Langjähriger Freund
von DreamyPoet
Kurzbeschreibung
Ein kleiner Einblick in das Leben von Kronprinz Rudolf und wie es zu seinem Tod kam.
OneshotDrama, Schmerz/Trost / P12 / Gen
Der Tod
Kronprinz Rudolf
24.06.2020
24.06.2020
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24.06.2020
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Es war wieder einer dieser Tage, die der Kronprinz so hasste und verachtete. Einige Vertreter aus Ungarn hatten um eine Audienz beim Kaiser gebeten und wurden daraufhin ins Schloss eingeladen. Und der Kaiser und die Kaiserin erwünschten Rudolfs Anwesenheit bei dieser Veranstaltung, zumindest beim Empfang. Dies bedeutete für den jungen Mann erneutes vortäuschen einer glücklichen Familie und einer heilen Welt. Familie. Ein Wort, welches dem Thronfolger nur allzu fremd war.
Seit seiner frühen Kindheit hatte er nie eine besonders gute Beziehung zu seinen Eltern gehabt. Unter strengen militärischen Drill wurde er von hochrangigen Offizieren erzogen und durfte keine Schwäche zeigen. Von morgens bis abends wurde er auf dem Übungsplatz hin und her gescheucht. Und nachts, wenn er endlich im seinem Bett lag, holten ihn seine Schatten ein. Wie gerne hätte der Junge jemanden gehabt, mit dem er reden konnte, oder bei dem er einfach der sein konnte, der er wirklich war. Nicht Kronprinz Rudolf von Österreich-Ungarn und der zukünftige Kaiser, sondern einfach nur Rudolf. Ein normaler Junge mit Träumen und Hoffnungen.
In manchen Nächten, wenn er sich nach Zuneigung gesehnt hatte, bemerkte er eine gewisse Präsenz von etwas. Etwas, was der kleine Junge noch nicht zu deuten vermochte. Mit der daherkommenden Kälte breitete sich jedes Mal ein unwohles Gefühl in ihm aus. Doch als aus der letzten Ecke seines Zimmers ein großer, schwarz gekleideter Mann hervortrat, war alles für Rudolf wie vergessen. Seine Umarmungen ließen ihn endlich mal fühlen, was es bedeutet geliebt zu sein. Dieser Mann war bisher immer für ihn da gewesen und hatte dem jungen Kronprinzen zugehört, wenn er mal wieder drohte unter seiner schweren Last zusammenzubrechen. Es gab ihm Halt zu wissen, dass er wenigstens in seinen schlimmsten Momenten nicht alleine war und dass jemand sich für ihn interessierte, was man von seinen Eltern, und insbesondere seiner Mutter nicht behaupten konnte.
So lebte der Thronfolger seine ganzen letzten Jahre. Und heute musste er über all diese Dinge hinwegsehen und seiner Rolle des Kronprinzen gerecht werden. Einer Rolle, die er nie spielen wollte.
Rudolf war bereits spät dran und musste sich beeilen, damit er noch rechtzeitig zum Empfang der ungarischen Vertreter in der großen Empfangshalle ankommen würde.
Hastig eilte er die unendlich wirkenden Flure des Schlosses entlang, während er noch die letzten Knöpfe seiner Uniform zuknöpfte. Als er endlich ankam, sah er auch schon seine Eltern dort stehen. Anscheinend warteten sie noch auf die Gäste.
Etwas distanziert stellte sich der Prinz zu ihnen. Bewusst stand er so, denn ihm war klar, dass er immer im Schatten seiner hoch angesehenen Eltern stehen würde. Er war ja nur der zukünftige Kaiser, und solange sein Vater an der Macht war, hatte er nichts zu sagen. Vorschläge zur Verbesserung des Reiches oder seine revolutionären Ideen wurden meist nur belächelt und abgewiesen. Wie könnte er es je schaffen aus diesem Schatten auszubrechen? Eine Frage, die den Kronprinzen schon länger beschäftigte.
