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Tausendmal Berührt [Teil I]

von ninarina
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Joachim "Joko" Winterscheidt Klaas Heufer-Umlauf
14.06.2021
29.01.2022
20
134.433
128
Alle Kapitel
148 Reviews
Dieses Kapitel
5 Reviews
 
30.12.2021 7.753
 
Entschuldigt bitte die längere Wartezeit, das Kapitel und ich sind lange nicht miteinander warm geworden. Es sind nach langer Zeit mal wieder zwei Szenen in einem Kapitel und sie sind absichtlich so komplett gegensätzlich, auch wenn mir das beim Schreiben Kopfschmerzen bereitet hat. Mir war es wichtig, das gesamte Spektrum ihrer derzeitigen Dynamik abzubilden, und das ist nunmal oft von Extremen geprägt, sowohl in die emotionale als auch in die körperliche Richtung.

Ich werde mein Bestes geben, für das neue Jahr einen festen Uploadtag einzulegen, sodass ich geregelt alle 14 Tage ein neues Kapitel veröffentlichen kann. Lasst mich gerne wissen, ob es lieber am Anfang der Woche (z.B. montags) oder am Ende (freitags, samstags) hättet.

Abschließend wollte ich euch ein letztes Mal für dieses Jahr danke sagen. Danke für die Unterstützung und für jeden Kommentar, fürs Mitleiden und Mitfiebern und vor allem für jedes einzelne Review. Bevor 2021 zu Ende geht, hat diese Geschichte noch die 100 Reviews geknackt und ich bin extrem stolz und dankbar. Kommt gut und sicher ins neue Jahr und viel Spaß mit dem Kapitel.




Part 18: I Crumble Completely When You Cry




The goosebumps start to race,

The minute that my left hand meets your waist,

And then I watch your face,

Put my finger on your tongue 'cause you love to taste yeah

(Sweather Weather [slowed] by The Neighbourhood)




Duell um die Geld, Herbst 2016



Es passierte nach dem Duell um die Geld.

Sie hatten es versucht. Das hatten sie wirklich. Sie hatten anstrengende Wochen hinter sich, Wochen voller Drehs und Racheaktionen und viel Beteiligung, aber auch viel Kritik von außen. Klaas war nicht der Einzige gewesen, der im Kopf einen Schalter umgelegt und noch einmal zurück zum Anfang gegangen war. Das ganze Team hatte weder Kosten noch Mühen gescheut, um die wiederbelebte Hassliebe überzeugend und unterhaltend zu platzieren. Joko hatte sich mitziehen lassen, sogar entschieden, dass er das Ganze wieder ins Rollen bringen sollte, aber es war ein wenig so, als würden sie einem längst vergangenen Gefühl nachjagen. Klaas trieb seine Späße, Joko versuchte auf möglichst kreative Weise zurückzuschlagen, weil er keinen Bock mehr auf stumpfes Wehtun hatte, wie er Klaas mehr als einmal klargemacht hatte. Für Klaas war es mühsamer als erwartet; er hatte damit gerechnet, oder zumindest gehofft, dass sich ihre frühere Dynamik wieder einfach so heraufbeschwören ließ, wenn sie es nur mit genügend Überzeugung taten. Aber das gewisse Etwas fehlte. Die Freude, dem anderen voraus zu sein, ihm eins auswischen zu können, wenn er am wenigsten damit rechnete. Stattdessen nervte es sie beide, hinter jeder Ecke ein Kamerateam zu vermuten oder die Befürchtung zu haben, irgendetwas würde in die Luft fliegen, sobald sie zu zweit waren.

Natürlich war nicht alles anstrengend. Sie holten Wenn ich du wäre aus der Versenkung zurück und kurz fühlte es sich an dem Tag an, als würde alles wieder werden wie früher. Joko gelang ein Geniestreich, als er mit dem Team eine Autobiografie von Klaas veröffentlichte, das musste Klaas neidlos anerkennen, auch wenn ihm selten etwas so hochgradig peinlich gewesen war. Wie immer fanden sie ihre Momente, lachten zusammen, gingen sich auf die Nerven. Aber Klaas konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass es nicht richtig war. Dass Halligalli nicht mehr so funktionierte, wie es sollte. Nichts schien ausreichend, nicht das neue Intro, nicht der wiedereingeführte Countdown-Moment, schon gar nicht Jokos Provokationen innerhalb der Show, dass sie die Würze zurück in ihre Beziehung bringen mussten.

Thomas hielt sich auffällig bedeckt. Joko suchte immer weniger Kontakt. Joko schien immer öfter ernsthaft genervt von Klaas‘ Aktionen zu sein.

In Klaas rührte sich etwas, was er nicht benennen konnte. Eine Emotion, die er im Rahmen von Halligalli und vor allem im Zusammensein mit Joko nicht kannte. Er war oft so angespannt, dass Joko begann, sich bewusst von ihm fernzuhalten. Ihr so wunderbar funktionierendes System nach der Sommerpause war nur kurze Zeit später ins Stocken geraten und mittlerweile fühlte es sich fast so an, als hielte Joko ihn bewusst hin.

Zumindest tat er das, bis Jan Böhmermann zu ihnen in die Sendung kam.

Klaas und Jan sahen sich nicht mehr so oft wie früher, hatten beruflich so gut wie keine Schnittstellen mehr und waren beide zur Genüge mit ihren eigenen Projekten beschäftigt. Aber wenn sie sich sahen, war es, als wären sie nie getrennt gewesen. Klaas wusste, dass er fies wurde, wenn sie beide aufeinandertrafen. Sie hielten zusammen und zogen über jeden her, vor allem aber über Joko. Da fand Klaas plötzlich mühelos sein altes Ich wieder, das Joko schonungslos einen Spruch nach dem anderen reingedrückt hatte. Und mit Jan hatte er jemanden neben sich sitzen, der das Sticheln quasi perfektioniert hatte.

Joko reagierte unentspannt, sobald Jan in einer ihrer Shows auftauchte. Das hatte er schon immer. Er hielt sich mit spitzen Bemerkungen zurück, aber Klaas konnte ihm an der Nasenspitze ansehen, dass ihm Jans Verhalten so gar nicht passte, obwohl dieser schlussendlich auch Klaas einen mitgegeben hatte, als er am Pokertisch gegen Joko verlor. Jokos Anspannung war nicht gespielt, sie brodelte unter der Oberfläche, fachte seinen Ehrgeiz an, bloß nicht gegen Jan oder Klaas zu verlieren. Immer wieder ergaben sich am Tisch Situationen, die in Jan gegen Joko mündeten und es konnte kein Zufall sein, dass Joko sein mit Abstand bestes Spiel gezeigt hatte.

Während des kleinen Umtrunks nach der Aufzeichnung war Joko auffällig unauffällig gewesen, aber das bedeutete nicht, dass Klaas sich seiner permanenten Blicke nicht bewusst gewesen wäre. Eifersucht, egal wie zurückhaltend und flüchtig sie auch an der Oberfläche wirken mochte, stand Joko verdammt gut. Klaas reizte sie aus, indem er permanent an Jans Seite klebte und seine Witze mit ihm machte. Je mehr Joko das Gefühl unterdrückte, desto stärker brauchte er später ein Ventil dafür, wenn Klaas sich an alte NeoParadise Aufzeichnungen richtig erinnerte. Joko wartete auf ihn und Klaas ließ sich seine Zeit, genoss dieses Kribbeln unter seiner Haut, bevor ihm vom ganzen Alkohol und der stickigen Luft schlecht wurde und sich die Gruppe langsam auflöste. Er umarmte Jan zum Abschied, spürte Jokos Augen, die auf ihm lagen, als er sich endgültig loseiste und dem Drang nach frischer Luft nachgab.

