Wie Eis
von KirjaKei
Kurzbeschreibung
Bryce ist sicherlich nicht das, was man einen Durchschnittsstudenten nennen kann; geboren als Erbe eines riesigen Wirtschaftsunternehmens ist er sich seiner Qualitäten mehr als bewusst, hat sich nie wirklich Sorgen um etwas machen müssen und nutzt diese auch ohne groß zu zögern aus, zumindest so lange bis Danny in sein Leben stellt und Stück für Stück dafür sorgt, dass die kalte Fassade von Bryce zu schmelzen beginnt… [Paralleltext zu ‚Wie Feuer‘: MxM, Lemon, kann Spuren von BDSM enthalten]
GeschichteHumor, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
03.06.2020
30.03.2022
114
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23.02.2022
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Kapitel 109: Von Eis zu Tau
Das Gespräch mit Adam war auf eine gewisse Art und Weise unterhaltsam gewesen. Ich war mir nicht sicher, ob es mir eine so große neue Erkenntnis gebracht hatte, aber es war auf nett gewesen, von ihm zu hören. Und ich wusste, dass es genauso war, wie Adam auch gesagt hatte, er wollte uns helfen.
Er hatte das oft in meiner Vergangenheit versucht, seit meine Mutter gestorben war und seit ich geoutet war. Natürlich hatte er dabei irgendwie versucht, mir zu helfen und mich zu beraten…
Mein Vater hatte das ja abgelehnt und Adam war selbst schwul… Es war eigentlich allgemein recht merkwürdig gewesen, wie sehr mein Vater sich gegen meine Sexualität ausgesprochen hatte, wo doch zwei seiner besten Freunde verheiratete Männer waren, miteinander. Aber das war eine ganz andere Geschichte. Und Adam hatte immer irgendwie versucht, dagegen zu arbeiten und mich zu bestärken, damit ich mich nicht weiter verleugnen musste… Wenn er damit etwas energischer gewesen wäre, wäre viel vielleicht anders gelaufen, aber… es blieb einfach kompliziert. Ich war dennoch froh, dass ich ihn gehabt hatte. Er war eine Hilfe in vielen Punkten gewesen.
Und auch jetzt noch war es so, dass ich wusste, dass ich mir seine Worte besser zu Herzen nahm. So war das schon immer gewesen. Das war das vernünftige.
Außerdem… so albern es war, ich hatte schon hin und wieder das Gefühl gehabt, ich würde durch ihn irgendwie auch mit meiner Mutter sprechen können, weil er immer wusste, was sie zu bestimmten Dingen gesagt hatte. Ich hatte das nie aktiv nutzen wollen, weil ich mir dann schwach vorgekommen war und weil ich dann an sie hatte denken müssen, aber… Am Ende wenn er selbst damit gekommen war, dann war es doch ganz schön so gewesen.
Traurig, aber auch schön… Adam hatte schließlich die beste Verbindung zu meiner Mutter, das hatte er auf gewisser Art und Weise immer gehabt und ich war mir absolut sicher, dass er mir bei solchen Sachen immer hätte helfen können. Wenn ich früher mal nicht auch so stolz gewesen war, so etwas zu zugeben. Aber das hatte ich ja immer nicht gewollt… ganz eindeutig gab es auch Probleme an der Erziehung meines Vaters. Aber… ich war ja langsam bereit, das alles hinter mir zu lassen. Und damit war ich auch bereit, auf das zu hören, was Adam mir gesagt hatte. Ich hatte es ja schon gewusst, aber ich wusste, dass ich da noch ein Stück Arbeit vor mir hatte. Da war es richtig, dass ich das noch einmal hatte hören müssen. Das gehörte zu dem Prozess dazu.
Danny und ich waren ein Team und ich würde seine Hilfe noch weiter brauchen, das hieß, dass ich ihn an meinen Gefühlen teilhaben lassen musste. Das war wirklich nicht leicht, selbst wenn ich damit schon angefangen hatte und es Stück für Stück auch etwas verstand, eine gewisse Sperre, sich so verwundbar zu zeigen war eben immer noch da… Aber es war richtig.
Und ich würde das tun.
Na, da hatte ich dann wohl doch einen Vorsatz für das nächste Jahr. Allerdings war es mehr en Vorsatz für die gesamte Zukunft. Ich und Danny waren noch nicht vollkommen am Ziel, aber wir hatten einiges erreicht und selbst wenn noch einiges mehr vor uns läge, wir würden es eben schaffen, das war klar. Ich war bereit dafür alles zu tun, was notwendig war. Genau das war ja auch der Plan.
Dennoch fand ich all das etwas belustigend. Mit einem leichten Grinsen blickte ich dem Jahreswechsel entgegen, der ja nur noch ein paar Minuten jetzt entfernt war.
Während alle sich dabei neu organisierten kam auch Danny zu mir.
Der sah allerdings nicht mehr ganz so glücklich wie zuvor aus. Ich hatte ihn zuvor ja immer gut im Blick gehabt, weil es mir wichtig war, dass er sich wohl fühlte, aber jetzt…
Er wirkte so merkwürdig bedrückt… sein Blick wich meinem aus, er sah mich immer nur für ganz kurze Zeit an, so als könnte er mich nicht lange betrachten. Da war irgendwas vorgefallen, das war mir jetzt klar. Aber wann? Und was?
Ich verstand es nicht und mir kam auch keine Idee, immerhin war es eigentlich den gesamten Abend alles wunderbar gewesen. Dann musste kurzfristig irgendwas passiert sein, das meinen Freund durcheinander gebracht hatte. Diese Haltung kannte ich doch inzwischen. Er dachte über etwas nach und war unsicher bei der gesamten Sache, das war mehr als deutlich.
Wir standen gemeinsam auf dem Balkon, ich hatte den Arm um ihn gelegt. „Alles in Ordnung, Sweetheart?“, flüsterte ich ihm zu, während wir dort mit allen standen. Ich musste ihn das doch fragen und ich wollte es doch wissen.
Wenn ich es davor nicht gewusst hatte, dann wurde es mir jetzt mit einem Mal doch ganz deutlich klar, als Danny mich ansah und eine ganze Zeit lang nicht antwortete. Er zögerte, in seinem Kopf stotterte er sich etwas zusammen. Er wartete, er war sich nicht sicher, irgendwas belastete ihn und er wollte es mir gerade nicht sagen. Warum? Welchen Grund konnte das denn nun auf einmal haben? Das erschloss sich mir nicht wirklich.
Wir konnten doch über alles reden. Das war mir absolut klar. Selbst wenn es schlimm war, ich wollte doch nur, dass es ihm besser ging! Und dass er gerade etwas ganz Fürchterliches versuchte, mit sich selbst auszumachen, das war ja mehr als nur offensichtlich. Da kam ich doch einen Moment ins Zweifeln, als ich ihn so sah, immerhin kannte ich alle Anzeichen, aber ich wartete auch darauf, dass er von selbst mit der Sprache rausrückte. Das würde sicher noch passieren, darauf vertraute ich.
„Ich… habe nur an was Trauriges gedacht…“, wandte er dann versucht leise ein. Beinahe so, als wolle er es gar nicht wirklich sagen.
Ich war schon verwirrt davon. Was war nun das Schlimme? Was konnte das sein? Ich drehte mich vollkommen zu ihm, etwa so, dass ich zwischen ihm und dem Rest stand, so dass er noch etwas freier reden konnte. „Sweetheart… Was ist los?“ Manchmal brauchte mein Freund vielleicht doch noch einmal ein paar klarere Ansagen.
