To the top (of your heart)
von xoxokarmaxoxo
Kurzbeschreibung
Kazuko Sawamura besucht die Karasuno Oberschule nun seit zwei Jahren. Während sie als Nebenaktivität dem Schulchor beiwohnt, ist ihr Bruder der Kapitän der Volleyballmannschaft. In ihrer Freizeit unterstützt sie sowohl ihn, als auch Kiyoko - die Managerin - mit dem Ausbau der Mannschaft in jedweder Richtung. Als dann jedoch ein Tag in der Mitte des zweiten Jahres auf dem Plan steht, fasst sie endlich den Mut ihrem Schwarm ihre Liebe zu gestehen. Sugawara Koshi - der beste Freund ihres Bruders. Unerwartet kommt dieser ihr jedoch zuvor und zerschlägt ihre Aussicht auf eine Annäherung direkt in zwei. Ob dies jedoch eine ehrliche Entscheidung seinerseits war? Mit dem Plan „Sugawara“ stürzt sie sich also in die Mission, ihren Kindheitsschwarm für sich zu gewinnen mit dem gut bewährten Mittel der Eifersucht.
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P18 / Gen
Kozume Kenma
Nishinoya Yuu
Oikawa Tooru
Sawamura Daichi
Sugawara Koushi
Ushijima Wakatoshi
23.10.2020
24.12.2020
67
150.338
45
Alle Kapitel
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Dieses Kapitel
4 Reviews
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19.12.2020
2.511
Steckte ich in einer Zeitschleife fest? Erneut riss es mich aus dem festen Schlaf und ich saß kerzengrade im Bett. Ich musste sofort und ohne Umschweife erfahren, was gestern in der Nacht passiert war, doch zuerst musterte ich die Umgebung um mich herum. Ein helles Zimmer, nicht zu groß, aber definitiv geräumiger als mein eigenes Schlafzimmer. Ich saß in einem Doppelbett, jedoch mit einer einzigen großen Matratze darin, umgeben von einer genauso großen Decke. Und ich selbst hatte ein weniger vertrautes Shirt an, welches ich ebenso unter die Lupe nahm. Ushiwakas Trainingsshirt. Aber Wakatoshi selbst war nicht aufzufinden.
Der nächste Schlag traf mich – mein BH war nicht mehr Ort und Stelle, nur eine Pantie trug ich. Oh lieber Gott, wo hatte ich mich da wieder reingeritten? Angespannt stemmte ich mich aus dem Bett raus und tapste noch schlaftrunken und vor allem mit einem massiven Kater über das Laminat des Schlafzimmers, hinaus in den Flur. Mein Kopf fühlte sich an, als hätte man ihn mit Blei vollgepumpt.
Es half aber alles nichts, ich musste Wakatoshi finden – ich musste ihn fragen was passiert war und nach der Antwort würde ich mich entweder aus dem Fenster stürzen oder erleichtert aufatmen. Vermutlich wurde ich deshalb so hellhörig, wie ich das Geklimper von Gläsern in der Küche vernehmen konnte und schaute schnell um die passende Ecke. Ushiwaka stand nur mit zwei Handtüchern bekleidet, eines um seine Hüfte geschwungen, das andere über seine Schulter gelegt, zwischen Küchenblock und – Insel und schien etwas zum Frühstück zu zaubern. Es roch definitiv nach geröstetem Brot und während ich mir das Shirt mehr über meine Beine zog, erklomm ich leise einen der Barhocker außerhalb der Insel.
„Guten Morgen“, hallte es nur von ihm zu mir hinüber, dabei drehte er sich jedoch nicht um und schaute auch nicht über seine Schulter zu mir. Wakatoshis Stimme war genauso basshalltig, wie immer. Die gestrige Party schien ihm nichts ausgemacht zu haben. Er wirkte so ausgelastet, wie sonst auch. Nicht müde, nicht annähernd so platt, wie ich mich fühlte. Überfahren und kaum noch überlebensfähig.
„H-hallo“, murmelte ich zurück und blieb still, bis Ushijima sich endlich zu mir drehte. Er händigte mir ein Glass Wasser aus, mit Sprudeltablette inklusive und stellte mir außerdem einen Teller mit Brot vor die Nase. Eine Stulle belegt mit Käse, die andere mit Marmelade bestrichen. Ushiwaka wusste wohl nicht, ob ich es eher süß oder herzhaft mochte – dass er sich Gedanken machte, ließ mich innerlich warm werden.