Und jetzt stand Klaas hier, in einer überraschend milden Oktobernacht auf der Terrasse, und ihm schwirrte der Kopf. Er hatte zu viel getrunken, zu viel geraucht.

Er hatte Joko zu viel angeguckt.

Joko, der ihn den ganzen Abend lang über den Tisch angestarrt hatte, als könnte er es kaum abwarten, ihn endlich von Jan wegzuziehen und ihn wieder für sich zu haben. Joko, dessen Hände den ganzen Abend lang zu prominent vor Klaas‘ Augen getanzt hatten. Joko, dessen Blicke mit jeder Stichelei von Jan ein wenig verbissener geworden waren. Joko, der nicht nur länger am Tisch geblieben war als Klaas und Jan, sondern das Duell sogar gewonnen hatte.

Klaas wusste, dass er versuchen würde, ihn auf dem Weg zu seiner Garderobe abzufangen. Er kannte Joko und seine Mechanismen. Er kannte den Joko, der den ganzen Abend auf den richtigen Moment gewartet hatte, um zuzuschlagen. Er wusste, dass er sich mit seinen Provokationen sein eigenes Grab geschaufelt hatte. Er hatte genau gesehen, wie die Gier in Jokos Augen geflackert hatte, schnell und ungezügelt und vor allem unaufhaltbar.

Mit geschlossenen Augen inhalierte er die ersten Züge Nikotin so gierig, als wäre er tagelang auf Entzug gewesen. Denn er war auf Entzug. Wahrscheinlich hatte Joko ihn wirklich absichtlich wochenlang hingehalten, ständig berührt und doch zu schnell von ihm abgelassen. Vielleicht waren sie durch ihre veränderte Dynamik in der Show zurück zu Machtspielchen gelangt, ohne, dass Klaas es bemerkt hatte.  Womöglich fühlte Joko sich in der Rolle wohler, seit Klaas ihm beim letzten Mal so aus der Reserve gelockt hatte. Schließlich hatten sie immer noch nicht definiert, was das zwischen ihnen war, wie oft es vorkam, warum es passierte. Es war völlig außerhalb ihrer Kontrolle und jetzt da Klaas auf der Terrasse stand und auf das nächtliche Berlin starrte, fragte er sich zum tausendsten Mal, wieso er diese ganze Sache so hatte aus dem Ruder laufen lassen. Was sie eigentlich damit bezwecken wollten. Ob sie es je wieder loslassen konnten. Diese Abhängigkeit von Joko, nicht nur körperlich, sondern auch emotional, machte ihm Angst. Die Kontrolllosigkeit machte ihm Angst, aber sie machte auch den unwiderstehlichen Reiz aus, nach dem er süchtiger war als nach seinen Zigaretten. Das war keine bahnbrechend neue Erkenntnis, aber seit sie mit ungewohnten, beruflichen Problemen konfrontiert wurden, nahm die Angst, alles zu zerstören, fast lähmende Ausmaße an.

Die Tür hinter ihm öffnete sich langsam. Klaas drehte sich nicht um, glaubte nur am Atem zu erkennen, wer ihm näherkam. Er konnte die Energie spüren, diese elektrische Spannung, die sie sofort umgab, als die Schritte hinter ihm verstummten.

Jokos Hand legte sich in seinen Nacken, drückte zu. „Mach die Kippe aus.“

Wie in Trance gehorchte Klaas, schnippte die fast aufgerauchte Zigarette über die Balustrade. Eine seltsame Mischung aus Anspannung und Vorfreude brodelte in ihm.

„Hast du gedacht, ich find‘ dich hier oben nicht?“

Ein Schauder kroch über Klaas‘ Rücken. „Vielleicht wollt‘ ich einfach nur eine rauchen“, brummte er.

Joko lachte, direkt an seinem Ohr, und die Gänsehaut breitete sich jetzt auf seinem ganzen Körper aus. „Verarsch mich nicht, Klaas. Keine Spielchen mehr heute.“

Klaas verzog hämisch das Gesicht. „Wieder der Böhmermann, also. Ist das jetzt so ein Tick von dir?“

Joko stockte kurz. Seine Finger bohrten sich in Klaas‘ Nacken und der atmete geräuschvoll aus. Er hatte den Nerv so zielsicher getroffen wie erwartet, aber Joko würde sich seine Überlegenheit trotzdem nicht mehr nehmen lassen. „Keine Spielchen hab‘ ich gesagt. Es hat mir gereicht.“ Seine Hand glitt an Klaas‘ Rücken hinab, die andere ruhte schon auf seiner Hüfte. „Ich habe jetzt lange genug gewartet.“

Du—“ Klaas brach seinen empörten Kommentar ab, als Jokos Hand von seinem Rücken zu seinem Bauch wanderte und ihm langsam das Hemd aus der Hose zog. Jokos Vehemenz, seine Schamlosigkeit und die herrische Dringlichkeit zog Klaas direkt in die Lenden, aber es ließ ihn nicht vergessen, wo sie waren, oder dass sie immer noch ihre Showanzüge trugen. „Sag ma‘, bist du bescheuert?“

Joko lachte wieder, küsste die weiche Haut hinter Klaas‘ Ohr und streichelte über Klaas Bauch, direkt an seinem Hosenbund. Er fackelte nicht lange, presste sich von hinten gegen ihn und öffnete den Reißverschluss von Klaas‘ Hose.

„Joko“, fuhr Klaas ihn an, unterdrückte nur mit Mühe ein Stöhnen, als Jokos Hand seinen Weg durch die Öffnung fand und seinen Schwanz durch den Stoff seiner Boxershorts massierte. „Doch nicht hier, du Idiot.“

Joko ignorierte ihn, fummelte weiter an der Reißverschlussöffnung herum, war aber zu ungeduldig und öffnete kurzerhand auch den Knopf, um ihm die Hose über den Hintern zu ziehen. Klaas schnappte nach Luft, war zwischen Joko und dem Geländer gefangen und spürte die Erregung fast gewaltsam durch seinen Körper strömen, als Joko sich enger an ihn drängte und mit seinem Schritt gegen Klaas‘ Hintern stieß. Sein Arm umschlang Klaas‘ Taille und der hielt sich überfordert daran fest, als Joko sein Becken ein paar Mal langsam kreisen ließ. „Das kann nicht dein Ernst sein“, flüsterte er fassungslos.

Jokos andere Hand umspielte den Saum seiner Boxershorts. Zeige- und Mittelfinger glitten unter den Bund, strichen über Klaas‘ Schwanz und nun floss endlich ein hilfloses Stöhnen über Klaas‘ Lippen. Joko grinste triumphierend gegen seinen Nacken. „Na also“, flüsterte er.

