Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Come Closer

von Tiargo
Kurzbeschreibung
OneshotLiebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Oh Sangwoo Yoon Bum
20.04.2021
20.04.2021
1
4.231
2
Alle Kapitel
2 Reviews
Dieses Kapitel
2 Reviews
 
 
 
20.04.2021 4.231
 
Ich wurde durch das Lied One Way Or Another - Until (Stalking Edition) dazu inspiriert auch mal einen Blick auf Bums Stalking zu werfen.
Killing Stalking - Playlist


Turn the lights off in this place
And he shines just like a star
And I swear I know his face
I just don't know who you are
Turn the music up in here
I still hear him loud and clear
Like he's right there in my ears
Telling me that he wants to own me
To control me


Immer wieder zuckte Bums Blick zurück zu ihm. Wie er mitten unter ihnen saß, lachte, sich die Aufmerksamkeit nur auf ihn konzentrierte. Und das Kribbeln kehrte wieder zurück, stärker als damals, vor der Zeit beim Militär. Als er noch nicht geahnt hatte wie stark seine Liebe zu Sangwoo noch werden sollte. Schon beim ersten Augenkontakt hatte er es gespürt, sie waren miteinander verbunden, Bum war sich sicher, sie teilten etwas, von dem sonst niemand wusste, dass dieses Band zwischen ihnen bestand, das nur er allein sehen konnte.

Schnell wandte Bum den Blick wieder ab, hinunter auf das Buch zwischen seinen Fingern. Ein schwaches Alibi um auf dem Campus in seiner Nähe sein zu können. Nicht nah genug, aber mehr würde er nicht bekommen. Es war das beste was er daraus machen konnte. Und so hatte er fast das Gefühl bei Sangwoo zu sein, sein Lachen in den Ohren, auch wenn es entfernt war, nicht ihm galt. Doch da war die stumme Hoffnung, dass sich das eines Tages ändern könnte, vielleicht durch ein Wunder.

Bum krallte die Finger in die Seiten, versuchte seine Gedanken zum erliegen zu bringen. Und ein Schmerz durchfuhr ihn, als er an das Mädchen dachte mit dem er Sangwoo immer öfter beobachtet hatte. Wie sie ihn ansah, seine Hand hielt, wirklich mit ihm zusammen sein durfte. Etwas von dem er jede Nacht träumte.

Verzweifelt biss Bum sich auf die Unterlippe, versuchte die Tränen zurückzudrängen, als er daran dachte was Sangwoo und sie teilten. Liebte Sangwoo sie? Wie sehr er sich doch wünschte an ihrer Stelle sein zu können!

Aus dem Augenwinkel sah Bum wie Bewegung in die Gruppe kam und wie von selbst klappten seine Finger das Buch zu, steckten es in die Tasche. Er musste sich keine Mühe geben ihnen unauffällig zu folgen, ihn beachtete eh niemand. Er war es gewohnt übersehen zu werden, der Außenseiter zu sein, derjenige der sich schuldig fühlte, weil er überhaupt geboren worden war. So ganz anders als Sangwoo.

Ein goldener Schimmer schien ihn zu umgeben, etwas das alle in seiner Nähe in seinen Bann schlug. Sie suchten seine Nähe wie die Motten das Licht, er schämte sich nicht dafür, dass er existierte, denn ohne sein Licht würde etwas fehlen. Und Bum wünschte sich nur einen Schimmer davon zu erhaschen, der die Dunkelheit die ihn zu umgeben schien erhellen konnte.

Mit gesenkten Kopf folgte Bum der Gruppe zur Haltestelle. Es war eine Angewohnheit geworden, nichts Großes. Gelegentlich nahm er den selben Bus wie Sangwoo, nur um bei ihm sein zu können. Bei dem Gedanken am gleichen Ort zu sein wie der andere durchfuhr ihn ein bittersüßer Schmerz. Er war zum Greifen nah und doch schien er so unendlich weit weg zu sein.

Es war wie ein stummes Ritual geworden, ein Ritual von dem Sangwoo nicht einmal wusste, dass es existierte. Bum setzte sich hinten in den Bus, auf die erhöhten Sitze von denen aus er die Gruppe im Auge behalten konnte. Er wusste warum er es tat. Aus Liebe.

