Wie Eis
von KirjaKei
Kurzbeschreibung
Bryce ist sicherlich nicht das, was man einen Durchschnittsstudenten nennen kann; geboren als Erbe eines riesigen Wirtschaftsunternehmens ist er sich seiner Qualitäten mehr als bewusst, hat sich nie wirklich Sorgen um etwas machen müssen und nutzt diese auch ohne groß zu zögern aus, zumindest so lange bis Danny in sein Leben stellt und Stück für Stück dafür sorgt, dass die kalte Fassade von Bryce zu schmelzen beginnt… [Paralleltext zu ‚Wie Feuer‘: MxM, Lemon, kann Spuren von BDSM enthalten]
GeschichteHumor, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
03.06.2020
30.03.2022
114
562.601
97
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Dieses Kapitel
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16.02.2022
3.906
Kapitel 108: Glitzernder Schnee
Es war recht einfach auszudrücken, wie ich mich mit Danny fühlte. Mit Danny fühlte ich mich einfach komplett. Das mochte kitschig sein und diesen Einwand konnte ich verstehen, aber das änderte nichts daran, dass es die Sache sehr genau beschrieb. Ich war einfach glücklich mit ihm und alles an unserer Beziehung fühlte sich so an, wie es sich anfühlen sollte. Wir konnten alles schaffen, gefühlt hatten wir ja auch bereits alles geschafft.
Vielleicht war es wirklich etwas früh, über das alles so nachzudenken, aber gleichzeitig konnte man doch auch wirklich behaupten, dass es sich länger anfühlte. Es fühlte sich länger an, dass wir zusammen waren, als wir es tatsächlich waren.
Wir waren noch im ersten Jahr, dabei hatten wir wahrscheinlich mehr erlebt, als so manch andere in mehreren Jahren. Und wir hatten es überstanden. Genauso musste man das festhalten. So und nicht anders.
Ich glaubte fest an unsere Zukunft. Natürlich tat ich das. Ich hatte mir so etwas zum Ziel gesetzt und ich hatte einen langen Weg durchmachen müssen, um diesem Ziel nahezukommen und ich war skeptisch gewesen, ob es für mich wirklich eine Person gab, mit der ich genau dieses Ziel erreichen konnte. Aber Danny war diese Person. Daran bestand kein Zweifel. Ich machte mir die Dinge nicht leicht. Nie machte ich das. Das hatte auch keinen Sinn. Man musste vernünftig planen und organisieren, wenn man etwas erreichen wollte. Man musste sich mit den Dingen beschäftigen und sie vernünftig betrachten, um eine gute Entscheidung zu treffen. Daran gab es keinen Zweifel und ich hatte auch noch nie über etwas geurteilt, ohne das vorher zu tun. Das erschloss sich mir nicht. Immerhin wollte ich ja Erfolg haben und ich wusste genau, wie man zu Erfolg kam. Auf diese Art und Weise.
Natürlich hatte ich also über mich und Danny genug und ausführlich nachgedacht. Und ich war eben zu diesem Schluss gekommen. Wir hatten eine Zukunft. Ich glaubte daran und ich war bereit alles dafür zu tun, dass es genauso kam. Dass wir glücklich waren, dass ich ihn glücklich machen konnten und dass es immer so weiterlief.
Von diesem Ansatz war ich vollkommen überzeugt.
Natürlich war ich das. Es war alles, wovon man nur träumen konnte. Ich war mit dem Mann zusammen, den ich über alles liebte und mit dem ich mir eine Zukunft vorstellen konnte, das war alles, was man wollen konnte, natürlich würde ich daran weiterarbeiten und alles versuchen, um damit voran zu kommen. Das war, wie das Leben lief.
Außerdem startete für mich der nächste Schritt in meinem Leben schließlich schon recht bald. Der Abschluss war inzwischen wirklich direkt um die Ecke. Dann würde ich nicht mehr jeden Tag in die Universität gehen. Dann würde ich arbeiten. Ich würde endlich meinen Platz in der Firma einnehmen, an der Seite meines Vaters arbeiten und in ein paar Jahren die Firma übernehmen. Alles lief so geplant und dass ich dazu Danny an meiner Seite hatte… das machte es einfach noch einmal mehr perfekt. So wie es alles sein sollte.
Da gab es folglich einiges, worauf ich für das kommende Jahr gespannt war. Das konnte ich sein, auch wenn nicht alles in einem Jahr ablaufen sollte, aber mein erstes Jahr mit Danny war schon turbulent gewesen und ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass es nicht auch so ähnlich weitergehen würde. Aber das war in Ordnung für mich, solange wir das alles weiter gemeinsam gemeistert bekamen.
Aus Silvester und dem Jahreswechsel selbst hatte ich mir nie wirklich etwas gemacht, wenn ich ganz ehrlich sein musste. Nie so richtig zumindest. Ich war ein durchdachter Mensch, ich plante mein Leben, ich hatte immer einen Plan für die nächsten Monate, das war sehr sinnvoll, wenn man im Leben vorankommen wollte. Aber für mich hatte das nichts mit einem konkreten Datum zu tun, ich war immer so. Ich plante immer.
Vielleicht war es schwer zu beschreiben, aber das war genau das, was es für mich alles ausmachte. Menschen nahmen sich etwas vor, nur weil ein neues Jahr war, dabei war es ein Tag wie jeder andere. Wenn man etwas ändern oder erreichen wollte, dann konnte man das immer machen, nicht nur am Anfang eines neuen Jahres. Aber das waren auch alles merkwürdige Klischees, ich war mir sicher, dass die meisten Leute das auch schon genauso taten und man es einfach nur gewohnt war, am Ende eines Jahres über so etwas nachzudenken. Es schadete ja auch nicht. Es war irgendwie Tradition so etwas zu feiern.
Auch bei uns gab es diese Tradition und ich mochte es immerhin auch, Zeit mit den Menschen zu verbringen, die mir wichtig waren und vorauszublicken. Man konnte das an einem Tag festmachen, dann waren alle möglichen Absprachen schließlich auch sehr viel einfacher. Das hatte schon seine Vorteile, aber ansonsten würde ich mich nie so sehr nur auf einen Tag stützen wollen. Das war am Ende doch albern.
Dafür hatten wir ja aber auch ganz andere Traditionen und ich war schon dankbar dafür, genauso wie ich dankbar dafür war, dass Danny hierbei nun an meiner Seite war und ich das auch mit ihm teilen konnte, selbst wenn es keine allzu leichte Veranstaltung werden könnte, denn es waren ja genug von unseren Eltern dabei und die wenigsten Leute wären sicher so begeistert, mit einer älteren Generation zu feiern.