„Das ist“, keuchte Klaas, musste die Augen schließen und sich sammeln, als Joko kurz seine Finger in den Mund nahm, ihm auch die Boxershorts vom Hintern schob und mit dem befeuchteten Zeigefinger prüfend durch seine Spalte fuhr. „Das ist wirklich das Dümmste…“

Joko schnaubte, strich mit der Kuppe seines Fingers sacht über Klaas‘ Eingang und holte sich das nächste Stöhnen ab. „Tu‘ nicht so, als würdest du das nicht total geil finden.“

Scham und Gier gleichermaßen durchzuckte Klaas. Für eine Sekunde rang er mit sich, dann gab er auf. Ließ seinen Oberkörper weiter über das Geländer sacken und keuchte laut auf, als Joko direkt mit zwei Fingern in ihn eindrang. „Macht dich das an, Klaas?“, raunte Joko in sein Ohr, glitt mit den Fingern tief und langsam in ihn und begann sogleich, sie in einem stetigen Rhythmus zu bewegen. Es brannte. Klaas, der sich für einige Sekunden unangenehm bewusst war, wie sehr er sich nach dem Gefühl verzehrt hatte, bewegte sich den Fingern wie automatisiert entgegen. Seine Hände verkrampften sich um das kühle Metall der Balustrade.

„Macht es dich an, dass wir hier stehen und uns jederzeit jemand entdecken könnte?“

„Halt dein Maul, Joko“, presste Klaas unter großer Anstrengung hervor, drängte sich seinen Fingern entgegen, genoss das Gefühl des Rein- und Rausgleitens und war viel zu ungeduldig, um nicht noch viel mehr zu wollen. Jokos besitzergreifendes Gehabe hatte seine volle Wirkung längst entfaltet. „Halt dein Maul und fick mich einfach.“

Er spürt Joko hinter sich erschaudern, als dieser kurz die Kontrolle verlor, ihm die Finger entzog und er sich mit seiner ganzen Länge gegen ihn presste, sich an ihm rieb. Klaas griff blind nach hinten, tastete sich seinen Weg vor zu Jokos Anzughose und öffnete ungeduldig den Knopf, riss an seinem Reißverschluss und zog sie ihm ein Stück hinunter. Er hatte das Gefühl, vor purer Erregung wahnsinnig zu werden, die sich so lange in ihm aufgestaut hatte.

Alles von ihm wollte alles von Joko.

„Jetzt mach“, knurrte er, zuckte ihm nächstem Moment zusammen, als er Jokos trockenen Schwanz zwischen seinen Backen spürte, da Joko sich kopflos an ihm rieb.

„Gott, Klaas.“

Klaas erwiderte den Druck, der von Joko ausging, bewegte sich mit ihm, keuchte, wollte nichts mehr, als ihn endlich in sich zu spüren. „Mach, Joko“, fauchte er ihn an.

Und Joko machte. Joko riss voller Ungeduld mit seinen Zähnen an der Verpackung, die er aus den Untiefen seiner Taschen hervorgefischt hatte, und rieb sich über seinen Schwanz. Er quetsche seine nassen Finger zwischen ihre Körper und drang noch einmal kurz in ihn ein, und Klaas drehte vor Überstimulation beinahe durch. Dann schlang Joko wieder den Arm um ihn, die Finger seiner anderen Hand tanzten über seinen Nacken und sein Schwanz glitt in ihn, ungeduldig und fahrig, aber langsam genug, sodass Klaas ihn mit schwerem Atem aufnehmen konnte.

Klaas dankte im Stillen einem Gott, an den er nicht glaubte, für die Erfindung von befeuchteten Kondomen. Und seiner Vorahnung, die ihn dazu getrieben hatte, sich vor der Sendung unter der Dusche zu weiten. Sie hatten das seit der Katastrophe nach der Weihnachtsfeier nie mehr ohne Gleitgel gemacht, ohne ausführliche Vorbereitung. Es war zu viel, es war überwältigend, es ging zu schnell.

Es war genau richtig.

Joko glitt ein lauter Fluch über die Lippen, als er mit seinem Becken auf Klaas‘ Körper traf und Klaas sich selbst nicht mal einen Moment der Pause gönnte, sondern sich ihm direkt entgegenbewegte.

„Fuck“, sagte Joko erneut. „Fuck, Klaas. Du machst mich wahnsinnig.“

Klaas ließ ihn reden, konzentrierte sich auf das Gefühl von Joko in ihm, ganz tief. Ihm war, als würde sich sein Innerstes wieder zusammenfügen und so sehr ihm das an schlechten Tagen immer noch in Panik versetzen konnte, so sehr ging er jetzt in dem Gefühl auf, ließ es durch sich pulsieren und sich mit seiner Lust vermischen.

Die langen Finger auf Klaas‘ Nacken fuhren nun über seine Unterlippe und ohne Zögern nahm Klaas sie in den Mund. Er stöhnte, spürte Joko, der sich vor Erregung tief in ihm vergrub und auch seine Finger weit in seinen Mund schob. „Mach sie nass“, murmelte er zwischen zwei gekeuchten Atemzügen und zog das Tempo seiner Stöße noch einmal an.

Klaas durchfuhr die Gier grell und heiß, als Joko mit der nächsten Bewegung seine Prostata streifte. Etwas in ihnen beiden schien sich so heftig zu entzünden, dass ihr Zusammentreffen einer Kollision gleichkam, kurz, gewaltig und lodernd. Klaas entglitt jegliches Gefühl, das nicht mit Joko und seinem Körper zusammenhing; es war ein so intensiver Rausch, dass er selbst kaum mitkam. Er stöhnte laut, war wie von Sinnen und schaffte es grade noch, ein wenig an Jokos Fingern zu saugen, um ihm das kehlige Geräusch zu entlocken, das er so liebte.

„Genau so, Klaas“, raunte Joko ihm zu, entzog ihm seine Finger und hinterließ eine nasse Spur auf Klaas‘ Rücken, als er mit ihnen unter sein Hemd fuhr. Weiter und weiter nach unten, bis er mit ihnen an seinen Backen vorbeistrich und langsam seinen Hoden streichelte. Sein Becken schob sich in mehreren kräftigen Stößen nach vorne, bis die Stimulation an Klaas‘ empfindlichsten Punkt gezielt und unerbittlich wurde und seine Erektion auch ohne jegliche Berührung schwer und pochend zwischen seinen Beinen hing. Klaas bäumte sich auf, die rechte Hand noch immer am Geländer festgekrallt, sein Rücken so zu einem Hohlkreuz gebogen, dass er seinen Kopf auf Jokos Schulter legen konnte, die linke Hand Halt suchend in Jokos Nacken geklammert. Er hatte die Augen halb geöffnet, konnte aber nichts mehr erkennen außer den verschwommenen Lichtern der Stadt unter ihm, als Joko ihn plötzlich ein wenig langsamer nahm und zusätzlich seinen Finger in ihn schob.

Klaas‘ Stöhnen, als er realisierte, was Joko getan hatte, war so hoch, dass es sich fremd anhörte. Wie besessen schob er sich ihm entgegen, spürte Jokos Finger auf seinem Schwanz liegend und beides tief in ihn eindringen, hörte Jokos Atem stakkato mäßig über ihm und drehte sein Gesicht zur Seite, um ihm noch näher zu sein. Wusste nicht genau, was Joko da tat, warum er es tat, spürte nur das Ziehen in seinem Unterleib, die empfindliche Spannung um seinen Muskelring und Joko. Noch mehr von Joko. Immer und immer mehr von Joko.