Dieselbe intensive Liebe die er auch schon vorher verspürt hatte. Doch immer hatten sie ihn zurückgewiesen, seine Art der Zuneigung nicht verstanden. Ihm gesagt er sei aufdringlich, pervers. Doch war es nicht normal demjenigen nah sein zu wollen den man liebte? Von dem man wusste, dass er zu einem gehörte?

Seine Augen suchten wie von selbst nach den dunkelblonden Haaren und erleichtert stellte er fest, dass Sangwoo sich von der Gruppe verabschiedete. Er würde alleine nach Hause gehen, ohne sie. Und Befriedigung durchfuhr ihn.

Bum beeilte sich, quetschte sich durch die anderen Menschen hindurch zur Tür. Mittlerweile kannte er Sangwoos Heimweg. Er musste sich nicht beeilen um den anderen im Auge zu behalten, doch trotzdem war es tröstlich.

Mit gesengtem Kopf lief Bum ihm hinterher, den Weg entlang der ihm mittlerweile vertraut war. Das Stadtbild hatte sich verändert, die Straßen schienen hier enger zu sein, die Schatten tiefer und nur wenige Menschen waren hier unterwegs. Doch dafür hatte Bum keine Augen, immer wieder sah er zu dem großen Torbogen den Sangwoo durchquerte, drückte sich tiefer in den Hauseingang, während er den anderen dabei beobachtete, wie er die Zahlenkombination eingab, dann hinter der Tür verschwand.

Ein tiefes Seufzen entwich ihm, während sein Blick starr auf das Haus gerichtet war. Bum wünschte sich Licht hinter einem der Fenster ausmachen zu können, nur einen flüchtigen Blick auf den schönen Mann erhaschen zu können, doch sein Flehen schien nicht erhört zu werden. Regungslos lehnte er an der Hauswand, schaffte es nicht sich abzuwenden und endlich nach Hause zu gehen. In eine schäbige Wohnung die er sich kaum leisten konnte.

Bum spürte wie seine Beine anfingen zu schmerzen, seit Stunden hatte er sich kaum bewegt, regungslos ausgeharrt und endlich wurde die Tür ein weiteres Mal geöffnet. Sangwoo gab wieder den Code ein, dann lief er los. Ohne darüber nachzudenken folgte Bum ihm, wie ein dunkler Schatten in der Abenddämmerung. Und nach wenigen Straßenkreuzungen wusste Bum, dass Sangwoo die Bar ansteuerte in der er arbeitete. Nur einmal hatte er sich kurz in das Innere verirrt, doch unter all den Menschen, den lauten Gesprächen und dem grellen Licht, hatte er sich unwohl gefühlt. Doch es hatte ihn beruhigt zu wissen, was Sangwoo dort tat, warum er immer wieder die Bar aufsuchte. Nicht um Frauen zu treffen, sondern um zu arbeiten. Und Bum schob den Gedanken beiseite, dass er dort jeden Abend neue, schöne Frauen traf, Frauen die ihm geben konnten, was er nicht konnte.

Bum spürte wie sich seine Finger verkrampften, als er sie hilflos zu Fäusten ballte. Dann sah er wieder zu der Tür hinter der Sangwoo verschwunden war und unwillkürlich fragte er sich wie sein Haus von innen aussehen mochte. Schon so oft hatte er davor gestanden, regungslos in einer Seitengasse gewartet, beobachtet wie die Lichter im Inneren erloschen. Doch der Wunsch zu wissen, was hinter der Tür lag drängte sich ihm immer stärker auf, schien übermächtig zu werden.

Vielleicht war das die einzige Möglichkeit wie er bei Sangwoo sein konnte? Ein unsichtbarer Geist der sich nur mal umsah, nur ein einziges Mal, wollte er dem anderen auf eine Art nah wie es nicht mal seine Freunde waren.

Die flackernden Neonlichter erhellten kaum die engen Gassen und die Stahltür gab ein leises Quietschen von sich, als ein anderer Besucher sie schwungvoll öffnete. Bum sah ihm hinterher wie er im Inneren verschwand, wartete bis die Tür hinter ihm zugefallen war, dann wandte er sich ab. Spürte das erste Mal wie steif sein Körper sich anfühlte, die schwere Tasche auf seiner Schulter.

