UNSF Band 1: Anders als gedacht
von Laileena
Kurzbeschreibung
Jarik und Leonie leiten als Captains der UN Security Forces gemeinsam eines der europäischen Combat-Teams. Als sie für einen Rettungseinsatz nach Spanien gerufen werden, ahnt niemand von ihnen, dass der Einsatz völlig anders als gedacht verlaufen wird. Verletzt und trauernd kehrt das Team in die Basis zurück. Nachdem sie sich erholt haben, machen sie sich auf die Jagd nach den Hintermännern. Nebenbei erkennen Jarik und Leonie, dass zwischen ihnen noch mehr als ihre jahrelange Freundschaft ist.
GeschichteRomance, Suspense / P18 / Het
19.12.2020
11.10.2022
26
103.318
15
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15.05.2021
2.040
Captain Leonie Brandt saß entspannt im Helikopter, der sie zu ihrem nächsten Einsatz brachte. Ihren Kopf hatte sie auf der Schulter von Captain Jarik Koslow abgelegt, der das Team 3-032 der UN Security Forces – kurz UNSF – zusammen mit ihr leitete. Vom Wummern der Rotoren hörte sie dank der isolierenden Kopfhörer nichts, spürte aber die Vibrationen des Convertiplanes, das soeben in Stuttgart abgehoben hatte.
Jarik gab seinem Team zwei Minuten, bis alle bequem saßen, bevor er das Briefing mithilfe des Comm-Moduls, einem implantierten Funkgerät, begann.
„Falls es irgendwen interessiert, wir fliegen nach Andalusien“, sagte Jarik trocken und erntete amüsiertes Schnauben.
Wie dem Rest ihres Teams war es Leonie herzlich egal, wo es hinging, aber es war ihr Running-Gag. Als der Einsatzbefehl gekommen war, hatten sie kommentarlos ihre Ausrüstung angezogen, ihre Taschen geschnappt und waren zum Mevac geeilt. Sie liebte den Zwitter aus Helikopter und Flugzeug, der die Vorteile beider Fluggeräte miteinander vereinte. Sie konnten senkrecht starten und landen, hatten aber deutlich mehr Reichweite als ein Hubschrauber, sobald die Rotoren während des Fluges nach vorne gekippt wurden.
„In den letzten zwei Wochen sind überall in Europa Mädchen verschleppt worden. Zehn davon hat die Polizei jetzt in ner ranzigen Finca lokalisiert. Anscheinend sind es Hayes Leute und die Spanier vermuten Sprengfallen. Wir sollen die Mädels rausholen und den Rest aufräumen.“
„Hayes im Sinne von Quentin Hayes? Diesem aalglatten, schmierigen Bastard, der einen auf Wohltäter macht und hintenrum seine Finger in sämtlichen dreckigen Geschäften hat, die man finden kann?“, fragte Marc, der Leonie gegenüber saß.
Er und Gian, welcher ihm beruhigend den Oberschenkel tätschelte, waren die ältesten im Team und ihre Medics. Beide verzogen angewidert das Gesicht.
„Jepp, genau den meine ich!“ Auch Jarik sah wenig begeistert aus. „Er hat wohl sechs seiner Handlanger vor Ort. Hayes selbst lässt sich auf ner Jacht im Mittelmeer wieder das Hirn wegrösten.“
„Kann der Kerl nicht einfach über Bord gehen?“ Cam kraulte Merita, seiner Malinois-Hündin, die zu seinen Füßen saß, die Ohren. „Ich geh dann mit Fee und Merita auf die Suche nach den Sprengfallen.“
Merita legte ihre Schnauze auf seinem Oberschenkel ab und schloss die Augen, als Fee, ihre Sprengstoffexpertin, ihr das andere Ohr kratzte. Deren kurze, weißblonde Haare standen in alle Richtungen ab.
„Das war der Plan. Sind wohl zehn Mädchen zwischen neun und sechzehn“, sagte Jarik.
Leonie beobachtete die fünf Teammitglieder ihr gegenüber. Fee stach neben den dunkelhaarigen und gebräunten Männern und besonders Cam, der die dunkelste Haut der Gruppe hatte, ziemlich hervor. Der Ekel war ihnen allen deutlich ins Gesicht geschrieben. Leonie wusste, dass sie nicht anders aussah. Alleine beim Gedanken daran, was mit den Kindern passieren sollte, dreht sie ihr der Magen um.