„Du kannst dir nicht vorstellen, wie geil das ist“, presste Joko atemlos hervor.

Klaas hatte das Gefühl, ihm würde die Welt entgleiten. „Bitte Joko“, keuchte er, drängte sich mit jeder seiner Bewegungen enger an ihn und spürte seinen Schwanz wieder prall und heiß zwischen seinen Beinen hängen, als Joko nochmal seine Prostata traf.

Der Arm, der Klaas umschlungen hielt, bewegte sich so weit abwärts, dass Joko mit den Knöcheln über Klaas‘ Schwanz fahren konnte, einmal, zweimal.

Mehr brauchte Klaas nicht.

Diese unerträgliche Hitze unter seiner Haut, Jokos heiseres Keuchen in seinem Ohr, seinen bebenden Finger in ihm, der sich hastig herauszog, als Klaas‘ Muskeln sich anspannten und verengten und das sachte Streifen von Jokos Hand über seinem Schwanz rissen ihm dem Boden unter den Füßen weg. Klaas schnappte nach Luft, als der Orgasmus gewaltsam über ihn rollte, wie eine Welle aus aufgestauter Erregung endlich über ihm zusammenschlug und ihn fortschwemmte. Sein Stöhnen wurde zu einem leisen, in Jokos Halsbeuge ersticktem Schrei, als Joko seinen Schwanz richtig packte und hart rieb, ihn mit noch härteren Stößen nahm und auf seinen eigenen Höhepunkt zusteuerte. Klaas hing hilflos in seinen Armen, bat ihn leise um mehr, und Joko gab es ihm. Joko fickte ihn bis sie beide völlig verausgabt über dem Geländer hingen und versuchten, wieder zu Atem zu kommen.

Klaas starrte nach vorne, ohne richtig zu sehen, spürte Jokos Finger, die schon wieder in seinem Nacken lagen, weil sie genauso ruhelos waren wie Joko selbst, und versuchte, sein Zittern zu unterdrücken, als Joko sanft seine Wange küsste und sich aus ihm zog.

Jokos Lippen verharrten für einen Moment auf seiner Wange. Noch ein sanfter, schüchterner Kuss, der überhaupt nicht zu allem passte, was bisher an diesem Abend passiert war. Die Finger in seinem Nacken streichelten langsam über die erhitzte Haut, während Joko mit der anderen Hand Klaas‘ Boxershorts und Hose wieder über seinen Hintern zog. Klaas zuckte kaum merklich zusammen, als ebenjene Hand sich in Richtung seiner Lenden bewegte, aber Joko flüsterte nur „Alles gut“, und knöpfte ihm die Hose zu. Er küsste Klaas‘ Wange ein drittes Mal, und irgendwie war das alles so intim, dass sich eine ganz andere Gänsehaut auf Klaas ganzem Körper ausbreitete; und mit ihr die Panik. Die Angst, die er verspürt hatte, bevor Joko ihn hier mitten auf der Terrasse um den Verstand gevögelt hatte, brach wieder hervor und ließ ihn kurz die Augen schließen.

Er verstand nicht, wieso er sich problemlos von Joko ficken lassen konnte und dann zu viel bekam, wenn Joko seine Wange küsste und ihn anzog. Er hatte gedacht, dass ihm dieses Problem nicht mehr einholen würde, nicht nach allem, was in diesem Jahr zwischen ihnen passiert war.

„Klaas“, murmelte Joko gegen seine Haut. Seine Lippen näherten sich seinem Mundwinkel. Klaas spürte die Anspannung in sich brodeln, aber da war noch etwas anderes.

Sehnsucht.

Fuck.

Nicht jetzt.

Nicht schon wieder.

Schnell drehte er den Kopf zur Seite, lehnte sich nach vorne und sah über die Brüstung. Es war feige, das wusste er. Es war, als würde er etwas zurückbringen, was schon lange nicht mehr existierte. So wie momentan bei Halligalli. Er konnte Jokos Enttäuschung fühlen, als der ihm endlich den Abstand gewährte, der Klaas wieder freier atmen ließ. Es würde nichts ändern. Es würde nichts einfacher machen. Aber Klaas wollte, nein er konnte Joko in diesem Moment nicht mehr als das Körperliche gewähren, weil alles, was darüber hinausging, ihn zugrunde richten würde.

Blind tastete er nach seiner Zigarettenpackung und dem Feuerzeug. Verfluchte Jan Böhmermann und seine gesamte Existenz. Vermied es, Joko noch einmal anzusehen.

Sie küssten sich nicht.



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When you look at me like that my darling

What did you expect?

I probably still adore you with your hands around my neck

Or I did last time I checked

(505 by Arctic Monkeys)



Circus Halligalli, Dezember 2016



Es passierte selten.

Es passierte, wenn sie ihre Frustration wegen etwas, das meistens mit ihren Shows zu tun hatte, kanalisieren wollten. Dann fielen sie nach sich tagelang aufladender Spannung aus dem Nichts übereinander her, wie nach dem Duell um die Geld, oder dem Dreh der Trump Satire-Hits

Sie küssten sich dabei nie.

Es war nicht zu vergleichen mit ihrer Intimität im Sommer, aber der Reiz war trotzdem da. Denn es gab einiges, was Joko an Klaas reizte. Es war Teil ihrer Dynamik und ein Teil ihres Erfolges, dass sie sich gegenseitig in den Wahnsinn trieben und mit Millionen Kleinigkeiten nervten.

Und Klaas war gut darin, ihn zu provozieren, sowohl absichtlich als auch nebenbei. Er provozierte ihn durch intensives Nägelkauen, seinen Hang zum Kettenrauchen und dann dem Husten hinterher, diesen Starrsinn, wenn er etwas durchsetzen wollte. Er provozierte ihn, indem er sich mit Jan Böhmermann gegen ihn verbündete und Joko an seiner empfindlichsten Stelle angriff. Aber am allermeisten reizte Joko Klaas‘ herrische Art. Sein Gang, wenn etwas nicht nach seinem Plan lief, dieses auf und ab stolzieren, den Chef raushängen lassen. Immer alles entscheiden zu wollen, sollten die anderen doch vor ihm kuschen. Vor allem Joko, der sollte seinen Mund halten, wenn Klaas sich etwas in den Kopf setzte.

Es reizte ihn, aber nicht unbedingt im negativen Sinne. Je dominanter Klaas im Umgang mit ihm wurde, desto mehr kribbelte es unter Jokos Haut; desto eher verspürte er den Drang, Klaas mit zwei Handbewegungen in ein keuchendes, wollendes Überbleibsel seiner Selbst zu verwandeln. Je mehr Klaas vor den Kameras und in Meetings alles kontrollierte, desto stärker wollte Joko ihn unter seinen Fingern zerfallen sehen. Es war ein Spiel, das er nur auf Zeit mitspielen konnte, denn einer von ihnen würde sie zwangsläufig bremsen müssen und er wusste, wem diese Rolle erneut zufallen würde. Aber bis dahin genoss Joko es manchmal, Klaas an genau diesen Punkt der Willenlosigkeit zu treiben, damit der Kontrast noch größer, noch berauschender wurde.

