Die Melodie des Meeres
Kurzbeschreibung
Ein ungewöhnlicher Sturm zieht auf, grüne Blitze erhellen den düsteren Himmel, eine gewaltige Welle zieht die Meerjungfrau Ilaria unter Wasser. Als sie ihre Augen wieder öffnet, findet sie sich jedoch nicht wie erwartet am Strand, sondern in einer seltsamen, unbekannten Welt wieder. Die ersten wackeligen Schritte fallen ihr schwer, doch sie findet sich schnell in den Armen eines hilfsbereiten Musikers wieder. Killian bringt ihr nicht nur die Welt der Menschen näher, er verspricht Ilaria außerdem, ihr zu helfen, einen Weg zurück in ihre Heimat zu finden.
GeschichteRomance, Fantasy / P18 / Het
Fabeltiere & mythologische Geschöpfe
16.12.2020
24.11.2022
52
287.571
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Dieses Kapitel
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14.05.2021
5.622
Kapitel 12
Eine zauberhafte Begegnung
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Eine zauberhafte Begegnung
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Seit einigen Minuten spricht Killian mit einem seiner Freunde, dazu benutzt er sein Smartphone. Besonders zufrieden wirkt er jedoch nicht. Sein Gesichtsausdruck verrät einiges über den Verlauf des Gespräches, auch wenn ich seinen Freund nicht hören kann.
„Heute ist ganz schlecht“, erklärt Killian, wobei er sich am Kopf kratzt. „Ilaria ist wie gesagt krank. Ich schleife sie nicht in ein Restaurant, wenn sie sich nicht gut fühlt.“
Killians Lüge ist nicht besonders überzeugend und das liegt nicht nur daran, dass ich weiß, dass es mir gut geht. Seine Augen verraten ihn. Seine gesamte Körpersprache wirkt unsicher. Gut, dass sein Freund ihn nicht sehen kann. Er würde ihm diese Geschichte wohl nie glauben.
Ich lege mich neben den Menschen und sehe zu ihm nach oben. Als er meinen Blick bemerkt, schenkt er mir ein kurzes Lächeln. Sein Blick wandert meinen Körper entlang. Sein Ziel ist wohl meine Hand, denn er verhakt unsere Finger ineinander.
„Hör zu, ich muss mich nicht rechtfertigen. Wir kennen uns noch nicht so lange und ich würde ihr gerne die Chance geben, sich auf euch vorzubereiten. Ich werde sie bestimmt nicht aus dem Bett schleifen, nur damit ihr euch wie die Geier auf sie stürzen könnt.“ Für einen Moment lauscht er seinem Freund, dann schnaubt er. „Wenn du sie kennenlernst, dann wirst du sehen, dass sie sich nicht bei mir einnistet. Ich habe sie eingeladen, bei mir zu bleiben.“ Killian schüttelt den Kopf. „Du bist ein Idiot. Ohne Witz jetzt, sie ist nicht so wie die meisten Frauen. Ilaria hat ganz andere Prioritäten. Wie gesagt: Ihr lernt sie kennen und könnt euch dann euer eigenes Bild machen.“ Ich schmunzle. Es ist interessant zu verfolgen, wie wichtig es Killians Freunden ist, mich kennenzulernen. „Mhm, selbstredend. Wegen der Bandprobe melde ich mich. Ja, bye.“
Ich sehe Killian erwartungsvoll an. Er legt das Smartphone auf den Couchtisch und macht es sich dann neben mir auf der Couch bequem. Sein Blick ist an die Decke gerichtet. Seine Hand greift wieder nach meiner, unsere Finger verhaken sich erneut.
„Warum ist es deinen Freunden so wichtig, mich kennenzulernen? Ist es für Menschen denn besonders, eine Freundin zu haben? Sollten Freunde und Freundinnen nicht gleich interessant sein?“
Killian sieht mich mit verengten Brauen an. „Nur um Missverständnisse zu vermeiden. Du verbindest das Wort Freundin mit einer freundschaftlichen Basis, verstehe ich das richtig?“
„Ja, natürlich.“
Killian räuspert sich. „Also, ich…“ Der Mensch räuspert sich erneut. Er klingt verlegen, als er weiterspricht: „Meine Freunde denken, dass du und ich eine romantische Beziehung führen.“
„Oh, ich verstehe.“ Ich löse meine Hand aus der von Killian und sehe ihn an. „Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, immerhin muss ich wieder nach Hause. Außerdem ist eine Bindung zu jemandem aus meinem Volk wahrscheinlich ganz anders, als ihr Menschen es gewohnt seid.“
Killians Augen weiten sich. Er spricht: „Mach dir keine Gedanken, Ilaria. Ich verlange nichts von dir. Ich habe meine Freunde nur nicht berichtigt, weil es erstens schwer zu erklären ist, wieso du bei mir bist. Und zweitens hätten sie mir ohnehin nicht geglaubt. Manchmal sind Männer ein wenig schwer von Begriff.“
„Ich verstehe.“
„Darf ich dich etwas fragen?“
„Aber natürlich, Killian.“ Ich drehe mich auf die Seite, um ihn ansehen zu können.
