Das ist mein Warum
von Fluesterscherben
Kurzbeschreibung
(Der Autor hat keine Kurzbeschreibung zu dieser Geschichte verfasst.)
OneshotAllgemein / P12 / Gen
03.07.2021
03.07.2021
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03.07.2021
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Ich kannte einen Jungen. Er war vier Jahre älter als ich, sammelte Pokemonkarten und spielte Schach. Er half uns manchmal bei den Hausaufgaben und konnte stundenlang über Dinge reden die ihm wichtig waren. Wir nannten ihn Chop.
Ich habe seinetwegen die Schule geschwänzt. Nein, eigentlich nicht nur seinetwegen.
Eigentlich auch wegen Millionen anderer Leute.
Sie sind tot.
Sie sind tot. Ermordet.
So viele Namen. Ich könnte sie hier aufzählen, alphabetisch nach Anfangsbuchstaben.
Ich könnte das ganze Alphabet durchmachen, und ich wäre trotzdem nicht fertig. Und wenn ich dann alle Namen aufgezählt hätte wäre ich auch nicht fertig, weil es immer mehr werden. In der Zeit in der ich das hier schreibe sind wieder welche dazugekommen.
Sie wurden wegen ihrer Hautfarbe getötet, wegen ihrer Religion, ihren Meinungen.
Chop wurde erschossen.
Jemand hatte ihn auf einem Foto von einer Demo erkannt.
Er lag zwei Tage lang im Krankenhaus, dann ist er gestorben.
Ich war da, als es passiert ist.
Sie haben nichts Falsches getan.
Und ihre Mörder kommen einfach damit davon. Wo ist Gerechtigkeit für sie, für ihre Familien, Freunde? Für alle die für etwas getötet wurden über das sie keine Kontrolle hatten? Für die die getötet wurden, weil sie helfen wollten?
Ich kannte einen Jungen, der an Gerechtigkeit geglaubt hat.
Chop, haben wir ihn genannt, weil er alles was er angefasst hat zerschneiden konnte. Einfach mit seinen Fingern. Er war stolz drauf, obwohl seine Eltern ihn deswegen aus dem Haus gejagt hatten.
Er hat uns davor gerettet uns selbst zu hassen.
Ich bin auf Demos gegangen. Für die Verurteilung von Mördern, für Gerechtigkeit, für Menschen.
Manche davon waren in der Schulzeit.
Darum habe ich geschwänzt.
Das ist mein Warum.
Und es tut mir nicht leid.
Die Lehrerin, Frau Gerber, betritt den Raum zuerst, stellt ihre Tasche ab und bedeutet ihnen sich zu setzen.
Ben lässt sich wortlos auf den Fensterplatz in der ersten Reihe fallen.
Das Mädchen mit der Glatze setzt sich hinter ihn und legt demonstrativ ihre Füße auf den Tisch.
Auf der Türseite sitzen die anderen Mitglieder dieser verkorksten Breakfast-Club-Nachmache.
Die Lehrerin lächelt.
„Wie wäre es, wenn ihr euch der Reihe nach vorstellt, hmm? Name, Alter, Klasse, Grund für Anwesenheit.
„Wer möchte anfangen?“
Stille.
Nur die Uhr tickt leise im Hintergrund.
Nach einer gefühlten Ewigkeit (dreihundert Ticks) seufzt Frau Gerber.
Ihr Lächeln ist inzwischen einer Grimasse gewichen, die mehr Ähnlichkeit mit einem gequälten Zähne fletschen als irgendetwas anderem hat.
„In Ordnung. Dann eben nicht.“
Sie holt einen Packen Papier aus ihrer Lehrertasche.
(Es ist eigentlich nur eine Tasche, aber so viele ihrer Lehrer haben diesen exakten Typ lederne Schultertasche, dass sich alle Schüler der Jahrgangsstufe elf kollektiv entschieden haben, dazu nur noch Lehrertasche zu sagen.)
„Ich hole mir jetzt einen Kaffee. Wenn ich in zwei Stunden zurückkomme, will ich, dass jeder von euch mindestens dreihundert Wörter zu der Frage ‚Warum habe ich das was mich hierher gebracht hat getan?‘ geschrieben hat. Ich werde das Ganze einsammeln. Wer das nicht macht wird als fehlend eingetragen und hat mit Disziplinarmaßnahmen zu rechnen.
