I've seen dark before, but not like this
von - Blacky -
Kurzbeschreibung
Fred's Beerdigung und das kleine Detail, welches nicht in den Büchern stand.
KurzgeschichteFamilie, Schmerz/Trost / P12 / Gen
Draco Malfoy
Fred Weasley
George Weasley
Ginevra Molly "Ginny" Weasley
Hermine Granger
Ronald "Ron" Weasley
10.07.2020
10.07.2020
1
1.962
8
10.07.2020
1.962
Title I've seen dark before, but not like this
Autor Blacky
Raiting 12
Kategorie Schmerz/Trost, Trauer
Zusammenfassung Fred's Beerdigung und das kleine Detail, welches nicht in den Büchern stand.
Disclaimer / Claimer Die Charaktere gehören J.K. Rowling und wurden von mir lediglich ausgeborgt. Mit dieser Geschichte erziele ich keine finanzielle Aspekte.
Anmerkung der Autorin Als ich 2007 – direkt nach der Zustellung per Mitternachtsservice – den letzten Teil der Potter-Reihe angefangen habe zu lesen, wusste ich noch nicht, dass ich das Buch am Ende des 31. Kapitels zusammenschlagen und in die nächste Ecke feuern würde. Damals habe ich J.K. dafür gehasst, dass sie einen meiner liebsten Charaktere – aus Ermangelung eines anderen gleichbedeutenden Wortes – ermordet hat. Ich glaube, dass jeder von uns irgendeinen fiktiven Charaktertod lange mit sich herumträgt – länger als man zugeben mag – und diese Story ist nunmehr mein Versuch es zu einem würdigen Abschluss zu bringen. … 13 Jahre später.
Es war keine Beerdigung im klassischen Stil. Vielmehr eine Andacht oder gar ein Nachruf. Die Beerdigung war Wochen her. Wochen der emotionalen Achterbahn. Trauer, Wut, Freude, Erleichterung, Düsternis und schlussendlich... Verzweiflung. Wie widersprüchlich der Sieg sie zurückgelassen hatte. Die Freude hinsichtlich der nun folgenden glorreichen Tage und die Trauer um den erbrachten Preis. 'Für das Glück vieler, müssen einige sterben.' Ein blutgetränkter Sieg, auf dem sie nun ihre Zukunft aufzubauen versuchten. Es waren viele Tränen geflossen und nicht immer eindeutig zu erkennen oder gar richtig zu fühlen, ob wegen Freude oder Trauer. Die Ereignisse der Vergangenheit mündeten am heutigen Tage. Die Andacht in der St. Michael Church unweit von Otterton sollte der Schauplatz werden.
Ron stand vor dem Küchenspiegel und richtete seine Krawatte. Wobei seine Krawatte nicht wirklich zu traf. Es war Fred's, welche er immer zu besonderen Anlässen getragen hatte. Ron's Hommage an seinen Bruder. Es war in den letzten Tagen schleichend geschehen. Ron nahm unbewusst und Schritt für Schritt Fred's Platz in der Familie ein. Erst ein vorsichtig angedeuteter Hinweis seitens Hermine hatte Ron darauf aufmerksam gemacht. Und ein lieb gemeintes Kommentar war sein Anker: "Werde ihm gerecht, aber bleib du selbst." Und doch driftete Ron in unregelmäßigen Abständen und den unterschiedlichsten Situationen in die frühere Rolle von Fred. Äußerte hier einen etwas zu sehr unter die Gürtellinie treffenden komödiantischen Spruch und übernahm dort gemeinsam mit Bill die Rädelsführer der Brüder. Er müsste lügen, wenn er verneinen würde, an Fred's Stelle bei Weasleys Zauberhafte Zauberscherze einzusteigen zu wollen. Eine Idee, welche er bereits hatte, hatte es vollbracht, eine unschöne Erinnerung von Fred und ihm zu einer – wenn auch auf verdrehte Weise – schönen zu verwandeln. Obschon Ron daran zweifelte, dass jemand in Spinnen mutierende Teddybären kaufen würde.