Wakatoshi stellte sich mir gegenüber, in seiner Hand hielt er eine Tasse. Es duftete nach schwarzem Kaffee. Daran nippte er immer wieder, gleichzeitig ließ sein Blick mich nicht los. Ich jedoch hing auf diesem Stuhl fest, wie ein Schluck Wasser – auf den Teller mit den Broten niederstarrend und meine Hand angespannt um das Wasserglas geschlungen. Die gestrige Nacht fühlte sich an, wie ein Filmriss. Nachdem wir die Bar verlassen hatten, war alles schwarz und es war schon schlimm genug, dass ich mich daran erinnerte, die Jungs ungeniert angetanzt zu haben. Zumindest spielten sich immer wieder zwei sekündliche Szenen in meinem Kopf ab.
„Welche Frage liegt dir schwerer auf dem Herzen – ob wir es getan haben oder ob noch schlimmere Dinge passiert sind letzte Nacht?“, Ushiwaka schwang seine Tasse in leichten Kreisen, um die Flüssigkeit in ihr in Bewegung zu halten. Ich hingegen traute mich kaum über den Rand des Tellers hinauszuschauen.
„Ich habe mich total daneben benommen … zumindest in der Bar. Danach kann ich mich nicht erinnern“, murmelte ich leise vor mich hin und direkt in die Arbeitsplatte vor mir hinein. Ich hoffte so sehr, es sei nichts passiert. Ushijima war ein toller Mann. Aber es gab etwas, was zwischen uns stehen würde – die Liebe und Verschriebenheit zum Volleyball. Denn während ich mit dieser Leidenschaft aus und eingehen konnte, hielt sie Wakatoshi fest im Griff. Das war okay, er würde es weit bringen. Aber das hieß auch, das sein Fokus woanders nicht liegen durfte.
„Ich will dich nicht lange auf die Folter spannen; wir haben nicht miteinander geschlafen“, mein Blick hob sich an und ich erwiderte Wakatoshis Gesagtes mit einem kurzen Nicken. Mein Herz beruhigte sich, auch wenn es wohl nie ganz aufhören würde, Aufregung zu schieben. Solange ich mich nicht selbst erinnern könnte, würde ich immer das Gefühl habe, dass etwas fehlte.
„Was hat uns gehindert?“, ich setzte mich gerader hin, während ich auf eine ausführliche Antwort von Seiten Ushijimas wartete. Ich vertraute ihm, dieser junge Mann würde mich nicht anlügen. Das hatte ich tief im Gefühl. Deshalb blieb ich ruhig und hätte auch ewig auf eine Entgegnung seinerseits gewartet.
„Du sagtest, dass wir das nicht tun könnten, weil du einen Freund hast und er dir wichtig sei. Das habe ich akzeptiert, dich ins Bett gebracht und keine drei Sekunden später, hast du auch schon tief und fest geschlafen. Ich lag die ganze Nacht neben dir für den Fall, dass du tatsächlich noch an deiner Kotze erstickst“, Wakatoshi stellte seine leere Tasse in die Abwäsche, während ich nur nervös nicken konnte. Was musste Ushijima von mir denken? Dass ich meinem Freund fremdginge? Das ich eine untreue blöde Kuh war?
„Ich … ich habe eigentlich keinen Freund. Ich meine … er ist ein Freund, aber ich mag ihn mehr als das. Vermutlich hat mein Gewissen gebissen. Ich hoffe, du bist mir jetzt nicht sauer“, meine Stimme zitterte und wirkte viel kleiner, als sonst. Ich war mir sicher, dass alles was in der Nacht passiert war, so passierte, weil ich es wollte. Und trotzdem irgendwie nicht.
Ushijima hingegen konnte dazu nichts sagen. Zog sein Handtuch nur fester um sein Becken und wollte mich gerade durch die Tür in den Flur verlassen, doch ich sprang schnell, wenn auch wackelig von meinem Stuhl und langte ohne nachzudenken, nach seinem Handgelenk: „Ich habe dich gern. Und alles, was du mir gestern gesagt hast, ließ mich auf Wolken schweben. Ich weiß nur nicht … was ich denken soll und ich will dir keine Hoffnungen geben, wenn ich nicht einmal selbst weiß, ob da was ist.“
Dass Wakatoshi nicht so ausschaute, als sei er unglaublich enttäuscht, das ließ mich sowohl aufatmen, als auch irgendwie traurig werden. Ich fand keine Antwort darauf, warum das so war, doch Ushiwaka stellte sich schnell ordentlich zurück auf die Beine und nickte es nur mehr oder weniger ab: „Iss und mach dich fertig. In einer Stunde müssen wir beim Vorentscheid sein.“
Die nächste Neuigkeit die einschlug, wie ein Blitz. Deshalb stand ich da, mitten in der Tür, Ushijima von mir wegschleichend, direkt ins Badezimmer. Mit meinem Gesicht in den Händen vergraben, erklomm ich den Stuhl erneut und versuchte mir sowohl die Brote, als auch das Wasser hinunter zu zwängen. Es dauerte und mein Hunger trieb es definitiv nicht ein, denn wie ich so daran dachte, dass mein Bruder nicht wusste, wo ich war und ich es ihm bis zum Vorentscheid auch nicht sagen konnte, ließ mich das frische Essen beinahe direkt wieder ausreihern.
