Der feuerrote Geisterbahnwagen
Kurzbeschreibung
Herkules, Lisa, Karl-Heinz Ludwig und Monika, die Nachfolger und heimlichen Doppelgänger von TKKG sind auf der Suche nach Lisas verschwundener Freundin, die eines Tages in einen scheinbar verfluchten Geisterbahnwagon einstieg und seitdem nie mehr gesehen wurde...
GeschichteKrimi, Parodie / P12 / Gen
OC (Own Character)
21.03.2021
21.03.2021
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21.03.2021
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Die Stechmückmaschinen gingen auf Tauchstation. Fünf der kleinen Roboter hatte sie losgeschickt. Den Auftrag, nichts außer Krokodilen zu beißen musste sie ihnen gar nicht erst geben, denn wenn sie ihre Freunde nicht beißen durften, blieben nur mehr Krokodile als Beutetiere übrig. Nach wenigen Sekunden kam auch schon die erste zurück geflogen. Monika musste nun vorsichtig und nicht zu gierig sein, denn es ging darum, jemanden zu finden und nicht ihren Durst zu stillen. Sie träufelte einige Tropfen Blut auf ihre Zunge und kostete den Geschmack aus wie ein Weinkenner. Daraufhin verzog sie leicht die Mundwinkel. Krokodil. Eindeutig Krokodil. Sie hatte noch nie Krokodilsblut getrunken, aber nun da sie es gekostet hatte, merkte sie, dass es ihr überhaupt nicht schmeckte. Ledrig, fischig und ein bisschen süß. Zur Not gings, aber definitiv nicht so gut wie Menschenblut. Trotzdem hatten die wenigen Tropfen gereicht, sie wieder in Höchstform zu bringen. Alle Kinder auf dem Boot schauten sie erwartungsvoll an, die Marsmenschlein mit etwas Ekel. „Krokodil.“, sagte sie bestimmt, schüttete das restliche Blut aus dem Roboterinsekt in den Nil und schickte die Stechmückmaschine wieder los. Schon war auch die nächste fündig geworden. Sie probierte auch hiervon einige Tropfen. Wieder Krokodil. Auch die dritte Stechmückmaschine hatte ein echtes Nilkrokodil gebissen. Da kam der erste Roboter auch schon wieder zurück. Monika stutzte. Es erschien ihr fraglich, wo der Roboter einen indischen Elefanten aufgetrieben haben konnte, vermutlich wollte er angeben, aber auch das war nicht wonach sie suchten. Herkules konnte feststellen, dass Margit langsam schlecht wurde von dem vielen Blut, denn sie war ganz weiß um die Nase. Besorgt drehte er sich nach Lisa um, doch die half ihrer Schwester ungerührt, die Blutbehälter in den Fluss zu kippen. Man kann kaum glauben, wie viele Krokodile tatsächlich im Nil leben, wenn man nicht so oft ihr Blut gekostet hätte. Hunderte, ja tausende von Krokodilen schwammen unter ihnen, an ihnen vorbei und tummelten sich am Ufer. Dutzende, ja hunderte von Kamelen und Dromedaren am Ufer. Doch weit und breit kein menschliches Blut bis auf das der Freunde. Sie gaben es langsam auf. So gut der Plan auch klang, es war eine aussichtslose Arbeit, so wie wenn man eine Ader im Heuhaufen suchte. Monika war inzwischen, obwohl sie immer nur wenige Tropfen probierte, vollgefressen mit Blut und die anderen konnten das ekelhafte Schauspiel gar nicht mehr mitansehen, bis auf Schinkenheinz, der diese Gerätschaft gebaut hatte und bis auf Lisa, die allgemein durch nichts erschüttert wurde. Unermüdlich halfen sie Monika, die Behälter zu leeren und die Roboter wieder zusammenzuschrauben. Es war ein äußerst gefährliches Unterfangen, auch wenn es nicht so klingen mag. Mit so viel Blut zu hantieren, das ist gewiss nicht harmlos, das dürfen nur Vampire machen, liebe Kinder, bitte macht es nicht nach, es tut euch gar nicht gut! Der kleine Can nämlich war unvorsichtig und übermütig geworden, er hatte das Mädchen, das eindeutig jünger als der Zehnjährige war, schon so viel Blut verschlingen sehen, also konnte er das sicher auch! Ratzfatz hatte er sich eine Stechmückmaschine geschnappt, doch statt das Blut in den Nil zu kippen und damit die Piranhas zu füttern, trank der dumme Junge selber einige Tropfen Blut! Davon bekam er eine Blutvergiftung und stürzte rückwärts in den Nil. Tarek und Mina heulten los vor Schreck und Verzweiflung, doch Tante Margit sagte nur: „Ich hab’s ihm gesagt. Kommt, Kinder, wir haben keine Zeit zu verlieren!“
Es war schon dunkel und die Freunde hatten bestimmt schon mehrere hundert Kilometer zurückgelegt, wenn nicht tausende, da sprang Monika plötzlich auf und hätte vor Begeisterung fast die Steckmückmaschine in ihrer Hand zerdrückt. „Schnell! Das ist es! Das ist Menschenblut! Blutgruppe Null, gut möglich, dass es sogar Jessica ist!“
„Bist du sicher, dass keine Menschen am Ufer sind?“, fragte Herkules misstrauisch.
Karl-Heinz schüttelte den Kopf. „Die Mücke kam von da unten, aus dem Wasser. Los, kleine Mücke, folg dem Krokodil, das du gebissen hast!“
Sie konnten sehen, wie an der Stechmückmaschine ein Licht anging, damit man sie besser sehen konnte und - wie sie dann in den Strömen des Nils verschwand. Sehr lange blieb sie unten. Doch dann sahen die Kinder sie wenige Meter vor ihnen wieder auftauchen. Margit ruderte in die Richtung, wo sie aufgetaucht war, sie beeilte sich sehr. Die Kinder waren gespannt wie sieben Flitzebögen. Wenn sie die Stechmückmaschine nur kurz aus den Augen ließen…warum musste es auch schon so dunkel sein? Da tauchte plötzlich das Krokodil aus dem Wasser auf. Es unterschied sich in nichts von den anderen Krokodilen, doch was sie nun bemerkten war, dass es anders schwamm. Es war unheimlich aber…dieses Krokodil crawlte. Und es schien eindeutig vor den Freunden fliehen zu wollen.