Als die Krawatte richtig saß, wurde er erneut in Fred's Rolle gedrängt. Ginny stand mit blassem Gesicht neben ihm. Seit der Schlacht hatte sie ihre lebensfrohe Gesichtsfärbung verloren. Sie war noch nie pessimistisch gewesen, doch die Erlebnisse hatten ihrer Einstellung – trotz des Sieges – einen düsteren Realismus vermacht. Der Optimismus loderte nach wie vor in ihren Augen, jedoch flackerte ein dunkler kaum erkennbarer Schatten über diese positive Einstellung. Jederzeit auf ein negatives Ende vorbereitet. An guten Tagen war sie blass, doch an schlechten Tagen trugen ihre Augen eben diesen Schatten deutlich erkennbar. Heute schien sie einen guten Tag zu haben. Was aber auch damit zusammenhängen konnte, dass sie sich zusammenriss um nicht zu zerbrechen. „Ich befürchte, nach dem Zerbrechen die Teile nicht mehr zusammenfügen zu können.“ hatte es Ginny Ron erklärt. Diesem Motto folgend, sorgte sie sich umso mehr um George, welcher eigentlich schon längst – wie sie alle – in der Küche sein sollte, denn es war Zeit aufzubrechen.
Charlie blickte immer wieder prüfend auf die Standuhr im Wohnzimmer. "Er kommt nicht aus dem Zimmer." beantwortete Ginny die im Raum stehende Frage. Ein kurzes Schluchzen seitens Molly war zu vernehmen. Percy und Bill tauschten besorgte Blicke. Für einen Moment glaubte Ron Fred's Stimme zu hören: „Ich kümmere mich darum.“ Erst nachdem aller Augenmerk sich auf ihn richteten, bemerkte Ron, dass er die Worte gesprochen hatte. Unweigerlich schmunzelte er sachte. Wie ähnlich er seinem Bruder doch war. Vielleicht war eben diese Ähnlichkeit der Grund ihrer ewigen Neckereien. Warum sie sich meist nur als indirekte Kontrahenten begegnet waren. Das brüderliche Band gestärkt durch kindische Rivalitäten. Für einen Moment fühlte es sich für Ron an, als würde Fred Ron's Schmunzeln bestätigend erwidern. Als er die Treppe anpeilte, legte Hermine ihm eine Hand auf den Unterarm und lächelte ihm verstehend zu. Ron umschloss ihre Hand mit seiner und nickte ebenfalls verstehend zurück. Mit ihr an seiner Seite, würde er er selbst bleiben. Hermine, die ihn immerwährend zum Besten animierte. Und das ohne seine schlechte Seite zu kritisieren oder gar zu ändern.
~*~
Andächtig hielt er das kleine Kärtchen in der Hand. Weiß und der Rand mit schwarzen Laubblättern verziert. In der Mitte ein kleines Bild, welches sich in einer kurzen Schleife bewegte und darunter ein kurzer Vers. "Ich bin nicht fort, lediglich vorausgegangen.“ Das Bild von Fred in seiner gewohnten verschmitzt lächelnden Pose blickte von dem Kärtchen zu Draco auf. Der blonde Mann saß ganz hinten, geradezu versteckt hinter einem Blumenarrangement. Die Kapelle war klein und gut besucht. Mit Ausnahme der vordersten Sitzreihe. Die Familie war noch nicht eingetroffen und ein allgemeines besorgtes Flüstern ging durch die Runde. Draco erkannte Luna Lovegood und ihren Vater drei Reihen vor ihm und entgegen der kulturellen Richtlinien trugen sie farbenfrohe Umhänge. Draco wünschte, er hätte auch an dieses Detail gedacht. Diese Andacht in schwarz entsprach dem lebensfrohen Zwilling so überhaupt nicht und seine Theorie wurde unterstrichen, als die Familie die Kapelle betrat. Zwar auch im konventionellen Schwarz, doch jeder mit einem farblichen Highlight. Draco behielt die Familie im Auge und legt seine gefalteten Hände in den Schoß. Voran Arthur und Molly, diese mit einem Taschentuch in der Hand, auf welchem schon einige der Tränen zum Opfer gewordenen Make-up Flecken zu erkennen waren. Hinter ihnen Bill und Fleur. Der älteste der Brüder schien an Größe verloren zu haben, derart geknickt schritt er neben seiner Frau her. Ihnen folgten Percy und Charlie, welche hier und da den Gästen kurz zu nickten, bevor sie ihre Plätze einnahmen.