Bum sah die Gasse entlang, zurück in die Richtung aus der sie gekommen waren, während er an das Haus dachte in dem es nun still war. Eine Gelegenheit wie diese wäre perfekt. Er wollte doch nicht viel, nur einen kurzen Blick hinter die Gardinen werfen, vielleicht eine Kleinigkeiten mitnehmen, etwas das nicht fehlen würde. Doch es würde ihn stärker an Sangwoo binden und dafür brauchte er die Zahlenkombination der Tür. Kein unmögliches Unterfangen.

Er warf der Tür noch einen letzten sehnsüchtigen Blick zu, dann wandte er sich um, kehrte zurück in die leere Wohnung die auf ihn wartete, während er überlegte wie er ins Innere von Sangwoos Haus gelangen konnte.

***

Das helle Licht des Handydisplays durchschnitt das dunkle Zimmer. Sangwoo hatte ein neues Foto hochgeladen, er sah direkt in die Kamera, in Bums Seele und lächelte, als gäbe es da ein Geheimnis das nur sie beide teilten. Als wüsste er, dass er in seinem Bett lag, nicht in der Lage den Blick abzuwenden. Immer wieder folgten Bums Augen den Konturen seines Gesichts und er wollte so gerne die Finger ausstrecken, die Haut des anderen berühren, seine Wärme spüren. Erleben wie Sangwoo ihn so anlächelte, direkt. Doch da war nur die glatte Oberfläche des Displays, abweisend kalt. Doch das Lächeln drang trotzdem zu ihm durch.

Kurz schloss Bum die Augen, sah es vor sich wie Sangwoo dicht vor ihm stand, ihn so ansah und das Kribbeln in seinem Körper verdichtete sich bei der Vorstellung. Unwillkürlich griff Bum nach seiner Erektion, spürte wie er allein durch die Bilder in seinem Kopf anschwoll. Fest schlossen seine Finger sich um seinen Schwanz, glitten an ihm hinab, rhythmisch, während er nur noch Sangwoo vor sich sah, daran dachte wie der Körper des anderen sich anfühlen würde. Große Hände auf seinem Körper, wie der Ausdruck auf seinem Gesicht war, wenn er erregt war. Bums Schwanz zuckte zwischen seinen Fingern, während er immer wieder atemlos Sangwoos Namen keuchte.

***

Am nächsten Tag drückte Bum sich in den Eingang der Seitengasse, sein Blick starr auf die Haustür gerichtet. Regungslos harrte er aus, wartete darauf, dass Sangwoo das Haus verließ. Er hoffte, dass der andere heute arbeiten würde, doch genau wusste er es nicht. Das brachte die Arbeit in einer Bar wohl mit sich, dass die Schichtpläne sich ständig änderten.

Doch dann endlich ging die Tür auf und der große Mann verließ das Haus, seine kräftigen Finger glitten über die Tasten und gaben den Code ein, dann wandte er sich ab und ohne sich noch einmal umzusehen verschwand er hinter der nächsten Straßenecke. Bum griff nach der kleinen Tüte in seiner Jackentasche, hoffte das sie noch immer verschlossen war. Noch einmal spähte er die leere Straße hinunter, vergewisserte sich, dass niemand ihn beobachtete. Er zwang sich ruhig zu gehen, schnelle Bewegungen erregten nur unnötig Aufmerksamkeit. Er spürte wie der Herzschlag wild in seiner Brust tobte, höher stieg, bis er meinte ihn in seinem Hals fühlen zu können. Vorsichtig legte Bum eine Hand auf die Pforte, dann drückte er sie entschieden auf. Noch einmal atmete er tief durch, die erste Hürde hatte er geschafft, er spürte wie die Aufregung sich langsam wieder legte, als er den Vorgarten durchquerte, die wenigen Treppenstufen hinauf eilte. Seine Hand glitt in die Tasche mit dem Talkum, zog die Tüte vorsichtig hervor. Noch einmal sah Bum verstohlen über die Schulter, bevor er etwas von dem weißen Pulver auf die Zahlen warf. Und ein erleichterter Laut kam über seine Lippen, als die Abdrücke auf den Tasten sichtbar wurden.  Schnell kramte er einen Stift und einen Zettel aus seiner Tasche, schrieb sie auf, bevor er das Stück Papier in seiner Hosentasche verschwinden ließ.