Auch der Mensch macht es sich bequem, ehe er mir seine Frage stellt: „Wie kann ich mir eine romantische Beziehung bei euch vorstellen?“
„Für jeden von uns gibt es einen Seelenverwandten. Wenn wir unseren Seelenverwandten finden, dann wissen wir es. Wir sehen es in den Augen. Es fühlt sich an, als würden wir unsere zweite Hälfte finden, um komplett zu sein.“ Ich lächle Killian an. „Wenn wir einander gefunden haben, dann verbinden sich unsere Seelen und bleiben bis ans Ende unseres Lebens vereint.“
Killian zieht einen Mundwinkel hoch. „Das klingt wortwörtlich wie Liebe auf den ersten Blick. Dann seid ihr wohl ein sehr romantisches Volk.“
„Ja, das kann man so sagen. Wie ist das bei euch Menschen?“
Killian lacht verlegen. „Oh Gott, wie soll ich dir die Welt des Datings erklären?“ Er überlegt einen Moment. „Man lernt sich kennen, man geht zum Beispiel essen oder sieht sich einen Film an und in den Gesprächen merkt man dann nach und nach, ob man sich näher kennenlernen möchte oder ob die Vorstellungen zu unterschiedlich sind. Wenn es klappt, dann klappt es. Wenn nicht, dann nicht. Und selbst wenn es anfangs funktioniert, heißt das noch lange nicht, dass diese Beziehungen dann auch halten.“
Ich nicke. „Dann hast du bis jetzt noch niemanden gefunden, dessen Vorstellungen zu deinen passen, verstehe ich das richtig?“, hake ich nach.
Killian kratzt sich am Kopf. „Es ist ziemlich kompliziert. Ich bin grade in einem Alter, da wollen die Frauen langsam aber sicher heiraten und Kinder bekommen. Sie wollen einen gutaussehenden Kerl, der ihnen die Welt zu Füßen legt, der am besten ihre Gedanken lesen kann, das Geld nach Hause bringt und sich um Frau und Kinder kümmert.“
Interessiert mustere ich Killians Gesicht. „Und was wünschst du dir?“
„Von einer Beziehung? Eine ehrliche Frau, der ich vertrauen kann. Sie sollte Humor und einen gesunden Appetit haben. Es würde mir gefallen, wenn sie sich für Musik begeistern kann, weil das ein wichtiger Teil meines Lebens ist. Richtige Ansprüche habe ich eigentlich nicht. Ich will bloß keine Verrückte, die mir das Leben schwer macht und sich mehr um die Tonnen an Makeup in ihrem Gesicht kümmert, als um ihre Mitmenschen.“ Killian räuspert sich. „Kurz gesagt: Am wichtigsten sind mir Vertrauen und Ehrlichkeit in einer Beziehung.“ Er grinst, ehe er weiterspricht: „Wenn sie zu all dem noch schön ist, habe ich nichts dagegen einzuwenden.“ Killian zwinkert mir zu.
Als er das tut, muss ich kichern. „Was empfindest du als schön?“
Der Mensch presst seine Lippen zusammen, ehe er antwortet: „Äh… dich?“
In Killians Augen erkenne ich, dass er unsicher ist, dennoch kommt sein Kompliment bei mir an, lachen muss ich allerdings trotzdem. „Das ist lieb von dir, Killian. Danke.“
Für einen langen, ausgedehnten Moment sieht Killian mich an. Er zögert, das kann ich deutlich an seinem Gesichtsausdruck erkennen. „Dich zu fragen erscheint mir eigentlich schon unverschämt, aber…“ Schon wieder dieses Zögern.
„Aber?“, hake ich nach.
„Was müsste ein Mann tun, um dich zu erobern?“
Killians Frage bringt mich erneut zum Lachen. Meine Reaktion scheint ihn jedoch nicht besonders glücklich zu machen. Sein Gesicht zeigt klare Enttäuschung. Um ihm zu vermitteln, dass ich mich nicht über ihn lustig mache, lege ich meine Hand an seinen Oberarm und lächle Killian an.
„Im Moment wünsche ich mir nur eine einzige Sache, Killian.“
„Und was wäre das?“
„Lös dein Versprechen ein und zeig mir den Park.“
Killian zieht einen seiner Mundwinkel hoch. „Nichts leichter als das.“
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„Der Park wird dich wahrscheinlich nicht besonders beeindrucken, Ilaria“, erzählt Killian, als wir gerade auf dem Weg dahin sind. „Aber der Gehweg ist aus Stein, also können wir problemlos einen Spaziergang machen, ohne deine neuen Schuhe einzusauen.“
„Das wäre nicht besonders schlimm. Mir ging es hauptsächlich darum, dein Zuhause zu verlassen und etwas frische Luft zu bekommen. Ob meine Schuhe dabei schmutzig werden, ist mir egal.“
„Ist meine Bude schon so erdrückend?“
Ich verziehe die Lippen, als Killian mir diese Frage stellt. „Nun, so würde ich es nicht benennen, aber ich bin es nicht gewohnt, die ganze Zeit nur herumzusitzen oder herumzuliegen. Das mag für dich vielleicht angenehm sein, aber ich brauche eine Beschäftigung. Und deine Welt ist zu spannend, um mich vor ihr zu verstecken.“
Killian seufzt. „Fühlst du dich immer noch so, als würde ich dich einsperren?“
„Du versuchst, mich zu beschützen“, antworte ich ihm und greife nach seiner Hand. „Nachdem mir dieser unheimliche Mann zu nahe gekommen ist, verstehe ich auch, warum du es tust. Ich brauche einen Beschützer in dieser Welt. Ich schätze das sehr, Killian. Dennoch würde ich es bevorzugen, wenn wir nicht die ganze Zeit auf der Couch verbringen. In San Francisco gibt es so viel zu sehen und ich will diese Erlebnisse nicht nur durch einen Bildschirm betrachten.“ Mit einem Lächeln sehe ich Killian an, bevor ich weiterspreche: „Es würde mir viel bedeuten, wenn wir die Stadt zusammen erkunden.“
Killian wirkt erleichtert. Er drückt meine Hand für eine Sekunde und führt mich über die letzte Straße. Schon nach den ersten Schritten wird mir eines klar: Der Park ist tatsächlich sehr ernüchternd. Es gibt weniger Bäume, als ich mir erhofft habe und selbst die wirken sehr trist. Das saftige, grüne Gras, das ich in meiner Vorstellung gesehen habe, ist in Wirklichkeit fast grau und das trotz zwei Tagen Regenwetter.
