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Tausendmal Berührt [Teil I]

von ninarina
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Joachim "Joko" Winterscheidt Klaas Heufer-Umlauf
14.06.2021
29.01.2022
20
134.433
126
Alle Kapitel
146 Reviews
Dieses Kapitel
10 Reviews
 
04.10.2021 5.746
 
Es war ein wirklicher Kraftakt, dieses Kapitel zu schreiben, weil es einerseits sehr explizit und unbeschönigt ist und andererseits sehr vielschichtig und aufwühlend, was die emotionale Ebene angeht. Fast 6000 Wörter über ein paar Minuten Echtzeit zu schreiben, mache ich auch nicht alle Tage und dementsprechend nervös bin ich, es jetzt zu teilen. Wenn alles einstürzt, ist es extrem schwer, die richtigen Worte dafür zu finden, ohne, dass es zu pathetisch wird. Ich habe ja vor dem Sturm gewarnt, der aufgezogen ist und jetzt über die beiden hereinbricht und uff, das tut er wirklich. Mit voller Wucht. Ich habe in meinem Leben noch nie öfter das Wort „hassen“ geschrieben. Ich glaube, mehr muss ich gar nicht sagen.


Hoffentlich haltet ihr mit mir durch und helft mir, die Reste aufzusammeln. Euer Feedback macht mich weiterhin sprachlos vor Glück und ich kann euch nicht genug dafür danken.


(Das schlimmste an diesem Part ist, dass es noch nicht der schlimmste ist. Ich möchte mich vergraben.)





Part 12: All Of My Self-Control (I Have Bad Bones In Me)




I am lost in all your hidden kisses

I don’t tell you how I crave for you

And you don’t see me crawl

Now that’s something for the dogs

(Bones Bad Bones by Asbjørn)




Paartherapie, November 2015



Es passierte, als Klaas den Bogen überspannte.

Der Kontrast vor und hinter der Kamera wurde immer größer. Seit sie aus der Sommerpause zurückgekommen waren, bewegten sie sich in einer Art nie enden wollender Spirale aus Anspannung und Entspannung. Wo sie früher im Privaten vertraut und stumm ineinandergegriffen hatten, herrschte nun eine zähe Stille, aufgeladen mit Dingen, die ungesagt blieben. Wo vor der Kamera Konkurrenz und Hass geschürt worden war, fanden sie immer vermehrter vertraute, ruhige Momente.

Klaas‘ Gedanken standen Kopf. Ihre ganze Welt schien ihnen zu entgleiten, ein Eigenleben zu entwickeln, weil sie sich selbst nicht mehr im Griff hatten. Joko mied ihn offensichtlich, seit er an diesem einen Abend in Kroatien Klaas‘ Hotelzimmer verlassen hatte, und wie auch beim letzten Mal machte Klaas die Verzweiflung darüber, dass Joko ihm den Rücken zukehrte, zornig. Eigentlich hatte es alles mit Jamaika begonnen, denn Klaas hatte danach viel Abstand gebraucht. Hatte Joko oft angefahren, wenn der wieder versuchte ihn zu berühren. Hatte jegliche emotionale Annäherung seinerseits bereits im Keim erstickt und Joko hatte es verstanden, sich zurückgezogen und auf Klaas gewartet. Er wartete und Klaas provozierte ihn weiter, ließ nicht nach, war von kalter Wut und Verzweiflung getrieben und fragte sich, wie weit er dieses Spiel noch treiben konnte. An welchem Punkt würde Joko sich umdrehen und das sinkende Schiff verlassen, weil er Klaas‘ Gemeinheiten, diese kleinen, ständigen Spitzen nicht mehr aushielt?

Joko schwieg beharrlich, ging Woche um Woche noch mehr auf Distanz und Klaas hielt dieses unbeteiligte Verhalten nicht aus, reizte ihn irgendwann mit öffentlichen Demütigungen, verband die berufliche mit der privaten Ebene, machte es unmöglich für Joko, die Probleme zwischen ihnen weiterhin zu ignorieren. Aber der biss die Zähne aufeinander und schluckte seinen Ärger hinunter, wieder und wieder.

Klaas war so wütend.

Er war so verzweifelt.

Seit Kroatien – nein, seit Jamaika – lag da etwas in seiner Brust, das bei jedem Atemzug schmerzte.

Der Punkt, an dem Joko endgültig genug hatte, kam mit Ansage und war dennoch überraschend, weil Joko nicht ging, nicht den Konflikt scheute und ihn mied, sondern die direkte Konfrontation suchte. Joko hasste Konfrontation, das wusste Klaas. Er hasste Klaas, wenn dieser absichtlich einen Keil zwischen sie trieb und ihn bis auf das Blut reizte, nur um sich daran zu erfreuen.

Der Dreh zur Paartherapie sollte der Tropfen sein, der das Fass zum Überlauf brachte. Das Problem war nicht der Dreh an sich, es war Klaas‘ Umgang damit und das wusste er selber. Er provozierte es bewusst heraus. Er war zu sanft gewesen in Kroatien, hatte sich in eine Ecke drängen lassen. Von Joko und diesem verdammten Blick in seinen Augen. Von Joko, der Thomas Martiens küsste und es ihm dann unbedingt sagen musste, anstatt einfach seinen Mund zu halten. Von Joko, der ihn innerlich aufwühlte und zerrüttete und dann in sein Hotelzimmer kam, um ihn aufzufangen, weil er der Einzige war, der das konnte.

