To the top (of your heart)
von xoxokarmaxoxo
Kurzbeschreibung
Kazuko Sawamura besucht die Karasuno Oberschule nun seit zwei Jahren. Während sie als Nebenaktivität dem Schulchor beiwohnt, ist ihr Bruder der Kapitän der Volleyballmannschaft. In ihrer Freizeit unterstützt sie sowohl ihn, als auch Kiyoko - die Managerin - mit dem Ausbau der Mannschaft in jedweder Richtung. Als dann jedoch ein Tag in der Mitte des zweiten Jahres auf dem Plan steht, fasst sie endlich den Mut ihrem Schwarm ihre Liebe zu gestehen. Sugawara Koshi - der beste Freund ihres Bruders. Unerwartet kommt dieser ihr jedoch zuvor und zerschlägt ihre Aussicht auf eine Annäherung direkt in zwei. Ob dies jedoch eine ehrliche Entscheidung seinerseits war? Mit dem Plan „Sugawara“ stürzt sie sich also in die Mission, ihren Kindheitsschwarm für sich zu gewinnen mit dem gut bewährten Mittel der Eifersucht.
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P18 / Gen
Kozume Kenma
Nishinoya Yuu
Oikawa Tooru
Sawamura Daichi
Sugawara Koushi
Ushijima Wakatoshi
23.10.2020
24.12.2020
67
150.338
45
Alle Kapitel
155 Reviews
155 Reviews
Dieses Kapitel
2 Reviews
2 Reviews
17.12.2020
2.373
Pause. Zumindest für mich, denn nun legten Kenjirō und Tendō ein ordentliches Duett aufs Parkett. Ich lächelte kontinuierlich und klatschte für sie. Diese Abende waren wohl sicherlich immer so lustig und ich wünschte mir sofort, dass ich auch solche Freunde wie Ushijima hätte, die mich hierher schleifen würden. Ich fühlte mich ihnen einfach verbunden. Dabei konnte ich nicht einmal sagen wieso. Aber alles was sie taten wirkte ehrlich. Im Vergleich zu Oikawa oder Iwaizumi.
Deshalb versank ich wohl auch in Gedanken, während nach dem Auftritt von Tendō und Kenjirō bereits das nächste Lied herausgesucht wurde. Wakatoshi wollte wohl wieder dran sein, wie ich jedoch die Akkorde eines ganz bestimmten Liedes vernahm, rüttelte es mich schlagartig wach. Vielleicht guckte ich komisch, vielleicht atmete ich tief aus, doch Wakatoshi bemerkte es neben mir fast sofort.
„Bedeutet dir das Lied etwas?“, schnell schaute ich ihn von der Seite an, dann jedoch zurück zum Fernseher. Hm, ich wusste nicht, ob man das so sagen konnte. Aber es spiegelte meine Gefühle in den letzten Wochen wohl sehr gut wieder und ich konnte mir vorstellen es würde mir helfen. Helfen zu verarbeiten und abzuschließen.
„Ich … das kann ich noch nicht genau sagen“, murmelte ich zurück und versuchte mir ein kleines Lächeln auf die Lippen zu setzen, aber das gelang mir nicht so gut, wie ursprünglich gedacht. Doch Ushjima hielt mir das dunkle Mikrofon entgegen. Es überraschte mich, dass er abgab, doch ich griff danach, bedankte mich bei ihm und stemmte mich vom Sofa auf. Wakatoshi hingegen startete das Lied für mich und ich umgriff das Mikro nie fester.
Ich wusste nicht, ob die Jungs um mich herum verstehen würden, aber vielleicht – ja vielleicht würden sie es. Wakatoshi würde es verstehen, Semi vielleicht auch. Ehrlich gesagt, konnte ich es nicht vermuten, aber ich legte mich in den Tiefen Beat hinein und fing an, schön leidend zu singen. Langsam schloss ich die Augen, drückte mich dem Mikrofon entgegen und sprach die Worte, als würden sie nur mir gehören. Als würde ich es sein, die unter ihnen litt. Und nun ja … so war es wohl auch.