Trotzdem riss ich mich zusammen, schmiss mich schnell in sämtliche Kleidung, das Shirt behielt ich jedoch über meinen Torso gezogen und gemeinsam mit Ushijima verließen wir pünktlich seine Wohnung. Unser Weg führte uns direkt zur Shiratoirizawa, wo der Rest schon langsam in den Mannschaftsbus stieg und ich nun darum betteln durfte, mich irgendwo dazwischen zu klemmen. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Trainer konnte Ushijima mich jedoch dazu schummeln und ich landete neben Semi, der mir Gott sei Dank, tatsächlich meine Tasche mitgebracht hatte.
Im gleichen Moment war ich ebenso froh, dass mich der Rest nicht auf den gestrigen Abend ansprach, sondern mich lediglich breit angrinste. Nachdem ich jedoch durch meine kleine Tasche wühlte und endlich mein Telefon auffand, da wollte ich direkt nach einer Kotztüte verlangen. Jetzt konnte auch Gott mir nicht mehr helfen. Und Lucifer wollte mich holen kommen.
Mit rasendem Herzen fuhren meine Augen den Handyscreen ab und ich spürte die sich anschleichende Panikattacke tief in meinem Nacken sitzen. 45 verpasste Anrufe und unzählige ungelesene Nachrichten von Daichi. Es ging von „wo um alles in der Welt bist du?“ über „morgen zerreiße ich dich in die minimalsten Einzelteile“ bis zu „es tut mir so leid, dass ich alles falsch gemacht habe, ich hoffe du lebst noch“. Verdammt, das war echt der größte Mist, den ich je verzapft hatte. Schlimmer ging es nicht. Aber es wäre ein Wunder, wenn das alles gewesen wäre. Denn hinter Daichis Stress reihten sich noch andere Menschen an. Gefühlt setzte er das ganze Team in eine Alarmbereitschaft. Shimizu hatte es versucht, Yachi auch. Sogar Noya, Sugawara und Kageyama hatten mir auf die Box gesprochen. Ich fühlte mich so schuldig. Und ganz hinten reihte sich sogar noch jemand ein … Kuroo. Und darunter … Kenma. Schnell klickte ich auf den kleinen virtuellen Brief und sog ihn in mich auf: >>Ko, Daichi klingelt Sturm bei mir. Hoffentlich ist dir nicht passiert. Schreib‘ mir bitte, okay? Wir müssen uns unterhalten.<<
Mein Herz wollte die Tränen aus meinen Augen pressen. Kenma war noch da. Er wusste, dass ich noch da war und er hatte sich Sorgen gemacht. Ich war so froh und gleichzeitig tot traurig, dass ich ihm ebenso Gedanken bereitet hatte. Und so sehr ich ihm jetzt auch Bescheid geben wollte, dass alles okay war, so bombardierte ich doch erst meinen Bruder voll.
>>Hey, mir geht’s gut. Gestern war Chaos, ich hab mein Handy verloren. Tut mir leid – BITTE FAHR ZUM VORENTSCHEID! Wir treffen uns da, ich sitze bei Anpfiff im Block. Versprochen.<<
Die Antwort, welche daraufhin zurück kam, war definitiv nicht die netteste. Mein Bruder verfluchte mich, heulte wohl auch und würde mir gerne den Kopf abreißen. Das war mir bewusst und dennoch hoffte ich einfach, der Vorentscheid konnte so starten, dass alles funktionieren würde. Wenn diese Chance wegen wir flöten ging, dann würde meine Seele aber ohne zu fragen direkt meinen Körper verlassen. Und verzeihen, dass die Drittklässler so aus dem Volleyball austreten würden, könnte ich mir nie.
Angekommen, fiel ich fast als erste aus dem Bus und am liebsten wäre ich direkt drauflos gerannt, aber es gab jemanden den ich bei all der Hektik nicht vergessen wollte. Ushijima stand neben seiner Truppe, die in den Kofferraum schauten. Er jedoch hatte seinen Blick auf mir. Schnell kam ich zurück, fiel ihm in die Arme, was ihn zu überraschen schien – noch immer. Dennoch erwiderte er, sein Kopf legte sich auf meinen Kopf nieder.