„Es ist super albern…“, flüsterte er, „und gleich…“
„Mir ist egal, was gleich ist… das Jahr wartet auch noch länger auf uns, aber ich will, dass es dir gut geht“, sagte ich noch einmal deutlicher.
„Ich…“, setzte Danny erneut an, aber er verstand wahrscheinlich, dass ich es nicht so einfach gut sein lassen würde, besonders wenn ich deutlich sah, wie ihn das mitnahm. „Ich will aber nicht, dass es dir auch die Laune verdirbt… Lass uns später darüber reden…“ Dennoch startete er einen letzten Versuch zum Ablenken, sonst wäre es ja auch nicht Danny gewesen.
Ich schüttelte leicht den Kopf. So einfach konnte ich das noch nicht sein lassen, nicht wenn es ihn so sehr bedrückte. „Ich liebe dich. Nichts so sehr wie dich. Ich will so was nicht ignorieren, nichts ist mir wichtiger als du…“, wiederholte ich und sah ihn an, während ich hinter mir die ersten Explosionen des Feuerwerks hörte. Aber das kümmerte mich wirklich nicht. Es war eine Tradition und man würde sich noch länger Feuerwerk ansehen können, vorher wollte ich, dass es Danny besser ging.
Dannys Augen füllten sich mit Wasser. Das war offensichtlich ein größeres Thema. „Ich dachte an die Zukunft… und… an ein paar traurige Dinge, es ist dämlich, weil ich mich darauf freuen will… das ist es einfach.“ Ich konnte es deutlich sehen.
Vorsichtig schloss ich ihn ganz in die Arme. Ich hielt ihn fest. Da war etwas, das ihn mitnahm, das war mir auch klar. Aber vielleicht war das wirklich nicht viel, was ich tun konnte.
„Ich möchte jetzt aber auch nicht mehr darüber reden… nicht jetzt…“, wiederholte er noch einmal, aber dabei klang er nun etwas deutlicher und fester. Langsam glaubte ich ihm, dass er auf andere Gedanken kam. „Später dann… Du bist so süß gerade und ich liebe dich und ich will diesen Moment erleben!“
Ich löste mich ein Stück und betrachtete ihn. Er sah wirklich ruhiger aus. Dann müssten wir uns um den Rest später kümmern. Ich gab ihm einen sanften Kuss. „Aber du musst dir keine Sorgen um die Zukunft machen, ich weiß, dass wir alles gemeinsam hinbekommen“, beruhigte ich ihn noch einmal zusätzlich.
Danny lächelte mich an. Es schien in der Tat besser zu werden. Manchmal konnte es wohl so simpel sein, aber es war mir vollkommen bewusst, dass das noch nicht vorbei war. Da gab es etwas, über das ich mit Danny auf jeden Fall reden musste, das war mehr als nur klar. Aber wenn es ihn nun gerade nicht mehr so sehr belastete und er lieber voranblicken wollte und sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren wollte, dann war es auch richtig, diesen Wunsch zu akzeptieren. Ich wollte ja nur, dass es ihm gut ging.
Jetzt war das mehr oder weniger der Fall. Er war nicht mehr ganz so belastet, wie er es noch einen Moment zuvor gewesen war, alles weitere würde später kommen. Da war ich mir sicher.
Ich löste mich etwas von ihm und hielt ihm weiter im Arm, aber nun so, dass wir uns auch das Feuerwerk ansehen konnten, das Rachel organisiert hatte. Es war immerhin ein schöner Anblick und ich konnte mir schon gut vorstellen, wie es jemanden wie Danny, der so ästhetikaffin war, schon auch noch einmal auf eine andere Art und Weise zum Staunen brachte. Mein Freund war in der Tat begeistert und das freute mich auf der anderen Seite auch.
Er war ganz offensichtlich schon ruhiger und konzentrierte sich darauf und es konnte einen ja mitnehmen. Ich war jetzt nicht zu sehr mitgenommen von all diesen Anblicken, ich fand es natürlich ebenso schön, aber nicht unbedingt notwendig, aber es gehörte dazu und man konnte es schon ein wenig genießen. Besonders mit Danny an meiner Seite. Sein Staunen war schöner anzusehen als das Feuerwerk an sich.
Aber das war eine andere Geschichte…
Und unser Abend war ja so auch noch ganz schön, auch wenn es danach schon etwas ruhiger zuging und sich genauso auf das Ende zu bewegte. Es gab noch einiges zu tun, aber als all die Wünsche und das Anstoßen getan war, dachte sicherlich auch jeder daran, wie man sich in der ersten Nacht im neuen Jahr auch etwas ausruhen konnte.
Es war immerhin auch schon eine lange Zeit vergangen. Das war es mit solchen Feiern, wenn man sich darauf vorbereitete, auf eine bestimmte Uhrzeit zu warten. Wir waren ja nun auch schon einige Zeit da.
Es wurde mit der Zeit später, aber wir hatten auch keine Eile. Es war ja auch herrlich, alle zu sehen und über alle möglichen Sachen zu sprechen, aber je früher die Morgenstunden wurden, desto mehr wollte man sich zurückziehen.
Das war zu diesem Datum schließlich schon schwer genug. Mir war schon bewusst gewesen, das man zu dieser Zeit sicherlich kein Taxi bekommen hätte, deshalb hatte ich Vorbereitungen getroffen. Fahren konnten Danny und ich natürlich nicht, wir hatten beide etwas getrunken… auch das konnte man an diesem Tag sicherlich verstehen. Jetzt war das alles noch einmal ein wenig etwas anderes.
Deshalb hatte ich es mit meinem Vater schon zuvor abgesprochen, dass Danny und ich in meinem alten Zimmer übernachten könnten. Das wäre ja nun auch überhaupt nicht schlimm, mein Vater hatte das alles akzeptiert, das Zimmer war groß genug und man konnte von der Villa der Ballards ohne Probleme zu Fuß dorthin gehen. Das war unproblematisch und einfach angenehm.
In meinem Zimmer hatten wir schließlich unsere Ruhe. Die konnten wir beide gut gebrauchen nach diesem Tag. Zudem stand da ja noch etwas im Raum zwischen mir und Danny.
Ich wartete allerdings auch noch einen Moment, damit wir erst einmal gut ankommen konnten. Wir waren in dem Zimmer, ich fand es gar nicht einmal so merkwürdig, auch wenn ich meine Jugend hier verbracht hatte, aber so war das. Außerdem war mein Zimmer ja nun nicht wirklich kindlich eingerichtet, mit meinem Geschmack als Jugendlicher kam man sicherlich gut zurecht, es war nicht so viel anders gewesen und ich hatte ja auch keine Möbel mitnehmen müssen, als ich ausgezogen war. Es war noch alles sehr angenehm eingerichtet und vollständig.
Danny und ich könnten hier ohne Probleme eine Nacht verbringen. Zudem hatten wir unsere Ruhe, mein Vater würde nicht einfach hier reinkommen und die Wände waren stabil und alles. Das war vielleicht auch der bessere Moment zu reden.
Also blickte ich Danny ruhig an. Er müsste schon anfangen zu reden und er schien das genauso zu wissen.
„Also…“, begann er zu stammeln.
„Erzählst du mir jetzt, was dich vorhin so mitgenommen hat, Sweetheart?“, ich versuchte es noch einmal deutlich auszudrücken, vielleicht gab ihm das etwas Hilfe. Wir standen vor dem Bett und ich sah ihn erstwartungsvoll an. Da war schließlich offensichtlich immer noch etwas.