Klaas nahm ihm öffentlich alle Macht und warf sie ihm hinter verschlossener Tür augenblicklich vor die Füße. Der Rausch, den Joko dabei verspürte, machte ihn süchtig nach mehr. Es gab nichts, was ihn mehr anmachte als Klaas, dem die Kontrolle durch die Finger glitt, Klaas, dessen Redegewandtheit und scharfe Zunge völlig auf der Strecke blieb, wenn Joko sich richtig anstellte. Diese Knöpfe, die Joko bei dem kontrolliertesten Menschen, den er je kennengelernt hatte, drücken konnte, um diesen sprachlos und sich windend unter ihm zu finden.

Erst, als es bereits mit großen Schritten auf den Dezember zuging, ließ sich die altbekannte Unruhe selbst mit noch so vielen leidenschaftlichen Aufeinandertreffen von Joko und Klaas nicht mehr verbergen. Zusätzlich zu ihrem Stress beim Jahresendspurt sollte Klaas im Dezember noch die 1Live-Krone moderieren. Und auch wenn Joko dem Tag bereits vorfreudig entgegenblickte, da er seine eigene kleine Gemeinheit geplant hatte, so machte er sich Sorgen.

Sorgen um sie.

Sorgen um Klaas.

Klaas, der permanent arbeitete, kein Ende fand und ihn nicht an sich heranließ. Klaas, der so vehement die Augen vor der Realität verschloss, die in der Folge umso härter über ihn hereinbrechen würde.

Es würde der Moment kommen, an dem Klaas einbrach. Und Joko wollte mit allen Mitteln verhindern, dass er sich zu dieser Zeit woanders aufhielt und nicht bei ihm sein konnte.

Joko konnte schon lange etwas kommen sehen, für das Klaas offensichtlich deutlich länger brauchte, um es zu akzeptieren. Halligalli hatte ein Ablaufdatum. Und das kam unaufhaltsam und bedrohlich näher, je schneller sie versuchten, davor wegzurennen. Joko konnte es sehen, am Horizont, in Schmittis Augen, mit jeder Woche, die verstrich. Es sprach nur niemand aus, alle tanzten um das Offensichtliche herum und es machte Joko verrückt. Klaas‘ Verdrängung machte ihn verrückt. Seine eigene Hilflosigkeit machte ihn verrückt, weil er sich nicht traute, den letzten Schritt zu machen und das Kind beim Namen zu nennen.

Schließlich hatte er Klaas etwas versprochen. Sie wollten sie bleiben.

Aber die Umstände machten es ihnen unmöglich, in ihre Leichtigkeit zurückzufinden. Immer mehr beschlich Joko das Gefühl, dass Klaas ihn ernsthaft nervte, dass sie mehr Abstand voneinander brauchten, dass sie sich über so viele Jahre schon aneinander abgenutzt hatten. So oft hatte Klaas ihm seine schlechteste Seite gezeigt und ihn verletzt, und andersherum war es genauso. Vielleicht hatten sie den Punkt schon überschritten, an dem es genug war.

Vielleicht wollte er endlich auch die Möglichkeit haben, die schönen Seiten von Klaas genießen zu können, ohne die immerwährende Angst dahinter, für seine Gutgläubigkeit bestraft zu werden.

Vielleicht war es Zeit für sie beide, einen Schritt ins Ungewisse zu machen.

Vielleicht wollten sie sich einfach wieder aufeinander freuen dürfen.

Joko wollte darüber reden. Jeden Tag wollte er das und konnte es dann doch nicht, weil die Angst zu groß war. Die Angst vor einer beruflichen Veränderung, die so schwerwiegend war, dass sie ihnen das Genick brechen konnte. Die Angst vor einer Zukunft ohne Klaas, sobald dieser verstand, dass er auch ohne Joko perfekt klarkommen würde; dass er Joko nicht brauchte, um Erfolg zu haben.

Joko wollte darüber reden, aber seine Angst verbot es ihm.

Bis zu dem Tag, an dem er sich selbst irgendwie in ein Gespräch mit Thomas Martiens verwickelte. Die allgemeine Anspannung und das Suchen nach einer Lösung dafür hatte sich automatisch auch auf ihr Team übertragen und niemand hatte es kreativ so dauerhaft ausbaden müssen wie Thomas. Er begleitete die Sendung und jede einzelne Folge von der ersten groben Konzeption bis in den Schnitt. Er verantwortete Drehs, half beim Pitchen neuer Ideen und hatte immer ein waches Auge auf die Rezeption der Zuschauer. Halligalli war genauso seins, wie es Jokos war. Und Klaas‘. Und Schmittis.

Aber das Gefühl der Schwere zwischen Joko und Klaas überlagerte Jokos Gedanken so stark, dass in seinem Kopf kaum etwas anderes Platz fand. Beide Thomasse hielten sich mit Kommentaren zurück, und vielleicht war das der Grund, aus dem Joko wie aus dem Nichts begann, an einem bedeutungslosen Montag in der ersten Dezemberwoche bei Thomas nachzubohren.

Er lag auf dem Sofa in Schmittis Büro, warf einen Stoffball in die Höhe und sagte das Erste, was ihm in den Kopf kam. „Klaas strengt mich an.“

„Wann tut er das nicht?“, brummte Thomas zurück, tippte konzentriert weiter auf seinem Laptop und drehte sich nicht einmal zu ihm um.

„Ich meine es ernst, Martiens.“

„Glaub‘ ich dir.“

Verdattert fing Joko den Ball und richtete sich ein wenig auf. „Willst du nicht mal fragen, wieso?“

„Nein. Geht mich nix an.“

„Vielleicht hätte ich gerne deine Gedanken dazu?“

„Du willst nicht wissen, was ich denke“, erwiderte Thomas. Er hatte sich nun doch umgedreht und verschränkte abschätzig die Arme vor der Brust.

„Das sagt du immer.“ Joko konnte nicht verhindern, dass seine Stimme ein wenig genervt klang.

„Weil ich recht habe.“

„Und was, wenn ich es trotzdem wissen will?“

Thomas fixierte ihn. Seine sonst so gefasste Fassade schien leichte Risse zu bekommen. „Dann werfe ich jetzt all meine Prinzipien über Bord und sag‘ dir, dass euer Rumgeficke ganz große Scheiße ist.“

Joko zuckte merklich zusammen. Was auch immer er erwartet hatte, so harte Worte waren es nicht gewesen. Aber er hatte offenbar in die falsche Kerbe geschlagen und jetzt ließ sich Thomas nicht mehr stoppen. Er hob warnend die Hand.