„Du bist enttäuscht“, stellt Killian neutral fest.
„Nein. Es ist zwar nicht, wie ich es mir vorgestellt habe, aber ich bin dennoch froh, hier zu sein“, entgegne ich ihm zuversichtlich.
„Wenn der Boden nicht mehr so aufgeweicht ist, dann können wir den Golden Gate Park besuchen. Der hat dir doch gefallen, als wir uns die Doku angesehen haben, richtig?“
Killians Vorschlag bringt mich zum Lächeln. „Ja, der hat mir gefallen.“
„Der Golden Gate Park wird dich nicht enttäuschen, das verspreche ich dir. Da gibt es noch viel mehr zu entdecken, als du in dem Film gesehen hast.“
Wir spazieren den harten Betonweg entlang. Der Park ist nicht besonders groß, es geht bergauf und auch die Atmosphäre ist nicht die, die ich erwartet habe. Zwischen Laubbäumen befinden sich auch einige Palmen, wie ich sie von den Stränden kenne. Killian und ich nehmen auf einer Holzbank platz. Die Sonne strahlt, doch sie ist leider nicht so warm, wie sie aussieht. Trotzdem hat es gereicht, um die Bänke zu trocknen, sodass wir nicht im Nassen sitzen. Killian zieht mir die Kapuze vom Kopf, als er das tut, sehe ich überrascht zu ihm. Durch die Sonne kommen Killians blaue Augen noch besser zur Geltung. Ich kann meinen Blick kaum abwenden.
„Genieß die Sonne. Du musst dich nicht mehr verstecken. Ich hatte Angst, dass jeder dir sofort ansieht, dass du nicht aus unserer Welt stammst, aber mir ist klar geworden, dass das Unsinn ist.“ Er zieht einen Mundwinkel hoch, als er mich ansieht. Der aufrechte Augenkontakt bringt auch mich zum Lächeln. „Ich war übervorsichtig.“
„Woher kommt dein Sinneswandel?“, frage ich interessiert nach.
Killian zuckt mit den Schultern. „Die Doku hat mich daran erinnert, dass hier eigentlich ziemlich viele Verrückte herumlaufen. Außerdem ist jeder mit sich selbst beschäftigt und sieht die ganze Zeit auf sein Smartphone.“ Der Mensch legt seinen Arm um meine Schultern. „Solange du deine Schuppen unter deiner Kleidung versteckst, wird dir niemand, der an uns vorbei geht, etwas anmerken.“
„Und was ist mit deinen Freunden? Ich nehme nicht an, dass wir ihnen die Wahrheit erzählen, richtig?“
Nach einem Seufzen streicht Killian nachdenklich über seinen Kinnbart. Dabei sieht er sich ziellos in der Gegend um. Ich beobachte seine Bewegungen, fixiere aber schnell wieder seine beinahe leuchtenden Augen. „Die Wahrheit würde uns ohnehin niemand glauben. Ich dachte mir, dass wir ihnen erzählen, dass du eine Künstlerin bist. Das wäre nicht gelogen, immerhin beschäftigst du dich mit der Herstellung von Schmuck. Damit könnte man rein theoretisch gesehen sein eigenes Geschäft aufbauen.“ Ich nicke, als ich Killian zuhöre. „Du bist von Europa nach San Francisco gekommen, weil du mit deinem Schmuck dein Glück in Amerika versuchen wolltest. Wir beide haben uns kennengelernt, als du mich nach einer Hotelempfehlung gefragt hast, weil dein Hotel überbucht wurde.“ Killian kratzt sich am Hinterkopf. „Wäre auch nicht ganz gelogen, immerhin habe ich dich neben einem Hotel gefunden.“ Der Mensch richtet seinen Blick auf mich. „Was hältst du von dieser Geschichte?“
„Das ist dir nicht spontan eingefallen, richtig?“, frage ich amüsiert.
„Erwischt“, antwortet Killian und lacht. „Ich mache mir seit der ersten Nachricht meiner Freunde darüber Gedanken, wie ich plausibel erklären soll, dass eine Frau, die ich kaum kenne, bei mir wohnt.“
„Entschuldige, dass ich dich in Erklärungsnöte bringe.“
„Es ist nicht deine Schuld“, winkt Killian ab. Ich spüre seine Hand an meiner Schulter, sie bewegt sich etwas. Mit einem dezenten Seitenblick wird mir klar, was er macht. Killian spielt mit einer meiner Haarsträhnen. „Es war ein schöner Zufall, dass wir uns begegnet sind.“
Ich möchte Killian gerade eine Antwort geben, doch da zieht etwas Anderes meinen Blick und somit auch meine Aufmerksamkeit auf sich. Meine Augen weiten sich. Ich bin mir für einen Moment nicht sicher, ob ich ihnen trauen kann. Ich könnte schwören, dass ich gerade eine Fee gesehen habe. Das Schimmern ihrer Flügel dringt noch durch die Blätter. Ich muss dieser Sache auf den Grund gehen.
