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Im Herzen der See

Kurzbeschreibung
GeschichteRomance / P16 / Gen
21.12.2020
23.12.2020
5
9.850
5
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23.12.2020 1.788
 
- H A R O L D -
,,Komm schon Harry, jetzt konzentrier dich doch mal. Du bist schon den ganzen Tag so unkonzentriert.", fuhr mich Murdoch an. Es war zum verrückt werden. Ständig geistert Charlotte in meinen Gedanken herum. Ich fahre seit ich klein bin zur See und bin schon so oft jungen Damen begegnet, aber keine hat mich so umgehauen wie die neugierige Tochter von Mr. Andrews. Ich wusste dass ich meine Pflichten verletzte und sämtliche Regeln brach, geschweige denn davon, dass sie ein paar Ligen über mir spielte. All das war von Anfang an zum Scheitern verurteilt und doch konnte ich sie nicht vergessen und schon gar nicht in Ruhe lassen. Ich wollte in ihrer Nähe sein, in jedem Moment der sich mir bot.

Zusammen mit Lights lief ich nun also die letzte Runde meiner Schicht. ,,Weißt du Harry ich hab keine Ahnung was der Allmächtige für Pläne hat, aber du lässt diese Frau auf keinen Fall ohne dich von Bord gehen. Hast du mich verstanden?" Ich war erstaunt über den Einfall von Charles heute morgen gewesen, schließlich war ein mein Vorgesetzter und müsste mich eigentlich sofort zur Rechenschaft ziehen für mein Verhalten. Doch als er mich gestern mit Charlotte gesehen hatte, verfluchte er die Regeln genau so sehr wie ich. Ich hatte noch nie eine Frau getroffen, die mich so schwach und unvorsichtig machte. Lights und ich kannten uns schon etwas länger als die anderen, denn wir waren bereits mehrere Male zusammen zur See gefahren.

,,Lights was soll ich denn tun? Ich habe nichts was ich ihr bieten kann, außer einem kleinen Haus in Southhampton. Mit meinem Offiziersgehalt kann ich ihr nicht mal ansatzweise das Leben zurückgeben, dass sie bis jetzt hatte." Diese Gewissheit machte mich wahnsinnig, ich wollte sie so sehr an meiner Seite wissen. ,,Du hörst mir jetzt mal zu, wenn sie in New York von Bord geht wirst du sie nie wieder sehen Lowe. Sei nicht so dumm wie ich es war." Lights blickte niedergeschlagen zum Meer. Ich glaubte mich verhört zu haben, noch nie hatte er mir davon erzählt. ,,Es war bei meiner ersten Atlantik Überfahrt. Ein blonder Engel schritt den Gangway zu unserem Schiff hinauf. Es hat mich sofort erwischt und es war unwiderruflich. Eine Geschichte wie sie im Buche stand, nur war auch unser Ende reif für ein Drama. Als ich sie endlich fragen wollte, ob sie mich heiraten will, offenbarte sie mir, dass ihre Eltern sie mit einem Mann verlobt hatten. Ich habe sie gehen lassen und das Harry, war das Dümmste was ich jemals getan habe." Ich schluckte den Klos, der sich während Lights Erzählung gebildet hatte herunter. Auf keinen Fall wollte ich Charlotte gehen lassen. ,,Wie hieß sie?", fragte ich mitfühlend. ,,Sophie. Und es wird nie wieder jemanden wie sie geben für mich. Es gibt nur noch die See und mich. Scheiß auf die Meinung anderer Harry, du bist genug für sie, nur das zählt. Und jetzt geh dich umziehen, sonst kommst du zu spät." Er schlug mir auf den Rücken. Seine Worte stärkten mich, es bedeutete mir viel auf ihn zählen zu können.
Zusammen mit den anderen Offizieren stand ich auf der Brücke, ich trug nun meine Galauniform. ,,Na dann ab in die Höhle der Löwen, Lowe.", meinte Murdoch belustigt. ,,Keine Angst Lowe, Sie überstehen das schon.", sagte der Kapitän mitfühlend. Jeder hier wusste, dass ich die erste Klasse gern mied und auch nicht gern ein Teil großer Versammlungen war. ,,Ich glaub ich spinne.", flüsterte einer der zwei Matrosen, die nun zum Dienst im Krähennest mussten.

