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This is Halloween

Kurzbeschreibung
GeschichteHumor, Freundschaft / P12 / MaleSlash
10.10.2020
05.12.2020
2
2.559
 
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Dieses Kapitel
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10.10.2020 1.484
 
Meine allererste The Magnus Archives Fanfiktion! Ich bin schon etwas stolz darauf!
Es wird vorraussichtlich zwei bis drei Kapitel haben, je nachdem... geplant war nur eines und das wurde zu lang :'D
Viel Spaß beim Lesen!

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"Tim, ich sage das nicht noch einmal, wir werden keine Halloween Party hier feiern!" Jons Stimme war nicht direkt schrill, doch Martin kannte diese Tonlage aus zahlreichen Standpauken nur zu gut und zog instinktiv den Kopf ein. Jon bebte regelrecht vor Bemühung, sich zurück zu halten. Sasha hatte ihre Füße auf ihrem Schreibtisch abgelegt und lehnte sich so weit in ihrem Stuhl zurück, dass es einem Wunder glich, dass sie ihr Gleichgewicht noch nicht verloren hatte, und beobachtete das Spektakel, das sich seit etwa einer Viertelstunde in steigender Lautstärke vor ihr abspielte.
Tim stand an Sashas Schreibtisch gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt und sah seinen völlig aufgelösten Chef mit einem breiten Grinsen an.
"Das freut mich!"
"Das ist eine inaktzept... was?" Jon starrte Tim an, seine Aufregung für einige Sekunden in Verwirrung erstickt.
"Na, wenn das das letzte Mal war, dass du das sagst, dann musst du das nächste Mal, wenn ich frage, sagen, dass das vollkommen in Ordnung geht." Tims Grinsen breitete sich so weit aus, dass Martin der festen Überzeugung war, dass Tims Mundwinkel schmerzen mussten.
Sasha seufzte tief und setzte ihre Kopfhörer mit einer schnellen Bewegung auf, exakt in der Sekunde, in der Jon begann zu schreien.

Die Party fand eine Woche nach Halloween statt, laut Tim eine unzumutbare Tatsache und laut Jon ... ebenfalls eine unzumutbare Tatsache, doch aus völlig anderen Beweggründen. Es war ein kalter, nasser Tag und Martin war bereits seit über einer Stunde wach, obwohl sein Wecker ihm noch immer eine halbe Stunde Schlaf gewährt hätte. Er stand in seinem Schlafzimmer vor dem Spiegel  der an die nicht fertig ausgepackten Umzugskartons gelehnt war, um ihm einen möglichst umfassenden Blick zu verschaffen. Er drehte sich langsam von links nach rechts, mit jeder verstreichenden Sekunde unsicherer, ob er das durchziehen würde. Einerseits war er sich zu einhundert Prozent sicher, dass Jon nicht in einem Kostüm auftauchen würde und Martin würde sich  in den Augen seines Bosses nur noch lächerlicher machen. Andererseits... es würde Tim eine diebische Freude bereiten und Martin hatte berechtigte Zweifel daran, ob Jons Meinung über ihn noch schlechter werden konnte. Und was war schon dabei? Sasha trug jeden einzelnen Tag entweder dicke Kuschelsocken oder Häschen-Hausschuhe an ihrem Arbeitsplatz. Da würde er das schon auch überleben. Und die anderen würden ja auch in albernen Kostümen kommen. Oder? Martin spürte, wie seine Handflächen schwitzig wurden, als er abermals den leicht ausgeblichen grünen Stoff glatt strichen.
Er zog das Kostüm in der halben Stunde, die ihm noch bis zu seinem Aufbruch blieb noch viermal aus und wieder an, bis es am Ende die Zeit war, die ihn dazu zwang, entweder in seinem Kostüm zu bleiben oder zu spät zu kommen.
Der leichte Nieselregen, der ihn draußen begrüßte, war ihm nur recht. Ihm war jetzt schon zu warm, halb aus Nervosität und halb aufgrund des flauschigen Stoffes des Kostüms. In der U-Bahn würdigten ihn die meisten keines Blickes und das half Martin, sich besser zu fühlen. In London war man schlimmeres gewohnt, besonders um diese frühe Uhrzeit, als dass ein rundlicher Mann mit Sommersprossen und einer dicken Brille eine Woche nach Halloween in einem grüngelben Kostüm U-Bahn fährt.
Doch als er die letzten Meter bis zum Archiv zurücklegte, überkamen ihn wieder Zweifel. Was, wenn er sich das Datum falsch gemerkt hatte und die Party erst nächste Woche war? Oder wenn niemand außer ihm bereits verkleidet zur Arbeit kam? Oder wenn sein Kostüm furchtbar war? Martin wurde langsamer.

