Kim
von Nimue1979
Kurzbeschreibung
TKKG lernen Kim kennen, als Dr Freund es ablehnt Kim einen Schulplatz anzubieten. Dieser Ungerechtigkeit müssen TKKG nachgehen.⚧️
GeschichteFreundschaft / P12 / Div
Gabriele "Gaby" Glockner
Karl "der Computer" Vierstein
Peter "Tim" Carsten
Willi "Klößchen" Sauerlich
23.06.2021
16.09.2021
15
19.549
10
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23.06.2021
1.666
***
„Für die nächste Woche haben wir uns etwas besonderes überlegt, da wollen wir eine Projektwoche machen“, kündigte Frau Schwarz ihre neue Klassenlehrerin an. „Ab Montag startet die Projektwoche zur Thematik Soziales Engagement. Alle Jahrgänge, alle Klassen machen mit. Ihr sollt in Kleingruppen euch etwas einfallen lassen und am Freitag für alle in der Aula präsentieren. Ihr sollt euch bis morgen ein Thema überlegen, entweder ihr engagiert euch selbst bei einer sozialen Einrichtung und berichtet darüber oder ihr stellt ein Thema dazu vor. Also ein Vortrag was wir alle gegen Cybermobbing machen können ist uns genauso Recht, wie ein Bericht wie ihr in einer Suppenküche helft.“
Direkt danach klingelte es zur Pause und die ersten Mitschüler begannen mit ihren Freunden zu überlegen, was sie denn gerne machen würden.
TKKG gingen gemeinsam auf den Schulhof zu ihrem Lieblingsplatz und Gaby fragte Karl nach einem ganz anderen Thema: „Hast du gestern noch etwas herausgefunden?“
„Also ich habe, wie versprochen, mich darüber informiert, was es mit dem Begriff bigender auf sich hat. Und ich muss zugeben, das war schon sehr interessant“, begann Karl und bekam sofort von seinen drei Freunden die volle Aufmerksamkeit.
„Bigender?“, wiederholte Klößchen fragend und sah zwischen seinen Freunden hin und her.
„Ja, in der Anmeldung von Kim stand das Kim bigender ist und deswegen wurde Kim nicht im Internat aufgenommen“, erklärte Tim kurz, was er gestern Abend noch nicht wirklich getan hatte, weil der Erzieher vom Dienst sie gestern ganz schön beschäftigt hatte.
„Achso, Kim ist der Junge, den ihr gestern vor dem Büro des Schulleiters getröstet habt“, meinte Klößchen leichthin.
„Nein eben nicht. Kim ist kein Junge, sondern nichtbinär“, korrigierte Karl.
„Ähm was?“, fragte Klößchen erneut ahnungslos.
Karl antwortete geduldig: „Nichtbinär. Also ich habe mich gestern in das Thema eingelesen. Es geht um transgender Menschen.“
Einen Moment sah Klößchen so aus, als wäre ihm nun ein Licht aufgegangen und meinte triumphierend: „Das Wort habe ich schon mal gehört! Das ist, wenn ein Mann sich zur Frau umoperieren läßt, richtig?“
Karl aber schüttelte verneinend den Kopf: „Nein. Das was du beschreibst, ist eine Transfrau, das ist noch spezieller hat aber mit Kim nichts zu tun.“
„Velleicht lassen wir Karl einfach mal erklären, was er herausgefunden hat“, schlug Gaby vor.
Karl nickte und begann nun wirklich mit seiner Zusammenfassung: „Fangen wir von vorne an, wenn ein Kind geboren wird, ist immer die erste Frage Mädchen oder Junge. In der Regel stellt der Arzt es offiziell fest und dann wird das so in die Geburtsurkunde eingetragen.“
„Ja das kennen wir so alle“, bestätigte Tim nickend.
„In manchen Fällen ist es aber so, daß es eben nicht so einfach ist. Es gibt Menschen, deren Selbstwahrnehmung nicht mit dem übereinstimmt, was der Arzt damals festgestellt hat, aus unterschiedlichen Gründen. All diese Menschen fallen unter den Überbegriff transgender“, kam nun Karl langsam zum wesentlichen.
„Okay also das was ich vorhin gesagt habe: Ein Junge der -“, begann Klößchen erneut.
