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I told you I would hate you 'til forever

Kurzbeschreibung
KurzgeschichteDrama, Freundschaft / P16 / MaleSlash
Ander Muñoz Guzmán Nunier Osuna Leopoldo "Polo" Benavent Villada
02.05.2021
02.05.2021
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1.148
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02.05.2021 1.148
 
Polo spürt, wie das Glas durch sein Gewicht zerbricht. Spürt es, noch bevor er das hässliche Knacken und Bersten hört. Einen Wimpernschlag später fällt er in die Tiefe. Glassplitter schwirren wie kleine Diamanten um ihn herum. Funkeln und glänzen im diffusen Dämmerlicht des Nachtclubs. Jeder sagt einem, dass genau solche Momente in Zeitlupe an einem vorbeilaufen. Aber da ist keine Zeitlupe. Kein Film seines Lebens, der vor seinem geistigen Auge abläuft. Keine Zusammenfassung des Grauens, welches ihn eh schon jede Nacht aufs neue heimsucht. Jedes Mal, wenn er in die Gesichter seiner besten Freunde blickt.

Stattdessen sieht er nur die Decke des Raumes, die sich immer weiter von ihm entfernt und dann kommt der Schmerz. Hat er sich vorhin nur brennend und pochend in seinem Brustkorb aufgehalten, scheint sein ganzer Körper nun vor Schmerz zu explodieren. Er versucht zu schreien, doch es kommt kein Ton über seine Lippen. Der metallische Geschmack von Blut erfüllt seinen Mund. Er spürt, wie sich das Blut, sein Blut, immer weiter unter ihm ausbreitet.

Die ganze Umgebung scheint gedämpft zu sein. Alles verschwimmt miteinander. Farben. Laute. Menschen. Einfach alles. Das wars. Das ist sein erster Gedanke, als er auf dem Boden liegt. Ganz nüchtern. Genau so ein Ende hat er verdient. Trotz der höllischen Schmerzen zucken seine Mundwinkel kurz nach oben. Er hat es wirklich nicht anders verdient. Er ist ein Monster, und so sterben Monster nun einmal. Er wird hier verbluten. Inmitten einer Menschenmenge und trotzdem ganz alleine.

Er nimmt erst wahr, wie jemand seinen Namen ruft, beinahe brüllt, als sich ein verschwommenes Gesicht in sein Blickfeld schiebt. Blinzelnd versucht er zu fokussierend. „Polo?!“ Guzmán. Er versucht etwas zu sagen, sich zu entschuldigen, doch jeder Atemzug brennt wie Feuer in seinen Lungen. Er spürt, wie weiteres Blut aus seinem Mundwinkel läuft. Guzmán legt die Hand an seine Wange und hebt seinen Kopf ganz vorsichtig ein Stück an. Beinahe zärtlich streicht er ihm über die Wange. Er hat das nicht verdient. Er hat nicht verdient, dass Guzmán ihn hält und bei ihm ist. Ihn so verzweifelt und angsterfüllt anschaut. Nicht, nach all dem was er ihm angetan hat.

Guzmán wendet den Blick kurz von ihm ab. „Ruft doch endlich jemand einen Krankenwagen!“ Dann schauen ihn die braunen Augen wieder an. „Mach dir keine Sorgen. Ich bin hier.“ Ein leises Röcheln kommt über seine Lippen, das Bild vor seinen Augen verschwimmt immer mehr. „Es....t-tut m-m-mir… so... leid“ Irgendwie schafft er es diesen Satz über die Lippen zu bringen. Er stottert nicht, aber er bekommt einfach nicht genug Luft, um ihn vernünftig zu sagen. Auch wenn Guzmán ihm seine Tat nie verzeihen kann, ist es ihm wichtig, dass er es hört. Dass es ihm so unendlich leid tut.

Guzmán legt jetzt auch die zweite Hand an seine Wange. Tränen spiegeln sich in seinen Augen, als er sich näher zu Polo nach unten beugt. „Shhh. Sag mir das später, hörst du? Versprich mir, dass du mir das später sagst.“ Er glaubt nicht, dass es ein später geben wird. Er hat es nicht verdient weiter am Leben zu bleiben. Schon damals im Pool hätte alles aus sein müssen. Er hat so vielen Leuten weh getan. Unverzeihliches getan.