Bum wusste, dass nur wenige Minuten verstrichen sein konnten seit dem Sangwoo das Haus verlassen hatte, doch er fühlte sich unwohl, viel zu leicht konnte er hier oben entdeckt werden. Er spürte wie der Schweiß an der Innenseite seiner Hände klebte. Bum griff nach dem Zipfel seiner Jacke, wischte damit leicht über die Tasten, versuchte die Rückstände des Talkums so gut es ging zu entfernen. Doch bevor er sich umwandte, legte er behutsam eine Hand auf die Tür, kurz schloss Bum die Augen, versuchte sich auszumalen was ihn auf der anderen Seite erwartete. Er wusste warum er immer einen Schritt weiter ging, warum das Risiko zurückgewiesen zu werden ihn nicht davon abbringen konnte. Er tat es aus Liebe. Nicht nur für sich, sondern auch für Sagwoo. Bewies er nicht gerade so wie tief seine Zuneigung reichte, dass ihn nichts von dem Mann trennen konnte den er aus ganzem Herzen liebte. Sie brauchten keine Worte, Bum wusste doch von ihrer Verbindung, er hatte sie vom ersten Augenblick gespürt. Das war etwas Besonderes.

***

Es war ein Tag wie jeder andere gewesen. Nur schwer hatte Bum sich auf den Kurs konzentrieren können, immer wieder waren seine Gedanken zu Sangwoo geflohen und mit jeder Minute die verstrichen war, hatte er sich das Ende des Unterrichts stärker herbeigesehnt. Er wusste welche Kurse der andere besuchte, was seine Gewohnheiten waren und Sangwoos Gesicht flackerte immer wieder vor ihm auf, ließ ihn beinahe vergessen wo er war.

Mit einem erleichterten Seufzen packte Bum am Ende des Unterrichts seine Bücher ein. Wie immer ließ er sich Zeit bis die meisten anderen Studenten den Raum verlassen hatten, versuchte ihre angewiderten Blicke die sie gelegentlich in seine Richtung warfen zu vergessen. Mit gesenktem Blick lief er durch die weiten Flure, doch er musste feststellen, dass die Tür zu Sangwoos Kurs bereits offen stand, das Zimmer dahinter verwaist war.

Beinahe panisch wandte er sich um, hastete durch die Gänge, rempelte jemanden an, kam ins stolpern, doch schnell hatte er sich gefangen. Die Stimme die ihm etwas nachrief nahm er kaum noch wahr. Er musste an der Haltestelle sein, es gab keine andere Möglichkeit. Bum kannte seine Gewohnheiten.

Bum stieß die Tür auf die ihn ins Freie entließ, hastete zur Haltestelle hinunter. Doch schon von weitem sah er die hellen Haare, wie sie zwischen den anderen Passanten hervor blitzen und sein Herzschlag schien sich zu beruhigen. Langsam näherte er sich der Haltestelle, sah zu dem anderen der gelassen auf einer Bank saß.

Noch einige Schritte näherte Bum sich dem anderen, hörte wie Sangwoo eine Melodie summte von der nur entfernte Fetzen an seine Ohren drangen und nur zu gerne wollte Bum wissen welches Lied dem anderen nicht aus dem Kopf ging. Wieder wünschte er sich er könnte Sangwoo näher sein, wüsste was in ihm vorging. Er wollte mehr über ihn erfahren, als das was seine Social Media Accounts preisgaben.

Noch einmal sah er hinunter auf das Papier, die Zahlenkombinationen die er aufgeschrieben hatte. Die meisten waren mittlerweile durchgestrichen. In den letzten zwei Tagen hatte er sich getraut, die ersten zaghaften Versuche unternommen endlich ein verborgener Teil seines Lebens werden zu können. Doch die Tür war verschlossen geblieben.

Noch.

Ruckartig hob Bum den Kopf, als Sangwoo sich erhob, er hatte das Handy am Ohr. Und automatisch fragte Bum sich wer da am anderen Ende sein mochte. Ob es das Mädchen war mit dem er sprach? Wie von selbst entwarf sein Kopf Szenarien wie er in den Besitz des Handys gelangen konnte. Nur für einen kurzen Augenblick. Er wollte doch nur wissen mit wem Sangwoo telefonierte, nicht mehr.

Der große Mann nickte einige Male, sagte etwas das Bum nicht verstehen konnte, doch das Lachen auf seinem Gesicht sprach Bände. Dann steckte er das Handy weg, ging die Straße hinunter. Bum ließ den Zettel mit den Nummern in seiner Hosentasche verschwinden, dann folgte er Sangwoo. Es war nicht schwer ihm zu folgen, groß ragte er über den meisten anderen auf, die Sonne schimmerte sanft auf den blonden Strähnen.

