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Schweinebraten in Netzstrumpfhosen

Kurzbeschreibung
OneshotHumor / P16 / MaleSlash
Ran Fujimiya / Aya / Abyssinian Schuldig / Mastermind
11.06.2020
11.06.2020
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4.696
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11.06.2020 4.696
 
Disclaimer: Ich verdiene mit dieser Geschichte kein Geld. Alles, was an Orten, Personen, Namen etc. bekannt vorkommt, gehört nicht mir.

Kurzbeschreibung: Der Frühling steht vor der Tür, nein, eigentlich ist er längst mit ihr ins Haus gefallen. Es ist also definitiv an der Zeit, sein Zimmer ein wenig auszumisten, zumindest wenn es nach Aya geht. [SchuldigxAya]

A/N: Ja, hm… Es lässt sich wohl nicht mehr leugnen, dass mich das WK-Fieber erneut befallen hat, vielleicht ist es einfach wie Herpes, das nach der erstmaligen Ansteckung im Körper verbleibt. Keine Ahnung, ist auch nicht weiter wichtig.
Jedenfalls habe ich begonnen, mich mal durch all die Szenen und Ideen zu klicken, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben. Bei dieser hier bin ich zuerst hängengeblieben und da ist sie nun: endlich fertig!

Beitrag zum Projekt 50 Things I found in my room
Normalerweise handelt es sich bei Beiträgen zu diesem Projekt um reine Listen, die dann auch den Geschichtentyp „Aufzählung/Liste“ tragen müssen. Nach Rücksprache mit einem Operator, der für den Projekte-Bereich zuständig ist, handelt es sich hier jedoch eher um einen Oneshot, da die einzelnen Listenpunkte keine alleinstehende Liste bilden, sondern in Geschichtentext integriert sind, sodass auch der Geschichtentyp „Oneshot“ gewählt werden kann.







Schweinebraten in Netzstrumpfhosen



Aya schloss die Zimmertür hinter sich und drehte den Schlüssel herum, um ganz sicher zu gehen, dass man ihn in den nächsten paar Stunden nicht störte oder gar unterbrach. Es war gar nicht mehr so einfach, etwas Ruhe zu bekommen, seit Schwarz zu Kritiker übergelaufen und bei ihnen eingezogen war. Einmal ganz davon abgesehen, dass er sich sehr sicher war, dass Kritiker das Nachbarhaus noch letztes Jahr gar nicht gehört hatte! Aber nun gut, das war eine andere Baustelle und im Moment auch nicht das, womit er sich befassen wollte. Er musste die Zeit nutzen, in der Schuldig außer Haus war, immerhin konnte er unmöglich sein Zimmer ausmisten, wenn der Telepath dort auf dem Bett hockte oder am Schreibtisch saß und ihn beobachtete. Der Deutsche würde noch zu jeder Kleinigkeit irgendeinen Kommentar auf Lager haben und darauf konnte er – aller Zuneigung zum Trotz! – sehr gut verzichten. Nur, weil sie miteinander schliefen, hieß das noch lange nicht, dass Schuldig seine Nase in alle Dinge stecken musste!

Er riss den ersten Müllsack von der mitgebrachten Rolle ab und ließ den Blick über die Einrichtung schweifen.


1. Kleiderschrank
Der stand schon bei seinem Einzug im Zimmer, doch bevor er damals überhaupt etwas hineinlegen konnte, musste er zuerst den Kampf gegen die Kleidermotten aufnehmen, die es sich darin gemütlich gemacht und sich an den darin befindlichen Altkleidern gütlich getan hatten. Glücklicherweise hatte er keinen Kammerjäger beauftragen müssen…

2. Bücherregal
Ein preiswertes Modell von Ikea, das er selbst angeschafft hatte, weil ihm das Regalbrett über dem Bett nicht ausgereicht hatte, um die Bücher und Ordner voller Unterlagen ordentlich unterzubringen, die sich im Laufe der Zeit nun einmal zwangsläufig anzusammeln pflegten, und mittlerweile war dieses Regal sogar ziemlich gut gefüllt.

3. Schreibtisch vor dem Fenster
Der war auch schon da gewesen und in seinen Schubladen hatten keine Motten oder andere lästige Insekten genistet; doch im Gegensatz zum Schrank schien er auch brandneu zu sein, denn auf der Tischplatte hatte er trotz akribischer Suche nicht den kleinsten Kratzer oder sonst irgendeinen Hinweis auf Nutzung gefunden.