„So wie’s klang, planen die scheinbar ne Auktion. Zwei von den Lakaien stehen bei uns auf der Fahndungsliste. Und die Spanier trauen sich bei dem ganzen Sprengstoff, den sie da erwarten, nicht aufs Gelände“, sagte Leonie.
„Du meinst, sie riskieren lieber unsere Ärsche als ihre eigenen“, grummelte Julien. Ihr bester Freund und Sprachgenie saß auf der anderen Seite von Jarik und hatte seinen Kopf ebenfalls auf dessen Schulter abgelegt. Der Rest des Teams schnaubte.
„Das ist ja nix Neues. Und wenns um Hayes geht, müssen die eh nix zahlen. Von daher kein Wunder.“ Toni saß zwischen Julien und Milo, weswegen sie ihn nicht sehen konnte, aber sie konnte den Frust deutlich heraushören.
„Gibts schon was zu den Einsatzregeln?“, fragte Aven, ihr Spotter. Zusammen mit Leonie bildete er das Scharfschützenteam, auch Overwatch genannt.
Aven saß zwischen Cam und Gian und wirkte im Gegensatz zu den beiden recht schmal, obwohl er ebenfalls aus purer Muskelmasse bestand. Wie Marc und Julien war er eher drahtig als breit. Leonie schmunzelte, alleine der Gedanke, einen der drei als schmal zu bezeichnen, war abstrus.
„Nö, die Juristen streiten sich noch rum. Die werden sich schon melden, wenn sie sich ausgekaspert haben, sie haben ja mindestens vier Stunden, bis wir da sind“, antwortete Leonie.
„Bin ich ja mal gespannt. Auf jeden Fall machen Leonie und Aven wieder Overwatch. Die Spanier haben da nen netten Felsvorsprung für euch gefunden.“
„Ich hoffe, das ist nicht wieder so ein Taubenklo wie vor paar Wochen.“ Leonie rümpfte die Nase und schauderte.
„Zumindest auf den SAT-Fotos sah’s ganz gut aus. Da könnt ihr dann rumliegen, während wir uns abrackern müssen.“ Jarik grinste und Leonie kniff ihm in den Arm. „Aua! Ich mein ja nur.“
„Rumliegen, pff! Eher Rücken freihalten, du elendes Grummeltier. Wir können gerne tauschen! Dann legst du dich da hin und frierst dir den Arsch ab. Wir haben Februar.“ Leonie rümpfte die Nase.
„Das Wetter scheint zu halten. Bewölkt, aktuell sechs Grad, aber trocken. Also heult nicht rum“, frotzelte Jarik, nachdem er den Wetterbericht auf seinem Tablet geprüft hatte.
„Leg du dich mal drei Stunden bei zwei Grad irgendwo hin, danach hast du auch mit Decke nur noch Eiswürfel in der Unterhose“, maulte Aven.
„Wärst du so heiß wie ich, hättest du keine Eiswürfel“, antwortete Cam.
Leonie schüttelte belustigt den Kopf.
„Ihr könnt euch zuhause über euren Hoseninhalt austauschen“, knurrte Jarik.
„Jaja Opa, seit wann bist du so prüde?“, stichelte Julien.
„Nur weil ich mich nicht für Eier, vor allem keine gefrorenen, interessiere?“
„Hier tun sich wieder Abgründe auf.“ Fee verdrehte die Augen.
Jarik tippte auf dem Display herum und in der Mitte des Helikopters erschien eine Art Hologramm-Karte des Geländes rund um die Finca. Er hatte ihre HUD-Systeme aktiviert, die über eine Membran in ihrer Augenlinse angezeigt wurden.
„Schnauze. Das ist die Finca. Das Teil ist wohl ziemlich runtergekommen. Wir haben Glück, es gibt massenhaft Büsche.“ Mit dem Finger fuhr er über das Tablet und im Hologramm wurde eine Linie sichtbar. „Das wird unser Weg rein. Wir landen paar Kilometer südlich, dann holen uns die Spanier ab und bringen uns mit dem Auto näher ran.“
Er tippte auf einen erhöhten Punkt westlich der Finca. „Hier ist besagter Felsvorsprung für die Faulen.“
Leonie zwickte Jarik wieder und Aven warf grinsend mit einem Proteinriegel nach ihm.
