Dirtdown
von ReScripta
Kurzbeschreibung
Durch Zufall treffen vier Männer in der Stadt Dreck aufeinander. Erst im Glauben alleine jeder für sein Recht zu kämpfen, müssen sie feststellen, dass es unter diesen Umständen unmöglich ist zu gewinnen, jedoch ein Kampf zu viert vieles ändern kann. (Dreck vor der Rango-Ära)
GeschichteAbenteuer, Freundschaft / P12 / Gen
Böser Bill
Chorizo
Kinski
OC (Own Character)
Stump
31.12.2020
14.02.2022
6
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22.03.2021
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2. Amigo
*****Vor knapp 15 Jahren / 15 vor Rango*****
Das Erste was er fühlte, waren seine starken Kopfschmerzen. Stöhnend versuchte die Gila-Echse die Augen zu öffnen, bekam aber nur ein schlappes Blinzeln zustande. Als sich sein Gleichgewichtssinn wieder einzubalancieren versuchte, wurde ihm schwindelig. Alles drehte sich um ihn, dicht gefolgt von rüttelnden ratternden Geräuschen. Der Boden zitterte unter ihm. Er bewegte die Krallen seiner Finger. Er lag auf Holzboden. Bebender Holzboden.
„¡Hola compañero!“, dröhnte eine Stimme über ihm. „Siehst nen bissl‘ borracho wie sagt man… angesäuselt aus. Wohl einen zu viel genommen. ¿Verdad?“
Die große giftige Krustenechse sog scharf die Luft ein, als sie endlich mehr als eine Sekunde die Augen offenhalten konnte. Über ihr stand ein Schatten gebeugt und grinste ihn mit gelben spitzen Zähnen an.
„¡Buenos días, Bella Durmiente! Oder wie sagt man, Schlafrösen, oder… igual… egal. Oder hat dich jemand keo geschlagen?“
„Mm, w-was?“
Stöhnend rieb sich die Echse über den brummenden Schädel. So langsam nahm die Umgebung feste Formen an. Verdammt, wo war er? Mit einem Ruck richtete er sich aus der Liegeposition auf und sah sich um. Um ihn herum und über ihm standen Holzwände, bis auf eine freie Lücke einer kleinwenig geöffneten Schiebetür. Dazu war er umringt von einer Menge riesiger Holzkisten. Das war… das war…
„Was zur Hölle verdammt…?!“
Taumelnd rappelte er sich auf die Füße, wobei er sich an einer der vielen Kisten abstützte.
„Das ist doch nicht mehr Mexiko!“
„Ha, ha, heola, du bist mir wirklich ein... zumbón… Spaßmacher. Natürlich sind wir net mehr in bunito México.“
Die Echse sah neben sich, wo sich eine Spitzmaus mit breitem mexikanischem Hut und einem rauen Poncho es sich auf einer der vielen Kisten bequem gemacht hatte und amüsiert auf ihn herabschaute.
Die Echse rieb sich nervös unter ihrem schwarzen Bowler-Hut. Außer diesem trug er noch eine Jeans mit Hosenträger und einem weißen kurzen Hemd mit einem Loch an der Seite und einer beschen Jacke darüber. Stimmt. Das war wirklich nicht mehr Mexiko wo er vor, wieviel, Stunden noch gewesen war. Das wo er sich befand war ein Zugwaggon! Er befand sich in einem Waggon eines Menschen-Zuges.
Sein verzweifelter Blick wanderte wieder zu der kichernden Spitzmaus hoch.
„Wohin fährt dieser Zug?!“
Die Maus hob die Krempe ihres Hutes weiter hoch und sah ihn verblüfft an.
„Da hin was die Jungs schon die ganze Zeit singen.“
Er deutete mit der Spitze seines Fußes in eine andere Ecke des Zugabteils. Dort standen eine Gruppe Wüstenratten und sangen, wenn auch nicht laut, vor sich hin im Chor.
„If you're going to San Francisco,
be sure to wear some flowers in your hair.