4. Zimmerpflanze auf dem Fensterbrett
Und damit war er wohl der einzige Bewohner dieser illustren Wohngemeinschaft, der eine Pflanze im Zimmer hatte. Omi, Yohji und Ken hatten keine, ihnen waren die Pflanzen unten im Laden genug an Grün und was Schwarz betraf… Die machten allesamt nicht den Eindruck von Blumenliebhabern auf ihn. Doch die Grünlilie war die Lieblingszimmerpflanze seiner Mutter gewesen und das war Grund genug, eine im Zimmer stehen zu haben.

5. Schreibtischstuhl
Er passte nicht zum Tisch und er war sich schon kurz nach seinem Einzug sicher gewesen, dass man lediglich einen neuen Schreibtisch beschafft, aber den Stuhl des Vorgängers behalten hatte. Warum auch immer… Nach seiner Erfahrung waren es die Stühle, die zuerst unansehnlich wurden oder kaputtgingen, nicht die Tische. Warum das in diesem Fall andersherum gewesen war, war ihm weiterhin schleierhaft und vielleicht wollte er es lieber auch gar nicht herausfinden müssen.

6. Lesesessel
Neben den Büchern das einzige große Stück Luxus, das er sich gegönnt hatte und das eigentlich auch nur, um nicht nur im Bett bequem und vor allen Dingen auch einigermaßen ungestört lesen zu können. Im Wohnzimmer hatte das noch nie funktioniert und spätestens jetzt, wo sie mit Schwarz unter einem Dach lebten, war es ohnehin ein Ding völliger Unmöglichkeit geworden.

7. Stehlampe
Die hätte es nicht unbedingt gebraucht, aber er hatte sie trotzdem gekauft. Das Modell auf den halben Preis reduziert gewesen, als er auf der Suche nach einem Bücherregal in diesem schwedischen Möbelhaus gewesen war, und passte gut zum Sessel. Außerdem musste er so nicht immer die Deckenbeleuchtung einschalten, wenn er sich abends oder nachts zum Lesen zurückzog.

Er ging zu der Lampe hinüber, zückte das Staubtuch, das er vorhin in die Hosentasche gestopft hatte, streckte sich und wischte den nach oben offenen, gläsernen Lampenschirm aus. Eigentlich sollte er das häufiger tun, konstatierte er stumm. Immerhin sammelte sich darin nur allzu schnell eine unansehnliche Mischung aus Staub und toten Insekten, die man von unten durch das milchig-weiße Glas deutlich erahnen konnte.

8. Nachttisch
Der war erst so richtig voll, seit Schuldig sich mindestens drei Nächte pro Woche bei ihm einnistete und dort all das hineinstopfte, was seiner Meinung nach in keinem Schlafzimmer fehlen durfte. Eine Antwort auf die Frage, warum das ein Schweizer Taschenmesser einschloss, hatte der Deutsche ihm jedoch bis heute nicht gegeben.

9. Regalbrett über dem Bett
Es war beinahe leer und eigentlich hatte er es längst herunternehmen und in der Abstellkammer verstauen wollen. Seiner Meinung nach war es grob fahrlässig, so etwas über einem Bett anzubringen, wo aufgrund der durchaus vorkommenden Erdbeben nur allzu leicht Dinge auf einen herunterfallen konnten, während man schlief und das gefährlich. Platzmangel oder eben das Bemühen, Platz zu sparen hin oder her!

10. Bett
Vielleicht sollte er im Zuge des selbst angezettelten Frühjahrsputzes einfach die Bettwäsche wechseln, denn die hatte es nach der letzten Nacht mit Schuldig wirklich dringend nötig, und außerdem gab es bei ihm eh nicht besonders viel, was man hätte rauswerfen können, da er eigentlich nur Dinge besaß, die er wirklich noch brauchte. Eigentlich…

Er seufzte, legte die Müllsäcke auf dem Schreibtischstuhl ab, dessen Sitzfläche frei war, und begann mit dem Abziehen der Bettwäsche. Wenn er sie jetzt gleich in die Waschmaschine steckte und danach direkt in den Trockner, bestand eine realistische Chance, sie nach dem Frühjahrsputz direkt wieder aufziehen zu können. Dann konnte er sich das Zusammenlegen sparen.

