Live Forever
von nikkinvin
Kurzbeschreibung
Das Image von Mötley Crüe zeigt ein klares Bild: Wild, rebellisch, aggressiv. Frauen, Drogen, Partys, und das massenweise. Auf Dauer macht dieses Leben aber nicht glücklich. Erst, als Vince und Nikki sich ihre Liebe zueinander eingestehen, können sie sich von ihren eigenen Dämonen lösen und wirklich glücklich sein. Aber Glück ist vergänglich und zerbrechlicher, als die zwei es ahnen. Nicht alle sind bereit, ihre Beziehung zu akzeptieren, aus Freund wird Feind und umgekehrt. Zu spät bemerken sie, welch Monster ihnen im Schatten stets folgt und wozu es fähig ist. Wieviel hält ihre Beziehung aus? Wem können sie vertrauen? Wer steht wirklich auf ihrer Seite? Und was sind sie bereit, für den jeweils anderen zu opfern? (Nikki Sixx/Vince Neil)
GeschichteDrama, Angst / P18 / MaleSlash
Nikki Sixx
OC (Own Character)
Vince Neil
08.02.2021
18.04.2022
21
173.876
5
Alle Kapitel
12 Reviews
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Dieses Kapitel
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08.02.2021
4.498
Hallo ihr Süßen! Ich habe den Lockdown ausgiebig genutzt und fleißig an einer Story geschrieben, die ich bereits im November angefangen habe. Heute ist der 8. Februar 2021 und mein heißgeliebter Vince feiert heute seinen 60. Geburtstag. Letztes Jahr habe ich meine erste Mötley Crüe Story, die mehr als ein Kapitel zu bieten hat, ebefalls am 8. Februar veröffentlicht. Das war allerdings nicht geplant, sondern ein netter Zufall, der mir erst später aufgefallen ist. Daher hielt ich es für passend, diese Story ebenfalls an seinem Geburtstag zu veröffentlichen. Ich habe schon einen ordentlichen Vorrat an Kapiteln angelegt und ich plane, alle zwei Wochen immer montags eines zu posten. Ich hoffe, dass das klappt, aber keine Garantie. Diese Story wird wesentlich länger, als Gotta Get It Right und auch wesentlich düsterer. Die Kapitel sind mal aus Nikkis und mal aus Vince' Sicht. Der entsprechende POV wird immer am Anfang eines Kapitels genannt.
Wie ihr es von mir gewohnt seid, sind Vince und Nikki selbstverständlich ein Paar. Alles andere ist für mich Blasphemie :O Wenn euch das nicht gefällt, steht euch diese Meinung natürlich zu, aber dann solltet ihr diese Story lieber nicht lesen. Also, letzte Warnung, liebe Leute :D
Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass ich den zeitlichen Ablauf etwas verändert habe. Die ersten vier Alben behalten ihr Veröffentlichungsdatum bei, allerdings habe ich Nikkis Heroinsucht ein wenig angepasst. Seine tödliche Überdosis hatte er bei mir nicht im Dezember 1987, während der Girls, Girls, Girls-Tour, sondern im Dezember 1985 während der Theatre Of Pain-Tour. Danach hat er mit Vince' Hilfe den Entzug geschafft und somit war Girls, Girls, Girls das erste Album, was Nikki zumindest halbwegs nüchtern produzieren und die anschließende Tour durchziehen konnte. Also zusammenfassend kann man sagen, dass ich alles, was mit Nikkis Heroinsucht zu tun hat, einfach um 2 Jahre nach vorne verschoben habe.
Für diese Fanfiktion habe ich mir einige Own Characters ausgedacht, genaugenommen sind es (bis jetzt) drei an der Zahl. Der liebe Roy, der liebe Harvey und der liebe Josh. Ich möchte an dieser Stelle noch anmerken, dass meine OCs mir allein gehören und niemand hat das Recht, sie einfach zu klauen und als eigene Charaktere auszugeben. Schreibt mich an und fragt einfach, wenn ihr euch einen der drei "ausleihen" möchtet, ich beiße normalerweise nicht :)
Desweiteren war ich einfach mal so dreist, mir einen Charakter aus meiner Lieblingsserie Nashville auszuborgen, weil ich finde, dass er absolut perfekt in meine Story reinpasst. In Nashville spielt er ab der 2. Staffel Jeff Fordham, den Boss des Plattenlabels Edgehill Republic, bei dem Rayna unter Vertrag steht. In der Serie übernimmt der amerikanische Schauspieler Oliver Hudson diese Rolle. Hier ein Foto, wie Jeff in Nashville aussieht.
Mal wieder ein riesengroßes Danke an meinen großartigen Freund Luca, der mir - wie immer - bei der Kurzbeschreibung geholfen hat und mit dem ich etliche Male stundenlang über den Plot der Story diskutieren konnte. Er hat ein paar fantastische Ideen beigesteuert und mir zu bisher jedem Kapitel Feedback gegeben. Danke, mein Liebster <3
WARNUNG: Slash-Rape, leichte bis mittelschwerer Folter, Drugs
Die Jungs von Mötley Crüe gehören ausschließlich sich selbst, ich leihe sie mir nur für diese Story aus und verdiene damit kein Geld. Die Idee stammt aber von mir. Jegliche Ähnlichkeiten meiner OCs mit real existierenden Personen sind nicht beabsichtigt und rein zufällig.
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POV: Nikki
“Hey, Babe. Wir müssen langsam los“, flüsterte Nikki ihm zu und er schob seine langen, blonden Haare ein Stück beiseite, damit er ihn sanft am Hals küssen konnte. Vince lag auf der Seite und hatte ihm den Rücken zugewandt, während er vor sich hin döste und Nikkis gelegentliche Streicheleinheiten genoss. Seit fast zweieinhalb Jahren waren sie ein Paar und Nikki konnte sich nicht erinnern, jemals glücklicher gewesen zu sein. Auch seine tödliche Heroinüberdosis lag jetzt knapp zweieinhalb Jahre zurück, doch inzwischen war er clean und so seltsam es sich anhörte, Nikki war dankbar für seine Drogensucht. Ohne Vince hätte er den Entzug niemals durchgestanden und ohne den Entzug wären sie jetzt wohl nicht zusammen. Schon immer hatte er Vince wahnsinnig attraktiv gefunden, aber dass da tatsächlich viel tiefere Gefühle in ihm schlummerten, hatte Nikki nicht geahnt. Und schon gar nicht, dass Vince ebenfalls etwas für ihn empfand. Nikki war der festen Überzeugung gewesen, dass Vince sich für Männer kein Stück interessierte, denn er hatte ununterbrochen irgendeine Frau an seinem Arm hängen gehabt und auf Tour jede Nacht ein anderes Groupie abgeschleppt.
“Muss das wirklich sein? Ich hab keine Lust“, nuschelte Vince schläfrig und Nikki konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Typisch. Aber irgendwie war es auch seine Schuld. Wenn er Vince schon am helllichten Tag verführte und ihn stundenlang im Bett festhielt, brauchte Nikki sich nicht wundern, dass er nicht mehr aufstehen wollte.
“Sorry, Babe, aber du musst deinen Arsch jetzt heben. Sonst helfe ich nach“, antwortete Nikki grinsend und er zog mit einem Ruck die Bettdecke weg, ehe er Vince einen Klaps auf den nackten Hintern gab.
“Ich bin fast versucht, es drauf ankommen zu lassen“, murmelte er und Nikki musste ihn nicht anschauen, um zu wissen, dass Vince frech grinste. Er stand auf und wandte den Blick ab, denn er kannte sich selbst zu gut. Nikki konnte ihm einfach nicht widerstehen, schon gar nicht, wenn Vince nackt war und ihm auch noch seine unglaublich attraktive Rückseite präsentierte. Am liebsten würde er auf die Autogrammstunde pfeifen und sich wieder zu Vince unter die Decke kuscheln, aber Nikki hatte keine Lust auf einen neuen Zoff mit ihren Managern.