„Ja auch aber nicht nur, wenn ein Mensch sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlt, als daß ihm zugeordnete, dann ist dieser Mensch transsexuell und das sind nicht nur Männer, die zur Frau angeglichen werden, sondern ebenso Frauen zu Männer, unabhängig davon ob der Mensch sich irgendwann durch eine OP angleichen lässt oder sich dagegen entscheidet. Alle Transsexuellen sind Transgender, aber nicht alle Transgender sind transsexuell “, zeigte Karl auf.
„Okay, soweit habe ich es verstanden“, meinte Tim direkt zufrieden..
„Ich nicht!“, warf Klößchen ein.
Karl nickte und erklärte: „Ich nehme mal ein Beispiel zur Veranschaulichung, das du kennst, dann ist es ganz einfach, auch wenn der Vergleich etwas unpassend ist. Oskar ist ein Hund und somit ein Säugetier. Alle Hunde sind Säugetiere, aber nicht alle Säugetiere sind Hunde.“
„Das ist klar wie Klößchenbrühe! Also ist demnach transgender ein Überbegriff und transsexuell eine Untergruppe“, erkannte nun auch Klößchen.
„Richtig Klößchen“, bestätigte Karl nun zufrieden.
„Gut, aber wenn es eine Untergruppe gibt, dann gibt es mindestens eine weitere Untergruppe. Das sind dann also die bigender?“, fragte Gaby etwas unsicher.
„Ja und nein, es gibt tatsächlich noch eine weitere Untergruppe, aber das ist die Gruppe der nichtbinären Menschen“, erklärte Karl.
„Das Wort hast du vorhin schon verwendet“ stellte Tim fest, „was bedeutet es?“
„Unter den Begriff fallen alle die, die sich nicht klar einordnen können, in entweder männlich oder weiblich“, antwortete Karl.
„Sondern?“, hakte Tim interessiert weiter nach.
„Da wäre zum Einen die Gruppe der intersexuellen Menschen, das sind Menschen die aufgrund ihrer körperlichen Merkmale nicht eindeutig zugeordnet werden können. Zwitter. Also Menschen die zum Beispiel einen Penis und Eierstöcke haben“, begann Karl aufzuzählen.
„Oh.. irgendwie habe ich den Begriff schon gehört, aber mir noch nie Gedanken gemacht darüber. Wie oft kommt sowas denn überhaupt vor?“, fragte Tim.
„In Deutschland werden ungefähr 150 Babys jährlich geboren, von denen man nicht so einfach sagen kann, ob sie nun männlich oder weiblich, sprich intersexuell sind“, konnte Karl auch diese Frage beantworten.
„Das ist zwar nicht sehr viel aber schon soviel, daß man das nicht als krasse Ausnahme abtun kann, für die es keine Lôsung bräuchte. Wie läuft das dann? Der Arzt stellt also nach der Geburt fest, daß er nicht sagen kann, ob das Kind ein Junge oder ein Mädchen ist und was passiert dann?“, wollte Gaby nun wissen.
„Nun bisher hat das der Arzt entschieden. In den meisten Fällen wurden früher die Babys dann zu Mädchen operiert, weil das von der Operation her einfacher ist, heute basteln wohl viele Ärzte gerne einen Jungen. Es ist die größere Herausforderung für das chirurgische Können“, antwortete Karl.
„Wie einfach so? Das selbe Kind würde so bei zwei unterschiedlichen Ärzten, je nach Lust und Laune von denen einmal zum Jungen und einmal zum Mädchen operiert werden, ungeachtet vom Kind selbst? Also willkürlich?“, vergewisserte sich Tim schockiert.
„Naja schon ziemlich, die Eltern haben da auch noch mitzureden, wenn die Eltern unbedingt ein Mädchen wollen, dann wird der Arzt trotz Ehrgeiz den Wunsch erfüllen. Wenn die Eltern unbedingt einen Jungen wollen, muss es natürlich erstmal möglich sein. Wie gesagt, es ist schwerer einen Jungen zu basteln. Der Arzt sagt was machbar ist und die Eltern entscheiden. Das Baby wird innerhalb kürzester Zeit operiert“, informierte Karl seine Freunde.
„Und was ist, wenn es falsch war? Was wenn ein Kind sich später ganz anders entwickelt?“, hakte Gaby schockiert nach.