Glücklicherweise war sein eiliger Abstecher ins Bad und zur Waschmaschine unbemerkt geblieben und ein Blick aus dem Badezimmerfenster auf den Hinterhof hatte ihm gezeigt, dass Schuldig definitiv noch nicht zurück war. Sein Wagen war es nämlich auch nicht.
Nichtsdestotrotz atmete er erst auf, als er seine Zimmertür erneut hinter sich abgeschlossen hatte. Jetzt würde er sich zuerst dem Inhalt des Kleiderschranks widmen…


11. oranger Pullover
Nein, Erinnerungsstücke an glücklichere Familienzeiten kamen ganz bestimmt nicht in den Müll, das kam gar nicht in Frage, völlig egal, ob sie sich nun mit der Farbe seiner Haare bissen oder längst aus der Mode waren oder nicht! Und dieser Pullover war obendrein das einzige, was er aus den Trümmern des Hauses noch hatte retten können, vermutlich auch nur, weil er ihn am Vormittag in der Waschmaschine vergessen hatte.

12. weiße Netzstrümpfe
Die hat Schuldig ihm zum Valentinstag geschenkt – statt Schokolade – und er hatte sie ihm zuliebe nach einiger Überwindung doch angezogen, aber der Telepath hatte natürlich nichts Besseres zu tun, als in lautes Gelächter auszubrechen und zu verkünden, dass er mit den Dingern aussähe wie ein mit Bindfaden umwickelter Schweinebraten – er hatte nie weniger Lust auf Sex gehabt als an dem Abend.

Die Netzstrümpfe fanden ihren Weg in den ersten Müllsack. Sollte Schuldig je nach ihnen fragen, dann… Ach, egal. Er würde die Antwort auf seine Laune ankommen lassen. Ausnahmsweise.

13. diverse T-Shirts mit Schnürung am Halsausschnitt
Die waren allesamt noch gut in Schuss, obwohl er sie damals als Sonderangebot unter Sonderangeboten gekauft hatte, aber er hatte an jeder nur erdenklichen Stelle sparen müssen, nachdem Takatori seine Eltern ermordet und Aya auf die Intensivstation gebracht hatte. Die Kosten für die Beerdigung hatten die Ersparnisse verschlungen und Ayas Behandlung tat das weiterhin, sodass ans Sparen nicht zu denken war. An unnötige Ausgaben genauso wenig. Neue T-Shirts mussten warten, bis die alten nicht mehr taugten, ganz gleich, ob Yohji und Schuldig sich darüber lustig machten.

14. ein Schuhkarton mit löchrigen Strümpfen
Dieselbe Krux wie mit den T-Shirts in Bezug auf seine Finanzen, nur mit dem Unterschied, dass er sich für die Strümpfe etwas Zeit verschaffen musste – Zeit, in der ihn niemand nervte –, um sie zu stopfen.

15. eine alte Keksdose mit Nähzeug
Nähgarn und Stopfgarn in schwarz, weiß, dunkelblau, dunkelbraun und grau, Nähnadeln und Stopfnadeln, ein Stopfpilz, ein Fingerhut und eine Schere. Die Grundausstattung für alle kleinen Reparaturen an Kleidungsstücken, die im Alltag anfallen konnten.

Er sah noch einmal den Schuhkarton mit den löchrigen Strümpfen durch, um sicherzustellen, dass er auch Stopfgarn in allen benötigten Farben hatte. Kaum etwas würde ihn mehr ärgern, als Strümpfe mit Garn in einer Farbe stopfen zu müssen, die auf den ersten Blick auffiel. Aber es war alles da. Wenn es sein musste, kaufte er Strümpfe ja ganz allgemein nur in dunklen, gedeckten Farben.
Aber er würde sich hüten, einem der anderen davon zu erzählen! Sonst stand er am Ende noch mit ganzen Haufen von Flickwäsche da und das kam gar nicht in Frage! Es war schon schlimm genug, dass es jedes Mal aufs Neue zu Diskussionen führte, wenn sie für irgendwelche Undercover-Einsätze Hemden bügeln mussten!


16. zwei Anzüge mit westlichem Schnitt in Kleidersäcken
Die hatte Kritiker finanziert, weil sie so etwas hin und wieder eben zwingend für Missionen brauchten und wenn es um Arbeitskleidung ging, war die Organisation in der Regel nicht knauserig – zum Glück! Er hätte das Geld für so etwas nicht gehabt und selbst wenn, dann hätte er es dafür höchstens zähneknirschend ausgegeben.

17. zwei lange Kunstledermäntel
Einer in schwarz, der andere in violett, doch im Schnitt identisch. Er hätte echtes Leder bevorzugt, weil es widerstandsfähiger war, doch sowohl der Preis als auch das beträchtliche Mehrgewicht hatten dafür gesorgt, dass er sich am Ende für diese Variante entschieden hatte.