Nach kurzem Zögern ließ sich Danny aufs Bett fallen: „Ja, vielleicht… Ich will immer noch nicht, dass es… dir weh tut.“
„Mir wehtut?“ Ich kam ein Stück dichter an ihn heran. Ich musterte ihn. Eigentlich hätte man sich das schon überlegen können, dass es Danny noch einmal um etwas anderes ging, aber ganz konnte ich es nicht verstehen.
Dafür rückte er jetzt aber offensichtlich wirklich mit der Sprache raus, selbst wenn Danny dabei noch etwas unsicher war. Aber das war vielleicht einfach seine Art… „Also gut… Ich weiß ja, dass es dumm ist und solche Gedanken nichts bringen, aber… Mich hat es traurig gemacht, weil… ich schon denke, dass solche Gedanken, dich verletzen und… das zurecht, ich meine… aber gleichzeitig muss man ja mal daran denken, es gehört dazu, es wird… immer mal auf uns zukommen… und ich habe das auch gar nicht so gemeint, der Gedanke kam mir irgendwie… zum ersten Mal in dieser Form… und das war halt komisch, aber… es ist nicht so angenehm… dabei will ich gar nicht wissen, wie das für dich ist und…“
Ich betrachtete ihn weiter. Er stotterte sich das so zusammen… Aber ich konnte eine Richtung erahnen, allerdings… Es war schon besser, wenn Danny es einfach sagte und ich würde darauf warten, dass er genau das auch tat. „Sweetheart“, ich setzte mich neben ihn und griff seinen Händen. „Was ist los? Sag es einfach.“ Er musste vor nichts Angst haben, ich wollte es jetzt einfach nur aus seinem Mund hören, dann könnten wir das Problem auch angehen!
„Deine Mutter…“, als er die Worte gesprochen hatte, trafen sie mich gleich wie ein Stich in meiner Brust.
So unsicher wie er gewesen war… war das eigentlich irgendwo schon zu vermuten gewesen, es gab ja nicht mehr so viele Dinge, die Danny nervös machten, aber das… wir hatten genau wegen dieses Themas und meinem Unvermögen, damit umzugehen, so einige Probleme gehabt…
Ich zuckte kaum merkbar, aber… einen Moment lang tat es wirklich weh in meinem Inneren… Es schmerzte immer noch, dass sie nicht da war, es schmerzte, an sie zu denken, aber… ich arbeitete daran. Und dabei fiel mir aber auch ein, was Adam gesagt hatte. Auch wenn es unschön war, ich musste Danny daran teilhaben lassen, immerhin sah man ja klar, dass er sich auch Gedanken dazu gemacht hatte! Offensichtlich hatte er das, sonst hätte ihn das Thema nicht so mitgenommen… Er sorgte sich um mich, wir waren gemeinsam an diesem Problem, also durfte ich mich nicht vor ihm verschließen, ich musste weiter an meinen Problemen arbeiten, allein und zum Teil gemeinsam mit Danny. Anders würde das alles nicht passieren.
„Ich… musste daran denken, was sie alles verpassen würde… in unserem Leben… Das ist… alles so falsch, aber ich dachte daran und es hat mich traurig gemacht… Verstehst du? Denn… wenn ich an die Zukunft denke, dann freue ich mich darauf, all das mit dir zu leben, ich möchte eine Zukunft mit dir haben… Heiraten, Kinder großziehen, aber… in dem einen Gespräch… da dachte ich an meine Eltern und dann… an deine Mutter… Es tut mir leid, ich wollte dich damit nicht belasten, deshalb wollte ich es nicht sagen, aber…“ Nachdem er gestartet hatte, sprudelte das alles aus ihm raus. So wie man es von Danny kannte und er bestätigte meine Vermutung. Er hatte sich so einige Gedanken gemacht!
„Sweetheart… ein Moment…“, warf ich ein. Ich hielt mich an seiner Hand fest und ich wusste, dass ich erst einmal alle meine Gedanken ordnen musste. Es war… komisch über all das nachzudenken. Dabei war es mir natürlich schon bewusst gewesen. Sie würde viel verpassen… und das musste ihr selbst genauso bewusst gewesen sein. Das schmerzte… Dass sie Danny nie kennen gelernt hatte, all das… Es war fürchterlich. Natürlich wollte ich sie hier, aber… ich hatte viel darüber nachgedacht. Es war in Ordnung traurig zu sein, aber ich musste weitermachen, das war genau das, was sie gewollt hätte. Ich durfte mich davon nicht unterkriegen lassen… Das war immerhin genau der Grund, warum meine Mutter es uns nicht gesagt hatte, sie hatte alles normal haben wollen… auch wenn es das nicht war. Aber genauso musste ich sie in Erinnerung behalten, so wie sie gewesen war… Und genau das würde ich tun. „Du… bist wirklich süß, dir darüber den Kopf zu zerbrechen…“, sagte ich leise. „Ja… mir ist das bewusst… Ich wünschte, sie hätte dich kennenlernen können. Sie wäre so glücklich gewesen, zu wissen, dass ich in guten Händen bin, Sweetheart.“
Danny war im ersten Moment erstaunt, dann tränten seine Augen etwas, während er meinen Worten zu hörte.
Ich musste etwas lächeln. Dann zog ich ihn in meinen Arm. „Ich meine das ernst, Sweetheart… Du… hast keine Ahnung, wie weh mir solche Gedanken immer noch tun, aber… es tut auf jeden Fall gut zu wissen, dass ich mit dir jemanden an meiner Seite habe, mit dem ich das durchstehen kann… Ich weiß, dass ich gerade als wir uns kennengelernt haben, nicht so sentimental ausgesehen habe, aber… ich glaube an dieses ganze… ‚in guten wie in schlechten Zeiten‘… dieses Gerede und ich glaube daran, dass es für uns beide zählt… und du?“
So war es einfach. Ich war es meiner Mutter schuldig, dass ich mich auf das Jetzt und auf die Zukunft konzentrierte, dass ich meinen Weg fand. Das war nicht leicht, es würde immer noch etwas wehtun, aber wir würden das schaffen, ich hatte mit Danny jemanden an der Seite, mit dem ich das schaffen könnte.
Ich konnte es auch in Dannys Stimme hören, dass es ihn etwas mitnahm: „Ich auch… Ich… wollte nicht, dass es dir schlecht geht, deshalb wollte ich es nicht sagen… aber… ich will für dich da sein und all das…“
„Das ist gut…“, gab ich zurück.
Ich hielt ihn im Arm, noch eine ganze Zeit, während er etwas zitterte und sich beruhigte. Wir beide brauchten das. Das tat einfach gut. Ich brauchte ihn auch. Aber ich wurde ruhiger, weil ich wusste, dass ich Danny hatte, dass ich ihn direkt vor mir hatte.
„Tut mir leid, dass ich dich dran erinnert habe…“, wisperte er dann.
Ich seufzte leicht. „Das ist nicht schlimm, Sweetheart… Das gehört dazu… Ich muss damit leben…“ Und genau das würde ich noch lernen, das wusste ich. Ich war dabei und ich hatte alles, was ich brauchte, um an mir zu arbeiten.