„Wir müssen mehr Abstand halten, sonst schöpft es Verdacht!“, schrie Herkules.
„Dann sollten wir vielleicht nicht so sehr auf uns aufmerksam machen!“, zischte Karl-Heinz Ludwig genervt.
„Aber wenn wir zu viel Abstand halten, verlieren wir es! Es ist so schnell!“, rief Lisa und biss sich auf die Lippen.
Gerade da verschwand das Krokodil in einem Seitenkanal, der zu schmal war, als dass die Freunde ihm mit ihrem Boot hätten folgen können. Blitzschnell und ohne etwas zu sagen verwandelte sich Monika in eine Fledermaus und folgte dem Tier. Die anderen warteten auf sie. Etwa eine Viertelstunde lang rührte sich gar nichts. Dann sahen sie plötzlich, dass die Stechmückmaschine zurück kam, dass das Krokodil zurück kam und dass, in der Luft, Monika zurück kam. Keuchend landete sie auf dem Boot und rief: „Wir müssen ihm nach, es schwimmt zurück!“
Tatsächlich! Das Krokodil schwamm nun den ganzen Weg, den es gekommen war gegen den Strom zurück, dass ihm Detektive dicht an den Fersen waren, schien es gar nicht zu merken. Sie folgten ihm etwa eine halbe Stunde, dann verschwand es wieder in einem Seitenstrom, bei dem ihm nur Moni folgen konnte. Und…welch große Überraschung- es kam wieder zurück und schwamm nun wieder in die andere Richtung.
„Es will uns in die Irre führen!“, rief Herkules.
„Was es auch will, das ist kein normales Krokodil, alles weist darauf hin. Egal was es vorhat, es reicht nicht mehr, es zu verfolgen, wir müssen es fangen.“, meinte Lisa.
Alle starrten sie entsetzt an und vergaßen für einen Moment, das Krokodil zu verfolgen. Nur Margit schien sofort begriffen zu haben, was zu tun war. Sie zog ihren Schirm aus dem Wasser und nickte Moni zu. „Verwandle dich als Wolf und tauch nach dem Krokodil. Beiß es, verletz es, kämpf mit ihm! Ich halte dir den Rücken frei! Herkules, du musst das Krokodil an Bord holen sobald du kannst , klar?“
Monika hatte sofort begriffen, sie hatte Wolfsgestalt angenommen und hatte sich ins Wasser gestürzt. „Nein!!!!“, schrie Lisa und dann drohend zu Margit, „bist du wahnsinnig? Sie ist nur ein kleines Mädchen, das ist ein Krokodil!“
„Es ist eben kein Krokodil. Und dass sie nicht von echten Krokodilen angegriffen wird, dafür sorge ich!“, sagte sie und schoss mit ihrem Regenschirm Feuerpfeile auf das Wasser. Ein Spritzen und Tosen war die Folge. Das Krokodil und der Wolf tauchten eine Weile unter und kamen nicht mehr an die Oberfläche. Lisa schluchzte und wollte gerade hinterher springen, als ein schreiendes, blutiges Krokodil auftauchte und auf seinem Rücken ein nasser strampelnder Wolf, der sich an ihm festgebissen hatte. Erstaunlicherweise hatte das Vieh wenig Kampfgeist und Herkules konnte hinterher springen, das Krokodil geschultert, und damit wieder in das Boot klettern. Der kleine Wolf brauchte Margits Hilfe, er war doch ziemlich geschafft.
Anschließend manövrierte sie das Boot an das nächstgelegene geschützte Ufer. Es war Zeit, dass sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten und so gingen sie vor Anker und stiegen an Land, Herkules tropfnass und mit dem Krokodil über der Schulter. Dieses prähistorische Reptil legten sie auf den Rücken in den Wüstensand. Nach Außen sah es noch immer wie ein Krokodil aus, doch die Bewegungen erinnerten an einen verängstigten Menschen. Herkules suchte den Körper nach einem Reißverschluss ab. Er fand nichts, erst als er das Tier auf den Bauch drehte, fand er am Rücken einen Reißverschluss, den er herunter zog. Das Wesen wehrte sich nicht einmal. Den Kindern blieb die Luft weg. Bleiche, weiße Haut kam zum Vorschein. Weiße Haut und schwarze Locken. Ein schwarzes Top und schwarze Shorts. „Jessica!“, schrie Lisa und fiel ihr weinend um den Hals. Diese schien gar nicht zu begreifen was los war, sie zuckte erschrocken zurück, dann rief sie : „Lisa? Lisa, ist das möglich, du? Du hast mich gerettet!“ Dann weinte auch sie und umarmte ihre Freundin, während sie noch halb in dem nassen Krokodilskostüm steckte. Keine der beiden kümmerte sich darum. Umso mehr kümmerte Herkules sich darum, denn er hatte in der Kapuze des Krokodilskostüms ein Päckchen gefunden. Er wog es in der Hand. In der Dunkelheit war es schwer zu sagen, was sich darin befand. „Was hast du da, Jessica?“, fragte er streng und hielt ihr das Päckchen vor die Nase.
Jessica begann erneut zu weinen. „Das ist Rauschgift.“
„Verstehe!“, schlussfolgerte Herkules scharf, „du wurdest hier eingestellt, um als Krokodil verkleidet Hanf zu schmuggeln, ist es nicht so?“
Jessicas Heulen wurde stärker „Es ist so schrecklich! Ich muss die Drogen vom Anbauer zu den Händlern bringen.“
„Aber ich dachte Stifin Sbilbirgh wäre ein Filmproduzent!“, sagte Lisa entsetzt.
Jessica schüttelte den Kopf. „Das ist nur eine Tarnung, er versteckt sich hinter Dokumentarfilmen über Krokodile, in Wirklichkeit ist er ein gemeiner Drogenhändler. Und ein Entführer!“
Margit mischte sich ein. „Ist ein kleines Mädchen bei euch? Sie ist ein Marsmenschlein und heiß Alina.“
Jessica nickte schwach. „Ja, Alina ist auch hier. Außer mir sind hier noch hunderte von Mädchen.“
„Aber warum entführt er nur Mädchen?“, fragte Monika.