Ein kaltes „Guten Tag“ ließ Rudolf leicht aufschrecken und riss ihn aus seinen Gedanken. Diese Begrüßung kam von seinem Vater, Franz Josef. Der junge Mann war überrascht, dass der Kaiser ihm ausnahmsweise Beachtung schenkte. Doch Rudolfs Mutter stand wie immer regungslos da und versuchte seine Existenz zu leugnen. Jedes Kind wäre von dieser Reaktion wahrscheinlich zu tiefst gekränkt und enttäuscht gewesen, doch für den Prinzen war es zum Alltag geworden und er hatte sich dran gewöhnt. Doch dafür erwiderte er die Begrüßung seines Vaters umso freudiger. Vielleicht würde der Tag doch nicht so schlimm werden wie vermutet.
Einige Augenblicke später wurden die beiden großen Flügel der Eingangshalle von zwei Mitgliedern des Hofstaates geöffnet, und drei edel gekleidete Männer traten, begleitet von ihrem Gefolge, ein. Mit einer tiefen Verbeugung wurde die kaiserliche Familie begrüßt und Franz Josef bedeutete seinen Gästen und seinem Sohn ihm zu folgen.
Elisabeth und der Rest der Anwesenden gesellten sich in das anliegende Kaminzimmer um dort zu warten, bis die Unterhaltungen beendet waren. Denn Staatsangelegenheiten waren nun mal nicht für Frauen vorgesehen. Auch nicht für die Kaiserin.
Etwas verwundert folgte der Thronfolger seinem Vater. Warum durfte er eigentlich an der Audienz teilhaben? Beim letzten Mal wurde er doch aus dem Raum geworfen, weil er die Gäste mit seinen liberalen Vorstellungen zu sehr provoziert hatte. Konnte es sein, dass sein Vater ihm nun endlich zeigen wollte, wie man regiert?
Gespannt betrat er einen großen Raum mit einem langen Tisch, um den zahlreiche Stühle gestellt waren, und nahm neben dem Kaiser Platz. Nach einer kurzen Ansprache ging es auch schon zur Sache.
„Meine Herren, da sie den weiten Weg aus Ungarn auf sich genommen haben, muss ihr Anliegen von großer Bedeutung sein.“, sprach der Regent aus. „Eure Majestät, da Ihr nun der Kaiser von Österreich-Ungarn seid, wünscht sich Ungarns Bevölkerung nichts sehnlicher als die Präsenz ihrer beiden Majestäten zu genießen.“, informierte der ungarische Ministerpräsident.
Der Kaiser war sich bewusst, dass er Österreich zurzeit nicht verlassen konnte, da er dringenden Pflichten nachkommen musste. Doch er sah auch sein, dass Ungarn nun auch zu seinem Reich gehörte und Aufmerksamkeit verdiente. Rudolf sah seinem Vater an, dass er mit sich rang und ergriff das Wort: „Ich werde an der Stelle meines Vaters nach Ungarn riesen. Schließlich bin ich der zukünftige Kaiser und-“ „Du wirst gar nichts tun, Rudolf!“, mischte sich sein Vater ein. „Ich bin der Kaiser und ich habe hier das Sagen.“ Der junge Mann war überrascht von der Reaktion Franz Josefs und wurde stumm. „Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du dich nicht meine Angelegenheiten einmischen sollst?“ Der Kaiser wurde lauter. „Du wirst die Monarchie und deine Familie noch in den Abgrund stürzen. Ich hoffe, dass der Tag, an dem du Kaiser wirst, nie kommen wird!“
Nun wurde es Rudolf zu viel. Seine Augen begannen sich mit Tränen zu füllen. Der Kronprinz stand auf und stürmte aus dem Saal. Dies war nun wirklich kein Verhalten nach Protokoll, doch in diesem Moment war es ihm egal. Kaum hatte er den Raum verlassen, lief auch schon die erste Träne seine Wange hinunter. Wie konnte sein Vater nur sowas sagen? Rudolf hatte doch nur versucht seinen Vater zu unterstützen. Hätte er geahnt, dass die Situation so ausartet, hätte er lieber geschwiegen.
Durch die verschwommene Sicht fiel es dem Kronprinzen schwer den Weg zu seinem Zimmer zu finden. Als er endlich ankam, ließ er sich auf seinem Bett nieder und vergrub das Gesicht in seinen Händen.