PLAYING: Apologize by Timbaland
„You tell me that you need me, then you go and cut me down, but wait! Tell me that you’re sorry, didn’t think I’d turn around, and say“, es blieb mir kaum etwas anderes übrig, als an Oikawa zu denken. Ich hatte ihm liebend gerne eine Chance gegeben und sie nicht viel später bereut. Und ich fragte mich durchgängig, warum ich so dumm gewesen war. Warum ich mich nicht einfach an den Plan gehalten hatte.
„It’s too late to apologize, it’s too late. I said it’s too late to apologize, it’s too late“, und dann dachte ich an Suga, der mich hingen lies und den ich hängen lies, weil wir beide durchgehend aneinander vorbei redeten. Weil wir uns nicht ordentlich zuhörten und weil wir glaubten auf die Gefühle des anderen scheißen zu können. Genau deswegen konnte ich es auch jetzt – abschließen. Ich ließ Sugawara gehen, denn wohlmöglich würde jemand besseres kommen. Jemand, den er von Anfang an lieben könnte. Und vor allem jemand, dem er es sagen könnte.
„I’m holding on your rope, got me ten feet of the ground“, ich legte das Mikrofon nieder, schaute gen Boden und ließ die Melodie ein Ende finden. Das war es dann wohl. Mein Lebewohl an Koshi Sugawara und ein nimmer Wiedersehen an Tōru Oikawa. Und als ich wieder aufsah, da wusste ich nicht, was den Jungs durch ihre Köpfe ging. Sie alle hatten einen anderen Ausdruck im Gesicht kleben. Tendō hielt seine großen Augen versteckt, während Semis Mund leicht offen stand. Aber was mir eigentlich am wichtigsten war, wie Ushiwaka reagierte.
Wie ihn mein Blick traf, drückte er sich kraftvoll von dem Sofa auf und trat neben mich. Ich verstand rein gar nichts, dennoch griff er unangekündigt nach dem Mikrofon auf dem Tisch. Er schien fast blind durch die Liederliste zu schalten und irgendwann einfach auf Play zu drücken, wie er kontinuierlich in meine leicht wässrigen Augen blickte.
Das Lied begann nicht mit einer Melodie, sondern setzte direkt mit dem Text ein. Ushijimas Lippen entließen gefühlt eine noch kräftigere Stimme, als zuvor, aber das war nicht mal das, was mich direkt in eine andere Welt beförderte. Sondern der Text.
PLAYING: Rescue me by OneRepublic
„Would you rescue me? Would you get my back? Would you take my call when I start to crack? Would you rescue me?“, sofort wollte ich mehr von diesem Jungen wissen. Was er dachte. Was sonst alles in seinem Leben passierte. Was er fühlte und wie er sich damit auseinander setzte. Denn es schien nicht alles so leicht zu sein, wie die Zeitungen und das Fernsehen es immer zu verkaufen versuchten.
„We don’t talk much, not anymore. Broken bottles and slammin‘ doors – but we still care about each other“, sang er wohl von der Mannschaft oder von seiner Familie. Sprach er von einer verflossenen Liebe oder vielleicht von einer, die noch existierte? Ich fragte mich unendlich viele Fragen und das ich nicht wusste, ob ich jemals auch nur eine Antwort darauf bekäme, ließ mich tief schlucken. Wir trugen eben alle unsere Päckchen und ich versuchte sie mit Singen zu minimieren. Das taten hier in diesem Raum wohl mehrere Leute.
„Would you rescue me when I’m by myself? When I need your love, if I need your help. Would you rescue me?“, ich nickte, wie er mir tief in die Augen schaute und diese Zeilen sang. Ich hatte es ihm nie gesagt, nie. Auch nicht in ferner Zukunft, aber ich wäre für ihn dagewesen. Denn er hatte es verdient. Ushijima Wakatoshi, der mehr zu tragen hatte, als ich ihm ansehen konnte. Er offenbarte sich mir mehr, zeigte mir seine Zerbrechlichkeit anders, als Menschen zuvor und ich merkte, dass das hier alles anders war.
Der Song lief aus, genauso ruckartig, wie er eingesetzt hatte. Ich schmunzelte zu Ushijima hinauf. Und es kam eine erleichterte Mine zurück. Er hatte verstanden – alles, was ich in meinem Song auszudrücken versuchte, er wusste was ich meinte. Und alles, was er versuchte mir durch sein Lied zu erzählen, das konnte auch ich verstehen. Aber das war nicht, was uns in eine andere Welt zurück holte – in die echte Welt.