„Aua! Ich werde misshandelt“, sagte Jarik lachend und pflückte den Riegel aus der Luft.
„Dann benimm dich und hör auf, Aven und mich zu nerven. Wir können nix dafür, dass du unbedingt Rambo spielen wolltest.“
„Jaja, ist ja schon gut, Zicke. Da, iss den Riegel, bevor du noch auf die Idee kommst, mich zu beißen!“ Jarik grinste sie an.
„Ey! Nehmt euch nen Zimmer!“, meckerte Julien gespielt.
„Jetzt geht das schon wieder los“, grummelte Jarik. „Können wir mal bitte weitermachen? Dankeschön. Also, ihr legt euch auf den Felsvorsprung. Von da aus sieht man auch die Eingangstür. Das sind knapp 350 Meter Abstand, völlig entspannt. Vom Auto aus sind es ungefähr siebenhundert Meter bis dahin. Der Rest läuft die neunhundert Meter von Süden aus zum Haupthaus mit mir. Wir teilen uns dann auf. Die Mädchen sind vermutlich im Stall, der auf dem Weg liegt.“
Jarik erläuterte den restlichen Angriffsplan. Sie diskutierten eine Weile die Details, prüften ihre Waffen und ruhten sich den Rest des vierstündigen Fluges noch etwas aus.
Leonie schnallte sich ab und streckt sich, als sie auf der spanischen UN-Außenstation landeten. Auch die anderen nutzten die Pause, um sich etwas zu bewegen. Merita lag leise schnarchend zwischen Cams Beinen und rührte sich kein Stück.
Als die Rotoren stillstanden, brach um das Convertiplane rege Geschäftigkeit aus. Eine Crew aus Mechanikern, die auf der Basis stationiert war, machte einen kurzen Check, während der Mevac betankt wurde.
Der Großteil des Hecks war mit vier Intensivpflegeplätzen und zwei dreistöckigen Liegen, die man zu Sitzplätzen umklappen konnte, ausgefüllt. Wenn die Mevacs nicht grade Teams in den Einsatz flogen, wurde sie für Krankentransporte der UN MedEvac benutzt, die gemeinsam von UNSF und UN MED betrieben wurde.
Leonie schaute aus einem der kleinen Fenster und entdeckte ein Stück weiter einen zweiten Mevac. In ihm waren vermutlich die Guards und die Ärzte und Sanitäter, die sich später um die geretteten Mädchen kümmern sollten.
Sie sah, wie zwei Guards in voller Montur über das Rollfeld zu ihrem eigenen Mevac eilten. Einer der beiden wurde von einem Hund begleitet. Kaum hatte sich die Heckklappe geöffnet, kamen sie an Bord, stellten sich vor und begrüßten das Team. Auch die Hunde beschnüffelten sich kurz.
„Hi, wir sind die Rückendeckung für euer Overwatch-Team“, sagte einer der beiden.
„Perfekt, setzt euch, dann können wir los.“ Leonie lächelte die Guards an.
Kaum waren alle angeschnallt, hoben sie, nicht mal fünfzehn Minuten nach der Landung, bereits wieder ab.
Sie nutzen die restliche Flugzeit, um sich zu entspannen. Leonie lehnte ihren Kopf wieder an Jariks Schulter. Er legte ihr die Hand auf den Oberschenkel und drückte leicht zu. Leonie verschränkte ihre Finger. Sie schaute zum einzigen kleinen Fenster des großen Rettungshubschraubers und bedauerte es, nichts von der südspanischen Landschaft zu sehen, welche sie gerade überflogen. Dafür leuchteten die Wolken im Sonnenuntergang blutrot, was sie seufzend beobachtete.
Kurz darauf flog der Helikopter eine Schleife, um die Finca großräumig zu umgehen, und landete. Cam zupfte an Meritas Leine. Sie sprang auf und schüttelte sich.
Julien zog Leonie an seine Brust und drückte sie fest an sich. Leonie wünschte sich die BodyArmor weg, die verhinderte, dass sie ihr Gesicht an seinen Hals drücken konnte. Er lehnte seine Stirn an ihren Kopf und sie lächelte.