Und da war sie wieder, diese Kälte. Sie trat immer dann auf, wenn Rudolf verzweifelt war und am liebsten nichts mehr spüren wollte. Nichts, bis auf die sanften Berührungen des mysteriösen Mannes. Erwartend sah sich der Kronprinz in seinem Zimmer um, suchend nach dem Mann, doch er konnte ihn nicht finden. Der junge Mann wollte gerade aufstehen und zu seinem Schreibtisch gehen, da zog ihn etwas zurück auf das Bett, sodass Rudolf gezwungenermaßen darauf sitzen bleiben musste.
Eine Hand fand den Weg zu seinem Rücken und ein wohlig warmer Schauer durchfuhr ihn. „Bleib doch noch etwas.“, meinte der Prinz zu hören und drehte seinen Kopf zur Seite, wohlbewusste, wer da neben ihm saß. Es war wieder dieser Mann. Der Mann, der ihm so viele Male getröstet hat und für ihn da war. „Danke, dass du da bist.“, meinte der Thronfolger mit schwacher Stimme. „Du weißt, dass ich immer bei dir bin.“, bekam er als Antwort und wurde näher an den anderen Körper gezogen.
Es herrschte eine angenehme Stille aus tiefen Vertrauen und Geborgenheit, die manchmal von leisen Schluchzen unterbrochen wurde. Rudolf konnte nun endlich in Form von Tränen das herauslassen, was ihn die ganze Zeit über bedrückte.
So saßen der Kronprinz und der Mann für einige Zeit auf dem Bett, bis die schwarze Gestalt Rudolfs Kinn anhob und tief in seine roten, verweinten Augen sah, die so viel Leid erfahren hatten. „Du musst das alles nicht mehr ertragen, wenn du nicht willst.“, flüsterte er dem jungen Mann zu. Rudolf sah ihn verstehend an. Er hatte bereits über diesen Schritt nachgedacht, doch hatte er immer die Hoffnung gehabt, dass alles wieder gut werden würde. Doch spätestens nach diesem Tag war ihm allerdings klar, dass es nicht so sein würde. Viel zu oft hatte er seinem Leben eine Chance gegeben.
Der Kronprinz versuchte dem intensiven Blick des Mannes auszuweichen, doch etwas in seinen Augen hielt ihn fest. Rudolf drohte in deren unendlicher Tiefe zu versinken und er schaffte es nicht, sich aus eigener Kraft dagegen zu wehren. Er merkte wie sein Kinn immer näher zu dem Mann gezogen wurde und konnte nichts tun, denn er war wie gelähmt. Nur noch wenige Zentimeter trennten die Lippen der beiden Männer. Diese Nähe tat dem Prinzen zwar gut, doch er spürte mehr und mehr Gefahr aufkommen. In letzter Sekunde schaffte er es sich von ihm loszureißen und auf Abstand zu gehen.
Was war nur in ihn geraten? Er konnte doch nicht einfach so seinen langjährigen Freund küssen. „Entschuldige, Ich ...“, klang es schon fast schüchtern vom Kronprinzen. Leicht nickend mit einem schlichten „Ich weiß“ stand der Mann auf, war verschwunden und ließ einen aufgewühlten Rudolf zurück
In den darauffolgenden Wochen stürzte sich der junge Mann in seine Arbeit, um sich abzulenken und um seinen Eltern nicht über den Weg laufen zu müssen. Doch so sehr er es auch versuchte, dieser Mann ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Wer war er überhaupt? Und warum war er Rudolf nur so vertraut?
Natürlich ließ es sich nicht vermeiden, dass der Kronprinz in weitere starke Auseinandersetzungen verwickelt wurde, und so kam es dazu, dass er all dem endlich ein Ende setzen wollte. Er war gerade auf dem Weg in sein Zimmer, als er bereits bemerkte wie sich auf dem Flur die bekannte Kälte ausbreitete.
An seinem Schreibtisch angekommen öffnete er eine kleine Schublade, zog einen Revolver hervor und betrachtete diesen. „Damit sollte es schnell gehen“, dachte sich der Kronprinz und war gerade dabei ihn zu seiner Schläfe zu führen, als vor ihm dieser Mann wieder auftauchte.
„Du hast dich also entschieden?“, fragte die Gestalt mit ernster Stimme. Als Antwort kam nur ein leises, verzweifeltes „Ja“. Sanft umfasste der Mann Rudolfs Hand, mit derer er den Revolver hielt und kam ihm näher. Dieses Mal war es dem Prinzen allerdings egal.