„Wow, also, ich weiß nicht was das war, aber die Kleine wolltest du wohl beeindrucken – solche schnellen Songs sind sonst ja nie deins“, grinste Tendō sich ins Fäustchen und Ushiwaka versuchte es mit seinem Kopf wegzuschütteln. Ich verfiel in ein kleines ehrliches Grinsen, aber Semi erhob sich schnell aus seinem Stuhl, bevor er das Wort der Stunde ergriff.
„Wir sollten uns mal kurz aus dem Staub machen, um die Überraschung zu besorgen“, Semi zwinkerte in die Runde und ich hätte gerne verstanden. Aber die Erkenntnis sollte mich noch schneller ereilen, als mich der Blitz erschlagen würde. Ehe ich jedoch noch nachfragen konnte, waren die drei Jungs auch verschwunden und ließen Ushijima und mich alleine in dem spärlich. Erleuchteten Raum zurück. Würden wir uns jetzt gegenseitig darauf ansprechen, was wir gerade getan hatten?
Doch wir blieben still. Dabei fühlte es sich so an, als hätte ich Ushijima alles gezeigt und nun würden wir es einfach wegsperren. So sollte das nicht sein.
„Du hast mich und Oikawa reden hören, oder?“, murmelte ich leise und ließ mich an die Wand neben dem Fernseher fallen. Ushijima saß auf dem Hocker, stützte sich mit seinen Armen hinterrücks ab. Seine Stirn schwitzte etwas und deshalb verklebten die Strähnen seiner Haare dort auch etwas, aber aus irgendeinem Grund stand dem großen Jungen das ganz gut. Ich lächelte etwas innerlich.
„Du schienst nicht gut auf ihn zu sprechen zu sein“, erwiderte der Riese mir gegenüber und ich nickte ihm angespannt zu. Unsere Beziehung zwischeneinander, was auch immer diese aktuell aussagte, war sicherlich noch nicht so weit, dass ich mein Herz ausschütten musste. Der Schmerz ließ außerdem immer und immer mehr nach.
„Wenn du jemals eine Freundin hattest, die dich nicht geachtet hat, wirst du es verstehen“, aber noch bevor ich weiter ausholen oder das Gespräch umlenken konnte, drückte Ushijima sich schon aus dem Sitz auf und kam auf mich zu. Mein Herz setzte einige Sekunden lang aus.
„Ich würde es besser machen“, meine Augen weiteten sich, wie Ushijima vor mir stehen blieb und ich mich mehr gegen die Wand in meinem Rücken presste. Was sagte er da? Ich hatte doch von Anfang an klargestellt, dass ich Typen aktuell nicht gebrauchen konnte. Dass wir eine Freundschaft aufbauten, das machte mich froh, aber … mir saßen noch Kerle im Nacken. Wie sollte ich echt noch einen auf meinen Schultern tragen?
„So war das nicht gemeint … ich …“, erneut wurde ich unterbrochen. Seine starken Augen ließen mich nicht entkommen, so sehr ich es versuchte. Deswegen unterließ ich es, nahm Blickkontakt mit ihm auf, während das Herz in meiner Brust raste. Die Zeit schien stillzustehen.
„Du benutzt die Musik doch, um zu sprechen, nicht? Sie beutetet dir viel“, Ushijima schien langsam zu wissen, wie ich tickte. Deshalb versuchte ich auch nicht mehr, es zu verstecken. Stattdessen nickte ich ihm zu, was Ushiwaka dazu verleitete erneut nach dem Mikrofon zu greifen. Gleichzeitig drehte er das Schloss in der Tür. Was hatte er denn nun vor?