„Man merkt, dass du in Therapie bist…“
Da musste ich lachen: „Nur du kannst so etwas mit so einem Unterton sagen. Aber… du musst dich nicht verrückt machen, ich mache Fortschritte und du… bist ein Grund dafür.“ Ich löste mich ein Stück, so dass ich ihn wieder richtig ansehen konnte. „Weil ich weiß, dass wir das gemeinsam alles schaffen können.“
„Du… bist süß… Ich liebe dich.“
„Ich dich doch auch, Sweetheart.“ Ich betrachtete ihn einen Moment. Es war gut, dass ich ihn hatte, und dass ich vor all dem nicht allein stand. Adam hatte schon recht gehabt. Wir machten das gemeinsam, ich konnte ihn gebrauchen und so war es gut, so waren wir verbunden. Und dabei kam mir mit einem Mal noch eine ganz andere Idee, wobei mir Danny helfen konnte, wenn ich ihn an meinem Innersten teilhaben ließ. „Meine Therapeutin hat auch gesagt, dass es mir gut tun würde, wenn ich ihr Grab öfter besuchen würde… Normalerweise… bin ich nur nach ihrem Todestag da… und auch das nicht immer. Es liegt wohl daran, dass das umgehen des Ortes mir hilft, das zu verdrängen, so wie ich es bisher immer gemacht habe. Es… wäre also ein guter Schritt, öfter dorthin zu gehen, um damit zu leben.“ Ich atmete noch einmal durch. „Was meinst du… würdest du mich begleiten?“
Bis die Information vollständig von Danny verarbeitet worden war, dauerte es logischerweise einen Moment. Ich wusste auch, dass das sicherlich mehr als nur ein bisschen etwas war, dass ich gerade von im verlangte und wir vorher ja auch nie wirklich darüber geredet hatten. Und jetzt?
Aber dann nickte mein Freund mit einem Mal, er sah… gerührt aus.
Und ich hatte eigentlich unterbewusst schon längst gewusst, dass ich mich dabei auf ihn verlassen konnte. „Danke, Sweetheart…“ Einen Moment blickten wir uns nur in die Augen, es war wunderschön. Allerdings war mir an seiner Aussprache noch etwas aufgefallen, dass ich nicht so stehen lassen wollte und dass die Schwere ganz gut aus diesem Moment nehmen könnte. „Und… woran meintest du… hattest du also vorhin alles gedacht? Heiraten? Kinder bekommen? Zukunft?“
Sofort wurde er rot: „Das… das sagt man doch nur so…“
„Tut man das?“, ich kam ihm näher.
„Ja? Oder nicht?“
„Ach so…“, erwiderte ich hauchend. „Na dann… wenn es so eine geläufige Redewendung ist, dann schließe ich mich der an.“ Ich zwinkerte ihm zu und genoss noch etwas seinen unsicheren und verlegenen Anblick, während er dabei aber gleichzeitig so selig lächelte… Es war einfach schön.
Kapitel 109x: Von Eis zu Tau
„Habt ihr euch etwas für das nächste Jahr vorgenommen?“
„Du schuldest mir Geld“, meinte Rachel lachend.
Ich verdrehte die Augen, während Quentin kurz sehr verlegen wurde.
Das war einfach Rachels unvergleichbare Ehrlichkeit. Sie setzte auch gleich nach: „Ich habe dir gesagt, dass er auf so etwas kommt.“
„Ja, warum denn auch nicht?“, fragte unser Freund dann aber auch nach. So unsicher war er sich bei seiner Idee dann offensichtlich nicht, das war schon mal gut.
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich bin mir da nicht so sicher, ob es so viel bringt…“
„Klar, bei dir eher nicht…“, murmelte Quentin beinahe niedergeschlagen.
Ich zog die Augenbrauen hoch.
„Na, was solltest du denn noch verbessern wollen?“, warf er erneut ein, er lächelte aber es klang schon etwas verstimmt. Zumindest ein bisschen. „Du bist perfekt.“
Es war eigentlich gut nachvollziehbar. Quentin war die Art von Mensch, die sich für andere freute, natürlich machte er das. Er war ein guter Freund, niemals hätte er das wirklich böse gemeint, aber es war für ihn in unserer Gruppe sicherlich auch oft nicht leicht.
Mir gelang buchstäblich alles, Rachel war es egal und er war der Einzige von uns, der wirklich für Sachen arbeitete. Genau daher ja diese Überlegungen.
Ich seufzte etwas, denn ich wusste, dass ich etwas tun musste. Quentin war auf dem richtigen Weg, man durfte das nicht aufgeben. „Nicht bei allem, aber ich weiß nicht, wie viel ich daran selbst bestimmen kann. Aber ich halte eine gute Planung für sehr wichtig. Man sollte darüber nachdenken, was man sich vornehmen kann.“
Da lächelte Quentin mich an. Das beruhigte ihn, das wusste ich, und das war auch gut so.
Rachel stöhnte leicht auf. „Gut, gut… ihr zwei… dann mach‘ ich mit, ich will dieses Jahr unbedingt mit dem Französischaushilfslehrer schlafen.“
Quentin verschluckte sich bei der Aussage. Er starrte sie fassungslos an. „So hatte ich das nicht gemeint!“
Da musste ich aber etwas mehr grinsen. „Ach komm, mehr kannst du jetzt auch nicht von ihr erwarten, sie hat sich schon darauf eingelassen, sich ein Vorhaben für das nächste Jahr zu setzen, dann kannst du dich nicht über die Art des Vorhabens beschweren.“
„Aber… der Typ ist…“, murmelte Quentin.
„Heiß“, beendete Rachel seinen Satz. „Außerdem ist er älter, aber nicht alt. 24 ist vollkommen in Ordnung.“
„Nicht wenn du 16 bist“, warf unser Freund ein.
Ich seufzte und schüttelte leicht den Kopf. „Darf ich mir auch einfach vornehmen, dass ich meine Noten halten will?“, fragte ich und blickte Quentin an.
Ich wollte von der kommenden und unsäglichen Diskussion ablenken. Die hatten die beiden ja nun schon ein paar Mal gehabt. Eigentlich seit der besagte Typ an unsere Schule gekommen war und den letzten Französischlehrer abgelöst hatte. Und die Tatsache, dass der Typ recht jung und gut aussehend war, hatte natürlich einige Mädchen in unserer Klasse auch noch dazu angestachelt, einen kleinen Wettbewerb entflammen zu lassen, der bisher zu noch keinem Ergebnis geführt hatte.
Wahrscheinlich sollte man froh sein, dass Rachel wenigstens irgendetwas leidenschaftlich tun wollte, auch wenn es so etwas war, was sicherlich auf mehreren Ebenen falsch war. Aber da konnte man nun wenig gegen tun. Das würde die Zeit zeigen…
Quentin sah mich an und lächelte noch einmal. „Ich wäre enttäuscht, wenn du dir das nicht vornehmen würdest…“, meinte er dann. „Immerhin haben sie Jahrgangsbester bestimmt schon längst auf dein Zeugnis gedruckt.“
Ich zuckte leicht mit den Schultern, aber dann nickte ich. „Ich habe sicherlich kein Interesse daran, dass das jetzt aufhört, also mache ich auch weiter, keine Sorge. Ich nehme mir das fest vor.“
Mein Freund nickte mir zu und ich glaubte sogar, dass Rachel auch lächelte. Es war sicherlich etwas albern, aber… wenn man so gemeinsam darüber sprach, dann war es ja schon ganz nett, sich Vorsätze für das neue Jahr zu machen. Hin und wieder musste das wohl sein, Ziele zu haben half immerhin auch. Man musste nur sehen, dass man sie auch umsetzen konnte und dann daran arbeitete. Ich war mir sicher, dass wir das schon hinbekommen würden. Quentin wollte sich verbessern in einigen Fächern, auch das würde sicherlich klappen und Rachel… Tja, das müsste dann die Zeit zeigen, aber es war schon einmal schön, darüber gesprochen zu haben.
