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Die Geschichte der Harrison Schwestern

von Ejis
Kurzbeschreibung
GeschichteFamilie, Liebesgeschichte / P12 / Gen
Charlie Weasley Fred Weasley George Weasley OC (Own Character)
17.08.2020
25.11.2022
13
31.661
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17.08.2020 2.275
 
Kapitel 1 in dem eine traurige Nachricht überbracht werden muss


20.02.1990 London


Murrend zog Elaine Harrison die Decke noch etwas höher. Die Heizung in ihrem Apartment ging immer erst um zehn an, da sie etwas Geld sparen wollte und gerade in den dunkleren Monaten eh nicht früher aufstand. Spätestens, seitdem sie als selbstständige Autorin für Kinderbücher arbeitete und nicht mehr auf feste Arbeitszeiten angewiesen war, hatte sie sich einen ganz eigenen Biorhythmus zugelegt. Allerdings hatte sie gestern vergessen die Gardienen zu schließen und die nach Westen ausgerichteten Fenster ließen die Sonne in ihr kleines Schlafzimmer.
Erfolglos versuchte die Blondine mit ihrem Fuß an die Gardine zu kommen, aber alles Strecken half nichts und sie zog den, nun sehr kalten Fuß, schnell wieder unter die Decke.
Innerlich ging sie die Möglichkeiten durch, die es ihr ermöglichten noch ein paar Stunden zu schlafen, als das Telefon klingelte.
Das penetrante Schrillen aus der Küche hörte auch nach ein paar Sekunden nicht auf und Elaine schlug die Decke weg und schwang ihre Beine aus dem Bett. Als ihre Füße das kalte Laminat berührten, hatte sie kurz das Bedürfnis sich unter der Decke zu verkriechen, aber sie blieb tapfer und griff nach ihrem Bademantel.
„Wehe es ist nicht wichtig.“, grummelte sie und ging in den Nebenraum. Es konnte nur ihr Lektor sein, der sie an die Abgabe ihres neuen Kapitels erinnern wollte. Oder vielleicht auch ihre Mutter, nein die war doch jetzt in den Highlands.
Kurz bevor sie das Telefon abhob, drückte sie die Taste am Wasserkocher. Sie brauchte jetzt einen schwarzen, heißen Tee zum Aufwachen.
Mit einem mehr als genervten „Hallo.“, nahm Elaine das Telefonat an.
„Hier ist Angela Mortes aus dem River Memorial Hospital, spreche ich mit Elaine Harrison?“, kam es vom anderen Ende der Leitung. Kurz hielt die junge Autorin inne, bevor sie antwortete: „Ja bin ich.“ Nervös spielte sie mit dem Kabel, das den Hörer mit dem Rest des Telefons verband.
„Es geht um Ihre Eltern, sie hatten einen Unfall. Sie wurden als Notfallkontakt angegeben. Ist es Ihnen möglich zu uns in das Krankenhaus zu kommen?“, die Frau klang ruhig und gefasst. Wie war das möglich, wenn sie doch solch schlimmen Nachrichten überbrachte?
„Wie geht es meinen Eltern?“, Elaine ging nicht auf die gestellte Frage ein.
Sie hörte ein kurzes Rascheln, so als ob jemand kurz die Sprechmuschel mit der Hand abdeckte, dann antwortete Frau Mortes: „Ihre Eltern sind stabil, können Sie kommen?“
„Ich nehme den nächsten Zug, ich brauche aber etwas, ich komme aus London.“
„In Ordnung, wir warten hier auf Sie. Nennen Sie an der Information einfach Ihren Namen.“
Die Krankenschwester legte auf und ein durchgehendes Piepen war in der Leitung zu hören. Es dauerte einen Moment, bis Elaine sich wieder gefasst hatte, den Hörer auf das Telefon legte und schnell in ihr Zimmer ging, um sich anzuziehen. Hektisch suchte sie sich eine Tasche, ihren Geldbeutel und das große, klobige Handy zusammen. Mit wenigen Bewegungen war alles verstaut und sie selbst fertig angezogen. Im Flur rutschte sie fast auf dem hastig ausgezogenen Bademantel aus und fluchte laut, während sie den schweren Stoff durch den kleinen Raum trat. Ihre Schuhe waren noch nass vom Vortag und unter anderen Umständen hätte Elaine noch schnell nach in ihrem Schrank nach anderen Schuhen geschaut. Während sie die Tür öffnete, klackte es in der Küche, das Teewasser war fertig.