„Ist alles in Ordnung, Ilaria?“, fragt Killian und sieht ebenfalls in die Richtung.
„Du hast doch gesagt, dass es in eurer Welt keine Magie gibt“, antworte ich ihm, stehe dabei schon auf und eile zu dem Baum. Ich muss mich beeilen, bevor sie verschwindet. Feen sind sehr flinke Wesen.
„Ja, das ist auch so. Was hast du gesehen?“, fragt Killian, als er mir nachkommt.
„Eine Fee“, antworte ich und sehe mich zwischen den Ästen und Blättern um. „Ich habe sie ganz genau gesehen, sie ist da nach oben geflogen.“ Ich hebe meine Hand und zeige auf einen der Äste über uns.
„Wenn du nicht du wärst, würde ich dich für verrückt erklären“, antwortet Killian mir und sieht ebenfalls nach oben. „Ich sehe nichts.“
Ich fasse an Killians Arm, was mir seine Aufmerksamkeit garantiert. „Nimm lieber etwas Abstand. Vielleicht hat sie Angst vor dir.“
„Ja, richtig, daran hab ich gar nicht gedacht. Entschuldige.“ Killian wirft noch einen Blick nach oben, dann nimmt er Abstand. Er geht wieder zurück zu der Parkbank, jedoch nicht, ohne immer mal wieder zu mir zu sehen. Sobald er Platz nimmt, hebt er ahnungslos seine Schultern und sieht wieder den Baum an.
Ich drehe mich zu dem Baum und atme tief durch. Nun, da wir alleine sind, versuche ich, die kleine Fee zu entdecken. Langsam gehe ich einmal um den Baum herum, dabei streicht meine Hand über die kühle Rinde des Baumes. „Hab keine Angst, der Mensch ist weg. Du kannst dich mir zeigen.“
„Bitte tu mir nichts“, höre ich eine zarte Stimme sprechen.
„Versprochen“, antworte ich ruhig. „Wie ist dein Name? Wie bist du hierhergekommen?“
Ein kleines Wesen sieht unsicher hinter einem Blatt hervor. Ich habe mich doch nicht getäuscht. Es ist tatsächlich eine Fee. Ihre Anwesenheit erfüllt mich mit Hoffnung.
„Ich bin Ilaria“, stelle ich mich leise vor. „Du musst keine Angst vor mir haben.“ Um der Fee etwas Freiraum zu geben, mache ich einen Rückwärtsschritt.
„Was meinst du mit hierhergekommen? Ich bin geflogen, wie immer.“
„Das meinte ich nicht. Wie bist du in diese Welt gekommen?“
„Wir waren immer schon hier. Also nicht hier hier. Aber schon hier“, erzählt die kleine Fee mit den wuscheligen, frech wirkenden Locken.
„Was?“, frage ich irritiert und schüttle den Kopf. „Ihr wart immer schon in der Menschenwelt?“
Die Fee legt ihren Kopf schief, dabei verschränkt sie ihre winzigen Arme vor ihrem Brustkorb. „Menschenwelt?“
Dass die Fee scheinbar nicht weiß, wovon ich spreche, irritiert mich umso mehr. Ich erkläre: „Ja, das hier ist die Welt der Menschen und hier gibt es keine Magie.“
Empört stemmt die kleine, golden schimmernde Fee ihre Hände an die Hüfte. „Aber natürlich gibt es die! Ich bin doch hier! Und du, du bist auch kein Mensch!“ Das kleine Wesen fliegt um mich herum. Sie greift mit beiden Händen eine meiner Haarsträhnen und zieht leicht daran. „Nein, du bist kein Mensch, du duftest nach Magie.“
„Ich dufte nach Magie?“, wiederhole ich verwirrt.
„Was bist du?“, fragt sie neugierig, als sie vor meinem Gesicht schwebt. Ihre winzigen Flügelchen schlagen wie wild, das magische Funkeln, das sie umgibt, lässt sie förmlich glühen.
„Ich bin eine Meerjungfrau.“
„Meerjungfrau?“, wiederholt sie skeptisch. „Du lügst doch! Du hast ja gar keine Flosse! Meerjungfrauen haben Flossen!“
„Ich ähm…“, antworte ich zögerlich. „Doch, die habe ich.“
Die kleine Fee fliegt um mich herum, sie stupst gegen meine Beine. Erst von vorne, dann an der Seite. Ich verfolge ihre Bewegungen. „Nein, das sind Beine.“ Sie kitzelt mich ein wenig, als sie mich ein weiteres Mal anstupst.
