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Tausendmal Berührt [Teil I]

von ninarina
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Joachim "Joko" Winterscheidt Klaas Heufer-Umlauf
14.06.2021
29.01.2022
20
134.433
126
Alle Kapitel
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Dieses Kapitel
3 Reviews
 
12.07.2021 6.395
 
Oh je. Das alles verfällt immer mehr in die Kategorie „Oh je“. Wer dachte, im letzten Kapitel ging es um Eifersucht, muss sich anschnallen und vorbereiten, weil: Oh je. Vielleicht war es naiv von mir, zu denken, ich könnte den Drama/Gefühlsteil in den ersten Teilen hintenanstellen, aber dass es so schwierig wird, hätte ich wirklich nicht gedacht. Eigentlich waren die beiden Parts schon vor ein paar Tagen fast fertig und dann kamen beim Weiterschreiben wieder so viele Komplikationen. Die beiden Parts spiegeln sich aus diesem Grund diesmal sehr und es gibt zum ersten Mal eine große Differenz in der Art, wie sich Joko und Klaas fühlen und was sie den anderen sehen lassen.


Was tun die zwei mit mir?


Erneut vielen Dank für die detaillierte Rückmeldung, es hilft mir ungemein, am Ball zu bleiben und mit Motivation zu versuchen, die Verstrickungen dieser zwei Doofköpfe hier ein wenig zu entwirren. Viel Spaß beim Lesen und lasst mich wissen, was ihr denkt.






Part 4: Take Your Hands Off Him




Did she make your heart beat faster than I could?

Did she give you what you hoped for?

Oh, nights of loveless love, I hope it made you feel good,

Knowing how much I adored you.

(Love by Daughter)






Goldene Kamera, Februar 2012



Es passierte, obwohl Joko sich fest vornahm, nicht nachzugeben.

Nicht dieses Mal, nicht schon wieder.

Nicht, wenn Joko allen Grund hatte, Klaas mit dem Arsch nicht anzugucken.

Er hatte es ihm versprochen.

Ich krieg das hin, Joko.

Ich lass dich damit nicht allein, Joko.

Ich verspreche pünktlich zu sein, Joko.

Wenn Joko eines nicht ausstehen konnte, dann war das Klaas‘ fast schon krankhafte Unpünktlichkeit. Er hasste es wie die Pest, und auch wenn sie firmenintern ein gutes System gefunden hatten, damit Joko nicht vor jedem Dreh an die Decke ging und Klaas nicht schon komplett auf Angriff geschaltet an den Drehort hetzte, so ließ sich das bei öffentlichen Veranstaltungen, zu denen sie eingeladen waren, nicht so nahtlos planen.

Da hatte man anwesend zu sein, und zwar nicht 40 Minuten später, sondern dann, wenn man es musste.

Und jetzt war Joko hier, alleine, rauchend vor Zorn. Alleine, backstage bei der Goldenen Kamera, ohne Klaas. Ohne Partner. Er konnte nicht mal die Garderobe verlassen, konnte das Kostüm nicht allein den Kameras präsentieren.

Klaas antwortete nicht, drückte ihn weg, ignorierte Jokos Nachrichten. Joko bebte vor unterdrückter Wut, tigerte in dem kleinen Raum hin und her, war so enttäuscht von Klaas und gleichzeitig so ernüchtert, weil er es irgendwie vorher gewusst hatte. Klaas war einer der beständigsten Menschen, die Joko je kennenlernen durfte, man konnte sich auf ihn verlassen, sich auf ihn stützen, ihn alles regeln lassen. Er blieb ruhig, wenn Joko aus dem Tritt geriet. Er behielt einen klaren Kopf, wenn Joko längst von Zweifeln geplagt wurde. Aber sein dauerhaftes Trampeln auf Jokos Nerven, wenn es darum ging, einfach mal zur gegebenen Zeit am gegebenen Ort zu sein, das war zu so einem Ding zwischen ihnen geworden, dass sie beide überaus empfindlich darauf reagierten.

Die Tür zu dem kleinen Raum öffnete sich fast lautlos und Klaas‘ schmächtiger Körper huschte hindurch. Die Entschuldigung lag in seinem Blick, schob sich mit ihm in den Raum. Er hob beschwichtigend die Hände. „Ich weiß.“

„50 Minuten.“

„Joko—“

„Seit 50 verfickten Minuten warte ich jetzt auf dich!“

„Ich weiß.“

„Hast du keine Uhr? Hast du keinen Wecker? Was ist so schwer daran, einmal in deinem Leben pünktlich zu sein?!“

„Es tut mir leid.“

„Ich hab’n Kind, Klaas. Ich hab’n scheiß Kind zuhause und ich schaffe es trotzdem, weil es mir wichtig ist. Weil das Teil unseres Jobs ist.“

Klaas schien kurz aus dem Konzept gebracht, musterte Joko aus schmalen Augen.

„Ist es dir so egal? Ist es dir wirklich so verdammt egal, dass mir das wichtig ist, hier zusammen zu erscheinen, pünktlich zu sein?“

„Natürlich nicht.“ Klaas wirkte immer noch ungewohnt defensiv. Normalerweise ging er in den Angriff über, wenn Joko ihn mit Vorwürfen überschüttete. Er tendierte entweder zu einer aggressiveren Sturheit oder einer kompletten Gleichgültigkeit, aber nie gab er einfach nach oder wurde ausweichend.

Joko betrachtete ihn jetzt genauer, mit mehr Skepsis. Klaas‘ Augen waren ein wenig heller als sonst, flackerten unstetig. Seine Haare sollten ordentlich auf dem Kopf liegen, aber einzelne Strähnen standen widerspenstig vom Schopf ab. Er atmete schnell und flach, wirkte gehetzt. Sein Anzug war nicht sorgfältig angezogen, sondern schnell übergeworfen worden.

Klaas mied seinen Blick.

Und Joko, der hatte mit einem Mal eine sehr böse Vermutung.

