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New Danganronpa V - In The Name Of Despair

von Tokiro
Kurzbeschreibung
MitmachgeschichteDrama, Thriller / P16 / Gen
Monokuma OC (Own Character)
18.09.2020
05.02.2023
2
10.339
2
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14.02.2021 6.004
 
Eine starke Vibration erschüttert seinen ganzen Körper. Als sich sich seine Augen langsam öffnen, erscheint ein grauer Schleier direkt vor ihnen. Nach mehrfachem Blinzeln verschwindet er. Das letzte, woran er sich erinnern kann, ist, dass er in einem kleinen Bus saß am Fenster die vorbeiziehenden Felder und Straßen beobachtete. Er kann sich nicht daran erinnern, dass er Müdigkeit verspürte und deswegen eingeschlafen ist. Sein Mund fühlt sich außergewöhnlich trocken an, als hätte er seit vielen Stunden nichts getrunken. Sein Blick schwenkt durch den kleinen altmodischen Bus mit dunkelroten Kunstlederbezügen auf den Sitzen. Die Fenster sind mit schwarzen Vorhängen verdeckt. Seltsam. Er hätte schwören können, dass in dem gesamten Bus keine Vorhänge montiert waren. Er zieht den zu seiner Rechten zur Seite und erblickt eine freie Fläche mit etwas Wald im Hintergrund. Mittendrin steht ein großes mehrstöckiges Gebäude.

Seitdem er aus seinem ungewolltem Schlaf erwacht ist, hat sich der Bus nicht bewegt und er beschließt daraufhin, von seinem Platz aufzustehen und zum Fahrer zu gehen. Sein Körper bremst ihn jedoch. Er fühlt sich sehr erschöpft und wankt bei den ersten Schritten zur Seite. Ihm überkommt auch eine leichte Übelkeit, obwohl er in seinem Leben noch nie Probleme mit der Reisekrankheit hatte. Langsam schreitet er jedoch voran und erreicht den Sitz des Busfahrers. Leer. Der Platz ist nicht besetzt. Vielleicht macht er gerade eine Pause? Das könnte ihm gerade in dem Moment auch gut tun. Er geht also zurück zu seinem Rucksack und holt ein silbernes mit einem Drachen graviertes Metalletui heraus und verlässt anschließend den Bus aus der geöffneten Vordertür. Draußen berührt ein kühler Luftzug seine kantige bärtige Wange. Die Temperaturen sind angenehm für ihn, da er ein Hemd, ein schwarzes Sakko und ein auffälliges armeegrünes Jackett trägt. Er wirft einen Blick in seine Zigarettendose. Nur noch 3. Das heißt, sie muss bald wieder gefüllt werden.
Mit einem Benzinfeuerzeug zündet er sich eine Zigarette an, während er diese bereits im Mund hat und nimmt den ersten Zug. Währenddessen betrachtet er seine Umgebung. Er steht auf dem Schotterweg und blickt auf ein Waldstück in der Ferne. Das Umfeld scheint schon fast unnatürlich endlos, da kein Horizont zu sehen ist. Das Seltsamste ist für ihn aber dieses große Gebäude zu seiner Rechten. Es sieht von außen vernachlässigt aus, gar heruntergekommen und verlassen. Dennoch macht es nicht den Eindruck, als wäre seit einiger Zeit niemand dort gewesen. Er hätte auch schwören können, er hätte ein paar Geräusche gehört, die von dieser Richtung herkommen, doch er schiebt es auf gewöhnliche Naturgeräusche. Er nimmt den letzten Zug von seiner Zigarette und wirft sie auf den Schotterweg. Nachdem er den Glimmstängel ausgetreten hatte, beschließt er, wieder in den Bus zu steigen, um auf die Weiterfahrt zu warten. Möglicherweise sitzt der Fahrer auch schon wieder drinnen und wartet auf ihn. Als er sich jedoch umdreht, kann er seinen Augen nicht trauen. Der Minibus ist weg. Das Einzige, was an dieser Stelle steht, ist seine Sporttasche. „Verdammt...“, flüstert er mit einer leicht kratzigen tiefen Stimme. Diese verstummt jedoch schnell, als er sieht, dass es keinen Rückweg mehr gibt. Vor ihm ist nun eine hohe Mauer. Das Material ist schwer zu definieren, da es von nahen eher durchsichtig aussieht, wie eine Barriere aus Sci-fi Filmen. Als er jedoch ein paar Schritte zurück geht, wirkt dieser Festungswall wie aus Stahl.

Er fasst sich an den Kopf und streicht durch sein türkisfarbenes Haar. Auf diese Beunruhigung könnte er sich die nächste Zigarette anzünden, doch er hält inne. Er überlegt stattdessen, was er als nächstes tun soll. Der Minibus und dessen Fahrer sind spurlos verschwunden, um ihn herum befinden sich hohe undefinierbare Mauern und vor ihm liegt ein altes Gebäude. Das Sinnvollste, was ihm zu tun bleibt, ist, erstmal zu dem Haus zu gehen und vielleicht nach Hilfe zu fragen. Auch wenn er sich sicher ist, dass er sich noch in einem Traum befindet, nähert er sich dem mehrstöckigem Gebäude. Mit jedem Schritt, den er auf das Haus zugeht, macht sich ein unbehagenes Gefühl in ihm breit. Es ist schwer für ihn zu begreifen, aber die Umgebung verändert sich mit jedem Meter, den er zurücklegt. Sie wird klarer und definierter. Dieser Ort ist ihm von Anfang an seltsam vorgekommen und er ist sich auch zu hundert Prozent sicher, dass er sich nicht in der realen Welt, sondern in einer Traumfantasie befindet. Die Stahlmauer vom Anfang erstreckt sich um das gesamte Gelände und lässt den ganzen Ort wie einen Käfig wirken. An dem Gebäude wird nun ein Schriftzug deutlich, den man vorhin nicht hätte erkennen können. ''Jugendherberge'' steht in hölzenernen Buchstaben auf einem Dachvorsprung. Er bemerkt gleichzeitig die edle Fassade des Gebäudes.