„Ja, das sind Beine, aber ich verwandle mich, sobald ich das Wasser berühre.“
„Hm“, antwortet sie überlegend. Die Fee umrundet meinen Körper ein weiteres Mal. Ihr Funkeln umgibt mich, es verschwindet allerdings nach und nach wieder. Die Fee startet bei meinen Beinen, fliegt um meine Hüfte, dann um meinen Oberkörper bis sie wieder vor meinen Augen schwebt. „Was machst du an Land?“
Ich seufze. „Das ist eine lange Geschichte. Die Kurzfassung lautet, dass ich aus meiner Welt hier her gekommen bin, aber nicht weiß, warum das passiert ist. Was ist mit dir? Du hast immer schon in der Welt der Menschen gelebt, habe ich das richtig verstanden?“
„Mhm“, antwortet sie selbstsicher und stemmt die Hände erneut an ihre Hüfte. „Wir leben schon immer hier. Komisch, dass du die Welt Menschenwelt nennst.“
Da mich dieses Gespräch etwas nervös macht, streiche ich durch meine Haare und spiele mit einem meiner Zöpfe. „Die Menschen wissen nicht, dass ihr hier seid, richtig?“
„Die können uns ja auch nicht sehen, du Dummkopf“, antwortet sie lachend. Sie hält sich den Bauch und lacht noch mehr. Ich hingegen verschränke meine Arme. Meine Frage scheint die Fee sehr zu belustigen, denn sie lacht immer noch.
Ich hingegen finde es nicht lustig. Ich mag es nicht besonders, wenn man mich dumm nennt und ich mag es noch weniger, wenn man über mich lacht. Unsicher wende ich mich zu Killian, der nach wie vor auf der Bank sitzt und wartet.
„Killian?“, frage ich etwas lauter. „Kannst du sie sehen?“ Bei meiner Frage deute ich auf die Fee, doch Killians geweitete Augen sprechen bereits für sich. Es ist ihm deutlich anzusehen, dass er nicht glauben kann, was er gerade sieht. Ich drehe mich wieder zu dem Baum und spreche die Fee an: „Nun, dieser Mensch kann dich offensichtlich doch sehen.“
Die kleine Fee hört auf zu lachen und versteckt sich hinter einem Ast. „Der Mensch kann mich sehen! Der Mensch kann mich sehen! Das ist noch nie passiert!“
Ich lege meine Hand an meine Stirn. „Dann habt ihr die ganze Zeit unter den Menschen gelebt, ohne, dass sie euch sehen konnten?“
„Ja, ja, genau. Die Menschen haben uns nie gesehen! Das ist neu!“, erklingt die Fee aufgebracht hinter dem Ast. „Das darf nicht sein. Die Menschen können uns fangen. Wie in den Geschichten! Und dann stehlen sie unseren Feenstaub!“
„Sie stehlen euren Feenstaub?“, frage ich nach.
„Jawohl, das tun sie. Menschen sind sehr gierige Wesen. Noch gieriger als diese Kobolde. Ganz unangenehm! Ich muss die anderen warnen. Jawohl, warnen muss ich sie!“
„Warte, bitte bleib hier“, bitte ich die Fee, die mir ihren Namen immer noch nicht genannt hat. „Ich habe noch Fragen an dich.“
„Nein, nein, keine Zeit für Fragen! Ich muss die anderen warnen!“
Die Fee fliegt höher und höher in die Baumkrone. Sie versteckt sich zwischen den Blättern und fliegt immer wieder von links nach rechts und von rechts wieder nach links, als würde sie ihre Spuren verwischen wollen. Ich nehme das Glitzern noch einen Moment lang wahr und folge ihr, als sie von einem Baum zum nächsten fliegt, doch schon nach wenigen Metern verliere ich sie zu meinem Bedauern aus den Augen.
„Warte! Komm zurück, bitte!“, rufe ich laut, dabei ist mein Blick nach oben in die Blätter gerichtet. Ein Mensch, der mir gerade entgegen kommt, wirft mir einen irritierten Blick zu, geht dann aber kopfschüttelnd an mir vorbei.
„Ilaria“, ertönt Killians Stimme hinter mir. Als ich mich zu ihm drehe, sieht er mich an. Killian geht die letzten Schritte auf mich zu. Er legt seine Hand an meinen unteren Rücken. „Ist sie weg?“
„Ja, sieht so aus“, antworte ich geschlagen und sehe zurück in die Baumkrone, in der ich sie das letzte Mal erblickt habe. „Sie hat gesagt, dass sie immer schon hier war und dass sie die anderen Feen warnen muss.“
„Das hat sie gesagt?“
„Ja“, bestätige ich mich. „Weißt du, was das bedeutet, Killian? In eurer Welt gibt es Magie, ihr konntet sie nur nicht sehen.“
Als ich mich wieder zu dem Menschen drehe, sehe ich in ein überraschtes Gesicht. „Wow, das ist …“ Er blickt für einige Sekunden nach oben in die Baumkronen. Seine Augen suchen nach der Fee. „Es sollte mich weniger beeindrucken, immerhin bist du ja auch echt.“ Killian lacht verlegen, er reibt sich den Nacken. „Ich bin gerade ein wenig überfordert.“
Unsere Blicke treffen sich erneut. Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie Killian sich gerade fühlt. Auch ich bin mit dieser Erkenntnis überfordert. „Ja, ich auch“, gebe ich offen zu und seufze daraufhin. Einen Moment stehen wir beide noch unter den Bäumen, doch dann greift Killian nach meiner Hand.