Am liebsten wollte Bum schneller gehen, die Hand ausstrecken und nur ein einziges Mal die dichten Haare unter seinen Fingern spüren. Mehr als nur die Fantasie erleben, die sich schon so real anfühlte. Doch er wusste, es wäre etwas anderes wenn er Sangwoo wirklich berühren konnte. Wieder flogen seine Gedanken zu dem Papier und den Nummern. Schon bald würde er wenigstens einen anderen Teil von Sangwoos Leben teilen, etwas von ihm wahrhaftig zwischen den Fingern halten können, sehen wie der andere lebte. Doch die Zeitfenster die er hatte waren klein, nie konnte er sich sicher sein, wie lange der andere aus dem Haus war. Traf er sich mit Freunden, musste er arbeiten oder war er nur etwas einkaufen und kam nach wenigen Minuten wieder zurück?

Bum meinte noch immer spüren zu können wie sein Herz wild in seiner Brust angefangen hatte zu schlagen, als er das erste Mal das Tor aufgeschoben hatte, die wenigen Treppenstufen hinauf gegangen war. Unwillkürlich hatte er einen Blick über die Schulter geworfen und es hatte sich verboten gut angefühlt. So dicht war er Sangwoo noch nie gewesen. Der kleine Vorgarten hatte sich unter ihm erstreckt, er hatte die Hand ausgestreckt und für einen Moment hatte er nur das Holz unter seinen Fingern gespürt, die Tür war die einzige Barriere die ihn von dem Mann trennte den er aus ganzem Herzen liebte. Doch die Enttäuschung hatte ihn wie der Schlag eines Hammers getroffen, als Licht rot aufgeleuchtet hatte, der kleine Ton der verraten hatte, dass er die falsche Kombination eingegeben hatte. Doch jeder Fehlversuch hatte ihn nur einen Schritt an sein eigentliches Ziel gebracht.

An der Haltestelle hielt Bum den Blick gesenkt, während er versuchte sich zwischen den anderen Wartenden zu verstecken. Doch beinahe hastig machte er einen unbeholfenen Schritt vorwärts, rempelte jemanden an, als Sangwoo in einen der Busse stieg. Nur eine gemurmelte Entschuldigung kam über seine Lippen, als Bum sich beeilte einzusteigen, bevor sich die Türen schlossen.

Suchend glitt sein Blick über die Fahrgäste, für einen Augenblick schien sein Herz auszusetzen, als er den anderen nicht direkt fand. Doch dann schoben sich Körper auseinander und da saß er, sah aus dem Fenster, Musik in den Ohren und Bum wollte zu gerne wissen woran der gutaussehende Mann dachte.

Bum schob sich den Gang entlang, in den hinteren Teil des Busses. Er spürte wie die Enttäuschung ihm die Kehle zuschnürte, als er an Sangwoo vorbei ging, der andere nicht einmal mitbekam, dass er dort war. War er der Einzige der ihre Verbindung spürte? Musste Sangwoo sich dessen nicht ebenso bewusst sein wie er? Doch er küsste auch andere Mädchen, ahnte nichts von der Liebe die sie teilten. Oder teilen würden.  Bum war sich sicher, der andere würde irgendwann erkennen, dass sie zusammengehörten. Früher oder später musste er die Wahrheit erkennen.

Bum wollte sich zwingen, doch er schaffte es nicht den Blick von Sangwoo zu nehmen, während er immer wieder andere Szenarien vor sich sah, wie Sangwoo ihn in die Arme schloss, ihn küsste, er für den anderen kochte, sie gemeinsam die Nacht verbrachten. Wie Sangwoo ihm ins Ohr raunte, Bum würde allein ihm gehören.

Als Sangwoo sich erhob zuckte Bum beinahe schuldbewusst zusammen. Früher hatte er noch versucht seine Fantasien zu unterbinden, hatte es doch immer diese leise Stimme in seinem Inneren gegeben die ihn beständig daran erinnerte, dass es mehr war, als er jemals haben konnte. Doch je stärker er versucht hatte seine Gedanken zu unterdrücken, desto stärker waren sie auf ihn eingedrungen. Und so hatte er sich ihnen ergeben. Und immer wieder sagte er sich, dass es diesmal anders war. Er war nicht mehr in der Schule, Sangwoo würde ihn nicht von sich stoßen, weil er irgendwann erkennen würde, dass sie durch die Liebe verbunden waren.