Kaum ließ Julien sie los, zog Jarik sie zu sich und umarmte sie ebenfalls. Er drückte seine Lippen auf ihre Stirn und Leonie schloss schaudernd die Augen. Sie ging ihm bis zur Nase, sodass er sich nicht mal hinunterbeugen musste. Sie blieben so stehen, bis Julien sie anstupste, alle anderen hatten den Mevac bereits verlassen. Seufzend gab Jarik sie endgültig frei und Leonie trat einen Schritt zurück.
Die drei zogen sich die Sturmhauben über, schnappten ihre Rucksäcke, geschlossenen Helme und Sturm- und Scharfschützengewehre. Die schwere BodyArmor, eine maßgefertigte ballistische Weste der höchsten Schutzklasse mit Halsschutz, trugen sie bereits seit dem Abflug. An das hohe Gewicht hatten sie sich lange gewöhnt, zudem war sie erstaunlich bequem zu tragen.
Auf dem Parkplatz, auf welchem sie gelandet waren, warteten drei schwarze Kleintransporter der Polizei. Als sie den Helikopter durch die Heckklappe verließen, verschwand die Sonne gerade hinter dem Horizont. Leonie war froh, dass sie für später Decken eingepackt hatten, noch war es aushaltbar, aber bald würden die Temperaturen unangenehm fallen.
Julien und Jarik erläuterten dem Chef der Polizisten grob ihren Plan. Bessergesagt Julien erklärte ihn in akzentfreiem Spanisch und Jarik stand nickend daneben, obwohl er nicht einmal die Hälfte verstand. Leonie versuchte, sich das Grinsen zu verkneifen, es gelang ihre jedoch nur mäßig, weswegen sie sich zu ihrem Team umdrehte.
Cam prüfte Meritas Weste und schob ihr den Maulkorb auf die Schnauze, was sie ungerührt über sich ergehen ließ. Sie hob artig die Pfoten und wedelte entspannt mit dem Schwanz, als er ihr die Schutzschuhe und -brille anzog. Aven und Fee kontrollierten ihre Westen und wandten sich dann Cam zu.
Auch die anderen checkten gegenseitig ihre Ausrüstung. Toni half Milo, ihrem stillen Teamküken, der sein Praxisjahr bei ihnen machte und grade erst ein paar Wochen dabei war. Gian und Marc waren bereits fertig und unterhielten sich leise.
Nachdem Jarik und Julien ihre Besprechung beendet hatten, kamen sie zu Leonie. Sie schloss eine lose Schnalle an Jariks Weste, bevor sie Juliens Sachen kritisch beäugte, aber nichts zu beanstanden fand. Auch ihre Ausrüstung bestand die Inspektion der beiden.
„Bis nachher“, sagte sie und klopfte den zwei auf die BodyArmor, sie grinsten vergnügt.
Leonie und Aven verabschiedeten sich mit Umarmungen von den anderen, bevor sie mit den zwei Guards und dem Hund in einen der drei Transporter stiegen. Der Rest des Teams verteilte sich auf die anderen beiden Fahrzeuge.
Jarik gab seinem Team zwei Minuten, bis alle bequem saßen, bevor er das Briefing mithilfe des Comm-Moduls, einem implantierten Funkgerät, begann.
„Falls es irgendwen interessiert, wir fliegen nach Andalusien“, sagte Jarik trocken und erntete amüsiertes Schnauben.
Wie dem Rest ihres Teams war es Leonie herzlich egal, wo es hinging, aber es war ihr Running-Gag. Als der Einsatzbefehl gekommen war, hatten sie kommentarlos ihre Ausrüstung angezogen, ihre Taschen geschnappt und waren zum Mevac geeilt. Sie liebte den Zwitter aus Helikopter und Flugzeug, der die Vorteile beider Fluggeräte miteinander vereinte. Sie konnten senkrecht starten und landen, hatten aber deutlich mehr Reichweite als ein Hubschrauber, sobald die Rotoren während des Fluges nach vorne gekippt wurden.
„In den letzten zwei Wochen sind überall in Europa Mädchen verschleppt worden. Zehn davon hat die Polizei jetzt in ner ranzigen Finca lokalisiert. Anscheinend sind es Hayes Leute und die Spanier vermuten Sprengfallen. Wir sollen die Mädels rausholen und den Rest aufräumen.“
„Hayes im Sinne von Quentin Hayes? Diesem aalglatten, schmierigen Bastard, der einen auf Wohltäter macht und hintenrum seine Finger in sämtlichen dreckigen Geschäften hat, die man finden kann?“, fragte Marc, der Leonie gegenüber saß.