Wie zwei junge Burschen schlitterten sie zum Geländer und schauten nach unten. ,,Schlag mich Flint. Ich muss träumen.", hauchte der Eine und rieb sich über die Augen. ,,Was ist denn mit ihnen los?", rief Lighttoller verärgert. ,,Na schaut doch mal. Wenn die sich verlaufen hat, bring ich sie gern zurück in ihre Kabine." Die anderen Offiziere und ich liefen nun auch zum Geländer und schauten in die Richtung der Matrosen. Sofort erstarrte ich und weitete meine Augen. Da unten stand Charlotte und sie sah atemberaubend schön aus. Sie trug ein gelbes Kleid, welches im Licht der Laternen leicht glitzerte. Sie sah aus wie eine Prinzessin, meine Prinzessin.
Sie sprach mit einem der Matrosen, doch sie waren zu weit entfernt um genau zu verstehen worüber sie sprachen. Schnell schaute ich auf die Uhr und erschrak, ich war viel zu spät. ,,Ich bitte Sie Sir, ich muss dringend mit einem der Offiziere sprechen!", rief sie verzweifelt. ,,Ja Miss ich möchte auch gern mal mit der Queen sprechen, aber das geht eben nicht.", machte er sich über Charlotte lustig. Sofort wurde ich ernst und biss meine Zähne zusammen.

,,Los jetzt Harry, steh nicht hier wie ein junger Bursche. Die Uhr tickt.", sagte Lights und schob mich Richtung Treppen. ,,Sie will zu ihm? Ich will auch Offizier sein.", trotzte der junge Matrose. Ich musste schmunzeln. Ich war schon ein verdammter Glückspilz, dass Charlotte tatsächlich mich zu dem Dinner eingeladen hatte.
,,Hey! Reden sie nicht so mit der Lady. Ich kümmere mich schon darum.", meinte ich ruhig als ich das Deck erreicht hatte. ,,Har- Ich meine Mr. Lowe, sie haben mich also nicht vergessen?" Sie schien wirklich gedacht haben ich könnte sie versetzen oder gar vergessen. Wenn sie nur wüsste, dass sie mir sogar bei der Arbeit im Kopf geisterte. ,,Es tut mir aufrichtig leid Charlotte. Die Crew Besprechung dauerte doch länger als ich erwartet habe." ,,Naja jetzt sind sie ja hier." Ich hielt ihr meinen Arm hin und sie hakte sich zaghaft bei mir ein. Sie trug schlichte weiße Handschuhe, vermutlich weil ihr kalt war oder es war jetzt Mode so etwas zu tragen. ,,Sie sehen wunderschön aus Charlotte.", sagte ich ehrlich. Mein Herz schlug so schnell, dass ich mir Sorgen machte es könne aus mir heraus springen. Lächelnd sah ich dabei zu wie sie errötete. ,,Danke Harold. Sie sehen aber auch nicht übel aus." Sie lächelte zu mir herauf, während wir weiter zum Speisesaal liefen.

,,Sagen Sie Charlotte, wohnen sie in Irland?" ,,Nein, ich wohne in einem großen Landhaus in der Nähe von Canterbury. Es ist ein ruhiger Ort, deswegen liebe ich es auch so sehr dort. Wissen Sie ich bin nicht gern in Großstädten. Kommen Sie aus Wales Harold?" Es freute mich das wir ein paar Eigenschaften teilten und es freute mich, dass sie meinen Akzent erkannt hatte. ,,Ja ich komme aus Wales, aber ich war seit ich von zu Hause fortgelaufen bin nicht mehr dort. Ich wohne jetzt in einem kleinen Haus in Southhampton, zumindest wenn ich nicht gerade auf See bin." Neugierig sah sie zu mir auf. ,,Sie sind von zu Hause fortgelaufen?" ,,Ja mein Vater wollte mich in die Lehre zu einem Geschäftsmann geben, aber ich wollte zur See fahren. Deswegen bin ich mit 14 zur Handelsmarine gegangen und nun stehe ich hier und bin der fünfte Offizier der RMS Titanic." Erschrocken sah sie zu mir auf. ,,Mit 14? Bei allem Respekt, aber das muss schwer für Sie gewesen sein." ,,Ich bereue nichts, was ich jemals getan habe. Ich hab ja alles was ich brauche. Hätte ich es nicht getan würde ich jetzt nicht hier stehen." Sie nickte verständnisvoll und erwiderte: ,,Sie sind ein bewundernswerter Mann Harold und ich bin sehr froh, dass Sie Ihren Weg gegangen sind und nun hier stehen." ,,Das bin ich auch Charlotte."