„Da so früh operiert wird, daß das psysschosoziale Identitätsgeschlecht nicht berücksichtigt werden kann, sondern es subjektive Willkür von Arzt und Eltern ist, kommt das häufig vor. Die Wahrscheinlichkeit auf die falsche Entscheidung liegt bei 50% Diese Kinder werden meist von ihren Eltern in ein sehr starkes Geschlechterbild gepresst und es wird viel geschwiegen. Meist darf von diesem "Geburtsfehler" niemand wissen. Für die Kinder ist das sehr oft eine lebenslange Katastrophe, schwere psychische Probleme sind die Folge“, berichtete Karl.
„Das ist fürchterlich und bis wann wurde das so gehandhabt?“, wollte Gaby schockiert wissen.
„Das ist auch heute noch so. Erst seit 2018 gibt es in Deutschland überhaupt die Möglichkeit in die Papiere neben männlich und weiblich auch divers eintragen zu lassen, was nicht heißt, das solche Operationen nicht mehr durchgeführt werden. Es ist lediglich eine echte Möglichkeit, erstmal abzuwarten und später zu entscheiden, inklusive der Entscheidung, ob das Kind überhaupt operiert wird. Der deutsche Ethikrat und der Verband der intersexuellen Menschen kämpfen gegen diese Operationen, die wohl einige als Genitalverstümmelung von intersexuellen Menschen werten, aber noch genauer habe ich das jetzt ehrlich gesagt nicht recherchiert, weil es ja eigentlich um bigender gehen sollte. Doch zugegeben an dem Thema bleibt man schnell hängen“, erklärte Karl.
„Richtig. Allerdings muss ich zugeben, daß ich gerade geschockt bin, daß ein Arzt mal so eben eine solche Entscheidung trifft. Ich empfinde diesen Vorwurf der Genitalverstümmelung erstmal als absolut nachvollziehbar“, gab Gaby zu.
„Also verstehe ich das richtig, die intersexuellen werden zu den nichtbinären Menschen gezählt, ebenso die bigender, zu denen Kim gehört. Was ist nun der Unterschied zwischen den beiden?“, lenkte Tim nun das Gespräch in die eigentlich vorgedachte Richtung.
„Ja, zu den nichtbinären Menschen zählt man die intersexuellen Menschen, die agender, die bigender, die genderfluiden, die trigender, die pangender, die demigender und die genderqueeren Menschen“, zählte Karl erstmal vollständig auf.
Er trank einen Schluck aus seiner Wasserflasche dann erklärte er es: „Während bei den intersexuellen die Zuordnung anhand der körperlichen Merkmalen nicht eindeutig ist, ist das bei den anderen Gruppen biologisch der Fall, doch die persönliche Selbstwahrnehmung dieser Menschen sagt, es ist nicht eindeutig. Agender nehmen sich als weder männlich noch weiblich wahr. Bigender, als beides zugleich. Bei genderfluiden Menschen ist es phasenweise, die fühlen sich abwechselnd weiblich und dann wieder männlich und Genderqueere können sich da überhaupt nicht einsortieren. Die anderen drei kann ich glaube ich nicht richtig erklären.“
„Bigender sehen sich als beides zugleich? Das ist für mich schon schwer, mir das vorzustellen“, kommentierte Klößchen.
„Das Gute ist man muss nicht alles nachvollziehen können, um es akzeptieren zu können. Allerdings ist da in Sachen gesellschaftlicher Akzeptanz noch verdammt viel Luft nach oben. Es fängt wohl damit an, daß viele überhaupt keine Ahnung davon haben und dementsprechend Betroffene viel Diskriminierung erfahren. Genau wie Kim. Es ist ja eine Sache, daß Kim nicht auf dieses Internat kommen darf, dürfte Gaby ja auch nicht. Kim dürfte aber, anders als Gaby, auch nicht auf ein Mädcheninternat gehen und vermutlich gäbe es auch in einem gemischten Internat Probleme, denn dort werden die Schüler, spätestens bei der Zimmeraufteilung ebenfalls getrennt. Internate für nichtbinäre Schüler gibt es aber auch nicht als Alternative“, zeigte Karl die Ungerechtigkeit auf.
„Ich habe da eine Idee, Jungs! Wie wäre es wenn wir unser soziales Projekt für nächste Woche dem Thema widmen. Wir könnten uns mit Kim treffen, bereden was die Probleme für Kim sind und wie man da helfen kann. Als inoffizielles Ziel hätte ich gerne Dr Freund dazu zu bringen, Kim den Internatsplatz doch noch zu geben und als offizielles Ziel. Weniger Diskriminierung von Transgendern durch vermehrte Aufklärung“, schlug Gaby vor.