18. ein Hawaiihemd
Yohji hatte es ihm mit dem wenig dezenten Hinweis, er müsse dringend mal ein paar Tage Strandurlaub machen, sich mit Damen amüsieren und ausspannen, vor zwei Jahren ohne irgendeinen besonderen Anlass geschenkt. Er hatte dieses scheußliche Ding nie angezogen und auch nicht vor, das je zu tun.

Es gab keinen Grund, das Hemd noch länger zu behalten. Staub ansetzen und unnötig Platz wegnehmen konnte es auch anderswo. Am besten im Müllsack bei den weißen Netzstrümpfen. Er zog es vom Kleiderbügel und ließ es in besagtem Sack verschwinden – auf Nimmerwiedersehen!
Er kramte sich noch eine Weile durch den restlichen Inhalt des Kleiderschrankes, fand jedoch nichts Nennenswertes mehr und demzufolge auch nichts, was er noch hätte entsorgen können. Andererseits war das nicht besonders verwunderlich, wenn er es genau nahm, immerhin sorgte er stets dafür, dass in seinem Schrank und bei der sauberen Wäsche Ordnung herrschte.
Dann wandte er sich dem Bücherregal zu, doch dort würde es nicht viel aufzuräumen geben, das konnte man schon auf den ersten Blick problemlos feststellen.


19. mehrere Ordner auf dem untersten Regalbrett
Einer für Geldangelegenheiten, einer für Verträge, einer für Versicherungen aller Art und gleich vier mit allerhand Unterlagen, die seine Schwester betrafen. Dazu noch ein schmaler mit wichtigen Dokumenten, die er nach der Explosion des Hauses beinahe alle erneut hatte beantragen müssen; und daneben noch zwei leere als Reserve.

20. Werke der japanischen Gegenwarts- und Nachkriegsliteratur
Bücher, die man ohne Wenn und Aber in seinem Regal haben sollte, wie er fand, und dazu zählte selbstverständlich auch die Atombombenliteratur und dort ganz besonders die Werke jener Schriftsteller, die die Abwürfe besagter Bomben hatten miterleben müssen.

21. ‚Krieg und Frieden‘
Er konnte nicht einmal mehr sagen, wo er dieses Werk in englischer Ausgabe gefunden oder warum er es mitgenommen hatte. Tolstoi hatte ihn vor Weiß nie sonderlich gereizt, auch wenn er ihn dem Namen nach kannte, aber sonst? Doch er hatte das Werk gelesen, inzwischen sogar mehr als einmal, und er hatte es behalten.

22. ‚Schuld und Sühne‘
Oder ‚Verbrechen und Strafe‘, wie der Titel neuerer Übersetzungen lautete, doch das änderte ja nichts daran, dass es sich mit diesem Werk Dostojewskis in englischer Übersetzung genauso verhalten hatte wie mit Tolstois ‚Krieg und Frieden‘.

23. ‚Anna Karenina‘
Noch einmal Tolstoi, doch dieses Werk hatte er ganz bewusst ausgesucht und gekauft, nachdem er ‚Krieg und Frieden‘ gelesen hatte, weil er hoffte, die Handlung hier würde ihn ebenso fesseln und er war keineswegs enttäuscht worden.

Was allerdings nicht sein konnte, war der Umstand, dass Tolstois Werke nicht nebeneinander standen. Das ergab keinen Sinn, also zog er den Dostojewski aus dem Regal, schob ‚Anna Karenina‘ neben ‚Krieg und Frieden‘ und stellte ‚Schuld und Sühne‘ daneben. So sah das gleich viel besser, viel geordneter und vernünftiger aus.

24. Fachliteratur über Komata und Komapatienten
Eine mittlerweile durchaus beträchtliche Ansammlung für jemanden, der weder Medizin studierte noch in einem entsprechenden Beruf arbeitete, vor allem, weil nach und nach auch Werke ausländischer Wissenschaftler und Ärzte ihren Weg in sein Regal gefunden hatten.

25. ein Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke
Auch das war eine sehr bewusste Anschaffung gewesen, als er gemerkt hatte, dass er mit den Inhalten der Fachliteratur an seine Grenzen stieß, weil ihm immer mehr Begriffe unbekannt waren. Heute musste er es jedoch nur noch vereinzelt zu Rate ziehen.