Den Rest des Weges schwiegen wir, aber es war nicht unangenehm. Ganz im Gegenteil ich genoss ihre Nähe und die Stille die uns Beide umgab. Als wir zusammen die Treppen zum Speisesaal liefen verunsicherten mich die Blicke der vielen reichen Menschen. Der Anblick der sich ihnen bot war eben außergewöhnlich und fast schon skandalös. Mein Magen rumorte und der Wille, wieder zurück zur Brücke zu gehen stieg. Ich gehörte hier nicht her, das ist nicht meine Welt. Viel lieber würde ich zusammen mit ihr und James bei einer der Partys in der dritten Klasse sein. Hier war ich nur ein kleines Insekt, ein Dorn im Auge der Schnösel, der sich schleunigst wieder dort hin verkriechen sollte wo er her kam. Sie sahen auf mich herab, als wäre ich nur Dreck unter ihren Schuhen. Charlotte schien meine Unsicherheit und mein Unwohlsein zu bemerken und strich mit ihren kleinen Fingern über meinen Arm. Der starke Stoff der Uniform verhinderte zwar, dass ich sie spüren konnte, doch zählte die Geste für mich viel mehr. ,,Wenn ich bemerken darf Mr. Lowe, niemand hier kann Ihnen das Wasser reichen.", hauchte sie neben mir, während sie ein paar Leuten freundlich zu nickte. Ihre Worte stärkten mich ungemein und erhobenen Hauptes lief ich durch die vielen Menschen. ,,Schon viel besser.", lachte sie.

,,Ah Miss Charlotte, schön Sie zu sehen. Wir fragten uns schon wo sie bleiben.", begrüßte ein junger Mann die wunderschöne Frau neben mir. ,,Mister Hockley, schön Sie wiederzusehen. Wissen Sie ich tat mich etwas schwer mit der Auswahl des Kleides." Es beruhigte mich, dass sie nicht den wahren Grund für ihre Verspätung nannte. Es wäre mir unheimlich peinlich gewesen, um so dankbarer war ich ihr für diese Ausrede. ,,Dann freut es Sie sicher zu hören, dass die Wahl vortrefflich war." Aufgeblasener Schnösel. ,,Danke Mr. Hockley. Darf ich Ihnen meine Begleitung vorstellen? Das ist Mr. Lowe, fünfter Offizier der RMS Titanic. Mein Vater und ich haben ihn zum Dank für meine Rettung eingeladen." Ich nickte ihm neutral zu. Ich mochte ihn jetzt schon nicht. ,,Dann dürfte das ja heute eine heitere Runde werden. Heute ist ihr Glückstag Mr. Lowe, sie sind nicht der einzige Außenseiter heute. Ein Mann der dritten Klasse diniert heute aus dem selben Grund mit uns. Er kam gestern Nacht meiner Verlobten zur Hilfe." Er grinste mich an und ging dann in den Saal, gefolgt von seinem Schoßhündchen. Am liebsten würde ich ihm meine Meinung sagen.

,,Lass es bleiben Harry. Die interessieren sich nur für Geld und Reichtum. Bitte, lass uns einfach den Abend genießen." Besorgt schaute sie zu mir herauf. Ich mochte es, wenn sie mich Harry nannte, es hatte etwas inniges an sich und wirkte nicht so förmlich. ,,Das ist einfach nicht meine Welt Charlotte."

,,Es ist auch nicht meine Welt Harold." Sie wirkte auf ein Mal gar nicht mehr glücklich und ich würde mich am liebsten dafür schlagen, sie traurig gemacht zu haben. ,,Na dann Miss Andrews. Erweisen Sie mir die Ehre mich in die Hölle zu begleiten?" Ich hielt ihr die Hand in und verbeugte mich spaßenshalber. ,,Sehr gern Mr. Lowe." Ein kleines Lächeln schlich sich in ihr Gesicht und sie ergriff erneut meinen Arm.
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