Danny hatte ja glücklicherweise schon öfter betont, dass er in der Lage war, sich an all das zu gewöhnen und ich glaubte ihm das auch. Er gab sich Mühe und ich war ihm dankbar, denn viele dieser Dinge gehörten einfach zu meinem Leben dazu, das würde sich nicht ändern. Wir könnten aufeinander Rücksicht nehmen, aber es würde doch immer ein Teil davon sein, darauf musste man sich einstellen.
Mein Freund war da großartig. Und das obwohl Rachels Planung selbst in einem kleinen Rahmen sicherlich schon einiges an Eindruck machen konnte, wenn man sich das ansah. Natürlich waren wir nicht viele, Rachel und natürlich Peter, Quentin und Charlotte, Adam und Charles, mein Vater und Catherine, Scott und dann Danny und ich. Das war sehr viel weniger als bei Rachels Geburtstagsfeier, an der Danny ja schon einmal in der Villa der Ballards gewesen war. Aber das bedeutete nicht, dass Rachel bei der Qualität von irgendetwas nachlassen würde. Natürlich nicht. Essen, Dekoration und Getränke, das musste alles vom Besten sein, ansonsten kam es nicht einmal in dieses Haus rein.
Allerdings war ich schon davon überzeugt, dass das in diesem Rahmen vielleicht auch gar nicht einmal so schlimm für Danny war, hier war es ja angenehmer und besonders die Gesellschaft war eben angenehmer. Ich war mir schon sicher, dass er das genießen könnte, immerhin hatte Rachel dabei einfach Talent. Es sah alles wie immer wirklich beeindruckend aus. Rachel wusste es, den Luxus auch wirklich zu nutzen und alles ganz besonders erscheinen zu lassen, aber es war ja auch wirklich mal schön, die Möglichkeiten nutzen zu können.
Und als wir dann da waren, glaubte ich auch zu sehen, dass Danny sich immer mehr damit anfreunden konnte. Es gefiel ihm, zumindest war er ständig am Lächeln und sah sich gespannt um.
Wie hätte man das auch nicht mögen können? Es war schon beeindruckend, was Rachel auf die Beine stellte und gleichzeitig waren hier ja aber auch nur Menschen anwesend, die Danny nichts Böses wollten oder von denen er auf die eine oder andere Art und Weise etwas zu befürchten hatte. Es war eine lockere Veranstaltung.
Im Salon mit dem Balkon gab es auch genug Möglichkeit, sich mal in Ruhe zu unterhalten oder sich etwas zurückziehen und jeder hier hatte ja das gleiche Ziel, einen netten Abend zu verbringen.
Genauso lief das Ganze auch. Ich hatte ja schon recht schnell gewusst, dass Danny hier gut reinpasste, selbst wenn er sich oft bei diesen übertriebenen Sachen beschwerte, er war gut unter Menschen, er konnte sich irgendwie anpassen und er selbst war einfach locker und konnte sich mit den meisten Leuten gut verstehen. Das war einfach schön zu sehen. Ich musste mir auch überhaupt keine Sorgen auf der Feier machen. Es funktionierte einfach, mein Freund hatte seinen Spaß und ich wusste, dass ich nicht auf ihn aufpassen musste, dass er das alles allein hinbekam und wir hier gut aufgehoben waren. Das war schön und es war ja genau das, was man sich erhoffen konnte.
Eigentlich verlief der Abend so auch problemlos, man konnte sich mit jedem auch in Ruhe mal unterhalten und ich gab Catherine hier auch noch einmal die Chance. Ich hatte mir das fest vorgenommen… und zum Teil trug Danny an diesem Vorhaben seinen Teil bei. Ich war mir nicht genau sicher, wann das passiert war, aber ich hatte schon bemerkt, dass er sich mit Catherine auch nicht allzu schlecht verstand und ich wollte einfach offener werden. Mein Vater war Danny gegenüber vollkommen offen geworden. Er hatte auch noch nie etwas Kritisches zu Dannys Plänen oder sonst etwas verlauten lassen und das obwohl ich mir vorstellen konnte, was er sich in seinem konservativen Kopf alles für Gedanken gemacht hatte, aber er akzeptierte Danny wie er war… genau deshalb hatte ich eben schon irgendwo gewusst, dass ich auch anfangen musste, Catherine zu akzeptieren, wie sie war.
Es war nicht leicht, aber ich konnte schon sehen, dass sie echtes Interesse an meinem Vater hatte und dass die beiden wohl auch irgendwie glücklich waren und irgendwie… wollte ich ja auch so etwas für meinen Vater haben.
Zuvor war ich ihr bei solchen Feiern immer aus dem Weg gegangen, aber irgendwann musste man auch mit so etwas aufhören, das war absolut klar. Und dieses Jahr fing ich wirklich damit an. Dafür war die Veranstaltung ja da… Irgendwie musste man die ganze Zeit ja rumbekommen. Schließlich wartete man nur auf diesen einen Moment.
Wenn man das rational betrachtete, dann war das natürlich genauso albern, wie die ganze Sache mit den Vorsätzen, aber es gehörte dazu. Und ich konnte mich eigentlich auf alles einstellen, das behauptete ich auf jeden Fall oft genug. So war es auch schon immer gewesen, zumindest hatte man genug Zeit, sich mit vielen Leuten zu unterhalten und auch mal unterschiedliche Themen anzuschneiden. Selbst wenn ich am Ende doch viel mit meinem Vater über meinen Abschluss und Wirtschaft sprach, aber das waren eben schon immer unsere Gesprächsthemen gewesen. Was sollte ich tun?
Dennoch kam ich gut rum und durch die kleinere Runde hatte man auch immer mal wieder neue Anlässe, genau das war an so einer entspannteren Party eigentlich ganz angenehm, dazu gab es hier keinen Druck, weil niemand von außerhalb hier war.
Der Abend verlief schlicht und einfach so, wie man ihn sich auch schon hatte vorstellen können und ich empfand es als sehr angenehm. Da wusste man ja, worauf man sich einstellen musste. Zumindest mehr oder weniger.
„Na, dein Freund hat sich eingelebt?“
Ich sah etwas erstaunt zur Seite, als ich Adams Stimme neben mir hörte und er sich auf einen der Sessel fallen ließ. Ich hatte mich einen kurzen Moment hingesetzt. Es war ohnehin schon beinahe 12, da konnte man es auch noch einmal kurz etwas ruhiger angehen lassen. Die anderen waren jetzt gerade auch mit ihren eigenen Sachen beschäftigt. Das hatte ich zumindest gedacht gehabt. Ich lächelte etwas. „Ich denke, wie kommst du darauf?“
„Es scheint so…“, murmelte Adam und lehnte sich etwas in dem Stuhl zurück. Er lächelte schief vor sich hin. Man konnte es am einfachsten damit ausdrücken, dass er betrunken war.