Und das war es im Großen und Ganzen auch schon. Alles was er hier noch tun, noch ordnen konnte, war die Bücher so zurechtzurücken, dass sie perfekt in Reih und Glied standen und keins weiter nach vorne oder hinten gerutscht war als die anderen, und den Staub von jeder waagerechten Fläche abzuwischen, bevor er sich dem Schreibtisch zuwandte. Auch dort schien auf den ersten Blick akribische Ordnung zu herrschen, mehr jedoch nicht und Ayas erster Griff war bemerkenswert zielstrebig.

26. ein Locher
Und wie immer war das winzige Auffangbehältnis am Boden des Geräts voll, weil es jedes Mal eine Sauerei verursachte, wenn man versuchte, es über dem Papierkorb zu öffnen und zu entleeren. Die kleinen Papierstückchen verteilten sich viel zu leicht und viel zu schnell über den Fußboden und man fand sie noch Wochen später wieder.

Er steckte die Hand mit dem Locher in den Müllsack und erst dort drin öffnete er das Bodenfach und leerte es aus, sodass keins der kreisrunden Papierstückchen entkommen konnte.

27. ein Bleistiftanspitzer
Mit dessen Auffangbehälter gab es das gleiche Problem wie mit dem des Lochers, nur mit dem Unterschied, dass es hier zarte Holzspäne und Graphitsplitter waren, die sich auf dem Boden zu verteilen pflegten. Grund genug jedenfalls, mit ihm genauso im Müllsack zu entleeren wie den des Lochers zuvor.

28. zwei Bleistifte und ein Füller
Die Bleistifte waren ordentlich angespitzt, sodass er hier keinen Korrekturbedarf sah. Der Füller hatte seinem Vater gehört und er hatte ihn bei sich getragen, als er gestorben war und der Gerichtsmediziner hatte ihn ihm in aller Heimlichkeit überlassen, weil es eben einfach nur ein handelsüblicher Füller war. Nichts weiter.

29. Schreibtischunterlage
Schön war sie nicht, nur ein überdimensionierter Block mit Werbung am linken Rand, aber sie sorgte wenigstens dafür, dass nicht durch ein dummes Versehen Tintenflecken auf der Tischplatte landeten, die man womöglich mühsam und aufwändig wieder entfernen musste, je nachdem, wann man sie entdeckte; und für belanglose Notizen taugte sie ja obendrein.

Er riss das obere Blatt der Schreibtischunterlage ab, knüllte es zusammen und ließ es ebenfalls im Müllsack verschwinden, anschließend zog die obere Schreibtischschublade auf und warf einen Blick hinein.

30. Taschenrechner
Es war dasselbe Modell wie das, was er in der Schule verwendet hatte, doch nicht dasselbe Gerät, denn das hatte der Wucht der Explosion nicht standgehalten und war mit dem Rest seines Zimmers in Einzelteile zerlegt worden.

31. diverse Bleistifte, Filzstifte, Tintenpatronen und ein Lineal
Kurzum eben alles, was man brauchen konnte, wenn man sich selbst um seine Angelegenheiten kümmerte, selbst wenn man nur seine Steuererklärung selbst machte und dabei Wert auf Lesbarkeit, Sauberkeit und Nachvollziehbarkeit legte.

Die untere Schreibtischschublade war leer, abgesehen von einem Notizblock, einem Döschen mit Büroklammern, dem Tacker, den der so gut wie nie benutzte, und dem Klammerentferner, der von weitaus größerem Nutzen war.
Und er musste daran denken, seinen Laptop nachher aus dem Keller zu holen, vorausgesetzt, Omi hatte dann schon die Zeit gehabt, ihn zu reparieren.
Er schloss die Schublade wieder und griff unter den Schreibtisch.


32. ein Papierkorb
Ein Papierkorb, der kaum halb voll war, eigentlich wie immer, seit Schwarz hier eingezogen war, weil er nicht wollte, dass Schuldig darin herumkramte und dabei irgendetwas fand, womit er ihn aufziehen konnte. Der aktuelle Inhalt waren hauptsächlich leere Briefumschläge oder Werbebroschüren.

Das Papier landete ebenfalls im Müllsack. Da war es gut aufgehoben und immerhin war das hier so ziemlich die einzige Gelegenheit, bei der er nicht auf Mülltrennung achtete. Die Zeit nahm er sich nicht.
Er schob den geleerten Korb unter den Schreibtisch zurück und erhaschte dabei einen Blick auf einen großen, pechschwarzen, seltsam geformten Klumpen weiter hinten unter dem Tisch. Irritiert ging er auf die Knie, musste halb unter den Tisch krabbeln, um den Klumpen zu fassen zu kriegen. Angeekelt schauderte er. Es war…


33. eine große, tote Spinne
Vermutlich das Exemplar, das er vor wenigen Wochen noch Tag für Tag quer durchs Zimmer gejagt und einfach nicht erwischt hatte. Das Tier hatte sich jedes Mal gerade noch rechtzeitig hinter oder unter irgendein Möbelstück flüchten können.