Allmählich hält er die ganze Sache für einen Scherz, da er wieder auf dem Schirm hat, weswegen er überhaupt von zu Hause weggefahren ist. Es war die Einladung zu einem Jugendtreff, wo zufällige Schüler oder Studenten in eine Jugendherberge eingeladen wurde, um... Ja um was? Ein schönes Wochenende miteinander zu verbringen? Weswegen war er noch mal hier? Er ist weder Schüler noch Student und auf eine Horde heranwachsender Teenager hat er keine Meinung. Die Erinnerungen kommen langsam zurück. Es war sein Vater, der ihn das ans Herz legte und meinte, es würde ihm gut tun. Und das sollte ausreichen, um ihn zu überzeugen. Er hat dafür selber keine plausible Antwort.
Bevor er hinein gehen will, erkundet er noch ein wenig das Gelände. Neben der edlen Fassade unterstützt ein Pool, den man von weitem auf der Terrasse erkennen kann, das luxuriöse Aussehen des Anwesens. Vermutlich Kebony Holz, denkt er sich bei einem genauerem Blick. Er dreht sich erneut um. Eine Falle? Oder doch das Ziel seiner Reise? Wohl kaum. Dieses Gebäude wurde zwar augenscheinlich seit einiger Zeit nicht renoviert, aber diese prächtige Villa wirkt trotzdem nicht wie eine Bleibe für Jugendliche. Er bewegt sich direkt auf den Eingang des mysteriösen Hauses zu und betritt die Fassade. Da keine Klingel zu sehen ist, klopft er einige Male an die große stabile Holztür. Als nach einigen Minuten keine Rückmeldung oder jegliche Lebenszeichen zu hören sind, legt er seine Hand auf den glänzenden gold-gelben Türknauf und dreht ihn nach rechts. Verwundert, dass er nicht auf Widerstand trifft, öffnet er die Tür und blickt vorsichtig hinein.
Er tritt ein und steht in einem großen hellen Raum.

„Hallo, ist hier jemand?“, fragt er und guckt um die Ecke.

Dort stehen zwei Ledersofas mit weißem Mikrofaserbezug und Kissen. Darüber hängt ein mindestens 80 Zoll Flachbildfernseher, der eingeschaltet ist und sehr leise Rockmusik spielt. Ein paar Klassiker, die jeder schon einmal gehört hat. Er näher sich dem Bildschirm und sieht auf dem Sofa, zu dem er gerade noch keine Sicht hatte, eine Person mit einem schwarz-lila Pullover. Das Gesicht kann man bis auf den Mund und einer silber glänzenden Strähne.

„Entschuldigung, dass ich einfach so Ihr Haus betrete, aber die Tür stand offen und es hat niemand geantwortet.“, versucht er aus der misslichen Lage herauszukommen, aber aber sein Gegenüber reagiert nicht auf seine Worte. Er wartet kurz und versucht erneut, ein Gespräch aufzubauen.

„Entschuldigung, können Sie mich verstehen?“ Wieder keine Antwort.

„Ich werde Sie dann nicht weiter belästigen und werde umgehend das Haus...“

„Was sollen die Förmlichkeiten? Du bist doch sicher auch einer der Schüler, die zu diesem Klassenausflug eingeladen worden.“

Die fremde Person legt ein Ringbuch mit einem schwarzen Kugelschreiber, der mit Totenschädeln, keltischen Zeichen und einem Drachen verziert ist, auf den Glastisch, der vor ihm steht und schaut langsam in die Richtung von ihm.

„Pardon...“, antwortet er auf die Worte des Fremden.

„Das ist doch ein schlechter Scherz, oder?“

Er verschränkt die Arme.

„Das dachte ich am Anfang auch. Du wurdest sicher auch betäubt und vor dem Gebäude abgesetzt. So wie es aussieht, ist es uns allen passiert“, gibt die sanfte reife, aber neutrale Stimme wieder.

„Das heißt, es sind schon andere hier angekommen?“

„12“, antwortet die Person kurz.

„12?“, fragt der bärtige Grünhaarige. „Es gibt also schon 12 Personen auf dem Gelände.“

Er schaut sich in dem Raum um. Dieser ist in hellen Farben, in weiß und hellen Grautönen sowohl bei Wand und Decke als auch bei den Möbeln. Außer der Sofaecke gibt es noch zwei längliche Tische mit einmal 7 und 8 Stühlen daran stehend. Das heißt, hier können genau 15 Personen Platz nehmen. Jedoch heißt das nicht, dass hier nicht mehr Personen sein könnten. Es gibt nämlich außerdem einen Tresen, der den Raum in zwei Bereiche trennt und an ihm stehen 4 hohe Barhocker. An diesem Raum schließt auch die Terrasse an, die er von draußen sehen konnte.

„Danke für das Gespräch“, verabschiedet er sich vorerst bei der mysteriösen Person und geht.

„Yuma, Yuma Sarugaki.“

Er begreift, dass die Person gerade ihren Namen genannt hat und erwidert höflich.

„Daisuke Naito. Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen, Sarugaki-san.

