Aller guten Dinge sind drei
von Maybe44
Kurzbeschreibung
Nach Anjas Weggang ist der Kontakt zu Franz Hubert gänzlich abgebrochen. Liegt die Chance auf einen Neuanfang vielleicht in der Teilnahme an einem internationalen Kongress, welche ihr eine unerwartete neue Bekanntschaft beschert?
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P12 / Gen
Dr. Anja Licht
Franz Hubert
23.10.2020
21.11.2020
11
12.191
12
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Dieses Kapitel
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23.10.2020
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Nur mit größter Mühe gelang es Doktor Anja Licht, den Reißverschluss ihres vollgepackten Koffers zu schließen. Wahrscheinlich hatte sie wie üblich viel zu viel eingepackt. Die bevorstehende Reise stimmte sie eigenartig melancholisch. Sie würde nach über einem Jahr erstmals wieder zurück nach Europa reisen. Zwar würde die Reise sie nicht in ihr Heimatland Deutschland führen, aber zumindest in die Nähe, nach London. Seufzend strich sie sich eine blonde Haarsträhne, die sich aus ihrem lockeren Pferdeschwanz gelöst hatte, zurück hinter das Ohr.
In den letzten Wochen hatte sie häufig an ihre alte Heimat gedacht. An Bayern, an Wolfratshausen. Nachdem die erste Aufregung, die Freude darüber, endlich einmal etwas Neues zu erleben, abgeebbt war, hatte sich schnell ein angenehmer Alltag eingestellt. Ihre Arbeit an einem renommierten Institut für Rechtsmedizin machte ihr Spaß. Sie hatte Freunde gefunden hier in Kanada, gute Freunde, mit welchen sie ihre Freizeit verbrachte.
Doch in letzter Zeit schien ihr das nicht mehr zu genügen. Sie hatte begonnen, alte Fotos auszugraben und sich stundenlang in deren Betrachtung zu verlieren. Sie hatte sich Morgens bei einem Blick aus ihrem Fenster gefragt, wie das Wetter in Wolfratshausen wohl sein mochte. Sie hatte ihr Telefon minutenlang in der Hand gehalten, nur um es schließlich unverrichteter Dinge wieder einzustecken, ohne den einen Anruf zu tätigen, der ihr auf der Seele brannte.
Was hätte sie auch sagen sollen? 'Servus Hubsi, lange nichts mehr gehört, wie geht's denn immer so?' Nachdem sie es gewesen war, die den Kontakt schließlich abgebrochen hatte, die seine Anrufe nicht mehr angenommen und nicht erwidert hatte, wäre das wohl etwas wenig gewesen. Und selbst wenn Hubsi das Gespräch nicht sogleich beendet hätte, wie hätte es weitergehen sollen? 'Du, I bin übrigens in Kanada. S is schee da, aber langsam vermiss I mei alte Heimat, daher dachte I, I lass mal wieder von mir hören.' Sicher nicht!
Noch einmal blickte sie sich in ihrer kleinen Wohnung um, schlüpfte in ihre Jacke und griff ihre Handtasche und den schweren Koffer, den sie kaum zu tragen vermochte. Das Taxi wartete, sie war spät dran. Sie hatte schließlich einen Flug zu erreichen.
8.355 km östlich schob Sabine Kaiser einen letzten Stapel Unterlagen auf ihrem Schreibtisch ordentlich zusammen und richtete die Rufumleitung ihres Diensttelefons ein. Dann griff sie nach ihrer Tasche und begab sich zwei Türen weiter in das Gemeinschaftsbüro, welches sich ihre beiden älteren Mitarbeiter teilten. Franz Hubert und Reimund Girwidz saßen sich stumm gegenüber und schienen nicht sonderlich beschäftigt. "Na, nichts zu tun?" fragte die Polizeirätin süffisant.
Während Girwidz wenigstens noch den Anschein erweckte, gerade eben nur über eine Formulierung für einen ausstehenden Bericht gegrübelt zu haben, zuckte Hubert lediglich mit den Schultern und blickte aus dem Fenster.
Sabine atmete tief durch. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie keine Zeit mehr hatte, um lange Diskussionen mit ihren Untergebenen über deren Arbeitsmoral zu führen. Also verkündete sie "Ich bin dann weg. Der Kongress, sie erinnern sich?"