„Ich will’s nicht hören, Joko. Die Frage wie lang ich’s schon weiß. Spar dir den gespielten Schock. Würdet ihr nicht wollen, dass es jemand herausfinden, dann hättet ihr längst aufgehört, in jeder Garderobe zu bumsen. Es ist euch egal, solange ihr damit nicht konfrontiert werdet. Und du brauchst mir jetzt auch nicht mit irgendwelchen Ausreden kommen. Du wolltest meine Meinung, das heißt du hast mich förmlich um einen Anschiss angebettelt und den kriegst du jetzt. Weil ich das sagen werde, was euch sonst keiner sagt: Ihr stürzt uns damit alle ins Verderben. Mir is‘ egal, wie das angefangen hat. Mir is‘ egal, was da für Gefühle mit im Spiel sind. Ich bin nicht Schmitti, ich habe nicht dieses blinde Vertrauen in euch. Ich vertrete nicht eure Interessen, oder die der Firma, ich fühle mich für die Shows und vor allem für die Leute zuständig. Die Leute, denen der Arsch auf Grundeis geht, wenn ihr das alles in den Sand setzt. Die Leute, die ihr gerne vergesst, wenn ihr rumvögelt, weil ihr auf die restliche Welt nicht klarkommt.“

Joko wusste nicht, was er sich von diesem Gespräch überhaupt erhofft hatte. Mitgefühl konnte es wohl kaum gewesen sein, und für hilfreiche Tipps war er bei Thomas auch an der falschen Adresse. Der warf Joko, der wie vom Donner gerührt war, einen nüchternen Blick zu. „Brauchste gar nicht so zu gucken wie ein angeschossenes Reh, ich weiß, dass es eigentlich darum geht. Ihr beide kommt nur miteinander klar. Die Welt drumherum existiert faktisch nicht, wenn ihr zusammen seid. Aber weißte was? Die Verantwortung, die ihr habt, existiert sehr wohl. Die verschwindet nicht einfach, nur weil ihr sie ignoriert.“

Der verzweifelte Drang, sich zu verteidigen, saß tief in Jokos Brust. Der Versuch einer Rechtfertigung, um sich und Klaas nicht so egoistisch dastehen zu lassen, wie Thomas es ihm gerade skizzierte. „Thomas, du weißt ich schätze deine Art, aber das geht zu weit. Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst. Du hast kein Recht, mir und Klaas vorzuschreiben, wie wir zu leben haben.“

„Ich schreibe euch nullkommagarnichts vor, ich sag‘ nur so viel: Wenn ihr das Ding an die Wand fahrt, dann seid nur ihr das schuld. Ihr und diese verkappte Welt, in die ihr euch flüchtet. Und ich kenn‘ dich Joko, ich weiß, dass du damit nicht zurecht wirst, wenn eure Mitarbeiter wegen euch alles verlieren. Und Klaas kann labern, wie er will, für ihn wär‘s genauso schlimm. Mir ist egal, was ihr voneinander wollt. Ich will wissen, was ihr von der Show wollt; was ihr mit der Show machen wollt. Wie die nächsten Jahre aussehen. Das hier ist größer, das betrifft mehr Leben als nur das eure. Noch ist es für nichts zu spät, also macht euch gefälligst Gedanken darum und reißt euch endlich zusammen. So, Thomas Ende. Hab‘ ein Meeting und hab‘ keinen Bock, mich mit dem Thema zu befassen. Hatte mir eigentlich geschworen, mich nie einzumischen, also danke dafür.“

Mit diesen Worten rauschte Thomas an ihm vorbei, schloss die gläserne Tür hinter sich und wuselte davon, als wäre nichts gewesen. Kurz fragte sich Joko, ob er sich die letzten paar Minuten nur eingebildet hatte. Dieses Gespräch, welches kein Gespräch gewesen war, weil Joko überhaupt nicht mitgekommen war. Gegen Thomas Martiens und seine präzise, analytische Wut hatte er keine Chance.

Da war ein konstantes, klingelndes Rauschen in seinen Ohren. Wie wenn man nach einer langen Partynacht und viel zu lauter Musik plötzlich wieder zuhause war und die Stille sich beinahe gewaltsam über einen legte.

Joko starrte lange auf die geschlossene Glastür, ohne sie zu sehen. Zuckte sogar zusammen, als Schmitti urplötzlich vor ihm stand und ihn anblaffte.

„Was willst du denn jetzt auch noch von mir?“

Richtig, er saß ja noch in Schmitts Büro. Seine Augen huschten hoch in das angefressene Gesicht von Thomas, der gestresst wirkte. Gestresst und müde und angespannt.

Halligalli gehörte ihm genauso, wie es Joko und Klaas gehörte.

Genauso, wie es jedem anderen Mitarbeiter gehörte. Allen, die sich für sie und ihre Show den Arsch aufrissen.

„Ich…“, er schluckte, versuchte seine Gedanken zu sortieren. Wieder einmal blieben sie nur an einem Namen hängen. Dem Namen der Person, mit der er sich austauschen wollte; austauschen musste. So, wie nur sie beide es konnten, mit dem bedingungslosen Vertrauen und der schonungslosen Wahrheit.

„Gar nichts“, schloss Joko schwach.

Thomas schnaubte und setzte sich an den gewohnten Platz hinter seinem Schreibtisch. „Schön. Dann kannste mal nach Klaas schauen, bevor ich ihm den Hals umdrehe.“

Joko nickte kaum merklich. Nach Klaas schauen, ja, das konnte er. Das wollte er sowieso. Nach ihm schauen, mit ihm reden. Irgendwie weiterkommen. Irgendwie das Gefühl loswerden, dass sie momentan etwas gegen die Wand fuhren, was sie nie wieder zurückholen konnten; dass sie Leuten wehtaten, weil die den Absprung nicht schafften.

Er erhob sich. „Ich seh‘ mal nach ihm.“

Seine Füße trugen ihn aus Schmittis Büro, durch den großen Raum, in dem die meisten ihrer Mitarbeiter saßen und arbeiteten, an der Küche vorbei und bis zu dem Büro, welches Klaas und ihm gehörte.

Nervös atmete Joko durch. Er wusste, welches Gespräch auf der anderen Seite der Tür auf ihn wartete, auf ihn warten musste, aber er fühlte sich nicht vorbereitet. Er hatte keinen Plan. Er hatte keine Vision, keine Idee, nur dieses nagende Gefühl, dass etwas passieren musste. Bald.

Er öffnete die Tür, wollte direkt zum Sprechen ansetzen, um Klaas nicht die Gelegenheit zu geben, ihn abzulenken, und erstarrte mitten in der Bewegung, als ihre Blicke sich trafen.

Klaas‘ Augen waren verräterisch feucht, stumpf und müde. Nicht die Art der Müdigkeit, die er in Schmittis Augen gesehen hatte. Klaas‘ Blick war gezeichnet von Überforderung und Verausgabung, aber da war noch etwas anderes, ganz schwach. Eine Bitte.

Übelkeit schlug Joko einem Faustschlag gleich in den Magen.

Er konnte es nicht.

Er konnte Klaas nicht verlieren.

Er konnte das alltägliche, diese Möglichkeit, ihn immer zu sehen – solange, bis es ihm zum Hals heraushing – nicht aufgeben.

Er konnte kein Gespräch über ihre Zukunft führen, wenn er nicht wusste, was auf dem Weg dahin alles zurücklassen musste. Er konnte Klaas nicht noch diese Bürde aufbinden, wenn der sich vor lauter Stress schon von Tag zu Tag kämpfen musste.

Es war ein Aufschieben, das nichts bringen würde. Joko wusste das. Es drückte so mächtig auf seine Seele, dass er es kaum zurückhalten konnte. Aber er würde es unterdrücken, es zurückhalten, für Klaas. Er musste erst sicherstellen, dass Klaas es durch die nächste Woche schaffte.