Auch die tote Spinne fand im Müllsack noch einen Platz. Wenigstens konnte er sie jetzt doch noch entsorgen, obwohl das nur ein kleiner Trost war, wenn er bedachte, dass sie dafür erst ganz allein das Zeitliche hatte segnen müssen.

Vielleicht hatte er mit einer ganzen Rolle Müllsäcke doch etwas übertrieben. Eigentlich hätte ihm klar sein müssen, dass es gar nicht mehr so viel zum Ausmisten gab, seit er das zweimal jährlich tat, doch andererseits hätte es genauso gut sein können, dass Schuldig mittlerweile ein Allerlei unsinniger und unnötiger Dinge bei ihm gebunkert hatte, die jeder normal denkende Mensch besser entsorgte.
Mit einem leisen Seufzen wandte er sich dem Lesesessel zu.


34. ‚Böse Geister‘
Noch eines von Dostojewskis Werken, das er besaß und das er gerade zum zweiten Mal las. Nur deswegen durfte es überhaupt auf dem Sessel liegen und nicht im Regal stehen: Weil es ihm zu umständlich war, es jedes Mal, wenn er lesen wollte, zuerst aus dem Regal zu holen und hinterher wieder zurückzustellen.

Aufzuräumen gab es an dieser Stelle nichts, sodass er nur kurz kontrollierte, ob das Lesezeichen noch im Buch steckte und das auch an der richtigen Stelle, fand jedoch nichts zu beanstanden.

Sein nächster Blick galt dem Regalbrett über dem Bett.


35. eine Papppackung mit Kondomen
Wie auch immer die dort hinauf gekommen war! Er hatte sie dort ganz bestimmt nicht hingelegt, weil noch nie etwas auf dieses Regalbrett gepackt hatte. Es musste also Schuldig gewesen sein – mal wieder! Und da konnte er wohl noch von Glück sagen, dass es eine kleine, leichte Pappschachtel war und nicht dieses unverschämte Riesenexemplar einer Kaffeetasse, das der Deutsche sein Eigen nannte.

Aya nahm die Packung vom Regalbrett, warf einen Blick hinein und musste feststellen, dass sie leer war. Leer und damit ein weiterer Fall für den Müllsack; und vielleicht sollte er dieses Mal ausnahmsweise auch einen Blick unter sein Bett werfen, dämmerte ihm. Nicht, dass er selbst Dinge unter dem Bett verstaute oder aufbewahrte, aber er bewohnte sein Zimmer ja recht offensichtlich nicht mehr nur allein. Also ging er erneut auf die Knie und entdeckte tatsächlich Dinge in der Dunkelheit.

36. ein Paar getragene Socken
Verstörender Weise war handelte es sich dabei um ein Paar seiner eigenen Socken, wie er feststellen musste, als er es hervorgeholt hatte, dabei hatte er angenommen, es müssen Schuldigs sein. Er legte seine getragene Wäsche schließlich immer in einem dafür bereitgestellten Korb ab!

Oder nicht?
Aber er hätte sicher nicht vergessen, wenn er es einmal nicht getan hätte!
Oder etwa doch?


37. das Einwickelpapier eines Schokoriegels
Das stammte eindeutig von Schuldig! Ganz eindeutig und daran gab es überhaupt nichts zu rütteln. Der Telepath war nämlich die einzige Person hier im Haus, die diese Riegel mit Erdnussbutterfüllung essen konnte ohne prompt mehr oder minder nur sprichwörtliche Zahnschmerzen zu bekommen.

Auch das war ein Fall für den Müllsack…

38. eine getragene Boxershorts
Und wieder eine von seinen, doch wie schon bei den Socken hatte er auch hier keine Ahnung, wie sie unter dem Bett hatte landen können. Das war doch einfach nicht seine Art! Einmal ganz davon abgesehen, dass er noch nach jedem Stelldichein mit Schuldig ganz akribisch die Spuren dessen beseitigt hatte!

39. ein Aschenbecher
Irgendwo hatte das vermaledeite Ding ja sein müssen! Dabei war ihm eigentlich immer noch schleierhaft, wieso er Schuldig das Rauchen nach dem Sex nicht längst verboten hatte, wenigstens in seinem Zimmer. Stattdessen hatte er einfach einen Aschenbecher besorgt.