„Lass uns noch ein wenig spazieren gehen. Vielleicht entdecken wir ja noch eine Fee mit der du dich unterhalten kannst.“
Mit einem Nicken stimme ich zu. Killian nimmt meine Hand und wir gehen in dieselbe Richtung, in der die Fee verschwunden ist. Diese Begegnung wird mir genau wie die Fee noch lange im Kopf herumschwirren.
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Nach unserem Spaziergang nehme ich ein Bad. Dieses Mal leistet Killian mir allerdings Gesellschaft. Er sitzt neben der Wanne und lehnt mit dem Rücken an dem gegenüberliegenden Schrank, in dem er die Handtücher aufbewahrt. Sein Blick ist auf meine herausragende Flosse gerichtet. Mit meinen Fingern streiche ich durch den Schaum, der sich auf dem Wasser gebildet hat. Daran könnte ich mich wirklich gewöhnen. Der Duft des Wassers ist verführerisch.
„Fühlst du dich sehr eingeengt, wenn du in der Wanne liegst?“, unterbricht Killian die Stille mit einer Frage.
„Sie ist ein bisschen klein, das stimmt schon, aber es ist in Ordnung“, antworte ich. „Ich habe links und rechts von mir genug Platz, eigentlich ist sie nur nicht lang genug.“ Ich bewege meine Flosse, um meiner Aussage Nachdruck zu verleihen. Als ich das tue, zieht Killian einen Mundwinkel hoch.
„Wir können demnächst wieder ans Meer fahren, wenn du möchtest“, schlägt er vor, dabei sieht er mir wieder ins Gesicht. „Vorher müsste ich aber zusehen, dass ein bisschen Geld reinkommt. Sollte aber kein Problem sein. Unterricht kann ich auch mit der kleinen Verletzung geben.“ Er deutet an seine Stirn, als müsste er mich daran erinnern. „Außerdem habe ich vorhin meine Mails gecheckt. Ich bekomme einen neuen Schüler. Mal sehen, wie lange er bleibt, bei Kindern kann man das nie so genau sagen.“
„Dann sind Menschenkinder eher unentschlossen?“, frage ich interessiert nach.
Killian schnaubt. „Ja, so kann man das sagen. Sie begeistern sich schnell für etwas, verlieren aber auch schnell wieder das Interesse, weil es schon wieder etwas Neues gibt, das sie cool finden.“ Er zuckt mit den Schultern.
„Wie war das bei dir? Warst du auch ein unentschlossenes Kind?“, hake ich weiter nach.
„Eigentlich nicht“, antwortet er nach einigen Sekunden Stille. „Ich konnte mich früh für Musik begeistern und meine erste Gitarre konnte ich kaum weglegen.“ Obwohl Killians Worte positiv klingen, ist da etwas in seinen Augen, das mich das Gegenteil vermuten lässt. „Ich war ein ziemlich ruhiges Kind. Meistens habe ich mich kreativ betätigt. Entweder mit meiner Gitarre oder ich habe gezeichnet. Meine Hobbys haben sich in den letzten 20 Jahren also kaum geändert.“
Ich drehe mich vorsichtig zur Seite, um das Wasser nicht zum Überlaufen zu bringen, und lehne meine Arme gegen den Rand der Wanne. „Dann warst du wohl immer schon ein Künstler.“
Killian schnaubt ein weiteres Mal. „Kann sein, ja.“
Ich richte mich auf und strecke meine Hand nach dem Menschen. Er wirkt etwas verwirrt, doch er hebt seine Hand um nach meiner zu greifen. „Ist alles in Ordnung, Killian? Du wirkst bedrückt.“
Er schüttelt leicht den Kopf, sein Daumen streicht über meine Finger, sein Blick ist ebenfalls drauf gerichtet. „Ich bin nur müde, außerdem hat mich diese Fee nachdenklich gemacht.“ Killian lässt meine Hand los, verschränkt seine Arme und lehnt sich wieder gegen den Schrank. Ich lasse mich zurück ins warme Wasser sinken.
„Willst du mir davon erzählen?“
„Mhm“, gibt er brummend als Antwort, ehe er anfängt zu erzählen: „Wenn es in meiner Welt tatsächlich immer Magie gegeben hat, die allerdings vor uns versteckt existiert hat, dann muss etwas passiert sein, damit es nun nicht mehr so ist. Es könnte sein, dass dein Auftauchen etwas damit zu tun hat.“
„Du meinst, dass es meine Schuld ist?“, frage ich ruhig nach.
„Was? Nein! Lass es mich anders formulieren“, antwortet Killian mir. „Ich meinte eher, dass du vielleicht in unsere Welt gezogen wurdest, weil in meiner Welt etwas Magisches kaputt gegangen ist und dieses Ereignis auch Einfluss auf die Magie eurer Welt hatte.“ Der Mensch seufzt. „Kann natürlich auch Schwachsinn sein. Ich hab zu viele Fantasybücher gelesen.“ Ich lasse mich bis zur Nase ins Wasser sinken und atme die letzte Luft durch meinen Mund aus, was Blasen vor meinem Gesicht bildet. Der Mensch beugt sich vor, um zu mir in die Wanne sehen zu können, woraufhin ich meinen Kopf leicht zu ihm drehe. „Was machst du da?“ Seine Stimme klingt nun wieder amüsiert.
„Ausatmen“, antworte ich unter Wasser. Killian lacht und schüttelt den Kopf.
„Sag mal, bekommst du in dem warmen Badewasser genug Sauerstoff, wenn du unter Wasser atmest?“
„Ja, wieso?“, antworte ich mit einer Gegenfrage.