„Nenn mich beim Vornamen, das ist hier eine Klassenfahrt und kein Seminar.“

„Deiner Bitte werde ich nachgehen. Entschuldige mich.“

Yuma konzentriert sich schon wieder auf das Buch, dass vor wenigen Sekunden noch auf dem Tisch lag. Er setzt also den Weg zur Terrasse ohne weitere Unterbrechungen fort, denkt er zumindest. Als er die Schiebetür, die die Lobby von der Terrasse trennt, greifen will, erscheint plötzlich ein größerer junger Mann mit weißen zerzausten Haaren und roten Strähnen vor ihm auf und und legt seine Hand auf Daisukes linke Schulter und beginnt zu sprechen.

„Du kannst ja sogar in ganzen Sätzen sprechen, Yumalein“, spricht er in einer kratzigen, aber nicht sehr tiefen Stimme. Es klingt, als wäre er gerade im Stimmbruch.

„Nicht du schon wieder.“ Yuma schaut nicht auf, aber verdreht die Augen.

Der mysteriöse Junge gibt einem ein ungutes Gefühl und erzeugt eine unangenehme Atmosphäre. Er hat eine  große Brandnarbe von seiner linken Wange bis zum Hals.

„Sei doch nicht so unfreundlich.“

Sein Mund öffnet sich zu einem breiten Lächeln und nachdem er einen Schritt zurück geht, blickt er Daisuke direkt in die Augen und streckt seine rechte Hand zu ihm aus.

„Ich bin Atsuo Unohana.“

Seine blutroten Augen wirken bedrohlich und sein Grinsen macht den Eindruck von aufgesetzter Freundlichkeit.

„Daisuke Naito“, antwortet er höflich.

„Freut mich dich kennen zu lernen, Naito-san.“

Seine Worte bekräftigen den ersten Eindruck von dem Bärtigen. Er betrachtet weiter sein Erscheinungsbild. Durch seine bleiche Haut und dem schmalen Gesicht wirkt er wie krank und seine schmächtige Gestalt unterstützt dies. Sein Outfit ist mit einem Netzhemd und einer schwarzen Lederjacke, die bis zur Taille geht, sehr gewagt. Atsuo mag auf den ersten Blick sehr freundlich wirken, aber seine gesamte Gestalt und sein Tun strahlt Antipathie aus.

„Nenn mich doch nur beim Vornamen.“

Er hält inne. In der einen Sekunde, in der er geblinzelt und nicht einmal weggesehen hat, verschwindet der unangenehme Weißhaarige spurlos. Daisuke dreht sich um und versucht ihn weggehen zu sehen, aber es scheint, als hätte er sich in Luft aufgelöst.

„Von ihm solltest du dich fernhalten. Er ist seltsam“, sagt Yuma mit einem ernsten Ton in der Stimme.

„Nicht nur das, er kännte gefährlich werden.“

Daisukes Blick ist sehr ernst und als würde man Blicke spüren können, dreht sich Yuma überrascht zu ihm und schaut etwas auf. Man sieht nur neben den platinblonden Haaren, die im Licht silber schimmern, den Anfang eines hell-lilanen Augen, dessen Farbe durch tiefe dunkle Augenringe deutlich hervorsticht. Die Blicke treffen sich und Yuma beginnt, ein paar Worte vor sich hin zu murmeln.

„Er sieht fast genauso aus, wie der Serienkiller aus dem Krimi, den ich zuletzt gelesen habe.“

„Serienkiller?“, fragt Daisuke verwirrt.

Sein Gegenüber wirkt leicht erschrocken, als hätte er realisiert, dass er die letzten Worte laut ausgesprochen hatte.

„Entschuldige mich.“

Yuma steht auf, packt das Buch und den Stift in einen kleinen schwarzen Turnbeutel und verlässt das Zimmer. Daisuke wollte hinterhergehen, aber empfindet diese Handlung als unhöflich. Ob Yuma ein Horrorfan ist? Hoffentlich ist er oder sie nicht paranoid. Das kann vorkommen, wenn man sich sehr viel mit Horrorgeschichten beschäftigt.

Er beschließt nun endlich auf die Terrasse zu gehen, diesmal hoffentlich ohne unangenehme Begegnungen. Die Schiebetür wird mit einer Drehung des Türgriffes vorsichtig geöffnet und Daisuke tritt auf die Veranda. Seine anfängliche Vermutung wird bestätigt. Der ganze Bereich ist mit hochwertigem Holz eingekleidet. Zu seiner Rechten befindet sich ein kleiner Pool, der in die Terrasse eingebaut wurde. Am Grund scheinen LED-Lichter montiert zu sein, da das Wasser nicht in natürlichen Farben leuchtet. Auf der anderen Seite stehen ein graues Ecksofa mit 4 Sesseln aus Korb und ein großer Glastisch. Weiter hinten auf der linken Seite ist eine längliche Grünfläche, auf der am Ende ein Tischtennistisch steht. Sie ist durch eine kleine Holztreppe mit 4 Stufen zu erreichen. An der Wand stehen weitere Bänke, damit auch jeder draußen einen Sitzplatz findet. Von hier aus kann man keine Mauern sehen, aber wenn man genauer in die Richtung blickt, kann man eine durchsichtige Barriere erkennen, die vom reflektierendem Sonnenlicht sichtbar gemacht wird.

Er geht wieder zurück ins Haus und schließt die Terrassentür. Die Lobby ist menschenleer und deswegen verlässt er diesen Raum, um den Rest des Hauses zu erkunden. Fast gegenüber der Tür, die zur Lobby führt, ist eine weitere. Bevor Daisuke die Türklinke runter drückt, sieht er ein junges Mädchen den Gang entlang laufen. Sie hat ein paar Kopfhörer in den Farben schwarz, blau und silber, die einen Teil ihrer langen pastellblauen Haare verdecken. Ihr Oberteil ist hellgrün und schulterfrei. Dazu trägt sie eine blaue Shorts mit grünen Streifen an den Seiten. Ihre Füße sind von schwarz-weißen Oldschool Sneaker bedeckt. Sie bleibt kurz stehen und schaut zu ihm.