Das Gespräch mit Adam war auf eine gewisse Art und Weise unterhaltsam gewesen. Ich war mir nicht sicher, ob es mir eine so große neue Erkenntnis gebracht hatte, aber es war auf nett gewesen, von ihm zu hören. Und ich wusste, dass es genauso war, wie Adam auch gesagt hatte, er wollte uns helfen.
Er hatte das oft in meiner Vergangenheit versucht, seit meine Mutter gestorben war und seit ich geoutet war. Natürlich hatte er dabei irgendwie versucht, mir zu helfen und mich zu beraten…
Mein Vater hatte das ja abgelehnt und Adam war selbst schwul… Es war eigentlich allgemein recht merkwürdig gewesen, wie sehr mein Vater sich gegen meine Sexualität ausgesprochen hatte, wo doch zwei seiner besten Freunde verheiratete Männer waren, miteinander. Aber das war eine ganz andere Geschichte. Und Adam hatte immer irgendwie versucht, dagegen zu arbeiten und mich zu bestärken, damit ich mich nicht weiter verleugnen musste… Wenn er damit etwas energischer gewesen wäre, wäre viel vielleicht anders gelaufen, aber… es blieb einfach kompliziert. Ich war dennoch froh, dass ich ihn gehabt hatte. Er war eine Hilfe in vielen Punkten gewesen.
Und auch jetzt noch war es so, dass ich wusste, dass ich mir seine Worte besser zu Herzen nahm. So war das schon immer gewesen. Das war das vernünftige.
Außerdem… so albern es war, ich hatte schon hin und wieder das Gefühl gehabt, ich würde durch ihn irgendwie auch mit meiner Mutter sprechen können, weil er immer wusste, was sie zu bestimmten Dingen gesagt hatte. Ich hatte das nie aktiv nutzen wollen, weil ich mir dann schwach vorgekommen war und weil ich dann an sie hatte denken müssen, aber… Am Ende wenn er selbst damit gekommen war, dann war es doch ganz schön so gewesen.
Traurig, aber auch schön… Adam hatte schließlich die beste Verbindung zu meiner Mutter, das hatte er auf gewisser Art und Weise immer gehabt und ich war mir absolut sicher, dass er mir bei solchen Sachen immer hätte helfen können. Wenn ich früher mal nicht auch so stolz gewesen war, so etwas zu zugeben. Aber das hatte ich ja immer nicht gewollt… ganz eindeutig gab es auch Probleme an der Erziehung meines Vaters. Aber… ich war ja langsam bereit, das alles hinter mir zu lassen. Und damit war ich auch bereit, auf das zu hören, was Adam mir gesagt hatte. Ich hatte es ja schon gewusst, aber ich wusste, dass ich da noch ein Stück Arbeit vor mir hatte. Da war es richtig, dass ich das noch einmal hatte hören müssen. Das gehörte zu dem Prozess dazu.
Danny und ich waren ein Team und ich würde seine Hilfe noch weiter brauchen, das hieß, dass ich ihn an meinen Gefühlen teilhaben lassen musste. Das war wirklich nicht leicht, selbst wenn ich damit schon angefangen hatte und es Stück für Stück auch etwas verstand, eine gewisse Sperre, sich so verwundbar zu zeigen war eben immer noch da… Aber es war richtig.
Und ich würde das tun.
Na, da hatte ich dann wohl doch einen Vorsatz für das nächste Jahr. Allerdings war es mehr en Vorsatz für die gesamte Zukunft. Ich und Danny waren noch nicht vollkommen am Ziel, aber wir hatten einiges erreicht und selbst wenn noch einiges mehr vor uns läge, wir würden es eben schaffen, das war klar. Ich war bereit dafür alles zu tun, was notwendig war. Genau das war ja auch der Plan.
Dennoch fand ich all das etwas belustigend. Mit einem leichten Grinsen blickte ich dem Jahreswechsel entgegen, der ja nur noch ein paar Minuten jetzt entfernt war.
Während alle sich dabei neu organisierten kam auch Danny zu mir.
Der sah allerdings nicht mehr ganz so glücklich wie zuvor aus. Ich hatte ihn zuvor ja immer gut im Blick gehabt, weil es mir wichtig war, dass er sich wohl fühlte, aber jetzt…
Er wirkte so merkwürdig bedrückt… sein Blick wich meinem aus, er sah mich immer nur für ganz kurze Zeit an, so als könnte er mich nicht lange betrachten. Da war irgendwas vorgefallen, das war mir jetzt klar. Aber wann? Und was?
Ich verstand es nicht und mir kam auch keine Idee, immerhin war es eigentlich den gesamten Abend alles wunderbar gewesen. Dann musste kurzfristig irgendwas passiert sein, das meinen Freund durcheinander gebracht hatte. Diese Haltung kannte ich doch inzwischen. Er dachte über etwas nach und war unsicher bei der gesamten Sache, das war mehr als deutlich.
Wir standen gemeinsam auf dem Balkon, ich hatte den Arm um ihn gelegt. „Alles in Ordnung, Sweetheart?“, flüsterte ich ihm zu, während wir dort mit allen standen. Ich musste ihn das doch fragen und ich wollte es doch wissen.
Wenn ich es davor nicht gewusst hatte, dann wurde es mir jetzt mit einem Mal doch ganz deutlich klar, als Danny mich ansah und eine ganze Zeit lang nicht antwortete. Er zögerte, in seinem Kopf stotterte er sich etwas zusammen. Er wartete, er war sich nicht sicher, irgendwas belastete ihn und er wollte es mir gerade nicht sagen. Warum? Welchen Grund konnte das denn nun auf einmal haben? Das erschloss sich mir nicht wirklich.
Wir konnten doch über alles reden. Das war mir absolut klar. Selbst wenn es schlimm war, ich wollte doch nur, dass es ihm besser ging! Und dass er gerade etwas ganz Fürchterliches versuchte, mit sich selbst auszumachen, das war ja mehr als nur offensichtlich. Da kam ich doch einen Moment ins Zweifeln, als ich ihn so sah, immerhin kannte ich alle Anzeichen, aber ich wartete auch darauf, dass er von selbst mit der Sprache rausrückte. Das würde sicher noch passieren, darauf vertraute ich.
„Ich… habe nur an was Trauriges gedacht…“, wandte er dann versucht leise ein. Beinahe so, als wolle er es gar nicht wirklich sagen.
Ich war schon verwirrt davon. Was war nun das Schlimme? Was konnte das sein? Ich drehte mich vollkommen zu ihm, etwa so, dass ich zwischen ihm und dem Rest stand, so dass er noch etwas freier reden konnte. „Sweetheart… Was ist los?“ Manchmal brauchte mein Freund vielleicht doch noch einmal ein paar klarere Ansagen.
„Es ist super albern…“, flüsterte er, „und gleich…“
„Mir ist egal, was gleich ist… das Jahr wartet auch noch länger auf uns, aber ich will, dass es dir gut geht“, sagte ich noch einmal deutlicher.