In einigem Abstand folgte Bum dem großen Mann, achtete darauf, dass genug andere Menschen zwischen ihnen liefen, damit er keine Aufmerksamkeit auf sich zog. Eine unbegründete Angst die er nie hatte ablegen können. Denn wer nahm schon vom ihm Notiz? Die meisten Menschen übersahen ihn, auch wenn er versuchte sich bemerkbar zu machen, warum sollte er dann als dunkler Schatten mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen?

Wie angewurzelt blieb er stehen, als Sangwoo vor dem großen Einkaufscenter auf eine Gruppe junge Leute zuging. Bum erkannte einige von ihnen aus der Uni wieder. Sah wie Sangwoo die Ohrstöpsel um sein Handy schlang und wieder fragte er sich was für Musik der andere wohl gehört hatte. Er dachte an die samtene Stimme die leise vor sich hin gesummt hatte. Und bei dem Gedanken wie Sangwoo sang, lief ein Schauer über Bums Rücken. Er musste eine perfekte Stimme haben, da war er sich sicher. Genauso makellos wie alles andere an ihm war.

Ein Stich der Eifersucht durchfuhr Bum, als er das Mädchen unter Sangwoos Freunden ausmachte, wie sie ihn geradeheraus anlachte, ein Leuchten in den Augen aufblitzte, jedes Mal, wenn sie ihn ansah. Doch Bum wusste, dass war nichts im Vergleich zu dem was er für den jungen Mann empfand.

Die Gruppe setzte sich in Bewegung, durchquerte die großen Türen ins Innere des Einkaufszentrums und Bum folgte ihnen, wie von unsichtbaren Fäden gezogen. Dicht drängten sich die Menschen aneinander, verschluckten Bum in ihrer Mitte und so konnte er dem großen Mann unbemerkt folgen, ein unsichtbarer Schatten von dem niemand wusste, dass es ihn gab.

Die Gruppe betrat das erste Geschäft und kurz war Bum gewillt ihnen zu folgen, zwischen den Kleidungsstücken hindurch zu spähen, nur um wenigstens einen weiteren kurzen Blick auf Sangwoo erhaschen zu können. Doch was war wenn er zu viel riskierte? Wenn er unvorsichtig wurde und der andere ihn bemerkte? Und bei dem Gedanken schnürte sich Bum der Hals zu. Das wäre das Ende, nie wieder würde er sich Sangwoo unbemerkt nähern können und das machte ihm mehr Angst, als ihn einige Minuten aus den Augen lassen zu müssen.

Bum hob den Kopf, sah zu den Rolltreppen und der Brüstung der zweiten Etage hinauf, dann hatte er seinen Entschluss gefasst. Hastig stolperte er vorwärts, schlüpfte zwischen den anderen Menschen hindurch, die Angst im Nacken Sangwoo würde unbemerkt den Laden verlassen, wenn er den Ausgang nur zu lange den Rücken zukehrte. Ungeduldig drängte er sich zwischen den Passanten die Rolltreppe hinauf, hörte wie einige ihm etwas hinterher riefen, doch er nahm es kaum wahr. Als sein Fuß auf den glatten Steinfußboden trat, sah Bum sich gehetzt um, dann blickte er kurz über die Schulter, sah zu dem Geschäft hinüber, dann weiter zum gegenüberliegenden Geländer. Wie von selbst trugen seine Füße ihn zu dem Ort von dem aus er die gesamte untere Etage gut im Blick behalten konnte. Seine Finger zogen das Handy aus der Jackentasche, fahrig tippte er darauf herum, gab vor etwas zu tippen, wobei er nur die Kontakte öffnete und schloss.

Immer wieder flohen seine Blicke zu dem Eingang, als er darauf wartete die kleine Gruppe wieder zu sehen, Sangwoo unter ihnen, ein heller Stern in einem gleichbleibend dunklen Meer aus gesichtslosen Menschen.

Die Minuten verstrichen, während immer wieder neue Menschen aus dem Geschäft heraus kamen, doch Bums Blick war fest auf die Türen geheftet, während die Zeit nur langsam verstrich. Und dann endlich sah er ihn und sein Herz machte einen kleinen, verbotenen Hüpfer. Er spürte es ganz deutlich, nur Sangwoo konnte ihn vervollständigen, ihm endlich das Gefühl geben ganz zu sein.