Ich wusste nichts zu tun, wartete jedoch mehr oder weniger ruhig ab, was kommen würde. Doch es brauchte nicht einmal die ersten 1,5 Sekunden, da riss ich meine Augen schon weiter auf, als jemals zu vor. Es versetzte mich direkt in das Paris von 1899 zurück. Und ich war mittendrin. Im berühmten Moulin Rouge. Der legendäre Nachtclub mit der beleuchteten Fassade und den Theaterstücken, die unvergleichbar mit anderen waren. Dieses Lied, es passte perfekt zu dem Mann vor mir. Er sang die Strophen nicht so hoch, aber das passte nur zu ihm. Seine dunkle Stimme machte ihn aus. Und das er dieses Lied sang … dieses eine … welches mich in die Leidenschaft des Singens hinein zog. Ich fühlte mich, als würde ich schweben.
PLAYING: Your Song by Ewan McGregor
„Hope you don’t mind, I Hope you don’t mind That I put down in words – how wonderful life is, now you’re on the world“, dieses Lied war mit Abstand der Song mit dem kitschigsten Text. Doch wenn man sich erst einmal darauf einließ, dann fühlte man sich in meinem Fall, wie eine Prinzessin. Es schien Ushijima nur minimal unangenehm zu sein, doch mein Lächeln schien ihm den Mut zurück zu geben und das war es, was zählte.
„So excuse me forgetting but these things I do – you see I’ve forgotten if they’re green or they’re blue. Anyway the thing is what I really mean – yours are the sweetest eyes, I’ve ever seen“, mein Kopf wurde hoch rot. Ich wusste nicht, ob er das sang, weil er es meinte oder weil er mich aufmuntern wollte. Egal, welcher Fall es war, er schaffte es und das nicht allzu wenig. Deshalb kam er wohl auch näher, schob die kleinen Strähnen an der Seite meines Kopfes vorsichtig hinter meine Ohren und schmunzelte zärtlich. Aus welchem Märchen war der denn gekommen? Ich bezweifelte sofort, dass selbst entgegen aller Situationen aktuell, ich niemals gut genug für ihn wäre.
„I hope you don’t mind, I hope you don’t mind, that I put down in words – how wonderful life is, now you’re in the world …“, meine Augen fielen halbwegs zu, während Ushijima den Song kraftvoll aber dennoch leise ausklingen ließ. Das hier war doch sicherlich nicht das Ende, oder? Ushijima konnte es nicht sein, mein Ritter in strahlender Rüstung, oder? Es sollte doch eigentlich Kuroo sein. Tetsuro Kuroo war doch eigentlich derjenige, der mich seitdem er auf mich getroffen war, mich grundsätzlich als letztes über dem tiefen Wasser hielt ohne mich auch nur ein Mal loszulassen.
Und doch, wie Ushijima mit dem Arm gegen die Wand über mir fiel und mir so nah kam, wie die Vorschau des Liedes im Hintergrund trällerte, da konnte ich nur ihn sehen. Wie er von dem warmen Licht eingestrahlt wurde und auch nur mich sah. Ich wollte ihn küssen, aber nur, damit er sich wohlfühlte. Vielleicht auch, damit ich mich besser fühlen konnte, denn das Kribbeln im ganzen Körper, wenn sich jemand nur mir zuwandte, das war anders. Aufregend und alles, was ich in diesem Moment gebrauchen konnte. Deshalb kam Ushiwaka mir auch näher, so, wie auch ich mich auf die Zehenspitzen stellte, um an ihn heran zu reichen.
Er hauchte mir bereits an die Lippen, doch bevor auch nur irgendwas passierte, hämmerte es plötzlich laut an die Tür und ich fiel aus allen Wolken. Ich machte mir beinahe in die Hose vor lauter Schreck und Wakatoshi und ich wichen auseinander, bevor er sich an die Tür wandte.
„Was ging hier ab, das abgeschlossen war? Wir haben die Überraschung rangekriegt“, Tendō spazierte vor, jedoch mit leeren Händen, während ich mich erschöpft auf das Sofa sinken ließ. Was hatte ich da gedacht? Hatte ich mich so leicht von Ushijima mitreißen lassen? Wieso? Was war das für ein Fluch, der auf den Kapitänen der Schulen lag?
Semi und Kenjirō kamen mit großen Tabletts an den Tisch. Darauf unzählige kleine Gläser und darin eine Flüssigkeit, dessen Geruch ich wohl überall wiederkennen würde, denn Dad trank sie manchmal nach dem Abendessen. Dennoch schaute ich perplex durch die Reihen der Jungs, die sich alle um den Tisch versammelt hatten.