„Ich hoffe, du hast die Katze dabei“, flüsterte ich sachte in sein Shirt und schaute dann auf. Er griff daraufhin nur in seine Tasche und ließ die schneeweiße Katze von seinem Ringfinger baumeln. Mein Herz setzte freudig aus.
„Wir sehen uns, nehme ich an“, kam es trocken zurück und Ushijima legte seinen großen Kopf ein wenig schief. Er war nicht gut, im auf Wiedersehen sagen, aber das war okay, denn ich konnte das auch nicht so gut.
„Wir sehen uns“, entgegnete ich und nickte ihm ab, bevor ich dann noch nie so schnell gerannt war, um mein Ziel zu erreichen. Denn mein Bruder war nun wichtig und nichts würde mich davon abhalten, ihm zuzusehen. Ich hoffte, noch früh genug anzukommen, damit er mich nicht erst entdeckte, wenn das Spiel bereits losging. Er sollte zumindest fünf Minuten vorher runterfahren können.
Deshalb stieß ich beim Eingang auch direkt ein paar Leute zur Seite, entschuldigte mich jedoch im gleichen Zug und nahm jede zweite Stufe der Treppe, um in den Zuschauerraum zu kommen. Noch schnell durch die passende Tür gestürzt, fiel ich in vollem Tempo direkt vorne gegen das Geländer und schrie laut auf: „Daichi! Ich bin jetzt da!“
Die ganze Truppe, aber auch der Rest der Zuschauerschaft und gefühlt alle Leute drum herum auch, schauten zu mir auf. Einige jubelten mir zu, mein Bruder jedoch fuhr sich mit dem Daumen über die Kehle und ich wusste – wenn das Spiel vorbei war, dann gab es aber den Hintern voll. So richtig mit Schmackes und ich würde danach für die nächsten drei Jahre nie wieder das Haus verlassen.
„Ja … dir auch viel Glück“, murmelte ich zu mir selbst und fasste mir geschafft an die Stirn. Mein Team wandte sich ab, seufzte selber vor Erleichterung aus und gleich könnte ich mich kurz Kenma widmen. Oder zumindest seiner Mail, denn wenn es danach ging, was er geschrieben hatte, machte auch er sich eine Menge Sorgen. Zu recht, wenn ich das so sagen durfte.
„Und dann taucht sie auch noch mit dem Fantrikot des Rivalen hier auf“, mit einem ruckartig Schwung drehte ich mich schnell um. Das konnte nicht wahr sein, da saß er ja wieder. Durch die schicke Brille und den dunklen Mantel wirkte er zwar wie eine andere Person, aber ich glaubte nicht, dass da irgendwas hintersteckte. Sofort fing auch ich an zu grummeln, denn neben ihm saß auch noch die Dumpfbirne Nummer zwei.
„Wie viele emotional-unabhängige Reden muss ich denn noch schwingen, bis du endlich verschwindest! Du genauso!“, ich zeigte mit meinem Zeigefinger auf beide Jungs und sowohl Oikawa, als auch Iwaizumi fühlten sich ertappt. Doch Tōru schien mehr damit beschäftigt zu sein, mein Oberteil abzufahren. So lange, bis er seine Augen weit aufriss und in den Stand aufsprung. Auf mich zurück zeigend. Ich wurde direkt ganz perplex.
„Das ist ja gar kein Fanshirt! Hast du etwa die Seiten gewechselt oder willst du mich verarschen?“, mir fiel die Mine aus dem Gesicht. Sofort stemmte ich als Antwort meine Hände in meine Hüfte und zeigte dem Jungen einen Vogel.
„Was geht dich das an? Du kannst endlich mal lernen, mich nicht mehr anzusprechen!“, ich kappte das Gespräch, musste mich dennoch direkt vor die beiden setzen und ich konnte Oikawas Blicke immer wieder in meinem Hohlkreuz spüren. Mit einem Zähnefletschen nahm ich das jedoch hin – fürs erste und wandte mich nun an Kenma.
Noch einmal laß ich über die Zeilen seiner Nachricht hinweg und konnte nicht anders, als erneut zu grinsen. Es dauerte einige Minuten, wie ich mir eine Antwort überlegen musste: >>Hallo Katerchen, es geht mir gut. Ich bin jetzt wieder bei meinem Bruder. Tut mir leid, dass er solch eine Panik geschoben hat. Schick‘ mir Ort und Uhrzeit und ich komme vorbei. Danke dir für deine Sorgen. Ich freue mich dich bald zu sehen .. – Kazuko<<
Ich hoffte, dass er seine Meinung nun nicht mehr änderte. Auch Kuroo schrieb ich, dass alles okay war, mehr bekam ich nach dem gestrigen Abend erst einmal nicht heraus, denn ich musste mir über meine Gefühle klar werden. Ich hatte Ushijima nur wegen Kuroo nicht stattgegeben, obwohl mein Körper so sehr wollte. Das musste doch was bedeuten … ja?