„Warum bist du zu spät, Klaas?“ Seine Stimme war jetzt leise, aber sie hatte nichts an ihrer Schärfe verloren.

Ein Schulterzucken.

Joko suchte den Augenkontakt und fand ihn nicht, also machte er ein paar Schritte auf sein Gegenüber zu. Er wusste nicht, ob er es zuerst sah oder roch. Das liebliche Frauenparfüm, dass auf Klaas‘ Haut haftete und dessen Geruch zwischen ihnen durch die Luft waberte oder den dunklen, eindeutigen Fleck auf seinem Hals. Wie zwei Puzzlestücke setzte sich das Bild vor ihm zusammen und zog ihm den Boden unter den Füßen weg.

„Sag mir, dass du mich nicht hier hast sitzen lassen, weil du vögeln wolltest.“

Klaas‘ Blick schnellte jetzt zu ihm, bittend und ein bisschen verzweifelt und in Jokos Kopf brannte eine Sicherung durch. „Wegen einer Fickgeschichte, ist das dein Ernst?!“, schrie er plötzlich und trat gegen das Sofa. Klaas zuckte heftig zusammen. Joko fluchte laut auf. Der Schmerz durchschoss seinen Körper, aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen. „Du lässt mich hängen, um es mit irgendeiner dahergelaufenen—“

„Hey“, zischte Klaas jetzt, schien sich wieder ein wenig gefangen zu haben. Seine Wangen zierten eine leichte Röte. Vielleicht war es Scham, vielleicht war es Aufregung, Joko wusste es nicht. Er wusste nur, dass er sich hintergangen fühlte, ausgenutzt und nicht wertgeschätzt. „Was auch immer du sagen wolltest, lass es besser.“

„Was soll ich lassen, he?“, blaffte er. „Das ist echt das Allerletzte, Klaas. Es mit irgendjemandem zu treiben, während ich auf dich warte. Du kannst in deiner Freizeit machen, was du willst und mit wem du willst, aber nicht, wenn du und ich einen gemeinsamen Termin haben.“

„Es ist—“, begann Klaas laut und atmete dann tief durch, um ein wenig ruhiger fortzufahren. „Es ist nicht einfach irgendjemand, okay?“

Ein ungewohntes Gefühl kroch durch Jokos Körper, wurde wie schwarzer Teer mit jedem Herzschlag zäh und langsam durch seine Blutbahnen gepumpt. Er wusste nicht, was es war. Er kannte es nicht. Aber der Knoten, der sich in seinem Magen bildete, der war nicht ganz neu. Mit dem war er so weit vertraut, dass er die Übelkeit kommen sah, die sich als nächstes in ihm ausbreitete. Er kannte Klaas jetzt lang genug, um zu wissen, dass dieser sich ungern auf längere Beziehung einließ; dass er es vermied, mehr Emotionen als unbedingt notwendig in Dinge zu investieren, bei denen er keine Zukunft sah.

Offensichtlich war es dieses Mal anders. Was auch immer Klaas am Laufen hatte, es war nicht belanglos. Es hatte Zukunft. Es hatte Bedeutung. Genug Bedeutung, um sich jetzt zu sammeln und Argumente vorzubereiten, eine Versöhnung mit Joko zu suchen, in einem Moment, in dem er sonst viel eher den Streit provoziert hätte.

Joko wollte es nicht hören. Er wollte gar nichts hören. Es sollte ihn überhaupt nicht interessieren, mit wem Klaas ins Bett stieg und normalerweise tat es das auch nicht. Aber an diesem Tag, in diesem Moment, waren seine Nerven so gespannt, dass ihm die Frage einfach herausrutschte.

„Küsst du sie wenigstens?“

Damit hatte Klaas nicht gerechnet. Die Frage traf ihn völlig unerwartet, ließ seine Argumentationskette vor Jokos Augen in sich zusammenfallen, und der konnte es nicht einmal genießen, weil er seine Worte selbst sofort bereute.

„Joko…“ Klaas‘ Stimme war von einer Art weicher Unsicherheit geprägt. Joko presste die Lippen aufeinander, schüttelte den Kopf. Das letzte, was er jetzt brauchte, war Klaas, der dachte, er müsse Mitleid mit ihm haben. Er kam sich selbst schon so dumm vor.

„Vergiss es. Das war unnötig. Es ist sowieso egal, es geht mich ja nichts an. Aber dann verschieb‘ du deine Verabredungen gefälligst auf einen Zeitpunkt, an dem du nicht eigentlich arbeiten musst.“

Kurz wirkte es so, als wollte Klaas noch etwas sagen, das Thema nicht ohne Kommentar auf sich ruhen lassen. Aber dann nickte er und ließ es ziehen, weil es einfacher war, weil er dieses Gespräch genauso wenig führen wollte wie Joko. „Es tut mir leid“, wiederholte er.

Joko ruckte kurz mit dem Kopf. Er würde eine Weile brauchen, um runterzukommen. Der Verrat brannte immer noch in ihm, verätzte ihn von innen. Die Tatsache, dass Klaas so rücksichtslos war und es ihn offensichtlich so wenig interessierte, dass Joko ihn hier gebraucht hätte. Pünktlich, wie versprochen, als ein Zeichen der gegenseitigen Wertschätzung. Als ein Zeichen dafür, dass Joko Klaas genauso viel bedeutete, wie es andersherum der Fall war.

„Es kommt nicht wieder vor“, nuschelte Klaas.

Joko nickte ein weiteres Mal und glaubte ihm kein Wort. „Wir gehen da jetzt raus und ziehen unsere Show ab. Und dann will ich dich nicht mehr sehen. Dann will ich einfach nur nach Hause.“

Klaas‘ Augen verengten sich kurz bei den Worten. Joko konnte den Blick, der ihm zugeworfen wurde, nicht lesen, weil Klaas es nicht zuließ. Er wusste nicht, ob es Schmerz war oder Enttäuschung oder vielleicht bloß Sturheit und Wut. Aber Klaas folgte Jokos Forderung, zog sich eilig um, betrachtete sich dann kurz im Spiegel und plättete seine rebellischen Haare. Er griff nach dem Puder und machte sich zügig an die Arbeit, ging die Schritte der Reihe nach durch, mechanisch, stumm, ohne eine Miene zu verziehen.