„Weil wir kleiner sind und so besser in die Kostüme der männlichen Krokodile hinein passen. Weibliche Krokodile sind viel größer und werden viel mehr von Artgenossen belästigt.“
„Das ist ja alles so schrecklich!“, tröstend drückte Lisa ihre Freundin an sich. „Du hattest Recht, der rote Geisterbahnwagon war verhext, ich hätte dich niemals damit fahren lassen dürfen, es tut mir so Leid!“
Die Freunde waren erleichtert und glücklich, Jessica wieder zu haben, doch sie wussten, dass sie keine Zeit für Wiedersehensfreude und Freundlichkeiten hatten. Sie mussten ein Verbrechen aufklären. Herkules sprang auf und strich Jessica über den Kopf. „Keine Angst, Jessica, wir werden das alles wieder in Ordnung bringen.“
„Wir sollten meinen Vater anrufen, damit er die ägyptische Polizei verständigt!“, rief Lisa.
Herkules nickte. „Darum wollte ich dich gerade bitten. Du und Schinkenheinz, ihr bleibt bei Jessica und ruft Herrn Kugelpilz an. Gebt genau an wo wir sind, damit ihnen die Mistkerle nicht entwischen! Ich werde mit Monika zu dem Haus des Verbrechers gehen und ihn ordentlich vermöbeln!“
Noch ehe Lisa etwas dagegen sagen konnte, dass ihr Geliebter und ihre kleine Schwester sich in Gefahr begaben, waren die beiden auch schon losgerannt, Monika in Wolfsgestalt, Herkules in seiner Sprintposition. Monika folgte dem Seitenstrom, auf dem sie das Krokodil verfolgt hatte, nun vom Ufer aus und tatsächlich, bald kamen sie an ein Haus vor dem zwei unheimliche Männer mit Anzügen, breiten Hüten und Sonnenbrillen standen. Ohne Zeit zu verlieren biss Monika einem von ihm ins Bein. „Hilfe! Ein Wolf! Jörg Flussbach! Stefan Spielberg! Helft mir!“ Sein Kamerade gab ihm für das törichte Herausplaudern ihrer Namen eine Kopfnuss : „Halt den Mund, Horst Waldruhe! Du kannst doch nicht so laut die Namen von allen Komplizen ausplaudern!“ Da war Herkules auch schon zu ihm gestürmt, zu diesem Jörg und verpasste ihm einen kräftigen Kinnhaken und dann einen Kick in den Magen. Stöhnend sank der Mann zusammen, er wollte protestieren, doch Herkules hatte seine Chance erkannt und trat die Tür ein. Herkules und der Wolf schauten in die verschreckten grünen Augen eines etwa 16-jährigen Jungen mit kahl rasiertem Kopf und einem viel zu großen Anzug. Ihr, liebe Kinder, habt sicher schon lange geahnt, wer wohl der Übeltäter sein kann, doch unsere beiden Freunde hier hatten den Mann noch nie gesehen. „Hände hoch!“, schrie Herkules und bedrohte ihn mit seiner Faust. Moni knurrte ihn an und stieß ein Wolfsheulen aus. Da erholte sich der Kerl von seinem Schreck und sagte: „Ist das alles? Ein Knirps und ein kleiner Hund?“ Er holte ein Maschinengewehr von der Wand und hielt damit die beiden Freunde in Schach. Waffen durften sie keine tragen und daran hielten sie sich auch strikt. „Stillgestanden, ihr kleinen Rotzmäuler! In die Ecke mit euch! Horst! Jörg! Holt ein Kostüm für den Jungen, er wird wohl gerade noch in einen der größten Krokodilskostüme passen. Und den Wolf kann ich auch gut gebrauchen. Ich werde euch versklaven bis ihr schwarz werdet und durch den Verkauf meiner Drogen werde ich ein reicher Mann werden. Und wer weiß, eines Tages gehört mir die ganze Macht der Welt, haha!“
Herkules und Moni schluckten. Der Junge war ja vollkommen übergeschnappt! Und sie waren in eine Falle getappt! Nun war alles aus und davon. Sie sahen schon die beiden Gangster grinsend hereinkommen, der eine mit einer Eisenkette in der Hand, der andere mit einem Kostüm für Herkules. Moni überlegte verzweifelt ob es ihr etwas bringen würde, sich in ein Mädchen zurückzuverwandeln, oder ob sie das nur vom Regen in die Traufe bringen würde, denn das Wort „Erbarmen“ kannte der Junge scheinbar nicht. Das konnte doch nicht das Ende sein! Das war ja das furchtbarste, das sie sich vorstellen konnte, gemeinsam mit dem Verehrer ihrer Schwester versklavt zu werden! Herkules dachte angestrengt nach, der Junge kam ihm so bekannt vor. Nur ein Detail war anders. Da plötzlich, als er ein verfilztes Haarbüschel am Boden sah, wusste er es!
„Du bist doch der Gras rauchende Junge vom Schießstand am Jahrmarkt!“, platzte Herkules heraus.
Monika ging ein Licht auf. Genau! Daher war ihr der Geruch so bekannt vorgekommen!
„Ja, und?“, blaffte Stefan mit den grünen Augen.