„Ich kann dich nicht verstehen.“
Ich atme das Wasser aus, tauche wieder auf und lehne mich gemütlich zurück. Meinen Kopf stütze ich auf das Handtuch, das Killian mir als Kissen bereitgelegt hat. „Ja, ich kann in dem Wasser gut atmen.“
„Macht es für dich einen Unterschied, ob du Luft oder Wasser atmest?“
Auf Killians Frage schüttle ich den Kopf. „Es ist nur wichtig, dass ich die Luft ausatme, bevor ich Wasser einatme und umgekehrt. Wenn ich noch Luft eingeatmet habe, ist es unangenehm, Wasser einzuatmen. Das fühlt sich an, als würde jemand von außen fest auf meinen Brustkorb drücken. Und wenn meine Atemwege mit Wasser gefüllt sind und ich Luft einatme, huste ich so lange, bis ich das gesamte Wasser abgehustet habe. Das ist sehr kräftezehrend und je nachdem, wie viel Wasser es ist, schmerzhaft.“
Killian nickt, als er mir zuhört. „Klingt nicht besonders ansprechend.“ Er rutscht etwas näher an die Wanne und stützt seine kräftigen Arme an dem Rand der Wanne ab. Nun mustert er mich interessiert. „Es fällt mir immer noch schwer zu glauben, dass du tatsächlich echt bist, dabei bist du schon einige Tage bei mir.“ Er sieht ins Wasser, dann auf meine Flosse. „Und dann noch diese Fee, die sagt, dass es in meiner Welt echte Magie gibt. Klar träumt man mal davon, wie es wohl wäre, wenn man einem magischen Wesen aus einem seiner liebsten Büchern begegnet. Aber dann passiert es und es ist doch ganz anders, als man es sich jemals vorgestellt hätte.“ Ich hebe meine Hand aus dem Wasser und lege sie an Killians Kinn. Sanft drehe ich seinen Kopf zu mir. Er zieht einen seiner Mundwinkel hoch, dennoch er nimmt meine Hand aus seinem Gesicht. „Dass eine Meerjungfrau so intensiven Körperkontakt sucht, hätte ich beispielsweise nicht gedacht.“ Nun grinst er mich an.
„Deine Körperwärme ist sehr angenehm. Du ziehst mich fast schon magisch an“, erkläre ich.
„Meine Körperwärme. Hm.“ Killian gibt einen brummenden Laut von sich, während er überlegt. „Das ist also der Grund, wieso du meine Nähe suchst.“
„Es ist nicht der einzige Grund“, antworte ich ehrlich.
Der neutrale Gesichtsausdruck des Menschen wird wieder frecher. Durch sein Grinsen bilden sich die Grübchen an seinen Wangen, die mir so gut gefallen. „Du hast noch mehr Gründe?“
„Möglich“, antworte ich verspielt.
„Würdest du sie mit mir teilen?“
„Ich mag deinen Duft“, gestehe ich, wobei ich die Mimik des Menschen genau im Auge behalte. „Ich kann es nicht erklären, aber ich fühle mich an deiner Seite sehr wohl. Du gibst mir das Gefühl, in dieser fremden Welt in Sicherheit zu sein.“ Das Grinsen in Killians Gesicht wirkt nun nicht mehr so frech wie gerade eben. Er macht sogar den Eindruck, als wäre er etwas verlegen.
„Wow“, gibt Killian von sich. Ich merke ganz genau, dass er seine Verlegenheit durch ein Lachen überspielen möchte. „Das äh-“ Killian räuspert sich. „Danke.“ Der Mensch reibt seinen Nacken und atmet dann tief durch. „Ich würde gerne ins Bett gehen. Willst du noch bleiben oder willst du mitkommen?“
„Ich komme mit dir“, antworte ich, ohne groß zu überlegen.
„Sehr schön“, antwortet Killian und streckt sich zu meiner Flosse, um das Wasser aus der Wanne zu lassen.
Wir warten, bis die Wanne leer ist. Gerade, als ich nach dem Handtuch greifen möchte, nimmt Killian es an sich und legt es über seine Schulter. Er beugt sich zu mir und fasst unter meine Arme. Mit einem Ruck hebt er mich soweit an, dass ich mich auf den Rand der Wanne setzen kann.
„Vielen Dank, Killian.“
„Du musst mir nicht danken“, antwortet er. Ich halte mich an der Wanne fest, als Killian mir dabei hilft, meine Flosse aus der Wanne zu heben. Er wickelt das Handtuch um meinen Brustkorb, dreht sich dann um, um ein weiteres Handtuch aus dem Schrank hinter sich zu nehmen. Als er vor mir in die Knie geht, halte ich mich mit beiden Händen links und rechts meiner Hüfte an dem Wannenrand fest. Killian beginnt damit, mich vorsichtig trocken zu reiben. „Es stört dich doch nicht, oder?“
Auf seine Frage muss ich kichern. „Nein, das ist eigentlich sogar sehr angenehm.“
Killian legt seine Hand an meine Flosse, mit seinem Daumen streicht er über meine Schuppen, so wie er es bereits am Strand gemacht hat. Seine Faszination ist ihm auch heute deutlich anzusehen. Ich beobachte den Menschen, wie er sorgfältig dafür sorgt, dass ich wieder trocken werde. Nach und nach bilden sich meine Schuppen zurück, meine Flosse spaltet sich und meine magischen Beine kommen wieder zum Vorschein. Der Mensch zieht einen Mundwinkel hoch, als er diesen Vorgang beobachtet. Er legt seine Hand an meinen Unterschenkel und streicht erneut über eine meiner Schuppen, meine Haut entlang und hoch bis zu meinem Knie. Lächelnd strecke ich meine Hand aus und streiche durch Killians Haar, was ihn dazu bringt, zu mir nach oben zu sehen. Er räuspert sich und steht auf, dabei reicht er mir gleich die Hand, um mir hoch zu helfen. Ich greife danach und stehe auf, bemerke allerdings sofort, dass das keine gute Idee war mich so zu beeilen. Meine Beine sind noch zu schwach, um mein Gewicht zu tragen. Glücklicherweise fängt Killian mich auf.