„Und, Król, dreihundert Mal das selbe Wort zählt ebenso als Arbeitsverweigerung.“
Das Mädchen mit der Glatze, Król, anscheinend, lässt ihre Hand mit einem übertrieben dramatischen Seufzen sinken und verschränkt ihre Arme.
Frau Gerber legt jedem von ihnen ein Blatt Papier auf den Tisch, positioniert den Rest auf dem Overheadprojektor (Warum steht der immer noch da? Kein Schwein hat mehr Folien dafür. )
und verlässt dann den Raum, untermalt vom dramatischen swisch swisch ihres Maxirocks.
Der Junge mit den Dreadlocks auf der Türseite (David? Daniel?) lässt seine Hand sinken.
„Scheiße. Ich wollt ihr grad sagn, dass die meine Stifte eingezogen ham.“
Das Mädchen neben ihm bietet allen an ihre Stifte zu benutzen.
Sie stellt sie neben das Papier auf dem Overheadprojektor. (Viele Stifte. Sehr viele Stifte.)
Das Namensschild in der oberen Ecke identifiziert sie als Hailey Obermair-Schmidt und ihre Lieblingsfarbe als Glitzer- Pink.
Ben starrt auf sein Blatt.
Es ist weiß mit grauen Linien und er hat keine Ahnung wie er es füllen soll.
Seine Hände zittern.
Der Spiegel über dem Waschbecken an der Tür und die Fenster auch.
Das Glas an der Uhr zerspringt, feine Risse die sich langsam ausbreiten.
Schüsse, Schreie. „Nur eine Fleischwunde! Ich werd schon wieder!“
Ohr zerreißendes Piepen. Eine gerade Linie. Schreie. Wirbelnde Glasscherben.
Verwelkte Blumen. Desinfektionsmittel. „Benji, Benji, kannst du das für mich tun?“ Weiß. Leer. „Das Essen ist grauenhaft, Benji, hoff, dass du niemals angeschossen wirst.“
Die Wahrheit bedeutet ihnen nichts. Was für einen Sinn macht es die Wahrheit zu sagen, wenn sie keinen Unterschied macht?
Nichts. Das bringt es. Nichts.
Aber er will nicht lügen.
Er will nicht lügen.
Mechanisch schreibt er die Überschrift in die Mitte der ersten Zeile, seinen Namen in den weißen Rand rechts.
Und dann fängt er an zu schreiben.
Ich habe seinetwegen die Schule geschwänzt. Nein, eigentlich nicht nur seinetwegen.
Eigentlich auch wegen Millionen anderer Leute.
Sie sind tot.
Sie sind tot. Ermordet.
So viele Namen. Ich könnte sie hier aufzählen, alphabetisch nach Anfangsbuchstaben.
Ich könnte das ganze Alphabet durchmachen, und ich wäre trotzdem nicht fertig. Und wenn ich dann alle Namen aufgezählt hätte wäre ich auch nicht fertig, weil es immer mehr werden. In der Zeit in der ich das hier schreibe sind wieder welche dazugekommen.
Sie wurden wegen ihrer Hautfarbe getötet, wegen ihrer Religion, ihren Meinungen.
Chop wurde erschossen.
Jemand hatte ihn auf einem Foto von einer Demo erkannt.
Er lag zwei Tage lang im Krankenhaus, dann ist er gestorben.
Ich war da, als es passiert ist.
Sie haben nichts Falsches getan.
Und ihre Mörder kommen einfach damit davon. Wo ist Gerechtigkeit für sie, für ihre Familien, Freunde? Für alle die für etwas getötet wurden über das sie keine Kontrolle hatten? Für die die getötet wurden, weil sie helfen wollten?
Ich kannte einen Jungen, der an Gerechtigkeit geglaubt hat.
Chop, haben wir ihn genannt, weil er alles was er angefasst hat zerschneiden konnte. Einfach mit seinen Fingern. Er war stolz drauf, obwohl seine Eltern ihn deswegen aus dem Haus gejagt hatten.
Er hat uns davor gerettet uns selbst zu hassen.
Ich bin auf Demos gegangen. Für die Verurteilung von Mördern, für Gerechtigkeit, für Menschen.
Manche davon waren in der Schulzeit.
Darum habe ich geschwänzt.
Das ist mein Warum.
