Yuus unglaubliche Abenteuer
von YuuSaigon
Kurzbeschreibung
In einer anderen Dimension, auf einem weit entfernten Planeten lebt eine junge Frau, Yuuko Haru. Als sie einer mysteriösen Organisation beitritt, ändert sich ihr Leben schlagartig. Sinken oder Schwimmen? Wird sie es schaffen, ihrem Schicksal zu entgehen, oder holt es sie ein? -in coop. mit meinem Beta Sandreiter.
GeschichteDrama, Fantasy / P18 / Gen
14.07.2021
18.03.2023
43
143.782
2
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15.01.2022
3.130
Wie war das noch? Eichen weichen und Buchen suchen? Mumpitz, als ob es den Blitz interessiert, ob es eine Eiche oder eine Buche ist. Baum ist Baum, aber dieser hier ist schon vor einiger Zeit abgestorben und wird weit von den anderen Bäumen rund herum überragt. Für einen Blitz ist dieser Überrest uninteressant, die höheren Bäume sind da viel interessanter.
Wir sitzen im Kreis im der Baumhöhle. Ich sitze links vom Eingang, zu meiner Linken haben wir Mizu platziert. Rechts vom Eingang sitzt Tetsu und zu seiner Rechten sitzt Kina. Den Dorfältesten haben wir in unsere Mitte genommen und Tora hat es sich auf meinem Schoß gemütlich gemacht und döst vor sich hin.
„Also, um nochmal darauf zurück zu kommen, warum Mizu sich nicht mehr rührt. Mizu befindet sich in einer Art Schockstarre. Er hat gute Ohren, sogar noch bessere als ich und so hört er ein Donnergrollen sehr viel eher als wir. Warum sich sein Gehirn ausgerechnet bei dem Geräusch vom Donner entscheidet, mal eine Runde auf Durchzug zu stellen, weiß ich nicht, aber eines steht fest: Sobald das Gewitter weg ist, ist er wieder ganz der Alte, kann sich aber an die Zeit der Schockstarre nicht erinnern.“
„Ein Trauma?“
„Kina, das ist auch meine Vermutung, aber ich wüsste nicht, wieso. Es scheint aber mit mir zu tun zu haben, denn es ist nur, wenn ich in der Nähe bin. Ist er in der Schule, und ein Gewitter zieht durch, passiert nichts. Unser Vater hat ihn deswegen schon zum Arzt geschickt, aber ohne Ergebnis. Ich bin der Trigger für dieses seltsame verhalten und weiß nicht einmal, warum.“
„Had disch fielleischd ma ä Bliddz orwischd?“
„Guter Gedanke, aber nicht, dass ich mich daran erinnern würde und wenn, dann müsste es schon ziemlich lang her sein und dann kann sich Mizu auch nicht mehr daran erinnern. Ich hatte ihn schon mal danach gefragt.“
Mit einem lauten Krachen schlägt ein Blitz in einen Baum etwa hundert Meter von uns entfernt ein und erleuchtet das Innere unseres Verstecks. Mizu zuck deutlich zusammen.
„Tora, kannst du dich auf Mizu’s Schoß legen?“
Ich krame in meinem Rucksack und ziehe eine Packung Watte hervor. Davon nehme ich ein bisschen und stecke es meinem Bruder in die Ohren, dann ziehe ich meine Weste aus und werfe sie ihm über den Kopf, sodass seine Augen verdeckt sind.
Hoffentlich zieht das Gewitter schnell vorüber. Mizu schwitzt wie ein Tier und ist kreidebleich.
Doch nachdem ich ihm meine Weste drüber geworfen habe, dauert es nicht lange, bis er sich merklich beruhigt hat und zu schnarchen beginnt. Inzwischen gießt es in Strömen.
„Schnarschd der?“
„Ja. Normalerweise schnarcht er nicht, das macht er nur, wenn er extrem gestresst war, bevor er eingeschlafen ist. Aber das ist gut, auch wenn das Gewitter noch nicht vorübergezogen ist, hat er sich zumindest schon so weit beruhigt, dass er eingeschlafen ist. Der Stress macht ihn richtig fertig. Er schläft nach einer solchen Reaktion fast immer ein.“
Da wir ein gutes Stück von unserem eigentlichen Weg abgekommen sind, brauchen wir eine neue Route. Wir sind deutlich weiter im Süden, als wir ursprünglich sein wollten. Wir sind schon fast an der südlichen Grenze. Der Treffpunkt, den wir mit den anderen ausgemacht haben, liegt deutlich weiter im Norden. Da wir aber die feindlichen Truppen nicht auf uns aufmerksam machen wollen, müssen wir unser weiteres Vorgehen gut planen.
Als wir uns für eine machbare und möglichst sichere Route entschieden haben, schweifen wir von den wichtigen Themen ab und unterhalten uns über allen möglichen Unsinn, wie unsere Missetaten als Kinder und ehe ich mich versehe, fange ich an, im Sitzen einzudösen.
Und noch immer regnet es draußen, wie aus Eimern.
Eine Weile, nachdem ich es ganz leise in der Ferne donnern gehört habe, wache ich in einem ausgehölten Baumstumpf sitzend auf. Den störenden Sichtschutz ziehe ich mir vom Kopf und muss feststellen, dass es sich dabei um die Weste meiner Schwester handelt. Ich befreie meine Ohren von der darin steckenden Watte.
„Na, bisde uffewachd?“
„Au, mein Rücken. Was ist passiert? Sekunde, wartet, es gab ein Gewitter?“
„Nu. Du warsd gumbledd weggedrähdn. Da hammor disch hier her gebrachd.“
„Verstehe … also wie üblich. Nichts neues.“
„Yuuko meinte, dass du dich ungewöhnlich schnell beruhigt hast, und dass diese Schockstarre nur passiert, wenn sie dabei ist.“
Ich kratze mir verlegen an der Wange.