„Ist alles okay?“, fragt er erschrocken.
„Ich brauche noch einen Moment, um wieder Gefühl in meinen Beinen zu bekommen“, antworte ich. „Entschuldige, ich hätte sitzen bleiben sollen.“
Der Mensch lacht, er hält mich sicher im Arm und drückt mich einen Moment an sich. „Nein, schon gut.“ Killian hält mich mit einem Arm nah an seinem Oberkörper, mit dem anderen reicht er mir das Handtuch. „Hier, trockne deine Haare.“
„Danke.“ Etwas umständlich wickle ich meine Haare in das Handtuch. Kaum habe ich das getan, hebt Killian mich hoch und trägt mich aus dem Badezimmer. Er bleibt erst stehen, als wir im Schlafzimmer ankommen. Mit großer Vorsicht setzt er mich auf dem Bett ab, außerdem reicht er mir etwas zum Anziehen aus der Schublade, die er für mich frei gemacht hat.
„Du hättest mich nicht tragen müssen. In ein paar Minuten kommt das Gefühl in meinen Beinen wieder.“
„Ich wollte es aber“, antwortet er mir grinsend.
Ohne weitere Worte verlässt er das Schlafzimmer wieder. Ich drücke das Wasser aus meinen Haaren, trockne meinen Oberkörper und ziehe die bequeme Kleidung an, die Killian mir hingelegt hat.
„Brauchst du die Handtücher noch?“, fragt Killian, als er ins Schlafzimmer sieht.
„Nein, danke.“ Ich knülle sie zusammen und werfe das Bündel zur Tür, werfe es jedoch nicht weit genug, sodass es vor Killian zu Boden fällt. Er lacht leise, hebt es auf und verlässt das Schlafzimmer wieder.
„Hey! Lach mich nicht aus, ich werfe nicht oft mit Gegenständen“, beschwere ich mich, bin dabei jedoch keine Sekunde ernst.
„Das hat man gesehen“, erklingt Killians Stimme aus dem Wohnzimmer. Ich mache es mir in der Zwischenzeit bequem. Killian löscht das Licht in der Wohnung und klettert dann zu mir ins Bett. Kaum hat er sich zugedeckt, schlüpfe ich zu ihm unter die Decke. Er empfängt mich mit offenen Armen und streicht über meinen Rücken, sobald ich mich gegen seinen Oberkörper lehne.
„Denkst du, dass wir die Fee jemals wiedersehen?“, frage ich in die Dunkelheit.
„Wir werden die Augen offen halten“, verspricht Killian mir. „Wir wissen jetzt, dass es in meiner Welt Magie gibt. Ich kann es zwar immer noch nicht richtig glauben, aber die Fee war echt. So echt wie du es bist. Ich muss das immer noch sacken lassen.“
„Was machen wir als nächstes?“
„Das klügste wäre wohl, nach Anzeichen für echte Magie zu suchen. Vielleicht finden wir jemanden, der uns helfen kann“, erklärt Killian.
Ich nicke, Killian kann es zwar nicht sehen, aber dafür spüren. „Auch wenn die Fee mir nicht einmal ihren Namen verraten wollte und sie schnell wieder verschwunden ist, bin ich froh, dass wir ihr begegnet sind.“ Ich lächle. „Sie hat mir Hoffnung gegeben. Ich habe das Gefühl, dass ich bald wieder nach Hause komme.“
Killian schweigt einen Moment. Ich höre, dass er einen tiefen Atemzug nimmt. „Ich wünsche es dir, auch wenn es mein Leben wieder langweiliger machen wird.“
„Langweilig?“, frage ich nach und streiche über Killians Brustkorb. „Unsinn. Du lebst jetzt in einer Welt voller Magie. Dir wird nie wieder langweilig sein, wenn du genau hinsiehst.“
„Nett, dass du das sagst.“ Der Mensch gähnt und zieht mich näher an seinen Brustkorb. „Ich bin gespannt, was wir noch so entdecken werden.“
„Ich auch“, stimme ich Killian zu und schmiege mich an seinen warmen Körper.
Killian streicht durch mein feuchtes Haar. Er krault meinen Nacken. Mit geschlossenen Augen genieße ich die Ruhe und seine Berührungen, die nach und nach immer sanfter und sanfter werden, bevor sie ganz stoppen.
Killians leises Schnarchen ertönt. Der Mensch ist eingeschlafen. Das ging schnell. Sanft streiche ich über seinen Brustkorb, um das Schnarchen verstummen zu lassen, damit ich ebenfalls zur Ruhe kommen kann.