Beide Polizisten blickten sie verständnislos an.
Die Polizeirätin winkte ab. "Wie auch immer, Christina weiß über alles Bescheid. Ich bin Ende der Woche wieder zurück. Versuchen sie in der Zwischenzeit, niemandem allzusehr auf den Schlips zu treten... Und nehmen Sie den Riedl mal mit raus auf Streife."
Wohlwissend, dass sie keine sachdienliche Antwort zu erwarten hatte, wandte sie sich zum Gehen.
Als ihre Vorgesetzte das Büro verlassen hatte, blickten die beiden Beamten sich an.
"Kongress?" fragte Girwidz.
Hubert zuckte desinteressiert mit den Schultern. "Mir wurscht wo die hinfährt, Hauptsache sie is ned da und mer ham unser Ruh." Entspannt verschränkte er die Hände hinter seinem Kopf, legte die Füße auf den Aktenbock und schloss die Augen.
"Ein mehrtägiger Kongress? Als ich noch Polizeirat war, wurde ich nie auf so etwas eingeladen. Das ist doch bestimmt so eine Frauenquoten-Sache!" echauffierte der Polizeirat a.D. sich lautstark. "Fräulein Bayer!?"
"Ja?" Christina Bayer, der Neuzugang im Polizeirevier Wolfratshausen, bot voller Elan um die Ecke.
"Die Kaiser... was ist das gleich für ein Kongress?"
"Na der Kongress vom IAWP in London."
"Hä? IA... Bitte was? Und hab ich gerade richtig gehört- sagten Sie London?"
Christina nickte. "Genau, London. Das ist ein Austausch für Frauen der Strafverfolgungsbehörden weltweit, die International Association of Women Police. Frau Kaiser wird dort sogar eine Rede halten!" verkündete sie nicht ohne Stolz.
"Hubert! Haben Sie das gehört? Die Kaiser darf sogar nach London fliegen! Und eine Rede halten! Glaubt man's denn?"
Hubsi öffnete das rechte Auge einen Spalt weit. "Sie hams doch gehört, da san Weiber aus aller Welt unter sich. Was hättens denn da gewollt?"
"Hrmmm." Trotzig verschränkte Girwidz seine Arme vor der Brust.
Christina räusperte sich. "Ich geh dann mal wieder an die Arbeit, wenn das alles war?"
Hubert schloss die Augen wieder und Girwidz tat es ihm gleich, auch wenn sein Gesichtsausdruck verriet, dass er immer noch beleidigt war.
Seufzend trat die junge Polizistin den Rückzug an. Sie hoffte inständig, dass sie ihrer Vorgesetzten bei deren Rückkehr Ende der Woche nicht allzuviele Katastrophen zu vermelden haben würde.
In den letzten Wochen hatte sie häufig an ihre alte Heimat gedacht. An Bayern, an Wolfratshausen. Nachdem die erste Aufregung, die Freude darüber, endlich einmal etwas Neues zu erleben, abgeebbt war, hatte sich schnell ein angenehmer Alltag eingestellt. Ihre Arbeit an einem renommierten Institut für Rechtsmedizin machte ihr Spaß. Sie hatte Freunde gefunden hier in Kanada, gute Freunde, mit welchen sie ihre Freizeit verbrachte.
Doch in letzter Zeit schien ihr das nicht mehr zu genügen. Sie hatte begonnen, alte Fotos auszugraben und sich stundenlang in deren Betrachtung zu verlieren. Sie hatte sich Morgens bei einem Blick aus ihrem Fenster gefragt, wie das Wetter in Wolfratshausen wohl sein mochte. Sie hatte ihr Telefon minutenlang in der Hand gehalten, nur um es schließlich unverrichteter Dinge wieder einzustecken, ohne den einen Anruf zu tätigen, der ihr auf der Seele brannte.
Was hätte sie auch sagen sollen? 'Servus Hubsi, lange nichts mehr gehört, wie geht's denn immer so?' Nachdem sie es gewesen war, die den Kontakt schließlich abgebrochen hatte, die seine Anrufe nicht mehr angenommen und nicht erwidert hatte, wäre das wohl etwas wenig gewesen. Und selbst wenn Hubsi das Gespräch nicht sogleich beendet hätte, wie hätte es weitergehen sollen? 'Du, I bin übrigens in Kanada. S is schee da, aber langsam vermiss I mei alte Heimat, daher dachte I, I lass mal wieder von mir hören.' Sicher nicht!