„Naja, Kina … Das stimmt schon. Wenn sie nicht dabei ist, passiert es fast nie. Auch wenn ich nicht genau weiß, wieso, aber es fühlt sich jedes mal an, als wäre ich kurz davor, mich an irgendetwas zu erinnern, bekomme die Erinnerung aber einfach nicht zu fassen.“
Eine kühle, feuchte Brise weht herein und meine Schwester, die sich im Schlaf an mich gelehnt hat, beginnt zu zittern. Ich lege ihr vorsichtig ihre Weste wieder um.
„Wenn man euch beide so sieht, glaubt man gar nicht, dass ihr Geschwister seid. Deine Schwester hat mir mal erzählt, dass sie drei Tage jüngere Geschwister hat.“
„Nun … ja, ich bin einer der Vierlinge, die drei Tage nach ihr geboren wurden. Sie sagt zwar nichts, aber sie hat schon sehr lange Zweifel daran, dass wir blutsverwandt sind. Doch für sie macht es leider keinen Unterschied. Wir sind zusammen aufgewachsen und damit sind wir Geschwister. Ob nun blutsverwandt oder nicht, ist ihr egal. Vor dem Gesetz sind und bleiben wir Geschwister.“
Ich seufze tief. Es ist selten, dass ich so offen mit jemandem über meine Probleme reden kann.
„Das glang jedze ganz so, als obs dor liehbor währe, wenn s ni so währe.“
Ich lache verlegen.
Er hat ja recht, meine Schwester ist und bleibt für mich die wichtigste Person in meinem Leben, aber eine Liaison mit der eigenen Schwester … beim besten Willen, das kann ich einfach nicht machen. Ich kann nicht aussprechen, was ich für sie fühle. Wenn das einer raus kriegt, komme ich in den Knast oder werde gleich gelyncht. Nein, nein, nein.
Ich schüttele diese unanständigen Gedanken aus meinem Kopf. Tetsu, Kina und ihr Vater sehen sich gegenseitig an, dann spricht der Dorfvorsteher zu mir.
„Wenn ich das richtig verstanden habe, braucht ihr doch nur einen Beweis, dass ihr beiden keine Blutsverwandten seid. Dann könntet ihr ganz legal zusammen sein, oder sehe ich das falsch?“
„Das mag sein, aber das ändert an der Sichtweise meiner Schwester nichts. Für sie werde ich immer nur ihr hilfloser kleiner Bruder sein.“
Die drei sehen mich mitleidig an.
„Nischd desdo drodds. Wees sies?“
Ich schüttle den Kopf.
„Entschuldige die taktlose Frage, aber, ist sie blind oder einfach nur dumm? Du verhältst dich so offensichtlich, wie kann sie das bisher NICHT mitbekommen haben?“
„Aber Tochter! Ich habe dir nicht beigebracht, so zu sprechen.“
„Nein, ist schon in Ordnung, sie hat ja recht. Meine Schwester ist in dieser Hinsicht … wie soll ich es sagen? ... Begriffsstutzig? Ein Arzt hat bei ihr eine Entwicklungsschwäche festgestellt. Vieles, was das tägliche Miteinander ausmacht, ist für sie ein rotes Tuch. Das fängt schon bei Sprichworten an …“
Ich verdrehe vielsagend die Augen.
„Aua, das tut weh, das merkt man ihr gar nicht an.“
„Ich hasse es, das zu sagen, aber sie ist so intelligent, dass sie ihre Schwäche weitestgehend kompensieren kann. Nicht umsonst ist sie die jüngste Studentin seit beginn der Aufzeichnungen.“
„Ne figgse Gleene, hä? Und du?“
Kalter Schweiß steigt mir auf die Stirn.
„Wenn ich noch eine einzige Prüfung verhaue, fliege ich von der Schule.“
„Autsch. Nein, ihr könnt nicht verwandt sein. Ein Genie hat nie einen Idioten als Bruder.“
„Es ist ja nicht so, dass ich dumm bin … ich lasse mich nur zu leicht ablenken und kriege dann im Unterricht nichts mehr mit.“
„Aber ist es dann wirklich okay, dass du schon so lange der Schule fern bist?“
„Meine Schwester hat den Direktor der Schule kontaktiert und mich vorübergehend freistellen lassen. Sie unterrichtet mich derweil und bei der letzten Kontrolle, die ich online gemacht habe, war ich sogar besser, als je zuvor. Die Anzahl meiner Punkte hat sich glatt verdoppelt. Ich hatte nur ein paar kleine Schusselfehler.“
„Oh, da gonnds‘sch eener mid eehm ma ganz uff dä Baugorin gonnzendriern.“
Wir alle lachen, dann entscheiden wir uns, abwechselnd Wache zu halten und erst am nächsten Morgen weiter zu ziehen, da es immer noch regnet und die Sonne ohnehin bald untergeht.
Zumindest der Uhr an meinem Terminal zufolge.
„Hey, aufwachen, wir wollen weiter.“
„Was? Wie? Wo? Was ist los?“
Ich schrecke auf und setze mich dabei kerzengerade auf.
„Komm schon, du Schlafmütze, die anderen warten draußen schon auf uns.“
„Was? Mizu?“
Mein Gehirn schläft offensichtlich noch.
Als sich der Nebel des Schlafes, der mich so kurz nach dem ungewollten Aufwachen noch umgibt, endlich legt, merke ich, dass mir jemand meine Weste wieder übergeworfen hat.
„Ah, Sekunde … mein Gehirn ist noch nicht aufgestanden.“
Er hält mir eine Trinkflasche und meine Pillendose vor die Nase.
„Ah, danke.“
Ich nehme eine Tablette und schlucke sie mit reichlich Wasser runter.
„Uh, bitter. Wirklich, was würde ich nur ohne dich tun.“
„Deinen Kopf irgendwo vergessen und ihn dann suchen.“
„Nicht hilfreich, Mizu, nicht hilfreich.“
Ich stehe auf und klopfe mir den Staub aus den Sachen.