Die Bahnfahrt war ihr noch viel länger vorgekommen als sonst. Schon häufiger hatte Elaine sich überlegt, ob ein Auto nicht doch etwas Gutes wäre, aber sie war bisher mit ihrem Fahrrad und der Tube ganz gut zurechtgekommen. Da an dem winzigen Bahnhof kein Taxi war hatte sie auf den nächsten Bus warten müssen.
„Nächster Halt, River Memorial Hospital.“, schallte es aus den viel zu alten Lautsprechern. Elaine griff nach ihrer bunten Patchworktasche und stieg aus dem Bus aus. Ein paar Meter entfernt erhob sich ein großes, graues Gebäude vor ihr, auf welches man mit Neonleuchten River Hospital geschrieben hatte. Das dazu passende Flüsschen floss leise gluckernd zu Elaines rechten.
Mit schnellen Schritten ging die junge Autorin auf den Betonklotz zu und war sehr überrascht, dass es drinnen nicht auch so grau war.
Die Wände waren in einem hellen Blau gestrichen und in einigen Ecken standen Blumen. Einige Schritte vor ihr stand eine große Theke, an der eine etwas ältere Frau in einer rosa Arbeitsuniform saß.
Elaine ging auf die Information zu und rutschte fast mit ihren nassen Schuhen auf dem grauen Linoleum aus. Sie ließ es sich nicht anmerken und ignorierte das Quietschen ihrer Schuhe, das ein paar Wartende neugierig aufblicken ließ.
„Hallo, ich bin Elaine Harrison und bin wegen meinen Eltern hier. Sie hatten einen Unfall.“, sagte Elaine schnell und war selbst überrascht, wie gefasst ihre Stimme klang. Aber das hatte sie schon immer, je chaotischer es in ihrem Inneren zuging desto ruhiger und gefasster wirkte sie nach außen.
Die in rosa gekleidete Krankenschwester blickte Elaine nur kurz an und suchte dann in ein paar Papieren. Als sie scheinbar gefunden hatte, was sie suchte blicke sie auf – war das etwa Mitleid in ihren Augen? – und murmelte: „Warten Sie einmal bitte kurz.“
Dann griff sie nach einem Telefon und sagte: „Herr Leonhard bitte einmal zur Info.“
Für einen Augenblick erwartete Elaine, dass die Stimme der Frau vor ihr durch den Raum halle würde, wie in einem Supermarkt, aber es blieb still.
„Setzen Sie sich bitte hin, während Sie warten.“, die Krankenschwester deutete auf einen dunkel blau bezogenen Stuhl auf der rechten Seite und lächelte.
„Nein, ich möchte jetzt wissen, was mit meinen Eltern ist. Ich will nicht warten. Sie wissen, was los ist, sagen Sie es mir!“, schrie Elaine die Frau an, in dem Wissen, dass es nicht bringen würde. Es war ihr egal. Sie hatte Angst, war panisch und brauchte Antworten.
Jemand räusperte sich hinter ihr. Die Blondine drehte sich um und stand einem Man im Anzug gegenüber. Seine grauen Haare waren zu einer modernen Frisur gekämmt und eine viel zu große Hornbrille saß auf seiner Nase. An seinem Jackett steckte ein Namensschild, F. Leonhard.
„Frau Harrison? Ich bin Francis Leonhard, der diensthabende Therapeut.“
„Therapeut? Wieso? Was ist mit meinen Eltern?!“, ihre Stimme klang schrill und die Leute auf den Stühlen gaben es auf so zu tun, als würden sie nicht zuhören. Sie streckten ihre Köpfe in Richtung der Information.
„Kommen Sie mit Frau Harrison, bitte. In meinem Büro ist es ein wenig ruhiger.“, sagte der Therapeut ruhig und schob Elaine mit sanftem Druck in Richtung der Fahrstühle. Er drückte die Taste und der Fahrstuhl sprang auf. Er stellte ihr Fragen, ob sie denn gut angekommen sei, wie das Wetter in London denn so wäre- woher wusste er, dass sie daher kam – aber sie ignorierte ihn.
Nach einer gefühlten Ewigkeit saß Elaine auf einem harten Stuhl, ihr gegenüber der Therapeut.