„Gu-guten Tag...“, stammelt sie und ängstlich und nickt kurz verunsichert.

Danach geht sie mit beschleunigtem Tempo weiter. Vermutlich ist sie eine sehr schüchterne und ängstliche Person oder es war Daisukes Erscheinung, die sie fürchten ließ. Ohne weiter nachzudenken, öffnet er die Tür zum nächsten Raum. Dieser ist auch wieder sehr hell und freundlich mit einer weiß-orangenen Tapete und weiß-grauen Sofas bestückt. In dem Raum stehen in gleichmäßigen Abständen ein Billardtisch ganz hinten, dann zwei Tische mit einem Schachbrett auf dem einen und Solitärkarten auf dem anderen von beiden und nahe des Eingangs steht ein Tischkicker. An der hinteren Wand steht ein großer Vitrinenschrank mit weiteren Brett- und Kartenspielen. Ansonsten stehen an den anderen Wänden Polsterbänke aus Leder in den Farben schwarz und grau. Ein ziemlich großer Raum, der von außen gar nicht so wirkt. Allein der Abstand zwischen den Tischen beträgt mindestens einen Meter. Daisuke beschließt  sich nicht länger diesem Raum zu widmen.

Zur linken Seite führt ein langer Gang wieder zu einer Tür. Vielleicht trifft er ja das verängstigte Mädchen wieder oder Yuma oder der unangenehme junge Mann mit der großen Brandnarbe, Atsuo Unohana war sein Name. Es ist besser, ihm fürs Erste aus dem Weg zu gehen. Nach ein paar Metern erreicht er diese Tür, die er schon von weitem ausgemacht hat. Rechts und links im Gang befinden sich jeweils noch eine Tür und am Ende des rechten Ganges befindet sich eine Wendeltreppe, die nach oben und unten führt. Das heißt, seine Erkundungstour wird nicht gleich ein Ende finden.
Er geht zuerst in den Raum direkt vor ihm. Das Erste neben der hochwertigen Kücheneinrichtung mit Marmorelementen, das er vorfindet, ist eine sehr große Person, die kräftig gebaut ist und ein ein schwarzes Kapuzencape trägt, dass sich in zwei spitz zulaufende Teile teilt, die anscheinend bis zur Vorderseite der Kleidung gehen. Daisuke beobachtet auch den Raum detaillierter. Mitten in der offensichtlichen Küche steht eine große Herdinsel. In der linken Ecke am hinteren Ende ist eine große Spülmaschine und der restliche Platz ist mit Schränken, Regalen, zwei großen Kühlschränken und in der rechten vorderen Ecke mit Getränkekisten ausgefüllt. So wie es aussieht, gibt es hier einen riesigen Vorrat an Essen, da überall Konservendosen, frisches Obst und Gemüse, sowohl Brot und Kartoffeln stehen und nicht zu vergessen, die Getränkeecke. Das alles könnte für eine Klasse als Wochenration reichen.
Die Person vor ihm hat sich gerade etwas aus dem Kühlschrank genommen, sodass er einen Blick hinein werfen konnte. Unmengen an fertigen Gerichten in Plastikbehältern und übliche Lebensmittel wie Milch, Eier, Wurst, Käse und diverse Brotaufstriche und vieles mehr, was man bei einem kurzen Augenblick nicht sofort definieren kann. Bevor Daisuke aus Höflichkeit ein Gespräch beginne will, dreht sich sein Gegenüber zu ihm um und erschreckt sich ein wenig und lässt dabei fast die Becher mit Pudding fallen, die er in der Hand hält.

„Verzeihung, ich hatte nicht die Absicht, dich zu erschrecken.“

„Schon gut“, entgegnet ihm die tiefe aber sanfte Stimme des großen jungen Mannes.

Er hat eine Gesichtstattoowierung in Form von Tribals auf der rechten Seite unter dem hellgrauen Auge. Seine linke Gesichtshälfte ist mit einer weiß-grauen Skelettmaske bedeckt, dessen Augenhöhle tiefschwarz ist. Allgemein ist sie sehr detailliert bemalt, scheinbar handbemalt. Nur das Material ist schwer zu definieren. Unter seinen schwarzen Kapuze erkennt man einen Teil seiner schwarzen Haare und den leuchtenden weißen Strähnen.

„Es ist nicht deine Schuld. Ich bin sehr schreckhaft.“

Trotz, dass sein Gesicht zur Hälfte verdeckt ist, sieht man ein Lächeln. Nach seinen letzten Worten kratzt er sich mit der freien Hand am Hinterkopf. Verlegenheit? Es folgen ein paar Sekunden peinlicher Stille. Daisuke betrachtet den Rest seines Outfits in der Zeit, in der keine Worte fallen. Unter dem sonderbaren Cape trägt sein Gegenüber ein schwarz-graues kurzärmliges T-Shirt. An seinem rechten Arm trägt er einen schwarzen Lederhandschuh mit Klettverschlüssen und Nieten, der bis zum Unterarm reicht. Trotz seiner leicht gebräunten Hautfarbe fällt auch das Schädeltattoo auf seiner linken Hand auf. Auffällig ist außerdem seine gefleckte Cargo Shorts in den Farben weiß, grau und schwarz. Dazu trägt er robuste halbhohe Arbeitsschuhe in schwarz-weiß.
Die Stille wird doch relativ schnell von dem Mann mit der Schädelmaske unterbrochen.

„Ich bin nicht so gut in Smalltalk, aber ich will mich zumindest vorstellen. Mein Name ist Shouta Kurokawa.“ Er wirkt etwas verunsichert, deshalb will er ihn aus der unangenehmen Situation helfen.