Noch einmal blickte sie sich in ihrer kleinen Wohnung um, schlüpfte in ihre Jacke und griff ihre Handtasche und den schweren Koffer, den sie kaum zu tragen vermochte. Das Taxi wartete, sie war spät dran. Sie hatte schließlich einen Flug zu erreichen.
8.355 km östlich schob Sabine Kaiser einen letzten Stapel Unterlagen auf ihrem Schreibtisch ordentlich zusammen und richtete die Rufumleitung ihres Diensttelefons ein. Dann griff sie nach ihrer Tasche und begab sich zwei Türen weiter in das Gemeinschaftsbüro, welches sich ihre beiden älteren Mitarbeiter teilten. Franz Hubert und Reimund Girwidz saßen sich stumm gegenüber und schienen nicht sonderlich beschäftigt. "Na, nichts zu tun?" fragte die Polizeirätin süffisant.
Während Girwidz wenigstens noch den Anschein erweckte, gerade eben nur über eine Formulierung für einen ausstehenden Bericht gegrübelt zu haben, zuckte Hubert lediglich mit den Schultern und blickte aus dem Fenster.
Sabine atmete tief durch. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie keine Zeit mehr hatte, um lange Diskussionen mit ihren Untergebenen über deren Arbeitsmoral zu führen. Also verkündete sie "Ich bin dann weg. Der Kongress, sie erinnern sich?"
Beide Polizisten blickten sie verständnislos an.
Die Polizeirätin winkte ab. "Wie auch immer, Christina weiß über alles Bescheid. Ich bin Ende der Woche wieder zurück. Versuchen sie in der Zwischenzeit, niemandem allzusehr auf den Schlips zu treten... Und nehmen Sie den Riedl mal mit raus auf Streife."
Wohlwissend, dass sie keine sachdienliche Antwort zu erwarten hatte, wandte sie sich zum Gehen.
Als ihre Vorgesetzte das Büro verlassen hatte, blickten die beiden Beamten sich an.
"Kongress?" fragte Girwidz.
Hubert zuckte desinteressiert mit den Schultern. "Mir wurscht wo die hinfährt, Hauptsache sie is ned da und mer ham unser Ruh." Entspannt verschränkte er die Hände hinter seinem Kopf, legte die Füße auf den Aktenbock und schloss die Augen.
"Ein mehrtägiger Kongress? Als ich noch Polizeirat war, wurde ich nie auf so etwas eingeladen. Das ist doch bestimmt so eine Frauenquoten-Sache!" echauffierte der Polizeirat a.D. sich lautstark. "Fräulein Bayer!?"
"Ja?" Christina Bayer, der Neuzugang im Polizeirevier Wolfratshausen, bot voller Elan um die Ecke.
"Die Kaiser... was ist das gleich für ein Kongress?"
"Na der Kongress vom IAWP in London."
"Hä? IA... Bitte was? Und hab ich gerade richtig gehört- sagten Sie London?"
Christina nickte. "Genau, London. Das ist ein Austausch für Frauen der Strafverfolgungsbehörden weltweit, die International Association of Women Police. Frau Kaiser wird dort sogar eine Rede halten!" verkündete sie nicht ohne Stolz.
"Hubert! Haben Sie das gehört? Die Kaiser darf sogar nach London fliegen! Und eine Rede halten! Glaubt man's denn?"
Hubsi öffnete das rechte Auge einen Spalt weit. "Sie hams doch gehört, da san Weiber aus aller Welt unter sich. Was hättens denn da gewollt?"
"Hrmmm." Trotzig verschränkte Girwidz seine Arme vor der Brust.
Christina räusperte sich. "Ich geh dann mal wieder an die Arbeit, wenn das alles war?"
Hubert schloss die Augen wieder und Girwidz tat es ihm gleich, auch wenn sein Gesichtsausdruck verriet, dass er immer noch beleidigt war.
Seufzend trat die junge Polizistin den Rückzug an. Sie hoffte inständig, dass sie ihrer Vorgesetzten bei deren Rückkehr Ende der Woche nicht allzuviele Katastrophen zu vermelden haben würde.