„Elaine, es fällt mir schwer Ihnen dies zu sagen, aber ihre Eltern hatten einen schweren Unfall. Wir haben es mit verschiedenen Wiederbelebungsmaßnahmen...“, Elaine unterbrach ihn.
„Sind sie tot?“
„Ja. Ihre Mutter verstarb noch am Unfallort, Ihr Vater auf dem Weg in das Krankenhaus“
Elaine starrte auf ihre Tasche, die auf ihrem Schoß lag. Alles schien ihr wie in einem Nebel. Sie hörte, dass Dr. Leonhard noch etwas sagte, konnte den Sinn der Worte allerdings nicht entschlüsseln. Mit den Fingern fuhr sie eine Naht auf der Tasche entlang, die zwei der Stoffstücken verband. Ihre Mutter hatte ihr diese genäht, als sie beschloss nach London zu gehen.
„In der Großstadt brauchst du doch etwas Buntes, um zu den Anderen zu gehören“, hatte sie gesagt und Claire war angerannt gekommen und wollte auch eine Tasche.
Claire und Annabelle.
Plötzlich war der dichte Schleier um sie herum weg.
„Was ist mit Claire und Annabelle?“, fragte sie. Dr. Leonhard schaute kurz etwas irritiert. Sie hatte ihn unterbrochen, während er ihr gerade etwas über Trauerbewältigung erzählt hatte.
„Nun, da kein weiterer Erziehungsberechtigter da ist, werden sie wahrscheinlich in ein Pflegeprogramm kommen.“, sagte er und schaute Elaine so an, als würde er schon wissen, was sie als nächstes sagen würde.
„Ich werde mich um sie kümmern.“
„Sind Sie sicher, dass sie das wollen? Kindererziehung ist nicht leicht und vor allem leben Ihre Geschwister doch in.“, er unterbrach sich und blätterte kurz durch seine Aufzeichnungen, „in Ottery St. Catchpole. Das ist weit weg von London.“
„Ich bin Autorin, ich kann überall arbeiten, solange es dort einen Computer oder eine Schreibmaschine gibt.“, die Blondine war erfüllt von Eifer. Sie wollte Planen, wollte Papierkram machen und sich von dem Schmerz ablenken, der langsam in ihrem Inneren wuchs, wie ein tödlicher Tumor.
„Fürs Erste wird das in Ordnung gehen, aber Entscheiden wird das Ganze ein Gericht.“
„Wie stehen meine Chancen?“, fragte Elaine.
„Ich bin kein Sozialarbeiter, aber solange Sie ein solides Einkommen haben und den Kindern ein gutes Leben bieten können, sollte nichts dagegen sprechen. Sie sind volljährig und vor allem sind Sie eine Verwandte. Das Ziel ist es eigentlich immer, dass Familien zusammenbleiben.“
Elaine seufzte erleichtert auf. Aber der Therapeut war noch nicht fertig.
„Sollen wir einen Sozialarbeiter zu Ihren Geschwistern schicken, um Ihnen das Ganze zu erklären?“, fragte er und rückte seine Brille zurecht.
„Nein, ich mache das. Sie sind bei Freunden meiner Eltern. Ich werde es Ihnen sagen.“, sagte Elaine.
Wie genau sie wieder aus dem Krankenhaus gekommen war, wusste sie nicht. Man hatte ihr noch viele Fragen gestellt und ihre mehrfach psychologische Hilfe angeboten. Sogar ein Priester war bei ihr gewesen. Dann hatte Sie viele Papiere unterzeichnen müssen und mehrere Broschüren von Bestattungsunternehmen in die Hand gedrückt bekommen.
Jetzt saß sie in einem Taxi, das einsam auf dem Parkplatz gestanden hatte. Sie nannte ihm die Adresse des Fuchsbaus und der Taxifahrer blickte Elaine verwirrt an.
„Das ist in der Nähe von Ottery St. Catchpole.“, sagte sie und sie konnte im Gesicht des Taxifahrers ablesen, dass er den Ort kannte.
„Das ist aber ganz schön weit, das wird dich locker 90 bis 100 Pfund kosten kleine Lady“, sagte der Bärtige mit einem breiten schottischen Akzent.
„Das ist ok, ich habe 98 Pfund dabei, fahren Sie mich bitte soweit wie es geht.“, sagte Elaine und der Motor des Taxis brummte auf.