„Muss sicher eine schmerzhafte Erfahrung gewesen sein, deine stinkigen Dreadlocks abzurasieren um dich besser zu tarnen!“, sagte Herkules spöttisch. Stefan bleckte die Zähne wie ein Wolf und kam bedrohlich näher. Das war wohl sein wunder Punkt. Dann grinste er höhnisch. „Das sind nur Haare, im Nu kann ich mir neue nachwachsen lassen.“
„Wie ist es aber möglich, dass du die Mädchen aus der Geisterbahn entführen konntest, wenn du doch am Schießstand gearbeitet hast?“
Missbilligend funkelten Stefans giftgrüne Augen. „Auf einem Jahrmarkt ist es sehr einfach, Leute verschwinden zu lassen. Der Jahrmarkt zieht weiter und mit ihm die Leute, die verschwunden sind. Alle meine Kollegen mochten mich gerne und ich konnte ab und zu in meinen Pausen kostenlos bei ihnen mitfahren. In Alioschkas Geisterbahn habe ich ab und zu sogar ausgeholfen. Die Mumie war schon seit einer Weile kaputt, Alioschka wickelte mich also in Mullbinden ein und ich musste nichts anderes tun, als im Dunkeln aus meinem Sarkophag raus und wieder rein zu spazieren. Das hat den Besuchern immer die größte Angst gemacht, es sprach sich in der ganzen Stadt herum, dass Alioschkas Mumie so echt aussah. Dafür hat er mich dann auch immer gut bezahlt. Was er aber nicht wusste war, dass ich in seinem Sarkophag eine zweite Tür eingebaut hatte. Ich hatte einen Hinterausgang eingebaut. So konnte ich Leute zu mir in den Sarkophag holen und sie durch die Geheimtür in ein kleines Versteck bringen, wo sie nicht mehr herauskamen. Am Abend holte ich sie dann immer ab. Wie verängstigt sie doch immer waren von einem Tag in der Geisterbahn!“ Stefan stieß ein höhnisches Lachen aus und fuhr fort: „Aber auch an den anderen Ständen konnte ich Leute verschwinden lassen. In dem Zelt der Zigeunerin hatte ich eine Falltür eingebaut, in der Achterbahn gab es diesen einen Sitz, der jeden verschlang, der sich darauf setzte. Das Innere des Kettenkarussells von Nathanael Ziegenbock ist innen hohl, sodass man Leute an der Schaukel nach oben und ins Innere ziehen kann. Und wenn man bei Kevin-Felix-Aarons Anglerstand den Hautgewinn bekam, war dies eine kostenlose Fahrt in der Geisterbahn! Haha! Dass ich immer wieder spontan zu meiner Tante nach Peking musste, konnte mir niemand verübeln und da hab ich sie alle mitgenommen und dort eine Weile versteckt und die Kostüme angepasst. Dann endlich konnte ich wieder nach Hause an den Nil und dort werde ich jetzt auch bleiben und der reichste Mann der Welt werden. Und da werdet ihr beiden mir nicht im Weg stehen!“
Doch Herkules ließ sich nicht einschüchtern: „Du hast wohl einen Sprung in der Tasse! Drogen sind doch echt das allerletzte, da mach ich nicht mit, eher sterbe ich! Und jetzt lasst uns gehen, ihr gemeines Gesindel!“
Monika, die weit kompromissbereiter war und um ihr Leben fürchtete, knurrte ihren Kameraden an, er solle aufpassen was er sagte. Stefan Spielberg lachte höhnisch: „Deine großen Worte werden dir noch vergehen! Unglücklicherweise ist der Anzug dir vermutlich etwas zu eng und die Drogen passen nicht mehr in deine Kapuze. Aber keine Sorge, dafür kannst du sie in deinem…“
Der Junge schaffte es nicht, seine anrüchigen und ehrlosen Worte zu Ende zu führen, da ertönte auch schon eine laute, bestimmende Stimme: „Hände hoch und keine Bewegung! Ihr Haus ist umzingelt, ergeben Sie sich.“ Herr Kugelpilz! Er stand in der Tür und hatte seine Dienstwaffe auf Spielberg gerichtet. Wer zuletzt lachte hatte doch immer Recht! Herkules rief spöttisch. „Damit hast du wohl nicht gerechnet? Den einzigen denen du jetzt Drogen verkaufen kannst sind deine Gefängniskumpanen, aber ich denke, die Drogen wirst du selber brauchen, bei dem Klima in den ägyptischen Gefängnissen!“ Er hörte Lisas helles Lachen. Lisa! Sie war hier! Sie stürmte zu Herkules und fiel ihm um den Hals. „Oh Herkules, ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht! Ich dachte schon, ich sehe dich nie wieder.“
„Aberaber, ma cherise, ich bin wohl auf!“, sagte er großspurig, um zu überspielen wie weich seine Knie wurden. Sie lächelte nämlich wieder ihr süßes Lächeln, das es auf dieser ganzen Welt nur einmal gab und dann sagte sie leise: „Mach dir keine Sorgen, Herkules, ob du nun Ali Babel bist oder ein Kameltreiber oder ein ägyptischer Pharao, eines bleibst du trotzdem und zwar ein kautschukherziger Rennradritter!“
Herkules wurde ganz warm ums Herz, so etwas Schönes hatte noch niemand zu ihm gesagt. Er wollte sie gerade noch einmal an sich drücken, da war sie schon zu Stefan gelaufen und schrie: „Schäm dich, hörst du? Schon als ich dich zum ersten Mal gesehen habe hätte ich es wissen müssen, du hast dich sehr verdächtig verhalten, aber ich habe an das Gute an dir geglaubt! Wie man sich nur täuschen kann, du Junkie!“
Inzwischen waren zwei Polizisten hereingekommen und hatten Jörg und Horst Handschellen angelegt. Stefan Spielberg legte Kommissar Kugelpilz höchstpersönlich die Eisenringe an. Als er an Herkules und seiner Tochter vorbei ging sagte er : „Ich bin sehr stolz auf euch, Kinder, aber mischt euch bitte nicht noch einmal ein, das ist die Aufgabe der Polizei!“
„Großes Aztekenehrenwort, Herr Kugelpilz!“, sagte Herkules und hatte dabei aber die Finger hinter dem Rücken überkreuzt, damit machte man in den fernen achtziger und neunziger-Jahren Schwüre ungültig.
Da sah er hinter Kommissar Sebastian Kugelpilz eine kleine blaue Gestalt, die im zuwinkte, nein, es waren zwei…nein drei…nein! Es waren zehn! Da blieben Herkules Spucke und Sprache weg! Die zehn kleinen Marsmenschlein! „Aber Herr Kommissar, wo kommen denn all diese Marsmenschlein her?“, rief Herkules erstaunt.
