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Die Glücklichen und jene, die es nicht sind

von Tanik
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama / P16 / Gen
17.07.2020
24.03.2021
9
20.223
1
Alle Kapitel
5 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
 
17.07.2020 1.520
 
Hallo erstmal! Diese Geschichte, zu der ich noch viel mehr schreiben möchte, ist Teil des Superkräfte-Projekts von Nymphen. (Link dazu hier: https://forum.fanfiktion.de/t/66288/4)

Ich hoffe euch wird diese Geschichte gefallen, auch wenn sie möglicherweise nicht das sein wird, was ihr erwarten werdet. Viel Spaß!

~Tanik
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Eine Welt, in der es immer alltäglicher wird  eine außergewöhnliche Fähigkeit, eine Superkraft zu besitzen, ist der Ort an dem diese Geschichte ihren Ursprung findet.

Die meisten Menschen, die den Planeten Erde bevölkern sind gesegnet mit den unterschiedlichsten Kräften, von denen manche mehr oder weniger nützlich sind, manch einer unterscheidet sich nur gering von den Menschen, die ursprünglich als normal angesehen wurden. Aber so ziemlich jeder hofft natürlich auf eine Kraft wie zum Beispiel Feuer kontrollieren zu können, über das Eis zu gebieten oder gar auf die Unsterblichkeit.

Und während es tatsächlich Individuen gibt, die solche gewaltigen und zerstörerischen Fähigkeiten in sich tragen, gibt es auch Leute, deren Kräfte nicht einmal ansatzweise dazu dienen Jemandem ein Haar zu krümmen. So auch die Fähigkeiten von Andrew Hastings und Eleonora Miller, zwei Schülern der berühmten Simon Winterfield Academy, einer Schule vom Namensgeber höchstpersönlich gegründete (und erbaute) Schule, welche sich speziell um die neue Jugend kümmern soll.

Der Umgang mit ihren Fähigkeiten soll ihnen bestmöglich gelehrt werden, um ihnen zu helfen sich bestmöglich die Gesellschaft einzufügen. Dies beginnt mit einem simplen Klassifizierungstest, in dem festgestellt wird, wann genau der Schüler oder die Schülerin ihre Kraft entdeckt hat. Anschließend wird überprüft, welche Ausmaße sie annehmen kann, ob sie eher physischer oder psychischer Natur ist dabei auch entscheidend. Man sagt, dass Leute mit psychischen Fähigkeiten es einfacher haben wie ein gewöhnlicher Mensch zu erscheinen, was vermutlich daran liegt, dass ihre Kräfte nicht auffallen.

Dieser Test dient als Grundlage der Nachverfolgung weiterer Fortschritte im Umgang mit jener Kraft. Es werden monatlich Gespräche mit allen Schülern geführt in denen sie berichten können, ob sie einen neuen Verwendungszweck für ihre Fähigkeit gefunden, oder diese sogar weiterentwickelt haben. Alles in allem ist das Programm der Winterfield Academy darauf zugeschnitten jeden individuell zu unterstützen.

Dies ist auch der Grund, warum sich Andrew und Eleonora an diese Schule begeben haben. Sie sind beide eher wenig auffällig, möchten aber dennoch Hilfe im Umgang mit ihren Superkräften bekommen. Den Mitmenschen könnten ihre Kräfte nämlich gar nicht auffallen, so unauffällig sind sie. Nur ein Fähigkeitenleser könnte erkennen, dass sie sich von Normalsterblichen unterscheiden.

Eleonoras Fähigkeit bezieht sich nämlich darauf, in anderer Leute Träume einzudringen um diese mitzuerleben und somit Dinge über die Person zu erfahren, die man im wachen Zustand niemals aus ihnen herausbekommen würde. Ihre Eltern besitzen dieselbe Fähigkeit, mit dem Unterschied, dass sie schon einen Weg gefunden haben, sich diese Kraft in ihrem Leben zunutze zu machen.