Ein unübliches Trio bestehend aus Harry, Ginny und Hermine betrat nach Percy und Charlie die Kapelle. Es fiel Ginny sichtlich schwer, sich zusammenzureißen. Ihr Körper wurde von einem leichten Zittern erschüttert. Hermine hatte einen Arm um die Hüfte gelegt, während Harry auf der anderen Seite ihre Hand hielt. Das Schlusslicht bildeten George und Ron. Für einen kurzen Moment traute Draco seinen Augen nicht, denn es schien, als wären die Zwillinge wieder vereint. George trug Fred's Pullover und hatte wie die Lovegoods komplett auf schwarz verzichtet. Er hakte bei Ron ein, welcher seine klammernde Hände seines Bruders mit seiner Rechten umfasste. Ron wurde von der Rolle des beschützenden Bruders vereinnahmt. Sein Fokus lag auf George, welcher ähnlich wie Ginny zitterte, ja gar bebte. Jede Bewegung und jede Faser seines Körpers strahlte Verzweiflung aus. Seine Kleidung hing locker an seinem Körper herab und seine Aura glich der eines zerrissenen Menschen. George hatte nicht nur seine sprichwörtliche Hälfte verloren, nein, er war nur noch die Hälfte seiner Selbst.
Ron ließ wie Percy und Charlie seinen Blick durch die Menge schweifen. Doch ein Nicken hatte er für niemanden übrig, zu sehr beanspruchte George seine Aufmerksamkeit. Für den Bruchteil einer Sekunde blieb Ron's Blick auf Dracoe hängen, was dafür sorgte, dass sich Angeblickter mit einem mal miserabel und fehl am Platz fühlte. Er, seine Familie und die Weasleys haben sich immer bekriegt und gegenseitig keinen Respekt erwiesen. Und nun wohnte Draco dieser Andacht bei. Er kam sich heuchlerisch vor. Und doch... Dem ganzen Groll zum Trotz wollte, nein musste er dieser Zeremonie beiwohnen. Er betrauerte Fred aufrichtig und konnte sich das Leid der Familie nicht einmal annähernd ausmalen.
~*~
Nach der Zeremonie verlief sich die Trauergemeinde. Einige verfolgten noch die verzauberten schwarzen Vögel, welche von den Familienmitgliedern freigelassen worden waren und nun in Form eines kleinen Schwarms immer kleiner werdend gen Himmel flogen. Molly derweilen wurde von ihrem Mann Arthur nach Hause begleitet. Zu aufwühlend war die Andacht für sie gewesen. Die Geschwister saßen beisammen in einer kleinen Sitzgruppe auf steinernen Bänken. Ginny hatte sich an Harry gelehnt, der ihr im gleichbleibenden Takt übers Haar strich und seinen Blick ins Leere richtete. Schweigsam spendeten sie sich gegenseitig Trost. Bill, Fleur, Percy und Charlie schienen sich angeregt über etwas zu unterhalten. Auch ihnen sah man die Trauer an, doch nach außen wirkte es, als wären sie bereits in der Verarbeitungsphase. Ein wenig abseits saß Ron, breitbeinig auf der Bank und umschlang George's Körper, welcher sich noch aufgelöster als zu Beginn der Zeremonie an seinen jüngeren Bruder klammerte. Ein ersticktes Schluchzen, kaum hörbar. Der Urheber dessen versteckte sein Gesicht in der Halsbeuge seines Bruders und seine Finger verkrampften in einem festen Griff in Ron's Umhang.
Draco zerriss es innerlich bei diesem Anblick. Wie eben in der Kapelle hielt er sich bedeckt und stand abseits. Und fühlte sich ähnlich wie Hermine, welche neben George saß und hilflos wirkte. In einer mitfühlenden Geste legte sie George eine Hand auf die Schulter, was diesen nur verschreckte und dichter an Ron drängen ließ. Gar als hätte sie sich die Finger verbrannt, zog Hermine ihre Hand rasch zurück. Ein liebevolles Lächeln von Ron besänftigte Hermine in ihrer Verunsicherung. Das Lächeln wurde ebenfalls liebevoll erwidert. Und ähnlich wie vor der Andacht begegneten sich die Blicke von Ron und Dracoe für den Bruchteil eines Moments. Das Lächeln erstarb und wisch einer ausdruckslosen Mimik. Wieder fühlte Draco sich ertappt und gar forsch durch seine bloße Anwesenheit.