Er und Gian, welcher ihm beruhigend den Oberschenkel tätschelte, waren die ältesten im Team und ihre Medics. Beide verzogen angewidert das Gesicht.
„Jepp, genau den meine ich!“ Auch Jarik sah wenig begeistert aus. „Er hat wohl sechs seiner Handlanger vor Ort. Hayes selbst lässt sich auf ner Jacht im Mittelmeer wieder das Hirn wegrösten.“
„Kann der Kerl nicht einfach über Bord gehen?“ Cam kraulte Merita, seiner Malinois-Hündin, die zu seinen Füßen saß, die Ohren. „Ich geh dann mit Fee und Merita auf die Suche nach den Sprengfallen.“
Merita legte ihre Schnauze auf seinem Oberschenkel ab und schloss die Augen, als Fee, ihre Sprengstoffexpertin, ihr das andere Ohr kratzte. Deren kurze, weißblonde Haare standen in alle Richtungen ab.
„Das war der Plan. Sind wohl zehn Mädchen zwischen neun und sechzehn“, sagte Jarik.
Leonie beobachtete die fünf Teammitglieder ihr gegenüber. Fee stach neben den dunkelhaarigen und gebräunten Männern und besonders Cam, der die dunkelste Haut der Gruppe hatte, ziemlich hervor. Der Ekel war ihnen allen deutlich ins Gesicht geschrieben. Leonie wusste, dass sie nicht anders aussah. Alleine beim Gedanken daran, was mit den Kindern passieren sollte, dreht sie ihr der Magen um.
„So wie’s klang, planen die scheinbar ne Auktion. Zwei von den Lakaien stehen bei uns auf der Fahndungsliste. Und die Spanier trauen sich bei dem ganzen Sprengstoff, den sie da erwarten, nicht aufs Gelände“, sagte Leonie.
„Du meinst, sie riskieren lieber unsere Ärsche als ihre eigenen“, grummelte Julien. Ihr bester Freund und Sprachgenie saß auf der anderen Seite von Jarik und hatte seinen Kopf ebenfalls auf dessen Schulter abgelegt. Der Rest des Teams schnaubte.
„Das ist ja nix Neues. Und wenns um Hayes geht, müssen die eh nix zahlen. Von daher kein Wunder.“ Toni saß zwischen Julien und Milo, weswegen sie ihn nicht sehen konnte, aber sie konnte den Frust deutlich heraushören.
„Gibts schon was zu den Einsatzregeln?“, fragte Aven, ihr Spotter. Zusammen mit Leonie bildete er das Scharfschützenteam, auch Overwatch genannt.
Aven saß zwischen Cam und Gian und wirkte im Gegensatz zu den beiden recht schmal, obwohl er ebenfalls aus purer Muskelmasse bestand. Wie Marc und Julien war er eher drahtig als breit. Leonie schmunzelte, alleine der Gedanke, einen der drei als schmal zu bezeichnen, war abstrus.
„Nö, die Juristen streiten sich noch rum. Die werden sich schon melden, wenn sie sich ausgekaspert haben, sie haben ja mindestens vier Stunden, bis wir da sind“, antwortete Leonie.
„Bin ich ja mal gespannt. Auf jeden Fall machen Leonie und Aven wieder Overwatch. Die Spanier haben da nen netten Felsvorsprung für euch gefunden.“
„Ich hoffe, das ist nicht wieder so ein Taubenklo wie vor paar Wochen.“ Leonie rümpfte die Nase und schauderte.
„Zumindest auf den SAT-Fotos sah’s ganz gut aus. Da könnt ihr dann rumliegen, während wir uns abrackern müssen.“ Jarik grinste und Leonie kniff ihm in den Arm. „Aua! Ich mein ja nur.“
„Rumliegen, pff! Eher Rücken freihalten, du elendes Grummeltier. Wir können gerne tauschen! Dann legst du dich da hin und frierst dir den Arsch ab. Wir haben Februar.“ Leonie rümpfte die Nase.
„Das Wetter scheint zu halten. Bewölkt, aktuell sechs Grad, aber trocken. Also heult nicht rum“, frotzelte Jarik, nachdem er den Wetterbericht auf seinem Tablet geprüft hatte.
„Leg du dich mal drei Stunden bei zwei Grad irgendwo hin, danach hast du auch mit Decke nur noch Eiswürfel in der Unterhose“, maulte Aven.