„Super Idee. Ich bin natürlich dabei“, stimmte Tim zu.
„Ich natürlich auch“, sagten Klößchen und Karl gleichzeitig.
„Für die nächste Woche haben wir uns etwas besonderes überlegt, da wollen wir eine Projektwoche machen“, kündigte Frau Schwarz ihre neue Klassenlehrerin an. „Ab Montag startet die Projektwoche zur Thematik Soziales Engagement. Alle Jahrgänge, alle Klassen machen mit. Ihr sollt in Kleingruppen euch etwas einfallen lassen und am Freitag für alle in der Aula präsentieren. Ihr sollt euch bis morgen ein Thema überlegen, entweder ihr engagiert euch selbst bei einer sozialen Einrichtung und berichtet darüber oder ihr stellt ein Thema dazu vor. Also ein Vortrag was wir alle gegen Cybermobbing machen können ist uns genauso Recht, wie ein Bericht wie ihr in einer Suppenküche helft.“
Direkt danach klingelte es zur Pause und die ersten Mitschüler begannen mit ihren Freunden zu überlegen, was sie denn gerne machen würden.
TKKG gingen gemeinsam auf den Schulhof zu ihrem Lieblingsplatz und Gaby fragte Karl nach einem ganz anderen Thema: „Hast du gestern noch etwas herausgefunden?“
„Also ich habe, wie versprochen, mich darüber informiert, was es mit dem Begriff bigender auf sich hat. Und ich muss zugeben, das war schon sehr interessant“, begann Karl und bekam sofort von seinen drei Freunden die volle Aufmerksamkeit.
„Bigender?“, wiederholte Klößchen fragend und sah zwischen seinen Freunden hin und her.
„Ja, in der Anmeldung von Kim stand das Kim bigender ist und deswegen wurde Kim nicht im Internat aufgenommen“, erklärte Tim kurz, was er gestern Abend noch nicht wirklich getan hatte, weil der Erzieher vom Dienst sie gestern ganz schön beschäftigt hatte.
„Achso, Kim ist der Junge, den ihr gestern vor dem Büro des Schulleiters getröstet habt“, meinte Klößchen leichthin.
„Nein eben nicht. Kim ist kein Junge, sondern nichtbinär“, korrigierte Karl.
„Ähm was?“, fragte Klößchen erneut ahnungslos.
Karl antwortete geduldig: „Nichtbinär. Also ich habe mich gestern in das Thema eingelesen. Es geht um transgender Menschen.“
Einen Moment sah Klößchen so aus, als wäre ihm nun ein Licht aufgegangen und meinte triumphierend: „Das Wort habe ich schon mal gehört! Das ist, wenn ein Mann sich zur Frau umoperieren läßt, richtig?“
Karl aber schüttelte verneinend den Kopf: „Nein. Das was du beschreibst, ist eine Transfrau, das ist noch spezieller hat aber mit Kim nichts zu tun.“
„Velleicht lassen wir Karl einfach mal erklären, was er herausgefunden hat“, schlug Gaby vor.
Karl nickte und begann nun wirklich mit seiner Zusammenfassung: „Fangen wir von vorne an, wenn ein Kind geboren wird, ist immer die erste Frage Mädchen oder Junge. In der Regel stellt der Arzt es offiziell fest und dann wird das so in die Geburtsurkunde eingetragen.“
„Ja das kennen wir so alle“, bestätigte Tim nickend.
„In manchen Fällen ist es aber so, daß es eben nicht so einfach ist. Es gibt Menschen, deren Selbstwahrnehmung nicht mit dem übereinstimmt, was der Arzt damals festgestellt hat, aus unterschiedlichen Gründen. All diese Menschen fallen unter den Überbegriff transgender“, kam nun Karl langsam zum wesentlichen.
„Okay also das was ich vorhin gesagt habe: Ein Junge der -“, begann Klößchen erneut.
„Ja auch aber nicht nur, wenn ein Mensch sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlt, als daß ihm zugeordnete, dann ist dieser Mensch transsexuell und das sind nicht nur Männer, die zur Frau angeglichen werden, sondern ebenso Frauen zu Männer, unabhängig davon ob der Mensch sich irgendwann durch eine OP angleichen lässt oder sich dagegen entscheidet. Alle Transsexuellen sind Transgender, aber nicht alle Transgender sind transsexuell “, zeigte Karl auf.