„Ich…“, setzte Danny erneut an, aber er verstand wahrscheinlich, dass ich es nicht so einfach gut sein lassen würde, besonders wenn ich deutlich sah, wie ihn das mitnahm. „Ich will aber nicht, dass es dir auch die Laune verdirbt… Lass uns später darüber reden…“ Dennoch startete er einen letzten Versuch zum Ablenken, sonst wäre es ja auch nicht Danny gewesen.
Ich schüttelte leicht den Kopf. So einfach konnte ich das noch nicht sein lassen, nicht wenn es ihn so sehr bedrückte. „Ich liebe dich. Nichts so sehr wie dich. Ich will so was nicht ignorieren, nichts ist mir wichtiger als du…“, wiederholte ich und sah ihn an, während ich hinter mir die ersten Explosionen des Feuerwerks hörte. Aber das kümmerte mich wirklich nicht. Es war eine Tradition und man würde sich noch länger Feuerwerk ansehen können, vorher wollte ich, dass es Danny besser ging.
Dannys Augen füllten sich mit Wasser. Das war offensichtlich ein größeres Thema. „Ich dachte an die Zukunft… und… an ein paar traurige Dinge, es ist dämlich, weil ich mich darauf freuen will… das ist es einfach.“ Ich konnte es deutlich sehen.
Vorsichtig schloss ich ihn ganz in die Arme. Ich hielt ihn fest. Da war etwas, das ihn mitnahm, das war mir auch klar. Aber vielleicht war das wirklich nicht viel, was ich tun konnte.
„Ich möchte jetzt aber auch nicht mehr darüber reden… nicht jetzt…“, wiederholte er noch einmal, aber dabei klang er nun etwas deutlicher und fester. Langsam glaubte ich ihm, dass er auf andere Gedanken kam. „Später dann… Du bist so süß gerade und ich liebe dich und ich will diesen Moment erleben!“
Ich löste mich ein Stück und betrachtete ihn. Er sah wirklich ruhiger aus. Dann müssten wir uns um den Rest später kümmern. Ich gab ihm einen sanften Kuss. „Aber du musst dir keine Sorgen um die Zukunft machen, ich weiß, dass wir alles gemeinsam hinbekommen“, beruhigte ich ihn noch einmal zusätzlich.
Danny lächelte mich an. Es schien in der Tat besser zu werden. Manchmal konnte es wohl so simpel sein, aber es war mir vollkommen bewusst, dass das noch nicht vorbei war. Da gab es etwas, über das ich mit Danny auf jeden Fall reden musste, das war mehr als nur klar. Aber wenn es ihn nun gerade nicht mehr so sehr belastete und er lieber voranblicken wollte und sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren wollte, dann war es auch richtig, diesen Wunsch zu akzeptieren. Ich wollte ja nur, dass es ihm gut ging.
Jetzt war das mehr oder weniger der Fall. Er war nicht mehr ganz so belastet, wie er es noch einen Moment zuvor gewesen war, alles weitere würde später kommen. Da war ich mir sicher.
Ich löste mich etwas von ihm und hielt ihm weiter im Arm, aber nun so, dass wir uns auch das Feuerwerk ansehen konnten, das Rachel organisiert hatte. Es war immerhin ein schöner Anblick und ich konnte mir schon gut vorstellen, wie es jemanden wie Danny, der so ästhetikaffin war, schon auch noch einmal auf eine andere Art und Weise zum Staunen brachte. Mein Freund war in der Tat begeistert und das freute mich auf der anderen Seite auch.
Er war ganz offensichtlich schon ruhiger und konzentrierte sich darauf und es konnte einen ja mitnehmen. Ich war jetzt nicht zu sehr mitgenommen von all diesen Anblicken, ich fand es natürlich ebenso schön, aber nicht unbedingt notwendig, aber es gehörte dazu und man konnte es schon ein wenig genießen. Besonders mit Danny an meiner Seite. Sein Staunen war schöner anzusehen als das Feuerwerk an sich.
Aber das war eine andere Geschichte…
Und unser Abend war ja so auch noch ganz schön, auch wenn es danach schon etwas ruhiger zuging und sich genauso auf das Ende zu bewegte. Es gab noch einiges zu tun, aber als all die Wünsche und das Anstoßen getan war, dachte sicherlich auch jeder daran, wie man sich in der ersten Nacht im neuen Jahr auch etwas ausruhen konnte.
Es war immerhin auch schon eine lange Zeit vergangen. Das war es mit solchen Feiern, wenn man sich darauf vorbereitete, auf eine bestimmte Uhrzeit zu warten. Wir waren ja nun auch schon einige Zeit da.
Es wurde mit der Zeit später, aber wir hatten auch keine Eile. Es war ja auch herrlich, alle zu sehen und über alle möglichen Sachen zu sprechen, aber je früher die Morgenstunden wurden, desto mehr wollte man sich zurückziehen.
Das war zu diesem Datum schließlich schon schwer genug. Mir war schon bewusst gewesen, das man zu dieser Zeit sicherlich kein Taxi bekommen hätte, deshalb hatte ich Vorbereitungen getroffen. Fahren konnten Danny und ich natürlich nicht, wir hatten beide etwas getrunken… auch das konnte man an diesem Tag sicherlich verstehen. Jetzt war das alles noch einmal ein wenig etwas anderes.
Deshalb hatte ich es mit meinem Vater schon zuvor abgesprochen, dass Danny und ich in meinem alten Zimmer übernachten könnten. Das wäre ja nun auch überhaupt nicht schlimm, mein Vater hatte das alles akzeptiert, das Zimmer war groß genug und man konnte von der Villa der Ballards ohne Probleme zu Fuß dorthin gehen. Das war unproblematisch und einfach angenehm.
In meinem Zimmer hatten wir schließlich unsere Ruhe. Die konnten wir beide gut gebrauchen nach diesem Tag. Zudem stand da ja noch etwas im Raum zwischen mir und Danny.
Ich wartete allerdings auch noch einen Moment, damit wir erst einmal gut ankommen konnten. Wir waren in dem Zimmer, ich fand es gar nicht einmal so merkwürdig, auch wenn ich meine Jugend hier verbracht hatte, aber so war das. Außerdem war mein Zimmer ja nun nicht wirklich kindlich eingerichtet, mit meinem Geschmack als Jugendlicher kam man sicherlich gut zurecht, es war nicht so viel anders gewesen und ich hatte ja auch keine Möbel mitnehmen müssen, als ich ausgezogen war. Es war noch alles sehr angenehm eingerichtet und vollständig.
Danny und ich könnten hier ohne Probleme eine Nacht verbringen. Zudem hatten wir unsere Ruhe, mein Vater würde nicht einfach hier reinkommen und die Wände waren stabil und alles. Das war vielleicht auch der bessere Moment zu reden.
Also blickte ich Danny ruhig an. Er müsste schon anfangen zu reden und er schien das genauso zu wissen.
„Also…“, begann er zu stammeln.
„Erzählst du mir jetzt, was dich vorhin so mitgenommen hat, Sweetheart?“, ich versuchte es noch einmal deutlich auszudrücken, vielleicht gab ihm das etwas Hilfe. Wir standen vor dem Bett und ich sah ihn erstwartungsvoll an. Da war schließlich offensichtlich immer noch etwas.
Nach kurzem Zögern ließ sich Danny aufs Bett fallen: „Ja, vielleicht… Ich will immer noch nicht, dass es… dir weh tut.“
„Mir wehtut?“ Ich kam ein Stück dichter an ihn heran. Ich musterte ihn. Eigentlich hätte man sich das schon überlegen können, dass es Danny noch einmal um etwas anderes ging, aber ganz konnte ich es nicht verstehen.