Adam war an sich sicherlich kein Mensch, der so einfach die Kontrolle verlor oder das in irgendeiner Art und Weise befürwortete und als Arzt wusste er auch ganz genau, wie schädlich Alkohol für seinen Körper war, aber er hatte diese eine Angewohnheit, die jetzt zum Vorschein kam.
Es hatte einige Zeit gedauert, bis ich es verstanden hatte, woran das lag und warum er das tat und besonders auch, dass das keine willkürliche Erscheinung war, sondern es da sehr wohl ein Muster gab.
Es waren die privaten Veranstaltungen, bei denen sie alle da waren. Er und Charles, zusammen mit meinem Vater und Scott. Das war die Runde, in der eigentlich nur meine Mutter fehlte. Sonst war es genau die Konstellation, in der sie in meinem Alter auch immer zusammen gewesen waren. Das waren die Momente, in denen er mehr Alkohol trank. Er betrank sich noch immer nicht übermäßig oder bis zur Besinnungslosigkeit, aber er trank mehr als jeder andere im Raum. Man konnte beinahe meinen, er tränke für zwei…
Irgendwas hatte es definitiv damit zu tun. Und vielleicht konnte man es auch verstehen, dass jeder so seine Methoden brauchte, um mit Trauer fertig zu werden und jeder da ganz anders mit umging. Bisher schien es Adam auch nicht zu schaden und es half ihm, er hatte dadurch noch nie sich oder jemand anderem Schaden angerichtet, daher war es vielleicht eine akzeptable Strategie, wenn es dabei denn blieb. Man hatte diese Momente. Sie waren eben einfach da. Ich wusste das gut.
Es war schließlich auch alles merkwürdig. Ich war mir sicher, dass Adam sie genauso vermisste, wie mein Vater und ich das taten. Immerhin waren die beiden beste Freunde gewesen und das Ewigkeiten lang. An ihm nagte das ebenso und es war ihm bewusst, also… versuchte er damit umzugehen, das hatte ich immer gewusst. Er war nur gleichzeitig in anderen belangen sehr viel offener damit, als es meine Familie war, weil es Adam noch nie wirklich peinlich gewesen war, zu seinen Emotionen zu stehen.
Aber das war noch einmal ein ganz anderes Thema. „Hast du ihn beobachtet?“, fragte ich nach.
„Ich beobachte ihn, seit du ihn in meine Praxis gebracht hast“, warf er ein und lachte kurz auf. „Selbst verständlich immer nur dann, wenn wir am gleichen Ort sind. Ich habe Besseres zu tun, als deine Partner zu stalken.“
Ich musste leicht grinsen. „Das hätte früher auch für mehr als nur ein Hobby gereicht“, dachte ich laut nach und schüttelte dann leicht den Kopf. Dann lag mein Blick jedoch wieder auf Adam. „Warum?“
Der Ältere zog die Augenbrauen hoch. „Die einfache Antwort wäre: Warum nicht?“, erwiderte er ruhig. „Ich meine…“, er kratzte sich kurz an der Schläfe, „es ist schon was Besonderes, dass du einen echten Freund hast, das ist vorher nicht passiert, es war also klar, dass… es etwas Ernstes ist und all das… und dann… tja, man muss doch sehen, wo man euch jungen Dingern helfen kann.“
„Helfen?“, wiederholte ich interessiert.
In einem kurzen Moment sah Adam mich überrascht an. „Natürlich helfen… irgendeinen Vorteil muss es doch haben, dass wir alt sind und das alles schon durchgemacht haben…“ Er zuckte mit den Schultern. „Du weißt schon, dass ich auch will, dass es dir gut geht und du ein erfolgreiches Leben hast… jeder Mensch kann bei so was Hilfe gebrauchen, das ist keine Schande… es gehört dazu… Du kannst das albern finden, aber… ich habe immer versucht, dir in deinem Leben zu helfen, wo dein Vater keine Hilfe sein konnte, zumindest… und ich mein, deine Liebesbeziehung ist nun wirklich nichts, wo Braxton so sonderlich viel Ahnung von hat.“ Er grinste erneut schief.
Ich nickte leicht und legte den Kopf schief. Wenn man es so betrachtete, dann stimmte das schon. Ich wusste so einiges von Adam. Ohne dass es merkwürdig klingen sollte, aber dabei hatte er versucht mir zu helfen oder zumindest Hinweise zu geben, damit ich mir selbst helfen konnte, wenn ich schon meinen Vater nicht fragen konnte, und genau das war ja nun in der Vergangenheit wirklich oft nicht leicht gewesen. Ich lächelte etwas. „Jeder braucht mal Hilfe?“, fragte ich dann eher etwas wage nach, denn ich wusste ja zum Teil einfach schon, worauf er hinauswollte.
Adam nickte. „Ja… Ich… ohne deine Mutter wäre ich ganz bestimmt nicht hier.“ Er räusperte sich. „Sie hat mich ja auch quasi dazu gezwungen, mit Charles auszugehen…“
Für einen kurzen Moment stockte ich. Aber ich war es eigentlich gewohnt, dass Adam von ihr erzählte. Er war da anders als mein Vater und ich und eigentlich… war es eine nette Sache, so ein wenig etwas noch von ihr zu haben. Adam redete über sie, das hielt sie für ihn lebendig und ich hatte es immer auch genossen, etwas von ihr zu hören. Leicht lächelte ich. „Ich weiß, du erzählst ständig, dass du gar nicht mit ihm ausgehen wolltest.“
„Weil es so war…“ Er kratzte sich erneut am Kopf. „Es ist auch einfach nicht leicht… Das alles ist nicht leicht. Eure Gesellschaft ist komplett bescheuert… Dieser ganze Rausch, der Überfluss, der fehlende Realitätsbezug… Ich habe alles gehasst, für das Charles stand, ich war so sauer, dass ich es gar nicht richtig wahrnehmen konnte… Deine Mutter hat mir geholfen, das zu erlernen und damit mehr und mehr klar zu kommen…“ Er zuckte leicht mit den Schultern und hielt sich den Kopf. „Und dennoch ist es manchmal schwer… Zusammenleben und all solche Sachen… das ist ein sensibles Thema. Wenn man mit jemandem zusammen ist, dann teilt man ein Stück seiner Selbst mit der Person… dafür muss man auch bereit sein… und das erfordert… eine ganze Reihe an verschiedener Emotionen, die man auch bereit sein muss, zu fühlen und zu geben…“
Ich richtete mich ein Stück weiter auf und runzelte die Stirn. Das klang auf jeden Fall schon mal etwas ernster.