Mizu wirkt heute irgendwie befreit. So, als hätte ihm jemand eine Tonne Ballast abgenommen. Ich habe ihn schon sehr lange nicht mehr so entspannt und fröhlich gesehen.
„Haben dich die Anderen über unsere geäderte Route informiert?“
„Nein, aber das macht nichts, ich folge dir einfach. Du wirst schon wissen, wo wir lang müssen und selbst wenn du dich verläufst, macht mir das nichts aus, solange ich bei dir sein kann.“
„Na, wenn du meinst, aber kleb mir nicht wieder den ganzen Tag an der Backe.“
Huch? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass mir Mizu damit etwas ganz anderes sagen wollte, aber was?
Ursprünglich wollten wir am Fluss entlang gehen. Da uns das in Anbetracht der Nähe zur südlichen Grenze und den dort stationierten Truppen zu gefährlich war, haben wir entschieden, uns lieber durch den dichten, grenznahen Wald zu kämpfen. Der schützt uns eher vor neugierigen Blicken und ein Hinterhalt ist weniger wahrscheinlich, da sonst keiner so verrückt ist, sich mit Buschwerk zu bekriegen, wenn er ohne Probleme einfach den Fluss entlang laufen kann.
Und so kommen wir einige Tage später und sogar noch vor den Anderen am vereinbarten Treffpunkt an.
Das militärische Lager hat fast die Größe des Dorfes, in dem Kina und die Anderen leben. Die Zelte sind willkürlich aufgestellt worden und als äußere Begrenzung dienen ein paar sauber gespannte Laken. Abgesehen von einem Feld im Norden, ist das Lager von dichtem Buschwerk und Wald umgeben.
„Yuuko! Endlich!“
„Hikari!“
Freudestrahlend kommt ein junger Mann, etwa mein und Mizu’s Alter, auf uns zugelaufen, gerade, als wir das Kriegscamp betreten wollen.
Er ist groß für sein Alter, misst fast zwei Meter und hat kurze, struppige und auffallend weiße Haare und blassgraue Augen.
„Hikari, darf ich vorstellen, meinen Bruder kennst du ja und das sind Kina, ihr Vater und Tetsu. Darf ich euch vorstellen? Das hier ist Hikari, mein ehemaliger Klassenkamerad und mein Trainingspartner im Schwertkampfkurs für ein und zwei Schwertträger und außerdem mein Informant an der Front.“
„Freid misch deine Beganndschaffd ze machn.“
„Äh, ja, freut mich auch.“
„Ich bitte zu entschuldigen. Unser Tetsu hier schludert so gern beim sprechen.“
„Ich sag es mal so, er kann und will sich einfach nicht von seinem Dialekt trennen.“
Wir lachen und dann bittet Hikari mich für eine taktische Besprechung in eines der Zelte. Wie selbstverständlich begleitet Mizu mich, während die Anderen sich erstmal um eine Unterkunft bemühen.
„Ehm … und bist du dir sicher, dass Mizu dabei sein sollte?“
„Passt schon, er kennt die ungefähre aktuelle Situation.“
„Na, wenn du meinst.“
Hikari erklärt uns, dass erst etwa die hälfte der Einberufenen hier im Lager angekommen sind. Wir haben damit eine Truppenstärke von gerade einmal ein bisschen über eintausend Leute. Dem Spähtrupp zufolge beläuft sich die feindliche Truppenstärke bereits jetzt auf fast zehntausend, und es wird mit wartender Verstärkung gerechnet.
„Waren die drei eigentlich alle, die du aus dem Dorf mitgebracht hast?“
„Nein. Der besseren Mobilität halber, und weil ein kleiner Tross weniger auffällt, haben wir uns in zwei Gruppen aufgeteilt. Die restlichen sechs sollten in den nächsten zwei oder drei Tagen hier aufschlagen.“
„Mehr kommen nicht? Ist das Dorf denn so klein?“
„Sagen wir, ich habe mich auf meine Weise für die Gastfreundschaft erkenntlich gezeigt.“
Ich lächele Hikari vielsagend an.
„Hah! Das hättest du sehen sollen. Sie hat den Einberufungsbefehl unseres Vater für null und nichtig erklärt und vor der Nase des Delegierten einfach so zerrissen.“
Hikari sieht mich mit weit offenen Augen ungläubig an.
„Was? Wenn es nach mir ginge, würden wir alle gar nicht hier sitzen. Krieg ist Quatsch, alle verlieren und keiner gewinnt auch nur den kleinsten Krümel.“
„Sag mal … ich will ja nicht indiskret sein … aber weiß euer Vater, dass ihr beiden hier seit?“
„Natürlich nicht!“, sage ich stolz und recke meine Nase gen Himmel.
„Oh je, das wird noch mächtig ärger geben.“
„Aber sag mal, wer hat hier im Lager eigentlich gerade das militärische Sagen?“
„Mangels Offiziere und da ich als einziges direkten Kontakt zum Königshaus habe, bin ich vorübergehend eingesprungen. Irgendwer musste es ja machen.“
„Gut, dann übernehme ich von hier an. Was war die bisherige Taktik?“
„Für den Fall eines Angriffs, kontern, ansonsten Füße stillhalten, bis zum Marschbefehl. Doch auch unser Gegner scheint aktuell diese Taktik noch zu verfolgen.“
Ich klopfe Hikari anerkennend auf die Schulter.
„Gut gemacht. Teile allen mit, dass wir die Taktik vorerst beibehalten und das ich von nun an hier im Lager die Befehlsgewalt habe. Wie sehen die Fronten aus?“
„Entlang der Grenze gibt es vier große Lager und drei kleinere. Die Wachmannschaften patrouillieren in gewissem Abstand und wechseln sich in Schichten zu acht Stunden ab. Jeder Trupp ist sechs bis acht Mann stark, und es sind immer zwei drittel der Leute im hier im Lager und schlafen oder vertrödeln sich die Zeit.“
„Also alle verplant, mit Ausnahme von uns Neuankömmlingen. Wie ist die Zeltbelegung?“
„Es sind noch reichlich freie Zelte, sodass wir uns auf Doppel- bis Dreifachbelegung je Zelt geeinigt haben.“
„Also nicht mehr als drei Mann je Zelt.“
„Geschlechter getrennt, versteht sich.“
„Ha … na wenigstens das. Und wie ist das durchschnittliche Niveau?“
„Der Großteil ist nur wenig älter als wir. Die Meisten sind Anfang bis Mitte zwanzig, also ist das Niveau entsprechend niedrig.“
Ich lasse meinen Kopf auf die Tischplatte vor mir fallen.
„Mit anderen Worten: Solange unser Gegner uns nicht angreift, haben wir zumindest eine Chance zu überleben.“
Betretenes Schweigen breitet sich im Zelt aus.
„Haben wir wenigstens ein paar vernünftige Ärzte hier?“
„Aktuell haben wir keinen Arzt, aber zumindest eine ausgebildete Krankenschwester. Sie hat aber noch keine praktische Erfahrung, da sie die Ausbildung erst vor ein paar Tagen abgeschlossen hat.“
„Momo?“
„Warum wundert es mich nicht, dass ihr euch kennt?“
„Weil ich mit zwei drittel der Leute in der Hauptstadt per du bin?“
„Stimmt.“
„Was ist mit Erster Hilfe? Wie viele haben den Lehrgang?“
„Nur wir drei, soweit ich weiß.“
„Das ist mies. Hast du Momo in die Wachmannschaft gesteckt?“
„So dumm bin nicht einmal ich. Ich habe sie gebeten, als Medic im Lager zu bleiben.“
„Wenigstens etwas. Ich werde Tetsu und die anderen fragen, ob sie das medizinische Team unterstützen können.“
Ich schicke Hikari aus, um meine Befehle allen mitzuteilen und mache mich mit Mizu auf die Suche nach Tetsu und den Anderen.
Vor einem Zelt sitzt Tora und wartet wohl schon auf uns.
„Sind die Anderen drinnen?“
Tora nickt.
„Klopf, klopf. Mizu und ich kommen jetzt rein.“
Tetsu, Kina und ihr Vater haben es sich im Zelt gemütlich gemacht und wohl schon auf uns gewartet. Mizu und ich suchen uns auch eine gemütliche Stelle und nehmen Platz.
„Wir haben einen Schlachtplan geschmiedet. Bis zum ersten Angriff der anderen Seite halten wir die Füße still und schieben nur erstmal Wache. Euch würde ich bitten, da ihr euch etwas besser mit erster Hilfe auskennt, das bisher nur aus vier Leuten bestehende medizinische Team zu unterstützen. Das bedeutet, auch im Angriffsfall rückt ihr nicht vor an die Front, sondern haltet hier im Lager die Stellung und kümmert auch um die Verletzten.“
„Yuu, was werden wir zwei machen? Rücken wir mit aus oder unterstützen wir die Medics?“
„Musst du mich das wirklich noch fragen, Mizu? Ich dachte, du kennst mich.“
„Also wirst du kämpfen, auch, wenn du hier hinten hilfreicher wärst.“
„Ja.“
„Mir häddn do ne Frohche. Wie issn de Fordeilung dorr Horrnzschen?“
„Der was?“
„Mänsch, dorr Buhdn.“
„Ah, ich glaube, jetzt weiß ich, was du wissen willst. Da wir so wenige sind, teilen sich zwei bis drei Personen ein Zelt. Männer und Frauen von einander getrennt.“
Kina und Tetsu sehen mich missmutig an.
„Du, Yuu, ich glaube, Kina wäre lieber bei ihrem Vater.“
Ich seufze herzhaft.
„Mizu, ich glaube, dass muss ich dich jetzt gar nicht erst fragen, aber würde es dir etwas ausmachen, mit Kina zu tauschen und mit in meinen Zelt zu schlafen?“
Mein Bruder sagt nichts, strahlt aber über beide Ohren. Warum nur war mir das klar …
Mizu und ich trainieren noch eine Runde im Camp und als die Sonne unter geht, ziehen wir uns für den Tag zurück.
Doch mitten in der Nacht werden wir unsanft vom hölzernen Alarm geweckt. Alle springen sofort auf und in ihre Sachen, denn ein so später Alarm kann nur eines bedeuten:
Ein feindlicher Angriff!
***
Q&A
Autor: Also ich finde diese Frage und Antwort Ecke eigentlich ganz gut.
Yuuko: Hast du nichts besseres zu tun?
Autor: Aktuell leider nicht. Aber hey, Mizu stand schon wieder im Mittelpunkt.
Mizu: Verschone mich!
Autor: Und jetzt wissen auch alle, außer Yuuko, in wen Mizu hier heimlich verliebt ist.
Kina: Wobei es an ein Wunder grenzt, dass ausgerechnet SIE es nicht weiß.
Autor: Du wolltest dazu ursprünglich etwas mit Hunden sagen, aber das habe ich raus zensiert.
Kina: Du machst es fast schon ein bisschen zu jugendfreundlich.
Autor: Es kann nicht jugendfreundlich genug sein.
Tetsu: Aber sag mal, du kennst die Hintergrundgeschichten von uns allen. Warum erstarrt Mizu bei Gewittern zu Stein?
Autor: Ihr wart schon sehr nah dran. Tobi kennt die Geschichte, er war dabei. Als Yuuko und Mizu noch ziemlich klein waren-
Yuuko: Also ob wir jetzt wirklich groß wären.
Autor: Würdest du mich mal bitte nicht unterbrechen? Ich dachte, das würde dich interessieren…
Yuuko: Okay, sprich weiter.
Autor: Jedenfalls wurde Yuuko tatsächlich mal vom Blitz getroffen. Aus bestimmten Gründen, die ich hier noch nicht verraten will, ist sie aber gegen elektrische Schocks immun. Mizu hat gesehen, wie sie vom Blitz getroffen wurde und hat durch den Schock die Erinnerung daran verloren. Yuuko selbst kann sich auch nicht daran erinnern. Tobi hat die beiden dann ins Krankenhaus gebracht. Aber ich glaube, selbst daran könnt ihr beiden euch nicht erinnern.
Mizu: Weißt du, wie oft wir als Kinder im Krankenhaus waren?
Autor: Natürlich. Ich bin der Autor der Geschichte, da sollte ich sowas wissen.
Wir sitzen im Kreis im der Baumhöhle. Ich sitze links vom Eingang, zu meiner Linken haben wir Mizu platziert. Rechts vom Eingang sitzt Tetsu und zu seiner Rechten sitzt Kina. Den Dorfältesten haben wir in unsere Mitte genommen und Tora hat es sich auf meinem Schoß gemütlich gemacht und döst vor sich hin.
„Also, um nochmal darauf zurück zu kommen, warum Mizu sich nicht mehr rührt. Mizu befindet sich in einer Art Schockstarre. Er hat gute Ohren, sogar noch bessere als ich und so hört er ein Donnergrollen sehr viel eher als wir. Warum sich sein Gehirn ausgerechnet bei dem Geräusch vom Donner entscheidet, mal eine Runde auf Durchzug zu stellen, weiß ich nicht, aber eines steht fest: Sobald das Gewitter weg ist, ist er wieder ganz der Alte, kann sich aber an die Zeit der Schockstarre nicht erinnern.“
„Ein Trauma?“
„Kina, das ist auch meine Vermutung, aber ich wüsste nicht, wieso. Es scheint aber mit mir zu tun zu haben, denn es ist nur, wenn ich in der Nähe bin. Ist er in der Schule, und ein Gewitter zieht durch, passiert nichts. Unser Vater hat ihn deswegen schon zum Arzt geschickt, aber ohne Ergebnis. Ich bin der Trigger für dieses seltsame verhalten und weiß nicht einmal, warum.“
„Had disch fielleischd ma ä Bliddz orwischd?“
„Guter Gedanke, aber nicht, dass ich mich daran erinnern würde und wenn, dann müsste es schon ziemlich lang her sein und dann kann sich Mizu auch nicht mehr daran erinnern. Ich hatte ihn schon mal danach gefragt.“
Mit einem lauten Krachen schlägt ein Blitz in einen Baum etwa hundert Meter von uns entfernt ein und erleuchtet das Innere unseres Verstecks. Mizu zuck deutlich zusammen.
„Tora, kannst du dich auf Mizu’s Schoß legen?“
Ich krame in meinem Rucksack und ziehe eine Packung Watte hervor. Davon nehme ich ein bisschen und stecke es meinem Bruder in die Ohren, dann ziehe ich meine Weste aus und werfe sie ihm über den Kopf, sodass seine Augen verdeckt sind.
Hoffentlich zieht das Gewitter schnell vorüber. Mizu schwitzt wie ein Tier und ist kreidebleich.
Doch nachdem ich ihm meine Weste drüber geworfen habe, dauert es nicht lange, bis er sich merklich beruhigt hat und zu schnarchen beginnt. Inzwischen gießt es in Strömen.
„Schnarschd der?“
„Ja. Normalerweise schnarcht er nicht, das macht er nur, wenn er extrem gestresst war, bevor er eingeschlafen ist. Aber das ist gut, auch wenn das Gewitter noch nicht vorübergezogen ist, hat er sich zumindest schon so weit beruhigt, dass er eingeschlafen ist. Der Stress macht ihn richtig fertig. Er schläft nach einer solchen Reaktion fast immer ein.“
Da wir ein gutes Stück von unserem eigentlichen Weg abgekommen sind, brauchen wir eine neue Route. Wir sind deutlich weiter im Süden, als wir ursprünglich sein wollten. Wir sind schon fast an der südlichen Grenze. Der Treffpunkt, den wir mit den anderen ausgemacht haben, liegt deutlich weiter im Norden. Da wir aber die feindlichen Truppen nicht auf uns aufmerksam machen wollen, müssen wir unser weiteres Vorgehen gut planen.
Als wir uns für eine machbare und möglichst sichere Route entschieden haben, schweifen wir von den wichtigen Themen ab und unterhalten uns über allen möglichen Unsinn, wie unsere Missetaten als Kinder und ehe ich mich versehe, fange ich an, im Sitzen einzudösen.
Und noch immer regnet es draußen, wie aus Eimern.
***
Eine Weile, nachdem ich es ganz leise in der Ferne donnern gehört habe, wache ich in einem ausgehölten Baumstumpf sitzend auf. Den störenden Sichtschutz ziehe ich mir vom Kopf und muss feststellen, dass es sich dabei um die Weste meiner Schwester handelt. Ich befreie meine Ohren von der darin steckenden Watte.
„Na, bisde uffewachd?“
„Au, mein Rücken. Was ist passiert? Sekunde, wartet, es gab ein Gewitter?“
„Nu. Du warsd gumbledd weggedrähdn. Da hammor disch hier her gebrachd.“
„Verstehe … also wie üblich. Nichts neues.“
„Yuuko meinte, dass du dich ungewöhnlich schnell beruhigt hast, und dass diese Schockstarre nur passiert, wenn sie dabei ist.“
Ich kratze mir verlegen an der Wange.
„Naja, Kina … Das stimmt schon. Wenn sie nicht dabei ist, passiert es fast nie. Auch wenn ich nicht genau weiß, wieso, aber es fühlt sich jedes mal an, als wäre ich kurz davor, mich an irgendetwas zu erinnern, bekomme die Erinnerung aber einfach nicht zu fassen.“
Eine kühle, feuchte Brise weht herein und meine Schwester, die sich im Schlaf an mich gelehnt hat, beginnt zu zittern. Ich lege ihr vorsichtig ihre Weste wieder um.