Dafür rückte er jetzt aber offensichtlich wirklich mit der Sprache raus, selbst wenn Danny dabei noch etwas unsicher war. Aber das war vielleicht einfach seine Art… „Also gut… Ich weiß ja, dass es dumm ist und solche Gedanken nichts bringen, aber… Mich hat es traurig gemacht, weil… ich schon denke, dass solche Gedanken, dich verletzen und… das zurecht, ich meine… aber gleichzeitig muss man ja mal daran denken, es gehört dazu, es wird… immer mal auf uns zukommen… und ich habe das auch gar nicht so gemeint, der Gedanke kam mir irgendwie… zum ersten Mal in dieser Form… und das war halt komisch, aber… es ist nicht so angenehm… dabei will ich gar nicht wissen, wie das für dich ist und…“
Ich betrachtete ihn weiter. Er stotterte sich das so zusammen… Aber ich konnte eine Richtung erahnen, allerdings… Es war schon besser, wenn Danny es einfach sagte und ich würde darauf warten, dass er genau das auch tat. „Sweetheart“, ich setzte mich neben ihn und griff seinen Händen. „Was ist los? Sag es einfach.“ Er musste vor nichts Angst haben, ich wollte es jetzt einfach nur aus seinem Mund hören, dann könnten wir das Problem auch angehen!
„Deine Mutter…“, als er die Worte gesprochen hatte, trafen sie mich gleich wie ein Stich in meiner Brust.
So unsicher wie er gewesen war… war das eigentlich irgendwo schon zu vermuten gewesen, es gab ja nicht mehr so viele Dinge, die Danny nervös machten, aber das… wir hatten genau wegen dieses Themas und meinem Unvermögen, damit umzugehen, so einige Probleme gehabt…
Ich zuckte kaum merkbar, aber… einen Moment lang tat es wirklich weh in meinem Inneren… Es schmerzte immer noch, dass sie nicht da war, es schmerzte, an sie zu denken, aber… ich arbeitete daran. Und dabei fiel mir aber auch ein, was Adam gesagt hatte. Auch wenn es unschön war, ich musste Danny daran teilhaben lassen, immerhin sah man ja klar, dass er sich auch Gedanken dazu gemacht hatte! Offensichtlich hatte er das, sonst hätte ihn das Thema nicht so mitgenommen… Er sorgte sich um mich, wir waren gemeinsam an diesem Problem, also durfte ich mich nicht vor ihm verschließen, ich musste weiter an meinen Problemen arbeiten, allein und zum Teil gemeinsam mit Danny. Anders würde das alles nicht passieren.
„Ich… musste daran denken, was sie alles verpassen würde… in unserem Leben… Das ist… alles so falsch, aber ich dachte daran und es hat mich traurig gemacht… Verstehst du? Denn… wenn ich an die Zukunft denke, dann freue ich mich darauf, all das mit dir zu leben, ich möchte eine Zukunft mit dir haben… Heiraten, Kinder großziehen, aber… in dem einen Gespräch… da dachte ich an meine Eltern und dann… an deine Mutter… Es tut mir leid, ich wollte dich damit nicht belasten, deshalb wollte ich es nicht sagen, aber…“ Nachdem er gestartet hatte, sprudelte das alles aus ihm raus. So wie man es von Danny kannte und er bestätigte meine Vermutung. Er hatte sich so einige Gedanken gemacht!
„Sweetheart… ein Moment…“, warf ich ein. Ich hielt mich an seiner Hand fest und ich wusste, dass ich erst einmal alle meine Gedanken ordnen musste. Es war… komisch über all das nachzudenken. Dabei war es mir natürlich schon bewusst gewesen. Sie würde viel verpassen… und das musste ihr selbst genauso bewusst gewesen sein. Das schmerzte… Dass sie Danny nie kennen gelernt hatte, all das… Es war fürchterlich. Natürlich wollte ich sie hier, aber… ich hatte viel darüber nachgedacht. Es war in Ordnung traurig zu sein, aber ich musste weitermachen, das war genau das, was sie gewollt hätte. Ich durfte mich davon nicht unterkriegen lassen… Das war immerhin genau der Grund, warum meine Mutter es uns nicht gesagt hatte, sie hatte alles normal haben wollen… auch wenn es das nicht war. Aber genauso musste ich sie in Erinnerung behalten, so wie sie gewesen war… Und genau das würde ich tun. „Du… bist wirklich süß, dir darüber den Kopf zu zerbrechen…“, sagte ich leise. „Ja… mir ist das bewusst… Ich wünschte, sie hätte dich kennenlernen können. Sie wäre so glücklich gewesen, zu wissen, dass ich in guten Händen bin, Sweetheart.“
Danny war im ersten Moment erstaunt, dann tränten seine Augen etwas, während er meinen Worten zu hörte.
Ich musste etwas lächeln. Dann zog ich ihn in meinen Arm. „Ich meine das ernst, Sweetheart… Du… hast keine Ahnung, wie weh mir solche Gedanken immer noch tun, aber… es tut auf jeden Fall gut zu wissen, dass ich mit dir jemanden an meiner Seite habe, mit dem ich das durchstehen kann… Ich weiß, dass ich gerade als wir uns kennengelernt haben, nicht so sentimental ausgesehen habe, aber… ich glaube an dieses ganze… ‚in guten wie in schlechten Zeiten‘… dieses Gerede und ich glaube daran, dass es für uns beide zählt… und du?“
So war es einfach. Ich war es meiner Mutter schuldig, dass ich mich auf das Jetzt und auf die Zukunft konzentrierte, dass ich meinen Weg fand. Das war nicht leicht, es würde immer noch etwas wehtun, aber wir würden das schaffen, ich hatte mit Danny jemanden an der Seite, mit dem ich das schaffen könnte.
Ich konnte es auch in Dannys Stimme hören, dass es ihn etwas mitnahm: „Ich auch… Ich… wollte nicht, dass es dir schlecht geht, deshalb wollte ich es nicht sagen… aber… ich will für dich da sein und all das…“
„Das ist gut…“, gab ich zurück.
Ich hielt ihn im Arm, noch eine ganze Zeit, während er etwas zitterte und sich beruhigte. Wir beide brauchten das. Das tat einfach gut. Ich brauchte ihn auch. Aber ich wurde ruhiger, weil ich wusste, dass ich Danny hatte, dass ich ihn direkt vor mir hatte.
„Tut mir leid, dass ich dich dran erinnert habe…“, wisperte er dann.
Ich seufzte leicht. „Das ist nicht schlimm, Sweetheart… Das gehört dazu… Ich muss damit leben…“ Und genau das würde ich noch lernen, das wusste ich. Ich war dabei und ich hatte alles, was ich brauchte, um an mir zu arbeiten.