Adam schien meinen Blick zu bemerken. „Was ich damit sagen will… du darfst ihn nicht ausschließen… wenn du dir ganz sicher bist, dann… wirst du bis zum Ende eurer Tage auch etwas dafür tun müssen.“
Ich blinzelte kurz. Das war wirklich ernst geworden. Aber ich glaubte, ich verstand zumindest zu einem Teil, worauf er hinauswollte. Ich musste ehrlich zugeben, dass ich das sicherlich auch schon gewusst hatte… Es war mir auf jeden Fall schon auch bewusst gewesen, dass es dazu gehört hatte. Aber es noch einmal zu hören. Ja, das machte schon etwas mit einem. Also nickte ich. „Ja… ich verstehe.“
„Mit Sicherheit…“ Adam seufzte leicht. „Dein Vater und du seid gut darin, euch nicht in die Karten schauen zu lassen… und es ist auch in Ordnung, aber… du solltest dir genau überlegen, wie weit du das mit Danny machen kannst…“ Er lächelte mich an. „Da gehört viel dazu… Paare sind am Ende auch Teams, da ist es wichtig, dass man die wichtigen Dinge miteinanderteilt.“
Ich lächelte etwas deutlicher. Es fühlte sich ein wenig so an, als hätte ich diesen Hinweis schon einmal sehr viel früher gebrauchen können. Aber dann wiederum… Es war sicher nicht schlecht, das auch noch einmal zu hören. Und vielleicht sollte ich bei so manchen Dingen doch auch noch einmal darüber nachdenken. Ich redete mit Danny über vieles, aber es gab immer wieder Sachen, die ich erst einmal lieber mit mir ausmachte… aber so wie Adam das sagte… Es war eigentlich ein Vorteil, jemanden wie Danny zu haben, den ich so liebte und dem ich so vertraute, dass ich alles mit ihm gemeinsam schaffen konnte. Das galt nicht nur für unsere gemeinsamen Probleme, sondern auch für meine eigenen… daran sollte ich denken.
„Danke…“, murmelte ich und lächelte ihn an. „Vielen Dank, Adam…“
Er lachte kurz auf und schüttelte sich einmal. „Ich weiß, dass du das gut hinbekommst, Junge. Man sieht wie glücklich ihr seid.“ Er zwinkerte mir zu. „Und jetzt… sollten wir deinen Liebsten suchen, es wird spät…“
Ich grinste. Und mit spät meinte er, dass es beinahe Mitternacht war. Aber es war ja genauso richtig. Es war fast so weit und das bedeutete, dass ich jetzt bei Danny sein wollte!
Kapitel 108x: Glitzernder Schnee
„Hast du auch das Gefühl, dass Rachels Feiern immer größer werden?“, murmelte Quentin.
Ich musste etwas grinsen, dann zuckte ich mit den Schultern. „Gut möglich…“, flüsterte ich zurück und blickte zur Villa hinüber. „Aber du weißt doch… sie hat in der Hinsicht irgendwie etwas zu beweisen, würde ich sagen. Wenn du verstehst. Weil Juliet ja immer alles geplant hat.“
Quentin verzog leicht das Gesicht und nickte. „Schon wahr… und mit der Masse an Partys, die Scott früher auch immer geschmissen hat.“
Ich grinste etwas breiter. „Ist weniger seit der Scheidung geworden.“
„Natürlich ist es das“, mein Freund seufzte noch einmal. „Allerdings nicht so viel weniger, wie ich vermutet hätte, um ganz ehrlich zu sein.“
„Ich denke nicht, dass Scott traurig war, nicht mehr verheiratet zu sein, wenn du verstehst. Die Ehe der beiden ist… wirklich merkwürdig gewesen.“
„Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich immer versucht, da so wenig mit zu tun zu haben, wie es nur möglich war…“ Er lächelte verlegen.
Ich wusste gar nicht, warum ihm das unangenehm war, es war sicherlich vernünftig, sich nicht für das Eheleben der Eltern seiner Freunde zu interessieren. Besonders in unserem Alter. Ich konnte ja nun auch nicht so viel dafür, dass ich ziemlich aufmerksam war und so etwas beobachtete. Ich hatte mit Rachel gemeinsam sicherlich aber auch viel zu viel mitbekommen, viel mehr als wir hätten mitbekommen sollten. Wir hatte auch gewusst, dass die beiden sich scheiden lassen würden, lange bevor sie mit Rachel darüber geredet hatten… Ich hatte keine Ahnung, was das letztendlich hatte bewirken sollen, aber irgendwas hatten sich beide dabei gedacht.
Zumindest Scott hatte sich sicherlich etwas dabei gedacht. Vielleicht in erster Linie auch nur, dass er so lange gewartet hatte, bis man beim Sorgerecht Rachel definitiv miteinbeziehen würde, weil sie sich immer für ihren Vater entscheiden hätte. Das konnte auch schon ein wichtiger Schachzug gewesen sein. Warum Juliet das dagegen mitgemacht hatte… da hatte ich keine Ahnung, es war immerhin mehr als ein offenes Geheimnis das diese Frage es liebte, zu gewinnen… und bei dieser Scheidung hatte sie das definitiv nicht. Da konnte sie eher froh sein, dass sie in der Zwischenzeit einen anderen reichen Typen gefunden hatte.
Aber das war sicherlich wirklich kein Thema für uns und ich hatte auch wenig Interesse, so etwas jetzt zu erfragen, dafür war es mir doch auch alles viel zu kompliziert.
Dennoch war es ja klar, warum Rachel und Scott zu einem Teil so einen Wert darauflegten, weiter Partys zu feiern und das in einem überschwänglichen Maße. Sie wollten Juliet nicht gewinnen lassen. In diesem Sinne hatten Scott und sie schon gut zusammengepasst. Aber das war vielleicht auch wirklich das Einzige gewesen…
„Außerdem ist Rachel so aufgewachsen, sie ist es gewohnt, alles unter diesem Gästelimit… muss ihr sicherlich komisch vorkommen“, warf ich dann ein und sah zur Seite.
Quentin fühlte sich unter dieser Masse an Leuten eher unwohl, das wusste ich ebenso. Das wäre nicht seine Art von Feier. Ich war mir auch sicher, dass Rachel das nicht immer brauchte, aber zu bestimmten Anlässen genoss sie es eben im Mittelpunkt zu sehen. Sie war es einfach gewohnt und daran war ja nun auch nicht wirklich etwas so Schlimmes dran. Man gewöhnte sich an alles.
Man musste nur aufpassen, dass es nicht wirklich zur absoluten Gewohnheit wurde. Für bestimmte Veranstaltungen wäre ein kleinerer Rahmen sicherlich sehr viel besser, aber wenn sie es wollte und sich so ausleben konnte, sollte sie es doch tun.