„Ich bin Daisuke Naito. Darf ich dich fragen, aus welchem Material deine Maske hergestellt wurde?“

Von jetzt auf gleich verschwindet die Verlegenheit von Shouta und sein Auge blitzt auf. Er beginnt nun selbstbewusst zu erzählen.

„Diese Maske ist mein größtes Kunstwerk. Ich habe sie aus Knochen gefertigt und selbst bemalt. Du musst wissen. Ich gehe auf die Kunstschule und würde gerne Masken und Requisiten für Opern und Musicals bauen.“

Er hat ein großes Lächeln auf den Lippen und wirkt so glücklich, als er über sein Handwerk und seine Träume redet.“

„Das ist wirklich erstaunlich und außergewöhnlich. Ich hoffe, dir gelingt dein Vorhaben. Das Talent hast du auf jeden Fall.“

„Danke, das hoffe ich auch“, erwidert mit einem sanften Lächeln.

Daisuke versucht sich geschickt loszureißen, da er gerne die Umgebung weiter erkunden würde.

„Tut mir leid, dass ich das Gespräch unterbreche, aber ich müsste auf die Toilette. Könntest du mir sagen, wo ich sie finde? Ich bin erst vor kurzem angekommen.“

Shouta versucht ihm daraufhin den Weg genau zu beschreiben.

„Vielen Dank.“ Daisuke geht in Richtung der Tür und öffnet sie.

„Kein Problem. Auf der anderen Seite ist übrigens die Mädchentoilette, falls dich das interessiert.“

Seine Stimme ist sehr angenehm und ruhig und er ist eine Person, mit der man sich durchaus unterhalten kann.
Daisuke verabschiedet sich erneut stumm mit einem Nicken und geht aus der Küche. Sein höflicher Fluchtversuch ist nicht einmal eine Ausrede, da er nach der Zeit doch das Bedürfnis hat, die Toilette zu besuchen. Er geht in den Gang, an dessen Ende die Wendeltreppe steht. Nach wenigen Schritten steht er auch schon vor der besagten Tür. Er legt die Hand auf die Klinke und drückt diese herunter. Der Raum ist im Gegensatz zu denen davor sehr einfach gestaltet, auch wenn es sehr viele Kabinen und neuwertige Fliesen und Waschbeckengarnituren gibt. Der Raum ist mittig durch eine Wand in zwei Bereiche geteilt. Auf der linken Seite befinden sich zwei große Waschbecken mit jeweils 4 Wasserhähnen, auf derselben Seite 4 Pissoirs und rechts an der Seite 6 Kabinen, davon scheinen zwei Duschkabinen zu sein. Im rechten Teil des großen Raumes sind die Gemeinschaftsduschen. Der Alptraum auf jeder Klassenfahrt.
Insgesamt sind es 6 Duschen, 4 auf der linken und 2 auf der rechten Seite. Der Grund, warum es so unausgeglichen aufgeteilt ist, ist der Bereich direkt nach dem Eingang auf der rechten Seite. Dort stehen zwei Bänke und an der Wand sind viele Haken und Regale, auf denen blaue Handtücher gestapelt sind. Lässt man den Umfang und die neuwertige Ausstattung außer Acht, bekommt man das Gefühl, ein Schüler auf einer normalen Klassenfahrt zu sein, dessen größte Sorge, das Gemeinschaftsbad ist.
Nachdem er alles gesehen hat, geht er zu den Stehtoiletten und erleichtert sich. Dabei ist ein großes Fenster direkt vor ihm nicht zu übersehen. Man kann nur hoffen, dass es von außen verdunkelt ist, sonst könnte es deswegen noch Probleme geben. Natürlich schaut er hinaus und möchte Klarheit darüber, was es außerhalb des Gebäudes noch zu sehen gibt. Man kann viele Wiese und mittendrin einen Trampelpfad erkennen. Dieser erstreckt sich sehr weit und in der Ferne kann man unscharf eine Treppe, höchstwahrscheinlich aus Stein, den Anfang eines Waldes und einen eingegrenzten Bereich erkennen. Das heißt, dort gibt es auch noch etwas zu erkunden.

Er spült und geht sich die Hände waschen, danach verlässt er den Raum. Da laut Shouta nur noch die Damentoilette auf dieser Etage ist, geht er nun geradewegs auf die Treppe zu. Nach oben oder nach unten? Die Antwort auf diese Frage ist schnell gefunden, da Daisuke davon ausgeht, dass es noch mehr als ein weiteres Stockwerk gibt und das Kellergeschoss nicht sonderlich interessant sein wird. Er betritt also die schmalen Treppenstufen, auf die seine Füße nicht komplett aussetzen können, obwohl er mit der Schuhgröße 42 nicht über der Norm liegt. Er zählt genau 24 Stufen bis zur nächsten Etage und dort hält er auch erstmal an. Der Flur erinnert ihn an einen Gang in einem Hotel,wo alle zwei bis drei Meter eine Tür mit einer Nummer platziert, Teppich im Gang ausgelegt ist, meist in einem dunklen Rotton und die Wand wurde demnach angepasst und an jeder Tür gibt es diese Scanner für Chipkarten. Genauso sieht es auch hier aus, nur dass der Abstand zwischen den Türen kürzer ist und der graue Parkettboden und die weiße Wand lässt es schlicht und wie eine klassische Schlafstätte einer Jugendherberge aussehen. Aber diese Scanner an den Türen sind merkwürdigerweise vorhanden. Am Ende des Ganges befindet sich eine Glastür mit weißem Rahmen. Diese führt zu dem Balkon auf der Etage. Von weitem kann man draußen mittig stehend einen Tisch erkennen.
Daisuke geht den Gang entlang und betrachtet die Türen. Nach einer blanken Tür auf der rechten Seite sind die nächsten beschriftet. Hitsugaya. Yamato. Tyler. Kobaya. Kani. Tachibana. … An der Letzten steht sein Name. Naito. Das heißt, überall stehen die Familiennamen von jeder Person an der Tür. Seltsam. Nein, schon eher unheimlich, weil die Namen in das Holz graviert wurden. Er schaut auf die linke Seite. Direkt gegenüber seines Zimmers liest er einen Namen, den ihm schon bekannt ist. Sarugaki.
Ihre Zimmer liegen genau vor dem Balkon, auf den Daisuke jetzt eine bessere Sicht hat. In der Mitte steht der längliche Glastisch, der von 3 Korbbänken, auf denen braune Sitzkissen liegen, umgeben ist. Fürs Erste soll die Zeit an diesem Platz auch ausreichend gewesen sein. Er geht zurück zur Treppe und schaut nochmal an die Türen. Insgesamt sind es also 16 Zimmer, von denen aber nur 15 mit einem Namen versehen worden sind. Eigentlich ist er gewillt, das nächste Stockwerk zu betreten, aber die Treppenstufen nach oben werden durch ein Metallgitter versperrt. Betreten verboten. Diese Buchstabenfolge steht auf einem Pappschild etwas unprofessionell mit rotem Filzstift und mehreren Ausrufezeichen geschrieben. Die Art der Absperrung wirkt, als läge dahinter etwas Verbotenes, was an einem eigentlich normalen und öffentlichen Ort einige Fragen aufwirft. Aber diese Stätte ist alles andere als normal.

