leute auf jeden Fall. Juri guckt auch schon ganz gelangweilt bei jeder Tour.“
„Glaubst du, er denkt, dass du ihn verarschst, weil du jeden Tag dieselbe Strecke gehst? Er weiß doch bestimmt gar nicht, was da passiert.“ Es fällt Jan schwer, ein gesteigertes Interesse an Ollis Haustiergeschichten aufzubringen, aber Olli wirkt schwermütig und das zieht sie beide immer runter. Auch verlässlich. „Ey, da sollte mal jemand einen Ratgeber drüber schreiben.“
„‘Wie verkaufe ich meinem Hund dieselbe Strecke immer wieder neu‘?“ Da ist ein belustigter Unterton in Olli Stimme – sehr gut.
Jan setzt sich auf, geht extra nah ans Mikrofon. „Genau. Das ist wie mit Kindern, ganz bestimmt. Irgendwas musst du ihm auf der Strecke bieten, eine Eisdiele oder so.“
Olli macht ein Geräusch, das mit viel gutem Willen als Belustigung gelten könnte. „Was du meinst ist Bestechung, außerdem ist nicht nur Pandemie, sondern auch Winter.“
„Ja, auch wieder wahr.“ Jan grübelt einen Moment lang. Was gibt es denn für Unternehmungen mit Hunden, wenn nicht Ausflüge dieser Tage geschlossenen Berliner Hundeeisdielen? „Geh mit ihm geocachen. Gibt’s sowas nicht für Hunde? Googel‘ ich direkt mal.“
Er öffnet den Browser, tippt fleißig in Google; irgendwie interessiert es ihn plötzlich schon. Das wäre auch ein ganz guter Konversationseinstieg (ha ha, für in vier Jahren, wenn Konversationseinstiege wieder nötig sind). ‚Hey, wusstest du, dass man mit seinem Hund geocachen gehen kann? Es gibt doch die verrücktesten Dinge.‘
„Ey, hier“, unterbricht er Olli, der währenddessen weitergeredet hat. Jan hat ihm nicht zugehört – es basiert eben doch auch ein wenig auf Gegenseitigkeit. „Geodogging heißt die ganze Sache!“ Mit unverhältnismäßiger Ernsthaftigkeit liest er vor, was da schwarz auf psychedelisch orange auf einer eher antiken Webseite steht, von deren Header-Foto ihm ein geradezu unheimlich anmutendes Hundeauge entgegenblickte: „‚Das Geodogging ist aus dem immer beliebter werdenden Geocaching entstanden.‘ Blablabla. ‚Erreicht man beim Geodogging den 10 Meter-Radius des Versteckes, darf nun der Hund seine Nase einsetzen und den Schatz erschnuppern. Dieser besteht meistens aus einer Dose, die mit einem bestimmten Duftstoff präpariert wurde.‘ Das kannst du Juri bestimmt beibringen, es gibt hier sogar Kurse, kosten 80 Euro.“ Er pfiff einmal kurz durch die Zähne; steiles Geschäftsmodell. „Kannste bestimmt auch selbst machen.“
„Wie heißt das?“
„Geodogging. Geo, weißte, wie caching. Dogging wie—“
„Geocaching, Doggy Style hab‘ ich mir irgendwie anders vorgestellt. Krass, dass man da Unterricht nehmen kann.“
Jan sieht Olli nicht grinsen, hört es aber.
„Hier ist dein Corona-konformes Outdoor-Hobby.“ Jan geht ganz nah mit dem Mund ans Mikro, ahmt Werbeslogans nach: „Doggy Style mit Olli Schulz.“
Olli lacht, sagt dann, ganz, ganz nah am Mikrofon, so nah, dass es Jan schon wieder fast eine Gänsehaus verursacht: „Interesse? Wähle 666-666. Diskrete Treffen in Grunewald.“
Jan hat plötzlich das dringende Bedürfnis, sich die Hände an den Hosenbeinen abzuwischen, dabei sind sie gar nicht feucht, dabei ist eigentlich alles in Ordnung. Ist doch eh nur der gleiche Effekt wie bei diesem ASMR-Gedöns, das die Leute so abgefeiert haben, mit Stimmen so nah am Mikro, dass es fast intim wirkt, Kribbeln verursacht, sich einfach verdammt gut anfühlt. Dabei rügen die Leute sie immer noch dafür, dass sie manchmal zu nah am Mikro essen, trinken, sonstwas. Sollen sie doch froh sein, dass Olli nicht mehr am laufenden Band einen halben Zentimeter vom Mikrofon entfernt raucht.