„Du hast wohl recht…“, murmelte Quentin und lächelte mich an. „Ich finde es komisch, aber solange sie damit ihren Spaß hat und sich gut fühlt, kann man das sicherlich alles ertragen, oder nicht?“
Ich nickte. Das war die richtige Einstellung. Etwas anderes hatte ich von Quentin auch gar nicht erwartet. Selbstverständlich nicht. Er war einer von den Guten, die alles für ihre Freunde taten, auch so etwas ertragen, auch eine viel zu große Feier für seinen Geschmack ertragen und ich musste zugeben. Das war auch genau der Grund, warum ich das alles aushielt, weil ich für unsere Freundin da sein wollte, an der all das sicherlich nicht so ohne weiteres vorbeiging, wie sie gerne zeigte…
Es war recht einfach auszudrücken, wie ich mich mit Danny fühlte. Mit Danny fühlte ich mich einfach komplett. Das mochte kitschig sein und diesen Einwand konnte ich verstehen, aber das änderte nichts daran, dass es die Sache sehr genau beschrieb. Ich war einfach glücklich mit ihm und alles an unserer Beziehung fühlte sich so an, wie es sich anfühlen sollte. Wir konnten alles schaffen, gefühlt hatten wir ja auch bereits alles geschafft.
Vielleicht war es wirklich etwas früh, über das alles so nachzudenken, aber gleichzeitig konnte man doch auch wirklich behaupten, dass es sich länger anfühlte. Es fühlte sich länger an, dass wir zusammen waren, als wir es tatsächlich waren.
Wir waren noch im ersten Jahr, dabei hatten wir wahrscheinlich mehr erlebt, als so manch andere in mehreren Jahren. Und wir hatten es überstanden. Genauso musste man das festhalten. So und nicht anders.
Ich glaubte fest an unsere Zukunft. Natürlich tat ich das. Ich hatte mir so etwas zum Ziel gesetzt und ich hatte einen langen Weg durchmachen müssen, um diesem Ziel nahezukommen und ich war skeptisch gewesen, ob es für mich wirklich eine Person gab, mit der ich genau dieses Ziel erreichen konnte. Aber Danny war diese Person. Daran bestand kein Zweifel. Ich machte mir die Dinge nicht leicht. Nie machte ich das. Das hatte auch keinen Sinn. Man musste vernünftig planen und organisieren, wenn man etwas erreichen wollte. Man musste sich mit den Dingen beschäftigen und sie vernünftig betrachten, um eine gute Entscheidung zu treffen. Daran gab es keinen Zweifel und ich hatte auch noch nie über etwas geurteilt, ohne das vorher zu tun. Das erschloss sich mir nicht. Immerhin wollte ich ja Erfolg haben und ich wusste genau, wie man zu Erfolg kam. Auf diese Art und Weise.
Natürlich hatte ich also über mich und Danny genug und ausführlich nachgedacht. Und ich war eben zu diesem Schluss gekommen. Wir hatten eine Zukunft. Ich glaubte daran und ich war bereit alles dafür zu tun, dass es genauso kam. Dass wir glücklich waren, dass ich ihn glücklich machen konnten und dass es immer so weiterlief.
Von diesem Ansatz war ich vollkommen überzeugt.
Natürlich war ich das. Es war alles, wovon man nur träumen konnte. Ich war mit dem Mann zusammen, den ich über alles liebte und mit dem ich mir eine Zukunft vorstellen konnte, das war alles, was man wollen konnte, natürlich würde ich daran weiterarbeiten und alles versuchen, um damit voran zu kommen. Das war, wie das Leben lief.
Außerdem startete für mich der nächste Schritt in meinem Leben schließlich schon recht bald. Der Abschluss war inzwischen wirklich direkt um die Ecke. Dann würde ich nicht mehr jeden Tag in die Universität gehen. Dann würde ich arbeiten. Ich würde endlich meinen Platz in der Firma einnehmen, an der Seite meines Vaters arbeiten und in ein paar Jahren die Firma übernehmen. Alles lief so geplant und dass ich dazu Danny an meiner Seite hatte… das machte es einfach noch einmal mehr perfekt. So wie es alles sein sollte.
Da gab es folglich einiges, worauf ich für das kommende Jahr gespannt war. Das konnte ich sein, auch wenn nicht alles in einem Jahr ablaufen sollte, aber mein erstes Jahr mit Danny war schon turbulent gewesen und ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass es nicht auch so ähnlich weitergehen würde. Aber das war in Ordnung für mich, solange wir das alles weiter gemeinsam gemeistert bekamen.
Aus Silvester und dem Jahreswechsel selbst hatte ich mir nie wirklich etwas gemacht, wenn ich ganz ehrlich sein musste. Nie so richtig zumindest. Ich war ein durchdachter Mensch, ich plante mein Leben, ich hatte immer einen Plan für die nächsten Monate, das war sehr sinnvoll, wenn man im Leben vorankommen wollte. Aber für mich hatte das nichts mit einem konkreten Datum zu tun, ich war immer so. Ich plante immer.
Vielleicht war es schwer zu beschreiben, aber das war genau das, was es für mich alles ausmachte. Menschen nahmen sich etwas vor, nur weil ein neues Jahr war, dabei war es ein Tag wie jeder andere. Wenn man etwas ändern oder erreichen wollte, dann konnte man das immer machen, nicht nur am Anfang eines neuen Jahres. Aber das waren auch alles merkwürdige Klischees, ich war mir sicher, dass die meisten Leute das auch schon genauso taten und man es einfach nur gewohnt war, am Ende eines Jahres über so etwas nachzudenken. Es schadete ja auch nicht. Es war irgendwie Tradition so etwas zu feiern.
Auch bei uns gab es diese Tradition und ich mochte es immerhin auch, Zeit mit den Menschen zu verbringen, die mir wichtig waren und vorauszublicken. Man konnte das an einem Tag festmachen, dann waren alle möglichen Absprachen schließlich auch sehr viel einfacher. Das hatte schon seine Vorteile, aber ansonsten würde ich mich nie so sehr nur auf einen Tag stützen wollen. Das war am Ende doch albern.
Dafür hatten wir ja aber auch ganz andere Traditionen und ich war schon dankbar dafür, genauso wie ich dankbar dafür war, dass Danny hierbei nun an meiner Seite war und ich das auch mit ihm teilen konnte, selbst wenn es keine allzu leichte Veranstaltung werden könnte, denn es waren ja genug von unseren Eltern dabei und die wenigsten Leute wären sicher so begeistert, mit einer älteren Generation zu feiern.
Danny hatte ja glücklicherweise schon öfter betont, dass er in der Lage war, sich an all das zu gewöhnen und ich glaubte ihm das auch. Er gab sich Mühe und ich war ihm dankbar, denn viele dieser Dinge gehörten einfach zu meinem Leben dazu, das würde sich nicht ändern. Wir könnten aufeinander Rücksicht nehmen, aber es würde doch immer ein Teil davon sein, darauf musste man sich einstellen.
