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Duett in e-Moll

Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P12 / Het
Christine Daaé Erik - das Phantom der Oper
15.04.2021
21.11.2021
24
48.914
14
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1 Review
 
 
15.04.2021 773
 
Ich habe versucht mich über das französische Hochschulsystem und das Konsevatorium in Paris schlauzumachen, aber auch manche Gegebenheiten der Geschichte angepasst bzw mir ausgedacht.


Christine schwebte wie auf Wolken, als sie an diesem Abend Mitte Juni das Konservatorium in Paris verließ. Sie hatte die Abschlussprüfung des zweiten Studienjahres bestanden und durfte im Herbst weiterstudieren. Und obwohl ein langer, heißer Sommer vor ihr lag, in dem die meisten ihrer Kommillitonen die Stadt verlassen würden um ans Meer oder zu ihren Eltern zu fahren, und sie allein zurückblieb, konnte das ihre Freude nicht trüben. Ihre Schritte klapperten leicht und beschwingt über das Pflaster, als sie den Innenhof zum Studentenwohnheim überquerte. Sie eilte mit schnellen Schritten die Treppen hinauf in den zweiten Stock, schloss die Tür ihres Zimmers auf und ließ sich atemlos aufs Bett fallen. Einen Augenblick lag sie da und horchte auf ihren Atem, dann sprang sie wieder auf und holte eine Flasche Wasser aus dem kleinen Kühlschrank. Sie leerte durstig die halbe Flasche, dann stellte sie sie auf dem Schreibtisch ab und klopfte in einem bestimmten Rhythmus an die Wand. Es war das Zeichen an ihre Zimmernachbarin Meg. Sie studierte im gleichen Semester wie Christine, allerdings Ballett und nicht Gesang. Trotzdem hatten die beiden Mädchen sich auf Anhieb gemocht und waren enge Freundinnen geworden. Christine öffnete das Fenster und lehnte sich hinaus. Gleichzeitig ging das Fenster rechts neben ihr auf und Megs blonder Kopf erschien. Sie lächelte schelmisch.

"Und, wie war es?"

"Ich habe bestanden", sprudelte Christine hervor. "Sogar mit 15 Punkten – Bien."

Meg strahlte. Sie selbst hatte ihr Jahresabschlussexamen ebenfalls bestanden, bereits vor einer Woche.

"Das ist toll, Christine. Dann sehen wir uns also im Herbst wieder. Wirklich, ich weiß nicht was ich gemacht hätte wenn du nicht bestanden hättest. Die anderen Mädchen sind alle so langweilig."

Christine lachte. Meg mit ihrer quirligen Art war manchmal anstrengend, aber sie mochte sie. Sie schaffte es immer Christine aufzuheitern. Sie wusste nicht wie sie ohne Meg das letzte Semester überstanden hätte, nachdem ihr Vater im Frühjahr überraschend an einem Herzinfarkt gestorben war.

"Das müssen wir feiern", sagte Meg fröhlich. "Heute abend gehen wir aus."

"Ich weiß nicht", Christine war kein Mensch für Partys.

"Doch, doch", beharrte Meg. "Wir setzten uns auf die große Wiese. Jeder bringt was mit." Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern. "Mama hat Eclairs gebacken."

Christine musste lachen. Megs Mutter, Madame Giry, war eine der Ballettlehrerinnen und wohnte wie die meisten Lehrer in der Rue Delesseux. Doch Meg war gleich zu Beginn des ersten Semesters ins Wohnheim gezogen. "Ich liebe meine Mutter, aber ich brauche meine Freiheit. Wenn ich woanders studieren würde wäre ich auch allein", hatte sie Christine erklärt und sie war froh darüber. Sie und Meg unterhielten sich jeden Abend am offenen Fenster, damit niemand sein Zimmer aufräumen musste, wie Meg es einmal ihrer Mutter erklärt hatte. Meg kannte sich durch ihre Mutter im Konservatorium gut aus und hatte Christine manchen Trick verraten, von Schleichwegen um der Menschenmenge auszuweichen bis zu den Manövern mit denen man seine Chancen auf die begehrten Freikarten für Konzerte erhöhte.

"Wann fahrt ihr weg?" fragte Christine.

"Übermorgen. Und du willst wirklich nicht mitkommen?"

Christine schüttelte den Kopf. Madame Giry fuhr mit Meg aufs Land um zwei Monate bei Verwandten zu verbringen und sie hatten Christine eingeladen mitzukommen, aber sie wollte nicht. Sie fühlte sich nicht fähig eine andere glückliche Familie zu erleben, nachdem ihre entgültig ausgelöscht worden war. Ihre Mutter war gestorben als sie ein kleines Kind gewesen war und Christine hatte sie nie gekannt und deswegen auch nicht wirklich vermisst, aber mit ihrem Vater war es etwas ganz anderes.

"Es wird  mir gut gehen, Meg. Es gibt Sommerkonzerte und andere Veranstaltungen für Touristen, ich habe einen Plan was ich unternehmen will. Der Sommer geht schnell vorbei."


Zwei Tage später war Christine immer noch voller Überschwang. Das Wohnheim hatte sich fast komplett geleert, nur noch vereinzelte Studenten waren da, niemanden den Christine besser kannte. Sie hatte außer mit Meg keine Freundschaften geschlossen und das auch nicht vermisst. Sie konnte auch gut allein sein, sie genoss ein Konzert oder eine Opernaufführung nicht weniger wenn sie ohne Begleitung hinging. Trotzdem war sie an diesem Abend irgendwie unruhig. Sie sah auf Uhr. Es war bereits nach Mitternacht, trotzdem zog sie ihre Sandalen an und ging hinaus. Es war warm und die Luft war etwas feucht. Ein Spaziergang über den menschenleeren, ruhigen Campus würde ihr helfen den Kopf freizukriegen, wie sie es schon oft getan hatte.
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