„Sake Shots – damit geht die Party dann auch erst richtig los“, grinste Semi in meine Richtung und ich schluckte tief. Nicht einmal die Jungs dürften legal etwas trinken und ich schon gar nicht. Deshalb wusste ich nichts zu sagen, sondern nur direkt in Ushjima Richtung schauend. Er blieb jedoch ruhig und Tendō nahm die Führung des Gespräches in die Hand.
„Die Bar gehört Semis Eltern. Vor großen Spielen dürfen wir manchmal auch was anderes außer die Süßigkeiten plündern“, grinste Tendō breit und ich war komplett ratlos. Es gab gute Gründe, dass ich erst in ungefähr fünf Jahren legal dazu berechtigt war zu trinken. Und ich hatte zuvor auch nie das Interesse verspürt es früher zu tun. Oder es überhaupt zu tun. Und nun saß ich hier, am nächsten Scheideweg, der größere Folgen mit sich tragen sollte, als ich gedacht hatte. Und als vorher einsehbar gewesen war.
Deshalb versank ich wohl auch in Gedanken, während nach dem Auftritt von Tendō und Kenjirō bereits das nächste Lied herausgesucht wurde. Wakatoshi wollte wohl wieder dran sein, wie ich jedoch die Akkorde eines ganz bestimmten Liedes vernahm, rüttelte es mich schlagartig wach. Vielleicht guckte ich komisch, vielleicht atmete ich tief aus, doch Wakatoshi bemerkte es neben mir fast sofort.
„Bedeutet dir das Lied etwas?“, schnell schaute ich ihn von der Seite an, dann jedoch zurück zum Fernseher. Hm, ich wusste nicht, ob man das so sagen konnte. Aber es spiegelte meine Gefühle in den letzten Wochen wohl sehr gut wieder und ich konnte mir vorstellen es würde mir helfen. Helfen zu verarbeiten und abzuschließen.
„Ich … das kann ich noch nicht genau sagen“, murmelte ich zurück und versuchte mir ein kleines Lächeln auf die Lippen zu setzen, aber das gelang mir nicht so gut, wie ursprünglich gedacht. Doch Ushjima hielt mir das dunkle Mikrofon entgegen. Es überraschte mich, dass er abgab, doch ich griff danach, bedankte mich bei ihm und stemmte mich vom Sofa auf. Wakatoshi hingegen startete das Lied für mich und ich umgriff das Mikro nie fester.
Ich wusste nicht, ob die Jungs um mich herum verstehen würden, aber vielleicht – ja vielleicht würden sie es. Wakatoshi würde es verstehen, Semi vielleicht auch. Ehrlich gesagt, konnte ich es nicht vermuten, aber ich legte mich in den Tiefen Beat hinein und fing an, schön leidend zu singen. Langsam schloss ich die Augen, drückte mich dem Mikrofon entgegen und sprach die Worte, als würden sie nur mir gehören. Als würde ich es sein, die unter ihnen litt. Und nun ja … so war es wohl auch.
PLAYING: Apologize by Timbaland
„You tell me that you need me, then you go and cut me down, but wait! Tell me that you’re sorry, didn’t think I’d turn around, and say“, es blieb mir kaum etwas anderes übrig, als an Oikawa zu denken. Ich hatte ihm liebend gerne eine Chance gegeben und sie nicht viel später bereut. Und ich fragte mich durchgängig, warum ich so dumm gewesen war. Warum ich mich nicht einfach an den Plan gehalten hatte.
„It’s too late to apologize, it’s too late. I said it’s too late to apologize, it’s too late“, und dann dachte ich an Suga, der mich hingen lies und den ich hängen lies, weil wir beide durchgehend aneinander vorbei redeten. Weil wir uns nicht ordentlich zuhörten und weil wir glaubten auf die Gefühle des anderen scheißen zu können. Genau deswegen konnte ich es auch jetzt – abschließen. Ich ließ Sugawara gehen, denn wohlmöglich würde jemand besseres kommen. Jemand, den er von Anfang an lieben könnte. Und vor allem jemand, dem er es sagen könnte.