Mein Freund war da großartig. Und das obwohl Rachels Planung selbst in einem kleinen Rahmen sicherlich schon einiges an Eindruck machen konnte, wenn man sich das ansah. Natürlich waren wir nicht viele, Rachel und natürlich Peter, Quentin und Charlotte, Adam und Charles, mein Vater und Catherine, Scott und dann Danny und ich. Das war sehr viel weniger als bei Rachels Geburtstagsfeier, an der Danny ja schon einmal in der Villa der Ballards gewesen war. Aber das bedeutete nicht, dass Rachel bei der Qualität von irgendetwas nachlassen würde. Natürlich nicht. Essen, Dekoration und Getränke, das musste alles vom Besten sein, ansonsten kam es nicht einmal in dieses Haus rein.
Allerdings war ich schon davon überzeugt, dass das in diesem Rahmen vielleicht auch gar nicht einmal so schlimm für Danny war, hier war es ja angenehmer und besonders die Gesellschaft war eben angenehmer. Ich war mir schon sicher, dass er das genießen könnte, immerhin hatte Rachel dabei einfach Talent. Es sah alles wie immer wirklich beeindruckend aus. Rachel wusste es, den Luxus auch wirklich zu nutzen und alles ganz besonders erscheinen zu lassen, aber es war ja auch wirklich mal schön, die Möglichkeiten nutzen zu können.
Und als wir dann da waren, glaubte ich auch zu sehen, dass Danny sich immer mehr damit anfreunden konnte. Es gefiel ihm, zumindest war er ständig am Lächeln und sah sich gespannt um.
Wie hätte man das auch nicht mögen können? Es war schon beeindruckend, was Rachel auf die Beine stellte und gleichzeitig waren hier ja aber auch nur Menschen anwesend, die Danny nichts Böses wollten oder von denen er auf die eine oder andere Art und Weise etwas zu befürchten hatte. Es war eine lockere Veranstaltung.
Im Salon mit dem Balkon gab es auch genug Möglichkeit, sich mal in Ruhe zu unterhalten oder sich etwas zurückziehen und jeder hier hatte ja das gleiche Ziel, einen netten Abend zu verbringen.
Genauso lief das Ganze auch. Ich hatte ja schon recht schnell gewusst, dass Danny hier gut reinpasste, selbst wenn er sich oft bei diesen übertriebenen Sachen beschwerte, er war gut unter Menschen, er konnte sich irgendwie anpassen und er selbst war einfach locker und konnte sich mit den meisten Leuten gut verstehen. Das war einfach schön zu sehen. Ich musste mir auch überhaupt keine Sorgen auf der Feier machen. Es funktionierte einfach, mein Freund hatte seinen Spaß und ich wusste, dass ich nicht auf ihn aufpassen musste, dass er das alles allein hinbekam und wir hier gut aufgehoben waren. Das war schön und es war ja genau das, was man sich erhoffen konnte.
Eigentlich verlief der Abend so auch problemlos, man konnte sich mit jedem auch in Ruhe mal unterhalten und ich gab Catherine hier auch noch einmal die Chance. Ich hatte mir das fest vorgenommen… und zum Teil trug Danny an diesem Vorhaben seinen Teil bei. Ich war mir nicht genau sicher, wann das passiert war, aber ich hatte schon bemerkt, dass er sich mit Catherine auch nicht allzu schlecht verstand und ich wollte einfach offener werden. Mein Vater war Danny gegenüber vollkommen offen geworden. Er hatte auch noch nie etwas Kritisches zu Dannys Plänen oder sonst etwas verlauten lassen und das obwohl ich mir vorstellen konnte, was er sich in seinem konservativen Kopf alles für Gedanken gemacht hatte, aber er akzeptierte Danny wie er war… genau deshalb hatte ich eben schon irgendwo gewusst, dass ich auch anfangen musste, Catherine zu akzeptieren, wie sie war.
Es war nicht leicht, aber ich konnte schon sehen, dass sie echtes Interesse an meinem Vater hatte und dass die beiden wohl auch irgendwie glücklich waren und irgendwie… wollte ich ja auch so etwas für meinen Vater haben.
Zuvor war ich ihr bei solchen Feiern immer aus dem Weg gegangen, aber irgendwann musste man auch mit so etwas aufhören, das war absolut klar. Und dieses Jahr fing ich wirklich damit an. Dafür war die Veranstaltung ja da… Irgendwie musste man die ganze Zeit ja rumbekommen. Schließlich wartete man nur auf diesen einen Moment.
Wenn man das rational betrachtete, dann war das natürlich genauso albern, wie die ganze Sache mit den Vorsätzen, aber es gehörte dazu. Und ich konnte mich eigentlich auf alles einstellen, das behauptete ich auf jeden Fall oft genug. So war es auch schon immer gewesen, zumindest hatte man genug Zeit, sich mit vielen Leuten zu unterhalten und auch mal unterschiedliche Themen anzuschneiden. Selbst wenn ich am Ende doch viel mit meinem Vater über meinen Abschluss und Wirtschaft sprach, aber das waren eben schon immer unsere Gesprächsthemen gewesen. Was sollte ich tun?
Dennoch kam ich gut rum und durch die kleinere Runde hatte man auch immer mal wieder neue Anlässe, genau das war an so einer entspannteren Party eigentlich ganz angenehm, dazu gab es hier keinen Druck, weil niemand von außerhalb hier war.
Der Abend verlief schlicht und einfach so, wie man ihn sich auch schon hatte vorstellen können und ich empfand es als sehr angenehm. Da wusste man ja, worauf man sich einstellen musste. Zumindest mehr oder weniger.
„Na, dein Freund hat sich eingelebt?“
Ich sah etwas erstaunt zur Seite, als ich Adams Stimme neben mir hörte und er sich auf einen der Sessel fallen ließ. Ich hatte mich einen kurzen Moment hingesetzt. Es war ohnehin schon beinahe 12, da konnte man es auch noch einmal kurz etwas ruhiger angehen lassen. Die anderen waren jetzt gerade auch mit ihren eigenen Sachen beschäftigt. Das hatte ich zumindest gedacht gehabt. Ich lächelte etwas. „Ich denke, wie kommst du darauf?“
„Es scheint so…“, murmelte Adam und lehnte sich etwas in dem Stuhl zurück. Er lächelte schief vor sich hin. Man konnte es am einfachsten damit ausdrücken, dass er betrunken war.
Adam war an sich sicherlich kein Mensch, der so einfach die Kontrolle verlor oder das in irgendeiner Art und Weise befürwortete und als Arzt wusste er auch ganz genau, wie schädlich Alkohol für seinen Körper war, aber er hatte diese eine Angewohnheit, die jetzt zum Vorschein kam.
Es hatte einige Zeit gedauert, bis ich es verstanden hatte, woran das lag und warum er das tat und besonders auch, dass das keine willkürliche Erscheinung war, sondern es da sehr wohl ein Muster gab.