Ehe er sich versah lagen die Lippen der schwarzen Gestalt auf den seinen und zogen ihn in einen leidenschaftlichen Kuss, aus dem es kein Entkommen gab. In diesem Moment wurde es dem jungen Mann plötzlich schlagartig klar. Sein langjähriger Freund, der immer für ihn da war musste der Tod sein. Es war zu spät. Ohne noch reagieren oder klar denken zu können drückten der Tod und Rudolf gleichzeitig ab und ein lauter Knall erfüllte das Schloss.
Seit seiner frühen Kindheit hatte er nie eine besonders gute Beziehung zu seinen Eltern gehabt. Unter strengen militärischen Drill wurde er von hochrangigen Offizieren erzogen und durfte keine Schwäche zeigen. Von morgens bis abends wurde er auf dem Übungsplatz hin und her gescheucht. Und nachts, wenn er endlich im seinem Bett lag, holten ihn seine Schatten ein. Wie gerne hätte der Junge jemanden gehabt, mit dem er reden konnte, oder bei dem er einfach der sein konnte, der er wirklich war. Nicht Kronprinz Rudolf von Österreich-Ungarn und der zukünftige Kaiser, sondern einfach nur Rudolf. Ein normaler Junge mit Träumen und Hoffnungen.
In manchen Nächten, wenn er sich nach Zuneigung gesehnt hatte, bemerkte er eine gewisse Präsenz von etwas. Etwas, was der kleine Junge noch nicht zu deuten vermochte. Mit der daherkommenden Kälte breitete sich jedes Mal ein unwohles Gefühl in ihm aus. Doch als aus der letzten Ecke seines Zimmers ein großer, schwarz gekleideter Mann hervortrat, war alles für Rudolf wie vergessen. Seine Umarmungen ließen ihn endlich mal fühlen, was es bedeutet geliebt zu sein. Dieser Mann war bisher immer für ihn da gewesen und hatte dem jungen Kronprinzen zugehört, wenn er mal wieder drohte unter seiner schweren Last zusammenzubrechen. Es gab ihm Halt zu wissen, dass er wenigstens in seinen schlimmsten Momenten nicht alleine war und dass jemand sich für ihn interessierte, was man von seinen Eltern, und insbesondere seiner Mutter nicht behaupten konnte.
So lebte der Thronfolger seine ganzen letzten Jahre. Und heute musste er über all diese Dinge hinwegsehen und seiner Rolle des Kronprinzen gerecht werden. Einer Rolle, die er nie spielen wollte.
Rudolf war bereits spät dran und musste sich beeilen, damit er noch rechtzeitig zum Empfang der ungarischen Vertreter in der großen Empfangshalle ankommen würde.
Hastig eilte er die unendlich wirkenden Flure des Schlosses entlang, während er noch die letzten Knöpfe seiner Uniform zuknöpfte. Als er endlich ankam, sah er auch schon seine Eltern dort stehen. Anscheinend warteten sie noch auf die Gäste.
Etwas distanziert stellte sich der Prinz zu ihnen. Bewusst stand er so, denn ihm war klar, dass er immer im Schatten seiner hoch angesehenen Eltern stehen würde. Er war ja nur der zukünftige Kaiser, und solange sein Vater an der Macht war, hatte er nichts zu sagen. Vorschläge zur Verbesserung des Reiches oder seine revolutionären Ideen wurden meist nur belächelt und abgewiesen. Wie könnte er es je schaffen aus diesem Schatten auszubrechen? Eine Frage, die den Kronprinzen schon länger beschäftigte.
Ein kaltes „Guten Tag“ ließ Rudolf leicht aufschrecken und riss ihn aus seinen Gedanken. Diese Begrüßung kam von seinem Vater, Franz Josef. Der junge Mann war überrascht, dass der Kaiser ihm ausnahmsweise Beachtung schenkte. Doch Rudolfs Mutter stand wie immer regungslos da und versuchte seine Existenz zu leugnen. Jedes Kind wäre von dieser Reaktion wahrscheinlich zu tiefst gekränkt und enttäuscht gewesen, doch für den Prinzen war es zum Alltag geworden und er hatte sich dran gewöhnt. Doch dafür erwiderte er die Begrüßung seines Vaters umso freudiger. Vielleicht würde der Tag doch nicht so schlimm werden wie vermutet.