Klaas wollte dieses Gefühl packen und aus sich herausreißen, das ihn machtlos werden ließ. Es gehörte da nicht hin, so tief in ihm, so unwiderruflich auf Joko ausgerichtet, so eindeutig von ihm abhängig.

Die Redaktion drängte sie zu der Idee der Paartherapie, obwohl Klaas das Chaos kommen sah. Sie waren nicht in der Verfassung, es vom Privaten zu trennen und es zum Brüllen komisch zu finden, darüber zu reden, warum ihre Beziehung zum Scheitern verurteilt war. Es ging zu nah an die Realität, kratze bedrohlich nah an der Oberfläche. Der Dreh selbst lief noch in Ordnung, Klaas rettete sich in zynische Ironie, Joko in kindische Überdrehtheit. Es passte zu ihnen, zu ihren Rollen. Er versenkte Joko im Wasser und konnte nicht umhin, eine Art zornige Befriedigung zu empfinden, als Joko bibbernd vor Kälte zum Rand schwamm und von einem feixenden Kamerateam empfangen wurde.

Es waren die Momente danach, in denen alles aus dem Ruder lief. Klaas biss um sich wie ein tollwütiger Köter, wusste selbst nicht, warum er die Eskalation förmlich herbei forcierte, wusste nur, dass Joko es hasste, wenn er es tat; dass Joko ihn hasste, wenn er aus jeder Kleinigkeit einen handfesten Konflikt machte. Er war es selber Schuld, dachte Klaas. Joko und sein beschissenes Ignorieren waren doch der Grund, aus dem sie überhaupt in dieser Zwickmühle geraten waren.

Hassen konnte Klaas auch.

Klaas hasste sich selbst, aber Joko, den hasste er noch mehr.

Es überraschte ihn nicht, dass Joko ihm bis ins Büro folgte. Sie ignorierten Schmittis missbilligenden Blick, das Darüber-reden-wir-später in seinen Augen, als sie hintereinander durch die Gänge stapften, Klaas mit einigen Schritten Vorsprung. Joko wurde auf halbem Weg von seinem klingelnden Handy aufgehalten und Klaas schnaubte gehässig, flüchtete in ihr Büro und knallte die Tür hinter sich zu.

Seine Hände zitterten schon wieder.

Gott, er hasste Joko.

Außer sich vor Wut streifte er seine Jacke ab und schmiss sie über den Stuhl, hatte kaum Zeit, seinen Atem zu regulieren, als Joko schon die Tür so heftig aufstieß, dass sie gegen die Wand krachte. Er trug eine alte Jogginghose und einen ausgeleierten Pulli, weil er sich nach der Aktion beim Dreh hatte umziehen müssen. Er sah aus wie ein zu groß geratener Junge, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte.

„Ich nerve dich also, ja?“, keifte Joko drauflos. Die Tür donnerte dank seiner nächsten heftigen Handbewegung zurück ins Schloss. „Das ist jetzt wieder deine Nummer? Du bist echt das widerlichste, was mir je untergekommen ist, Heufer-Umlauf.“

Klaas dachte kurz an den Dreh zurück, dachte an die Wut, die unter seinen Nägeln brannte, wann immer Joko ihn berührte, sich ihm näherte und nur Schwachsinn von sich gab, sich wie ein Assi verhielt und sich gleichzeitig dümmlich anstellte.

„Versuchst du mir grade zu erzählen, dass du nicht den gesamten Dreh lang ein absolut überdrehter Vollidiot warst, um mich zur Weißglut zu treiben?“, spottete Klaas. „Das machst du seit Monaten so. Früher war’s ja noch ab und zu ganz lustig, aber ich weiß genau, dass du es selber nicht mehr haben kannst und trotzdem so weitermachst, um mich zu nerven.“

„Hier geht’s nicht um so eine Kinderkacke und wer wen mehr nervt. Hier geht’s um uns.“ Sichtlich um Beherrschung bemüht, drehte Joko den Schlüssel im Schloss, schirmte sie von der Außenwelt ab. „Und wir reden da jetzt drüber. Sofort.“

Eine Stille folgte. Sie war schwer und klebrig, kroch unangenehm unter Klaas‘ Haut, genauso wie der nächste Satz, den Joko an ihn richtete.

„Du versuchst weiterhin so zu tun, als wäre das hier eine ganz normale Freundschaft zwischen uns.“

„Wir sind keine Freunde.“

„Genau. Das sind wir nicht. Aber da ist trotzdem etwas und damit kommst du nicht klar.“

Für eine Millisekunde haderte Klaas mit sich. Wenn er das jetzt tat, gab es kein Zurück mehr. Er war sich dessen völlig bewusst, als er ausatmete und den Knopf drückte, auf dem völlige Zerstörung stand. Ein Scheiterhaufen ihrer Beziehung, den er eigenhändig errichtet hatte.