(Jan kann derweil nicht zweifelsfrei einschätzen, wie froh genau er darüber ist, dass Olli dieses Laster mit erstaunlich anhaltendem Erfolg losgeworden ist. Gesundheitlich sicherlich herausragend.)
Er rappelt sich wieder auf, gedanklich, und widmet seine Aufmerksamkeit Ollis aufblühenden Geodogging-Hobby-Plänen. Geodogging. Voll bescheuert.
„Machst du das dann eigentlich in dem Garten von deinem prächtigen Anwesen in Berlin?“, unterbricht er, was auch immer Olli gerade erzählt.
„Ja klar.“ Olli klingt, als würde er wieder ganz weit weg sitzen, als hätte er sich mindestens zurückgelehnt, als wäre er vielleicht sogar mit dem Stuhl weggerückt. Dass Olli mühelos wieder ins Thema eingestiegen ist, spricht auch dafür, dass Jan, gedankenverloren über feuchte Hände und Kribbeln auf der Kopfhaut nachdenkend, keinen Themenwechsel in ihrem Gespräch verpasst hat. „Wo wärs denn diskreter als in meinem eigenen Privatpark?“
„Diskreter für die Leute, klar.“ Jan beschleicht das seltsame Gefühl, als würden sie schon wieder anfangen, dieses Gespräch zu ernst zu nehmen. „Aber nicht diskreter für dich; ist ja dein Park.“
„Stimmt auch wieder.“
Olli ist immer noch viel zu weit weg. In jeglicher Hinsicht. Scheiß Corona, scheiß Geocaching mit oder ohne Hunde, scheiß alles. Es ist ja kindisch, weil es niemandem besser geht, aber Jan würde einiges dafür geben, jetzt nach Palma fliegen zu können. Oder auch nur an den Wannsee zu fahren, mit Olli am besten, Juri darf auch mit, Geocaching wär auch okay, oder Geodogging, oder was auch immer.
„Ach, Janni“, seufzt Olli nochmal; offenbar ist der Themenkomplex unlauterer Sexstellungen gegen Geld in Ollis nicht vorhandenem Privatpark damit tatsächlich vollends erschöpft.
Hilft ja nix.
„Ich würds ausprobieren mit dir“, sagt Jan, weiß selbst nicht genau, was er meint, nur, dass es wahr ist.
„Doggy Style, oder was?“ Olli witzelt, mäßig träge, und Jan kann ganz genau hören, dass sein Herz nicht richtig bei der Sache ist.
Er wischt schließlich doch die Hände an den Hosenbeinen ab; hilft ja nix, nach wie vor.
„Auch“, antwortet er in der Hoffnung, dass Olli nicht weiter nachfragt.
Olli brummt nur unverständlich zur Antwort, plötzlich wieder ganz nah am Mikro.
Und ebenso plötzlich ist irgendwie doch alles zu viel.
„Sag besser nichts.“ Jan wünscht sich, er würde bestimmter klingen, weniger verzweifelt vielleicht, mehr wie ein ausgeglichener Mensch, der Geodogging am Wannsee (oder auf Palma) macht mit einem Golden Retriever oder einem Deutschen Schäferhund oder einem verdammten Zwergspitz, und nicht wie jemand, der ein angenehm-unangenehmes Kribbeln auf der Kopfhaut bekommt, wenn jemand (‚jemand‘) zu nah am Mikrofon sitzt und die gleichen blöden Bumswitze macht wie seit fast zehn Jahren.
Ollis Stimme ist leise, ganz leise, fast wie echtes ASMR-Feeling, als er sagt: „Würds auch ausprobieren mit dir.“
Oh Gott. Jan stößt (absichtlich?) gegen sein eigenes Mikrofon, verursacht damit ein verzerrtes Geräusch. Reicht jetzt. Feierabend.
„Ich will wieder ans Mittelmeer“, schmettert Olli zurück ins Mikro, vage (sehr vage) anklingend an gewisse Lieder über gewisse deutsche Nordseeinseln. „Ich will zurück nach Palma!“
Einundzwanzig, zweiundzwanzig.
„Super Metrum, auf jeden Fall“, schiebt Olli hinterher, so verlässlich, dass Jan genau gewusst hat, dass es noch kommen muss.
Sie schweigen sich eine Zeit lang an, schließlich haben sie gerade lange genug miteinander geredet, irgendwie melancholisch, irgendwie auch nicht in Stimmung. Aber wer ist schon in Stimmung für irgendwas in diesen Tagen.
„Ach, Janni“, seufzt Olli schließlich, ungewohnt weit weg vom Mikro, an das er normalerweise so nah herangeht, als wäre das hier noch eine Radiosendung und man würde ihn sonst nicht verstehen, oder als würde er absichtlich so klingen wollen, als säße er direkt hier neben Jan; sehr, sehr nah neben Jan, und würde ihm absichtlich eine Gänsehaut verursachen wollen.