Und es tut mir nicht leid.
Die Lehrerin, Frau Gerber, betritt den Raum zuerst, stellt ihre Tasche ab und bedeutet ihnen sich zu setzen.
Ben lässt sich wortlos auf den Fensterplatz in der ersten Reihe fallen.
Das Mädchen mit der Glatze setzt sich hinter ihn und legt demonstrativ ihre Füße auf den Tisch.
Auf der Türseite sitzen die anderen Mitglieder dieser verkorksten Breakfast-Club-Nachmache.
Die Lehrerin lächelt.
„Wie wäre es, wenn ihr euch der Reihe nach vorstellt, hmm? Name, Alter, Klasse, Grund für Anwesenheit.
„Wer möchte anfangen?“
Stille.
Nur die Uhr tickt leise im Hintergrund.
Nach einer gefühlten Ewigkeit (dreihundert Ticks) seufzt Frau Gerber.
Ihr Lächeln ist inzwischen einer Grimasse gewichen, die mehr Ähnlichkeit mit einem gequälten Zähne fletschen als irgendetwas anderem hat.
„In Ordnung. Dann eben nicht.“
Sie holt einen Packen Papier aus ihrer Lehrertasche.
(Es ist eigentlich nur eine Tasche, aber so viele ihrer Lehrer haben diesen exakten Typ lederne Schultertasche, dass sich alle Schüler der Jahrgangsstufe elf kollektiv entschieden haben, dazu nur noch Lehrertasche zu sagen.)
„Ich hole mir jetzt einen Kaffee. Wenn ich in zwei Stunden zurückkomme, will ich, dass jeder von euch mindestens dreihundert Wörter zu der Frage ‚Warum habe ich das was mich hierher gebracht hat getan?‘ geschrieben hat. Ich werde das Ganze einsammeln. Wer das nicht macht wird als fehlend eingetragen und hat mit Disziplinarmaßnahmen zu rechnen.
„Und, Król, dreihundert Mal das selbe Wort zählt ebenso als Arbeitsverweigerung.“
Das Mädchen mit der Glatze, Król, anscheinend, lässt ihre Hand mit einem übertrieben dramatischen Seufzen sinken und verschränkt ihre Arme.
Frau Gerber legt jedem von ihnen ein Blatt Papier auf den Tisch, positioniert den Rest auf dem Overheadprojektor (Warum steht der immer noch da? Kein Schwein hat mehr Folien dafür. )
und verlässt dann den Raum, untermalt vom dramatischen swisch swisch ihres Maxirocks.
Der Junge mit den Dreadlocks auf der Türseite (David? Daniel?) lässt seine Hand sinken.
„Scheiße. Ich wollt ihr grad sagn, dass die meine Stifte eingezogen ham.“
Das Mädchen neben ihm bietet allen an ihre Stifte zu benutzen.
Sie stellt sie neben das Papier auf dem Overheadprojektor. (Viele Stifte. Sehr viele Stifte.)
Das Namensschild in der oberen Ecke identifiziert sie als Hailey Obermair-Schmidt und ihre Lieblingsfarbe als Glitzer- Pink.
Ben starrt auf sein Blatt.
Es ist weiß mit grauen Linien und er hat keine Ahnung wie er es füllen soll.
Seine Hände zittern.
Der Spiegel über dem Waschbecken an der Tür und die Fenster auch.
Das Glas an der Uhr zerspringt, feine Risse die sich langsam ausbreiten.
Schüsse, Schreie. „Nur eine Fleischwunde! Ich werd schon wieder!“
Ohr zerreißendes Piepen. Eine gerade Linie. Schreie. Wirbelnde Glasscherben.
Verwelkte Blumen. Desinfektionsmittel. „Benji, Benji, kannst du das für mich tun?“ Weiß. Leer. „Das Essen ist grauenhaft, Benji, hoff, dass du niemals angeschossen wirst.“
Die Wahrheit bedeutet ihnen nichts. Was für einen Sinn macht es die Wahrheit zu sagen, wenn sie keinen Unterschied macht?
Nichts. Das bringt es. Nichts.
Aber er will nicht lügen.
Er will nicht lügen.
Mechanisch schreibt er die Überschrift in die Mitte der ersten Zeile, seinen Namen in den weißen Rand rechts.
Und dann fängt er an zu schreiben.
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