Er geht die Treppe ohne Stopp bis zum Kellergeschoss hinunter. Sofort gelangt ein komischer Geruch in seine Nase. Der Keller wirkt viel größer als die anderen Etagen, jedoch kann das auch sehr täuschen. Nach hinten führend ist die Beleuchtung zunehmend schwächer. In seinem Blickfeld legen 3 Räume, einer direkt rechts neben und 2 auf der linken Seite von ihm. Die Tür zu seiner Rechten ist einen kleinen Spalt geöffnet und die Quelle von dem starken Geruch. Daisuke drückt die Tür weiter auf und blickt hinein. Der Raum ist mit vielen kleinen LED-Lichtern ausgestattet, die ihn so sehr beleuchten, das kein Hauptlicht von Nöten ist. Die Einrichtung ist sehr modern und gleichzeitig wirkt das Zimmer etwas rustikal, durch den Steinkamin, der Wandverkleidung aus Backsteinen dahinter und das Geweih eines Hirsches über der Feuerstelle. Rundherum stehen ein paar Kunstledersofas in den Farben schwarz und türkis. Über dem Marmorboden liegt an der Stelle der Sofas und den in der Mitte stehenden Glastisch mit Marmorfassung, ein Teppich mit dreidimensionalen geometrischen Figuren, die teilweise im Acrylstil in schwarz, türkis und rot ausgefüllt sind. Im linken hinteren Bereich ist ein kleiner Bartresen mit 4 Barhockern. Unter den hervorstehenden Kanten sind ebenfalls LEDs angebracht, sodass das schwarz-weiße Möbelstück im unteren Bereich erhellt ist. Ansonsten gibt es weitere Sofas, graue Sitzsäcke in der rechten Ecke und an den freien Wandstücken stehen Vitrinenschränke, die im Inneren Bücher beleuchten.

An dem Glastisch direkt vor ihm sitzt eine schlanke Frau mit schulterlangen blonden Haaren und einem schwarzen Fischerhut. Sie trägt am Hals einen sogenannten Choker. Ihr Outfit besteht außerdem aus einer olivfarbenen Bomberjacke mit Buttons auf der Oberfläche, ein roter Minirock mit weißem Saum, ein schwarzer Gürtel um ihrer Hüfte, Tennissocken und schwarze Converse Schuhe. Vor ihr steht eine Bong und jetzt wird ihm auch bewusst, von welcher Substanz der seltsame Geruch stammt. Er tritt langsam zu ihr, um sie nicht zu erschrecken, da sie ihn anscheinend nicht bemerkt hat. Doch dann schaut sie nach oben und ihr gelassener Blick ändert sich zu einem Funkeln in ihren glasigen blauen Augen, die von Augenringen unterstrichen werden. Seine Vermutung zu der gewissen Substanz bestätigt sich spätestens jetzt zu hundert Prozent.

„Ohhh hallo! Alles fit? Komm setz dich zu mir und wir plaudern ein bisschen. Ich hab auch genug Weed dabei. Du brauchst also nur Bescheid sagen, wenn du was willst.“

Sie ist sehr aufgedreht und zeigt hektisch auf den Platz ihr gegenüber, wo Daisuke Platz nehmen soll. Er hat mit dem Charakter der jungen Frau zuerst nicht gerechnet, aber nimmt trotzdem auf dem Sofa Platz.

„Nein danke, ich rauche nur normale Zigaretten“, lehnt er höflich ihr Angebot ab.

„Achso, aber falls du es dir anders überlegst, kannst du jederzeit zu mir kommen.“ Sie lacht mit ihrer hohen Stimme und zwinkert ihm zu. „Ich bin May Lean by the way und wie heißt du, Süßer?“

Ihre Anredeweise ist ihm etwas unangenehm, aber er versucht trotz allem höflich zu sein und das Gespräch noch ein paar Sätze lang aufrecht zu erhalten.

„Ich bin Daisuke Naito.“

„Das ist ein schöner Name, Sweetie. Wie war dein Weg hierher? Ich fand diese Fahrt echt creepy. Ich weiß nicht, woran es lag, aber ich hatte zwischendurch den krassesten Blackout seit langem und dabei hatte ich heute nur einen kleinen Joint zwischendurch, nichts besonderes also.“

Schwer zu sagen, ob es an ihren Rauschmitteln gelegen hat, aber sie wurde anscheinend ebenfalls während der Reise betäubt.