Als er fertig war, konnte sich Joko einen letzten Kommentar nicht verkneifen und deutete auf die Tube Make-Up neben Klaas. „Überdeck den Fleck auf deinem Hals. Du musst dich nicht noch lächerlicher machen.“

Wieder dieser Blick. Wieder sagte Klaas nichts, griff nach der Tube und tat wie geheißen.

Die Veranstaltung war lang, zog sich unangenehm. Sie trafen eine Reporterin, der Klaas offensichtlich von seinem schlechten Gewissen erzählt hatte, da sie sich jetzt erkundigte, warum Joko wütend auf ihn gewesen war. Joko schaffte es nicht, seine gewohnte Lockerheit so überzeugend wie sonst rüberzubringen und konnte sofort spüren, wie sich Klaas neben ihm anspannte. Weil Klaas immer angespannt reagierte, wenn Joko nicht perfekt funktionierte. Klaas durfte fürs Vögeln Termine nicht wahrnehmen, aber Joko durfte nicht öffentlich andeuten, dass zwischen ihm und Klaas nicht jeden Tag alles Friede, Freude, Eierkuchen war.

Der Abend war anstrengend. Sie waren beide professionell genug, um sich vor den Kameras möglichst wenig anmerken zu lassen, aber die gewohnte Vertrautheit und Leichtigkeit fehlte komplett. Die Stimmung zwischen ihnen war immer noch unangenehm, als sie Stunden später in den kleinen Raum zurückkehrte und stumm begannen, sich umzuziehen.

„Joko“, flüsterte Klaas schließlich in die Stille hinein. Er zog leicht an Jokos Ärmel. „Es tut mir leid. Das tut es mir wirklich. Es war ein Fehler.“

Joko schwieg. Er war immer noch zu angespannt, zu enttäuscht, um Klaas entgegenzukommen.

„Es war beschissen von mir.“ Klaas ließ nicht locker, schloss kurz die Augen und schien sich sammeln zu müssen. „Ich schäme mich dafür, okay?“

Ein wenig verdutzt beobachtete Joko ihn aus dem Augenwinkel. Egal, welche Motivation hinter Klaas‘ Entschuldigung steckte, sie war in jedem Fall aufrichtig gemeint. Klaas rieb sich nervös die Hände, wirkte viel kleiner und jünger als sonst. Er machte einen Schritt auf ihn zu, sah ihn aber nicht an, sondern heftete seinen Blick auf eine Stelle neben Jokos Hals. Unsicher streckte er die Hand aus, fuhr mit den Fingern vorsichtig über Jokos Schultern, als hätte er Angst, dieser würde bei der Berührung in tausend Teile zersplittern.

„Sag mir was ich tun soll und ich mach’s“, murmelte Klaas, suchte jetzt doch Jokos Augen und fand sie augenblicklich. „Was auch immer du willst.“

Tja, was wollte er? Was wollte er wirklich von Klaas? Warum half es, ihn anzufassen und von ihm angefasst zu werden? Warum fühlte er sich dadurch verstanden, dass sie nie darüber sprachen und alles immer komplizierter wurde?

Joko schwankte. Sollte Klaas von sich stoßen, zog ihn aber doch näher zu sich. Könnte Klaas hundert dreckige Sachen ins Ohr flüstern, wissend, dass Klaas sie heute alle machen würde, und starrte doch nur wieder auf seine Lippen. Warum war es solch ein Tabu, Klaas zu küssen? Warum tat er es nicht einfach? Warum hatte Klaas ihm diese Grenze so glasklar und stumm gesetzt? Und warum war Klaas‘ Blick jetzt auf Jokos Lippen geheftet, als wolle er es genauso sehr wie er? Warum, warum, warum?

Die Bitte lag ihm schon auf der Zunge, als Klaas ihm zuvorkam und sich ihm entgegenstreckte. Joko hielt unwillkürlich die Luft an, hatte plötzlich den Drang, Klaas wegzuschubsen, und atmete zitternd aus, als er Klaas‘ Mund auf seiner Wange spürte.

„So?“, raunte Klaas, küsste ihn nochmal auf die Wange, legte seine Hand sanft in Jokos Nacken und zog ihn noch näher an sich, sodass ihre Körper aneinandergepresst waren. Jokos Herz schlug mit der Gewalt eines Presslufthammers in seiner Brust, der Knoten in seinem Magen schwoll mit jedem Kuss, den Klaas auf seiner Wange, seinem Kiefer und an seinem Ohr platzierte, weiter an. Erregung durchzuckte ihn, aber sie war ungewohnt schwach, als würde sie von etwas anderem gewaltsam abgedrängt werden.

Langsam dämmerte ihm, was das war. Panik.

Es war nicht nur Klaas, der ihn nicht küssen wollte, Joko hatte genauso Angst davor, wie er. Und jetzt, da Klaas mit voller Absicht alle Zärtlichkeit in seine Berührungen und Küsse legte, verstand Joko auch, warum. Er hatte Angst davor, sich in Klaas zu verlieben. Er war nur einen Kuss davon entfernt, völlig haltlos und unwiderruflich ins Bodenlose zu fallen.

„Ist das besser?“, fragte Klaas leise. Seine Stimme war rau, sie zitterte vernehmbar. Klaas hing irgendwo zwischen berechenbarer Provokation und eigener Unsicherheit und da war es wieder, dieses Gefühl, verstanden zu werden. Dieses Wissen, dass Joko nicht allein war. Es machte es ihm leicht, aufzugeben. Klaas gewinnen zu lassen, ihm Recht zu geben, da er Recht hatte.