Ron sprach Hermine an, nickte in Draco's Richtung woraufhin nun zwei Augenpaare auf ihm hafteten. Dem stillen Beobachter wurde mit einem Mal fürchterlich übel und er beherrschte sich, dem kollabierenden Inneren nicht nachzugeben. Er taute aus seiner Starre auf und bekam nur am Rande mit, wie Hermine sich erhob und auf ihn zuging. Ihre Schritte gewannen an Tempo, als sie realisierte, das Draco sich zum Gehen wandte. Jedoch war Verschwinden nach der Aktion nicht die korrekte Verhaltensweise, sodass Draco Hermine auf halbem Weg entgegen kam. Als sie nur noch eine Armlänge entfernt waren, reichte Draco ihr die Hand, welche sie auch im selben Moment annahm und sie einen bestimmten wenn auch zaghaften Händedruck austauschten.
„Mein aufrichtiges Beileid.“ unterstrich Draco das Händeschütteln. Nickend und mit einem vorsichtigen Lächeln nahm Hermine ihm die gesprochenen Worte ab. „Danke, dass du da warst.“ „Ich wollte mich nicht in den Vordergrund drängen.“ entschuldigte Draco. Dem vorsichtigen Lächeln, folgte ein aufrichtiges und Hermine strich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. „Schon okay. Es ist wirklich nett, dass du Fred Respekt gezollt hast.“ „Der galt für die ganze Familie.“ ergänzte Draco mit einem flüchtigen Blick über Hermine's Schulter. Wieder begegnete er Ron's Augenmerk. Traten hierdurch in eine stumme Konversation. Ron nickte Draco entgegen mit der Andeutung eines leichten in die Höhe gezogenen Mundwinkels. Diese Geste erwiderte Draco und schenkte seine Aufmerksamkeit wieder Hermine. „Seltsame Umstände, in denen wir uns bewegen, oder?“ bemerkte Hermine mit einem poetischen Beiklang. Verstehend entkam Draco ein leiser amüsierter Laut. „Wir sind keine Kinder mehr.“ Hermine und Draco hielten schweigend einen bedeutungsvollen Blickkontakt bis Draco schwer schluckend seine Hand erneut Hermine entgegen hielt und all seine Gedanken in zwei Worten bündelte: „Bitte, entschuldige.“ Ein Lächeln von Hermine begleitete ihre nach Draco's greifende Hand. „ Es gibt nichts zu entschuldigen.“ Auch Draco lächelte. „Doch, gibt es.“ Sie lösten ihre Hände voneinander und Draco wandte sich nun vollends dem Gehen, vernahm jedoch noch die besiegelnden Worte von Hermine: „Wir sind keine Kinder mehr.”
Autor Blacky
Raiting 12
Kategorie Schmerz/Trost, Trauer
Zusammenfassung Fred's Beerdigung und das kleine Detail, welches nicht in den Büchern stand.
Disclaimer / Claimer Die Charaktere gehören J.K. Rowling und wurden von mir lediglich ausgeborgt. Mit dieser Geschichte erziele ich keine finanzielle Aspekte.
Anmerkung der Autorin Als ich 2007 – direkt nach der Zustellung per Mitternachtsservice – den letzten Teil der Potter-Reihe angefangen habe zu lesen, wusste ich noch nicht, dass ich das Buch am Ende des 31. Kapitels zusammenschlagen und in die nächste Ecke feuern würde. Damals habe ich J.K. dafür gehasst, dass sie einen meiner liebsten Charaktere – aus Ermangelung eines anderen gleichbedeutenden Wortes – ermordet hat. Ich glaube, dass jeder von uns irgendeinen fiktiven Charaktertod lange mit sich herumträgt – länger als man zugeben mag – und diese Story ist nunmehr mein Versuch es zu einem würdigen Abschluss zu bringen. … 13 Jahre später.
~*~
Es war keine Beerdigung im klassischen Stil. Vielmehr eine Andacht oder gar ein Nachruf. Die Beerdigung war Wochen her. Wochen der emotionalen Achterbahn. Trauer, Wut, Freude, Erleichterung, Düsternis und schlussendlich... Verzweiflung. Wie widersprüchlich der Sieg sie zurückgelassen hatte. Die Freude hinsichtlich der nun folgenden glorreichen Tage und die Trauer um den erbrachten Preis. 'Für das Glück vieler, müssen einige sterben.' Ein blutgetränkter Sieg, auf dem sie nun ihre Zukunft aufzubauen versuchten. Es waren viele Tränen geflossen und nicht immer eindeutig zu erkennen oder gar richtig zu fühlen, ob wegen Freude oder Trauer. Die Ereignisse der Vergangenheit mündeten am heutigen Tage. Die Andacht in der St. Michael Church unweit von Otterton sollte der Schauplatz werden.
