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"Aber natürlich."

von Kyuna
Kurzbeschreibung
OneshotAllgemein / P16 / Gen
04.08.2020
04.08.2020
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978
 
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Schon als er seinen Turm betrat merkte er, dass etwas nicht stimmte. Er konnte das frische Blut schon bis zum Eingang riechen, obwohl er seit Tagen kein neues Opfer mehr mitgebracht hatte. Mit einem Mal hatte er ein unglaublich schlechtes Gefühl im Magen und wie von der Hornisse gestochen erklomm er mit großen Schritten die Treppen seines Turms, hechtete von Stockwerk zu Stockwerk, bis er im Obersten ankam.
Das erste was er sah, war Kyuna, die auf seinem Thron saß, ein Schwert durch den Bauch gestochen und schwer am atmen. Seine Schritte verlangsamten sich, waren jedoch nicht weniger groß. Nach nur wenigen Sekunden war er bei ihr, während sie ihn schwach ansah. Er begutachtete die gehörnte Frau, auch sonst sah sie sehr ramponiert aus. Nicht wenige Schnitte zierten ihren Körper und färbten ihre weiße Robe mit ihrem Blut in ein tiefes Rot – und ginge es nicht grade um ihr Leben würde er sich sicher nicht so unter Kontrolle halten.
„Tut mir leid, Abraxas...“ keuchte die junge Frau, sah so aus, als hätte sie nur so lange durchgehalten, um ihm eben jene Worte zu sagen. „Ich hab's versucht, wirklich, auf deinen Turm aufzupassen, aber ich- sie-“
„Sei still, Weib. Spar dir deine Kräfte.“ zischte der Vampir, biss sich auf die Lippe als er ihren Herzschlag schwinden hörte, doch noch immer schenkte sie ihm ein schwaches Lächeln. Ein Anflug von Wut überkam ihn und er sah rot – wortwörtlich. Zum ersten Mal in seinem über vierhundertjährigem Leben vergoss der Blauhaarige blutige Tränen. Da er seine Rage in dem Moment leider nicht an den drei elenden Vampiren auslassen konnte, donnerte er die erstbeste Vase die er in die Finger bekam gegen die nächste Wand, wo diese dann in tausend Scherben zerbrach, ehe er sich seine Finger nervös durch seinen blauen Schopf fuhr. Er hörte ihren Herzschlag kaum noch und mittlerweile hatte sie auch die goldenen Seelenspiegel geschlossen.
Und in dem Moment tat er das, was sein von Wut und Sorge vernebelter Verstand für richtig hielt – er biss ihr in den Hals und ließ seinen Speichel in die Wunde tropfen.

Sie schlug die Augen auf und blinzelte. Sie erblickte nichts als Dunkelheit und ihr Körper hatte jegliche Wärme die er einst besaß verloren, was sie zum zittern brachte; außerdem schmerzte alles, was die ganze Situation nur noch schlimmer machte.
„Bin... bin ich tot?“ fragte sie in die Dunkelheit hinein, versuchte sich aufzurichten, stieß mit der Stirn jedoch gegen etwas hartes. „Au...“
„Ja. Und doch nein.“ kam es gedämpft, bis plötzlich Licht in die Dunkelheit drang. Jetzt blinzelte sie mehrmals – das Licht brannte ihr in den Augen – ehe sie Abraxas ansah, der den Sarg geöffnet hatte, in den sie gebettet wurde.
„Abraxas...“
Schnell war sie auf den Beinen und ihm in die Arme gefallen, schmiegte sich an ihn, während er ihren fragilen Körper an sich drückte, der langsam wieder an Wärme gewann.
„Aber wie? Ich war mir sicher, dass ich sterben würde und ich- ...ich habe so unendlich großen Durst. Als könnte ich dein Blut bereits meine Kehle herunter fließen spüren.“ kam es leise von ihr, bevor sie sich von ihm los riss und ihm mit einem besorgten Blick in die Augen sah. „Du hast mich in einen Vampir verwandelt, nicht wahr...?“
„So in etwa, ja.“ entgegnete der Vampir, strich dabei über ihre Hörner. „Deine drakonische Seite wollte wohl nicht ganz verschwinden.“
„Was auch immer ich jetzt genau bin, meine vampirische Seite kann man nicht leugnen! Wenn Vincent davon erfährt, wird dein Kopf rollen; ihr hattet die Abmachung, dass du keine weiteren Vampire erschaffst!“
„Als ob der Bastard nicht schon längst plant, mich umzubringen! Ich bin nicht dämlich, Kyuna, natürlich plant er bereits meinen Tod, Abmachung hin oder her!“
Er trat näher zu ihr heran, beide starrten sich weiter in die Augen, und müsste Abraxas noch atmen, war sie sich sicher, sie hätte seinen Atem auf ihren Lippen spüren können.
„Und da er es so oder so versuchen wird, kann ich dich auch zum Vampir machen, um dir das Leben zu retten. Du solltest Dankbarkeit zeigen, Weib, statt dir Sorgen um mich zu machen.“
Sie atmete endlich aus – sie hatte nicht einmal gemerkt, dass sie den Atem angehalten hatte – und war nun ruhiger als zuvor, bevor sie ihm das lieblichste Lächeln schenkte, welches sie hatte, ein leichter Rotschimmer auf ihren Wangen. „Du hast recht. Es passiert nicht jeden Tag, dass du dir Sorgen um jemanden machst. Danke, dass du mir das Leben gerettet hast, Abraxas.“
Ein Schnauben entfloh ihm, ehe er auf dem Absatz kehrt machte und durch den Geheimgang sein Schlafgemach verließ, dicht gefolgt von seiner halb vampirischen Gefährtin, nur um sich auf den noch immer blutverschmierten Thron im Hauptraum niederzulassen. „Ich hab mir keine Sorgen um dich gemacht, allerdings bist du mein Eigentum, mein liebstes Spielzeug, und niemandem außer mir ist es erlaubt, so mit dir umzuspringen. Bilde dir also ja nichts darauf ein.“
Das helle Kichern, dass ihre Kehle verließ, hallte durch den Raum. Nicht viel später hatte sie auf seinem Schoß platz genommen, den Kopf in seine Halsbeuge gelegt.
„Mhm, sicher, deswegen warst du auch so erbost, als Molana so elendig verreckt ist.“ murmelte die junge Frau, leckte kurz über die ihr dargebotene Haut. „Darf ich? Ich hab das Gefühl, ich werde verrückt...“
„Aber natürlich.“ antwortete der Ältere, strich durch ihr ebenso nachtblaues Haar und seufzte tatsächlich wohlig auf, als ihre Fangzähne seine Haut durchbohrten und sein Blut ihre Kehle herunter strömte.
„Wenn die drei wiederkommen, und das werden sie definitiv,“ fing sie an, kurz nachdem sie sich von seiner Haut losreißen konnte und die letzten Tropfen Blut aufleckte. „Wirst du sie dann in der Luft zerreißen und Vincent gleich danach?“
Er sah sie an, sah ihr auf den blutverschmierten Mund, bevor er sie in einen leidenschaftlichen Kuss verwickelte und die Rückstände seines eigenen Blutes wieder in sich aufnahm, ehe er gegen ihre Lippen wisperte.
„Aber natürlich.“
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