Mein Blick wurde jedoch schnell abgelenkt, wie die gegenüberliegenden Zuschauer laut aufbrüllten. Und wie ich meine Aufmerksamkeit anhob und die Jungs der Shiratoirizawa in die große Halle einmaschierten, da wollte ich es mir nicht nehmen lassen, zumindest zu winken. Und es kam zurück. Sowohl Semi, als auch Tendō und Kenjirō sprangen mir gegenüber in die Luft. Und Ushijima hielt mir von seinem Ringfinger baumelnd das kleine Kätzchen entgegen. Das würde etwas werden – aber egal, wie es ausgehen würde, eine der Parteien würde dieses Feld mit einem riesigen Schlag ins Gesicht verlassen. Soviel stand fest.
Der nächste Schlag traf mich – mein BH war nicht mehr Ort und Stelle, nur eine Pantie trug ich. Oh lieber Gott, wo hatte ich mich da wieder reingeritten? Angespannt stemmte ich mich aus dem Bett raus und tapste noch schlaftrunken und vor allem mit einem massiven Kater über das Laminat des Schlafzimmers, hinaus in den Flur. Mein Kopf fühlte sich an, als hätte man ihn mit Blei vollgepumpt.
Es half aber alles nichts, ich musste Wakatoshi finden – ich musste ihn fragen was passiert war und nach der Antwort würde ich mich entweder aus dem Fenster stürzen oder erleichtert aufatmen. Vermutlich wurde ich deshalb so hellhörig, wie ich das Geklimper von Gläsern in der Küche vernehmen konnte und schaute schnell um die passende Ecke. Ushiwaka stand nur mit zwei Handtüchern bekleidet, eines um seine Hüfte geschwungen, das andere über seine Schulter gelegt, zwischen Küchenblock und – Insel und schien etwas zum Frühstück zu zaubern. Es roch definitiv nach geröstetem Brot und während ich mir das Shirt mehr über meine Beine zog, erklomm ich leise einen der Barhocker außerhalb der Insel.
„Guten Morgen“, hallte es nur von ihm zu mir hinüber, dabei drehte er sich jedoch nicht um und schaute auch nicht über seine Schulter zu mir. Wakatoshis Stimme war genauso basshalltig, wie immer. Die gestrige Party schien ihm nichts ausgemacht zu haben. Er wirkte so ausgelastet, wie sonst auch. Nicht müde, nicht annähernd so platt, wie ich mich fühlte. Überfahren und kaum noch überlebensfähig.
„H-hallo“, murmelte ich zurück und blieb still, bis Ushijima sich endlich zu mir drehte. Er händigte mir ein Glass Wasser aus, mit Sprudeltablette inklusive und stellte mir außerdem einen Teller mit Brot vor die Nase. Eine Stulle belegt mit Käse, die andere mit Marmelade bestrichen. Ushiwaka wusste wohl nicht, ob ich es eher süß oder herzhaft mochte – dass er sich Gedanken machte, ließ mich innerlich warm werden.
Wakatoshi stellte sich mir gegenüber, in seiner Hand hielt er eine Tasse. Es duftete nach schwarzem Kaffee. Daran nippte er immer wieder, gleichzeitig ließ sein Blick mich nicht los. Ich jedoch hing auf diesem Stuhl fest, wie ein Schluck Wasser – auf den Teller mit den Broten niederstarrend und meine Hand angespannt um das Wasserglas geschlungen. Die gestrige Nacht fühlte sich an, wie ein Filmriss. Nachdem wir die Bar verlassen hatten, war alles schwarz und es war schon schlimm genug, dass ich mich daran erinnerte, die Jungs ungeniert angetanzt zu haben. Zumindest spielten sich immer wieder zwei sekündliche Szenen in meinem Kopf ab.
„Welche Frage liegt dir schwerer auf dem Herzen – ob wir es getan haben oder ob noch schlimmere Dinge passiert sind letzte Nacht?“, Ushiwaka schwang seine Tasse in leichten Kreisen, um die Flüssigkeit in ihr in Bewegung zu halten. Ich hingegen traute mich kaum über den Rand des Tellers hinauszuschauen.