„Okay, soweit habe ich es verstanden“, meinte Tim direkt zufrieden..
„Ich nicht!“, warf Klößchen ein.
Karl nickte und erklärte: „Ich nehme mal ein Beispiel zur Veranschaulichung, das du kennst, dann ist es ganz einfach, auch wenn der Vergleich etwas unpassend ist. Oskar ist ein Hund und somit ein Säugetier. Alle Hunde sind Säugetiere, aber nicht alle Säugetiere sind Hunde.“
„Das ist klar wie Klößchenbrühe! Also ist demnach transgender ein Überbegriff und transsexuell eine Untergruppe“, erkannte nun auch Klößchen.
„Richtig Klößchen“, bestätigte Karl nun zufrieden.
„Gut, aber wenn es eine Untergruppe gibt, dann gibt es mindestens eine weitere Untergruppe. Das sind dann also die bigender?“, fragte Gaby etwas unsicher.
„Ja und nein, es gibt tatsächlich noch eine weitere Untergruppe, aber das ist die Gruppe der nichtbinären Menschen“, erklärte Karl.
„Das Wort hast du vorhin schon verwendet“ stellte Tim fest, „was bedeutet es?“
„Unter den Begriff fallen alle die, die sich nicht klar einordnen können, in entweder männlich oder weiblich“, antwortete Karl.
„Sondern?“, hakte Tim interessiert weiter nach.
„Da wäre zum Einen die Gruppe der intersexuellen Menschen, das sind Menschen die aufgrund ihrer körperlichen Merkmale nicht eindeutig zugeordnet werden können. Zwitter. Also Menschen die zum Beispiel einen Penis und Eierstöcke haben“, begann Karl aufzuzählen.
„Oh.. irgendwie habe ich den Begriff schon gehört, aber mir noch nie Gedanken gemacht darüber. Wie oft kommt sowas denn überhaupt vor?“, fragte Tim.
„In Deutschland werden ungefähr 150 Babys jährlich geboren, von denen man nicht so einfach sagen kann, ob sie nun männlich oder weiblich, sprich intersexuell sind“, konnte Karl auch diese Frage beantworten.
„Das ist zwar nicht sehr viel aber schon soviel, daß man das nicht als krasse Ausnahme abtun kann, für die es keine Lôsung bräuchte. Wie läuft das dann? Der Arzt stellt also nach der Geburt fest, daß er nicht sagen kann, ob das Kind ein Junge oder ein Mädchen ist und was passiert dann?“, wollte Gaby nun wissen.
„Nun bisher hat das der Arzt entschieden. In den meisten Fällen wurden früher die Babys dann zu Mädchen operiert, weil das von der Operation her einfacher ist, heute basteln wohl viele Ärzte gerne einen Jungen. Es ist die größere Herausforderung für das chirurgische Können“, antwortete Karl.
„Wie einfach so? Das selbe Kind würde so bei zwei unterschiedlichen Ärzten, je nach Lust und Laune von denen einmal zum Jungen und einmal zum Mädchen operiert werden, ungeachtet vom Kind selbst? Also willkürlich?“, vergewisserte sich Tim schockiert.
„Naja schon ziemlich, die Eltern haben da auch noch mitzureden, wenn die Eltern unbedingt ein Mädchen wollen, dann wird der Arzt trotz Ehrgeiz den Wunsch erfüllen. Wenn die Eltern unbedingt einen Jungen wollen, muss es natürlich erstmal möglich sein. Wie gesagt, es ist schwerer einen Jungen zu basteln. Der Arzt sagt was machbar ist und die Eltern entscheiden. Das Baby wird innerhalb kürzester Zeit operiert“, informierte Karl seine Freunde.
„Und was ist, wenn es falsch war? Was wenn ein Kind sich später ganz anders entwickelt?“, hakte Gaby schockiert nach.
„Da so früh operiert wird, daß das psysschosoziale Identitätsgeschlecht nicht berücksichtigt werden kann, sondern es subjektive Willkür von Arzt und Eltern ist, kommt das häufig vor. Die Wahrscheinlichkeit auf die falsche Entscheidung liegt bei 50% Diese Kinder werden meist von ihren Eltern in ein sehr starkes Geschlechterbild gepresst und es wird viel geschwiegen. Meist darf von diesem "Geburtsfehler" niemand wissen. Für die Kinder ist das sehr oft eine lebenslange Katastrophe, schwere psychische Probleme sind die Folge“, berichtete Karl.