„I’m holding on your rope, got me ten feet of the ground“, ich legte das Mikrofon nieder, schaute gen Boden und ließ die Melodie ein Ende finden. Das war es dann wohl. Mein Lebewohl an Koshi Sugawara und ein nimmer Wiedersehen an Tōru Oikawa. Und als ich wieder aufsah, da wusste ich nicht, was den Jungs durch ihre Köpfe ging. Sie alle hatten einen anderen Ausdruck im Gesicht kleben. Tendō hielt seine großen Augen versteckt, während Semis Mund leicht offen stand. Aber was mir eigentlich am wichtigsten war, wie Ushiwaka reagierte.
Wie ihn mein Blick traf, drückte er sich kraftvoll von dem Sofa auf und trat neben mich. Ich verstand rein gar nichts, dennoch griff er unangekündigt nach dem Mikrofon auf dem Tisch. Er schien fast blind durch die Liederliste zu schalten und irgendwann einfach auf Play zu drücken, wie er kontinuierlich in meine leicht wässrigen Augen blickte.
Das Lied begann nicht mit einer Melodie, sondern setzte direkt mit dem Text ein. Ushijimas Lippen entließen gefühlt eine noch kräftigere Stimme, als zuvor, aber das war nicht mal das, was mich direkt in eine andere Welt beförderte. Sondern der Text.
PLAYING: Rescue me by OneRepublic
„Would you rescue me? Would you get my back? Would you take my call when I start to crack? Would you rescue me?“, sofort wollte ich mehr von diesem Jungen wissen. Was er dachte. Was sonst alles in seinem Leben passierte. Was er fühlte und wie er sich damit auseinander setzte. Denn es schien nicht alles so leicht zu sein, wie die Zeitungen und das Fernsehen es immer zu verkaufen versuchten.
„We don’t talk much, not anymore. Broken bottles and slammin‘ doors – but we still care about each other“, sang er wohl von der Mannschaft oder von seiner Familie. Sprach er von einer verflossenen Liebe oder vielleicht von einer, die noch existierte? Ich fragte mich unendlich viele Fragen und das ich nicht wusste, ob ich jemals auch nur eine Antwort darauf bekäme, ließ mich tief schlucken. Wir trugen eben alle unsere Päckchen und ich versuchte sie mit Singen zu minimieren. Das taten hier in diesem Raum wohl mehrere Leute.
„Would you rescue me when I’m by myself? When I need your love, if I need your help. Would you rescue me?“, ich nickte, wie er mir tief in die Augen schaute und diese Zeilen sang. Ich hatte es ihm nie gesagt, nie. Auch nicht in ferner Zukunft, aber ich wäre für ihn dagewesen. Denn er hatte es verdient. Ushijima Wakatoshi, der mehr zu tragen hatte, als ich ihm ansehen konnte. Er offenbarte sich mir mehr, zeigte mir seine Zerbrechlichkeit anders, als Menschen zuvor und ich merkte, dass das hier alles anders war.
Der Song lief aus, genauso ruckartig, wie er eingesetzt hatte. Ich schmunzelte zu Ushijima hinauf. Und es kam eine erleichterte Mine zurück. Er hatte verstanden – alles, was ich in meinem Song auszudrücken versuchte, er wusste was ich meinte. Und alles, was er versuchte mir durch sein Lied zu erzählen, das konnte auch ich verstehen. Aber das war nicht, was uns in eine andere Welt zurück holte – in die echte Welt.
„Wow, also, ich weiß nicht was das war, aber die Kleine wolltest du wohl beeindrucken – solche schnellen Songs sind sonst ja nie deins“, grinste Tendō sich ins Fäustchen und Ushiwaka versuchte es mit seinem Kopf wegzuschütteln. Ich verfiel in ein kleines ehrliches Grinsen, aber Semi erhob sich schnell aus seinem Stuhl, bevor er das Wort der Stunde ergriff.
„Wir sollten uns mal kurz aus dem Staub machen, um die Überraschung zu besorgen“, Semi zwinkerte in die Runde und ich hätte gerne verstanden. Aber die Erkenntnis sollte mich noch schneller ereilen, als mich der Blitz erschlagen würde. Ehe ich jedoch noch nachfragen konnte, waren die drei Jungs auch verschwunden und ließen Ushijima und mich alleine in dem spärlich. Erleuchteten Raum zurück. Würden wir uns jetzt gegenseitig darauf ansprechen, was wir gerade getan hatten?