„Ach, Olli“, antwortet Jan, weil es auch irgendwie keine andere Antwort darauf gibt. „Was ist los?“
„Scheiße ist los.“ Ollis Tonfall lässt schon wieder eine halbherzige Tirade vermuten, von denen es heute schon mehrere gegeben hat, aber ist auch irgendwo logisch.
„Weiß ich doch“, entgegnet Jan in einem Tonfall, von dem er hofft, dass er beschwichtigend wirkt. Olli ignoriert ihn; auch nichts Neues.
„Ich hab so Lager—hier Dings, sag schnell—Lagerkoller, ich kann’s dir gar nicht sagen. Geh jeden Tag mit Juri dieselbe Strecke, da sind dieselben zehn Leute, oder meinetwegen fünfzehn, oder vielleicht auch dreißig, weiß ich nicht, dieselben Leute auf jeden Fall. Juri guckt auch schon ganz gelangweilt bei jeder Tour.“
„Glaubst du, er denkt, dass du ihn verarschst, weil du jeden Tag dieselbe Strecke gehst? Er weiß doch bestimmt gar nicht, was da passiert.“ Es fällt Jan schwer, ein gesteigertes Interesse an Ollis Haustiergeschichten aufzubringen, aber Olli wirkt schwermütig und das zieht sie beide immer runter. Auch verlässlich. „Ey, da sollte mal jemand einen Ratgeber drüber schreiben.“
„‘Wie verkaufe ich meinem Hund dieselbe Strecke immer wieder neu‘?“ Da ist ein belustigter Unterton in Olli Stimme – sehr gut.
Jan setzt sich auf, geht extra nah ans Mikrofon. „Genau. Das ist wie mit Kindern, ganz bestimmt. Irgendwas musst du ihm auf der Strecke bieten, eine Eisdiele oder so.“
Olli macht ein Geräusch, das mit viel gutem Willen als Belustigung gelten könnte. „Was du meinst ist Bestechung, außerdem ist nicht nur Pandemie, sondern auch Winter.“
„Ja, auch wieder wahr.“ Jan grübelt einen Moment lang. Was gibt es denn für Unternehmungen mit Hunden, wenn nicht Ausflüge dieser Tage geschlossenen Berliner Hundeeisdielen? „Geh mit ihm geocachen. Gibt’s sowas nicht für Hunde? Googel‘ ich direkt mal.“
Er öffnet den Browser, tippt fleißig in Google; irgendwie interessiert es ihn plötzlich schon. Das wäre auch ein ganz guter Konversationseinstieg (ha ha, für in vier Jahren, wenn Konversationseinstiege wieder nötig sind). ‚Hey, wusstest du, dass man mit seinem Hund geocachen gehen kann? Es gibt doch die verrücktesten Dinge.‘
„Ey, hier“, unterbricht er Olli, der währenddessen weitergeredet hat. Jan hat ihm nicht zugehört – es basiert eben doch auch ein wenig auf Gegenseitigkeit. „Geodogging heißt die ganze Sache!“ Mit unverhältnismäßiger Ernsthaftigkeit liest er vor, was da schwarz auf psychedelisch orange auf einer eher antiken Webseite steht, von deren Header-Foto ihm ein geradezu unheimlich anmutendes Hundeauge entgegenblickte: „‚Das Geodogging ist aus dem immer beliebter werdenden Geocaching entstanden.‘ Blablabla. ‚Erreicht man beim Geodogging den 10 Meter-Radius des Versteckes, darf nun der Hund seine Nase einsetzen und den Schatz erschnuppern. Dieser besteht meistens aus einer Dose, die mit einem bestimmten Duftstoff präpariert wurde.‘ Das kannst du Juri bestimmt beibringen, es gibt hier sogar Kurse, kosten 80 Euro.“ Er pfiff einmal kurz durch die Zähne; steiles Geschäftsmodell. „Kannste bestimmt auch selbst machen.“
„Wie heißt das?“
„Geodogging. Geo, weißte, wie caching. Dogging wie—“
„Geocaching, Doggy Style hab‘ ich mir irgendwie anders vorgestellt. Krass, dass man da Unterricht nehmen kann.“
Jan sieht Olli nicht grinsen, hört es aber.