Joko zog den Kopf zurück und schüttelte ihn dann. „Nein“, gab er zu. Denn nein, diese Vermischung von Emotionalität und Körperlichkeit machte es nicht besser, es machte alles viel, viel schlimmer. Er würde Klaas nicht mehr angucken können, ohne es zu sehen. Er würde nicht mehr mit ihm arbeiten können, ohne es zu wissen. Er würde ihn nicht mehr anfassen können, ohne es zu fühlen.

Ihre Blicke trafen sich. Joko nestelte blind an seiner Hose, zog am Reißverschluss und an seiner Boxershorts, um seinen halbsteifen Schwanz freizulegen. In Klaas‘ Augen blitzte es triumphierend, aber er sagte nichts, spiegelte nur seine Bewegungen. Die Blicke wurden intensiver, verhakten sich ineinander, als Joko begann, schnell über seinen Schwanz zu reiben und Klaas es ihm erneut nachtat.

Es war überhastet und emotionslos, diente nur der eigenen Befriedigung und vielleicht dem Lösen der Frustration, die sie beide in den letzten Stunden gefühlt hatten. Sie sahen einander zu, reizten sich weiter nur durch ihre Blicke, fassten den anderen nicht an, sondern nur sich selbst. Joko wollte nicht von Klaas berührt werden, vor allem nicht heute, wenn er nach jemand anderem roch. Er wollte nicht darüber nachdenken, nicht damit konfrontiert werden, auf wessen Körper Klaas‘ Finger neben seinem gewesen waren.

Joko sah den vielschichtigen Blick in Klaas‘ Augen, den inneren Konflikt, der wie sein eigener war, und wusste, dass er diese Sache mit ihm nicht loslassen konnte. Sie mussten es beschützen, damit nicht alles um sie herum zusammenbrach, weil es schon viel zu spät war, die Bremse zu ziehen und ganz aufzuhören. Dann lieber weiter so, wie es war.

Sie würden sich nicht küssen.

Es war besser so.

Aber als er kam, dachte Joko nur, Ich will es trotzdem. Ich will ihn trotzdem küssen.



x




I don’t want your body,

But I hate to think about you with somebody else,

Our love has grown cold,

You’re intertwining your soul with somebody else

(Somebody Else by The 1975)






Duell um die Welt Aufzeichnung, August 2012



Es passierte während der Abschlussfeier der ersten Duell um die Welt Staffel.

Ein feiernder, trinkender Joko konzentrierte alles, was Klaas an ihm wahnsinnig machte, auf ein paar Stunden. Alles, was ihn zutiefst an Joko irritierte, was ihn aus der Haut fahren ließ, kam auf diesen Partys zusammen und entlud sich.

Joko, der zu schnell zu viel trank.

Joko, der zu laut lachte und unpassende Kommentare von sich gab.

Joko, der mit allem flirtete, was ihm vor die Flinte lief und alle es harmlos als typisch Joko abtaten, obwohl er seit Jahren vergeben war.

Joko, der stolperte und pöbelte und nicht ging, bis alle anderen weg waren.

Joko, der ihm viel zu nah kam, viel zu aufdringlich war und viel zu anzügliche Sachen sagte.

Klaas hasste es.

Er hasste öffentliche Veranstaltungen mit Joko. Er hasste das Kribbeln unter seiner Haut, das von der Wut auf Joko bis in seine Fingerspitzen getrieben wurde, sich Minute um Minute mehr aufbaute und keine Chance hatte, sich zu entladen, ohne, dass er Joko eine Riesenszene machte und alle dachten, er wäre ein cholerischer Gockel.

Und so stand Klaas an der Bar, nippte an seinem Bier und beobachtete, wie Joko durch den Raum marschierte, groß und einladend und laut.

Warum musste er immer so laut sein?

Wenn Joko kam, da war er nicht so vorlaut, schoss es Klaas plötzlich bitter durch den Kopf. Da konnte er nur meist nur zittern und keuchen. So wie bei dem Heidepark Dreh im Frühling, als er sich nachts unter Klaas‘ Händen gewunden hatte, mit aufgerissenen Augen und den Zähnen in die Unterlippe gegraben. Wenn er kam, war Joko meistens leise. Alles, was seinen Mund dann verließ, waren Laute, die ein wenig erstickt klangen. Klaas schüttelte sich leicht, schob den Gedanken weg und konnte doch nicht verhindern, dass sich sein Magen ganz heiß zusammenzog.

Joko stand inzwischen bei Jannine. Schon nach dem ersten Satz reichte sein nervtötendes Lachen bis zu ihm herüber. Klaas biss die Zähne zusammen, nahm jetzt einen großen Schluck Bier und sah, wie Joko der Moderatorin über die Schulter strich und sie vertraut angrinste, ihrer Geschichte lauschte, als wäre es das faszinierendste der Welt. Joko konnte das. Er konnte jemanden ansehen und ihn glauben lassen, dass nichts anderes mehr zählte. Für die Sekunden, in denen man sich in Jokos ungezügelter Aufmerksamkeit sonnen konnte, war man unantastbar. Klaas kannte dieses Gefühl, war dem Drang, es wieder und wieder zu spüren, schon viel zu oft verfallen.

Er war so tief in seinen Gedanken versunken, dass er nicht aufpasste. Jokos Blick schweifte urplötzlich durch den Raum und blieb an Klaas hängen, der darauf nicht vorbereitet war und der sich kalt erwischt fühlte. Er brauchte zu lange, um die Maske aus kühler, ein wenig gelangweilter Teilnahmslosigkeit vor seine wütende Anspannung zu legen und Joko kannte ihn zu gut, um es nicht lesen zu können.

Klaas riss seinen Blick sofort los und beschloss, auf Angriff zu gehen. Er bestellte sechs Tequila Shots und schob sich mit einem kleinen Tablett und einem frischen Bier bewaffnet durch die Menge zu Joko und Jannine hinüber. Joko tat, als wäre er überrascht, von Klaas unterbrochen zu werden, aber in seinen Augen glitzerte es und seine Mundwinkel zuckten verdächtig. Noch so etwas, das Klaas in den Wahnsinn trieb. Es gab kaum etwas Schlimmeres als einen überheblichen, besoffenen Joko, der überzeugt war zu wissen, was in Klaas vorging und der nicht müde wurde, es jedem zu erzählen.