„Man merkt, dass du in Therapie bist…“
Da musste ich lachen: „Nur du kannst so etwas mit so einem Unterton sagen. Aber… du musst dich nicht verrückt machen, ich mache Fortschritte und du… bist ein Grund dafür.“ Ich löste mich ein Stück, so dass ich ihn wieder richtig ansehen konnte. „Weil ich weiß, dass wir das gemeinsam alles schaffen können.“
„Du… bist süß… Ich liebe dich.“
„Ich dich doch auch, Sweetheart.“ Ich betrachtete ihn einen Moment. Es war gut, dass ich ihn hatte, und dass ich vor all dem nicht allein stand. Adam hatte schon recht gehabt. Wir machten das gemeinsam, ich konnte ihn gebrauchen und so war es gut, so waren wir verbunden. Und dabei kam mir mit einem Mal noch eine ganz andere Idee, wobei mir Danny helfen konnte, wenn ich ihn an meinem Innersten teilhaben ließ. „Meine Therapeutin hat auch gesagt, dass es mir gut tun würde, wenn ich ihr Grab öfter besuchen würde… Normalerweise… bin ich nur nach ihrem Todestag da… und auch das nicht immer. Es liegt wohl daran, dass das umgehen des Ortes mir hilft, das zu verdrängen, so wie ich es bisher immer gemacht habe. Es… wäre also ein guter Schritt, öfter dorthin zu gehen, um damit zu leben.“ Ich atmete noch einmal durch. „Was meinst du… würdest du mich begleiten?“
Bis die Information vollständig von Danny verarbeitet worden war, dauerte es logischerweise einen Moment. Ich wusste auch, dass das sicherlich mehr als nur ein bisschen etwas war, dass ich gerade von im verlangte und wir vorher ja auch nie wirklich darüber geredet hatten. Und jetzt?
Aber dann nickte mein Freund mit einem Mal, er sah… gerührt aus.
Und ich hatte eigentlich unterbewusst schon längst gewusst, dass ich mich dabei auf ihn verlassen konnte. „Danke, Sweetheart…“ Einen Moment blickten wir uns nur in die Augen, es war wunderschön. Allerdings war mir an seiner Aussprache noch etwas aufgefallen, dass ich nicht so stehen lassen wollte und dass die Schwere ganz gut aus diesem Moment nehmen könnte. „Und… woran meintest du… hattest du also vorhin alles gedacht? Heiraten? Kinder bekommen? Zukunft?“
Sofort wurde er rot: „Das… das sagt man doch nur so…“
„Tut man das?“, ich kam ihm näher.
„Ja? Oder nicht?“
„Ach so…“, erwiderte ich hauchend. „Na dann… wenn es so eine geläufige Redewendung ist, dann schließe ich mich der an.“ Ich zwinkerte ihm zu und genoss noch etwas seinen unsicheren und verlegenen Anblick, während er dabei aber gleichzeitig so selig lächelte… Es war einfach schön.
Kapitel 109x: Von Eis zu Tau
„Habt ihr euch etwas für das nächste Jahr vorgenommen?“
„Du schuldest mir Geld“, meinte Rachel lachend.
Ich verdrehte die Augen, während Quentin kurz sehr verlegen wurde.
Das war einfach Rachels unvergleichbare Ehrlichkeit. Sie setzte auch gleich nach: „Ich habe dir gesagt, dass er auf so etwas kommt.“
„Ja, warum denn auch nicht?“, fragte unser Freund dann aber auch nach. So unsicher war er sich bei seiner Idee dann offensichtlich nicht, das war schon mal gut.
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich bin mir da nicht so sicher, ob es so viel bringt…“
„Klar, bei dir eher nicht…“, murmelte Quentin beinahe niedergeschlagen.
Ich zog die Augenbrauen hoch.
„Na, was solltest du denn noch verbessern wollen?“, warf er erneut ein, er lächelte aber es klang schon etwas verstimmt. Zumindest ein bisschen. „Du bist perfekt.“
Es war eigentlich gut nachvollziehbar. Quentin war die Art von Mensch, die sich für andere freute, natürlich machte er das. Er war ein guter Freund, niemals hätte er das wirklich böse gemeint, aber es war für ihn in unserer Gruppe sicherlich auch oft nicht leicht.
Mir gelang buchstäblich alles, Rachel war es egal und er war der Einzige von uns, der wirklich für Sachen arbeitete. Genau daher ja diese Überlegungen.
Ich seufzte etwas, denn ich wusste, dass ich etwas tun musste. Quentin war auf dem richtigen Weg, man durfte das nicht aufgeben. „Nicht bei allem, aber ich weiß nicht, wie viel ich daran selbst bestimmen kann. Aber ich halte eine gute Planung für sehr wichtig. Man sollte darüber nachdenken, was man sich vornehmen kann.“
Da lächelte Quentin mich an. Das beruhigte ihn, das wusste ich, und das war auch gut so.
Rachel stöhnte leicht auf. „Gut, gut… ihr zwei… dann mach‘ ich mit, ich will dieses Jahr unbedingt mit dem Französischaushilfslehrer schlafen.“
Quentin verschluckte sich bei der Aussage. Er starrte sie fassungslos an. „So hatte ich das nicht gemeint!“
Da musste ich aber etwas mehr grinsen. „Ach komm, mehr kannst du jetzt auch nicht von ihr erwarten, sie hat sich schon darauf eingelassen, sich ein Vorhaben für das nächste Jahr zu setzen, dann kannst du dich nicht über die Art des Vorhabens beschweren.“
„Aber… der Typ ist…“, murmelte Quentin.
„Heiß“, beendete Rachel seinen Satz. „Außerdem ist er älter, aber nicht alt. 24 ist vollkommen in Ordnung.“
„Nicht wenn du 16 bist“, warf unser Freund ein.
Ich seufzte und schüttelte leicht den Kopf. „Darf ich mir auch einfach vornehmen, dass ich meine Noten halten will?“, fragte ich und blickte Quentin an.
Ich wollte von der kommenden und unsäglichen Diskussion ablenken. Die hatten die beiden ja nun schon ein paar Mal gehabt. Eigentlich seit der besagte Typ an unsere Schule gekommen war und den letzten Französischlehrer abgelöst hatte. Und die Tatsache, dass der Typ recht jung und gut aussehend war, hatte natürlich einige Mädchen in unserer Klasse auch noch dazu angestachelt, einen kleinen Wettbewerb entflammen zu lassen, der bisher zu noch keinem Ergebnis geführt hatte.
Wahrscheinlich sollte man froh sein, dass Rachel wenigstens irgendetwas leidenschaftlich tun wollte, auch wenn es so etwas war, was sicherlich auf mehreren Ebenen falsch war. Aber da konnte man nun wenig gegen tun. Das würde die Zeit zeigen…
Quentin sah mich an und lächelte noch einmal. „Ich wäre enttäuscht, wenn du dir das nicht vornehmen würdest…“, meinte er dann. „Immerhin haben sie Jahrgangsbester bestimmt schon längst auf dein Zeugnis gedruckt.“
Ich zuckte leicht mit den Schultern, aber dann nickte ich. „Ich habe sicherlich kein Interesse daran, dass das jetzt aufhört, also mache ich auch weiter, keine Sorge. Ich nehme mir das fest vor.“
Mein Freund nickte mir zu und ich glaubte sogar, dass Rachel auch lächelte. Es war sicherlich etwas albern, aber… wenn man so gemeinsam darüber sprach, dann war es ja schon ganz nett, sich Vorsätze für das neue Jahr zu machen. Hin und wieder musste das wohl sein, Ziele zu haben half immerhin auch. Man musste nur sehen, dass man sie auch umsetzen konnte und dann daran arbeitete. Ich war mir sicher, dass wir das schon hinbekommen würden. Quentin wollte sich verbessern in einigen Fächern, auch das würde sicherlich klappen und Rachel… Tja, das müsste dann die Zeit zeigen, aber es war schon einmal schön, darüber gesprochen zu haben.