„Wenn man euch beide so sieht, glaubt man gar nicht, dass ihr Geschwister seid. Deine Schwester hat mir mal erzählt, dass sie drei Tage jüngere Geschwister hat.“
„Nun … ja, ich bin einer der Vierlinge, die drei Tage nach ihr geboren wurden. Sie sagt zwar nichts, aber sie hat schon sehr lange Zweifel daran, dass wir blutsverwandt sind. Doch für sie macht es leider keinen Unterschied. Wir sind zusammen aufgewachsen und damit sind wir Geschwister. Ob nun blutsverwandt oder nicht, ist ihr egal. Vor dem Gesetz sind und bleiben wir Geschwister.“
Ich seufze tief. Es ist selten, dass ich so offen mit jemandem über meine Probleme reden kann.
„Das glang jedze ganz so, als obs dor liehbor währe, wenn s ni so währe.“
Ich lache verlegen.
Er hat ja recht, meine Schwester ist und bleibt für mich die wichtigste Person in meinem Leben, aber eine Liaison mit der eigenen Schwester … beim besten Willen, das kann ich einfach nicht machen. Ich kann nicht aussprechen, was ich für sie fühle. Wenn das einer raus kriegt, komme ich in den Knast oder werde gleich gelyncht. Nein, nein, nein.
Ich schüttele diese unanständigen Gedanken aus meinem Kopf. Tetsu, Kina und ihr Vater sehen sich gegenseitig an, dann spricht der Dorfvorsteher zu mir.
„Wenn ich das richtig verstanden habe, braucht ihr doch nur einen Beweis, dass ihr beiden keine Blutsverwandten seid. Dann könntet ihr ganz legal zusammen sein, oder sehe ich das falsch?“
„Das mag sein, aber das ändert an der Sichtweise meiner Schwester nichts. Für sie werde ich immer nur ihr hilfloser kleiner Bruder sein.“
Die drei sehen mich mitleidig an.
„Nischd desdo drodds. Wees sies?“
Ich schüttle den Kopf.
„Entschuldige die taktlose Frage, aber, ist sie blind oder einfach nur dumm? Du verhältst dich so offensichtlich, wie kann sie das bisher NICHT mitbekommen haben?“
„Aber Tochter! Ich habe dir nicht beigebracht, so zu sprechen.“
„Nein, ist schon in Ordnung, sie hat ja recht. Meine Schwester ist in dieser Hinsicht … wie soll ich es sagen? ... Begriffsstutzig? Ein Arzt hat bei ihr eine Entwicklungsschwäche festgestellt. Vieles, was das tägliche Miteinander ausmacht, ist für sie ein rotes Tuch. Das fängt schon bei Sprichworten an …“
Ich verdrehe vielsagend die Augen.
„Aua, das tut weh, das merkt man ihr gar nicht an.“
„Ich hasse es, das zu sagen, aber sie ist so intelligent, dass sie ihre Schwäche weitestgehend kompensieren kann. Nicht umsonst ist sie die jüngste Studentin seit beginn der Aufzeichnungen.“
„Ne figgse Gleene, hä? Und du?“
Kalter Schweiß steigt mir auf die Stirn.
„Wenn ich noch eine einzige Prüfung verhaue, fliege ich von der Schule.“
„Autsch. Nein, ihr könnt nicht verwandt sein. Ein Genie hat nie einen Idioten als Bruder.“
„Es ist ja nicht so, dass ich dumm bin … ich lasse mich nur zu leicht ablenken und kriege dann im Unterricht nichts mehr mit.“
„Aber ist es dann wirklich okay, dass du schon so lange der Schule fern bist?“
„Meine Schwester hat den Direktor der Schule kontaktiert und mich vorübergehend freistellen lassen. Sie unterrichtet mich derweil und bei der letzten Kontrolle, die ich online gemacht habe, war ich sogar besser, als je zuvor. Die Anzahl meiner Punkte hat sich glatt verdoppelt. Ich hatte nur ein paar kleine Schusselfehler.“
„Oh, da gonnds‘sch eener mid eehm ma ganz uff dä Baugorin gonnzendriern.“
Wir alle lachen, dann entscheiden wir uns, abwechselnd Wache zu halten und erst am nächsten Morgen weiter zu ziehen, da es immer noch regnet und die Sonne ohnehin bald untergeht.
Zumindest der Uhr an meinem Terminal zufolge.
***
„Hey, aufwachen, wir wollen weiter.“
„Was? Wie? Wo? Was ist los?“
Ich schrecke auf und setze mich dabei kerzengerade auf.
„Komm schon, du Schlafmütze, die anderen warten draußen schon auf uns.“
„Was? Mizu?“
Mein Gehirn schläft offensichtlich noch.
Als sich der Nebel des Schlafes, der mich so kurz nach dem ungewollten Aufwachen noch umgibt, endlich legt, merke ich, dass mir jemand meine Weste wieder übergeworfen hat.
„Ah, Sekunde … mein Gehirn ist noch nicht aufgestanden.“
Er hält mir eine Trinkflasche und meine Pillendose vor die Nase.
„Ah, danke.“
Ich nehme eine Tablette und schlucke sie mit reichlich Wasser runter.
„Uh, bitter. Wirklich, was würde ich nur ohne dich tun.“
„Deinen Kopf irgendwo vergessen und ihn dann suchen.“
„Nicht hilfreich, Mizu, nicht hilfreich.“
Ich stehe auf und klopfe mir den Staub aus den Sachen.
Mizu wirkt heute irgendwie befreit. So, als hätte ihm jemand eine Tonne Ballast abgenommen. Ich habe ihn schon sehr lange nicht mehr so entspannt und fröhlich gesehen.
„Haben dich die Anderen über unsere geäderte Route informiert?“
„Nein, aber das macht nichts, ich folge dir einfach. Du wirst schon wissen, wo wir lang müssen und selbst wenn du dich verläufst, macht mir das nichts aus, solange ich bei dir sein kann.“
„Na, wenn du meinst, aber kleb mir nicht wieder den ganzen Tag an der Backe.“
Huch? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass mir Mizu damit etwas ganz anderes sagen wollte, aber was?