Ron stand vor dem Küchenspiegel und richtete seine Krawatte. Wobei seine Krawatte nicht wirklich zu traf. Es war Fred's, welche er immer zu besonderen Anlässen getragen hatte. Ron's Hommage an seinen Bruder. Es war in den letzten Tagen schleichend geschehen. Ron nahm unbewusst und Schritt für Schritt Fred's Platz in der Familie ein. Erst ein vorsichtig angedeuteter Hinweis seitens Hermine hatte Ron darauf aufmerksam gemacht. Und ein lieb gemeintes Kommentar war sein Anker: "Werde ihm gerecht, aber bleib du selbst." Und doch driftete Ron in unregelmäßigen Abständen und den unterschiedlichsten Situationen in die frühere Rolle von Fred. Äußerte hier einen etwas zu sehr unter die Gürtellinie treffenden komödiantischen Spruch und übernahm dort gemeinsam mit Bill die Rädelsführer der Brüder. Er müsste lügen, wenn er verneinen würde, an Fred's Stelle bei Weasleys Zauberhafte Zauberscherze einzusteigen zu wollen. Eine Idee, welche er bereits hatte, hatte es vollbracht, eine unschöne Erinnerung von Fred und ihm zu einer – wenn auch auf verdrehte Weise – schönen zu verwandeln. Obschon Ron daran zweifelte, dass jemand in Spinnen mutierende Teddybären kaufen würde.
Als die Krawatte richtig saß, wurde er erneut in Fred's Rolle gedrängt. Ginny stand mit blassem Gesicht neben ihm. Seit der Schlacht hatte sie ihre lebensfrohe Gesichtsfärbung verloren. Sie war noch nie pessimistisch gewesen, doch die Erlebnisse hatten ihrer Einstellung – trotz des Sieges – einen düsteren Realismus vermacht. Der Optimismus loderte nach wie vor in ihren Augen, jedoch flackerte ein dunkler kaum erkennbarer Schatten über diese positive Einstellung. Jederzeit auf ein negatives Ende vorbereitet. An guten Tagen war sie blass, doch an schlechten Tagen trugen ihre Augen eben diesen Schatten deutlich erkennbar. Heute schien sie einen guten Tag zu haben. Was aber auch damit zusammenhängen konnte, dass sie sich zusammenriss um nicht zu zerbrechen. „Ich befürchte, nach dem Zerbrechen die Teile nicht mehr zusammenfügen zu können.“ hatte es Ginny Ron erklärt. Diesem Motto folgend, sorgte sie sich umso mehr um George, welcher eigentlich schon längst – wie sie alle – in der Küche sein sollte, denn es war Zeit aufzubrechen.
Charlie blickte immer wieder prüfend auf die Standuhr im Wohnzimmer. "Er kommt nicht aus dem Zimmer." beantwortete Ginny die im Raum stehende Frage. Ein kurzes Schluchzen seitens Molly war zu vernehmen. Percy und Bill tauschten besorgte Blicke. Für einen Moment glaubte Ron Fred's Stimme zu hören: „Ich kümmere mich darum.“ Erst nachdem aller Augenmerk sich auf ihn richteten, bemerkte Ron, dass er die Worte gesprochen hatte. Unweigerlich schmunzelte er sachte. Wie ähnlich er seinem Bruder doch war. Vielleicht war eben diese Ähnlichkeit der Grund ihrer ewigen Neckereien. Warum sie sich meist nur als indirekte Kontrahenten begegnet waren. Das brüderliche Band gestärkt durch kindische Rivalitäten. Für einen Moment fühlte es sich für Ron an, als würde Fred Ron's Schmunzeln bestätigend erwidern. Als er die Treppe anpeilte, legte Hermine ihm eine Hand auf den Unterarm und lächelte ihm verstehend zu. Ron umschloss ihre Hand mit seiner und nickte ebenfalls verstehend zurück. Mit ihr an seiner Seite, würde er er selbst bleiben. Hermine, die ihn immerwährend zum Besten animierte. Und das ohne seine schlechte Seite zu kritisieren oder gar zu ändern.