“Komm jetzt. Die Fans warten darauf, dich anzuhimmeln“, unternahm Nikki einen letzten, freundlichen Versuch, Vince zum Aufstehen zu bewegen, bevor er zu weniger sanften Methoden greifen musste. Sein Freund stöhnte genervt, ehe er sich langsam auf den Rücken drehte und sich provokant streckte. Vince konnte wirklich ein durchtriebenes, kleines Miststück sein und es kostete Nikki ein beinahe unmenschliches Maß an Selbstbeherrschung, sich nicht sofort die soeben erst angezogene Hose wieder herunterzureißen und ihn förmlich anzuspringen. Mit einem enttäuschten Grummeln nahm Vince schließlich hin, dass sein Freund für den Moment standhaft blieb und er kletterte langsam aus dem Bett, um seine Sachen zusammenzusuchen.
Die Girls, Girls, Girls Tour war seit gerade mal einer Woche vorbei und die Band schrieb schon fleißig an den Texten für das nächste Album. Damit Mötley Crüe im Gespräch blieb, arrangierten ihre Manager Doc McGhee und Doug Thaler immer wieder kleine Events. Hier ein Konzert, da ein Interview, dort eine Autogrammstunde. Es wäre Nikki nur lieb, wenn er nach der monatelangen, anstrengenden Tour wenigstens mal ein paar Tage am Stück einfach mit Vince allein sein könnte. Ohne ständig schreiende Fans um sich zu haben oder irgendwelchen Reportern die ewig selben, langweiligen Fragen beantworten zu müssen. Aber er wollte sich nicht beschweren. Das war das Leben, das er immer gewollt und für das er hart gekämpft hatte und Nikki liebte es. Auch ihre Beziehung war inzwischen öffentlich und das hatte wie erwartet einen riesigen Shitstorm gegeben, der bis heute anhielt. Eigentlich war das nicht geplant gewesen, es öffentlich zu machen und Vince während eines Konzerts auf der Bühne zu küssen, doch Nikki hatte nicht an sich halten können. In seiner engen Lederhose, die wirklich nichts der Fantasie überließ, sah Vince einfach atemberaubend aus. Und dazu seine einzigartige Stimme, während er Home Sweet Home sang. Das Publikum war mucksmäuschenstill geworden, als Nikki ihn an sich gezogen und geküsst hatte und nach kurzer Zeit kamen schon die ersten Bierflaschen aus der Menge geflogen, begleitet von lauten Buhrufen und Beleidigungen. Die Leute waren außer Rand und Band, sodass sie das Konzert abbrechen mussten und zwei Tage später in der nächsten Stadt hatte das Publikum ebenfalls versucht, sie bereits zu Beginn ihres Auftritts von der Bühne zu jagen. Die Presse hatte sie beide und ihre Beziehung förmlich in der Luft zerrissen, aber wenigstens war Vince nicht wütend auf ihn. Sie hatten das alles ignoriert und ihre Security verstärkt, sodass Unruhestifter auf Konzerten sofort rigoros rausgeschmissen werden konnten und inzwischen hatte Mötley Crüe den Ruf, ihr Publikum schnell und gnadenlos auszusortieren.
“Da seid ihr ja endlich!“, motzte Doc, der am Hintereingang des riesigen Plattenladens wartete und er tippte ungeduldig mit dem Zeigefinger auf seine Armbanduhr. Vince verdrehte nur genervt die Augen, ehe er leise lachte, doch das brachte Doc nur richtig in Rage.
“Reg dich ab, wir sind doch fast pünktlich“, antwortete Vince grinsend und Nikki war sich sicher, dass Doc ihn in diesem Moment gerne erwürgt hätte.
“Eine halbe Stunde zu spät nennst du pünktlich, du Vollidiot?“, fauchte er gereizt und Nikki musste sich auf die Zunge beißen, um den Mund zu halten. Sein Beschützerinstinkt war allgegenwärtig und am liebsten würde er jeden verprügeln, der Vince auch nur komisch anschaute. Leider fühlte dieser sich dadurch aber oft bedrängt oder bevormundet und nachdem sie sich etliche Male deswegen gestritten hatten, versuchte Nikki nun krampfhaft, seinen Kontrollwahn wenigstens ein bisschen zurückzuschrauben. Es fiel ihm so unendlich schwer, doch um sich abzulenken, kramte Nikki eine Schachtel Zigaretten aus seiner Jackentasche, bevor er sich eine zwischen die Lippen schob und sie anzündete. Die Schlange an Fans zog sich mehr als drei Blocks weit und auch den Verkehr hatten sie längst zum völligen Erliegen gebracht. Die Fahrer der Autos bremsten, um vielleicht einen Blick auf Mötley Crüe erhaschen zu können oder weil Fans unachtsam auf die Straße liefen. Es war nicht das erste Mal, dass Mötley Crüe den Verkehr lahmlegten und Nikki musste grinsen, während er Doc und Vince nach drinnen in den warmen Laden folgte. Sie hatten zwar bereits Mitte März, doch es war ungewöhnlich kalt und Nikki legte einen Arm um Vince, der seine weiße Jacke fest um seinen Körper geschlungen hatte. Während es für Nikki gar nicht kalt genug sein konnte und er schon bei zwanzig Grad beinahe anfing, zu schmelzen, lief Vince sogar im Hochsommer oft mit einem leichten Sweatshirt herum. Er konnte Kälte nicht ausstehen und Nikki hatte ihm einen Monat zuvor an seinem Geburtstag eine neue Jacke geschenkt, die Vince abgöttisch liebte. Es war eine schneeweiße Lederjacke mit einem asymmetrischen Reißverschluss und einer eingenähten Kapuze aus hellgrauem Stoff. Vince liebte weiß und er sah darin absolut atemberaubend aus. Nikki hatte sofort gewusst, dass es das perfekte Geburtstagsgeschenk für ihn war und er hatte damit genau ins Schwarze getroffen.
“Ach, komm, du kleine Frostbeule. Hier drin ist’s doch warm“, zog Nikki ihn grinsend auf, ehe er ihm einen Kuss auf die gerötete Wange drückte. Von Vince erntete er nur einen Todesblick und er boxte ihm in die Seite, was mehr wehtat, als Nikki zugeben wollte.
“Halt die Klappe“, murrte er genervt, doch Nikki wusste, dass er ihm nicht wirklich böse war und er nahm Vince‘ eiskalte Hand, bevor er ihn sanft küsste.
Sie hatten nur einen kleinen Moment Zeit, um Tommy und Mick zu begrüßen, die im Pausenraum der Mitarbeiter warteten. Doc scheuchte die Band herrisch durch einen kurzen, dunklen Flur, bevor er eine unscheinbare Tür öffnete, die in den Verkaufsbereich des Plattenladens führte. Dort hatte man die Regale, in denen normalerweise die Schallplatten präsentiert wurden, an die Seiten des Raumes geschoben und nahe der Wand, die gegenüber dem Eingang lag, stand nun ein langer Tisch mit vier Stühlen. Auf den ersten Blick zählte Nikki zwölf Securitymitarbeiter, die alle in schwarz gekleidet waren und dafür sorgen würden, dass immer nur eine begrenzte Anzahl an Fans den Laden betreten konnte. Vince ließ sich auf den Stuhl ganz links fallen und Nikki wollte sich gerade neben ihn setzen, als sein Blick eine der Schallplatten im Regal auf der anderen Seite des Raumes streifte. Das Album Futuristic Dragon von T. Rex, nach dem er schon seit einer Ewigkeit suchte. Die Fans fanden es beschissen, aber Nikki hielt es für ein Meisterwerk und er wandte sich an den Besitzer des Ladens, der sich neben der Tür zum Mitarbeiterbereich an die Wand gelehnt hatte.
“Hey, das Album da, von T. Rex. Kannst du mir das reservieren für später?“, fragte er wesentlich euphorischer als beabsichtigt und vermutlich würde der Kerl ihm dafür einen Haufen Geld aus den Rippen leiern wollen, aber Nikki war das egal. Es ging schließlich um eine seiner Lieblingsbands und das eine Album, das ihm noch in seiner Sammlung fehlte. Anscheinend wollte es zwar niemand haben, doch seltsamerweise war es trotzdem überall ausverkauft und das seit Jahren. Der Besitzer des Ladens grinste schmierig und nickte nur, ehe er langsam auf die andere Seite des Raumes schlenderte und die Schallplatte aus dem Regal nahm, um sie neben der Kasse abzulegen.