„Soooo“, kündigte sich Klaas in bester Show-Manier an und grinste, als Jannine den Tequila skeptisch beäugte. „Ich würde mal sagen, Kopf in‘ Nacken, Freunde.“

Jannine stöhnte und ließ sich den ersten Kurzen dennoch in die Hand drücken. Joko ließ ihn nicht eine Sekunde aus den Augen. Stattdessen hielt er Jannine seinen Handrücken entgegen und lachte laut auf, als sie neckend mit der Zungenspitze darüberfuhr und ihm das Salz darauf streute. Klaas Finger umklammerten sein Glas so fest, dass er Angst hatte, es würde wie im schlechten Film in seiner Hand zerspringen.

„Auf uns“, hauchte Joko in seinem übertriebenen, verruchten Tonfall und Klaas verdrehte genervt die Augen.

„Wohl eher auf mich“, korrigierte er automatisch. „Ich bin schließlich Weltmeister.“

Joko lachte schon wieder sein gackerndes Lachen und Klaas hatte das Gefühl, unter seiner Haut würden tausende Ameisen krabbeln. Das Bedürfnis, Joko zum Schweigen zu bringen, stieg ins Unermessliche. Er trank den nächsten Tequila, ohne nachzudenken, genoss das Brennen auf seinen Lippen, wie es ihm die Kehle hinunterträufelte und sich warm in seinem Magen ausbreitete. Joko beobachtete ihn derweil mit Argusaugen. „Hast du heute noch was vor, Hase, oder warum stößt du nicht mal mehr mit uns an?“

Bevor Klaas etwas Bissiges erwidern konnte, wurden sie von Thomas Martiens, Frank und Benni unterbrochen, die sich grölend und eindeutig betrunken zu ihnen gesellten und versuchten, ihnen Sambuca unterzujubeln. Klaas genügte ein Blick auf Joko, der Thomas ekstatisch begrüßte und einen Arm um ihn schlang, und zog sich ohne Kommentar aus der Meute zurück, um wieder die Bar anzusteuern.

Diesmal bestellte er sich Whiskey.

War wütend und wusste nicht, warum.

War wütend, weil er eigentlich sehr wohl wusste, warum.

Er war erneut so verflucht unaufmerksam, da seine Augen immer wieder unausweichlich zu Joko glitten, dass er Thomas Schmitt neben ihm zu spät bemerkte. „Saugute Show, Klaas“, brummte der in sein Bier, klang wie immer gelangweilt und doch wusste Klaas, dass er sehr zufrieden sein musste, wenn er nichts als Lob für Klaas übrighatte.

Klaas nickte und nippte an seinem Glas.

„Hätte gedacht, du bist euphorischer, Joko geschlagen zu haben.“

Klaas zuckte mit den Schultern und nahm noch einen Schluck. „Joko hat mich zu viel genervt. Nicht mal das lässt der Idiot mich genießen.“

Thomas zog die Augenbrauen hoch, ganz leicht nur, aber Klaas bereute sofort, etwas gesagt zu haben. „Was hat er jetzt schon wieder verbrochen?“

„Ist doch egal.“

„Ne, sag mal.“

„Man Schmitt“, blaffte Klaas, die Nerven so strapaziert, dass er am liebsten geschrien hätte. „Alles an Joko geht mir auf den Sack, okay? Alles. Allein wie der sich heute schon wieder aufführt.“

„Ich glaube nicht, dass er das macht, um dich zu ärgern“, meinte Thomas nur. „Der ist einfach so. ist doch nichts neues, dass ihr euch in den Wahnsinn treibt.“

Jokos Lachen drang zu ihnen durch und Klaas‘ Kopf schnellte sofort wieder zu der kleinen Gruppe hinüber. Und da stand er, die Augen glasig, den Hals ganz rot vor Aufregung und den Arm um Jannines Hüfte gelegt.

„Das der sich nicht in Grund und Boden schämt für sein affiges Verhalten“, presste Klaas mühsam hervor und leerte sein Glas in einem Zug. Der Alkohol pulsierte durch seinen Körper, ließ diesen vor Anspannung vibrieren.

Es reichte ihm jetzt.

„Ich glaube nicht, dass Joko hier das Problem ist“, murmelte Thomas ihm noch zu, aber Klaas war zu sehr in seinem Tunnel, um darauf zu achten oder sogar auf die Implikation hinter dem Satz einzugehen. Er stieß sich von der Bar ab und bewegte sich zielsicher auf die Tür zu, Joko immer noch in seinem direkten Blickfeld. Er zählte die Sekunden im Takt seiner Schritte.

3, 4, 5.

Jokos Blick traf seinen mit einer Selbstverständlichkeit, die Klaas erneut eine Welle von Wut durch den Körper trieb. Jokos Augen lächelten verschmitzt, aber Klaas ruckte nur mit dem Kopf Richtung Ausgang.

Joko folgte ihm augenblicklich, verabschiedete sich von niemandem und es gab Klaas ein Gefühl von zorniger Befriedigung. Er verließ den Raum, eilte die langen Gänge des Studios entlang und hörte Jokos schnelle Schritte hinter ihm. Die nächste Tür mit zitternden Händen aufstoßend, schaffte er es grade noch so nach draußen und sog einen Schwall kühler, aber angenehmer Luft ein, bevor er eine Hand auf seiner Schulter spürte.

„Fass mich nicht an“, murrte er und schüttelte Jokos Hand ab, obwohl er wusste, dass es bescheuert war. Sie waren nur aus einem Grund hier.

Joko schubste ihn leicht, lachte wissend und schob seinen Körper enger an ihn. „Jetzt tu nicht so, Klaas.“

Klaas schubste zurück, spürte immer noch diese verzweifelte Wut und dieses Wollen in sich, das dort nicht sein sollte.