Es waren die privaten Veranstaltungen, bei denen sie alle da waren. Er und Charles, zusammen mit meinem Vater und Scott. Das war die Runde, in der eigentlich nur meine Mutter fehlte. Sonst war es genau die Konstellation, in der sie in meinem Alter auch immer zusammen gewesen waren. Das waren die Momente, in denen er mehr Alkohol trank. Er betrank sich noch immer nicht übermäßig oder bis zur Besinnungslosigkeit, aber er trank mehr als jeder andere im Raum. Man konnte beinahe meinen, er tränke für zwei…
Irgendwas hatte es definitiv damit zu tun. Und vielleicht konnte man es auch verstehen, dass jeder so seine Methoden brauchte, um mit Trauer fertig zu werden und jeder da ganz anders mit umging. Bisher schien es Adam auch nicht zu schaden und es half ihm, er hatte dadurch noch nie sich oder jemand anderem Schaden angerichtet, daher war es vielleicht eine akzeptable Strategie, wenn es dabei denn blieb. Man hatte diese Momente. Sie waren eben einfach da. Ich wusste das gut.
Es war schließlich auch alles merkwürdig. Ich war mir sicher, dass Adam sie genauso vermisste, wie mein Vater und ich das taten. Immerhin waren die beiden beste Freunde gewesen und das Ewigkeiten lang. An ihm nagte das ebenso und es war ihm bewusst, also… versuchte er damit umzugehen, das hatte ich immer gewusst. Er war nur gleichzeitig in anderen belangen sehr viel offener damit, als es meine Familie war, weil es Adam noch nie wirklich peinlich gewesen war, zu seinen Emotionen zu stehen.
Aber das war noch einmal ein ganz anderes Thema. „Hast du ihn beobachtet?“, fragte ich nach.
„Ich beobachte ihn, seit du ihn in meine Praxis gebracht hast“, warf er ein und lachte kurz auf. „Selbst verständlich immer nur dann, wenn wir am gleichen Ort sind. Ich habe Besseres zu tun, als deine Partner zu stalken.“
Ich musste leicht grinsen. „Das hätte früher auch für mehr als nur ein Hobby gereicht“, dachte ich laut nach und schüttelte dann leicht den Kopf. Dann lag mein Blick jedoch wieder auf Adam. „Warum?“
Der Ältere zog die Augenbrauen hoch. „Die einfache Antwort wäre: Warum nicht?“, erwiderte er ruhig. „Ich meine…“, er kratzte sich kurz an der Schläfe, „es ist schon was Besonderes, dass du einen echten Freund hast, das ist vorher nicht passiert, es war also klar, dass… es etwas Ernstes ist und all das… und dann… tja, man muss doch sehen, wo man euch jungen Dingern helfen kann.“
„Helfen?“, wiederholte ich interessiert.
In einem kurzen Moment sah Adam mich überrascht an. „Natürlich helfen… irgendeinen Vorteil muss es doch haben, dass wir alt sind und das alles schon durchgemacht haben…“ Er zuckte mit den Schultern. „Du weißt schon, dass ich auch will, dass es dir gut geht und du ein erfolgreiches Leben hast… jeder Mensch kann bei so was Hilfe gebrauchen, das ist keine Schande… es gehört dazu… Du kannst das albern finden, aber… ich habe immer versucht, dir in deinem Leben zu helfen, wo dein Vater keine Hilfe sein konnte, zumindest… und ich mein, deine Liebesbeziehung ist nun wirklich nichts, wo Braxton so sonderlich viel Ahnung von hat.“ Er grinste erneut schief.
Ich nickte leicht und legte den Kopf schief. Wenn man es so betrachtete, dann stimmte das schon. Ich wusste so einiges von Adam. Ohne dass es merkwürdig klingen sollte, aber dabei hatte er versucht mir zu helfen oder zumindest Hinweise zu geben, damit ich mir selbst helfen konnte, wenn ich schon meinen Vater nicht fragen konnte, und genau das war ja nun in der Vergangenheit wirklich oft nicht leicht gewesen. Ich lächelte etwas. „Jeder braucht mal Hilfe?“, fragte ich dann eher etwas wage nach, denn ich wusste ja zum Teil einfach schon, worauf er hinauswollte.
Adam nickte. „Ja… Ich… ohne deine Mutter wäre ich ganz bestimmt nicht hier.“ Er räusperte sich. „Sie hat mich ja auch quasi dazu gezwungen, mit Charles auszugehen…“
Für einen kurzen Moment stockte ich. Aber ich war es eigentlich gewohnt, dass Adam von ihr erzählte. Er war da anders als mein Vater und ich und eigentlich… war es eine nette Sache, so ein wenig etwas noch von ihr zu haben. Adam redete über sie, das hielt sie für ihn lebendig und ich hatte es immer auch genossen, etwas von ihr zu hören. Leicht lächelte ich. „Ich weiß, du erzählst ständig, dass du gar nicht mit ihm ausgehen wolltest.“
„Weil es so war…“ Er kratzte sich erneut am Kopf. „Es ist auch einfach nicht leicht… Das alles ist nicht leicht. Eure Gesellschaft ist komplett bescheuert… Dieser ganze Rausch, der Überfluss, der fehlende Realitätsbezug… Ich habe alles gehasst, für das Charles stand, ich war so sauer, dass ich es gar nicht richtig wahrnehmen konnte… Deine Mutter hat mir geholfen, das zu erlernen und damit mehr und mehr klar zu kommen…“ Er zuckte leicht mit den Schultern und hielt sich den Kopf. „Und dennoch ist es manchmal schwer… Zusammenleben und all solche Sachen… das ist ein sensibles Thema. Wenn man mit jemandem zusammen ist, dann teilt man ein Stück seiner Selbst mit der Person… dafür muss man auch bereit sein… und das erfordert… eine ganze Reihe an verschiedener Emotionen, die man auch bereit sein muss, zu fühlen und zu geben…“
Ich richtete mich ein Stück weiter auf und runzelte die Stirn. Das klang auf jeden Fall schon mal etwas ernster.