Herr Kommissar Kugelpilz lachte väterlich: „Die Polizei ruht nie, mein Junge, und sie ist euer Freund und Helfer, merkt euch das!“
Tatsächlich, Can war wieder da und Amir und Sara, Junis, Yasmine, Tarek, Mina, Achmad, Fatima und …Alina. Sie trug immer noch das Krokodilskostüm und weinte, während ihre Cousine sie im Arm hielt. Sie hatte wirklich viel mitgemacht! Monika hatte sich auf die Suche nach Schinkenheinz gemacht und sie fand ihn auch prompt- auf dem Liegestuhl des Verbrechers ausgestreckt, in der einen Hand ein Comicbuch, in der anderen eine Portion frittierte Zwiebelringe mit Sahne und Ketchup. Igitt! Er blieb wohl immer der gleiche.
„So, aber jetzt fahren wir wieder alle nach Hause! Ihr müsst schließlich wieder ins Internat!“, sagte Herr Kugelpilz streng. Die Kinder stöhnten und verdrehten die Augen. Sie hatten sich wohl doch schon zu sehr an das Abenteuerleben gewöhnt.
„Jetzt kommt schon, es ist doch schön, endlich einmal wieder etwas zu lernen. Meine jüngste Tochter hat mir so einen entzückend schönen Aufsatz gefaxt, mir sind die Tränen gekommen. Und ich habe von Herrn Ludwig gehört, wie fleißig meine Lisa Biologie übt! Na ja…aber es hat sich herausgestellt, dass Herr Ludwig nach seiner Geschäftsreise in Peking die falschen Kinder mit nach Hause genommen hat. Er ist erst draufgekommen, dass er eine deutsche Touristenfamilie an Bord hatte, als diese sich lautstark beschwert hat, sie wolle in Rosenheim landen, da sie sich nicht die Mühe machen wollten, von München bis nach Rosenheim die Bahn zu nehmen.“
Lisa und Herkules lachten. Das war so typisch für Schinkenheinz Vater. Nun ging die fröhliche Gesellschaft aber dazu über, sich zu verabschieden.
Kommissar Sebastian Kugelpilz ließ sich zum krönenden Abschluss noch mit dem jungen Helden und seiner ältesten Tochter zu fotografieren, die während der ganzen spannenden Schnitzeljagd so brav auf die kleine Monika aufgepasst hatte. Dabei hatten die beiden Verliebten eine gute Entschuldigung, den Arm umeinander zu legen und genossen diese heimliche Nähe in vollen Zügen. Zwar sollte die kleine Monika auch auf das Foto, doch niemand konnte sie finden. Nur ein kleines flinkes Krokodil entdeckten sie, das behände wie ein Wolf zum Nil stürmte und sich mit einem triumphierenden Grinsen in die Fluten warf und elegant davon schwamm.
Es war schon dunkel und die Freunde hatten bestimmt schon mehrere hundert Kilometer zurückgelegt, wenn nicht tausende, da sprang Monika plötzlich auf und hätte vor Begeisterung fast die Steckmückmaschine in ihrer Hand zerdrückt. „Schnell! Das ist es! Das ist Menschenblut! Blutgruppe Null, gut möglich, dass es sogar Jessica ist!“
„Bist du sicher, dass keine Menschen am Ufer sind?“, fragte Herkules misstrauisch.
Karl-Heinz schüttelte den Kopf. „Die Mücke kam von da unten, aus dem Wasser. Los, kleine Mücke, folg dem Krokodil, das du gebissen hast!“
Sie konnten sehen, wie an der Stechmückmaschine ein Licht anging, damit man sie besser sehen konnte und - wie sie dann in den Strömen des Nils verschwand. Sehr lange blieb sie unten. Doch dann sahen die Kinder sie wenige Meter vor ihnen wieder auftauchen. Margit ruderte in die Richtung, wo sie aufgetaucht war, sie beeilte sich sehr. Die Kinder waren gespannt wie sieben Flitzebögen. Wenn sie die Stechmückmaschine nur kurz aus den Augen ließen…warum musste es auch schon so dunkel sein? Da tauchte plötzlich das Krokodil aus dem Wasser auf. Es unterschied sich in nichts von den anderen Krokodilen, doch was sie nun bemerkten war, dass es anders schwamm. Es war unheimlich aber…dieses Krokodil crawlte. Und es schien eindeutig vor den Freunden fliehen zu wollen.
„Wir müssen mehr Abstand halten, sonst schöpft es Verdacht!“, schrie Herkules.
„Dann sollten wir vielleicht nicht so sehr auf uns aufmerksam machen!“, zischte Karl-Heinz Ludwig genervt.
„Aber wenn wir zu viel Abstand halten, verlieren wir es! Es ist so schnell!“, rief Lisa und biss sich auf die Lippen.
Gerade da verschwand das Krokodil in einem Seitenkanal, der zu schmal war, als dass die Freunde ihm mit ihrem Boot hätten folgen können. Blitzschnell und ohne etwas zu sagen verwandelte sich Monika in eine Fledermaus und folgte dem Tier. Die anderen warteten auf sie. Etwa eine Viertelstunde lang rührte sich gar nichts. Dann sahen sie plötzlich, dass die Stechmückmaschine zurück kam, dass das Krokodil zurück kam und dass, in der Luft, Monika zurück kam. Keuchend landete sie auf dem Boot und rief: „Wir müssen ihm nach, es schwimmt zurück!“
Tatsächlich! Das Krokodil schwamm nun den ganzen Weg, den es gekommen war gegen den Strom zurück, dass ihm Detektive dicht an den Fersen waren, schien es gar nicht zu merken. Sie folgten ihm etwa eine halbe Stunde, dann verschwand es wieder in einem Seitenstrom, bei dem ihm nur Moni folgen konnte. Und…welch große Überraschung- es kam wieder zurück und schwamm nun wieder in die andere Richtung.
„Es will uns in die Irre führen!“, rief Herkules.
„Was es auch will, das ist kein normales Krokodil, alles weist darauf hin. Egal was es vorhat, es reicht nicht mehr, es zu verfolgen, wir müssen es fangen.“, meinte Lisa.