„Ich hab‘ die Minuten gezählt, sobald ich deinen Blick an der Bar gesehen habe“, fuhr Joko unerbittlich fort, trat noch näher an Klaas und schien die Spannung, die sich zwischen ihnen auflud, in vollen Zügen zu genießen.

„Hör auf zu labern“, zischte Klaas und schubste ihn wieder, wusste nicht wohin mit sich.

Joko bewegte sich keine Millimeter zurück. Seine Finger streiften Klaas‘ Brust und der zuckte zusammen. „Ich habe mich kurz gefragt, ob du vor Wut vom Boden abhebst, wenn ich Jannine noch einmal anfasse.“

Bebend trat Klaas nun einen Schritt auf ihn zu und funkelte Joko an. Joko, der es wagte, ihn zu beobachten, die richtigen Schlüsse zu ziehen und sie dann auch noch so beschissen überheblich laut auszusprechen. Joko, der ihn anscheinend bewusst provoziert hatte und damit auch noch Erfolg gehabt hatte. „Halt dein Maul. Ich halte dein dummes Gelaber nicht mehr aus.“

Als Antwort bekam er ein süffisantes Grinsen. Eine Hand in seinem Nacken, die er wieder versuchte wegzuschlagen, die sich jedoch stattdessen enger um ihn schloss und zudrückte, und dann war Jokos Mund an seinem Ohr.

„Ich wusste, dass du es nicht aushältst. Ich wusste, dass du rüberkommst. Ich wusste, dass du das hier nicht lassen kannst.“

„Du weißt gar nichts, Winterscheidt“, knurrte Klaas aufgebracht.

Joko lachte leise. „Sich selbst anlügen ist nicht gut für den Seelenfrieden, Hase.“

Klaas fuhr mit der Hand über Jokos Schritt, griff feste zu und suchte seinen Blick. Joko keuchte überrascht auf, hatte nicht mit der Berührung gerechnet und brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Brennende Befriedigung breitete sich wieder in Klaas aus und er strich noch einmal zur Bestätigung über Jokos Hose.

„Nen Scheiß weißt du“, wiederholte er rau.

„Beweis‘ mir das Gegenteil“, flüsterte Joko mit einem eindeutigen Blick in den Augen zurück und das reichte, um Klaas‘ kompetitive Seite gänzlich zu entfalten. Gegen Joko kämpfen, das konnte er. Gegen Joko gewinnen, das konnte er noch besser. Und wenn Joko dabei noch endlich seine große Klappe hielt, könnte Klaas diesen Abend vielleicht überstehen, ohne gänzlich durchzudrehen. Er fuhr mit der Hand über Jokos geröteten Hals und der sah es sofort als die Erlaubnis, die es war, um seine Hände nach Klaas auszustrecken und ihn anzufassen.

Es war immer noch ungewöhnlich, so offensiv von Joko berührt zu werden. Klaas vermied es, wann immer es ging. Aber Joko suchte sich und fand dann seine Momente, nicht so wie damals, als Jan bei NeoParadise gewesen war, sondern ein wenig leichter, ein bisschen verschmitzter. Die Begierde blieb jedoch dieselbe, die konnte Klaas immer in seinen Augen sehen. Dieses Mal flackerte sie, gepaart mit einer Aufforderung, die fast schon einer Provokation glich, wild in seinem Blick.

Klaas konnte gar nicht sagen, ob er zuerst den Druck auf Jokos Schultern ausübte oder dieser von selbst in die Knie ging. Alle Gedanken, alle Vernunft wurden jäh aus seinem Kopf gefegt, während Jokos Hände an seinem Oberkörper hinabglitten, der Bewegung seines eigenen Körpers folgten und an dem Bund von Klaas‘ Hose stoppten. Joko sah zu ihm auf, das Braun seiner Augen wirkte beinahe unschuldig, aber Klaas ließ sich nicht täuschen. Joko spielte immer noch mit ihm, war überzeugt, Klaas rumgekriegt zu haben und die Wut schlug wieder hohe Wellen in Klaas, war aber machtlos gegen das Verlangen, das der bloße Anblick des vor ihm knienden Jokos in ihm auslöste.

Sein Schwanz zuckte verräterisch in seiner Hose, als die Mischung aus Vorfreude und Kopfkino zu viel wurde. Er biss die Zähne zusammen, traf wieder Jokos Blick, der ihn erneut so wissend und überheblich betrachtete. Joko ließ seinen Daumen über den Jeansknopf wandern, ohne den Augenkontakt zu brechen. „Bist du schon hart?“, hauchte er.

Klaas‘ Wangenknochen traten verräterisch hervor, als er Ober- und Unterkiefer stärker aufeinanderpresste. Er könnte kotzen. „Dass du nicht einmal dein Maul halten kannst“, schnauzte er, schob Joko dennoch sein Becken entgegen, da ihm Ungeduld wie Erregung gleichermaßen unter den Nägeln brannte.

Joko grinste breit, beugte sich vor und fuhr mit dem Mund über seinen Schritt. Federleicht strichen seine Lippen über den Stoff der Hose, umfuhren die Konturen seiner Erektion. Klaas keuchte, seine Augen bohrten sich in Jokos und für einen Moment vergaß er seine Wut, nahm Jokos provozierend in die Höhe geschossenen Augenbrauen kaum zur Kenntnis. Er schluckte, öffnete den Knopf seiner Hose und zog den Reißverschluss herunter. Wartete, stand da, mit geöffneter Jeans und kaum zurückgehaltener Gier in jeder Faser seines Körpers. Und vielleicht war es das, dieses Warten, welches die Überheblichkeit aus Jokos Augen wischte und einer tieferen, echteren Lust Platz machte.