Sie arbeiten beide als Polizisten, verwenden ihre Kraft um Verbrecher, die nach der Befragung über Nacht dabehalten werden, durch ihre Träume zu überführen. «Auch du wirst eine glänzende Karriere vor dir haben, mein Schatz», sagte ihre Mutter damals lächelnd, in der Hoffnung ihre Tochter würde ihrem Beispiel folgen und zu einer Hüterin der Gerechtigkeit werden.

Da Eleonora sich aber keineswegs vorstellen könnte als Polizistin zu arbeiten, hofft sie an der Winterfield Academy an sich arbeiten und schlussendlich ihren Weg im Leben finden zu können. In der Hoffnung, es würde ihr helfen, schlich sie sich des Nachts in die Träume anderer. Irgendetwas musste es für sie ja geben, oder nicht? Nacht für Nacht sah sie sich um, überwiegend in den Träumen von Kindern, die so gut wie jeden Tag einen anderen Lieblingsberuf haben.

Doch Alles was sie zu sehen bekam, waren glückliche Träume, in denen der Träumende all seine Wünsche erfüllt bekam. Es zog sie runter, da sie nur selten so solche Träume hatte. Auch half es ihr nicht weiter, da keiner der Berufe auch nur halbwegs interessant genug für sie klang. Auch Alpträume musste sie mitansehen, manche so furchtbar, dass sie die Verbindung augenblicklich kappte, da das, was sie dort gesehen hätte, sie sonst zu sehr belasten würde.

Ganz anders ist da ihr bester Freund Andrew. Seine Fähigkeit wird von anderen deshalb nicht wahrgenommen, weil er im Grunde nichts anderes tun muss, als zu sprechen. Er kann die sogenannte vierte Wand durchbrechen, erzählte er seinen Eltern, welche damals ratlos den Kopf geschüttelt hatten und erst einmal eine Fachkraft fragen mussten, was das überhaupt für ihren Sohn bedeutet.

«Naja, es ist etwas schwer zu erklären. Die meisten Leute sind damit nicht vertraut, es ist also nicht schlimm, dass sie die Ungewissheit plagt.», meinte die Fachfrau damals, während sie mithilfe ihrer Telekinese  einen Kugelschreiber dazu befähigte, einige Notizen niederzuschreiben. Andrews Vater runzelte die Stirn, seine Mutter hingegen verlangte zu wissen, was mit ihrem Sohn denn nun seie. Sie selbst hatten nämlich keine Fähigkeiten, die ihr Sohn hätte erben können. Es war also klar, dass sie verwirrt waren, woher das denn kam.

«Kennen sie diese alten Superhelden-Comics?», wollte die Frau wissen, wartete aber keine Antwort ab. «Es gibt da so einen Superhelden, der inmitten seiner Geschichte mit den Lesern Kontakt aufnimmt, oder zu ihnen spricht. Er erkennt, dass es er in einer Geschichte lebt, was er häufig dazu ausnutzt freche Sprüche zu bringen, welche sich meist auf das Geschehen der Story beziehen, welche er teilweise ins Lächerliche zieht.»

Andrews Eltern starrten immer noch ziemlich ahnungslos drein, bis die Fachkraft erläuterte: «Es ist die Kraft zu erkennen, dass man selbst nur das Produkt der Vorstellungskraft eines anderen ist, aber dennoch seine Selbstständigkeit an den Tag legen kann. Und Naja, hat ihr Sohn denn schon einmal etwas gesagt und sich dann an ein imaginäres Publikum gewandt?»

Die Mutter schluckte, sie hatte das bereits schon einige Male beobachten können...heißt das etwa, ihr Sohn, nein, sie alle...leben nur in einer erdachten Welt? Ihr war das zu viel, sie bedankte sich für den Besuch, scheuchte ihn aber schnell wieder aus ihrem Haus. Sie war ängstlich, konnte das nicht glauben, wollte es nicht wahrhaben.