„Mir ging es ähnlich“, antwortet er kurz. „Hast du eigentlich mehr als nur das dabei?“, er blickt auf ihre Bong.

„Was ist das für eine Frage? Ich habe alles dabei. Was möchtest du denn, Chrystal, Koks oder lieber etwas Heroin? Das kannst du auch mit deinem Tabak mischen.“ Das Paradies für Junkies.

„Danke der Nachfrage, aber ich lehne ab.“

„Schade“, erwidert May. „Dann frag ich dich doch lieber was klassisches. Wie alt bist du? Wo kommst du her und was sind deine Hobbies?“

Sie scheint sehr neugierig zu sein oder einfach nur gewillt, ein Gespräch zu führen.

„Du bist ja ganz schön neugierig.“

„Ja schon, aber ich möchte dich auch einfach besser kennenlernen“, antwortet sie mit Begeisterung in ihrem Blick.

„Na gut, dann will ich dir auch eine Antwort geben“, beginnt Daisuke. Es folgen sehr knappe Antworten auf ihre Fragen, die sehr oberflächlich sind.

May unterbricht ihn. „20 Jahre, dein Ernst? Dann bist du ja genauso alt wie ich. Ich hätte dich etwas älter geschätzt.“

Daisuke belächelt den Satz. „Das höre ich öfter, aber das ist nicht schlimm.“

Nachdem sie ihre ungewollte harmlose Beleidigung ausgesprochen hat und ihr Gegenüber darauf schon geantwortet hat, realisiert sie erst, was sie gesagt hat.

„Oh tut mir leid. Das sollte auch gar nicht böse klingen.“

„Dann erzähle ich dir auch etwas von mir. Vielleicht hast du mitbekommen, dass ich einige Drugs besitze und ich weiß auch, wie man sie herstellt.“

Dann beginnt May die Zusammensetzung von Kokain zu beschreiben und erklärt, wie man Marihuana anbaut. Auch wenn ihr Hobby und das Wissen über sämtliche Rauschmittel besorgniserregend ist, ist es auch interessant, ihr zuzuhören. Daisuke lässt sie ohne Unterbrechung erzählen und sie scheint in dem Gespräch aufzugehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der sie auch schon Teile ihrer Vergangenheit aufgegriffen und schon vom eigentlichen Thema abgedriftet ist, sucht Daisuke geschickt einen Ausweg aus der Unterhaltung.

„Ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber ich wollte mich noch etwas umsehen. Wir können das Gespräch später gerne fortsetzen.“

Sie reagiert diesmal sehr schnell. „Na klar, ich wollte dich auch nicht ewig bequatschen, sorry. Ich liebe es nur, mich mit jemanden zu unterhalten und neue Bekanntschaften zu machen.“

Er steht auf und verabschiedet sich.

„Wir sehen uns!“, ruft May glücklich hinterher, als er auf dem Weg nach draußen ist.

Er fühlt sich etwas schuldig, dass er immer mitten im Gespräch geht, aber er hat auch keine Lust, sich stundenlang zu unterhalten, da er das schon in seinem Beruf machen muss. Er arbeitet als Psychologe und hört sich tagtäglich die Probleme von Jugendlichen an. Warum eigentlich? Warum hat er nicht etwas anderes gelernt? Wahrscheinlich, weil sein Vater diesen Beruf und sogar eine eigene Praxis hat und ihm das Talent, eine perfekte Menschenkenntnis und analytische Fähigkeiten zu besitzen, quasi in die Wiege gelegt worden war.
Nach einem kurzen Gedankengang geht er auf die erste Tür der anderen Seite zu. Er öffnet die große Milchglastür vorsichtig und blickt ins Innere des Raumes. Dieser ist vergleichsweise zu den anderen sehr klein. Sowohl die Wand, als auch der Boden ist weiß-blau gefliest und im hinteren Bereich steht eine mit Glas verschlossene Saunakabine aus Pinienholz. Links stehen ein paar Bänke auf denen weiße Handtücher platziert sind und geöffnete doppelstöckige weiß-blaue Stahlspinde, wie man sie aus den Umkleiden beim Schulsport kennt. Auf der anderen Seite ist ein kleiner abgegrenzter Bereich mit 4 Duschen. So ist es meist in Schwimmbädern einen Raum kurz vor den eigentlichen Schwimmbecken. Genug gesehen. Als nächstes nimmt er sich die zweite Tür auf der linken Seite vor. Ebenfalls eine Milchglasscheibe. Er öffnet nichtsahnend die Tür und vor ihm steht eine Frau mit bunt gefärbten Dreadlocks und alles, was sie in dem Moment trägt, ist ein weißes Handtuch um ihre Hüfte und mit einem anderen trocknet sie gerade ihre Haare. Natürlich hat sie ihn bemerkt und begrüßt ihn freundlich.

„Hey, dich sehe ich jetzt zum ersten Mal. Wie heißt du denn?“

Ihr scheint die Situation überhaupt nicht unangenehm zu sein. Daisuke kann ihr trotz der Umstände bei dem Gespräch problemlos in die Augen sehen. Aber trotzdem ist es für ihn persönlich zu viel Intimität und beklemmend.

„Ich entschuldige mich, dass ich nicht angeklopft habe.“

„Ach ich bin da nicht so verklemmt. Du siehst mir auch nicht wie ein unreifer Mann aus, der mir auf die Brüste gaffen würde.“ Sie lacht. „Also?“, schaut sie erwartungsvoll zu ihm , auf eine Antwort wartend.

„Daisuke Naito.“, nickt er.