„Ich habe mich total daneben benommen … zumindest in der Bar. Danach kann ich mich nicht erinnern“, murmelte ich leise vor mich hin und direkt in die Arbeitsplatte vor mir hinein. Ich hoffte so sehr, es sei nichts passiert. Ushijima war ein toller Mann. Aber es gab etwas, was zwischen uns stehen würde – die Liebe und Verschriebenheit zum Volleyball. Denn während ich mit dieser Leidenschaft aus und eingehen konnte, hielt sie Wakatoshi fest im Griff. Das war okay, er würde es weit bringen. Aber das hieß auch, das sein Fokus woanders nicht liegen durfte.
„Ich will dich nicht lange auf die Folter spannen; wir haben nicht miteinander geschlafen“, mein Blick hob sich an und ich erwiderte Wakatoshis Gesagtes mit einem kurzen Nicken. Mein Herz beruhigte sich, auch wenn es wohl nie ganz aufhören würde, Aufregung zu schieben. Solange ich mich nicht selbst erinnern könnte, würde ich immer das Gefühl habe, dass etwas fehlte.
„Was hat uns gehindert?“, ich setzte mich gerader hin, während ich auf eine ausführliche Antwort von Seiten Ushijimas wartete. Ich vertraute ihm, dieser junge Mann würde mich nicht anlügen. Das hatte ich tief im Gefühl. Deshalb blieb ich ruhig und hätte auch ewig auf eine Entgegnung seinerseits gewartet.
„Du sagtest, dass wir das nicht tun könnten, weil du einen Freund hast und er dir wichtig sei. Das habe ich akzeptiert, dich ins Bett gebracht und keine drei Sekunden später, hast du auch schon tief und fest geschlafen. Ich lag die ganze Nacht neben dir für den Fall, dass du tatsächlich noch an deiner Kotze erstickst“, Wakatoshi stellte seine leere Tasse in die Abwäsche, während ich nur nervös nicken konnte. Was musste Ushijima von mir denken? Dass ich meinem Freund fremdginge? Das ich eine untreue blöde Kuh war?
„Ich … ich habe eigentlich keinen Freund. Ich meine … er ist ein Freund, aber ich mag ihn mehr als das. Vermutlich hat mein Gewissen gebissen. Ich hoffe, du bist mir jetzt nicht sauer“, meine Stimme zitterte und wirkte viel kleiner, als sonst. Ich war mir sicher, dass alles was in der Nacht passiert war, so passierte, weil ich es wollte. Und trotzdem irgendwie nicht.
Ushijima hingegen konnte dazu nichts sagen. Zog sein Handtuch nur fester um sein Becken und wollte mich gerade durch die Tür in den Flur verlassen, doch ich sprang schnell, wenn auch wackelig von meinem Stuhl und langte ohne nachzudenken, nach seinem Handgelenk: „Ich habe dich gern. Und alles, was du mir gestern gesagt hast, ließ mich auf Wolken schweben. Ich weiß nur nicht … was ich denken soll und ich will dir keine Hoffnungen geben, wenn ich nicht einmal selbst weiß, ob da was ist.“
Dass Wakatoshi nicht so ausschaute, als sei er unglaublich enttäuscht, das ließ mich sowohl aufatmen, als auch irgendwie traurig werden. Ich fand keine Antwort darauf, warum das so war, doch Ushiwaka stellte sich schnell ordentlich zurück auf die Beine und nickte es nur mehr oder weniger ab: „Iss und mach dich fertig. In einer Stunde müssen wir beim Vorentscheid sein.“
Die nächste Neuigkeit die einschlug, wie ein Blitz. Deshalb stand ich da, mitten in der Tür, Ushijima von mir wegschleichend, direkt ins Badezimmer. Mit meinem Gesicht in den Händen vergraben, erklomm ich den Stuhl erneut und versuchte mir sowohl die Brote, als auch das Wasser hinunter zu zwängen. Es dauerte und mein Hunger trieb es definitiv nicht ein, denn wie ich so daran dachte, dass mein Bruder nicht wusste, wo ich war und ich es ihm bis zum Vorentscheid auch nicht sagen konnte, ließ mich das frische Essen beinahe direkt wieder ausreihern.
Trotzdem riss ich mich zusammen, schmiss mich schnell in sämtliche Kleidung, das Shirt behielt ich jedoch über meinen Torso gezogen und gemeinsam mit Ushijima verließen wir pünktlich seine Wohnung. Unser Weg führte uns direkt zur Shiratoirizawa, wo der Rest schon langsam in den Mannschaftsbus stieg und ich nun darum betteln durfte, mich irgendwo dazwischen zu klemmen. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Trainer konnte Ushijima mich jedoch dazu schummeln und ich landete neben Semi, der mir Gott sei Dank, tatsächlich meine Tasche mitgebracht hatte.