Also beschloss sie das Alles nicht für bare Münze zu nehmen, oder gar gänzlich aus ihrem Gedächtnis zu streichen. «Vermutlich ist mein Sohn nur ein sehr einsamer Junge, der sich Leute ausdenkt, die ihm zuhören.» Zumindest dachte sie das, bis ein Brief kam, der Andrews Annahme an der Winterfield Academy beglückwünschte.

-

Wir wechseln die Szene, es ist 8 Uhr morgens und der Klassenraum der Zephyr-Klasse ist gefüllt mit Schülern, welche einander - wie üblich an einem Montag - von ihrem Wochenende erzählen. Auch Andrew und Eleonora sind anwesend, doch sie erzählen einander andere Sachen, da sie die Wochenenden doch ohnehin so gut wie immer miteinander verbringen. Andrew fährt sich durch sein honigblondes Haar, während er seufzt. Seine Freundin sieht heute ja wieder mal reichlich erschöpft aus.

«Und? In welchem Traum bist du diesmal abgehangen, Elli?», will er grinsend wissen und sieht seine Freundin - welche ziemlich blass aussieht - mit strahlenden Augen an.  Auch wenn es nicht so wirken mag, er sorgt sich um sie. Schließlich weiß er um ihre Sorgen und teilt diese sogar ein wenig. Dennoch ist er natürlich auch immer gespannt darauf, von den Träumen der Anderen zu erfahren.

Eleonora sieht ihn mit einem bedrücktem Blick an, spielt abwesend mit ihrem schwarzen Haar, während sie die Antwort ausspricht. «Ich war im Traum unseres Klassenlehrers, Mr. Zephyr. Er hatte eine furchtbar traurige Nacht. Man hatte ihn an einen Pfahl festgebunden, während einige Leute - ich schätze mal es waren seine Freunde oder Familienmitglieder von ihm - auf ihn eingesprochen haben, ihn diverser Dinge beschuldigt und schlussendlich den Tränen und dem Flehen, alles aufhören zu lassen, nahe gebracht haben. Er hat geschrien, wurde irgendwann panisch und versuchte sich loszureißen...ohne Erfolg.» Anschließend beschreibt sie, wie ihr Klassenlehrer mit einer Axt erschlagen wurde. «Ein wirklich grausamer Traum. Die Ärmste... wie kann ich ihr bloß helfen?», fragt sich der Honigblonde.

Sie klammert sich für einen kurzen Augenblick an den Arm ihres Freundes, als sie mit leiser Stimme flüstert: «Ich will das Alles nicht mehr. Diese Träume, sie machen mich wahnsinnig. Diese Kraft ist ein Fluch, ein Unglück, welches mich Nacht für Nacht lockt. Und ich Idiotin glaube auch noch, dass ich irgendwann finde was ich suche, anstatt von Alptraum zu Alptraum stolpern zu müssen.» Andrew nimmt seine Freundin daraufhin in den Arm und streicht ihr tröstend, mit der Hand über den Rücken. «Elli, wir werden das schon schaffen. Und bitte, denke nicht, dass deine Kraft etwas Schreckliches ist.»

«Wie sagte schon der Schulgründer der Winterfield Academy? „Eure Kraft ist das, was ihr daraus macht. Und auch wenn ihr keinen Nutzen in ihr seht, so ist sie das, was euch von allen Anderen unterscheidet. Eine weitere Bekundigung eurer Einzigartigkeit!“», zitiert der Honigblonde, in der Hoffnung es würde die Schwarzhaarige irgendwie aufheitern.

Doch sie ist scheinbar schon lange über diesen Punkt hinaus, jegliche Versuche ihre Stimmung zu heben scheitern - und das bereits seit einigen Wochen. Andrew ist besorgt, so besorgt, dass das freche Grinsen - welches schon so etwas wie sein Markenzeichen geworden ist - gänzlich aus seinem Gesicht verschwindet.

«Diese Welt ist wahrlich grausam, in vielerlei Hinsicht.», ist der Schluss, den der junge Mann daraus zieht. «Doch was kann ich nur tun, um sie weniger grausam für uns beide zu gestalten?»
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