Adam schien meinen Blick zu bemerken. „Was ich damit sagen will… du darfst ihn nicht ausschließen… wenn du dir ganz sicher bist, dann… wirst du bis zum Ende eurer Tage auch etwas dafür tun müssen.“
Ich blinzelte kurz. Das war wirklich ernst geworden. Aber ich glaubte, ich verstand zumindest zu einem Teil, worauf er hinauswollte. Ich musste ehrlich zugeben, dass ich das sicherlich auch schon gewusst hatte… Es war mir auf jeden Fall schon auch bewusst gewesen, dass es dazu gehört hatte. Aber es noch einmal zu hören. Ja, das machte schon etwas mit einem. Also nickte ich. „Ja… ich verstehe.“
„Mit Sicherheit…“ Adam seufzte leicht. „Dein Vater und du seid gut darin, euch nicht in die Karten schauen zu lassen… und es ist auch in Ordnung, aber… du solltest dir genau überlegen, wie weit du das mit Danny machen kannst…“ Er lächelte mich an. „Da gehört viel dazu… Paare sind am Ende auch Teams, da ist es wichtig, dass man die wichtigen Dinge miteinanderteilt.“
Ich lächelte etwas deutlicher. Es fühlte sich ein wenig so an, als hätte ich diesen Hinweis schon einmal sehr viel früher gebrauchen können. Aber dann wiederum… Es war sicher nicht schlecht, das auch noch einmal zu hören. Und vielleicht sollte ich bei so manchen Dingen doch auch noch einmal darüber nachdenken. Ich redete mit Danny über vieles, aber es gab immer wieder Sachen, die ich erst einmal lieber mit mir ausmachte… aber so wie Adam das sagte… Es war eigentlich ein Vorteil, jemanden wie Danny zu haben, den ich so liebte und dem ich so vertraute, dass ich alles mit ihm gemeinsam schaffen konnte. Das galt nicht nur für unsere gemeinsamen Probleme, sondern auch für meine eigenen… daran sollte ich denken.
„Danke…“, murmelte ich und lächelte ihn an. „Vielen Dank, Adam…“
Er lachte kurz auf und schüttelte sich einmal. „Ich weiß, dass du das gut hinbekommst, Junge. Man sieht wie glücklich ihr seid.“ Er zwinkerte mir zu. „Und jetzt… sollten wir deinen Liebsten suchen, es wird spät…“
Ich grinste. Und mit spät meinte er, dass es beinahe Mitternacht war. Aber es war ja genauso richtig. Es war fast so weit und das bedeutete, dass ich jetzt bei Danny sein wollte!
Kapitel 108x: Glitzernder Schnee
„Hast du auch das Gefühl, dass Rachels Feiern immer größer werden?“, murmelte Quentin.
Ich musste etwas grinsen, dann zuckte ich mit den Schultern. „Gut möglich…“, flüsterte ich zurück und blickte zur Villa hinüber. „Aber du weißt doch… sie hat in der Hinsicht irgendwie etwas zu beweisen, würde ich sagen. Wenn du verstehst. Weil Juliet ja immer alles geplant hat.“
Quentin verzog leicht das Gesicht und nickte. „Schon wahr… und mit der Masse an Partys, die Scott früher auch immer geschmissen hat.“
Ich grinste etwas breiter. „Ist weniger seit der Scheidung geworden.“
„Natürlich ist es das“, mein Freund seufzte noch einmal. „Allerdings nicht so viel weniger, wie ich vermutet hätte, um ganz ehrlich zu sein.“
„Ich denke nicht, dass Scott traurig war, nicht mehr verheiratet zu sein, wenn du verstehst. Die Ehe der beiden ist… wirklich merkwürdig gewesen.“
„Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich immer versucht, da so wenig mit zu tun zu haben, wie es nur möglich war…“ Er lächelte verlegen.
Ich wusste gar nicht, warum ihm das unangenehm war, es war sicherlich vernünftig, sich nicht für das Eheleben der Eltern seiner Freunde zu interessieren. Besonders in unserem Alter. Ich konnte ja nun auch nicht so viel dafür, dass ich ziemlich aufmerksam war und so etwas beobachtete. Ich hatte mit Rachel gemeinsam sicherlich aber auch viel zu viel mitbekommen, viel mehr als wir hätten mitbekommen sollten. Wir hatte auch gewusst, dass die beiden sich scheiden lassen würden, lange bevor sie mit Rachel darüber geredet hatten… Ich hatte keine Ahnung, was das letztendlich hatte bewirken sollen, aber irgendwas hatten sich beide dabei gedacht.
Zumindest Scott hatte sich sicherlich etwas dabei gedacht. Vielleicht in erster Linie auch nur, dass er so lange gewartet hatte, bis man beim Sorgerecht Rachel definitiv miteinbeziehen würde, weil sie sich immer für ihren Vater entscheiden hätte. Das konnte auch schon ein wichtiger Schachzug gewesen sein. Warum Juliet das dagegen mitgemacht hatte… da hatte ich keine Ahnung, es war immerhin mehr als ein offenes Geheimnis das diese Frage es liebte, zu gewinnen… und bei dieser Scheidung hatte sie das definitiv nicht. Da konnte sie eher froh sein, dass sie in der Zwischenzeit einen anderen reichen Typen gefunden hatte.
Aber das war sicherlich wirklich kein Thema für uns und ich hatte auch wenig Interesse, so etwas jetzt zu erfragen, dafür war es mir doch auch alles viel zu kompliziert.
Dennoch war es ja klar, warum Rachel und Scott zu einem Teil so einen Wert darauflegten, weiter Partys zu feiern und das in einem überschwänglichen Maße. Sie wollten Juliet nicht gewinnen lassen. In diesem Sinne hatten Scott und sie schon gut zusammengepasst. Aber das war vielleicht auch wirklich das Einzige gewesen…
„Außerdem ist Rachel so aufgewachsen, sie ist es gewohnt, alles unter diesem Gästelimit… muss ihr sicherlich komisch vorkommen“, warf ich dann ein und sah zur Seite.
Quentin fühlte sich unter dieser Masse an Leuten eher unwohl, das wusste ich ebenso. Das wäre nicht seine Art von Feier. Ich war mir auch sicher, dass Rachel das nicht immer brauchte, aber zu bestimmten Anlässen genoss sie es eben im Mittelpunkt zu sehen. Sie war es einfach gewohnt und daran war ja nun auch nicht wirklich etwas so Schlimmes dran. Man gewöhnte sich an alles.
Man musste nur aufpassen, dass es nicht wirklich zur absoluten Gewohnheit wurde. Für bestimmte Veranstaltungen wäre ein kleinerer Rahmen sicherlich sehr viel besser, aber wenn sie es wollte und sich so ausleben konnte, sollte sie es doch tun.
„Du hast wohl recht…“, murmelte Quentin und lächelte mich an. „Ich finde es komisch, aber solange sie damit ihren Spaß hat und sich gut fühlt, kann man das sicherlich alles ertragen, oder nicht?“
Ich nickte. Das war die richtige Einstellung. Etwas anderes hatte ich von Quentin auch gar nicht erwartet. Selbstverständlich nicht. Er war einer von den Guten, die alles für ihre Freunde taten, auch so etwas ertragen, auch eine viel zu große Feier für seinen Geschmack ertragen und ich musste zugeben. Das war auch genau der Grund, warum ich das alles aushielt, weil ich für unsere Freundin da sein wollte, an der all das sicherlich nicht so ohne weiteres vorbeiging, wie sie gerne zeigte…