Alle starrten sie entsetzt an und vergaßen für einen Moment, das Krokodil zu verfolgen. Nur Margit schien sofort begriffen zu haben, was zu tun war. Sie zog ihren Schirm aus dem Wasser und nickte Moni zu. „Verwandle dich als Wolf und tauch nach dem Krokodil. Beiß es, verletz es, kämpf mit ihm! Ich halte dir den Rücken frei! Herkules, du musst das Krokodil an Bord holen sobald du kannst , klar?“
Monika hatte sofort begriffen, sie hatte Wolfsgestalt angenommen und hatte sich ins Wasser gestürzt. „Nein!!!!“, schrie Lisa und dann drohend zu Margit, „bist du wahnsinnig? Sie ist nur ein kleines Mädchen, das ist ein Krokodil!“
„Es ist eben kein Krokodil. Und dass sie nicht von echten Krokodilen angegriffen wird, dafür sorge ich!“, sagte sie und schoss mit ihrem Regenschirm Feuerpfeile auf das Wasser. Ein Spritzen und Tosen war die Folge. Das Krokodil und der Wolf tauchten eine Weile unter und kamen nicht mehr an die Oberfläche. Lisa schluchzte und wollte gerade hinterher springen, als ein schreiendes, blutiges Krokodil auftauchte und auf seinem Rücken ein nasser strampelnder Wolf, der sich an ihm festgebissen hatte. Erstaunlicherweise hatte das Vieh wenig Kampfgeist und Herkules konnte hinterher springen, das Krokodil geschultert, und damit wieder in das Boot klettern. Der kleine Wolf brauchte Margits Hilfe, er war doch ziemlich geschafft.
Anschließend manövrierte sie das Boot an das nächstgelegene geschützte Ufer. Es war Zeit, dass sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten und so gingen sie vor Anker und stiegen an Land, Herkules tropfnass und mit dem Krokodil über der Schulter. Dieses prähistorische Reptil legten sie auf den Rücken in den Wüstensand. Nach Außen sah es noch immer wie ein Krokodil aus, doch die Bewegungen erinnerten an einen verängstigten Menschen. Herkules suchte den Körper nach einem Reißverschluss ab. Er fand nichts, erst als er das Tier auf den Bauch drehte, fand er am Rücken einen Reißverschluss, den er herunter zog. Das Wesen wehrte sich nicht einmal. Den Kindern blieb die Luft weg. Bleiche, weiße Haut kam zum Vorschein. Weiße Haut und schwarze Locken. Ein schwarzes Top und schwarze Shorts. „Jessica!“, schrie Lisa und fiel ihr weinend um den Hals. Diese schien gar nicht zu begreifen was los war, sie zuckte erschrocken zurück, dann rief sie : „Lisa? Lisa, ist das möglich, du? Du hast mich gerettet!“ Dann weinte auch sie und umarmte ihre Freundin, während sie noch halb in dem nassen Krokodilskostüm steckte. Keine der beiden kümmerte sich darum. Umso mehr kümmerte Herkules sich darum, denn er hatte in der Kapuze des Krokodilskostüms ein Päckchen gefunden. Er wog es in der Hand. In der Dunkelheit war es schwer zu sagen, was sich darin befand. „Was hast du da, Jessica?“, fragte er streng und hielt ihr das Päckchen vor die Nase.
Jessica begann erneut zu weinen. „Das ist Rauschgift.“
„Verstehe!“, schlussfolgerte Herkules scharf, „du wurdest hier eingestellt, um als Krokodil verkleidet Hanf zu schmuggeln, ist es nicht so?“
Jessicas Heulen wurde stärker „Es ist so schrecklich! Ich muss die Drogen vom Anbauer zu den Händlern bringen.“
„Aber ich dachte Stifin Sbilbirgh wäre ein Filmproduzent!“, sagte Lisa entsetzt.
Jessica schüttelte den Kopf. „Das ist nur eine Tarnung, er versteckt sich hinter Dokumentarfilmen über Krokodile, in Wirklichkeit ist er ein gemeiner Drogenhändler. Und ein Entführer!“
Margit mischte sich ein. „Ist ein kleines Mädchen bei euch? Sie ist ein Marsmenschlein und heiß Alina.“
Jessica nickte schwach. „Ja, Alina ist auch hier. Außer mir sind hier noch hunderte von Mädchen.“
„Aber warum entführt er nur Mädchen?“, fragte Monika.
„Weil wir kleiner sind und so besser in die Kostüme der männlichen Krokodile hinein passen. Weibliche Krokodile sind viel größer und werden viel mehr von Artgenossen belästigt.“
„Das ist ja alles so schrecklich!“, tröstend drückte Lisa ihre Freundin an sich. „Du hattest Recht, der rote Geisterbahnwagon war verhext, ich hätte dich niemals damit fahren lassen dürfen, es tut mir so Leid!“
Die Freunde waren erleichtert und glücklich, Jessica wieder zu haben, doch sie wussten, dass sie keine Zeit für Wiedersehensfreude und Freundlichkeiten hatten. Sie mussten ein Verbrechen aufklären. Herkules sprang auf und strich Jessica über den Kopf. „Keine Angst, Jessica, wir werden das alles wieder in Ordnung bringen.“
„Wir sollten meinen Vater anrufen, damit er die ägyptische Polizei verständigt!“, rief Lisa.