„Schlechte Nachrichten im Krankenhaus bekomme?“, fragte der Bärtige neugierig, doch die junge Autorin schwieg.
Die Fahrt war lang und nach den ersten Kilometern hatte der Taxifahrer es aufgegeben Elaine auszufragen. Die Blondine selbst war in Gedanken damit beschäftigt zu überlegen, wie sie ihren Geschwistern mitteilen sollte, dass sie jetzt Waisen waren.

Am Ortseingang von Ottery kam das Auto zum stehen. Es dämmerte bereits und Elaine erkannte, dass sie schon den ganzen Tag unterwegs war. Elaine schielte auf die Preisanzeige und schnaubte kurz. In roten, leuchtenden Lettern stand dort 102 Pfund.
Gerade wollte sie etwas sagen, da drehte sich der Taxifahrer um und zwinkerte ihr zu.
„98 Pfund wären das dann bitte junge Lady.“, sagte er und wartete geduldig, bis Elaine das Geld aus ihrer bunten Tasche geklaubt hatte.
„Danke“, sagte Elaine und winkte kurz, als das Taxi davonbrauste. Dann drehte sie sich um und ging in Richtung des Fuchsbaus.
Sie erinnerte sich noch grob an den Weg. Peter hatte sie häufiger mitgenommen, als sie noch kleiner war. Sie hatte gerne mit Bill gespielt und sich mit Charlie Geschichten über fantastische Tierwesen ausgedacht. Das alles schien ihr gerade Lichtjahre entfernt.
Es waren gute fünf Kilometer, die sie gehen musste. Der Schnee vereinfachte ihr nicht gerade die Strecke und schon nach wenigen Minuten war sie bis auf die Socken durchnässt.
Zitternd kam sie endlich am Hof der Weasleys an. Es war bereits dunkel geworden und die Lichter des windschiefen Hauses beleuchteten den Weg zu diesem.
In der Auffahrt stand ein hellblaues Auto. Bestimmt gehörte es Arthur. Wenn er auch nur noch halb so Muggelbegeistert war wie früher, dann war es kein Wunder, dass er sich eben dieses zugelegt hatte.
Schneller als gedacht stand die Blondine vor der Holztür und klopfte gegen diese. Sie wollte schon nach der Glocke greifen, die neben der Tür aufgehängt war, da wurde die Tür schon schwungvoll aufgerissen.
Elaine stand einer molligen, rothaarigen Frau gegenüber und blickte sie verwundert an. Molly hatte sich in den Jahren, in denen sie sie nicht gesehen hatte, kaum verändert.
„Elaine, bist du das?“, fragte Molly und zog die Blondine schon im nächsten Moment an sich.
„Schätzchen, das ist ja schon Jahre her! Lass dich ansehen. Groß bist du geworden. Du siehst genauso aus wie deine Mama. Aber dünn bist du, gibt es etwa kein richtiges Essen in London?“, Molly unterbrach sich, denn Elaine war seit der Erwähnung ihrer Mutter immer blasser geworden.
„Sind Claire und Annabelle noch wach?“, war das Einzige, was die junge Autorin über die Lippen brachte.
„Ja, Fred und George spielen gerade mit Annabelle und Claire ist mit Ginny in ihrem Zimmer. Aber komm erstmal rein, du bist ja halb erfroren. Komm setz dich in die Küche, ich habe gerade Tee gemacht. So jetzt erzähl mal was passiert ist.“, in ihrem Redefluss hatte Molly es irgendwie geschafft Elaine auf einen Stuhl in der Küche zu befördern und ihr eine Tasse Tee in die Hand zu drücken. Sie holte ihren Zauberstab hervor, richtete ihn auf Elaine und murmelte ein paar Worte. Kurz darauf war es, als würde die Blondine in einem warmen Sommerwind stehen und sie war wieder komplett trocken.
„Mama und Peter hatten einen Autounfall, sie sind tot“, es war als würde die Stimme nicht von ihr selbst kommen. Sie war hohl und emotionslos.
Molly stand wie vom Donner gerührt da, den Zauberstab noch immer erhoben und Elaine sah, wie sich kleine Tränen in den Augen der Frau vor ihr bildeten.
Warum weine ich nicht, fragte sie sich selbst, als sie plötzlich eine leise Stimme hinter sich hörte.
„Mama und Papa sind tot?“
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