“Hast du‘s also doch noch gefunden“, kommentierte Vince belustigt, als Nikki sich mit einem breiten Grinsen neben ihm auf den Stuhl fallen ließ und er nickte zufrieden, bevor er seinem Freund einen kurzen Kuss gab.
Nach zwei Stunden tat Nikki die Hand weh vom vielen Signieren und die Stühle hatten sie mittlerweile nach hinten an die Wand geschoben, weil sie sowieso ständig aufstehen und mit den Fans Fotos machen mussten. Auch Vince‘ Unlust war komplett verflogen, denn er liebte es, von den Fans umschwärmt und bewundert zu werden. Tommy und Nikki waren ganz in ihrem Element und umarmten fleißig die zahlreichen männlichen und vor allem weiblichen Fans. Nur Mick stand es praktisch ins Gesicht geschrieben, dass er sich am liebsten die Kugel geben würde. Er konnte den ganzen Rummel nicht ausstehen, der mit dieser großen Berühmtheit einherging. Wenn es nach ihm ginge, würden Mötley Crüe abwechselnd Songs schreiben, diese dann aufnehmen und sie live vor einem riesigen Publikum spielen. Nikki grinste und er boxte Mick freundschaftlich gegen die Schulter, wofür er von ihm nur ein genervtes Grummeln und einen Todesblick kassierte.
“Kann ich dich umarmen?“, hörte er eine aufgeregte Stimme neben sich und Nikki wandte sich um. Vor Vince stand ein dunkelhaariger Junge, der vielleicht gerade so die Zwanzig geknackt hatte und ihn hoffnungsvoll mit großen Augen anschaute. Nikki wusste nicht, wie oft er diesen Satz heute schon gehört hatte und er drehte sich wieder um. Er hatte erst gedacht, die Worte seien an ihn gerichtet und er wandte sich einer jungen Frau zu, die sich lasziv über den Tisch beugte, um ihm das Album zu geben, das er signieren sollte. Nikki riskierte nur einen kurzen Blick in ihren Ausschnitt, bevor er sich dem Albumcover widmete. Das tat er mehr aus Gewohnheit und obwohl das Mädchen einen Körper zum niederknien besaß, hatte er keinerlei Interesse an ihr. Vor drei oder vier Jahren hätte er sie sofort mit nach hinten genommen und im Pausenraum der Mitarbeiter vernascht, aber er hatte sich verändert. Nein, Vince hatte ihn verändert. Nikki wollte nie wieder jemand anderen, als ihn.
“Ja, klar“, hörte er Vince sagen und nur aus dem Augenwinkel sah Nikki, wie der Junge ihm um den Hals fiel. Nachdem Nikki das Mädchen nach seinem Namen gefragt und seine Unterschrift auf das Cover von Girls, Girls, Girls geschrieben hatte, bemerkte er allerdings, dass der Junge immer noch an Vince klebte. Dieser machte der Security gerade mit einem Handzeichen deutlich, dass er Hilfe brauchte und Nikki konnte sich ein Lachen einfach nicht verkneifen, als zwei Mitarbeiter nötig waren, um den Jungen von Vince loszueisen.
“Das war der erste Kerl, der dich bespringen wollte, oder? Sonst muss man doch immer Chicks von dir runter zerren“, bemerkte Nikki lachend und es war ihm egal, dass der Junge seine Worte hören konnte. Die beiden Mitarbeiter der Security hatten ihn an den Armen gepackt und schleiften ihn an den anderen Fans vorbei nach draußen. Von Vince erntete Nikki nur ein genervtes Augenrollen, doch schließlich musste auch er lachen.
“Warum bin ich eigentlich ein Magnet für komische Typen und verrückte Weiber?“, erwiderte er mit einem derart gequälten Blick, dass Nikki sich vor Lachen fast verschluckte.
“Hey, was soll das denn heißen?“, fragte er gespielt beleidigt, als ihm klar wurde, dass Vince damit durchaus auch ihn meinen könnte. Vince sagte nichts mehr darauf, sondern schenkte ihm nur ein engelsgleiches Lächeln, bevor er sich einem jungen Mann zuwandte, der ihm das Cover von Shout at the Devil hinhielt.
Draußen war es schon dunkel, als sie die Autogrammstunde endlich beenden durften und Mick hatte praktisch sofort seinen Stift fallen lassen und war verschwunden. Tommy hatte sich ebenfalls recht schnell mit zwei der weiblichen Fans aus dem Staub gemacht, obwohl er verheiratet war. Allerdings war das Tommys Problem und nicht seines, also sagte Nikki nichts dazu. Er musste tatsächlich noch ein kleines Vermögen für die Schallplatte von T. Rex hinblättern, aber das war ihm egal. Endlich hielt er das Album, das ihm in seiner Sammlung noch fehlte, in den Händen und er betrachtete das Cover mit einem fetten Grinsen im Gesicht.
“Soll ich euch zwei vielleicht ‘nen Moment allein lassen?“, fragte Vince belustigt und er deutete auf die Schallplatte.
“Lieber nicht. Ich weiß nicht, ob ich mich zurückhalten kann“, erwiderte Nikki lachend und er legte Vince einen Arm um die Schulter, während sie den Plattenladen verließen und langsam zum Parkplatz gingen.
“Hey, wir müssen uns das aber heute nicht mehr anhören, oder?“, bat Vince und er schaute ihn derart hoffnungsvoll mit seinen großen, rehbraunen Augen an, dass Nikki einfach nicht widerstehen konnte und ihm auf der Stelle einen Kuss geben musste. Leider teilte Vince seine Begeisterung für T. Rex nicht.
“Also ich schon. Keine Sorge, ich nehme die Kopfhörer“, beruhigte Nikki ihn schnell, weil Vince nach dem ersten Satz Luft holte und aufbegehren wollte. Stattdessen schnaufte er nur belustigt und er schüttelte den Kopf, während er Nikki einen Arm um die Taille legte.
Am nächsten Morgen wurde er durch das Klingeln des Telefons unsanft aus dem Schlaf gerissen und er spürte deutlich seine verkrampften Muskeln, weil er die Nacht auf dem Sofa verbracht hatte. Sein Plattenspieler war einer der teuersten, die man kaufen konnte und er besaß einen Anschluss für Kopfhörer, was ihm vermutlich schon den ein oder anderen Streit mit Vince erspart hatte. Nikki hatte das Album unbedingt noch anhören wollen und war dabei vermutlich auf dem Sofa eingeschlafen. Erst, als er die Kopfhörer abnahm und sie neben sich auf den Couchtisch legte, bemerkte er die kuschelige, blaue Decke, die auf ihm lag und er musste lächeln. Offensichtlich hatte Vince nochmal nach ihm gesehen und ihn nicht aufwecken wollen, aber zugedeckt hatte er ihn trotzdem. Seine schmerzenden Glieder ignorierend kämpfte Nikki sich hoch und er lief in seine offene Küche, wo das Telefon stand. Am anderen Ende der Leitung hörte er die Stimme seines Managers Doug, der ihm mitteilte, dass sie sich in einer Stunde bei Elektra treffen sollten. Anscheinend gab es einen neuen Chef, der Mötley Crüe unbedingt kennenlernen wollte. Mit Bob Krasnow, dem alten Boss ihres Labels, war Nikki überhaupt nicht klargekommen und er hatte alles darangesetzt, ihn aus der Firma zu ekeln. Nikki hatte ihn angebrüllt, mit Dingen nach ihm geworfen und immer exakt das Gegenteil von dem getan, was Bob von ihm wollte. Er hatte sogar sein Auto zerkratzt und ihm einmal die Nase gebrochen. Nikki würde diesem Dreckskerl nie verzeihen, dass er die Band zwingen wollte, Home Sweet Home von Theatre of Pain herunterzunehmen. Anfangs hatte Bob seine Gegenwehr nur belächelt und ihn für nicht mehr als einen verzogenen, wichtigtuerischen Bengel gehalten, doch in den letzten Jahren hatte er lernen müssen, dass man sich Nikki Sixx besser nicht zum Feind machte. Er wusste nicht, ob Bob den Posten als CEO wegen ihm aufgegeben hatte oder aus anderen Gründen, aber eigentlich interessierte es Nikki auch nicht. Hauptsache, der Mistkerl war endlich weg. Er war wahnsinnig gespannt auf den neuen Chef des Labels, doch auch Doug kannte ihn nicht und wusste nur, dass er Jeff Fordham hieß. Nachdem Nikki aufgelegt hatte, ging er ins Schlafzimmer, um Vince zu wecken, denn sie sollten vor ihrem Meeting zumindest noch eine Kleinigkeit essen.
Aus dem Frühstück war leider nichts mehr geworden. Vince hatte ihn sofort an sich gezogen und geküsst und Nikki konnte ihm einfach nicht widerstehen, aber wenigstens hatten sie es trotzdem halbwegs pünktlich zu Elektra geschafft. Jetzt saßen sie zu fünft im Wartebereich ihres Labels und Nikki hoffte inständig, dass der neue Boss kein allzu großes Arschloch war. Auch Tommy, Vince und Mick hatten noch nie von Jeff Fordham gehört und Doug hatte ihn mehrfach gebeten, freundlich zu sein. Er kannte Nikkis Temperament nur zu gut und von seinen regelmäßigen Wutausbrüchen blieb niemand verschont. Nikki saß seitlich auf der unfassbar unbequemen, roten Couch und er hatte den Kopf auf die Rückenlehne gelegt, während er aus der großen Fensterfront nach draußen auf die Straßen von Los Angeles schaute. Währenddessen hielt er Vince‘ Hand, der neben ihm saß und mit Mick gerade ausführlich das letzte Formel 1 Rennen diskutierte. Oder nannte man das Grand Prix? Nikki hatte keine Ahnung, denn es gab fast nichts auf der Welt, was ihn weniger interessierte, als Sport. Beinahe eine Stunde zu spät wurden sie endlich von Jeffs Assistentin in sein Büro gebeten und Nikkis Laune befand sich auf dem absoluten Nullpunkt. Sollte das etwa schon der erste Versuch sein, seine Macht und Überlegenheit zu demonstrieren? Der Wichser hatte ja keine Ahnung, mit wem er sich da gerade anlegte, aber Nikki würde ihm gleich mehr als deutlich machen, was er davon hielt. Jeff hatte das Büro von Bob übernommen, doch Nikki erkannte es kaum wieder. Die dunkle Holztäfelung an den Wänden war einer dunkelblauen Tapete gewichen und die schwarzen Ledersessel hatte Jeff durch zwei schneeweiße Sofas ersetzt. Dazwischen stand ein Couchtisch aus Glas und auf dem Boden aus hellem Parkett lag nun ein riesiger, cremefarbener Teppich. Sein Schreibtisch befand sich vor der riesigen Fensterfront, die eine ganze Wand einnahm und den Blick auf Los Angeles freigab.
“Mötley Crüe. Es freut mich...“, begann Jeff mit einem ganz offensichtlich falschen Lächeln im Gesicht, doch Nikki fuhr ihm direkt über den Mund.
“Falls du’s nicht mitbekommen hast, wir müssen ein Album produzieren. Das sollte auch in deinem Interesse sein. Stattdessen sitzen wir hier rum und warten, damit du deinen großen Auftritt haben kannst“, fuhr Nikki ihn abfällig an und er konnte praktisch hören, wie Doug ihn in Gedanken als Idioten bezeichnete. Er duzte Jeff absichtlich, damit der gar nicht erst auf den Gedanken kam, dass er über Nikki stand. Bob hätte sich augenblicklich darauf eingelassen und ihn angebrüllt, bis er heiser war, doch Jeff behielt sein falsches Lächeln bei und musterte Nikki noch einen Moment, bevor er sich demonstrativ von ihm abwandte und Doug die Hand schüttelte.
“Mein Termin hat länger gedauert und mir wurde gesagt, dass Mötley Crüe sowieso nie pünktlich sind“, erwiderte er beiläufig und wenn Vince nicht in weiser Voraussicht seine Hand genommen hätte, wäre Nikki ihm sofort an die Kehle gesprungen. Er konnte den Kerl jetzt schon nicht ausstehen. Jeff war genau der Typ Mensch, mit dem Nikki überhaupt nicht zurechtkam. Ein Anzugträger mit kurzen, braunen, perfekt sitzenden Haaren, dessen Outfit wahrscheinlich mehr kostete, als Nikkis Auto. Einer, der wahrscheinlich BWL oder sowas studiert hatte und der sich einen Dreck um die Musiker und ihre kreative Freiheit scherte, sondern nur Wert auf die Zahlen legte.
“Wir freuen uns, Sie kennenzulernen und hoffen auf gute Zusammenarbeit“, sagte Doug schnell, um Nikki keine Gelegenheit zu geben, sich weiter mit Jeff zu streiten. Dafür erntete sein Manager einen Todesblick von ihm und Nikki nahm sich fest vor, Doug nach diesem Gespräch ordentlich die Meinung um die Ohren zu schlagen. Wie konnte er zulassen, dass dieser blasierte Wichser ihn blöd anmachte und dann auch noch von ihm verlangen, das einfach hinzunehmen?
“Ach ja?“, fragte Jeff belustigt und sein Blick lag währenddessen auf Nikki, der nur die Kiefer aufeinanderpresste und ihn wütend anfunkelte. Es kostete ihn wirklich Mühe, dem Kerl nicht ein für alle Mal sein dämliches Grinsen aus dem Gesicht zu prügeln und Nikki wusste selbst nicht, wieso er sich zurückhielt. Vielleicht lag es an Vince, der neben ihm stand und liebevoll seine Hand drückte. Allein seine Anwesenheit beruhigte Nikki ungemein und er atmete tief durch.
“Apropos Zusammenarbeit. Das letzte Album hat nur Platz zwei erreicht. Wie sieht es denn mit dem neuen aus? Die Fans sollen sich ja nicht langweilen mit euren alten Songs“, fuhr Jeff fort, wobei er Nikki provokant zuzwinkerte und sich dann zu seinem Couchtisch umwandte. Dort stand ein Tablett mit einer halbvollen Flasche sündhaft teurem Scotch und einigen Gläsern. Jeff goss sich eines davon bis zur Hälfte voll und nippte an dem Getränk, ehe er sich wieder der Band zuwandte.
“Das Album ist dann fertig, wenn ich damit zufrieden bin“, antwortete Nikki kalt. Dass sie gerade mal ein paar halbfertige Texte hatten und nicht einmal wussten, wie das fünfte Album heißen sollte, verschwieg er an dieser Stelle.
“Ich hörte schon, dass Mr. Sixx wahnsinnig beschäftigt ist. Die Drogensucht, die Partys, die Affäre mit Mr. Neil... Ich kenne ein paar gute Bassisten. Soll ich einen davon anrufen, damit er deine Parts einspielt? Scheinbar hast du ja keine Zeit, um effektiv am Album zu arbeiten, aber keine Sorge. Dein Name steht natürlich trotzdem am Ende drauf“, erwiderte Jeff mit einem herablassenden Grinsen und Nikki knurrte, wie ein wütender Hund. Er hörte Vince neben sich abfällig schnaufen und Doug trat einen Schritt nach vorn, weil er zweifelsohne damit rechnete, Nikki gleich unter Kontrolle halten zu müssen, damit er Jeff nicht krankenhausreif schlug.
“Du glaubst, du kannst mir Befehle geben, du Arschloch? Pass lieber auf, was du sagst. Es gibt ein Dutzend Labels in LA und Umgebung, die Mötley Crüe sofort aus dem Vertrag hier rauskaufen würden. Ich bin weder auf dich, noch auf dein scheiß Label angewiesen, also fick dich“, fauchte er ungehalten und Nikki hoffte inständig, dass Jeff seinen Bluff schluckte. Tatsächlich hielten sich die Angebote von anderen Labels in Grenzen, denn Mötley Crüe waren zwar bei den Fans beliebt und unglaublich berühmt, aber auch berüchtigt. Sie verkauften Millionen von Alben und ihren Touren waren ebenfalls ausverkauft, doch ihre Exzesse waren legendär und hatten Bob oft Kopfschmerzen bereitet. Andererseits hatten sie zwei erfahrene Manager an ihrer Seite und im schlimmsten Fall würden sie Leathür Records, ihr eigenes Label, auf dem sie Too Fast For Love veröffentlicht hatten, wiederbeleben. Nikki und Jeff maßen sich einen Moment lang gegenseitig mit Blicken und im Büro war es mucksmäuschenstill, weil niemand es wagte, auch nur laut zu atmen. Plötzlich klatschte Jeff gespielt begeistert in die Hände und er schenkte ihm wieder sein falsches Grinsen, das Nikki jetzt schon so sehr hasste.
“Bravo! Wenn du dieses Feuer in das Album steckst, muss ich mir ja keine Sorgen machen. Ich werde dann nächste Woche mal bei euch vorbeischauen, um zu sehen, wie weit ihr seid.“ Ohne auf seine Provokation einzugehen, drehte Nikki sich um und stürmte nach draußen. Dabei schlug er die Bürotür so fest hinter sich zu, dass eines der hässlichen Landschaftsgemälde, die in diesem Flur an den Wänden hingen, zu Boden fiel. Diesem blasierten Bastard würde er es zeigen. Er brauchte jetzt unbedingt eine Zigarette, eine große Portion Marihuana, seine Gitarre und auf alle Fälle seine Ruhe.
Wie ihr es von mir gewohnt seid, sind Vince und Nikki selbstverständlich ein Paar. Alles andere ist für mich Blasphemie :O Wenn euch das nicht gefällt, steht euch diese Meinung natürlich zu, aber dann solltet ihr diese Story lieber nicht lesen. Also, letzte Warnung, liebe Leute :D
Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass ich den zeitlichen Ablauf etwas verändert habe. Die ersten vier Alben behalten ihr Veröffentlichungsdatum bei, allerdings habe ich Nikkis Heroinsucht ein wenig angepasst. Seine tödliche Überdosis hatte er bei mir nicht im Dezember 1987, während der Girls, Girls, Girls-Tour, sondern im Dezember 1985 während der Theatre Of Pain-Tour. Danach hat er mit Vince' Hilfe den Entzug geschafft und somit war Girls, Girls, Girls das erste Album, was Nikki zumindest halbwegs nüchtern produzieren und die anschließende Tour durchziehen konnte. Also zusammenfassend kann man sagen, dass ich alles, was mit Nikkis Heroinsucht zu tun hat, einfach um 2 Jahre nach vorne verschoben habe.
Für diese Fanfiktion habe ich mir einige Own Characters ausgedacht, genaugenommen sind es (bis jetzt) drei an der Zahl. Der liebe Roy, der liebe Harvey und der liebe Josh. Ich möchte an dieser Stelle noch anmerken, dass meine OCs mir allein gehören und niemand hat das Recht, sie einfach zu klauen und als eigene Charaktere auszugeben. Schreibt mich an und fragt einfach, wenn ihr euch einen der drei "ausleihen" möchtet, ich beiße normalerweise nicht :)
Desweiteren war ich einfach mal so dreist, mir einen Charakter aus meiner Lieblingsserie Nashville auszuborgen, weil ich finde, dass er absolut perfekt in meine Story reinpasst. In Nashville spielt er ab der 2. Staffel Jeff Fordham, den Boss des Plattenlabels Edgehill Republic, bei dem Rayna unter Vertrag steht. In der Serie übernimmt der amerikanische Schauspieler Oliver Hudson diese Rolle. Hier ein Foto, wie Jeff in Nashville aussieht.
Mal wieder ein riesengroßes Danke an meinen großartigen Freund Luca, der mir - wie immer - bei der Kurzbeschreibung geholfen hat und mit dem ich etliche Male stundenlang über den Plot der Story diskutieren konnte. Er hat ein paar fantastische Ideen beigesteuert und mir zu bisher jedem Kapitel Feedback gegeben. Danke, mein Liebster <3
WARNUNG: Slash-Rape, leichte bis mittelschwerer Folter, Drugs
Die Jungs von Mötley Crüe gehören ausschließlich sich selbst, ich leihe sie mir nur für diese Story aus und verdiene damit kein Geld. Die Idee stammt aber von mir. Jegliche Ähnlichkeiten meiner OCs mit real existierenden Personen sind nicht beabsichtigt und rein zufällig.
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But now you’re the only thing left worth dying for
You give me a reason I cant’t ignore
And make me wanna live forever
You’re everything I’ve been waiting for
For all of these years and a thousand more
(Sixx: A.M. - Live Forever)
You give me a reason I cant’t ignore
And make me wanna live forever
You’re everything I’ve been waiting for
For all of these years and a thousand more
(Sixx: A.M. - Live Forever)
POV: Nikki
“Hey, Babe. Wir müssen langsam los“, flüsterte Nikki ihm zu und er schob seine langen, blonden Haare ein Stück beiseite, damit er ihn sanft am Hals küssen konnte. Vince lag auf der Seite und hatte ihm den Rücken zugewandt, während er vor sich hin döste und Nikkis gelegentliche Streicheleinheiten genoss. Seit fast zweieinhalb Jahren waren sie ein Paar und Nikki konnte sich nicht erinnern, jemals glücklicher gewesen zu sein. Auch seine tödliche Heroinüberdosis lag jetzt knapp zweieinhalb Jahre zurück, doch inzwischen war er clean und so seltsam es sich anhörte, Nikki war dankbar für seine Drogensucht. Ohne Vince hätte er den Entzug niemals durchgestanden und ohne den Entzug wären sie jetzt wohl nicht zusammen. Schon immer hatte er Vince wahnsinnig attraktiv gefunden, aber dass da tatsächlich viel tiefere Gefühle in ihm schlummerten, hatte Nikki nicht geahnt. Und schon gar nicht, dass Vince ebenfalls etwas für ihn empfand. Nikki war der festen Überzeugung gewesen, dass Vince sich für Männer kein Stück interessierte, denn er hatte ununterbrochen irgendeine Frau an seinem Arm hängen gehabt und auf Tour jede Nacht ein anderes Groupie abgeschleppt.
“Muss das wirklich sein? Ich hab keine Lust“, nuschelte Vince schläfrig und Nikki konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Typisch. Aber irgendwie war es auch seine Schuld. Wenn er Vince schon am helllichten Tag verführte und ihn stundenlang im Bett festhielt, brauchte Nikki sich nicht wundern, dass er nicht mehr aufstehen wollte.
“Sorry, Babe, aber du musst deinen Arsch jetzt heben. Sonst helfe ich nach“, antwortete Nikki grinsend und er zog mit einem Ruck die Bettdecke weg, ehe er Vince einen Klaps auf den nackten Hintern gab.
“Ich bin fast versucht, es drauf ankommen zu lassen“, murmelte er und Nikki musste ihn nicht anschauen, um zu wissen, dass Vince frech grinste. Er stand auf und wandte den Blick ab, denn er kannte sich selbst zu gut. Nikki konnte ihm einfach nicht widerstehen, schon gar nicht, wenn Vince nackt war und ihm auch noch seine unglaublich attraktive Rückseite präsentierte. Am liebsten würde er auf die Autogrammstunde pfeifen und sich wieder zu Vince unter die Decke kuscheln, aber Nikki hatte keine Lust auf einen neuen Zoff mit ihren Managern.
“Komm jetzt. Die Fans warten darauf, dich anzuhimmeln“, unternahm Nikki einen letzten, freundlichen Versuch, Vince zum Aufstehen zu bewegen, bevor er zu weniger sanften Methoden greifen musste. Sein Freund stöhnte genervt, ehe er sich langsam auf den Rücken drehte und sich provokant streckte. Vince konnte wirklich ein durchtriebenes, kleines Miststück sein und es kostete Nikki ein beinahe unmenschliches Maß an Selbstbeherrschung, sich nicht sofort die soeben erst angezogene Hose wieder herunterzureißen und ihn förmlich anzuspringen. Mit einem enttäuschten Grummeln nahm Vince schließlich hin, dass sein Freund für den Moment standhaft blieb und er kletterte langsam aus dem Bett, um seine Sachen zusammenzusuchen.
Die Girls, Girls, Girls Tour war seit gerade mal einer Woche vorbei und die Band schrieb schon fleißig an den Texten für das nächste Album. Damit Mötley Crüe im Gespräch blieb, arrangierten ihre Manager Doc McGhee und Doug Thaler immer wieder kleine Events. Hier ein Konzert, da ein Interview, dort eine Autogrammstunde. Es wäre Nikki nur lieb, wenn er nach der monatelangen, anstrengenden Tour wenigstens mal ein paar Tage am Stück einfach mit Vince allein sein könnte. Ohne ständig schreiende Fans um sich zu haben oder irgendwelchen Reportern die ewig selben, langweiligen Fragen beantworten zu müssen. Aber er wollte sich nicht beschweren. Das war das Leben, das er immer gewollt und für das er hart gekämpft hatte und Nikki liebte es. Auch ihre Beziehung war inzwischen öffentlich und das hatte wie erwartet einen riesigen Shitstorm gegeben, der bis heute anhielt. Eigentlich war das nicht geplant gewesen, es öffentlich zu machen und Vince während eines Konzerts auf der Bühne zu küssen, doch Nikki hatte nicht an sich halten können. In seiner engen Lederhose, die wirklich nichts der Fantasie überließ, sah Vince einfach atemberaubend aus. Und dazu seine einzigartige Stimme, während er Home Sweet Home sang. Das Publikum war mucksmäuschenstill geworden, als Nikki ihn an sich gezogen und geküsst hatte und nach kurzer Zeit kamen schon die ersten Bierflaschen aus der Menge geflogen, begleitet von lauten Buhrufen und Beleidigungen. Die Leute waren außer Rand und Band, sodass sie das Konzert abbrechen mussten und zwei Tage später in der nächsten Stadt hatte das Publikum ebenfalls versucht, sie bereits zu Beginn ihres Auftritts von der Bühne zu jagen. Die Presse hatte sie beide und ihre Beziehung förmlich in der Luft zerrissen, aber wenigstens war Vince nicht wütend auf ihn. Sie hatten das alles ignoriert und ihre Security verstärkt, sodass Unruhestifter auf Konzerten sofort rigoros rausgeschmissen werden konnten und inzwischen hatte Mötley Crüe den Ruf, ihr Publikum schnell und gnadenlos auszusortieren.
“Da seid ihr ja endlich!“, motzte Doc, der am Hintereingang des riesigen Plattenladens wartete und er tippte ungeduldig mit dem Zeigefinger auf seine Armbanduhr. Vince verdrehte nur genervt die Augen, ehe er leise lachte, doch das brachte Doc nur richtig in Rage.
“Reg dich ab, wir sind doch fast pünktlich“, antwortete Vince grinsend und Nikki war sich sicher, dass Doc ihn in diesem Moment gerne erwürgt hätte.
“Eine halbe Stunde zu spät nennst du pünktlich, du Vollidiot?“, fauchte er gereizt und Nikki musste sich auf die Zunge beißen, um den Mund zu halten. Sein Beschützerinstinkt war allgegenwärtig und am liebsten würde er jeden verprügeln, der Vince auch nur komisch anschaute. Leider fühlte dieser sich dadurch aber oft bedrängt oder bevormundet und nachdem sie sich etliche Male deswegen gestritten hatten, versuchte Nikki nun krampfhaft, seinen Kontrollwahn wenigstens ein bisschen zurückzuschrauben. Es fiel ihm so unendlich schwer, doch um sich abzulenken, kramte Nikki eine Schachtel Zigaretten aus seiner Jackentasche, bevor er sich eine zwischen die Lippen schob und sie anzündete. Die Schlange an Fans zog sich mehr als drei Blocks weit und auch den Verkehr hatten sie längst zum völligen Erliegen gebracht. Die Fahrer der Autos bremsten, um vielleicht einen Blick auf Mötley Crüe erhaschen zu können oder weil Fans unachtsam auf die Straße liefen. Es war nicht das erste Mal, dass Mötley Crüe den Verkehr lahmlegten und Nikki musste grinsen, während er Doc und Vince nach drinnen in den warmen Laden folgte. Sie hatten zwar bereits Mitte März, doch es war ungewöhnlich kalt und Nikki legte einen Arm um Vince, der seine weiße Jacke fest um seinen Körper geschlungen hatte. Während es für Nikki gar nicht kalt genug sein konnte und er schon bei zwanzig Grad beinahe anfing, zu schmelzen, lief Vince sogar im Hochsommer oft mit einem leichten Sweatshirt herum. Er konnte Kälte nicht ausstehen und Nikki hatte ihm einen Monat zuvor an seinem Geburtstag eine neue Jacke geschenkt, die Vince abgöttisch liebte. Es war eine schneeweiße Lederjacke mit einem asymmetrischen Reißverschluss und einer eingenähten Kapuze aus hellgrauem Stoff. Vince liebte weiß und er sah darin absolut atemberaubend aus. Nikki hatte sofort gewusst, dass es das perfekte Geburtstagsgeschenk für ihn war und er hatte damit genau ins Schwarze getroffen.
“Ach, komm, du kleine Frostbeule. Hier drin ist’s doch warm“, zog Nikki ihn grinsend auf, ehe er ihm einen Kuss auf die gerötete Wange drückte. Von Vince erntete er nur einen Todesblick und er boxte ihm in die Seite, was mehr wehtat, als Nikki zugeben wollte.
“Halt die Klappe“, murrte er genervt, doch Nikki wusste, dass er ihm nicht wirklich böse war und er nahm Vince‘ eiskalte Hand, bevor er ihn sanft küsste.
Sie hatten nur einen kleinen Moment Zeit, um Tommy und Mick zu begrüßen, die im Pausenraum der Mitarbeiter warteten. Doc scheuchte die Band herrisch durch einen kurzen, dunklen Flur, bevor er eine unscheinbare Tür öffnete, die in den Verkaufsbereich des Plattenladens führte. Dort hatte man die Regale, in denen normalerweise die Schallplatten präsentiert wurden, an die Seiten des Raumes geschoben und nahe der Wand, die gegenüber dem Eingang lag, stand nun ein langer Tisch mit vier Stühlen. Auf den ersten Blick zählte Nikki zwölf Securitymitarbeiter, die alle in schwarz gekleidet waren und dafür sorgen würden, dass immer nur eine begrenzte Anzahl an Fans den Laden betreten konnte. Vince ließ sich auf den Stuhl ganz links fallen und Nikki wollte sich gerade neben ihn setzen, als sein Blick eine der Schallplatten im Regal auf der anderen Seite des Raumes streifte. Das Album Futuristic Dragon von T. Rex, nach dem er schon seit einer Ewigkeit suchte. Die Fans fanden es beschissen, aber Nikki hielt es für ein Meisterwerk und er wandte sich an den Besitzer des Ladens, der sich neben der Tür zum Mitarbeiterbereich an die Wand gelehnt hatte.
“Hey, das Album da, von T. Rex. Kannst du mir das reservieren für später?“, fragte er wesentlich euphorischer als beabsichtigt und vermutlich würde der Kerl ihm dafür einen Haufen Geld aus den Rippen leiern wollen, aber Nikki war das egal. Es ging schließlich um eine seiner Lieblingsbands und das eine Album, das ihm noch in seiner Sammlung fehlte. Anscheinend wollte es zwar niemand haben, doch seltsamerweise war es trotzdem überall ausverkauft und das seit Jahren. Der Besitzer des Ladens grinste schmierig und nickte nur, ehe er langsam auf die andere Seite des Raumes schlenderte und die Schallplatte aus dem Regal nahm, um sie neben der Kasse abzulegen.
“Hast du‘s also doch noch gefunden“, kommentierte Vince belustigt, als Nikki sich mit einem breiten Grinsen neben ihm auf den Stuhl fallen ließ und er nickte zufrieden, bevor er seinem Freund einen kurzen Kuss gab.
Nach zwei Stunden tat Nikki die Hand weh vom vielen Signieren und die Stühle hatten sie mittlerweile nach hinten an die Wand geschoben, weil sie sowieso ständig aufstehen und mit den Fans Fotos machen mussten. Auch Vince‘ Unlust war komplett verflogen, denn er liebte es, von den Fans umschwärmt und bewundert zu werden. Tommy und Nikki waren ganz in ihrem Element und umarmten fleißig die zahlreichen männlichen und vor allem weiblichen Fans. Nur Mick stand es praktisch ins Gesicht geschrieben, dass er sich am liebsten die Kugel geben würde. Er konnte den ganzen Rummel nicht ausstehen, der mit dieser großen Berühmtheit einherging. Wenn es nach ihm ginge, würden Mötley Crüe abwechselnd Songs schreiben, diese dann aufnehmen und sie live vor einem riesigen Publikum spielen. Nikki grinste und er boxte Mick freundschaftlich gegen die Schulter, wofür er von ihm nur ein genervtes Grummeln und einen Todesblick kassierte.
“Kann ich dich umarmen?“, hörte er eine aufgeregte Stimme neben sich und Nikki wandte sich um. Vor Vince stand ein dunkelhaariger Junge, der vielleicht gerade so die Zwanzig geknackt hatte und ihn hoffnungsvoll mit großen Augen anschaute. Nikki wusste nicht, wie oft er diesen Satz heute schon gehört hatte und er drehte sich wieder um. Er hatte erst gedacht, die Worte seien an ihn gerichtet und er wandte sich einer jungen Frau zu, die sich lasziv über den Tisch beugte, um ihm das Album zu geben, das er signieren sollte. Nikki riskierte nur einen kurzen Blick in ihren Ausschnitt, bevor er sich dem Albumcover widmete. Das tat er mehr aus Gewohnheit und obwohl das Mädchen einen Körper zum niederknien besaß, hatte er keinerlei Interesse an ihr. Vor drei oder vier Jahren hätte er sie sofort mit nach hinten genommen und im Pausenraum der Mitarbeiter vernascht, aber er hatte sich verändert. Nein, Vince hatte ihn verändert. Nikki wollte nie wieder jemand anderen, als ihn.
“Ja, klar“, hörte er Vince sagen und nur aus dem Augenwinkel sah Nikki, wie der Junge ihm um den Hals fiel. Nachdem Nikki das Mädchen nach seinem Namen gefragt und seine Unterschrift auf das Cover von Girls, Girls, Girls geschrieben hatte, bemerkte er allerdings, dass der Junge immer noch an Vince klebte. Dieser machte der Security gerade mit einem Handzeichen deutlich, dass er Hilfe brauchte und Nikki konnte sich ein Lachen einfach nicht verkneifen, als zwei Mitarbeiter nötig waren, um den Jungen von Vince loszueisen.
“Das war der erste Kerl, der dich bespringen wollte, oder? Sonst muss man doch immer Chicks von dir runter zerren“, bemerkte Nikki lachend und es war ihm egal, dass der Junge seine Worte hören konnte. Die beiden Mitarbeiter der Security hatten ihn an den Armen gepackt und schleiften ihn an den anderen Fans vorbei nach draußen. Von Vince erntete Nikki nur ein genervtes Augenrollen, doch schließlich musste auch er lachen.
“Warum bin ich eigentlich ein Magnet für komische Typen und verrückte Weiber?“, erwiderte er mit einem derart gequälten Blick, dass Nikki sich vor Lachen fast verschluckte.
“Hey, was soll das denn heißen?“, fragte er gespielt beleidigt, als ihm klar wurde, dass Vince damit durchaus auch ihn meinen könnte. Vince sagte nichts mehr darauf, sondern schenkte ihm nur ein engelsgleiches Lächeln, bevor er sich einem jungen Mann zuwandte, der ihm das Cover von Shout at the Devil hinhielt.
Draußen war es schon dunkel, als sie die Autogrammstunde endlich beenden durften und Mick hatte praktisch sofort seinen Stift fallen lassen und war verschwunden. Tommy hatte sich ebenfalls recht schnell mit zwei der weiblichen Fans aus dem Staub gemacht, obwohl er verheiratet war. Allerdings war das Tommys Problem und nicht seines, also sagte Nikki nichts dazu. Er musste tatsächlich noch ein kleines Vermögen für die Schallplatte von T. Rex hinblättern, aber das war ihm egal. Endlich hielt er das Album, das ihm in seiner Sammlung noch fehlte, in den Händen und er betrachtete das Cover mit einem fetten Grinsen im Gesicht.
“Soll ich euch zwei vielleicht ‘nen Moment allein lassen?“, fragte Vince belustigt und er deutete auf die Schallplatte.
“Lieber nicht. Ich weiß nicht, ob ich mich zurückhalten kann“, erwiderte Nikki lachend und er legte Vince einen Arm um die Schulter, während sie den Plattenladen verließen und langsam zum Parkplatz gingen.
“Hey, wir müssen uns das aber heute nicht mehr anhören, oder?“, bat Vince und er schaute ihn derart hoffnungsvoll mit seinen großen, rehbraunen Augen an, dass Nikki einfach nicht widerstehen konnte und ihm auf der Stelle einen Kuss geben musste. Leider teilte Vince seine Begeisterung für T. Rex nicht.
“Also ich schon. Keine Sorge, ich nehme die Kopfhörer“, beruhigte Nikki ihn schnell, weil Vince nach dem ersten Satz Luft holte und aufbegehren wollte. Stattdessen schnaufte er nur belustigt und er schüttelte den Kopf, während er Nikki einen Arm um die Taille legte.
Am nächsten Morgen wurde er durch das Klingeln des Telefons unsanft aus dem Schlaf gerissen und er spürte deutlich seine verkrampften Muskeln, weil er die Nacht auf dem Sofa verbracht hatte. Sein Plattenspieler war einer der teuersten, die man kaufen konnte und er besaß einen Anschluss für Kopfhörer, was ihm vermutlich schon den ein oder anderen Streit mit Vince erspart hatte. Nikki hatte das Album unbedingt noch anhören wollen und war dabei vermutlich auf dem Sofa eingeschlafen. Erst, als er die Kopfhörer abnahm und sie neben sich auf den Couchtisch legte, bemerkte er die kuschelige, blaue Decke, die auf ihm lag und er musste lächeln. Offensichtlich hatte Vince nochmal nach ihm gesehen und ihn nicht aufwecken wollen, aber zugedeckt hatte er ihn trotzdem. Seine schmerzenden Glieder ignorierend kämpfte Nikki sich hoch und er lief in seine offene Küche, wo das Telefon stand. Am anderen Ende der Leitung hörte er die Stimme seines Managers Doug, der ihm mitteilte, dass sie sich in einer Stunde bei Elektra treffen sollten. Anscheinend gab es einen neuen Chef, der Mötley Crüe unbedingt kennenlernen wollte. Mit Bob Krasnow, dem alten Boss ihres Labels, war Nikki überhaupt nicht klargekommen und er hatte alles darangesetzt, ihn aus der Firma zu ekeln. Nikki hatte ihn angebrüllt, mit Dingen nach ihm geworfen und immer exakt das Gegenteil von dem getan, was Bob von ihm wollte. Er hatte sogar sein Auto zerkratzt und ihm einmal die Nase gebrochen. Nikki würde diesem Dreckskerl nie verzeihen, dass er die Band zwingen wollte, Home Sweet Home von Theatre of Pain herunterzunehmen. Anfangs hatte Bob seine Gegenwehr nur belächelt und ihn für nicht mehr als einen verzogenen, wichtigtuerischen Bengel gehalten, doch in den letzten Jahren hatte er lernen müssen, dass man sich Nikki Sixx besser nicht zum Feind machte. Er wusste nicht, ob Bob den Posten als CEO wegen ihm aufgegeben hatte oder aus anderen Gründen, aber eigentlich interessierte es Nikki auch nicht. Hauptsache, der Mistkerl war endlich weg. Er war wahnsinnig gespannt auf den neuen Chef des Labels, doch auch Doug kannte ihn nicht und wusste nur, dass er Jeff Fordham hieß. Nachdem Nikki aufgelegt hatte, ging er ins Schlafzimmer, um Vince zu wecken, denn sie sollten vor ihrem Meeting zumindest noch eine Kleinigkeit essen.
Aus dem Frühstück war leider nichts mehr geworden. Vince hatte ihn sofort an sich gezogen und geküsst und Nikki konnte ihm einfach nicht widerstehen, aber wenigstens hatten sie es trotzdem halbwegs pünktlich zu Elektra geschafft. Jetzt saßen sie zu fünft im Wartebereich ihres Labels und Nikki hoffte inständig, dass der neue Boss kein allzu großes Arschloch war. Auch Tommy, Vince und Mick hatten noch nie von Jeff Fordham gehört und Doug hatte ihn mehrfach gebeten, freundlich zu sein. Er kannte Nikkis Temperament nur zu gut und von seinen regelmäßigen Wutausbrüchen blieb niemand verschont. Nikki saß seitlich auf der unfassbar unbequemen, roten Couch und er hatte den Kopf auf die Rückenlehne gelegt, während er aus der großen Fensterfront nach draußen auf die Straßen von Los Angeles schaute. Währenddessen hielt er Vince‘ Hand, der neben ihm saß und mit Mick gerade ausführlich das letzte Formel 1 Rennen diskutierte. Oder nannte man das Grand Prix? Nikki hatte keine Ahnung, denn es gab fast nichts auf der Welt, was ihn weniger interessierte, als Sport. Beinahe eine Stunde zu spät wurden sie endlich von Jeffs Assistentin in sein Büro gebeten und Nikkis Laune befand sich auf dem absoluten Nullpunkt. Sollte das etwa schon der erste Versuch sein, seine Macht und Überlegenheit zu demonstrieren? Der Wichser hatte ja keine Ahnung, mit wem er sich da gerade anlegte, aber Nikki würde ihm gleich mehr als deutlich machen, was er davon hielt. Jeff hatte das Büro von Bob übernommen, doch Nikki erkannte es kaum wieder. Die dunkle Holztäfelung an den Wänden war einer dunkelblauen Tapete gewichen und die schwarzen Ledersessel hatte Jeff durch zwei schneeweiße Sofas ersetzt. Dazwischen stand ein Couchtisch aus Glas und auf dem Boden aus hellem Parkett lag nun ein riesiger, cremefarbener Teppich. Sein Schreibtisch befand sich vor der riesigen Fensterfront, die eine ganze Wand einnahm und den Blick auf Los Angeles freigab.
“Mötley Crüe. Es freut mich...“, begann Jeff mit einem ganz offensichtlich falschen Lächeln im Gesicht, doch Nikki fuhr ihm direkt über den Mund.
“Falls du’s nicht mitbekommen hast, wir müssen ein Album produzieren. Das sollte auch in deinem Interesse sein. Stattdessen sitzen wir hier rum und warten, damit du deinen großen Auftritt haben kannst“, fuhr Nikki ihn abfällig an und er konnte praktisch hören, wie Doug ihn in Gedanken als Idioten bezeichnete. Er duzte Jeff absichtlich, damit der gar nicht erst auf den Gedanken kam, dass er über Nikki stand. Bob hätte sich augenblicklich darauf eingelassen und ihn angebrüllt, bis er heiser war, doch Jeff behielt sein falsches Lächeln bei und musterte Nikki noch einen Moment, bevor er sich demonstrativ von ihm abwandte und Doug die Hand schüttelte.
“Mein Termin hat länger gedauert und mir wurde gesagt, dass Mötley Crüe sowieso nie pünktlich sind“, erwiderte er beiläufig und wenn Vince nicht in weiser Voraussicht seine Hand genommen hätte, wäre Nikki ihm sofort an die Kehle gesprungen. Er konnte den Kerl jetzt schon nicht ausstehen. Jeff war genau der Typ Mensch, mit dem Nikki überhaupt nicht zurechtkam. Ein Anzugträger mit kurzen, braunen, perfekt sitzenden Haaren, dessen Outfit wahrscheinlich mehr kostete, als Nikkis Auto. Einer, der wahrscheinlich BWL oder sowas studiert hatte und der sich einen Dreck um die Musiker und ihre kreative Freiheit scherte, sondern nur Wert auf die Zahlen legte.
“Wir freuen uns, Sie kennenzulernen und hoffen auf gute Zusammenarbeit“, sagte Doug schnell, um Nikki keine Gelegenheit zu geben, sich weiter mit Jeff zu streiten. Dafür erntete sein Manager einen Todesblick von ihm und Nikki nahm sich fest vor, Doug nach diesem Gespräch ordentlich die Meinung um die Ohren zu schlagen. Wie konnte er zulassen, dass dieser blasierte Wichser ihn blöd anmachte und dann auch noch von ihm verlangen, das einfach hinzunehmen?
“Ach ja?“, fragte Jeff belustigt und sein Blick lag währenddessen auf Nikki, der nur die Kiefer aufeinanderpresste und ihn wütend anfunkelte. Es kostete ihn wirklich Mühe, dem Kerl nicht ein für alle Mal sein dämliches Grinsen aus dem Gesicht zu prügeln und Nikki wusste selbst nicht, wieso er sich zurückhielt. Vielleicht lag es an Vince, der neben ihm stand und liebevoll seine Hand drückte. Allein seine Anwesenheit beruhigte Nikki ungemein und er atmete tief durch.
“Apropos Zusammenarbeit. Das letzte Album hat nur Platz zwei erreicht. Wie sieht es denn mit dem neuen aus? Die Fans sollen sich ja nicht langweilen mit euren alten Songs“, fuhr Jeff fort, wobei er Nikki provokant zuzwinkerte und sich dann zu seinem Couchtisch umwandte. Dort stand ein Tablett mit einer halbvollen Flasche sündhaft teurem Scotch und einigen Gläsern. Jeff goss sich eines davon bis zur Hälfte voll und nippte an dem Getränk, ehe er sich wieder der Band zuwandte.
“Das Album ist dann fertig, wenn ich damit zufrieden bin“, antwortete Nikki kalt. Dass sie gerade mal ein paar halbfertige Texte hatten und nicht einmal wussten, wie das fünfte Album heißen sollte, verschwieg er an dieser Stelle.
“Ich hörte schon, dass Mr. Sixx wahnsinnig beschäftigt ist. Die Drogensucht, die Partys, die Affäre mit Mr. Neil... Ich kenne ein paar gute Bassisten. Soll ich einen davon anrufen, damit er deine Parts einspielt? Scheinbar hast du ja keine Zeit, um effektiv am Album zu arbeiten, aber keine Sorge. Dein Name steht natürlich trotzdem am Ende drauf“, erwiderte Jeff mit einem herablassenden Grinsen und Nikki knurrte, wie ein wütender Hund. Er hörte Vince neben sich abfällig schnaufen und Doug trat einen Schritt nach vorn, weil er zweifelsohne damit rechnete, Nikki gleich unter Kontrolle halten zu müssen, damit er Jeff nicht krankenhausreif schlug.
“Du glaubst, du kannst mir Befehle geben, du Arschloch? Pass lieber auf, was du sagst. Es gibt ein Dutzend Labels in LA und Umgebung, die Mötley Crüe sofort aus dem Vertrag hier rauskaufen würden. Ich bin weder auf dich, noch auf dein scheiß Label angewiesen, also fick dich“, fauchte er ungehalten und Nikki hoffte inständig, dass Jeff seinen Bluff schluckte. Tatsächlich hielten sich die Angebote von anderen Labels in Grenzen, denn Mötley Crüe waren zwar bei den Fans beliebt und unglaublich berühmt, aber auch berüchtigt. Sie verkauften Millionen von Alben und ihren Touren waren ebenfalls ausverkauft, doch ihre Exzesse waren legendär und hatten Bob oft Kopfschmerzen bereitet. Andererseits hatten sie zwei erfahrene Manager an ihrer Seite und im schlimmsten Fall würden sie Leathür Records, ihr eigenes Label, auf dem sie Too Fast For Love veröffentlicht hatten, wiederbeleben. Nikki und Jeff maßen sich einen Moment lang gegenseitig mit Blicken und im Büro war es mucksmäuschenstill, weil niemand es wagte, auch nur laut zu atmen. Plötzlich klatschte Jeff gespielt begeistert in die Hände und er schenkte ihm wieder sein falsches Grinsen, das Nikki jetzt schon so sehr hasste.
“Bravo! Wenn du dieses Feuer in das Album steckst, muss ich mir ja keine Sorgen machen. Ich werde dann nächste Woche mal bei euch vorbeischauen, um zu sehen, wie weit ihr seid.“ Ohne auf seine Provokation einzugehen, drehte Nikki sich um und stürmte nach draußen. Dabei schlug er die Bürotür so fest hinter sich zu, dass eines der hässlichen Landschaftsgemälde, die in diesem Flur an den Wänden hingen, zu Boden fiel. Diesem blasierten Bastard würde er es zeigen. Er brauchte jetzt unbedingt eine Zigarette, eine große Portion Marihuana, seine Gitarre und auf alle Fälle seine Ruhe.