Herkules nickte. „Darum wollte ich dich gerade bitten. Du und Schinkenheinz, ihr bleibt bei Jessica und ruft Herrn Kugelpilz an. Gebt genau an wo wir sind, damit ihnen die Mistkerle nicht entwischen! Ich werde mit Monika zu dem Haus des Verbrechers gehen und ihn ordentlich vermöbeln!“
Noch ehe Lisa etwas dagegen sagen konnte, dass ihr Geliebter und ihre kleine Schwester sich in Gefahr begaben, waren die beiden auch schon losgerannt, Monika in Wolfsgestalt, Herkules in seiner Sprintposition. Monika folgte dem Seitenstrom, auf dem sie das Krokodil verfolgt hatte, nun vom Ufer aus und tatsächlich, bald kamen sie an ein Haus vor dem zwei unheimliche Männer mit Anzügen, breiten Hüten und Sonnenbrillen standen. Ohne Zeit zu verlieren biss Monika einem von ihm ins Bein. „Hilfe! Ein Wolf! Jörg Flussbach! Stefan Spielberg! Helft mir!“ Sein Kamerade gab ihm für das törichte Herausplaudern ihrer Namen eine Kopfnuss : „Halt den Mund, Horst Waldruhe! Du kannst doch nicht so laut die Namen von allen Komplizen ausplaudern!“ Da war Herkules auch schon zu ihm gestürmt, zu diesem Jörg und verpasste ihm einen kräftigen Kinnhaken und dann einen Kick in den Magen. Stöhnend sank der Mann zusammen, er wollte protestieren, doch Herkules hatte seine Chance erkannt und trat die Tür ein. Herkules und der Wolf schauten in die verschreckten grünen Augen eines etwa 16-jährigen Jungen mit kahl rasiertem Kopf und einem viel zu großen Anzug. Ihr, liebe Kinder, habt sicher schon lange geahnt, wer wohl der Übeltäter sein kann, doch unsere beiden Freunde hier hatten den Mann noch nie gesehen. „Hände hoch!“, schrie Herkules und bedrohte ihn mit seiner Faust. Moni knurrte ihn an und stieß ein Wolfsheulen aus. Da erholte sich der Kerl von seinem Schreck und sagte: „Ist das alles? Ein Knirps und ein kleiner Hund?“ Er holte ein Maschinengewehr von der Wand und hielt damit die beiden Freunde in Schach. Waffen durften sie keine tragen und daran hielten sie sich auch strikt. „Stillgestanden, ihr kleinen Rotzmäuler! In die Ecke mit euch! Horst! Jörg! Holt ein Kostüm für den Jungen, er wird wohl gerade noch in einen der größten Krokodilskostüme passen. Und den Wolf kann ich auch gut gebrauchen. Ich werde euch versklaven bis ihr schwarz werdet und durch den Verkauf meiner Drogen werde ich ein reicher Mann werden. Und wer weiß, eines Tages gehört mir die ganze Macht der Welt, haha!“
Herkules und Moni schluckten. Der Junge war ja vollkommen übergeschnappt! Und sie waren in eine Falle getappt! Nun war alles aus und davon. Sie sahen schon die beiden Gangster grinsend hereinkommen, der eine mit einer Eisenkette in der Hand, der andere mit einem Kostüm für Herkules. Moni überlegte verzweifelt ob es ihr etwas bringen würde, sich in ein Mädchen zurückzuverwandeln, oder ob sie das nur vom Regen in die Traufe bringen würde, denn das Wort „Erbarmen“ kannte der Junge scheinbar nicht. Das konnte doch nicht das Ende sein! Das war ja das furchtbarste, das sie sich vorstellen konnte, gemeinsam mit dem Verehrer ihrer Schwester versklavt zu werden! Herkules dachte angestrengt nach, der Junge kam ihm so bekannt vor. Nur ein Detail war anders. Da plötzlich, als er ein verfilztes Haarbüschel am Boden sah, wusste er es!
„Du bist doch der Gras rauchende Junge vom Schießstand am Jahrmarkt!“, platzte Herkules heraus.
Monika ging ein Licht auf. Genau! Daher war ihr der Geruch so bekannt vorgekommen!
„Ja, und?“, blaffte Stefan mit den grünen Augen.
„Muss sicher eine schmerzhafte Erfahrung gewesen sein, deine stinkigen Dreadlocks abzurasieren um dich besser zu tarnen!“, sagte Herkules spöttisch. Stefan bleckte die Zähne wie ein Wolf und kam bedrohlich näher. Das war wohl sein wunder Punkt. Dann grinste er höhnisch. „Das sind nur Haare, im Nu kann ich mir neue nachwachsen lassen.“
„Wie ist es aber möglich, dass du die Mädchen aus der Geisterbahn entführen konntest, wenn du doch am Schießstand gearbeitet hast?“
Missbilligend funkelten Stefans giftgrüne Augen. „Auf einem Jahrmarkt ist es sehr einfach, Leute verschwinden zu lassen. Der Jahrmarkt zieht weiter und mit ihm die Leute, die verschwunden sind. Alle meine Kollegen mochten mich gerne und ich konnte ab und zu in meinen Pausen kostenlos bei ihnen mitfahren. In Alioschkas Geisterbahn habe ich ab und zu sogar ausgeholfen. Die Mumie war schon seit einer Weile kaputt, Alioschka wickelte mich also in Mullbinden ein und ich musste nichts anderes tun, als im Dunkeln aus meinem Sarkophag raus und wieder rein zu spazieren. Das hat den Besuchern immer die größte Angst gemacht, es sprach sich in der ganzen Stadt herum, dass Alioschkas Mumie so echt aussah. Dafür hat er mich dann auch immer gut bezahlt. Was er aber nicht wusste war, dass ich in seinem Sarkophag eine zweite Tür eingebaut hatte. Ich hatte einen Hinterausgang eingebaut. So konnte ich Leute zu mir in den Sarkophag holen und sie durch die Geheimtür in ein kleines Versteck bringen, wo sie nicht mehr herauskamen. Am Abend holte ich sie dann immer ab. Wie verängstigt sie doch immer waren von einem Tag in der Geisterbahn!“ Stefan stieß ein höhnisches Lachen aus und fuhr fort: „Aber auch an den anderen Ständen konnte ich Leute verschwinden lassen. In dem Zelt der Zigeunerin hatte ich eine Falltür eingebaut, in der Achterbahn gab es diesen einen Sitz, der jeden verschlang, der sich darauf setzte. Das Innere des Kettenkarussells von Nathanael Ziegenbock ist innen hohl, sodass man Leute an der Schaukel nach oben und ins Innere ziehen kann. Und wenn man bei Kevin-Felix-Aarons Anglerstand den Hautgewinn bekam, war dies eine kostenlose Fahrt in der Geisterbahn! Haha! Dass ich immer wieder spontan zu meiner Tante nach Peking musste, konnte mir niemand verübeln und da hab ich sie alle mitgenommen und dort eine Weile versteckt und die Kostüme angepasst. Dann endlich konnte ich wieder nach Hause an den Nil und dort werde ich jetzt auch bleiben und der reichste Mann der Welt werden. Und da werdet ihr beiden mir nicht im Weg stehen!“