„Hier ist dein Corona-konformes Outdoor-Hobby.“ Jan geht ganz nah mit dem Mund ans Mikro, ahmt Werbeslogans nach: „Doggy Style mit Olli Schulz.“
Olli lacht, sagt dann, ganz, ganz nah am Mikrofon, so nah, dass es Jan schon wieder fast eine Gänsehaus verursacht: „Interesse? Wähle 666-666. Diskrete Treffen in Grunewald.“
Jan hat plötzlich das dringende Bedürfnis, sich die Hände an den Hosenbeinen abzuwischen, dabei sind sie gar nicht feucht, dabei ist eigentlich alles in Ordnung. Ist doch eh nur der gleiche Effekt wie bei diesem ASMR-Gedöns, das die Leute so abgefeiert haben, mit Stimmen so nah am Mikro, dass es fast intim wirkt, Kribbeln verursacht, sich einfach verdammt gut anfühlt. Dabei rügen die Leute sie immer noch dafür, dass sie manchmal zu nah am Mikro essen, trinken, sonstwas. Sollen sie doch froh sein, dass Olli nicht mehr am laufenden Band einen halben Zentimeter vom Mikrofon entfernt raucht.
(Jan kann derweil nicht zweifelsfrei einschätzen, wie froh genau er darüber ist, dass Olli dieses Laster mit erstaunlich anhaltendem Erfolg losgeworden ist. Gesundheitlich sicherlich herausragend.)
Er rappelt sich wieder auf, gedanklich, und widmet seine Aufmerksamkeit Ollis aufblühenden Geodogging-Hobby-Plänen. Geodogging. Voll bescheuert.
„Machst du das dann eigentlich in dem Garten von deinem prächtigen Anwesen in Berlin?“, unterbricht er, was auch immer Olli gerade erzählt.
„Ja klar.“ Olli klingt, als würde er wieder ganz weit weg sitzen, als hätte er sich mindestens zurückgelehnt, als wäre er vielleicht sogar mit dem Stuhl weggerückt. Dass Olli mühelos wieder ins Thema eingestiegen ist, spricht auch dafür, dass Jan, gedankenverloren über feuchte Hände und Kribbeln auf der Kopfhaut nachdenkend, keinen Themenwechsel in ihrem Gespräch verpasst hat. „Wo wärs denn diskreter als in meinem eigenen Privatpark?“
„Diskreter für die Leute, klar.“ Jan beschleicht das seltsame Gefühl, als würden sie schon wieder anfangen, dieses Gespräch zu ernst zu nehmen. „Aber nicht diskreter für dich; ist ja dein Park.“
„Stimmt auch wieder.“
Olli ist immer noch viel zu weit weg. In jeglicher Hinsicht. Scheiß Corona, scheiß Geocaching mit oder ohne Hunde, scheiß alles. Es ist ja kindisch, weil es niemandem besser geht, aber Jan würde einiges dafür geben, jetzt nach Palma fliegen zu können. Oder auch nur an den Wannsee zu fahren, mit Olli am besten, Juri darf auch mit, Geocaching wär auch okay, oder Geodogging, oder was auch immer.
„Ach, Janni“, seufzt Olli nochmal; offenbar ist der Themenkomplex unlauterer Sexstellungen gegen Geld in Ollis nicht vorhandenem Privatpark damit tatsächlich vollends erschöpft.
Hilft ja nix.
„Ich würds ausprobieren mit dir“, sagt Jan, weiß selbst nicht genau, was er meint, nur, dass es wahr ist.
„Doggy Style, oder was?“ Olli witzelt, mäßig träge, und Jan kann ganz genau hören, dass sein Herz nicht richtig bei der Sache ist.
Er wischt schließlich doch die Hände an den Hosenbeinen ab; hilft ja nix, nach wie vor.
„Auch“, antwortet er in der Hoffnung, dass Olli nicht weiter nachfragt.
Olli brummt nur unverständlich zur Antwort, plötzlich wieder ganz nah am Mikro.
Und ebenso plötzlich ist irgendwie doch alles zu viel.
„Sag besser nichts.“ Jan wünscht sich, er würde bestimmter klingen, weniger verzweifelt vielleicht, mehr wie ein ausgeglichener Mensch, der Geodogging am Wannsee (oder auf Palma) macht mit einem Golden Retriever oder einem Deutschen Schäferhund oder einem verdammten Zwergspitz, und nicht wie jemand, der ein angenehm-unangenehmes Kribbeln auf der Kopfhaut bekommt, wenn jemand (‚jemand‘) zu nah am Mikrofon sitzt und die gleichen blöden Bumswitze macht wie seit fast zehn Jahren.
Ollis Stimme ist leise, ganz leise, fast wie echtes ASMR-Feeling, als er sagt: „Würds auch ausprobieren mit dir.“
Oh Gott. Jan stößt (absichtlich?) gegen sein eigenes Mikrofon, verursacht damit ein verzerrtes Geräusch. Reicht jetzt. Feierabend.