„Kommst du mit?“, fragte er nach einem langen Moment des Schweigens.

Klaas brach den Augenkontakt nicht, schien die Antwort in Jokos Blick zu suchen, bevor er die Frage gestellt hatte. „Wohin?“

„Studio.“

Sie hatten noch Stunden bis zur Probe. Es gab keinen Grund, schon so viel früher im Studio zu sein. Joko war eigentlich mit Jakob zum Mittagessen verabredet.

Aber sobald Klaas nickte und ihm wortlos folgte, war es, als hätte er diese Pläne nie gemacht. Sie mussten warten. Jakob musste warten. Jeder musste warten.

Sie sprachen während der Fahrt nicht. Klaas saß ruhig neben ihm, hatte die kurze Nachricht, die Joko an Jakob geschrieben hatte, nicht kommentiert, und lief schnurstracks in die Garderobe, sobald sie das Studio betreten hatten. Er sackte in sich zusammen, als Joko die Tür hinter sich abschloss.

Sie hatten noch Zeit bis zur Probe.

Klaas saß mit gekrümmtem Rücken auf dem Sofa, hatte das Gesicht in seinen Händen vergraben und atmete betont regelmäßig ein und aus. In Joko zog es bei dem Anblick. Es zog vor Schmerz, da er Klaas nicht leiden sehen konnte, aber es zog ihn auch zu Klaas. So, als wäre es das Natürlichste der Welt, jetzt bei ihm zu sein und ihn so sehen zu dürfen. So, als wäre alles, was ihm Thomas Martiens vorhin völlig zurecht an den Kopf geworfen hatte, mit einem Mal irrelevant, weil er durch die Konsequenzen des Gesagten drohte, das Privileg von Klaas‘ Nähe zu verlieren.

Behutsam trat Joko näher. Klaas hörte ihn, atmete einmal tief und rasselnd ein, bewegte sich aber nicht weg. Nicht, als Joko ihm eine Hand auf die Schulter legte und auch nicht, als er sich hinter ihn setzte und seinen Arm vorsichtig um Klaas‘ Taille schlang, um ihn an seine Brust zu ziehen.

Klaas vertraute ihm.

Klaas brauchte ihm.

Joko ignorierte das Kribbeln, welches ihm bei dem Gedanken zu berauschend drohte, ihm bis in den Nacken zu ziehen. Stattdessen konzentrierte er sich auf Klaas, auf dessen Körpersprache, die er in- und auswendig kannte.

„Bist du okay?“

Klaas nickte. Schüttelte den Kopf. Sein Gesicht streckte sich Joko automatisch entgegen. Es passte so wunderbar perfekt in Jokos Halsbeuge.

„Bitte.“

Klaas bat ihn nicht oft. Nicht so ehrlich, nicht mit dieser Note der Verletztheit in seiner Stimme.

Ergeben neigte Joko seinen Kopf. Einer von Thomas Martiens‘ Sätzen schoss ihm durch den Kopf.

Wenn ihr rumvögelt, weil ihr auf die restliche Welt nicht klarkommt.

Vielleicht ging es wirklich darum. Vielleicht brauchten sie einander, um alles andere um sie herum auszuhalten. Aber ganz sicher war es nicht nur das. Da war so viel mehr, so viel, was niemand außer ihnen verstand, weil sie es selbst nicht greifen konnten. Joko konnte es nicht benennen, das hatte er nie gekonnt, aber er konnte es fühlen, zwischen ihnen, in ihm, wenn er Klaas‘ Schläfe küsste und dessen Körper sich wortlos enger an ihn schmiegte.

Es ging nicht um das Körperliche. Es ging darum, einen Katalysator für diese intime, völlig surreale Nähe zu finden, die ihn mit Klaas verband.

Joko ging behutsam vor. Er zog Klaas Trainingsjacke und T-Shirt aus und strich minutenlang über seine Schultern und den Rücken. Küsste ihm ab und an den Nacken und die Schulter, da er nun mit hängendem Kopf und immer noch geschlossenen Augen vor ihm saß und tiefer atmete. Jokos Fingerspitzen bewegten sich ohne Druck über Klaas‘ Haut, zeichneten die Muskeln auf seinem Rücken nach, bis er mit dem Zeigefinger langsam die Wirbelsäule hinabfuhr und einen weitern Kuss auf das Schulterblatt vor ihm setzte. Er beobachtete Klaas‘ Reaktionen im Spiegel gegenüber, sah seinen Gesichtsausdruck zwischen An- und Entspannung hin und her schwanken. Er wollte ihm all das nehmen, was ihn quälte. Es würde nicht funktionieren, aber er wollte wenigstens versuchen, es zumindest ein bisschen besser zu machen.

Er griff um den Oberkörper herum, strich ihm nun sanft über Brust und Bauch. Klaas‘ Mund öffnete sich leicht und bei dem Anblick musste Joko mit aller Macht den Impuls unterdrücken, ihre Lippen miteinander zu verschließen. Er wusste nicht genau, wo Klaas gerade innerlich war, aber er würde sein Tempo mitgehen und nicht hervorpreschen. Nicht jetzt, wo die Anspannung endgültig Klaas‘ Körper verlassen hatte und er seinen Hinterkopf auf Jokos Schulter bettete. Die Hand, die sich um seinen Nacken schlang, war ein wenig klamm, aber Joko rann nicht deswegen ein Schauder den Rücken hinunter. Es waren Klaas‘ Nägel, die sich kurz in seine Haut gruben, als Jokos Fingerspitzen an seinem Hosenbund ankamen, und seine Lippen, die sachte Küsse auf Jokos rotem Hals platzierten.

Sie waren mittlerweile so eng aneinandergepresst, dass Joko jede Bewegung von Klaas‘ Rückenmuskulatur an seiner Brust spürte. Ihre Körper bewegten sich in einer Art selbstverständlichem Einklang. Mühelos reagierten sie auf den anderen.

„Joko“, flüsterte Klaas erstickt, und Joko erkannte die Tonlage seiner Stimme augenblicklich. So klang Klaas, wenn ihn die Emotionen überwältigten. So klang Klaas, wenn er viel mehr Bedeutung in ein Wort legte, als jenes Wort eigentlich innehielt. So klang Klaas, wenn seine Augen gefährlich feucht schimmerten und ihm die Kehle eng wurde.

„Bist du da?“ Joko wusste, dass Klaas die Worte versehentlich über die Lippen gerutscht sein mussten. Er schien gefangen in der Emotionalität und in der Lust, die sich zäh und schwer wie eine Decke über sie legte. Joko sah ihr Spiegelbild, sah Klaas weichen Körper und seine geschlossenen Augen, sah seine eigenen Hände beruhigend in Klaas‘ Nacken greifen, bis nur noch die Fingerspitzen zu sehen waren.

„Bin da“, flüsterte er besänftigend, als er das leichte Zittern in Klaas‘ Brust spürte, das Beben in seinem Gesicht erkannte. Klaas weinte nie. Das musste er auch nicht, Joko hielt es gar nicht aus, ihn so zu sehen. Aber dieser Gesichtsausdruck, dieses verletzliche und offene, das war seine Vorstufe. Klaas war überwältigt. Joko überwältigte ihn, überforderte ihn, und diese Erkenntnis schlug verdammt hart in Jokos Kopf ein und legte kurz alles in ihm lahm. Denn er kannte dieses Gefühl. Klaas gab ihm dieses Gefühl, so wie er es allem Anschein nach Klaas geben konnte.