„Wärst du so heiß wie ich, hättest du keine Eiswürfel“, antwortete Cam.
Leonie schüttelte belustigt den Kopf.
„Ihr könnt euch zuhause über euren Hoseninhalt austauschen“, knurrte Jarik.
„Jaja Opa, seit wann bist du so prüde?“, stichelte Julien.
„Nur weil ich mich nicht für Eier, vor allem keine gefrorenen, interessiere?“
„Hier tun sich wieder Abgründe auf.“ Fee verdrehte die Augen.
Jarik tippte auf dem Display herum und in der Mitte des Helikopters erschien eine Art Hologramm-Karte des Geländes rund um die Finca. Er hatte ihre HUD-Systeme aktiviert, die über eine Membran in ihrer Augenlinse angezeigt wurden.
„Schnauze. Das ist die Finca. Das Teil ist wohl ziemlich runtergekommen. Wir haben Glück, es gibt massenhaft Büsche.“ Mit dem Finger fuhr er über das Tablet und im Hologramm wurde eine Linie sichtbar. „Das wird unser Weg rein. Wir landen paar Kilometer südlich, dann holen uns die Spanier ab und bringen uns mit dem Auto näher ran.“
Er tippte auf einen erhöhten Punkt westlich der Finca. „Hier ist besagter Felsvorsprung für die Faulen.“
Leonie zwickte Jarik wieder und Aven warf grinsend mit einem Proteinriegel nach ihm.
„Aua! Ich werde misshandelt“, sagte Jarik lachend und pflückte den Riegel aus der Luft.
„Dann benimm dich und hör auf, Aven und mich zu nerven. Wir können nix dafür, dass du unbedingt Rambo spielen wolltest.“
„Jaja, ist ja schon gut, Zicke. Da, iss den Riegel, bevor du noch auf die Idee kommst, mich zu beißen!“ Jarik grinste sie an.
„Ey! Nehmt euch nen Zimmer!“, meckerte Julien gespielt.
„Jetzt geht das schon wieder los“, grummelte Jarik. „Können wir mal bitte weitermachen? Dankeschön. Also, ihr legt euch auf den Felsvorsprung. Von da aus sieht man auch die Eingangstür. Das sind knapp 350 Meter Abstand, völlig entspannt. Vom Auto aus sind es ungefähr siebenhundert Meter bis dahin. Der Rest läuft die neunhundert Meter von Süden aus zum Haupthaus mit mir. Wir teilen uns dann auf. Die Mädchen sind vermutlich im Stall, der auf dem Weg liegt.“
Jarik erläuterte den restlichen Angriffsplan. Sie diskutierten eine Weile die Details, prüften ihre Waffen und ruhten sich den Rest des vierstündigen Fluges noch etwas aus.
Leonie schnallte sich ab und streckt sich, als sie auf der spanischen UN-Außenstation landeten. Auch die anderen nutzten die Pause, um sich etwas zu bewegen. Merita lag leise schnarchend zwischen Cams Beinen und rührte sich kein Stück.
Als die Rotoren stillstanden, brach um das Convertiplane rege Geschäftigkeit aus. Eine Crew aus Mechanikern, die auf der Basis stationiert war, machte einen kurzen Check, während der Mevac betankt wurde.
Der Großteil des Hecks war mit vier Intensivpflegeplätzen und zwei dreistöckigen Liegen, die man zu Sitzplätzen umklappen konnte, ausgefüllt. Wenn die Mevacs nicht grade Teams in den Einsatz flogen, wurde sie für Krankentransporte der UN MedEvac benutzt, die gemeinsam von UNSF und UN MED betrieben wurde.
Leonie schaute aus einem der kleinen Fenster und entdeckte ein Stück weiter einen zweiten Mevac. In ihm waren vermutlich die Guards und die Ärzte und Sanitäter, die sich später um die geretteten Mädchen kümmern sollten.
Sie sah, wie zwei Guards in voller Montur über das Rollfeld zu ihrem eigenen Mevac eilten. Einer der beiden wurde von einem Hund begleitet. Kaum hatte sich die Heckklappe geöffnet, kamen sie an Bord, stellten sich vor und begrüßten das Team. Auch die Hunde beschnüffelten sich kurz.
„Hi, wir sind die Rückendeckung für euer Overwatch-Team“, sagte einer der beiden.