Bum merkte kaum noch wie die Zeit verstrich, als er der Gruppe durch die Mall folgte, von einem Geschäft zum nächsten. Als sie die Rolltreppe hinauf fuhren und hinter einer der gläsernen Türen verschwanden, traute er sich endlich einen vorsichtigen Blick ins Innere des Geschäfts zu werfen. Und da sah er wie Sangwoo ihre Hand hielt, er war verdammt dazu zuzusehen wie er sie an sich zog und küsste. Bum spürte den Stich der Eiersucht in seiner Brust, wünschte sich er könnte an ihrer Stelle sein. Doch das würde nicht passieren. Irgendwo in seinem Inneren wusste er, dass es ein Wunschdenken war, doch er konnte nicht anders. Nur ein Kuss wäre mehr als alles worauf er jemals hoffen konnte.

Bum schluckte. Am liebsten wollte er Sangwoo fragen, ob es etwas ernstes zwischen ihnen war, wollte hören, dass der andere keine tiefen Gefühle für sie hatte. Die dumme Stimme in seinem Kopf die immer noch darauf hoffte, dass er ihren Platz eines Tages einnehmen würde. Sie hatten doch eine Verbindung, früher oder später würde Sangwoo das erkennen.
Kurz schloss Bum die Augen, spürte wieder wie die Tränen gegen seine Lider drängten, so sehr wünschte er er könnte dem anderen jetzt nahe sein. Dachte daran er wäre derjenige den Sangwoo mit nach Hause nahm, mit dem er die Nacht verbrachte.

Vielleicht wäre alles ganz anders wenn er das Glück gehabt hätte als Mädchen geboren worden zu sein? Dann könnte er mit Sangwoo zusammen sein, könnte ihm zeigen, dass sie zusammengehörten. Es keinen Platz für jemand anderen zwischen ihnen gab. Und er hasste die junge Frau die das Glück hatte nur aufgrund ihres Geschlechts Sangwoos Zuneigung spüren zu dürfen. Und der Hass schien Bum beinahe zu überwältigen, als er sich vorstellte, wie sie von einem Bus überfahren oder auf dem Heimweg von jemandem mit einem Messer angegriffen wurde. Es war egal was ihr zustieß, solange nur Sangwoo wieder frei für ihn war.

Bum drückte sich die Hände auf die Augen, versuchte vergebens die Tränen daran zu hindern über seine Wange zu laufen.

Und dann? Es würde eine andere Frau geben die Sangwoo in ihren Bann zog. Und nach ihr eine weitere. Und er hasste auch sich dafür, dass er ein Mann geworden war. Das er es nur diesem Umstand verdankte, dass Sangwoo niemals erkennen würde, dass er der richtige für ihn war.

Schnell wandte Bum sich ab, lief an den Geschäften vorbei, während er versuchte seine Tränen zum erliegen zu bringen. Doch immer neue quollen hervor, während er glaubte es nicht mehr ertragen zu können Sangwoo immer in den Armen einer anderen zu wissen.

Erst als ihm die Sonnenstrahlen hell entgegen leuchteten und Bum gezwungen war schützend die Hand zu heben, fiel ihm auf, dass er das Einkaufszentrum verlassen hatte. Kurz warf er einen Blick über die Schulter zurück. Sollte er versuchen Sangwoo wieder zu finden? Doch dann wäre er gezwungen sie wieder zu beobachten und das würde er einfach nicht ertragen.

Nachdenklich zog Bum den Zettel mit den Kombinationen aus seiner Hosentasche, drehte ihn abwesend zwischen seinen Fingern. Beinahe alle Möglichkeiten hatte er ausprobiert, die richtige Zahlenfolge musste sich unter den wenigen, verbleibenden Nummern befinden.

Noch einmal sah Bum zum Einkaufszentrum hinüber, dann wandte er sich der Bushaltestelle zu. Das war die einzige Möglichkeit ein wenig Nähe zwischen ihm und Sangwoo zu schaffen, ein Geheimnis von dem nur er wusste und doch würde es sie verbinden, auf eine intime Art einander fesseln.


***

Closer - Ne-Yo
Review schreiben
 
 
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast