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Woman in yellow till the end?

von KleinKoko
Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
Simon Schempp
24.01.2021
09.05.2021
18
32.908
5
Alle Kapitel
104 Reviews
Dieses Kapitel
5 Reviews
 
24.04.2021 2.112
 
Da ich morgen den ganzen Tag in Winterberg bin, heute schon das neue Kapitel. Viel Spaß.



,,Mama.“ Springt Marlia mir sofort in die Arme, als ich einige Zeit später die Türe des Hotelzimmers öffne.

,,Na meine Maus?“ Ich hebe sie hoch und gebe ihr einen Kuss auf die Wange.

,,Zufrieden mit mir?“ Fragend sehe ich meine Tochter an, die daraufhin anfängt, heftig zu nicken.

,,Dann bin ich ja erleichtert. Und wie sieht das der Papa?“ Lache ich und blicke zu Simon hoch.

,,Auch der ist rundum zufrieden.“ Als Bestätigung seiner Aussage beugt er sich runter und gibt mir einen Kuss.

,,Wollt ihr euch sofort ans Werk machen?“ Mit dem Kopf deute ich auf die Tüte.

,,Ich würde sagen ja. Wollt ihr nicht mitkommen und mitmachen, oder müsst ihr zum Abendessen?“

,,Ne das dauert noch.“ Meint Vanessa aus dem Zimmerinneren und kommt mit der Tüte in der Hand zur Türe.

Ich nehme mir noch schnell mein Handy und meine Zimmerkarte und so gehen wir in das Zimmer von Simon und Marlia.

,,Also wollt ihr wirklich nur ein Plakat für Arnd und Erik machen, oder auch für Maren? Das kommt doch sonst auch blöd, wenn sie nichts bekommt.“ Inzwischen sitzen wir vier auf dem Boden in dem Zimmer und haben die Materialien vor uns liegen.

,,Hast du eigentlich auch recht.“ Gebe ich zu und schaue fragend zu Vanessa.

,,Ja das stimmt schon. Deshalb haben wir ja auch mehrere Betttücher mitgebacht. Wir können ja für jeden der drei eins machen. Wie wäre es wir machen eine Wahtsapp-Gruppe mit allen, außer den dreien natürlich, und erzählen unsere Idee. Dan kann jeder, der will, hier vorbeikommen und was draufschreiben.“

,,Das ist eine gute Idee.“ Bin ich sofort von Vanessas Vorschlag begeistert und auch Simon nickt. So fangen wir an die Betttücher mit den jeweiligen Namen zu beschriften und ich erstelle die Whatsapp-Gruppe. Schon kurz nach Erstellen der Gruppe klopft es das erste Mal an der Tür und Anna und Sophia wollen sich verewigen. Gott sei Dank liegt das Zimmer von Simon auf einer anderen Etage als unsere, so bekommen die drei wenigstens nicht direkt mit, dass im Laufe des Abends fast jeder mal das Zimmer hier besucht.

,,Marlia was willst du dem Erik denn schreiben?“ Nach dem Abendessen sind Vanessa und ich wieder mit zu Simon und Marlia gekommen und helfen beim Fertigstellen. Während die beiden dabei sind die Erfolge draufzuschreiben und immer wieder die Türe zu öffne, sitze ich mit Marlia vor dem Betttuch von Erik.

,,Mama. Heißt das ich Erit morgen letztes Mal sehe?“ Marlia dreht sich um und sieht mich mit Tränen in den Augen an. Ich nehme meine Tochter auf den Arm und setze mich mit ihr in eine Ecke des Raumes, etwas abseits der anderen.

,,Nein. Weißt du, jeder Biathlet hört irgendwann mal auf. Morgen wird das letzte Rennen für Erik, Arnd und Maren sein, aber das heißt natürlich nicht, dass du sie morgen das letzte Mal siehst. Wir werden Erik bestimmt mal besuchen fahren, aber er wird nicht mehr im Weltcup dabei sein.“ Versuche ich ihr zu erklären, was Marlia zum Weinen bringt.

,,Erit vermissen.“ Schluchzt sie und ich ziehe sie in meine Arme.

,,Ich weiß Maus. Ich auch, aber Erik ist nicht aus der Welt. Du kannst mit ihm telefonieren und ich verspreche dir, dass wir ihn besuchen werden.“ Versuche ich sie zu beruhigen und gebe ihr einen Kuss auf den Kopf.

,,Ok.“ Immer noch kullern Tränen ihre Wangen hinunter.

,,Sollen wir jetzt dem Erik was schreiben?“ Marlia nickt nur und so gehe ich mit ihr wieder rüber zu den anderen.

,,Was sollen wir denn schreiben?“ Ich nehme einen der Stifte zu Hand und schaue Marlia lächelnd an.

,,Dante Erit mein Freund. Werde dich vermissen.“

,,OK.“ Ich gebe ihr den Stift in die Hand und helfe ihr die Worte zu schreiben. Dabei schreibe ich bewusst die Worte so wie Marlia sie gesagt beziehungsweise ausgesprochen hat, auch wenn das für uns Erwachsene natürlich falsch ist, aber so weiß jeder sofort, von wem es kommt. Trotzdem möchte Marlia noch ihren Namen drunter schreiben.

Erst spät kehren Vanessa und ich wieder in unser eigenes Zimmer zurück.

,,Ich glaub das wird morgen, bzw. übermorgen einige Tränen geben.“ Seufze ich mit dem Gedanken an meine kleine Tochter und dem bevorstehenden Abschied von Erik.

,,Ich glaub auch. Und hoffentlich auch ein paar Freudentränen, weil du morgen den Gesamtweltcup gewinnst.“

,,Das wird aber sau schwer. Ich muss dritte werden, dann können die anderen beiden machen, was sie wollen. Das zeigt doch schon, wie eng das Ganze ist. Aber ehrlich gesagt will ich da gar nicht dran denken, sonst mach ich mich nur wieder verrückt.“

,,Gute Einstellung. Und jetzt lass uns schlafen. Gute Nacht.“ Damit knippst Vanessa ihre Nachttischlampe aus und dreht sich um. Auch ich schalte das Licht aus und kuschel mich mit einem Lächeln in die Decke.

Der nächste Morgen beginnt sehr früh, da wir schon am Vormittag unser Rennen haben. Beim Frühstück sitze ich mit Janina, Maren und Vanessa zusammen. Anna und Sophia wollen zwar gucken kommen, müssen aber ja bei weitem nicht so früh aufstehen wie wir, genauso wie die Männer und meine Familie.Viel reden tun wir nicht. Wir alle hängen eher unseren eigenen Gedanken nach. Ich bin eigentlich echt positiv gestimmt. Gestern habe ich nochmal kurz mit Simon gesprochen und ihm von meinem Gespräch mit Vanessa erzählt. Er hat nur gelächelt, mir einen Kuss gegeben und damit war auch schon alles gesagt. Ich bin mir seitdem sicher, dass ich die nächste Saison noch laufen werde. Diese Erkenntnis lässt mich befreit in diesen letzten Renntag der Saison starten. Die große Frage, die in den letzten Wochen noch in meinem Kopf rumgeschwirrt ist, ist jetzt endlich endgültig beantwortet, egal was heute dabei rumkommt.

Bei der Erwärmung und auch bei der Vorbereitung im Stadion sind wir alle 4 ziemlich locker drauf. Wir lachen viel und freuen uns einfach auf das letzte Rennen der Saison. Kurz vor dem Start des Rennens, stecken Vanessa, Janina und ich nochmal unsere Köpfe zusammen und Schreiben uns wie abgesprochen kleine Widmungen für Maren auf die Wangen. Diese ist mit ihrem Techniker schon auf dem Weg zum Start.

,,So jetzt ab mit euch, sonst verpasst ihr noch den Start.“ Scheucht Stefan uns auf. Wir packen uns unsere Sachen und gehen zügigen Schrittes Richtung Start.

,,Was habt ihr denn auf den Wangen?“ Fragend sieht Maren uns an, als wir nochmal bei ihr abklatschen.

,,Ließ mal.“ Ich zeige ihr zuerst meine eine Wange, wo Mach´s gut und dann die andere, wo Maren draufsteht.

,,Oh Gott. Ihr seid ja süß. Danke.“ Freut sich die gebürtige Winterbergerin über unsere Geste.

,,Genieß dein letztes Rennen.“ Flüster ich ihr zu und nehme sie nochmal kurz in den Arm, ehe ich mich auf meine Startposition stelle. Mit der Nummer 1 auf der Brust und dem gelben Trikot ins letzte Rennen der Saison. Besser kann es eigentlich nicht sein. Wären da nicht meine beiden Verfolgerinnen, die direkt neben mir stehen und mir dicht auf den Fersen sind.

,,Viel Erfolg Franzi.“ Kommt es von Lisa neben mir.

,,Danke dir auch. Möge die bessere den Gesamtweltcup gewinnen.“ Erwidere ich ihr, was die Österreicherin mit einem Nicken bestätigt.Ich wende meinen Blick zum Renndirektor und begebe mich in Startposition. Ab jetzt gilt es. 12,5 Kilometer und 20 schwarze Scheiben stehen zwischen mir und dem Gewinn des Gesamtweltcups. Als der Startschuss fällt drücke ich mich ab und bin sofort voll im Renngeschehen drin. Ich setze mich an die Spitze des Feldes, um so dem Gedränge zu entkommen. Wirklich hoch wähle ich das Tempo aber nicht. Wenn einer schneller laufen will, kann er ja vorbeigehen. Das macht Lisa auch nach der Hälfte der Runde. Ich hänge mich an die Nummer 2 im Weltcup und so kommen wir auch zum ersten Schießen. Ich fahre den Schießstand bis ganz nach vorne durch und lege mich auf die Bahn 1. Schnell gehe ich in meinen Anschlag und visiere die erste Scheibe an. Alle Scheiben drehe ich von schwarz auf weiß und kann wieder auf die Runde gehen. Ich hänge mich an Janina, die kurz vor mir rausgegangen ist. Generell sind wir aber eine noch sehr große Gruppe, die zusammen wieder an den Schießstand kommt. Ich lege mich auf Bahn 3 und räume wieder alle Scheiben in einem hohen Tempo ab. Als erste erhebe ich mich wieder und verlasse den Schießstand. Auf der Runde werde ich allerdings von ein paar Läuferinnen, unter anderem auch Hanna und Lisa, eingeholt.

,,Franzi du bist in einer 5er Gruppe. Die nächsten kommen in 10. Ruhig und konzentriert am Schießstand arbeiten. Hopp.“ Gibt Kristian mir die Info, wo ich liege. Klingt ja nicht so schlecht. Ich halte mich die Runde über im Windschatten auf, um so etwas Kraft zu sparen. Auf Position 4 komme ich an den Schießstand. Ich atme nochmal kräftig durch, ehe ich zum ersten Mal am heutigen Tag in den Stehendanschlag gehe. Schnell und sicher drehe ich die Scheiben von schwarz auf weiß und mache mich wieder los auf die Runde. Beim Rauslaufen werfe ich einen Blick auf die Anzeigetafel und sehe, dass meine direkten Konkurrentinnen allesamt Fehler geschossen haben und ich also allein auf die vorletzte Runde gehe. Das ist mir eigentlich auch ganz recht. So kann ich mein eigenes Tempo laufen und mich voll auf das letzte Schießen fokussieren.

,,Sauber Franzi. 15 Sekunden Vorsprung vor einer 4er Gruppe. Mach weiter dein Ding. Hopp.“ Nehme ich Kristians Stimme am Rand der Strecke wahr. Ich versuche das Ganze in meinem Kopf einzuordnen, verwerfe die Gedanken aber sofort wieder. Ich muss jetzt einfach treffen und dann ist gut. Mit dieser Einstellung komme ich auch an den Schießstand. Einfach noch einmal mein Ding machen und dann ist alles gut. Doch als ich die Matte betrete und meine Stöcke auf den Boden fallen lasse, kommen die Gedanken an letzte Woche. 5 Fehler. 5 Fehler geistert es immer und immer in meinem Kopf umher. Ich schließe die Augen und versuche diese Gedanken loszuwerden, doch es kommen immer mehr dazu. Wackelige Beine. Wackelige Beine. Mein Puls erhöht sich immer mehr als ich in den Anschlag gehe und die Waffe auf die Scheiben richte. In mir steigt Panik auf. Die Scheiben scheinen zu tanzen, oder sind das die Beine, die wieder zittern? Völlig verunsichert löse ich den Anschlag nochmal kurz auf und schließe erneut die Augen.

,,Reiß dich zusammen Franzi und schieß.“ Flüster ich mir selber zu und atme nochmal kräftig durch. Ich schlage die Augen wieder auf und sehe nur noch schwarz durch den Diopter. Instinktiv drücke ich ab und die Scheibe wird weiß. 5 Fehler, 5 Fehler. Geistert es wieder durch meinen Kopf. Ich versuche gegen diese Gedanken anzukämpfen und fokussiere mich wieder auf den schwarzen Punkt. Treffer. Wackelige Beine, Wackelige Beine. ,,Es reicht.“ Entweicht es mir ziemlich laut, sodass ich sicher bin, dass man das bestimmt auf den Außenmikrofonen hört. Ich treffe auch die dritte Scheibe und höre, dass meine Konkurrentinnen ebenfalls am Schießstand ankommen. Mein Gehirn schaltet sich von der einen auf die andere Sekunde aus und ich räume auch noch die restlichen beiden Scheiben ab. Erleichtert schultere ich meine Waffe und verlasse schnellen Schrittes den Schießstand. Hinter mir höre ich die Schüsse der anderen, aber ich bin mir sicher, dass ich mir das nicht mehr nehmen lasse. Die Glückshormone, die meinen Körper nach diesem Schießen durchfluten, lassen mich jegliche Schmerzen und Anstrengungen vergessen. Ich laufe, als wäre es das erste Rennen der Saison. Ich kann es kaum erwarten diese Runde zu beenden und endlich ganz offiziell Gesamtweltcupsiegerin zu sein. Ich möchte zu Simon und in seine Arme springen. Ich möchte zu Marlia und sie auf meinen Arm nehmen und ihr die große Kugel schenken.Ich möchte einfach ins Ziel.

,,Du bist der Wahnsinn Franzi. 10 Sekunden Vorsprung. Das ist deine Runde. Auf geht’s.“ Ruft Kristian mir völlig außer sich zu.Ja der Wahnsinn ist das hier wirklich. In gefühlter Rekordzeit komme ich wieder ins Stadion. Nachdem ich den kleinen Hügel runtergefahren bin, schaue ich mich das erste Mal in dieser Runde um, sehe aber noch niemanden. Ich nehme etwas Tempo raus und winke den Fans auf der großen Tribüne zu. Noch ein paar Meter und ich bin tatsächlich Gesamtweltcupsiegerin. GESAMTWELTCUPSIEGERIN. Unglaublich. Plötzlich überkommen mich meine Gefühle und pünktlich zur Überfahrt der Ziellinie fange ich an zu weinen. Ich habe das geschafft, was ich mir immer erträumt, aber nie für möglich gehalten hätte. Ich habe es tatsächlich geschafft über ein Jahr die beste Biathletin der Welt zu sein- der Wahnsinn.







Franzi hat es also tatsächlich geschafft und den Gesamtweltcup gewonnen. Zumindest in meiner Geschichte und ich hoffe, dass sie ihn auch irgendwann im richtigen Leben gewinnt. Damit geht aber auch diese Geschichte ziemlich bald dem Ende entgegen…
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