Aber trotzdem sitzt Guzmán hier bei ihm und fleht ihn an durchzuhalten. Er versucht seine Hand zu ihm zu schieben. Ignoriert die Scherben, die ihm die Haut zerschneiden. Guzmán schaut zur Seite, nimmt dann die zitternde Hand in seine und drückt sie fest. „Ich vergebe dir. Polo. Ich vergebe dir.“ Seine Hand wird fester gedrückt während es um ihn herum langsam schwarz wird.

Er bekommt kaum noch mit, wie sich eine weitere Person zu ihm kniet, seine Hand nimmt und ihn anfleht wach zu bleiben. Er kennt diese Stimme und würde sie überall wieder erkennen. Ander beugt sich vor zu ihm, eine Träne läuft über seine Wange. „Polo!“ Dann wird alles dunkel und er wird von der Stille eingehüllt.



Gleichmäßiges Piepen erfüllt den Raum, als er langsam wieder zur Besinnung kommt. Sein Körper fühlt sich schwer an und pocht im dumpfen Schmerz. Alles fühlt sich an, wie in Watte gepackt. Er öffnet langsam die Augen, schließt sie aber gleich wieder, als grelles Neonlicht ihn blendet. Ein Krankenhaus. Das erkennt er sofort. Dieses Licht und dieser Geruch sind einmalig. Dumpf hört er eine Stimme, die in seiner Nähe erklingt und dann spürt er auch die warme Hand, die seine hält. Zärtlich streicht ein Daumen ihm immer wieder über den Handrücken. Leicht dreht er den Kopf in die Richtung der Stimme und stöhnt schmerzerfüllt auf.

Das Streicheln stoppt aber dafür merkt er, wie sich jemand über ihn beugt. „Polo? Bist du wach?“ Vorsichtig öffnet er wieder die Augen und blickt direkt in warme, braune Gegenstücke. Ander mustert ihn besorgt. „Scheiße Mann. Mach sowas nie wieder.“ Anders Stimme bricht weg, er beugt sich runter und drückt einen sanften Kuss auf Polos Stirn. „Das mit dem Pool hat mir gereicht, hörst du? Ich kann dich nicht verlieren.“ Polo ist sich sicher, dass er Ander komplett überfordert anschauen muss. „Was?“, murmelt er leise. Ander schüttelt den Kopf. „Später.“ Er streicht ihm ganz vorsichtig durch die Haare, löst den Blick aber als eine Tür klackt. „Guzmán. Er ist aufgewacht.“

Wenig später erscheint auch Guzmán an seiner Seite. Er schaut ihn ebenso erleichtert an wie Ander..
„Polito. Du hast uns beinahe zu Tode erschreckt.“ Dann mustert ihn Guzmán eine Weile lang überlegend. „Ich verzeihe dir wirklich, Polo. Ich bin es Leid, zu trauen und zu hassen. Zu viele Menschen mussten leiden. Ich habe Marina verloren, ich habe mich selber verloren und ich habe dich verloren. Marina kommt nicht mehr zurück, aber wir.“  Guzmán schaut rüber zu Ander, der sich wieder auf seinen Stuhl gesetzt hat und Polos Hand streichelt. Ihm Halt gibt. „Außerdem hat mir Ander alles erzählt. Was du dir im Schwimmbad antun wolltest. Wie sehr auch du darunter gelitten hast, was passiert ist.“

Polo merkt erst, dass ihm Tränen über die Wangen laufen, als Guzmán sie sanft wegstreicht. „Wir haben alle genug gelitten.“ Ander drückt ihm noch einen Kuss auf den Handrücken und Polo umfasst seine Hand etwas fester und überlegt. „Kommt ihr....wie...früher?“ Ander schaut ihn fragend an, dann grinst er verstehend und schaut zu Guzmán. Der nickt auch und wenig später quetschen sich die Beiden ganz vorsichtig zu ihm auf das Bett. Sie passen auf, dass sie keines der Kabel und keinen Schlauch abreißen, als sie sich zu beiden Seiten neben ihn legen.

Erschöpft schließt Polo die Augen. Sollte das vielleicht doch der Himmel sein, den er eigentlich nicht verdiente? Es ist bei weitem nicht perfekt, aber es tat so unglaublich gut, seine besten Freunde in seiner Nähe zu haben. Nach der ganzen Zeit. Er wusste, dass nichts mehr so sein würde wie früher aber dennoch regte sich eine leichte Hoffnung in ihm, als er wieder abdriftete. Vielleicht konnten sie ja einen neuen Weg finden. Irgendwie.
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