Doch Herkules ließ sich nicht einschüchtern: „Du hast wohl einen Sprung in der Tasse! Drogen sind doch echt das allerletzte, da mach ich nicht mit, eher sterbe ich! Und jetzt lasst uns gehen, ihr gemeines Gesindel!“
Monika, die weit kompromissbereiter war und um ihr Leben fürchtete, knurrte ihren Kameraden an, er solle aufpassen was er sagte. Stefan Spielberg lachte höhnisch: „Deine großen Worte werden dir noch vergehen! Unglücklicherweise ist der Anzug dir vermutlich etwas zu eng und die Drogen passen nicht mehr in deine Kapuze. Aber keine Sorge, dafür kannst du sie in deinem…“
Der Junge schaffte es nicht, seine anrüchigen und ehrlosen Worte zu Ende zu führen, da ertönte auch schon eine laute, bestimmende Stimme: „Hände hoch und keine Bewegung! Ihr Haus ist umzingelt, ergeben Sie sich.“ Herr Kugelpilz! Er stand in der Tür und hatte seine Dienstwaffe auf Spielberg gerichtet. Wer zuletzt lachte hatte doch immer Recht! Herkules rief spöttisch. „Damit hast du wohl nicht gerechnet? Den einzigen denen du jetzt Drogen verkaufen kannst sind deine Gefängniskumpanen, aber ich denke, die Drogen wirst du selber brauchen, bei dem Klima in den ägyptischen Gefängnissen!“ Er hörte Lisas helles Lachen. Lisa! Sie war hier! Sie stürmte zu Herkules und fiel ihm um den Hals. „Oh Herkules, ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht! Ich dachte schon, ich sehe dich nie wieder.“
„Aberaber, ma cherise, ich bin wohl auf!“, sagte er großspurig, um zu überspielen wie weich seine Knie wurden. Sie lächelte nämlich wieder ihr süßes Lächeln, das es auf dieser ganzen Welt nur einmal gab und dann sagte sie leise: „Mach dir keine Sorgen, Herkules, ob du nun Ali Babel bist oder ein Kameltreiber oder ein ägyptischer Pharao, eines bleibst du trotzdem und zwar ein kautschukherziger Rennradritter!“
Herkules wurde ganz warm ums Herz, so etwas Schönes hatte noch niemand zu ihm gesagt. Er wollte sie gerade noch einmal an sich drücken, da war sie schon zu Stefan gelaufen und schrie: „Schäm dich, hörst du? Schon als ich dich zum ersten Mal gesehen habe hätte ich es wissen müssen, du hast dich sehr verdächtig verhalten, aber ich habe an das Gute an dir geglaubt! Wie man sich nur täuschen kann, du Junkie!“
Inzwischen waren zwei Polizisten hereingekommen und hatten Jörg und Horst Handschellen angelegt. Stefan Spielberg legte Kommissar Kugelpilz höchstpersönlich die Eisenringe an. Als er an Herkules und seiner Tochter vorbei ging sagte er : „Ich bin sehr stolz auf euch, Kinder, aber mischt euch bitte nicht noch einmal ein, das ist die Aufgabe der Polizei!“
„Großes Aztekenehrenwort, Herr Kugelpilz!“, sagte Herkules und hatte dabei aber die Finger hinter dem Rücken überkreuzt, damit machte man in den fernen achtziger und neunziger-Jahren Schwüre ungültig.
Da sah er hinter Kommissar Sebastian Kugelpilz eine kleine blaue Gestalt, die im zuwinkte, nein, es waren zwei…nein drei…nein! Es waren zehn! Da blieben Herkules Spucke und Sprache weg! Die zehn kleinen Marsmenschlein! „Aber Herr Kommissar, wo kommen denn all diese Marsmenschlein her?“, rief Herkules erstaunt.
Herr Kommissar Kugelpilz lachte väterlich: „Die Polizei ruht nie, mein Junge, und sie ist euer Freund und Helfer, merkt euch das!“
Tatsächlich, Can war wieder da und Amir und Sara, Junis, Yasmine, Tarek, Mina, Achmad, Fatima und …Alina. Sie trug immer noch das Krokodilskostüm und weinte, während ihre Cousine sie im Arm hielt. Sie hatte wirklich viel mitgemacht! Monika hatte sich auf die Suche nach Schinkenheinz gemacht und sie fand ihn auch prompt- auf dem Liegestuhl des Verbrechers ausgestreckt, in der einen Hand ein Comicbuch, in der anderen eine Portion frittierte Zwiebelringe mit Sahne und Ketchup. Igitt! Er blieb wohl immer der gleiche.
„So, aber jetzt fahren wir wieder alle nach Hause! Ihr müsst schließlich wieder ins Internat!“, sagte Herr Kugelpilz streng. Die Kinder stöhnten und verdrehten die Augen. Sie hatten sich wohl doch schon zu sehr an das Abenteuerleben gewöhnt.
„Jetzt kommt schon, es ist doch schön, endlich einmal wieder etwas zu lernen. Meine jüngste Tochter hat mir so einen entzückend schönen Aufsatz gefaxt, mir sind die Tränen gekommen. Und ich habe von Herrn Ludwig gehört, wie fleißig meine Lisa Biologie übt! Na ja…aber es hat sich herausgestellt, dass Herr Ludwig nach seiner Geschäftsreise in Peking die falschen Kinder mit nach Hause genommen hat. Er ist erst draufgekommen, dass er eine deutsche Touristenfamilie an Bord hatte, als diese sich lautstark beschwert hat, sie wolle in Rosenheim landen, da sie sich nicht die Mühe machen wollten, von München bis nach Rosenheim die Bahn zu nehmen.“
Lisa und Herkules lachten. Das war so typisch für Schinkenheinz Vater. Nun ging die fröhliche Gesellschaft aber dazu über, sich zu verabschieden.
Kommissar Sebastian Kugelpilz ließ sich zum krönenden Abschluss noch mit dem jungen Helden und seiner ältesten Tochter zu fotografieren, die während der ganzen spannenden Schnitzeljagd so brav auf die kleine Monika aufgepasst hatte. Dabei hatten die beiden Verliebten eine gute Entschuldigung, den Arm umeinander zu legen und genossen diese heimliche Nähe in vollen Zügen. Zwar sollte die kleine Monika auch auf das Foto, doch niemand konnte sie finden. Nur ein kleines flinkes Krokodil entdeckten sie, das behände wie ein Wolf zum Nil stürmte und sich mit einem triumphierenden Grinsen in die Fluten warf und elegant davon schwamm.
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