„Perfekt, setzt euch, dann können wir los.“ Leonie lächelte die Guards an.
Kaum waren alle angeschnallt, hoben sie, nicht mal fünfzehn Minuten nach der Landung, bereits wieder ab.
Sie nutzen die restliche Flugzeit, um sich zu entspannen. Leonie lehnte ihren Kopf wieder an Jariks Schulter. Er legte ihr die Hand auf den Oberschenkel und drückte leicht zu. Leonie verschränkte ihre Finger. Sie schaute zum einzigen kleinen Fenster des großen Rettungshubschraubers und bedauerte es, nichts von der südspanischen Landschaft zu sehen, welche sie gerade überflogen. Dafür leuchteten die Wolken im Sonnenuntergang blutrot, was sie seufzend beobachtete.
Kurz darauf flog der Helikopter eine Schleife, um die Finca großräumig zu umgehen, und landete. Cam zupfte an Meritas Leine. Sie sprang auf und schüttelte sich.
Julien zog Leonie an seine Brust und drückte sie fest an sich. Leonie wünschte sich die BodyArmor weg, die verhinderte, dass sie ihr Gesicht an seinen Hals drücken konnte. Er lehnte seine Stirn an ihren Kopf und sie lächelte.
Kaum ließ Julien sie los, zog Jarik sie zu sich und umarmte sie ebenfalls. Er drückte seine Lippen auf ihre Stirn und Leonie schloss schaudernd die Augen. Sie ging ihm bis zur Nase, sodass er sich nicht mal hinunterbeugen musste. Sie blieben so stehen, bis Julien sie anstupste, alle anderen hatten den Mevac bereits verlassen. Seufzend gab Jarik sie endgültig frei und Leonie trat einen Schritt zurück.
Die drei zogen sich die Sturmhauben über, schnappten ihre Rucksäcke, geschlossenen Helme und Sturm- und Scharfschützengewehre. Die schwere BodyArmor, eine maßgefertigte ballistische Weste der höchsten Schutzklasse mit Halsschutz, trugen sie bereits seit dem Abflug. An das hohe Gewicht hatten sie sich lange gewöhnt, zudem war sie erstaunlich bequem zu tragen.
Auf dem Parkplatz, auf welchem sie gelandet waren, warteten drei schwarze Kleintransporter der Polizei. Als sie den Helikopter durch die Heckklappe verließen, verschwand die Sonne gerade hinter dem Horizont. Leonie war froh, dass sie für später Decken eingepackt hatten, noch war es aushaltbar, aber bald würden die Temperaturen unangenehm fallen.
Julien und Jarik erläuterten dem Chef der Polizisten grob ihren Plan. Bessergesagt Julien erklärte ihn in akzentfreiem Spanisch und Jarik stand nickend daneben, obwohl er nicht einmal die Hälfte verstand. Leonie versuchte, sich das Grinsen zu verkneifen, es gelang ihre jedoch nur mäßig, weswegen sie sich zu ihrem Team umdrehte.
Cam prüfte Meritas Weste und schob ihr den Maulkorb auf die Schnauze, was sie ungerührt über sich ergehen ließ. Sie hob artig die Pfoten und wedelte entspannt mit dem Schwanz, als er ihr die Schutzschuhe und -brille anzog. Aven und Fee kontrollierten ihre Westen und wandten sich dann Cam zu.
Auch die anderen checkten gegenseitig ihre Ausrüstung. Toni half Milo, ihrem stillen Teamküken, der sein Praxisjahr bei ihnen machte und grade erst ein paar Wochen dabei war. Gian und Marc waren bereits fertig und unterhielten sich leise.
Nachdem Jarik und Julien ihre Besprechung beendet hatten, kamen sie zu Leonie. Sie schloss eine lose Schnalle an Jariks Weste, bevor sie Juliens Sachen kritisch beäugte, aber nichts zu beanstanden fand. Auch ihre Ausrüstung bestand die Inspektion der beiden.
„Bis nachher“, sagte sie und klopfte den zwei auf die BodyArmor, sie grinsten vergnügt.
Leonie und Aven verabschiedeten sich mit Umarmungen von den anderen, bevor sie mit den zwei Guards und dem Hund in einen der drei Transporter stiegen. Der Rest des Teams verteilte sich auf die anderen beiden Fahrzeuge.