Im gleichen Moment war ich ebenso froh, dass mich der Rest nicht auf den gestrigen Abend ansprach, sondern mich lediglich breit angrinste. Nachdem ich jedoch durch meine kleine Tasche wühlte und endlich mein Telefon auffand, da wollte ich direkt nach einer Kotztüte verlangen. Jetzt konnte auch Gott mir nicht mehr helfen. Und Lucifer wollte mich holen kommen.
Mit rasendem Herzen fuhren meine Augen den Handyscreen ab und ich spürte die sich anschleichende Panikattacke tief in meinem Nacken sitzen. 45 verpasste Anrufe und unzählige ungelesene Nachrichten von Daichi. Es ging von „wo um alles in der Welt bist du?“ über „morgen zerreiße ich dich in die minimalsten Einzelteile“ bis zu „es tut mir so leid, dass ich alles falsch gemacht habe, ich hoffe du lebst noch“. Verdammt, das war echt der größte Mist, den ich je verzapft hatte. Schlimmer ging es nicht. Aber es wäre ein Wunder, wenn das alles gewesen wäre. Denn hinter Daichis Stress reihten sich noch andere Menschen an. Gefühlt setzte er das ganze Team in eine Alarmbereitschaft. Shimizu hatte es versucht, Yachi auch. Sogar Noya, Sugawara und Kageyama hatten mir auf die Box gesprochen. Ich fühlte mich so schuldig. Und ganz hinten reihte sich sogar noch jemand ein … Kuroo. Und darunter … Kenma. Schnell klickte ich auf den kleinen virtuellen Brief und sog ihn in mich auf: >>Ko, Daichi klingelt Sturm bei mir. Hoffentlich ist dir nicht passiert. Schreib‘ mir bitte, okay? Wir müssen uns unterhalten.<<
Mein Herz wollte die Tränen aus meinen Augen pressen. Kenma war noch da. Er wusste, dass ich noch da war und er hatte sich Sorgen gemacht. Ich war so froh und gleichzeitig tot traurig, dass ich ihm ebenso Gedanken bereitet hatte. Und so sehr ich ihm jetzt auch Bescheid geben wollte, dass alles okay war, so bombardierte ich doch erst meinen Bruder voll.
>>Hey, mir geht’s gut. Gestern war Chaos, ich hab mein Handy verloren. Tut mir leid – BITTE FAHR ZUM VORENTSCHEID! Wir treffen uns da, ich sitze bei Anpfiff im Block. Versprochen.<<
Die Antwort, welche daraufhin zurück kam, war definitiv nicht die netteste. Mein Bruder verfluchte mich, heulte wohl auch und würde mir gerne den Kopf abreißen. Das war mir bewusst und dennoch hoffte ich einfach, der Vorentscheid konnte so starten, dass alles funktionieren würde. Wenn diese Chance wegen wir flöten ging, dann würde meine Seele aber ohne zu fragen direkt meinen Körper verlassen. Und verzeihen, dass die Drittklässler so aus dem Volleyball austreten würden, könnte ich mir nie.
Angekommen, fiel ich fast als erste aus dem Bus und am liebsten wäre ich direkt drauflos gerannt, aber es gab jemanden den ich bei all der Hektik nicht vergessen wollte. Ushijima stand neben seiner Truppe, die in den Kofferraum schauten. Er jedoch hatte seinen Blick auf mir. Schnell kam ich zurück, fiel ihm in die Arme, was ihn zu überraschen schien – noch immer. Dennoch erwiderte er, sein Kopf legte sich auf meinen Kopf nieder.
„Ich hoffe, du hast die Katze dabei“, flüsterte ich sachte in sein Shirt und schaute dann auf. Er griff daraufhin nur in seine Tasche und ließ die schneeweiße Katze von seinem Ringfinger baumeln. Mein Herz setzte freudig aus.
„Wir sehen uns, nehme ich an“, kam es trocken zurück und Ushijima legte seinen großen Kopf ein wenig schief. Er war nicht gut, im auf Wiedersehen sagen, aber das war okay, denn ich konnte das auch nicht so gut.
„Wir sehen uns“, entgegnete ich und nickte ihm ab, bevor ich dann noch nie so schnell gerannt war, um mein Ziel zu erreichen. Denn mein Bruder war nun wichtig und nichts würde mich davon abhalten, ihm zuzusehen. Ich hoffte, noch früh genug anzukommen, damit er mich nicht erst entdeckte, wenn das Spiel bereits losging. Er sollte zumindest fünf Minuten vorher runterfahren können.