Aya ächzte teils resigniert, teils genervt und platzierte den Aschenbecher auf dem Nachttisch. Zum Glück war es ausgeleert, das war wenigstens etwas, ein Anfang. Besser wäre es natürlich gewesen, wenn er sich nie auf Schuldig eingelassen hätte, doch hinterher war man ja bekanntlich immer schlauer, genauso wie es dann auch zu spät war. Vor sich selbst und ganz im Stillen konnte er schlecht leugnen, dass es schön war, wenn… Nein! Nicht jetzt, rief er sich zur Ordnung. Er war hier noch nicht fertig, obwohl unter dem Bett nichts mehr zu entdecken war. Fehlte also nur noch der Nachttisch…

40. eine ganze Menge leerer Einwickelpapiere
Sie quollen ihm regelrecht als noch eine von Schuldigs eindeutig Hinterlassenschaften entgegen, als er die untere Schublade aufzog und ihre schiere Masse ließ ihn eine erste Schrecksekunde lang nach Luft schnappen, ehe er sie sprachlos entsorgte.

Wenn das so weiterging, dann würde der Müllsack ganz bestimmt noch voll werden, schoss es ihm durch den Kopf, und wären nicht noch die weißen Netzstrümpfe und das Hawaiihemd darin, dann wäre es durchaus eine Option, den Inhalt des Sacks in Schuldigs Zimmer über den Fußboden zu verteilen. Dann wäre der Müll wenigstens zurück bei seinem Verursacher.

41. eine angefangene Packung Papiertaschentücher
Nun gut, die hatten eigentlich in jedem Nachttisch, auch in seinem etwas zu suchen. Man konnte schließlich nie wissen, wann man mal eines oder mehrere davon brauchen konnte. Es war eben nur unpraktisch, sie unter leerem Süßigkeitenpapier zu lagern.

42. eine leere Tube Gleitgel
Noch ein Fall für den Müllsack. Offenbar sollte er diese Schublade besser ganz regelmäßig, vielleicht einmal pro Woche ausmisten, um zu vermeiden, dass sich dort im Laufe der Zeit noch ganz andere Dinge ansammelten als solche. Wobei ihm diese leere Tube in der Schublade immer noch lieber war als unter dem Bett, wo sie jeder ohne Mühe und nur durch dummen Zufall problemlos hätte sehen können.

Abgesehen von den Taschentüchern war die Schublade nun wieder leer. So leer, wie sie auch sein sollte, fand er. Man musste keine Unmengen an Dingen in seinem Nachttisch aufbewahren. Es konnte nicht schaden, wenn man ausgerechnet dort immer etwas Platz hatte, nur für den Fall. Dann konnte man bei einer Grippe vorübergehend mühelos ein paar Teebeutel und Hustensaft unterbringen, vielleicht auch noch ein Fieberthermometer und dergleichen.

Aya schluckte schwer. Wollte er nach dieser Schublade eigentlich überhaupt noch wissen, was sich in der darüber befand? Sicher war er nicht, das Verlangen, sie einfach geschlossen zu lassen, war da, aber… Nein! Das kam nicht in Frage, beschloss er. Er würde nicht kneifen!


43. Schuldigs Schweizer Taschenmesser
Ob es ihm irgendwann noch einmal gelingen würde, den Telepathen dazu zu bringen, ihm zu verraten, was dieses Ding ausgerechnet in seinem Nachttisch zu suchen hatte? Es wäre zu schön um wahr zu sein…!

Er nahm es heraus und lagerte es neben dem Aschenbecher zwischen.

44. eine Geburtstagskarte
Nein, nicht irgendeine Geburtstagskarte, sondern die letzte, die Aya ihm geschrieben hatte. Die Karte mit dem Plastiktütchen darin, in dem die Ohrringe gelegen hatten, die er laut seiner Schwester seiner Freundin schenken sollte, wenn er – wozu sie ihn ebenfalls in der Karte aufgefordert hatte – endlich mal mit einem Mädchen ausgegangen war.

Dass er die Ohrringe mittlerweile selbst trug, dass er sich keine Ohrlöcher hatte stechen lassen, sondern das Metall mit zusammengebissenen Zähnen und roher Gewalt selbst durch sein Ohrläppchen gebohrt hatte, würde er seiner kleinen Schwester nie erzählen. Das war nichts, womit er sie belasten wollte.
Die Karte legte er ebenfalls auf dem Nachttisch ab.