If you come to San Francisco,
Summertime will be a love-in there…“
Dieses weltberühmte San Francisco Lied von Scott Mckenzie rief in der Krustenechse eine Panik hervor. Eilig raste er zur Schiebetür und schob sie weiter auf. Der Fahrtwind des Zuges blies ihm fast den Hut vom Kopf. Vor ihm ersteckte sich eine weite Wüstenlandschaft, die an ihm vorbeiflog, oder genauer gesagt, durch die der Zug fuhr.
Die Krallen der Echse verkrampften sich auf der Zugtür.
„Das kann nicht sein, das kann nicht sein…“, murmelte er immer wieder fassungslos. „Das darf nicht sein.“
Zuerst sah es so aus als würde er aus dem Zug springen wollen, ließ es aber dann doch bleiben und senkte den Blick.
Die Spitzmaus hob verwundert die Augenbrauen. Dann sprang sie von der Kiste runter und ging auf die niedergeschlagene Giftechse zu.
„Hola, siehst recht angeschlagen aus, Amigo.“
Doch von seinem Gegenüber kam keine Reaktion.
„Haste Kummer, Amigo?
Wieder erhielt er keine Antwort.
Ratlos schabbte die Maus mit den Stiefeln auf dem Holzboden herum. Dann hob sie ruckartig den Kopf. „Ha! Ich wette es ist eine Señora… ¿Verdad?“
Er lachte laut. „Mach dir nichts draus, compañero. Weiber kommen und gehen. No importa. Davon geht die Welt schon nicht baden…“
Im nächsten Moment erhielt er einen harten Schlag ins Gesicht. Die Spitzmaus taumelte nach hinten und knallte gegen eine Holzkiste. Verwundert sah er die Echse an, die immer noch mit gehobener Faust wutschnaubend vor ihm stand.
Zuerst saß der Mexikaner teilnahmslos da. Dann rieb er sich das Kinn und schmunzelte.
„Du bist mir richtig cae bien… sympathisch, Amigo.“ Dann lachte er laut auf und hielt ihm die Hand hin. „Ich bin Chorizo.“
Die Gila-Echse sah ihn zuerst verwundert, dann gleichgültig an. Schnaubend schlug er die Hände in den Wind, dann wandte er sich ab und zog sich in eine Ecke zurück. Dort ließ er sich auf den Boden plumpsen und starrte vor sich hin.
Eine Weile passierte gar nichts mehr. Erst als ein Schatten vor ihm auftauchte, hob er den Kopf. Vor seinem Gesicht wedelte jemand mit einer kleinen Flasche herum, die von der Spitzmaus Chorizo gehalten wurde.
„Hey, wenn man Kummer hat, dann trink Tequila.“
Er drückte die Alkoholflasche fast auf die Echsennase, die aber von der Echsenhand wieder weggedrückt wurde.
„Mach nen Abgang“, schnauzte er ungehalten.
„Was soll ich machen? Nen Abgang? Was ist das?“
„Heißt, vete a la chingada*!“
Der Maus blieb der Mund offen. „Du sprichst español?“
Die Augen der Krustenechse verengten sich zu gefährlichen Schlitzen. „Mann, halt endlich die Schnauze und halt die Klappe, am besten beides. Hau einfach ab. Lass mich in Ruhe! VETE**!“
Erschrocken wich die Maus zurück.
„Wie du willst, dann trink ich‘s eben alleine.“
Damit nahm er den Stopfen von der Flasche runter und nahm einen ordentlichen Schluck daraus. Anschließend schlenderte er ein paar Meter weiter und ließ sich dort an der Waggonwand nieder, wobei er immer wieder zu der Echse rüberschielte.
Und das begann nach einer Weile regelrecht zu nerven.
Schließlich zog die Echse scharf die Luft ein und sah ihn wütend an.
„Was willst du eigentlich?“
Die Maus trank amüsiert aus der Flasche bevor sie antwortete.
„Nur deinen nombre, hombre.“
Der Mexikaner kicherte heiser. Die Echse sah aus, als würde er wieder zuschlagen wollen, doch dann seufzte er laut und murmelte einen Namen.
„Bill.“
Zuerst war da eine Schweigepause. Doch dann hob die Spitzmaus ihre Flasche und grinste breit.
„Es un placer conocerle***, Billy Amigo.”
* ugs: Hau ab! / Scher dich zum Teufel!
** Geh weg!
*** Angenehm dich kennenzulernen.