„Schön dich kennen zu lernen. Ich bin Ryoko Hitsugaya.“ Sie lächelt und legt ihr Handtuch jetzt über die Schulter.

„Ich werde jetzt auch wieder gehen.“

„Wirst du jetzt etwa doch verlegen? Kleiner Spaß“, kichert sie.

„Nein, keine Sorge“, antwortet er knapp.

„Na dann, bis später“, sagt sie ihm noch hinterher , als er schon wieder die Tür öffnet.

Er hebt zum Abschied nur noch die Hand und schließt die Tür. Nun erkundet er den Rest des Kellers . Er geht den langen Gang entlang und betrachtet die kalten grauen Betonwände. Im Gegensatz zu den restlichen Zimmern wirkt der Kellerbereich wie die Außenfassade sehr alt und heruntergekommen. Aber wieso? Das Innere des Hauses ist luxuriös und gepflegt und der Keller ist mit Spinnenweben an den Wänden und abgebrökeltem Putz auf dem Boden geschmückt. Der Gang sich im Zentrum und auf der rechten Seite stehen Wäscheleinen. Weiter hinten stehen ein paar hochmoderne Waschmaschinen und Trockner und davor sitzt ein junger Mann mit braunem wuscheligen Haar, einem weißen T-Shirt und einer schwarzen Arbeiterhose. Um seine Hüfte ist eine schwarze Sweatjacke gebunden und in der rechten Hand hält er einen Schraubenzieher, den er wahrscheinlich aus der kleinen Werkzeugtasche neben ihm hat.

Daisuke beschließt ihn vorsichtig anzusprechen, da er den Eindruck macht, sehr konzentriert zu sein.

„Guten Tag und entschuldige, wenn ich stören sollte“, fängt er an.

Der Junge, der sich gerade mit der linken Hand am Kinn gekratzt hat, schaut langsam nach oben, in die zweifarbigen Augen des Bärtigen.

„Hallo.“, antwortet er kurz und blickt wieder auf die Maschine vor ihm.

Er scheint nicht sonderlich gesprächig zu sein. Daisuke muss also etwas taktischer an die Sache herangehen.

„Wie ich sehe, hast du Interesse an dem Modell hier. Sieht mir nach Panasonic aus.“

Sein Kopf hebt sich interessiert und er hält kurz Blickkontakt.

„Das ist das neueste Modell, aber das Design habe ich noch nie gesehen und scheinbar wurden ein paar Funktionen hinzugefügt.“

„Woran siehst du das?“, fragt Daisuke.

„Ich bin Elektroniker und habe letztens mit dem Gerät zu tun gehabt, aber es unterscheidet sich vom Original und die Firma hatte auch noch kein neues Modell angekündigt“, erzählt er fast selbstbewusst. Nach diesen Worten folgt aber wieder Stille, bis Daisuke diese bricht.

„Du scheinst noch sehr jung für einen Elektroniker zu sein.“

„Nunja“, nuschelt er ein wenig vor sich hin. „Ich bin noch in der Ausbildung, aber habe schon alle Grundlagen von meinem Vater gelernt und springe ab und zu für ihn ein. Eigentlich will ich Ingeneur im Bereich Robotik werden.“

„Das klingt sehr interessant“, lächelt Daisuke dezent.

Sein Gegenüber schaut ihn verwundert an und versucht ebenfalls seine Mundwinkel nach oben zu ziehen, was etwas erzwungen aussieht. Dann guckt er wieder weg und widmet sich seiner Tätigkeit.

„Dann werde ich dich nicht weiter stören“, sagt Daisuke und dreht sich von ihm weg. „Wir sehen uns sicherlich wieder.“

„Bestimmt“, antwortet ihm der Braunhaarige.

Er blickt genauer nach vorne und sieht in der Ecke eine sehr dunkle völlig zerkratzte Holztür und geht auf sie zu. Er drückt die Metallklinke nach unten, aber ihm begegnet ein Widerstand. Ohne weiteres Aufsehen zu erregen, geht er zurück zur Treppe und steigt die schmalen hölzernen Stufen mit rotem Teppichbelag hinauf bis ins Erdgeschoss.

Er fasst alle seine Entdeckungen gedanklich zusammen. Also, was gibt es über dieses Gebäude zu sagen? Es hat wahrscheinlich vier Etagen. Den Keller. Das Erdgeschoss. Das erste Obergeschoss mit den Zimmern, wo auf jedem ein Name der Teilnehmer steht. Das abgesperrte 2. Obergeschoss. Im Erdgeschoss gibt es die Lobby, in der man steht, wenn man zum Eingang herein kommt. Daran ist eine Terrasse mit Garten angefügt. Links davon ist eine Art Gemeinschaftsraum mit Gesellschaftsspielen und einem Billardtisch. Im hinteren mittigen Bereich ist die Küche, wobei die Sitzgelegenheiten dazu in der Lobby zu finden sind, zumindest lässt sich das vermuten, bei den Tafeln mit jeweils 8 und 7 Stühlen. Und von dem Raum aus gibt es links und rechts die Waschräume für die Frauen und Männer. Rechts befindet sich auch die Wendeltreppe. So weit, so gut.
Der Keller besteht aus insgesamt vier verschließbaren Räumen. Wenn man an der Treppe steht, wäre rechts eine Lounge. Ein ziemlich großer Raum mit Kamin und vielen Sitzmöglichkeiten. Links davon wären einmal die Sauna und ein vermutlich zweiter Baderaum. Lange konnte er sich darin nicht umsehen. Nach dem langen Gang gab es dann noch einen Platz zum Wäsche waschen, mit allem was dazu gehört. Und dann war doch noch ein kleiner Raum, der jedoch verschlossen war. Dem wird er sich später noch widmen.
 
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