Ursprünglich wollten wir am Fluss entlang gehen. Da uns das in Anbetracht der Nähe zur südlichen Grenze und den dort stationierten Truppen zu gefährlich war, haben wir entschieden, uns lieber durch den dichten, grenznahen Wald zu kämpfen. Der schützt uns eher vor neugierigen Blicken und ein Hinterhalt ist weniger wahrscheinlich, da sonst keiner so verrückt ist, sich mit Buschwerk zu bekriegen, wenn er ohne Probleme einfach den Fluss entlang laufen kann.
Und so kommen wir einige Tage später und sogar noch vor den Anderen am vereinbarten Treffpunkt an.
Das militärische Lager hat fast die Größe des Dorfes, in dem Kina und die Anderen leben. Die Zelte sind willkürlich aufgestellt worden und als äußere Begrenzung dienen ein paar sauber gespannte Laken. Abgesehen von einem Feld im Norden, ist das Lager von dichtem Buschwerk und Wald umgeben.
„Yuuko! Endlich!“
„Hikari!“
Freudestrahlend kommt ein junger Mann, etwa mein und Mizu’s Alter, auf uns zugelaufen, gerade, als wir das Kriegscamp betreten wollen.
Er ist groß für sein Alter, misst fast zwei Meter und hat kurze, struppige und auffallend weiße Haare und blassgraue Augen.
„Hikari, darf ich vorstellen, meinen Bruder kennst du ja und das sind Kina, ihr Vater und Tetsu. Darf ich euch vorstellen? Das hier ist Hikari, mein ehemaliger Klassenkamerad und mein Trainingspartner im Schwertkampfkurs für ein und zwei Schwertträger und außerdem mein Informant an der Front.“
„Freid misch deine Beganndschaffd ze machn.“
„Äh, ja, freut mich auch.“
„Ich bitte zu entschuldigen. Unser Tetsu hier schludert so gern beim sprechen.“
„Ich sag es mal so, er kann und will sich einfach nicht von seinem Dialekt trennen.“
Wir lachen und dann bittet Hikari mich für eine taktische Besprechung in eines der Zelte. Wie selbstverständlich begleitet Mizu mich, während die Anderen sich erstmal um eine Unterkunft bemühen.
„Ehm … und bist du dir sicher, dass Mizu dabei sein sollte?“
„Passt schon, er kennt die ungefähre aktuelle Situation.“
„Na, wenn du meinst.“
Hikari erklärt uns, dass erst etwa die hälfte der Einberufenen hier im Lager angekommen sind. Wir haben damit eine Truppenstärke von gerade einmal ein bisschen über eintausend Leute. Dem Spähtrupp zufolge beläuft sich die feindliche Truppenstärke bereits jetzt auf fast zehntausend, und es wird mit wartender Verstärkung gerechnet.
„Waren die drei eigentlich alle, die du aus dem Dorf mitgebracht hast?“
„Nein. Der besseren Mobilität halber, und weil ein kleiner Tross weniger auffällt, haben wir uns in zwei Gruppen aufgeteilt. Die restlichen sechs sollten in den nächsten zwei oder drei Tagen hier aufschlagen.“
„Mehr kommen nicht? Ist das Dorf denn so klein?“
„Sagen wir, ich habe mich auf meine Weise für die Gastfreundschaft erkenntlich gezeigt.“
Ich lächele Hikari vielsagend an.
„Hah! Das hättest du sehen sollen. Sie hat den Einberufungsbefehl unseres Vater für null und nichtig erklärt und vor der Nase des Delegierten einfach so zerrissen.“
Hikari sieht mich mit weit offenen Augen ungläubig an.
„Was? Wenn es nach mir ginge, würden wir alle gar nicht hier sitzen. Krieg ist Quatsch, alle verlieren und keiner gewinnt auch nur den kleinsten Krümel.“
„Sag mal … ich will ja nicht indiskret sein … aber weiß euer Vater, dass ihr beiden hier seit?“
„Natürlich nicht!“, sage ich stolz und recke meine Nase gen Himmel.
„Oh je, das wird noch mächtig ärger geben.“
„Aber sag mal, wer hat hier im Lager eigentlich gerade das militärische Sagen?“
„Mangels Offiziere und da ich als einziges direkten Kontakt zum Königshaus habe, bin ich vorübergehend eingesprungen. Irgendwer musste es ja machen.“
„Gut, dann übernehme ich von hier an. Was war die bisherige Taktik?“
„Für den Fall eines Angriffs, kontern, ansonsten Füße stillhalten, bis zum Marschbefehl. Doch auch unser Gegner scheint aktuell diese Taktik noch zu verfolgen.“
Ich klopfe Hikari anerkennend auf die Schulter.
„Gut gemacht. Teile allen mit, dass wir die Taktik vorerst beibehalten und das ich von nun an hier im Lager die Befehlsgewalt habe. Wie sehen die Fronten aus?“
„Entlang der Grenze gibt es vier große Lager und drei kleinere. Die Wachmannschaften patrouillieren in gewissem Abstand und wechseln sich in Schichten zu acht Stunden ab. Jeder Trupp ist sechs bis acht Mann stark, und es sind immer zwei drittel der Leute im hier im Lager und schlafen oder vertrödeln sich die Zeit.“
„Also alle verplant, mit Ausnahme von uns Neuankömmlingen. Wie ist die Zeltbelegung?“
„Es sind noch reichlich freie Zelte, sodass wir uns auf Doppel- bis Dreifachbelegung je Zelt geeinigt haben.“
„Also nicht mehr als drei Mann je Zelt.“
„Geschlechter getrennt, versteht sich.“
„Ha … na wenigstens das. Und wie ist das durchschnittliche Niveau?“
„Der Großteil ist nur wenig älter als wir. Die Meisten sind Anfang bis Mitte zwanzig, also ist das Niveau entsprechend niedrig.“
Ich lasse meinen Kopf auf die Tischplatte vor mir fallen.