~*~
Andächtig hielt er das kleine Kärtchen in der Hand. Weiß und der Rand mit schwarzen Laubblättern verziert. In der Mitte ein kleines Bild, welches sich in einer kurzen Schleife bewegte und darunter ein kurzer Vers. "Ich bin nicht fort, lediglich vorausgegangen.“ Das Bild von Fred in seiner gewohnten verschmitzt lächelnden Pose blickte von dem Kärtchen zu Draco auf. Der blonde Mann saß ganz hinten, geradezu versteckt hinter einem Blumenarrangement. Die Kapelle war klein und gut besucht. Mit Ausnahme der vordersten Sitzreihe. Die Familie war noch nicht eingetroffen und ein allgemeines besorgtes Flüstern ging durch die Runde. Draco erkannte Luna Lovegood und ihren Vater drei Reihen vor ihm und entgegen der kulturellen Richtlinien trugen sie farbenfrohe Umhänge. Draco wünschte, er hätte auch an dieses Detail gedacht. Diese Andacht in schwarz entsprach dem lebensfrohen Zwilling so überhaupt nicht und seine Theorie wurde unterstrichen, als die Familie die Kapelle betrat. Zwar auch im konventionellen Schwarz, doch jeder mit einem farblichen Highlight. Draco behielt die Familie im Auge und legt seine gefalteten Hände in den Schoß. Voran Arthur und Molly, diese mit einem Taschentuch in der Hand, auf welchem schon einige der Tränen zum Opfer gewordenen Make-up Flecken zu erkennen waren. Hinter ihnen Bill und Fleur. Der älteste der Brüder schien an Größe verloren zu haben, derart geknickt schritt er neben seiner Frau her. Ihnen folgten Percy und Charlie, welche hier und da den Gästen kurz zu nickten, bevor sie ihre Plätze einnahmen.
Ein unübliches Trio bestehend aus Harry, Ginny und Hermine betrat nach Percy und Charlie die Kapelle. Es fiel Ginny sichtlich schwer, sich zusammenzureißen. Ihr Körper wurde von einem leichten Zittern erschüttert. Hermine hatte einen Arm um die Hüfte gelegt, während Harry auf der anderen Seite ihre Hand hielt. Das Schlusslicht bildeten George und Ron. Für einen kurzen Moment traute Draco seinen Augen nicht, denn es schien, als wären die Zwillinge wieder vereint. George trug Fred's Pullover und hatte wie die Lovegoods komplett auf schwarz verzichtet. Er hakte bei Ron ein, welcher seine klammernde Hände seines Bruders mit seiner Rechten umfasste. Ron wurde von der Rolle des beschützenden Bruders vereinnahmt. Sein Fokus lag auf George, welcher ähnlich wie Ginny zitterte, ja gar bebte. Jede Bewegung und jede Faser seines Körpers strahlte Verzweiflung aus. Seine Kleidung hing locker an seinem Körper herab und seine Aura glich der eines zerrissenen Menschen. George hatte nicht nur seine sprichwörtliche Hälfte verloren, nein, er war nur noch die Hälfte seiner Selbst.
Ron ließ wie Percy und Charlie seinen Blick durch die Menge schweifen. Doch ein Nicken hatte er für niemanden übrig, zu sehr beanspruchte George seine Aufmerksamkeit. Für den Bruchteil einer Sekunde blieb Ron's Blick auf Dracoe hängen, was dafür sorgte, dass sich Angeblickter mit einem mal miserabel und fehl am Platz fühlte. Er, seine Familie und die Weasleys haben sich immer bekriegt und gegenseitig keinen Respekt erwiesen. Und nun wohnte Draco dieser Andacht bei. Er kam sich heuchlerisch vor. Und doch... Dem ganzen Groll zum Trotz wollte, nein musste er dieser Zeremonie beiwohnen. Er betrauerte Fred aufrichtig und konnte sich das Leid der Familie nicht einmal annähernd ausmalen.