Dann spürte er eine Hand auf seiner Schulter, ein freundliches Hallo erreichte ihn eine halbe Sekunde später.
"Oh, Morgen, Sasha", atmete Martin auf, bevor ihm eine Kleinigkeit auffiel und er sich langsam umdrehte. Sasha war winzig. Selbst neben Tim oder Jon, die beide einen guten Kopf kleiner waren als Martin, wirkte sie klein. Martin würde sie auf höchstens einen Meter sechzig schätzen. Wenn sie nicht gesprungen war, kam sie eigentlich nicht so ohne weiteres dazu, ihm die Hand auf die Schulter zu legen, nicht ohne dabei sehr nahe bei ihm zu stehen.
Als er sich jedoch umdrehte, beantwortete sich seine Frage sofort. Sasha trug die absurdesten Schuhe, die er je gesehen hatte. Die Absätze mussten an die zwanzig Zentimeter hoch sein, pechschwarz mit einer kleinen weißen Fliege vorn an der Spitze. Danach kam eine Nylonstrumpfhose, die schließlich unter einem fast lächerlich kurzen schwarzen Minirock endete. Darüber trug Sasha ein schneeweißes Hemd, die obersten Knöpfe waren geöffnet und der Kragen wurde von einer knallroten Krawatte zusammengehalten. Ein übergroßes Sakko komplettierte den Look. Martin spürte, wie Hitze durch seine Wangen schoss.
"S.. Sasha... was..."
Sasha lachte und hakte sich ein.
"Ich bin eine Managerin!"
Martin hustete und achtete darauf, sie dabei nicht zu schubsen, aus Angst, sie würde sich beide Knöchel brechen in diesen mörderischen Schuhen.
"Was bitte soll das für eine Managerin sein?"
Sasha sah ihn an, ihre Augen funkelten mit Gelächter.
"Eine Asset Managerin. Mit besonderen Assets."
Martin wollte auflachen, doch es klang ein wenig atemlos. Sasha trug so etwas nie. Im Leben hätte er nicht damit gerechnet, dass sie so etwas überhaupt in Betracht ziehen würde. Für Sasha stand Bequemlichkeit bei ihrer Kleidungswahl an erster Stelle. Je flauschiger, desto besser. Als er Sashas Namen letztes Jahr beim Wichteln gezogen hatte, hatte er ihr die kuscheligsten Wollsocken gestrickt, die er zustande gebracht hatte. Und sie jetzt in diesem Stripper-Look zu sehen, brachte sein Weltbild ziemlich ins Wanken.

"Heey, wartet auf mich!"
Tims Stimme erklang über die Straße hinweg, gerade als sie die ersten Stufen erklommen. Martin hielt immer noch Sashas Ellenbogen fest, in der fast verzweifelten Hoffnung, sie halten zu können, wenn sie auf den nassen Stufen ins Rutschen geriet. Er hatte keine Ahnung, wie sie damit überhaupt bis hierher gelaufen war.
Martin und Sasha blieben stehen, damit Tim zu ihnen aufschließen konnte.
Und Martin hörte, wie ein zweites Paar Absätze über den Boden klackerte. Mit einem leisen Seufzen drehte er sich vorsichtig um, wobei er Sasha los ließ.
Diesmal brach er tatsächlich in Gelächter aus.
Tim trug eine grauweiße Lockenperücke, einen übergroßen mauvefarbenen Hut und ein dazu passendes Kostüm aus knielangem Rock und Jacke, schwarze Lackschuhe mit breiten Absätzen und einer silbernen Spange. Die Feder, die seinen Hut zierte, hing in dem Nieselregen traurig nach unten. Als er näher kam, erkannte Martin, dass Tim sogar weiße Handschuhe trug und die Jacke war mit einer silbernen Brosche verziert.
"Die Queen?", fragte Sasha und schüttelte den Kopf mit gespielter Verzweiflung.
"Was gibt es gruseligeres an Halloween als ein Relikt der Monarchie?" schoss Tim zurück und ruderte mit den Armen, als er zwei Stufen mit einem Schritt nehmen wollte und feststellen musste, dass Röcke für solche Aktionen denkbar ungeeignet waren. Martin griff nach seinem Arm ohne darüber nachzudenken.

"Sasha, Liebling, du bist größer als ich. Das ist unfair." Tim grinste und musterte sie. Sie reckte das Kinn weiter in die Luft.
"Gefällt mir hier oben, ich glaube ich ziehe die Schuhe jetzt immer in die Arbeit an."
"Oh bitte nicht", wisperte Martin instinktiv und spürte, wie er wieder rot wurde, als die beiden anderen anfingen, zu lachen.
Tim schnappte sich Martins Arm und hakte sich unter. Sasha tat das gleiche auf der anderen Seite und so erreichten sie zu dritt die Eingangstüre.
"Und, wie stehen die Wetten?"
"Auf was?" Sashas Stimme war ein wenig gedämpfter als Tims fröhlicher Ton. Die großen dunklen Hallen des alten Archivgebäudes hatten weder für sie noch für Martin den irgendwie majestätischen Anklang verloren, der die Besucher regelmäßig zum Flüsterton und zu bestem Benehmen anstachelte.
"Darauf, ob Big Boss ein Kostüm trägt. Bei jedem anderen würde ich fragen, ob er überhaupt kommt, aber nachdem unser Mr. Sims ja auch schon mit einer Lungenentzündung hier herum lief... glaube ich nicht, dass er sich von so etwas albernem wie Kleidung aufhalten lässt."
"Niemals", kam es von Martin wie aus der Pistole geschossen. "Tim, er hat über eine halbe Stunde gewettert und gezetert, als du diese Idee durchgesetzt hast. Im Leben lässt er sich da nicht darauf ein."
"Hmm, ich weiß nicht", erwiderte Sasha und ihre Absätze knallten auf dem Boden, als sie die steinernen Treppen ins Kellergewölbe erreichten. "Er will auch nicht der Einzige sein, der es nicht tut." Sie verstellte ihre Stimme tiefer und sprach jedes Wort überdeutlich aus. "Die Moral der Arbeitsgemeinschaft ist ein erheblicher Faktor für die Produktivi... Morgen, Boss!"
Martin begann wieder zu husten, als sein Auflachen in seiner Kehle stecken blieb.

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Part 2 folgt voraussichtlich nächste Woche!
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