„Augen zu“, wisperte er und Klaas schauderte leicht nur bei dem Gedanken. „Augen zu, Klausi.“

Er gehorchte, lehnte den Kopf an die kühle Wand hinter ihm. Er spürte Jokos Atem heiß über seinen Oberschenkel fahren und stieß seinen eigenen zitternd aus. Joko berührte seine entblößte Haut nicht, triezte ihn mit der bloßen Idee von seinen Lippen nahe seiner stetig wachsenden Erektion. Klaas wollte ihn antreiben, sich ihm entgegendrücken, aber er kannte Joko zu gut. Joko wollte eine Reaktion, er wollte Klaas‘ Verzweiflung sehen und die Genugtuung wollte er ihm nicht geben.

Joko lachte leise gegen seine Haut, amüsiert über Klaas‘ Widerstand und doch aufgeheizt genug, um fortzufahren. Plötzlich, ohne Vorwarnung, umschloss sein Mund Klaas‘ hartes Glied, seine Nase dabei gegen den Bund der Boxershorts gedrückt und die Lippen verführerisch über den dünnen Stoff um den Schaft gepresst.

„Gott, ich hasse dich, Joko“, brachte Klaas mit Mühe hervor, presste die Augen fest zu, spielte mit und ließ sich von Joko in ein Meer aus Verlangen ziehen. Er gab sich dieser Spannung zwischen ihnen hin, die sich dieses Mal durch ihr Zusammenkommen nicht entlud, sondern nur weiter hochgepeitscht wurde. Wie ein elektrisches Feld knisterte die Lust zwischen ihnen, verstärkt durch Jokos gezielte, fast schon hektischen Berührungen, da er offensichtlich genug von der Spielerei hatte. Da waren Jokos langgliedrige, weiche Finger an Klaas‘ Bauch, die rasch hinab wanderten und ihm den Schwanz aus der Shorts zogen.

Kurz flackerte der Gedanke in Klaas auf, dass er nicht unweit vom Studio entfernt, völlig entblößt stand und nur eine Person im betrunkenen Zustand falsch abbiegen musste, um sie auffliegen zu lassen. Der Gedanke war da, nur um zu zeigen, wie scheißegal es Klaas war, wie die Situation selbst fast schon eine zusätzliche Herausforderung für sie beide darstellte, die sie weiter antrieb. Und dann nahm Joko seinen Schwanz in den Mund und von da an war eh alles andere irrelevant. Farbige Punkte tanzten vor Klaas‘ geschlossenen Augen, ein wenig wie Funkten, die in gedämpften Gelb-, Blau- und Rottönen sprühten.

Joko nahm ihn direkt tief auf, viel tiefer, als Klaas es sich beim ersten Mal im Krankenhaus getraut hatte. Und es war so typisch Joko, dieses Kopflose und Hastige, dieser spontane Wille, alles sofort in die Tat umzusetzen. Er tastete sich nicht vor, wie Klaas es getan hatte, versuchte nicht, vorsichtig und bedacht nach seinen Schwachstellen zu suchen. Er fuhr einfach mit seinen Lippen über Klaas‘ Länge, umspielte die Eichel mit seiner Zunge, höhlte ein wenig die Wangen aus und baute einen unwiderstehlichen Druck auf.

Klaas hatte gesagt, Joko solle sein Maul halten und doch war er es wieder, der Klaas so weit trieb, dass ihm Hören und Sehen verging. Es rauschte in seinen Ohren, als Jokos Finger sich ungeniert unter seine Boxershorts stahlen und sich in seinen Hintern krallten. Joko brummte gedämpft, atmete scharf durch die Nase ein und Klaas riss seine Augen auf, weil das Gefühl durch seinen ganzen Körper vibrierte. Jokos Blick ruhte schon auf seinem Gesicht, er konnte das Funkeln in seinen dunklen Augen sehen und griff ihm in seine langen Haare, um ihnen beiden eine Möglichkeit zu geben, zu Atem zu kommen.

Joko zog den Kopf zurück, aber eine Hand fuhr direkt von Klaas‘ Hintern zu seinem nassen Schwanz, um ihn zu wichsen. Seine Wangen waren gerötet, die Lippen feucht und die Augen groß und rund. Klaas hatte das Gefühl, bei dem Anblick vor lauter Gier zu zerbersten.

„Schaffst du mehr?“, stieß er rau hervor. Ein amüsierter Zug umspielte Jokos Mund, aber er blieb stumm, nickte bloß und diesmal kam Klaas in den vollen Genuss, Joko dabei zuzusehen, wie er mit seinen Lippen die Erektion umschloss und sie langsam Mund gleiten ließ. Die Hand an Klaas‘ Hintern verstärkte ihren Griff, zog seinen Körper enger an Jokos Gesicht und Klaas stöhnte ungehemmt, strich mit seinen Fingern durch Jokos Haar und verlor sich in der Intensität der Gefühle, die auf ihn einprasselten. Ihm lagen Worte auf der Zunge, Worte, die beschrieben, was er sah, was er fühlte, was er hörte. Worte, die Joko beschrieben, viele davon dreckig und unkontrolliert, einige andere, die er nie über die Lippen bringen würde, weil sich nur beim Gedanken an sie seine Brust zusammenzog.

Seine Sinne waren so vernebelt und Joko war der einzige Fixpunkt in einem Strudel der Erregung, die ihre Finger nach ihm ausstreckte, um ihn endgültig zu verschlingen.

Aber er wollte mehr. Er sah wieder auf Joko herab, dessen Mund schnell und ruckartig und absolut surreal gut an seinem Schwanz auf und ab fuhr, und er wollte mehr. So viel mehr, dass er selbst nicht mehr wusste, was und warum. Denn ja, er hatte dieses Machtspiel gebraucht, weil Joko und alles an ihm, alles was ihn ausmachte, Klaas an diesem Tag unangenehm nah gegangen war.

Es war nötig gewesen, dass Joko trotz all der Provokation und Spielerei irgendwann die Maske fallen gelassen hatte und mit dieser unwiderstehlichen Sanftheit in seinem Blick – und, wenn Klaas ehrlich war, in seinem gesamten Sein – weitergemacht hatte. Es war diese Sanftheit, diese Aufrichtigkeit, die Klaas übermannte, ihn seine Waffen niederstrecken ließ und es ihm erlaubte, sich Joko zu überlassen. Es war diese Sanftheit, die ihn mehr anmachte als jede Berührung, jedes geflüsterte Wort. Es war Joko, seine Essenz, die so süchtig machend und gefährlich war.