Doch wir blieben still. Dabei fühlte es sich so an, als hätte ich Ushijima alles gezeigt und nun würden wir es einfach wegsperren. So sollte das nicht sein.
„Du hast mich und Oikawa reden hören, oder?“, murmelte ich leise und ließ mich an die Wand neben dem Fernseher fallen. Ushijima saß auf dem Hocker, stützte sich mit seinen Armen hinterrücks ab. Seine Stirn schwitzte etwas und deshalb verklebten die Strähnen seiner Haare dort auch etwas, aber aus irgendeinem Grund stand dem großen Jungen das ganz gut. Ich lächelte etwas innerlich.
„Du schienst nicht gut auf ihn zu sprechen zu sein“, erwiderte der Riese mir gegenüber und ich nickte ihm angespannt zu. Unsere Beziehung zwischeneinander, was auch immer diese aktuell aussagte, war sicherlich noch nicht so weit, dass ich mein Herz ausschütten musste. Der Schmerz ließ außerdem immer und immer mehr nach.
„Wenn du jemals eine Freundin hattest, die dich nicht geachtet hat, wirst du es verstehen“, aber noch bevor ich weiter ausholen oder das Gespräch umlenken konnte, drückte Ushijima sich schon aus dem Sitz auf und kam auf mich zu. Mein Herz setzte einige Sekunden lang aus.
„Ich würde es besser machen“, meine Augen weiteten sich, wie Ushijima vor mir stehen blieb und ich mich mehr gegen die Wand in meinem Rücken presste. Was sagte er da? Ich hatte doch von Anfang an klargestellt, dass ich Typen aktuell nicht gebrauchen konnte. Dass wir eine Freundschaft aufbauten, das machte mich froh, aber … mir saßen noch Kerle im Nacken. Wie sollte ich echt noch einen auf meinen Schultern tragen?
„So war das nicht gemeint … ich …“, erneut wurde ich unterbrochen. Seine starken Augen ließen mich nicht entkommen, so sehr ich es versuchte. Deswegen unterließ ich es, nahm Blickkontakt mit ihm auf, während das Herz in meiner Brust raste. Die Zeit schien stillzustehen.
„Du benutzt die Musik doch, um zu sprechen, nicht? Sie beutetet dir viel“, Ushijima schien langsam zu wissen, wie ich tickte. Deshalb versuchte ich auch nicht mehr, es zu verstecken. Stattdessen nickte ich ihm zu, was Ushiwaka dazu verleitete erneut nach dem Mikrofon zu greifen. Gleichzeitig drehte er das Schloss in der Tür. Was hatte er denn nun vor?
Ich wusste nichts zu tun, wartete jedoch mehr oder weniger ruhig ab, was kommen würde. Doch es brauchte nicht einmal die ersten 1,5 Sekunden, da riss ich meine Augen schon weiter auf, als jemals zu vor. Es versetzte mich direkt in das Paris von 1899 zurück. Und ich war mittendrin. Im berühmten Moulin Rouge. Der legendäre Nachtclub mit der beleuchteten Fassade und den Theaterstücken, die unvergleichbar mit anderen waren. Dieses Lied, es passte perfekt zu dem Mann vor mir. Er sang die Strophen nicht so hoch, aber das passte nur zu ihm. Seine dunkle Stimme machte ihn aus. Und das er dieses Lied sang … dieses eine … welches mich in die Leidenschaft des Singens hinein zog. Ich fühlte mich, als würde ich schweben.
PLAYING: Your Song by Ewan McGregor
„Hope you don’t mind, I Hope you don’t mind That I put down in words – how wonderful life is, now you’re on the world“, dieses Lied war mit Abstand der Song mit dem kitschigsten Text. Doch wenn man sich erst einmal darauf einließ, dann fühlte man sich in meinem Fall, wie eine Prinzessin. Es schien Ushijima nur minimal unangenehm zu sein, doch mein Lächeln schien ihm den Mut zurück zu geben und das war es, was zählte.