„Ja, weißt du, was da ist, Winterscheidt?“, fuhr er Joko barsch an. „Unser Job is‘ da. Die Firma, die Shows, Halligalli. Wir hängen aufeinander rum, weil es nicht anders geht. Weil wir Geschäftspartner sind und Kollegen auch.“

Joko schnaubte und es machte Klaas rasend. „Mach dich nicht lächerlich. Nur Kollegen also, ja?“

„Komm mir nicht mit dem Scheiß“, höhnte Klaas. „Komm mir nicht mit irgendeinem emotionalen Kram jetzt, von wegen wir sind miteinander verbunden. Ja, sind wir. Durch Verträge. Durch die Florida. Durch die ganze Zeit, die wir miteinander verbringen. Aber das ist beruflich, nicht privat. Wenn du das nicht aushältst, ist das dein Pech und dann müssen wir—“

Etwas verschob sich in Jokos Blick, als er nähertrat und Klaas unterbrach. „Was müssen wir dann? Aufhören, bei jeder Gelegenheit zu vögeln? Darf ich das überhaupt erwähnen oder rastest du direkt aus, sobald es mal jemand ausspricht?“

„Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun.“

„Ach nein?“, spottete Joko. „Dass du mir seit Jamaika aus dem Weg gehst und dich manchmal sogar bei Drehs wie der letzte Arsch aufführst, hat nichts damit zu tun, dass du dich von mir hast ficken lassen?“

Klaas sog scharf die Luft ein. Jamaika war ein absolutes Tabuthema, aber nicht wegen dem, was Joko dachte. Jamaika hatte Dinge in ihm wachgerüttelt, die aus gutem Grund niemals an die Oberfläche gelangen sollten. Er hatte monatelang versucht, sie wieder zu vergraben und nun stellte er mit einem erschrockenen Blick in Jokos Augen fest, dass dieser schon längst wusste, worum es wirklich ging. Und eigentlich, da war sich Klaas sicher, hätte Joko ihn damit davonkommen lassen, zumindest für eine Weile. Aber Klaas hatte nicht aufhören können, wie wild um sich zu schlagen und Joko verbal wieder und wieder in die Eier zu treten. Joko ließ viel mit sich machen, war lange geduldig, und genau deshalb hatte Klaas den richtigen Punkt verpasst, um sich zurückzuziehen, anstatt weiter zu provozieren.

„Aber das ist nicht dein eigentliches Problem, oder?“, sagte Joko da auch schon und Klaas schüttelte instinktiv und warnend den Kopf. Er wusste, dass es keinen Zweck hatte. In diese Ecke hatte er sich selbst manövriert und Joko war zu wütend, um Erbarmen zu haben. „Nein, das willst du immer noch, da würdest du vielleicht auch öfter drum betteln, wenn du nicht so ein stolzer Hund wärst. Dein eigentliches Problem ist, dass du mich geküsst hast. Vögeln ist okay, sogar gevögelt werden, aber wenn es ums Küssen geht, rennst du schneller als ich Alabama sagen kann. Gott bewahre, dass der Herr mal etwas Echtes fühlt. Gott bewahre, dass ich dir jemals richtig nahekomme.“

Bämm.

Da war es. Einfach so.

Er hasste Joko dafür.

Er hasste Joko, weil er ihn zu gut kannte. Weil er ihn tatsächlich zu nah an sich rangelassen hatte, auf Jamaika, aber auch in den Monaten davor. Sogar noch in den Monaten danach, irgendwie. Er hasste Joko, weil die einzige Alternative dazu ihm so eine Angst machte, dass er es kaum in Worte fassen konnte.

Klaas war ganz starr, wie paralysiert von Jokos Nähe und seinen Worten. Der letzte Vorhang fiel für sie und Klaas hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass ausgerechnet Joko ihr Ende einläutete. Er hatte Jokos Wut unterschätzt, nicht verstehen wollen, dass auch dessen Verzweiflung und Zurückhaltung in kalten Zorn umschlagen konnte. Joko nutzte Klaas‘ Zögern und die Überforderung, um ihm langsam mit dem Zeigefinger über den Arm zu streichen. „Wie schwer fällt es dir mittlerweile, in den Spiegel zu schauen? Wie tief steckst du wirklich in dieser Selbstverleumdung? Wie viel scheißegaler kann ich dir überhaupt noch sein?“

Er wollte protestieren, sich verteidigen. Absurderweise wollte er auch Joko schützen, ihm klarmachen, dass ein Großteil seiner Wut ihren Ursprung in Gefühlen hatte, die vieles bewiesen, nur nicht, dass Joko ihm jemals egal gewesen war. Aber er blieb stumm, war eingenommen, fast eingeschüchtert von Jokos Dominanz, die loderte und alles mit in Brand steckte, was ihr zu nahekam. Jokos Hände legten sich bestimmt um seine Schultern, drückten ihn zurück, bis sich Klaas buchstäblich mit dem Rücken zur Wand wiederfand. Er war Joko schutzlos ausgeliefert.

Joko, der ihn gänzlich in der Hand hatte, wenn er wollte. Und Joko wollte. Joko konnte berechnend und überheblich sein, wenn er sich klein und unbedeutend fühlte. Joko konnte ihn wie jetzt mit wissenden Augen berühren, mit den Fingerspitzen von seinen Schultern ausgehend die Arme runterfahren und sich darüber im Klaren sein, dass Klaas ihm chancenlos gegenüberstand. Er konnte mit zwei Handgriffen, eine davon an Klaas‘ Brust, direkt über seinem Herzen, und eine in seinem Nacken, dafür sorgen, dass Klaas der Atem stockte, weil das Einzige, was ihn bisher immer wieder an das rettende Ufer zurückgeschwemmt hatte, Jokos Zurückhaltung gewesen war.

Klaas hatte diesen Scheiterhaufen selbst errichtet, langsam und Schritt für Schritt fertiggestellt und sie beide darauf gezogen. Und Joko, der setzte ihn jetzt in Brand, der nahm das Streichholz und besiegelte ihren Untergang.

„Ich weiß, wie es klingt, wenn du kommst. Fällt das auch unter ein normales Verhältnis zwischen Geschäftspartnern?“

Klaas schauderte. Jokos Hände hinterließen brennende Spuren auf seinem Körper, Spuren, die sich durch seine Kleidung zu fressen schienen. „Ich weiß, wie es ist, in dir zu sein, wenn du kommst. Ich weiß genau, wie du aussiehst, wie du dich anfühlst.“

Seine Zunge befeuchtete die Lippen, bevor Klaas es verhindern konnte. Die Erinnerungen an Jamaika prasselten auf ihn ein, genauso, wie Joko es wollte. Die Intimität ihrer Berührungen in jener Nacht, in der alles egal gewesen war. Jokos Blicke, seine Sanftheit und die Intensität hinter jeder kleinsten Emotion, die Klaas hatte durchsickern lassen. Aber vor allem war da Jokos Satz. Du willst mich küssen. Ganz simpel. Ganz unaufgeregt. Das Aussprechen einer Wahrheit, die jahrelang zwischen ihnen im Raum geschwebt war, schwer zu fassen und doch glasklar.

Klaas wollte Joko küssen. Immer und überall.

Klaas hatte dem Drang einmal nachgegeben, ein einziges, beschissenes Mal, und jetzt stand er hier und konnte nicht richtig atmen, weil Joko mit einem bloßen Anstupsen der Erinnerung alles zurückbrachte, was Klaas so mühsam tief in sich vergrub. Es brauchte nicht mehr als ein paar seiner Blicke, eine Handvoll eindeutiger Sätze und das Gefühl seiner Hände, die unter den Saum seines T-Shirts schlüpften und auf Klaas‘ nackten Oberkörper trafen, und Klaas fiel kopfüber ins Bodenlose. Er fand sich an einem Ort wieder, an dem nichts zählte, nichts außer Jokos Finger, Jokos Lippen; Joko.

Er hatte das Gefühl, die Luft zwischen ihnen war bis zum Zerreißen gespannt. Er presste die Lippen aufeinander, atmete laut durch die Nase aus und gab sein Bestes, sich Joko nicht entgegenzudrängen. Joko, dessen Hände weiter auf Wanderschaft gingen, aber sein Blick blieb auf Klaas‘ Gesicht geheftet. Er zog an seinem Shirt, ganz langsam, ganz bedächtig. Er gab Klaas keine Chance, seinen Augen zu entkommen, beobachtete jedes Zucken und reagierte darauf, zog ihm das T-Shirt aus und fuhr mit seinen Fingerkuppen sanft über Klaas Schultern und seine Brust, während sich seine Lippen an Klaas Hals fanden und Klaas ein ungewolltes Keuchen entlockten. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, dich zu küssen.“

„Hör auf, Joko“, warnte Klaas ihn leise. Joko gab ihm nur ein spöttisches Lachen als Antwort und machte weiter, weil er wusste, dass Klaas keine Chance hatte. Klaas wollte genau das, was Joko wollte, war aber zu feige, um es zuzulassen. Jokos Finger strichen zärtlich über den Bund seiner Jogginghose, bevor sie wieder über die weichen Haare auf Klaas‘ Bauch glitten. „Kannst mich ja rausschmeißen, wenn du es nicht aushältst“, murmelte er und die Berechenbarkeit in seiner Stimme ließ Klaas fast noch mehr schaudern als die Zunge, die jetzt flatternd über sein Schlüsselbein wanderte.

Es war ein anderes, verzweifelteres Gefühl des Aufgebens, mit dem Klaas seine Hand in Jokos Haare schob und seinen Kopf näher gen Brust drückte, während er sich mit der ganzen Länge seines Körpers an Jokos presste. Es war getrieben von Selbstverachtung, die seine Lust fast überdeckte. Es war anders, in die Arme eines Jokos zu fallen, der ihm abschätzig und zynisch gegenüberstand und nicht liebevoll und sanft wie sonst. Es fütterte seine Panik vor den Folgen dieses Wollens, das in ihm brannte und alles verätze, was ihn bei Verstand hielt. Es brannte von innen, genauso, wie Jokos Finger mit jeder ihrer Bewegungen über Klaas‘ Körper brannten.

Er konnte spüren, wie sich Joko seinen Hals hochküsste, während sich seine Hand neckend in die Hose schob. Die Berührungen waren ähnlich derer, mit denen Klaas sich seit Jamaika über Jokos Haut und doch auf Distanz bewegt hatte und dass Joko den Spieß nun umdrehte, ließ ihn erneut schaudern. Endlich begann er zu begreifen, wie Joko sich gefühlt haben musste, warum er ihn immer so hilflos und bittend angesehen hatte. Klaas hatte sich darüber hinweggesetzt, wieder und wieder, und nun hatte er kein Recht, sich über den Ausgang zu beschweren.

Die Gier peitschte durch, als Joko das erste Mal mit den Knöcheln über seinen Schwanz fuhr. Klaas flüchtete sich sofort in sie, in das bekannte Gefühl, das sich noch normal anfühlte, weniger überschattet von all den Dingen, die er und Joko ruiniert hatten. Er schob sich der Hand entgegen, ging nicht auf das zufriedene Brummen seines Gegenübers ein und fiel erst dann mit dem Kopf zurück gegen die Wand, als Joko von ihm abließ und ihn anblickte.

Ungefiltert. Brennend.

Klaas nahm seine Finger kommentarlos entgegen, öffnete reflexartig den Mund, als Joko gegen seine Lippen stupste. Kurz, fast unmerklich, wurden Jokos Züge weicher und sein Blick offener, als er Klaas die Finger zwischen die Lippen schob. Kurz wirkte er beinahe zärtlich, so, wie er Klaas mit der anderen Hand über die Wange strich und an seinem Ohr endete. Und das tat noch viel mehr weh als alles, was zuvor passiert war. Klaas hielt dieses Gefühl nicht aus, welches ihm auf die Brust drückte, und sog hektisch an den Fingern, umfuhr sie mit seiner Zunge und entließ sie erst wieder, als Joko das Verlangen aus jeder Pore schoss und er seine Hand von Klaas‘ Wange zurück auf seinen Oberkörper legte. Der Moment war so schnell vorbei, wie er gekommen war, aber das machte ihn nicht weniger bedeutend.

Joko wusste, was er dachte.

Er wusste, was Joko dachte.

Sie waren verbunden. Tief und unverrückbar und das war ihr eigentliches Problem.

„Klaas“, murmelte Joko und das klang so sehr nach ihm, das war so nah an dem Joko, der jede seiner Barrieren zerschoss, dass Klaas sofort den Kopf schüttelte.

„Wag es nicht“, zischte er ihm entgegen, stieß sich ein wenig von der Wand ab und wurde sofort wieder von Joko dagegen gedrückt, der sich mit seinem Körpergewicht an ihn lehnte. Die Bestimmtheit war zurück in seinen Berührungen, zeigte sich in der Art, mit der er über Klaas‘ Rücken strich und mit seinem Daumen zielsicher einen empfindlichen Punkt knapp über seinem Steiß massierte.

„Ich kann wagen, was ich will.“

Klaas keuchte, spürte die Hitze, die sich von seinem unteren Rücken ausbreitete und ihm kribbelnd bis in die Eier zog. Er wurde ungeduldig, als Jokos Lippen seinen Kiefer nachfuhren, bis hoch zu seinem Ohr, um dort die weiche Haut zu küssen. Es war die Kombination aus Jokos Händen und seinem Mund, das Gefühl von Jokos Präsenz, die an ihm klebte und durch ihn sickerte, bis sie ihn völlig einnahm, die Klaas den letzten Funken Verstand raubte. Losgelöst von all ihren Problemen, von Klaas‘ Sturheit und Jokos Wut, war es gar nicht so schwer zu verstehen, warum Joko so unfassbar anziehend auf ihn wirkte. Warum Klaas jetzt schon so erregt war, dass Jokos Zähne an seinem Ohrläppchen reichten, damit sich seine Augen in die Höhlen drehten. Warum Klaas, den niemand so schnell aus der Reserve lockte, am liebsten Jokos Spiel beendet hätte, indem er ihn bat, ihn hier und jetzt zu nehmen.

Er wollte Joko zwar um nichts bitten, konnte ihm die Genugtuung nicht geben, indem er ihm auch noch verbal Recht gab. Aber alles in ihm schrie nach mehr, alles in ihm wollte abtauchen und sich hingeben und Joko machen lassen, ohne so zu tun, als würde ihn der bloße Gedanke daran nicht manchmal nachts wachhalten. Ihm entkam ein verzweifelter Laut, die Luft war bedenklich knapp in seinen Lungen und das Herz schlug ihm bis zum Hals, und dann waren da endlich Jokos Finger, die tiefer glitten, ihn massierten, so weit vorrückten, bis seine Nägel von hinten leicht gegen Klaas‘ Hoden kratzten. Die folgenden Sekunden waren geprägt von Jokos Ungeduld, der in seiner Tasche nach etwas kramte, ohne die Lippen von Klaas‘ Ohr zu lösen. Klaas nahm es kaum wahr, ließ sich lieber von seiner Lust überrollen, fühlte die Zunge über seine Ohrmuschel fahren und zuckte nur leicht zusammen, da der Finger, der plötzlich Druck auf seinen Eingang ausübte, nass und kalt war.

Als Joko in ihn eindrang, war es anders als die Male davor. Er war zielstrebiger, ein wenig kälter, vielleicht auch gröber. Klaas drängte sich dem Gefühl sofort entgegen, war augenblicklich wieder süchtig nach der gewaltigen Hitze in seinem Inneren, wenn Joko ihn so berührte. Joko ließ ihm keine Zeit, stattdessen rutschte sein Finger immer tiefer, bis die restlichen Fingerknöchel von außen gegen Klaas‘ Damm pressten. Er schnappte nach Luft, fühlte sich wie besessen von der Mischung aus Schmerz und Lust, wie sich seine Muskeln um Jokos Finger krampften und sein Kopf kraftlos gegen die Wand sank.

„Sag mir, wie sehr du das magst“, raunte Joko in sein Ohr.

„Ich hasse dich.“ Klaas fühlte sich erbärmlich, so, wie er den Satz hervorkeuchte.

Joko schüttelte den Kopf. „Vielleicht. Aber ich weiß, dass du das magst.“

Klaas‘ Magen zog sich jäh zusammen, eine seltsame Mischung aus Scham und Erregung durchflutete ihn. Er nickte, kapitulierte, war jenseits von Gut und Böse und sich nicht sicher, wie viel von dem, was durch seinen Kopf waberte, gerade wirklich passierte; ob er wirklich nur noch von Jokos Armen aufrechterhalten wurde oder das nur eine Illusion seines Verlangens war, weil ihn der Gedanke anmachte. Alles, was Joko mit ihm tat, machte ihn an, egal ob er grob oder sanft, schnell oder langsam war, aber da steckte etwas fraglos besonderes in der Art und Weise, wie Jokos Dominanz manchmal auf Klaas‘ Gier prallte und etwas ganz Neues, noch viel intensiveres in ihnen beiden entfachte. Klaas‘ Körper reagierte wie von selbst, wenn Joko fordernd wurde. Es war fast so wie, wenn sie moderierten, wenn sie sich hochschaukelten und ineinandergriffen und funktionierten, ohne darüber nachzudenken.

Joko grinste gegen sein Ohr, gab sich mit Klaas‘ Nicken zufrieden und begann, seinen Finger in Klaas zu stoßen, tief und schnell. Klaas‘ Innerstes zog und brannte wieder und er genoss den Kick, den er allein durch die stetige Reibung bekam. Er bewegte sich mit ihm, schlang den Arm um Jokos Nacken und zog das rechte Bein hoch, damit Joko noch tiefer kam. Der Finger in ihm krümmte sich zielsicher, traf seine Prostata und ihm klappte hilflos der Mund auf, da das Gefühl der Erregung von dem Punkt aus durch seinen ganzen Körper stob. Klaas drückte sich an der Wand hoch, konnte nicht anders, als laut und hoch zu stöhnen, genauso, wie Joko es wollte. Der ließ nicht von ihm ab, zog den Finger nicht einmal mehr zurück, sondern begann, den Punkt mit kreisenden Bewegungen wieder und wieder zu streifen, mal feste und mal federleicht und Klaas wurde fast schlecht, weil die Erregung so permanent durch ihn zuckte, dass er keine Atempause bekam. Es war ein bisschen so, als würde er kommen, und dann nochmal, und dann wieder, nur, dass sich die Spannung nicht abbaute und stattdessen ins Unermessliche stieg.

„Fuck“, rutschte es Klaas über die Lippen. Er stand auf den Zehenspitzen, wollte sich einerseits auf das Gefühl zubewegen und ihm andererseits ausweichen, weil es zu viel war, in zu heftiger Intensität auf ihn einprasselte. Es zog sich von seiner Mitte runter bis in die Zehen und gleichzeitig hoch bis in sein erhitztes Gesicht. Joko schaffte es nur mit seinem Zeigefinger, ihn komplett durchdrehen zu lassen, bis seine Augen flatterten und seine Unterlippe zitterte. Er schob seine Hand wieder in Klaas‘ Hose, befreite seine steinharte Erektion und fuhr nur mit den Fingerspitzen darüber, prüfend, zufrieden summend, weil Klaas‘ Stöhnen dadurch noch ein wenig verzweifelter klang.

„Ich glaube, ich könnte dich nur mit einem Finger kommen lassen.“

Am liebsten hätte Klaas geschnaubt. Das Ich glaube konnte ja nur ein schlechter Witz sein. Er würde so kommen, wie Joko es von ihm verlangte. Joko bestimmte darüber, ob und wann Klaas kam, weil dieser schon lange nicht mehr Herr seiner Sinne war. Jokos Wut, sein Tunnelblick und die Determination, mit der er Klaas an den Rand des Wahnsinns brachte, ließen ihn absolut wehrlos zurück. Er war ausschließlich auf das Fühlen konzentriert, hing in Jokos Armen, nahm an, was auch immer der ihm gab. Seine Frustration ließ Joko zu einem unfairen Gegenspieler werden, obwohl er doch eigentlich schon gewonnen hatte.

Er ließ es sich nicht nehmen, bei jedem Stöhnen von Klaas, jedem Entgegenlehnen, jedem Zittern, das ihn durchfuhr, nur noch weiterzumachen, ihn noch weiter zu triezen, ihn mit Reizen zu überfluten.

„Brauchst du das?“, fragte er irgendwann. Zwei seiner Finger waren inzwischen tief in Klaas vergraben, Daumen und Zeigefinger der anderen Hand fuhren mit leichtem Druck über seinen Schwanz.

Klaas keuchte, als die Finger über seine Eichel strichen. Er war jetzt schon so übermäßig sensibel, dass er fast vor der Berührung zurückgezuckt wäre.

„Sieh mich an.“

Er tat es und wusste im selben Moment, dass es ein Fehler war. Jokos braune Augen bohrten sich in seine, nahmen ihn gefangen und Klaas konnte nichts tun als zurückzustarren und komplett ausgeliefert zu sein. Joko konnte jetzt jede Regung in seinem Gesicht erkennen, konnte ihn lesen, genauso wie er es immer wollte.

„Brauchst du das hier? Brauchst du mich?“ Es klang fast wie eine Bitte. Als würde Joko sich nur wünschen, dass Klaas es einmal zugab und gleichzeitig wissen, dass das nie geschehen würde.

„Joko“, flüsterte er nur, weil es nichts anderes gab, dass er sagen wollte oder konnte. Joko schien es zu reichen, er seufzte leise und küsste seine Wange, war jetzt mit seinen Lippen gefährlich nah an Klaas‘ Mundwinkel und der drehte den Kopf schnell zur Seite und hasste sich dafür. Da war so viel Hass in ihm und er wusste nicht, wohin damit. Er spürte Joko bitter gegen seinen Hals lachen, als er dort feuchte und langsame Küssen hinterließ, die Klaas wahnsinnig machten, weil er Jokos Mund ganz woanders wollte und sein Stolz ihm verbot, es zuzulassen oder gar danach zu fragen.

„Du bist und bleibst ein Feigling.“

Klaas wünschte, dass er es verneinen könnte.

Er wünschte, er könnte Joko von sich stoßen und ihn verhöhnen, wie er es so oft schon getan hatte, weil Joko sich nie wehren wollte. Weil Joko gewusst haben musste, wie heftig sie aufeinanderprallten, wenn er genauso zügellos auf Klaas eindrosch, wie der es sonst bei ihm tat.

Er wünschte, sie hätten noch eine Chance, intakt aus der ganzen Misere zu kommen und wusste, dass es unmöglich sein würde. Stattdessen war er hier, gefangen in seiner Lust, verheddert in Joko und süchtig nach dem Gefühl des Verbrennens, das nur er in ihm hervorrufen konnte. Klaas saß mitten im Auge des Orkans und bildete sich ein, dass alles gut sein musste, weil es hier still war. Während alles um ihn herum in die Luft flog, es krachte und splitterte, war es hier gespenstisch ruhig. Er musste sich nur einen Millimeter regen, um vom Sturm mitgerissen zu werden; also blieb er erstarrt, gab sich hin.

Joko hätte ihn hier und jetzt ficken können, mit oder ohne Kondom, es wäre Klaas so scheißegal gewesen. Und erst, als Joko das nicht tat, ihn stattdessen mit lodernden Augen und scharfer Zunge weiter fingerte, begriff Klaas, dass genau das der Punkt war. Joko konnte alles mit ihm tun, was er wollte. Und doch war es ihm nicht genug. Joko klammerte sich an diese Macht, weil Klaas ihm sonst nichts gab. Das wirkliche, echte Verlangen, das saß tiefer. Das wurde nicht dadurch befriedigt, dass Joko ihn dominierte und Klaas die Kontrolle über sich selbst verlor. Dieses Verlangen wollte alles.

Alles von ihm und alles von Joko.

Wollte sie kollidieren sehen, sie zusammenkrachen lassen, wollte dieses Gefühl der Einigkeit, jetzt und am besten für immer. Wollte den Sturm nicht vorbeiziehen lassen, sondern sich kopfüber reinstürzen.

Klaas verlor sich in Jokos Augen und für einen Moment durchzuckte ihn der Gedanke, wie das wohl wäre. Alles von ihm und alles von Joko. Jetzt. Immer.

Das war kein guter Gedanke. Das sollte schnell durch seine Gier ertränkt werden.

Klaas schloss die Augen.

Er bewegte sich auf seinen Orgasmus zu, der sich schon so lange aufbaute und anders war als sonst, gänzlich von innen zu kommen schien, weil Joko erbarmungslos seine Prostata stimulierte und ihm damit das Gefühl gab, Funken stöben durch ihn, angetrieben von jenem Sturm, den sie beide schon lange nicht mehr unter Kontrolle hatten.

Er war so nah am Abgrund, dass er die Erlösung schon schmecken konnte, und dann tat Joko etwas, dass er noch nie gewagt hatte. Mit einem letzten, wissenden Blick auf das nackte Verlangen in Klaas‘ Augen beugte er sich vor und küsste ihn. Und in Klaas brach alles auf. Es war nicht wie auf Jamaika, als Klaas Joko geküsst hatte, vorsichtig und zitternd. Es war runtergebrochen auf die simpelste, ehrlichste Form der Lust. Es war ein Aufeinandertreffen ihrer Lippen, unvorbereitet und ausgehungert. Es waren Jokos Lippen, irgendwie vertraut und irgendwie tabu, die ihn sofort dazu aufforderten, ihm Einlass zu gewähren. Es war die Vehemenz, mit der ihrer Münder aufeinanderprallten, sich öffneten, feuchte und tiefe Küsse austauschten. Es war Joko, der ihn küsste, wie man es nur tat, wenn man sich seiner völlig sicher war.

Es war eine Machtdemonstration.

Haltlos keuchend schlang er die Hand um Jokos Hals, presste ihn mit dem ganzen Körper an sich und erwiderte den Kuss, heftig und hilflos zugleich. Emotionen durchfluteten ihn mit einer Intensität, die weit über simple Lust hinausging und etwas Brodelndes zog sich in seinem Magen zusammen, als Joko die Finger von seinem Schwanz nahm und sie stattdessen an seine Wange legte. Die andere Hand fand ihren Weg über Klaas‘ nackten Rücken in seinen Nacken und drückte sanft zu, sodass sein Kopf nun von Jokos Armen umschlossen war.

Klaas konnte nicht atmen, konnte nicht denken oder irgendetwas wahrnehmen außer Jokos Mund auf seinem, Jokos Zähne, die über seine Unterlippe kratzen. Er merkte kaum, wie Joko sein Becken unerbittlich gegen Klaas‘ Mitte rieb, so sehr war er auf die Zunge fokussiert, die nun wieder ihn seinen Mund drang. Joko schaffte es irgendwie, den Kuss trotz der Gier intensiv und auskostend zu halten, Klaas in einem Ozean an Gefühlen zu ertränken und gleichzeitig zärtlich mit dem Daumen über seine Wange zu fahren.

Und da war es nun, in greifbarer Nähe. Alles von ihm und alles von Joko, verbunden, verflochten, vereint. So eindeutig, dass Klaas es am liebsten herausgebrüllt hätte. So selbstverständlich, dass er die Gänsehaut, die seinen Nacken hochkroch, kaum wahrnahm. So natürlich wie das Gefühl von Jokos Lippen auf seinen.

Alles von mir und alles von dir, dachte er.

Und als Klaas kam, da bäumte sich alles in ihm auf. Jede Zelle, jede Faser, jedes Atom. Überwältigt, mit geschlossenen Augen und laschen Gliedern, schaffte er es grade noch, Joko enger an sich zu ziehen, dessen Finger sich fast schmerzvoll in Klaas‘ Nacken krallten, während er ihn durch seinen Orgasmus küsste. Wäre Klaas ein wenig klarer im Kopf gewesen, hätte er sich vermutlich gefragt, wie sehr es Joko angemacht haben musste, Klaas so intensiv zu berühren, wenn ihm schon das zum Kommen reichte. Schließlich waren Klaas‘ Hände nicht einmal in die Nähe von Jokos Schritt gekommen und trotzdem keuchte Joko gegen seine Lippen, schob ihm das Becken ein letztes Mal entgegen und kam zuckend und verzweifelt in seiner Hose.

Irgendwann, es kam Klaas wie eine Ewigkeit vor, löste Joko den Kuss, brachte ein wenig Distanz zwischen ihre Gesichter und ließ den Kopf auf Klaas‘ Schulter sinken. Klaas atmete rasselnd Luft ein, zweimal, viermal, zehnmal. Sein Herz schien ihm aus der Brust springen zu wollen, als ihm langsam dämmerte, was Joko getan hatte.

Er hatte ihn vorgeführt. Hatte Klaas mit gekonnten Fingern abgelenkt und ihm dann bewiesen, dass es kein Zurück mehr gab. Da war etwas zwischen ihnen, dass sehr weit über Druck ablassen hinausging, und Joko wusste es. Und Klaas, der konnte es jetzt nicht mehr verleugnen, vor sich selbst nicht und vor Joko schon gar nicht. Joko hatte ihn geküsst und er war deswegen verdammt nochmal gekommen. Indirekte Reibung an seinem Schwanz hin oder her, davon war das Brennen in seinem Magen nicht ausgelöst worden und das wusste er selber. Eine ungewohnt intensive und verzweifelte Scham flackerte in Klaas auf, brachte das Gefühl in seine nutzlosen, tauben Körperteile zurück und erlaubte ihm, Joko von sich zu drücken. Der gehorchte sofort.

„Das“, Klaas musste sich mehrmals räuspern, da ihm die Stimme wegbrach. „Das machst du nie wieder, hörst du?“

Joko blickte ihn lange an. Da war kein Schmerz in seinen Augen, bloß ein wenig verbitterte Resignation.

„Hörst du?“, wiederholte Klaas, fühlte sich trotz seiner offenen Hose und dem nackten Oberkörper langsam wieder selbstsicherer. „Beim nächsten Mal hau‘ ich dir auf‘s Maul.“

Kurz, ganz kurz nur, zuckte Jokos Mundwinkel fast schon überheblich. Seine Fingerspitzen geisterten über Klaas‘ Bauch und der zuckte so stark zusammen, als hätte Joko ihm einen Elektroschock verpasst. Joko streckte sich, blickte Klaas von oben herab an und zuckte mit den Schultern. „Viel Spaß dabei. Du kommst sowieso wieder angekrochen, wenn du deine eigene innere Unruhe nicht mehr aushältst.“

„Ich hab‘ keine innere Unruhe“, höhnte Klaas, wohlwissend, dass er Joko nichts vormachen konnte. Der sah ihm nur in die Augen, zu lange, zu wissend.

„Genau“, sagte Joko dann mit leiser, leicht belegter Stimme. „Ich auch nicht.“

Mit diesen Worten ließ er Klaas zurück, der sich ausgenutzt, überreizt und bloßgestellt fühlte und doch wusste, dass Joko Recht hatte.

Joko hatte ihn geküsst.

Joko hatte selbst das zwischen ihnen kaputtgemacht und Klaas wusste nicht, ob er ihm das verzeihen konnte. Ihr Verhältnis lag in Schutt und Asche, hatte sich zu verkohlten Überresten auf dem Scheiterhaufen gesellt, der von Klaas vorsichtig konzipiert und aufgebaut und von Joko mit einem Handgriff entflammt und zunichte gemacht worden war.

Und Klaas saß in den Trümmern dessen, was er nie hatte sein wollen und fragte sich, wie zur Hölle sie da wieder rauskommen sollten, ohne an dem Schmerz zu ersticken, der mit jedem Herzschlag unaufhaltsam durch seinen Körper fuhr.





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