Und eigentlich, obwohl Joko ihm gerade alles gab und ihn mit Vollgas auf seinen Höhepunkt zubrettern ließ, wollte Klaas Joko nur näher bei sich haben.

Er zog an Jokos Haaren, hasste die Wärme, die ihn unerlaubterweise durchflutete und stöhnte laut auf, als sein Schwanz noch einmal von Jokos Lippen verschluckt wurde. „Ich—“, er brach ab, konnte die Worte immer noch nicht formulieren, stierte verzweifelt auf Joko hinab und war so kurz davor, einfach aufzugeben und in seinen Mund zu spritzen. Joko schien das Pulsieren seines Schwanzes auf seiner Zunge zu spüren, stöhnte erstickt und öffnete mit zwei schnellen Handgriffen seine Hose, um die Hand an seinen eigenen Schwanz zu legen, und das war dann endgültig zu viel für Klaas.

Er zog ihn hoch, umfasste sein Gesicht mit beiden Händen und brachte es nah, so nah vor sein eigenes. Und für einen kurzen Moment, als sie so voreinander standen, schwer atmend, die Münder nur einen Hauch voneinander entfernt, fragte sich Klaas, wieso zur Hölle er Joko eigentlich nicht küssen sollte. Für einen Moment war das Verlangen, die Lücke zu schließen und seine Lippen auf Jokos zu legen so groß, dass es alles andere zu überwältigen schien. Und er wusste nicht, konnte überhaupt nicht einschätzen, ob er die Kontrolle behalten hätte, wenn Joko ihm die Entscheidung nicht abgenommen hätte.

Dessen Mund landete auf Klaas‘ Wange, gab ihm einen feuchten, fahrigen Kuss und Klaas stieß geräuschvoll die angehaltene Luft aus, spürte die Erleichterung und Ungeduld gleichermaßen unter seiner Haut beben. „Gib mir deine Hand“, flüsterte Joko und Klaas gehorchte, ohne nachzudenken. Er verflocht ihre Finger miteinander und spürte die Gänsehaut langsam über seinen Rücken bis in den Nacken kriechen. Sie atmeten beide aus, langsam und zitternd. Das fühlte sich schon wieder viel zu nah an; viel zu intim.

Joko erlöste sie erneut, legte ihre Hände übereinander auf ihre Erektionen und begann hastig, sie zu bewegen. Klaas spürte Jokos Schwanz an seinem eigenen, wie er zuckte und anschwoll und sich an ihm rieb. Viel zu schnell baute sich das altbekannte Gefühl in ihm auf, dass ihm die Welt entglitt und er unter Jokos Berührung in seine Einzelteile zerfallen würde. Jokos Lippen waren immer noch an seinem Ohr, seine tiefe Stimme ließ die Gänsehaut auf Klaas‘ Körper vibrieren. „Noch nicht kommen, Klaas.“

Klaas vernahm Laute und merkte erst Sekunden später, dass sie aus seinem eigenen Mund kamen. Er biss sich auf die Lippe, griff stärker zu und fuhr mit mehr Druck über beide Schwänze, wollte, dass Joko zu ihm aufholte und genauso wahnsinnig wurde vor Lust. Er wollte Joko so fühlen lassen, wie dieser Klaas fühlen ließ. Er würde nicht mehr lange durchhalten, aber gerade nach all der Grobheit kam ihm nichts wichtiger vor, als Joko gemeinsam mit sich über die Klippe zu ziehen.

„Joko“, keuchte er, bekam dafür ein tiefes Stöhnen und noch einen Kuss in der Nähe seines Ohrs. Er fuhr mit dem Daumen über Jokos Spitze, wiederholte seinen Namen und konnte sehen, dass Joko mittlerweile genauso unaufhaltsam auf seinen Orgasmus zuraste. Er konnte ihn inzwischen genauso gut lesen, wenn er ihn wichste, wie er es konnte, wenn Joko neben ihm vor der Kamera stand. Er merkte, wie es bei dem Gedanken immer stärker unter seiner Haut kribbelte und der Wunsch nach Erlösung dringlich und kompromisslos wurde.

Jokos Finger stahlen sich unter seine, brachten ihn kurz aus dem Takt und ließen ihn dann laut fluchend an den Wellen seiner eigenen Lust zerschellen. Er spürte, dass Jokos Körper sich ebenfalls anspannte, er im gleichen Moment wie Klaas kam und das machte alles so viel besser, so viel intensiver. Die Spannung zwischen ihnen entlud sich endlich, brach auf und schlug gewaltsam über ihnen zusammen. Klaas griff nach Joko, krallte sich an ihm fest, ließ sich von ihm halten und weiter reiben, während er mit geschlossenen Augen seinen Geruch in sich aufsog.

Die Stille, die folgte und sich wie schützende Watte um sie legte, war ihm zum ersten Mal nicht unangenehm. Vielleicht war es die Tatsache, dass Jokos Finger mittlerweile von seinem Schritt abgelassen hatten und er mit der anderen Hand sanft über Klaas‘ Kopf, seinen Nacken und seine Schultern strich. Vielleicht war es seine eigene Hand, die irgendwie ihren Weg auf Jokos Brust gefunden hatte und wegen der er jetzt dessen Herzschlag unter seinen Fingern spürte. Vielleicht war es Jokos leises, zufriedenes Schnaufen direkt an seinem Hals, dass sich fast wie ein Kichern anhörte.

Aber vielleicht war es auch einfach die Tatsache, dass Joko ihn provozierte und zornig machte und die Gier und Wut beinahe schon gewaltsam in ihm entfachte, weil es manchmal so wirkte, als wollte er jeden mit sich nach Hause nehmen, und im Endeffekt wählte er doch wieder Klaas. Am Ende wählte er immer Klaas, egal wann, egal wo.



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