Einige Augenblicke später wurden die beiden großen Flügel der Eingangshalle von zwei Mitgliedern des Hofstaates geöffnet, und drei edel gekleidete Männer traten, begleitet von ihrem Gefolge, ein. Mit einer tiefen Verbeugung wurde die kaiserliche Familie begrüßt und Franz Josef bedeutete seinen Gästen und seinem Sohn ihm zu folgen.
Elisabeth und der Rest der Anwesenden gesellten sich in das anliegende Kaminzimmer um dort zu warten, bis die Unterhaltungen beendet waren. Denn Staatsangelegenheiten waren nun mal nicht für Frauen vorgesehen. Auch nicht für die Kaiserin.
Etwas verwundert folgte der Thronfolger seinem Vater. Warum durfte er eigentlich an der Audienz teilhaben? Beim letzten Mal wurde er doch aus dem Raum geworfen, weil er die Gäste mit seinen liberalen Vorstellungen zu sehr provoziert hatte. Konnte es sein, dass sein Vater ihm nun endlich zeigen wollte, wie man regiert?
Gespannt betrat er einen großen Raum mit einem langen Tisch, um den zahlreiche Stühle gestellt waren, und nahm neben dem Kaiser Platz. Nach einer kurzen Ansprache ging es auch schon zur Sache.
„Meine Herren, da sie den weiten Weg aus Ungarn auf sich genommen haben, muss ihr Anliegen von großer Bedeutung sein.“, sprach der Regent aus. „Eure Majestät, da Ihr nun der Kaiser von Österreich-Ungarn seid, wünscht sich Ungarns Bevölkerung nichts sehnlicher als die Präsenz ihrer beiden Majestäten zu genießen.“, informierte der ungarische Ministerpräsident.
Der Kaiser war sich bewusst, dass er Österreich zurzeit nicht verlassen konnte, da er dringenden Pflichten nachkommen musste. Doch er sah auch sein, dass Ungarn nun auch zu seinem Reich gehörte und Aufmerksamkeit verdiente. Rudolf sah seinem Vater an, dass er mit sich rang und ergriff das Wort: „Ich werde an der Stelle meines Vaters nach Ungarn riesen. Schließlich bin ich der zukünftige Kaiser und-“ „Du wirst gar nichts tun, Rudolf!“, mischte sich sein Vater ein. „Ich bin der Kaiser und ich habe hier das Sagen.“ Der junge Mann war überrascht von der Reaktion Franz Josefs und wurde stumm. „Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du dich nicht meine Angelegenheiten einmischen sollst?“ Der Kaiser wurde lauter. „Du wirst die Monarchie und deine Familie noch in den Abgrund stürzen. Ich hoffe, dass der Tag, an dem du Kaiser wirst, nie kommen wird!“
Nun wurde es Rudolf zu viel. Seine Augen begannen sich mit Tränen zu füllen. Der Kronprinz stand auf und stürmte aus dem Saal. Dies war nun wirklich kein Verhalten nach Protokoll, doch in diesem Moment war es ihm egal. Kaum hatte er den Raum verlassen, lief auch schon die erste Träne seine Wange hinunter. Wie konnte sein Vater nur sowas sagen? Rudolf hatte doch nur versucht seinen Vater zu unterstützen. Hätte er geahnt, dass die Situation so ausartet, hätte er lieber geschwiegen.
Durch die verschwommene Sicht fiel es dem Kronprinzen schwer den Weg zu seinem Zimmer zu finden. Als er endlich ankam, ließ er sich auf seinem Bett nieder und vergrub das Gesicht in seinen Händen.
Und da war sie wieder, diese Kälte. Sie trat immer dann auf, wenn Rudolf verzweifelt war und am liebsten nichts mehr spüren wollte. Nichts, bis auf die sanften Berührungen des mysteriösen Mannes. Erwartend sah sich der Kronprinz in seinem Zimmer um, suchend nach dem Mann, doch er konnte ihn nicht finden. Der junge Mann wollte gerade aufstehen und zu seinem Schreibtisch gehen, da zog ihn etwas zurück auf das Bett, sodass Rudolf gezwungenermaßen darauf sitzen bleiben musste.