„Mit anderen Worten: Solange unser Gegner uns nicht angreift, haben wir zumindest eine Chance zu überleben.“
Betretenes Schweigen breitet sich im Zelt aus.
„Haben wir wenigstens ein paar vernünftige Ärzte hier?“
„Aktuell haben wir keinen Arzt, aber zumindest eine ausgebildete Krankenschwester. Sie hat aber noch keine praktische Erfahrung, da sie die Ausbildung erst vor ein paar Tagen abgeschlossen hat.“
„Momo?“
„Warum wundert es mich nicht, dass ihr euch kennt?“
„Weil ich mit zwei drittel der Leute in der Hauptstadt per du bin?“
„Stimmt.“
„Was ist mit Erster Hilfe? Wie viele haben den Lehrgang?“
„Nur wir drei, soweit ich weiß.“
„Das ist mies. Hast du Momo in die Wachmannschaft gesteckt?“
„So dumm bin nicht einmal ich. Ich habe sie gebeten, als Medic im Lager zu bleiben.“
„Wenigstens etwas. Ich werde Tetsu und die anderen fragen, ob sie das medizinische Team unterstützen können.“
Ich schicke Hikari aus, um meine Befehle allen mitzuteilen und mache mich mit Mizu auf die Suche nach Tetsu und den Anderen.
Vor einem Zelt sitzt Tora und wartet wohl schon auf uns.
„Sind die Anderen drinnen?“
Tora nickt.
„Klopf, klopf. Mizu und ich kommen jetzt rein.“
Tetsu, Kina und ihr Vater haben es sich im Zelt gemütlich gemacht und wohl schon auf uns gewartet. Mizu und ich suchen uns auch eine gemütliche Stelle und nehmen Platz.
„Wir haben einen Schlachtplan geschmiedet. Bis zum ersten Angriff der anderen Seite halten wir die Füße still und schieben nur erstmal Wache. Euch würde ich bitten, da ihr euch etwas besser mit erster Hilfe auskennt, das bisher nur aus vier Leuten bestehende medizinische Team zu unterstützen. Das bedeutet, auch im Angriffsfall rückt ihr nicht vor an die Front, sondern haltet hier im Lager die Stellung und kümmert auch um die Verletzten.“
„Yuu, was werden wir zwei machen? Rücken wir mit aus oder unterstützen wir die Medics?“
„Musst du mich das wirklich noch fragen, Mizu? Ich dachte, du kennst mich.“
„Also wirst du kämpfen, auch, wenn du hier hinten hilfreicher wärst.“
„Ja.“
„Mir häddn do ne Frohche. Wie issn de Fordeilung dorr Horrnzschen?“
„Der was?“
„Mänsch, dorr Buhdn.“
„Ah, ich glaube, jetzt weiß ich, was du wissen willst. Da wir so wenige sind, teilen sich zwei bis drei Personen ein Zelt. Männer und Frauen von einander getrennt.“
Kina und Tetsu sehen mich missmutig an.
„Du, Yuu, ich glaube, Kina wäre lieber bei ihrem Vater.“
Ich seufze herzhaft.
„Mizu, ich glaube, dass muss ich dich jetzt gar nicht erst fragen, aber würde es dir etwas ausmachen, mit Kina zu tauschen und mit in meinen Zelt zu schlafen?“
Mein Bruder sagt nichts, strahlt aber über beide Ohren. Warum nur war mir das klar …
Mizu und ich trainieren noch eine Runde im Camp und als die Sonne unter geht, ziehen wir uns für den Tag zurück.
Doch mitten in der Nacht werden wir unsanft vom hölzernen Alarm geweckt. Alle springen sofort auf und in ihre Sachen, denn ein so später Alarm kann nur eines bedeuten:
Ein feindlicher Angriff!
***
Q&A
Autor: Also ich finde diese Frage und Antwort Ecke eigentlich ganz gut.
Yuuko: Hast du nichts besseres zu tun?
Autor: Aktuell leider nicht. Aber hey, Mizu stand schon wieder im Mittelpunkt.
Mizu: Verschone mich!
Autor: Und jetzt wissen auch alle, außer Yuuko, in wen Mizu hier heimlich verliebt ist.
Kina: Wobei es an ein Wunder grenzt, dass ausgerechnet SIE es nicht weiß.
Autor: Du wolltest dazu ursprünglich etwas mit Hunden sagen, aber das habe ich raus zensiert.
Kina: Du machst es fast schon ein bisschen zu jugendfreundlich.
Autor: Es kann nicht jugendfreundlich genug sein.
Tetsu: Aber sag mal, du kennst die Hintergrundgeschichten von uns allen. Warum erstarrt Mizu bei Gewittern zu Stein?
Autor: Ihr wart schon sehr nah dran. Tobi kennt die Geschichte, er war dabei. Als Yuuko und Mizu noch ziemlich klein waren-
Yuuko: Also ob wir jetzt wirklich groß wären.
Autor: Würdest du mich mal bitte nicht unterbrechen? Ich dachte, das würde dich interessieren…
Yuuko: Okay, sprich weiter.
Autor: Jedenfalls wurde Yuuko tatsächlich mal vom Blitz getroffen. Aus bestimmten Gründen, die ich hier noch nicht verraten will, ist sie aber gegen elektrische Schocks immun. Mizu hat gesehen, wie sie vom Blitz getroffen wurde und hat durch den Schock die Erinnerung daran verloren. Yuuko selbst kann sich auch nicht daran erinnern. Tobi hat die beiden dann ins Krankenhaus gebracht. Aber ich glaube, selbst daran könnt ihr beiden euch nicht erinnern.
Mizu: Weißt du, wie oft wir als Kinder im Krankenhaus waren?
Autor: Natürlich. Ich bin der Autor der Geschichte, da sollte ich sowas wissen.