„Das ist fürchterlich und bis wann wurde das so gehandhabt?“, wollte Gaby schockiert wissen.
„Das ist auch heute noch so. Erst seit 2018 gibt es in Deutschland überhaupt die Möglichkeit in die Papiere neben männlich und weiblich auch divers eintragen zu lassen, was nicht heißt, das solche Operationen nicht mehr durchgeführt werden. Es ist lediglich eine echte Möglichkeit, erstmal abzuwarten und später zu entscheiden, inklusive der Entscheidung, ob das Kind überhaupt operiert wird. Der deutsche Ethikrat und der Verband der intersexuellen Menschen kämpfen gegen diese Operationen, die wohl einige als Genitalverstümmelung von intersexuellen Menschen werten, aber noch genauer habe ich das jetzt ehrlich gesagt nicht recherchiert, weil es ja eigentlich um bigender gehen sollte. Doch zugegeben an dem Thema bleibt man schnell hängen“, erklärte Karl.
„Richtig. Allerdings muss ich zugeben, daß ich gerade geschockt bin, daß ein Arzt mal so eben eine solche Entscheidung trifft. Ich empfinde diesen Vorwurf der Genitalverstümmelung erstmal als absolut nachvollziehbar“, gab Gaby zu.
„Also verstehe ich das richtig, die intersexuellen werden zu den nichtbinären Menschen gezählt, ebenso die bigender, zu denen Kim gehört. Was ist nun der Unterschied zwischen den beiden?“, lenkte Tim nun das Gespräch in die eigentlich vorgedachte Richtung.
„Ja, zu den nichtbinären Menschen zählt man die intersexuellen Menschen, die agender, die bigender, die genderfluiden, die trigender, die pangender, die demigender und die genderqueeren Menschen“, zählte Karl erstmal vollständig auf.
Er trank einen Schluck aus seiner Wasserflasche dann erklärte er es: „Während bei den intersexuellen die Zuordnung anhand der körperlichen Merkmalen nicht eindeutig ist, ist das bei den anderen Gruppen biologisch der Fall, doch die persönliche Selbstwahrnehmung dieser Menschen sagt, es ist nicht eindeutig. Agender nehmen sich als weder männlich noch weiblich wahr. Bigender, als beides zugleich. Bei genderfluiden Menschen ist es phasenweise, die fühlen sich abwechselnd weiblich und dann wieder männlich und Genderqueere können sich da überhaupt nicht einsortieren. Die anderen drei kann ich glaube ich nicht richtig erklären.“
„Bigender sehen sich als beides zugleich? Das ist für mich schon schwer, mir das vorzustellen“, kommentierte Klößchen.
„Das Gute ist man muss nicht alles nachvollziehen können, um es akzeptieren zu können. Allerdings ist da in Sachen gesellschaftlicher Akzeptanz noch verdammt viel Luft nach oben. Es fängt wohl damit an, daß viele überhaupt keine Ahnung davon haben und dementsprechend Betroffene viel Diskriminierung erfahren. Genau wie Kim. Es ist ja eine Sache, daß Kim nicht auf dieses Internat kommen darf, dürfte Gaby ja auch nicht. Kim dürfte aber, anders als Gaby, auch nicht auf ein Mädcheninternat gehen und vermutlich gäbe es auch in einem gemischten Internat Probleme, denn dort werden die Schüler, spätestens bei der Zimmeraufteilung ebenfalls getrennt. Internate für nichtbinäre Schüler gibt es aber auch nicht als Alternative“, zeigte Karl die Ungerechtigkeit auf.
„Ich habe da eine Idee, Jungs! Wie wäre es wenn wir unser soziales Projekt für nächste Woche dem Thema widmen. Wir könnten uns mit Kim treffen, bereden was die Probleme für Kim sind und wie man da helfen kann. Als inoffizielles Ziel hätte ich gerne Dr Freund dazu zu bringen, Kim den Internatsplatz doch noch zu geben und als offizielles Ziel. Weniger Diskriminierung von Transgendern durch vermehrte Aufklärung“, schlug Gaby vor.
„Super Idee. Ich bin natürlich dabei“, stimmte Tim zu.
„Ich natürlich auch“, sagten Klößchen und Karl gleichzeitig.