„So excuse me forgetting but these things I do – you see I’ve forgotten if they’re green or they’re blue. Anyway the thing is what I really mean – yours are the sweetest eyes, I’ve ever seen“, mein Kopf wurde hoch rot. Ich wusste nicht, ob er das sang, weil er es meinte oder weil er mich aufmuntern wollte. Egal, welcher Fall es war, er schaffte es und das nicht allzu wenig. Deshalb kam er wohl auch näher, schob die kleinen Strähnen an der Seite meines Kopfes vorsichtig hinter meine Ohren und schmunzelte zärtlich. Aus welchem Märchen war der denn gekommen? Ich bezweifelte sofort, dass selbst entgegen aller Situationen aktuell, ich niemals gut genug für ihn wäre.
„I hope you don’t mind, I hope you don’t mind, that I put down in words – how wonderful life is, now you’re in the world …“, meine Augen fielen halbwegs zu, während Ushijima den Song kraftvoll aber dennoch leise ausklingen ließ. Das hier war doch sicherlich nicht das Ende, oder? Ushijima konnte es nicht sein, mein Ritter in strahlender Rüstung, oder? Es sollte doch eigentlich Kuroo sein. Tetsuro Kuroo war doch eigentlich derjenige, der mich seitdem er auf mich getroffen war, mich grundsätzlich als letztes über dem tiefen Wasser hielt ohne mich auch nur ein Mal loszulassen.
Und doch, wie Ushijima mit dem Arm gegen die Wand über mir fiel und mir so nah kam, wie die Vorschau des Liedes im Hintergrund trällerte, da konnte ich nur ihn sehen. Wie er von dem warmen Licht eingestrahlt wurde und auch nur mich sah. Ich wollte ihn küssen, aber nur, damit er sich wohlfühlte. Vielleicht auch, damit ich mich besser fühlen konnte, denn das Kribbeln im ganzen Körper, wenn sich jemand nur mir zuwandte, das war anders. Aufregend und alles, was ich in diesem Moment gebrauchen konnte. Deshalb kam Ushiwaka mir auch näher, so, wie auch ich mich auf die Zehenspitzen stellte, um an ihn heran zu reichen.
Er hauchte mir bereits an die Lippen, doch bevor auch nur irgendwas passierte, hämmerte es plötzlich laut an die Tür und ich fiel aus allen Wolken. Ich machte mir beinahe in die Hose vor lauter Schreck und Wakatoshi und ich wichen auseinander, bevor er sich an die Tür wandte.
„Was ging hier ab, das abgeschlossen war? Wir haben die Überraschung rangekriegt“, Tendō spazierte vor, jedoch mit leeren Händen, während ich mich erschöpft auf das Sofa sinken ließ. Was hatte ich da gedacht? Hatte ich mich so leicht von Ushijima mitreißen lassen? Wieso? Was war das für ein Fluch, der auf den Kapitänen der Schulen lag?
Semi und Kenjirō kamen mit großen Tabletts an den Tisch. Darauf unzählige kleine Gläser und darin eine Flüssigkeit, dessen Geruch ich wohl überall wiederkennen würde, denn Dad trank sie manchmal nach dem Abendessen. Dennoch schaute ich perplex durch die Reihen der Jungs, die sich alle um den Tisch versammelt hatten.
„Sake Shots – damit geht die Party dann auch erst richtig los“, grinste Semi in meine Richtung und ich schluckte tief. Nicht einmal die Jungs dürften legal etwas trinken und ich schon gar nicht. Deshalb wusste ich nichts zu sagen, sondern nur direkt in Ushjima Richtung schauend. Er blieb jedoch ruhig und Tendō nahm die Führung des Gespräches in die Hand.
„Die Bar gehört Semis Eltern. Vor großen Spielen dürfen wir manchmal auch was anderes außer die Süßigkeiten plündern“, grinste Tendō breit und ich war komplett ratlos. Es gab gute Gründe, dass ich erst in ungefähr fünf Jahren legal dazu berechtigt war zu trinken. Und ich hatte zuvor auch nie das Interesse verspürt es früher zu tun. Oder es überhaupt zu tun. Und nun saß ich hier, am nächsten Scheideweg, der größere Folgen mit sich tragen sollte, als ich gedacht hatte. Und als vorher einsehbar gewesen war.