„Bin immer da“, raunte er, schob seine rechte Hand wieder tiefer und holte sich das nächste Geräusch von Klaas, diesmal zweifellos erregt. Er hielt ihn mit der Linken, die sich quer über seine Brust spreizte und undefinierbare Muster nachzeichnete. Er war nicht hektisch oder überstürzt, als er Klaas‘ Hose öffnete, war zu fokussiert dabei, seine eigenen Bewegungen im Spiegel zu beobachten und abzuschätzen, wie Klaas es wollte. Klaas, der mittlerweile fast auf seinem Schoß saß, so sehr drückte er sich an ihn. Klaas, der seine Augen nicht öffnete, vermutlich, um sich selbst zu schützen. Dennoch erlaubte er Joko, ihm nahe zu sein, ihn zu berühren, und das reichte Joko, um sich weiter vorzuwagen.

Klaas‘ Hand war immer noch um Jokos Nacken geschlungen. Joko brauchte nicht lange, um zu verstehen, dass er so mit ihm kommunizierte. Ob seine Finger nun unruhig über das feine Haar strichen, während Jokos Rechte unter die Boxershorts glitt, oder ein wenig fester zupackten, als Joko mit ein paar gezielten Handgriffen seine Hoden massierte. Joko verstand ihn, verstand, was er wollte, wie er es wollte. Er fand mühelos den Rhythmus, den Klaas brauchte, nicht schnell und brennend, aber auch nicht neckend langsam. Seine Finger umschlossen Klaas‘ Erektion, wie sie es schon dutzende Male zuvor getan hatten, und Joko ließ sich von der Selbstverständlichkeit der Bewegung leiten, bis Klaas‘ Kopf auf seine Brust rollte und er sein eigenes Keuchen erstickte, indem er Jokos Zeigefinger zwischen die Lippen nahm.

Automatisch griff die Hand in Klaas‘ Schritt ein wenig fester zu. Joko wünschte sich plötzlich, Klaas würde die Augen öffnen und ihm vermitteln, ob er mehr wollte oder nicht, aber die Frage beantwortete sich von selbst, als Klaas‘ Mund seinen Finger wieder entließ und er stattdessen sanft mit den Lippen Jokos Handrücken nachfuhr. Joko verstand, blieb bei seinem Tempo und ließ Klaas langsam und mit viel Druck in seine enge Faust stoßen. Er nahm Klaas‘ Geruch wahr, der ihn ummantelte. Er blickte wieder in den Spiegel, um fasziniert dabei zuzusehen, wie perfekt sie ineinandergriffen, bevor er sich ein Stück vorbeugte und sein Gesicht in Klaas‘ Haaren vergrub.

Er küsste ihn innig.

Küsste ihn, aber nur seinen Schopf, seinen Nacken und Hals, weil er Klaas kannte und alles andere ihm heute zu viel werden würde, weil ein Kuss für ihn manchmal einfach zu tief in etwas vordrang, was Klaas nicht jeden Tag gewillt war, mit ihm zu teilen, und das musste Joko akzeptieren.

Mehr kann ich dir nicht geben. Das hatte Klaas gesagt, in dieser Nacht im Juni, die Joko als zweite Chance gesehen und ergriffen hatte. Die Nähe zwischen ihnen fühlte sich seitdem echter, intimer an, und wenn Klaas nicht mehr als das geben konnte, war es völlig ausreichend. Er konnte und wollte nicht mehr erwarten. Er fürchtete sich viel zu sehr davor, selbst irgendwann sein emotionales Limit zu erreichen und Klaas abweisen zu müssen, weil er bestimmte Grenzen nie überschreiten würde. Grenzen wie München. Grenzen wie Lisa.

Klaas keuchte, wurde unruhiger und legte den Kopf zurück in seinen Nacken, um sie auf Jokos Schulter zu betten. Joko rieb ihn weiter, seine Augen waren auf Klaas‘ Gesicht und den Adamsapfel fixiert, der an Klaas‘ gestreckter Kehle hervorstach.

Joko flüsterte seinen Namen, wollte ihn sehen und den Moment mit ihm teilen, aber Klaas schien zu abgelenkt, um ihn zu hören. „Klaas“, wisperte er noch einmal, tippte mit den Fingern leicht auf Klaas‘ Brustkorb und dessen Augen schnappten auf. Blau traf auf braun, als sie sich durch ihr Spiegelbild anblickten. Der Blick nahm Joko gefangen. Ein weiteres Keuchen verließ Klaas‘ Lippen. Sein Körper streckte sich Jokos entgegen, sein Blick war geladen vor Spannung und hervorberstender Lust und Joko wusste, was als nächstes passierte.

Klaas kam in seine Hand, zitternd und leise und so wunderschön, dass Joko bei dem Anblick die Luft wegblieb. Klaas‘ Augen blieben auf ihm, geweitet und voller Emotionen, die er eigentlich lieber zurückhielt. Etwas zwischen ihnen war für einen Moment so ehrlich, so echt, dass Joko seinen Kopf wegdrehen musste. Schlucken und blinzeln musste, bis das Gefühl der Enge in seiner Kehle wieder wich. Seine Hände strichen beruhigend über Klaas‘ Körper, von seinem Schritt bis hoch zu seinem Hals, während Klaas‘ Augen unablässig auf ihm haften blieben. Joko scheute sich davor, den Blickkontakt zu erwidern, küsste lieber ein letztes Mal seine Schulter und bat ihn dann leise, sich umzudrehen.

Zwei Arme umschlangen seinen Körper, kaum dass Klaas gehorcht und sich auf seinem Schoß niedergelassen hatte. Eine Hand rutschte unter Jokos Pulli und Hemd, um ihm nachlässig über die weiche Haut seines Rückens zu streicheln. Klaas suchte den Kontakt zu ihm, legte den Kopf auf Jokos Brust und summte zustimmend, als Joko begann, mit seiner Hand durch das braune Haar zu streichen.

Thomas würde sie vermutlich bald anrufen, um zu fragen, wo zur Hölle sie sich rumtrieben. Aber noch hatte er das nicht getan. Noch hatten sie Zeit.

Ein wenig Zeit hatten sie noch. Bis zur Probe.

Also schloss Joko die Augen, genoss Klaas‘ Wärme an seiner Brust und das Geräusch seines Atems, der gegen seinen Hals schlug. Er hielt ihn eng umschlungen und war bis zur letzten Sekunde nicht bereit, ihn loszulassen; nicht bereit, sie loszulassen. Er spürte die Nähe zu Klaas‘ Körper, aber noch viel mehr spürte er diese undefinierbare Nähe tief in seinem Inneren. Das, was sie wie ein unsichtbares Band miteinander verknüpfte. Das, was diese drei Worte in Jokos Kopf herumwabern ließ, die Klaas nicht hören wollten. Die aber sowieso nicht allumfassend genug waren, um zu beschreiben, was wirklich in ihm vorging.

Sie waren sich so nah.

So nah, wie sich zwei Menschen seien konnten.

So nah, und noch viel näher.

Nur küssen, das taten sie sich nicht.




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