Eine Hand fand den Weg zu seinem Rücken und ein wohlig warmer Schauer durchfuhr ihn. „Bleib doch noch etwas.“, meinte der Prinz zu hören und drehte seinen Kopf zur Seite, wohlbewusste, wer da neben ihm saß. Es war wieder dieser Mann. Der Mann, der ihm so viele Male getröstet hat und für ihn da war. „Danke, dass du da bist.“, meinte der Thronfolger mit schwacher Stimme. „Du weißt, dass ich immer bei dir bin.“, bekam er als Antwort und wurde näher an den anderen Körper gezogen.
Es herrschte eine angenehme Stille aus tiefen Vertrauen und Geborgenheit, die manchmal von leisen Schluchzen unterbrochen wurde. Rudolf konnte nun endlich in Form von Tränen das herauslassen, was ihn die ganze Zeit über bedrückte.
So saßen der Kronprinz und der Mann für einige Zeit auf dem Bett, bis die schwarze Gestalt Rudolfs Kinn anhob und tief in seine roten, verweinten Augen sah, die so viel Leid erfahren hatten. „Du musst das alles nicht mehr ertragen, wenn du nicht willst.“, flüsterte er dem jungen Mann zu. Rudolf sah ihn verstehend an. Er hatte bereits über diesen Schritt nachgedacht, doch hatte er immer die Hoffnung gehabt, dass alles wieder gut werden würde. Doch spätestens nach diesem Tag war ihm allerdings klar, dass es nicht so sein würde. Viel zu oft hatte er seinem Leben eine Chance gegeben.
Der Kronprinz versuchte dem intensiven Blick des Mannes auszuweichen, doch etwas in seinen Augen hielt ihn fest. Rudolf drohte in deren unendlicher Tiefe zu versinken und er schaffte es nicht, sich aus eigener Kraft dagegen zu wehren. Er merkte wie sein Kinn immer näher zu dem Mann gezogen wurde und konnte nichts tun, denn er war wie gelähmt. Nur noch wenige Zentimeter trennten die Lippen der beiden Männer. Diese Nähe tat dem Prinzen zwar gut, doch er spürte mehr und mehr Gefahr aufkommen. In letzter Sekunde schaffte er es sich von ihm loszureißen und auf Abstand zu gehen.
Was war nur in ihn geraten? Er konnte doch nicht einfach so seinen langjährigen Freund küssen. „Entschuldige, Ich ...“, klang es schon fast schüchtern vom Kronprinzen. Leicht nickend mit einem schlichten „Ich weiß“ stand der Mann auf, war verschwunden und ließ einen aufgewühlten Rudolf zurück
In den darauffolgenden Wochen stürzte sich der junge Mann in seine Arbeit, um sich abzulenken und um seinen Eltern nicht über den Weg laufen zu müssen. Doch so sehr er es auch versuchte, dieser Mann ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Wer war er überhaupt? Und warum war er Rudolf nur so vertraut?
Natürlich ließ es sich nicht vermeiden, dass der Kronprinz in weitere starke Auseinandersetzungen verwickelt wurde, und so kam es dazu, dass er all dem endlich ein Ende setzen wollte. Er war gerade auf dem Weg in sein Zimmer, als er bereits bemerkte wie sich auf dem Flur die bekannte Kälte ausbreitete.
An seinem Schreibtisch angekommen öffnete er eine kleine Schublade, zog einen Revolver hervor und betrachtete diesen. „Damit sollte es schnell gehen“, dachte sich der Kronprinz und war gerade dabei ihn zu seiner Schläfe zu führen, als vor ihm dieser Mann wieder auftauchte.
„Du hast dich also entschieden?“, fragte die Gestalt mit ernster Stimme. Als Antwort kam nur ein leises, verzweifeltes „Ja“. Sanft umfasste der Mann Rudolfs Hand, mit derer er den Revolver hielt und kam ihm näher. Dieses Mal war es dem Prinzen allerdings egal.
Ehe er sich versah lagen die Lippen der schwarzen Gestalt auf den seinen und zogen ihn in einen leidenschaftlichen Kuss, aus dem es kein Entkommen gab. In diesem Moment wurde es dem jungen Mann plötzlich schlagartig klar. Sein langjähriger Freund, der immer für ihn da war musste der Tod sein. Es war zu spät. Ohne noch reagieren oder klar denken zu können drückten der Tod und Rudolf gleichzeitig ab und ein lauter Knall erfüllte das Schloss.