Deshalb stieß ich beim Eingang auch direkt ein paar Leute zur Seite, entschuldigte mich jedoch im gleichen Zug und nahm jede zweite Stufe der Treppe, um in den Zuschauerraum zu kommen. Noch schnell durch die passende Tür gestürzt, fiel ich in vollem Tempo direkt vorne gegen das Geländer und schrie laut auf: „Daichi! Ich bin jetzt da!“
Die ganze Truppe, aber auch der Rest der Zuschauerschaft und gefühlt alle Leute drum herum auch, schauten zu mir auf. Einige jubelten mir zu, mein Bruder jedoch fuhr sich mit dem Daumen über die Kehle und ich wusste – wenn das Spiel vorbei war, dann gab es aber den Hintern voll. So richtig mit Schmackes und ich würde danach für die nächsten drei Jahre nie wieder das Haus verlassen.
„Ja … dir auch viel Glück“, murmelte ich zu mir selbst und fasste mir geschafft an die Stirn. Mein Team wandte sich ab, seufzte selber vor Erleichterung aus und gleich könnte ich mich kurz Kenma widmen. Oder zumindest seiner Mail, denn wenn es danach ging, was er geschrieben hatte, machte auch er sich eine Menge Sorgen. Zu recht, wenn ich das so sagen durfte.
„Und dann taucht sie auch noch mit dem Fantrikot des Rivalen hier auf“, mit einem ruckartig Schwung drehte ich mich schnell um. Das konnte nicht wahr sein, da saß er ja wieder. Durch die schicke Brille und den dunklen Mantel wirkte er zwar wie eine andere Person, aber ich glaubte nicht, dass da irgendwas hintersteckte. Sofort fing auch ich an zu grummeln, denn neben ihm saß auch noch die Dumpfbirne Nummer zwei.
„Wie viele emotional-unabhängige Reden muss ich denn noch schwingen, bis du endlich verschwindest! Du genauso!“, ich zeigte mit meinem Zeigefinger auf beide Jungs und sowohl Oikawa, als auch Iwaizumi fühlten sich ertappt. Doch Tōru schien mehr damit beschäftigt zu sein, mein Oberteil abzufahren. So lange, bis er seine Augen weit aufriss und in den Stand aufsprung. Auf mich zurück zeigend. Ich wurde direkt ganz perplex.
„Das ist ja gar kein Fanshirt! Hast du etwa die Seiten gewechselt oder willst du mich verarschen?“, mir fiel die Mine aus dem Gesicht. Sofort stemmte ich als Antwort meine Hände in meine Hüfte und zeigte dem Jungen einen Vogel.
„Was geht dich das an? Du kannst endlich mal lernen, mich nicht mehr anzusprechen!“, ich kappte das Gespräch, musste mich dennoch direkt vor die beiden setzen und ich konnte Oikawas Blicke immer wieder in meinem Hohlkreuz spüren. Mit einem Zähnefletschen nahm ich das jedoch hin – fürs erste und wandte mich nun an Kenma.
Noch einmal laß ich über die Zeilen seiner Nachricht hinweg und konnte nicht anders, als erneut zu grinsen. Es dauerte einige Minuten, wie ich mir eine Antwort überlegen musste: >>Hallo Katerchen, es geht mir gut. Ich bin jetzt wieder bei meinem Bruder. Tut mir leid, dass er solch eine Panik geschoben hat. Schick‘ mir Ort und Uhrzeit und ich komme vorbei. Danke dir für deine Sorgen. Ich freue mich dich bald zu sehen .. – Kazuko<<
Ich hoffte, dass er seine Meinung nun nicht mehr änderte. Auch Kuroo schrieb ich, dass alles okay war, mehr bekam ich nach dem gestrigen Abend erst einmal nicht heraus, denn ich musste mir über meine Gefühle klar werden. Ich hatte Ushijima nur wegen Kuroo nicht stattgegeben, obwohl mein Körper so sehr wollte. Das musste doch was bedeuten … ja?
Mein Blick wurde jedoch schnell abgelenkt, wie die gegenüberliegenden Zuschauer laut aufbrüllten. Und wie ich meine Aufmerksamkeit anhob und die Jungs der Shiratoirizawa in die große Halle einmaschierten, da wollte ich es mir nicht nehmen lassen, zumindest zu winken. Und es kam zurück. Sowohl Semi, als auch Tendō und Kenjirō sprangen mir gegenüber in die Luft. Und Ushijima hielt mir von seinem Ringfinger baumelnd das kleine Kätzchen entgegen. Das würde etwas werden – aber egal, wie es ausgehen würde, eine der Parteien würde dieses Feld mit einem riesigen Schlag ins Gesicht verlassen. Soviel stand fest.