~*~
Nach der Zeremonie verlief sich die Trauergemeinde. Einige verfolgten noch die verzauberten schwarzen Vögel, welche von den Familienmitgliedern freigelassen worden waren und nun in Form eines kleinen Schwarms immer kleiner werdend gen Himmel flogen. Molly derweilen wurde von ihrem Mann Arthur nach Hause begleitet. Zu aufwühlend war die Andacht für sie gewesen. Die Geschwister saßen beisammen in einer kleinen Sitzgruppe auf steinernen Bänken. Ginny hatte sich an Harry gelehnt, der ihr im gleichbleibenden Takt übers Haar strich und seinen Blick ins Leere richtete. Schweigsam spendeten sie sich gegenseitig Trost. Bill, Fleur, Percy und Charlie schienen sich angeregt über etwas zu unterhalten. Auch ihnen sah man die Trauer an, doch nach außen wirkte es, als wären sie bereits in der Verarbeitungsphase. Ein wenig abseits saß Ron, breitbeinig auf der Bank und umschlang George's Körper, welcher sich noch aufgelöster als zu Beginn der Zeremonie an seinen jüngeren Bruder klammerte. Ein ersticktes Schluchzen, kaum hörbar. Der Urheber dessen versteckte sein Gesicht in der Halsbeuge seines Bruders und seine Finger verkrampften in einem festen Griff in Ron's Umhang.
Draco zerriss es innerlich bei diesem Anblick. Wie eben in der Kapelle hielt er sich bedeckt und stand abseits. Und fühlte sich ähnlich wie Hermine, welche neben George saß und hilflos wirkte. In einer mitfühlenden Geste legte sie George eine Hand auf die Schulter, was diesen nur verschreckte und dichter an Ron drängen ließ. Gar als hätte sie sich die Finger verbrannt, zog Hermine ihre Hand rasch zurück. Ein liebevolles Lächeln von Ron besänftigte Hermine in ihrer Verunsicherung. Das Lächeln wurde ebenfalls liebevoll erwidert. Und ähnlich wie vor der Andacht begegneten sich die Blicke von Ron und Dracoe für den Bruchteil eines Moments. Das Lächeln erstarb und wisch einer ausdruckslosen Mimik. Wieder fühlte Draco sich ertappt und gar forsch durch seine bloße Anwesenheit.
Ron sprach Hermine an, nickte in Draco's Richtung woraufhin nun zwei Augenpaare auf ihm hafteten. Dem stillen Beobachter wurde mit einem Mal fürchterlich übel und er beherrschte sich, dem kollabierenden Inneren nicht nachzugeben. Er taute aus seiner Starre auf und bekam nur am Rande mit, wie Hermine sich erhob und auf ihn zuging. Ihre Schritte gewannen an Tempo, als sie realisierte, das Draco sich zum Gehen wandte. Jedoch war Verschwinden nach der Aktion nicht die korrekte Verhaltensweise, sodass Draco Hermine auf halbem Weg entgegen kam. Als sie nur noch eine Armlänge entfernt waren, reichte Draco ihr die Hand, welche sie auch im selben Moment annahm und sie einen bestimmten wenn auch zaghaften Händedruck austauschten.
„Mein aufrichtiges Beileid.“ unterstrich Draco das Händeschütteln. Nickend und mit einem vorsichtigen Lächeln nahm Hermine ihm die gesprochenen Worte ab. „Danke, dass du da warst.“ „Ich wollte mich nicht in den Vordergrund drängen.“ entschuldigte Draco. Dem vorsichtigen Lächeln, folgte ein aufrichtiges und Hermine strich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. „Schon okay. Es ist wirklich nett, dass du Fred Respekt gezollt hast.“ „Der galt für die ganze Familie.“ ergänzte Draco mit einem flüchtigen Blick über Hermine's Schulter. Wieder begegnete er Ron's Augenmerk. Traten hierdurch in eine stumme Konversation. Ron nickte Draco entgegen mit der Andeutung eines leichten in die Höhe gezogenen Mundwinkels. Diese Geste erwiderte Draco und schenkte seine Aufmerksamkeit wieder Hermine. „Seltsame Umstände, in denen wir uns bewegen, oder?“ bemerkte Hermine mit einem poetischen Beiklang. Verstehend entkam Draco ein leiser amüsierter Laut. „Wir sind keine Kinder mehr.“ Hermine und Draco hielten schweigend einen bedeutungsvollen Blickkontakt bis Draco schwer schluckend seine Hand erneut Hermine entgegen hielt und all seine Gedanken in zwei Worten bündelte: „Bitte, entschuldige.“ Ein Lächeln von Hermine begleitete ihre nach Draco's greifende Hand. „ Es gibt nichts zu entschuldigen.“ Auch Draco lächelte. „Doch, gibt es.“ Sie lösten ihre Hände voneinander und Draco wandte sich nun vollends dem Gehen, vernahm jedoch noch die besiegelnden Worte von Hermine: „Wir sind keine Kinder mehr.”
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