45. ein Namensschild
Das Namensschild, das er während seines Nebenjobs als Kellner früher getragen und das er aufgehoben hatte, ohne genau zu wissen warum. Er hatte es eben in der Tasche gehabt und als es ihm aufgefallen war – nach der Explosion, dem Auto, irgendwann im Krankenhaus – hatte er es nicht wegwerfen können, war irgendwie sentimental geworden und hatte es behalten.

Und das würde er auch heute tun. Es war ein Erinnerungsstück an früher, genau wie der orange Pullover. Ein Erinnerungsstück an glücklichere Zeiten.

46. eine Kondompackung und eine Tube Gleitgel
Beides war noch nicht angebrochen und demzufolge konnte es auch bleiben, wo es war. Es war besser, es in Reichweite zu haben, das hatte er mittlerweile auch rational begriffen, obwohl… Laut sagen würde er das trotzdem nicht.

Die Packung Papiertaschentücher zog aus der unteren Schublade in die obere um und fand einen neuen Platz neben der Kondompackung und dem Gleitgel. So lag sie wenigstens auch gleich griffbereit.

47.  ein Plastikfläschchen mit Massageöl
Das hatten sie einmal benutzt und waren zu dem Schluss gekommen, dass es nicht gut roch, sondern lediglich bestialisch stank. Warum er es im Anschluss an dieses einprägsame Erlebnis nicht gleich entsorgt hatte, war ihm zwar schleierhaft, aber besser spät als nie.

Das Fläschchen landete weich auf dem Einwickelpapier verschiedener Süßwarenprodukte im Müllsack.

48. ein schwarzes Haargummi
Eines, das nicht viel eindeutiger Schuldig hätte gehören können, wie er fand. Die karottenroten Haare, die noch daran festhingen waren ein unumstößlicher Beweis dafür. Einmal ganz davon abgesehen, dass seine eigenen Haare zwar rot gefärbt, aber niemals so lang waren.

Er zupfte die Haare vom Haargummi ab und legte es auf den Nachttisch.

49. eine Haarbürste
Auch die stammte eindeutig aus Schuldigs Besitz. Er selbst benutzte schließlich einen Kamm und der lag im Badezimmer und damit dort, wo er hingehörte. Dort lag allerdings auch noch eine Haarbürste, die Schuldig gehörte und das ließ nur den Schluss zu, dass der Telepath wohl mehrere besaß.

Seufzend befreite er auch die Bürste von den karottenroten Haaren, die noch an ihr festhingen, dann schlang er das Haargummi um ihren Griff. So würde es zumindest nicht direkt verloren gehen.Dann warf er einen neuerlichen Blick in die Schublade und entdeckte, dass noch etwas unter der Bürste gelegen hatte, denn an der Stelle erblickte er nicht etwa den hölzernen Boden, sondern weißes Papier. Mit skeptisch gerunzelter Stirn griff er danach.

50. ein Foto
Ein Foto, von dem er überhaupt nicht erinnern konnte, es je dorthin gelegt zu haben wohlgemerkt, denn Fotos gehörten in Rahmen unter schützendes Glas oder in ein Album, damit sie keinen Schaden nahmen!

Er hob das Foto langsam auf, drehte es um und- Nein.

Nein!

Darauf abgebildet war eine Fleischtheke und mitten in der Auslage war ein mit Faden umwickelter riesiger Schweinebraten platziert.

Und darüber war mit schwarzem Filzstift in Schuldigs Handschrift ‚Sieht sehr lecker aus‘ gekritzelt.

Oh, wenn er den Telepathen in die Finger bekam, dann…

„Dann was, Aya?“

Er zuckte zusammen, wirbelte auf dem Absatz herum, doch die Worte blieben ihm im Halse stecken. Schuldig lehnte lässig und tiefenentspannt am Türrahmen und grinste:

„Ich bin nur für das verantwortlich, was ich geschrieben habe. Nicht für das Versaute, was du schon wieder denkst.“

„Hn“, presste er heraus, weil ihm ansonsten einfach die Worte fehlten. Irgendwann…

Irgendwann…

Irgendwann würde er diesen Telepathen doch noch umbringen, Beziehung hin oder her!

Der Deutsche zog in mildem Erstaunen die Augenbrauen hoch, bemerkte dann jedoch recht nüchtern: „Das ist nur ein Schweinebraten, Aya, nichts weiter und damit du nicht wieder wie einer aussiehst, hab ich dir diesmal schwarze Netzstrümpfe mitgebracht. Die weißen hast du ja eh schon weggeworfen.“




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